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           Schiedsrichter – Schiebung – Schadensersatz?
                         Prof. Dr. iur. Peter W. Heermann, LL.M., Universität Bayreuth

1.     Einleitung                                             insoweit nur eine erste Problemannäherung bieten. Ziel
                                                              dieses Beitrags kann es nur wenige Wochen nach dem Vor-
Der Fall des Schiedsrichters Robert Hoyzer*, der nach         fall nicht sein, in Unkenntnis sämtlicher rechtlich rele-
eigener Auskunft durch schiedsrichterliche Fehlent-           vanter Umstände abschliessende Antworten auf die an-
scheidungen im Jahr 2004 Einfluss auf den Ausgang             gedeuteten Haftungsfragen zu geben. Indes sollen die
verschiedener Spiele im Rahmen des DFB-Vereinspo-             zahlreichen rechtlichen Klippen aufgezeigt werden, die es
kals, der 2. Bundesliga sowie der Regionalliga nahm, hat      erfolgreich zu umschiffen gilt, bevor ein Gericht Geschä-
seit dem Wochenende des 22./23. Januar 2005 in Fuss-          digten Schadensersatz zusprechen könnte. Dabei wird im
ball-Deutschland (und inzwischen auch in Österreich)          Hinblick auf die rechtlichen Erwägungen zu den Haf-
hohe Wellen geschlagen. Unweigerlich kommt älteren            tungsfragen aus Gründen der Vereinfachung unterstellt,
Fussballinteressierten der Bundesliga-Skandal in der          dass sich die Manipulationen des Schiedsrichters vom be-
Saison 1970/71 in den Sinn, an dem seinerzeit zehn Ver-       weispflichtigen Geschädigten nachweisen lassen (z.B. auf-
eine beteiligt waren und der zur Sperre von 52 Profis         grund eines Geständnisses wie im Fall Hoyzer). Rechtli-
führte1. Allerdings waren damals Schiedsrichter nicht in      che Hindernisse bestehen sodann weniger hinsichtlich der
die Spielmanipulationen involviert. Doch nunmehr ist          persönlichen Haftung des bestochenen Schiedsrichters
das selbst für Juristen nahezu Undenkbare geschehen!          Hoyzer als vielmehr bezüglich der bereits frühzeitig an-
   Im Jahr 1988 traf PFISTER anlässlich eines Vortrags        genommenen Haftung des Deutschen Fussball Bundes
über die persönliche Verantwortlichkeit des Schieds-          (DFB)5 oder des Ligaverbandes e.V. (Ligaverband) für das
richters noch folgende Aussage:                               Fehlverhalten der eingesetzten Schiedsrichter.
   «Bei Fussballspielen stehen häufig grosse Vermö-
gensinteressen, sei es der Vereine, sei es der Spieler, auf
dem Spiel; ein Schiedsrichter kann diese Interessen be-
                                                              * Die Entwicklung ist berücksichtigt bis 21.3.2005.
einflussen und grosse Schäden verursachen – gerade
weil er unanfechtbare  auf           1   Vgl. hierzu etwa FAZ vom 2. 2. 2005, S. 32 («Aus Un-
dem Rasen trifft und zu treffen hat. Da es sich hierbei           schuldsbeteuerungen wurden Meineide»).
                                                              2   Im Originaltext erfolgte der Klammerzusatz nicht im
um reine/primäre Vermögensschäden handelt, kommt
                                                                  Fliesstext, sondern sogar nur in einer Fussnote!
eine Haftung des Schiedsrichters – abgesehen von Fäl-         3   PFISTER, Die persönliche Verantwortlichkeit des Schieds-
len der absichtlichen Schädigung (§ 826 BGB, z.B. Be-             richters in zivil- und strafrechtlicher Hinsicht, in: Württem-
stechung)2, die keine rechtlichen Probleme aufwerfen              bergischer Fussballverband e.V. (Hrsg.), Der Schiedsrichter
und hier nicht weiter behandelt werden sollen – nur auf           und das Recht, 1989, S. 61, 73 und S. 85 Fn. 59.
                                                              4   Vgl. daneben KUHN, Der Schiedsrichter zwischen bürgerli-
vertraglicher Anspruchsgrundlage in Frage.»3                      chem Recht und Verbandsrecht – Eine Darstellung schieds-
   Soweit ersichtlich ist dies die einzige – zudem in             richterlicher Rechtsprobleme nach deutschem und US-ame-
einer Fussnote verborgene – Stelle in dem bislang                 rikanischem Recht, 2001 (Diss. Bayreuth, 2000); LIEB, Der
überschaubaren Schrifttum zur Schiedsrichterhaftung4,             Schiedsrichter – Erfüllungsgehilfe?, in: Württembergischer
                                                                  Fussballverband e.V. (Hrsg.), Der Schiedsrichter und das
an der die Bestechlichkeit von Schiedsrichtern als                Recht, 1989, S. 48 ff.
Rechtsproblem beiläufig erwähnt wird.                         5   So bezeichnete ein Hamburger Rechtsanwalt gegenüber der
   Nunmehr müssen entgegen PFISTERS damaliger Ein-                dpa eine Haftung des DFB im Fall Hoyzer als «wahrschein-
schätzung die Fälle einer absichtlichen Schädigung durch          lich», vgl. www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,338539,
                                                                  00html (besucht am 26. 1. 2005); a.A. indes VERFASSER in:
bestochene oder bestechliche Schiedsrichter zu Ende ge-           Stuttgarter Nachrichten vom 26. 1. 2005, S. 32 («Der HSV
dacht werden. Die nachfolgenden Ausführungen können               muss Fehler nachweisen»).

4                                                                                                       causa sport 1/2005
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2.     Die rechtlichen Beziehungen
       zwischen den Beteiligten                                Deutscher Fussball                 Landesverbände
                                                                  Bund (DFB)                     Regionalverbände
Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten
sind komplex6. Hervorzuheben ist zunächst der Um-
stand, dass die im DFB-Vereinspokal sowie in den
Fussball-Bundesligen und -Regionalligen eingesetzten            Ligaverband e. V.              Lizenz-       Mutter-
                                                                                               vereine       vereine
Schiedsrichter allein in vertraglichen Beziehungen
                                                                Geschäftsführung:
zum DFB stehen. Sämtliche dieser Schiedsrichter sind          Deutsche Fussball Liga
einerseits Mitglieder ihrer Heimatvereine (so ist z.B.               GmbH                             Bundesliga-
der Schiedsrichter Robert Hoyzer Mitglied des Vereins                 (DFL)                       Kapitalgesellschaften
Hertha BSC Berlin), andererseits besteht zwischen den
Schiedsrichtern und dem DFB ein Geschäftsbesor-
gungsvertrag mit dienstvertraglichen Elementen nach
§§ 675, 611 BGB7.                                         gelegten Benutzungsvorschriften8 zu benutzen (§ 3
   Ordentliche Mitglieder des DFB sind gem. § 7 Abs. 2    Abs. 1 Lizenzvertrag).
Satzung (DFB) die Landes- und Regionalverbände               Hinsichtlich der rechtlichen Einbindung der
sowie der Ligaverband. Mitglieder der Landes- und         Schiedsrichter in dieses rechtliche Beziehungsgeflecht
Regionalverbände können nur Vereine sein (z.B. Bo-        ist zwischen der Durchführung von Fussballspielen
russia Dortmund 09 e.V.), nicht jedoch Kapitalgesell-     innerhalb der Regionalligen und des DFB-Vereins-
schaften, auf die Vereine vielfach ihren Lizenzspielbe-   pokals, die durch den DFB organisiert werden, sowie
trieb ausgegliedert haben (z.B. Borussia Dortmund         Fussballspielen innerhalb der Bundesliga sowie der
GmbH & Co. KGaA). Soweit diese Kapitalgesellschaf-        2. Bundesliga, die in der Verantwortung des Ligaver-
ten am Spielbetrieb der Bundesliga oder der 2. Bundes-    bandes liegen, zu differenzieren:
liga teilnehmen, sind sie jedoch unmittelbare Mitglie-       Die den Landes- und Regionalverbänden angehö-
der im Ligaverband, vertreten durch die Deutsche          renden Vereine nehmen als mittelbare Mitglieder des
Fussball Liga GmbH (DFL), und damit zugleich              DFB aufgrund sportlicher Qualifikation an den Regio-
mittelbares Mitglied im DFB. Entsprechendes gilt für      nalligen und an dem DFB-Vereinspokal teil, wobei
Lizenzvereine, die an den Bundesligen teilnehmen und      diese Vereinseinrichtungen seitens des DFB zur Verfü-
ihren Lizenzspielbetrieb (noch) nicht auf eine Kapital-   gung gestellt werden. Die Einbeziehung der Mitglieder
gesellschaft ausgegliedert haben (z.B. Hamburger          des Ligaverbandes in den DFB-Vereinspokal ergibt
Sportverein – HSV). Diese Lizenzvereine sind zu-          sich aus § 7 Spielordnung (Ligaverband). Danach
gleich Mitglied in den Landes- und Regionalverbänden      werden die Spiele um den DFB-Vereinspokal vom
und erlangen auch auf diese Weise die mittelbare Mit-     Spielausschuss des DFB geleitet. Die Teilnahmebe-
gliedschaft im DFB.                                       dingungen ergeben sich aus der Satzung sowie den
   Der DFB und der Ligaverband haben im Jahr 2001         Ordnungen und Durchführungsbestimmungen des
einen sog. Grundlagenvertrag abgeschlossen, in dem        DFB in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die Vereine und
der DFB dem Ligaverband u.a. die Bundesliga und die
2. Bundesliga als Vereinseinrichtungen des DFB zur
Ermittlung des Deutschen Fussballmeisters und der         6    Zur Verbandsstruktur im deutschen Fussballsport vgl. auch
Teilnehmer an den europäischen Wettbewerben aus den            HOLZHÄUSER, Der strukturelle Aufbau professioneller deut-
Lizenzligen gegen Zahlung überlassen hat. Der Liga-            scher Sportligen nach Ausgliederung aus Bundesfachsport-
                                                               verbänden – Teil 1, SpuRt 2004, 144, 145 ff.
verband räumt seinerseits in sog. Lizenzverträgen sei-    7    KUHN (Fn. 4), S. 73 ff.
nen Mitgliedern und Lizenznehmern, d.h. Lizenz-           8    Hierzu zählen insbesondere Ligastatut, die Spielordnung
vereinen und Bundesliga-Kapitalgesellschaften, die             des DFB, die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB, die
Erlaubnis ein, die Vereinseinrichtungen, d.h. die              Schiedsrichterordnung des DFB, die Jugendordnung des
                                                               DFB, die Anti-Doping-Richtlinien des DFB mit den dazu
Bundesliga und die 2. Bundesliga als Spielklassen, ge-         erlassenen sonstigen Aus- und Durchführungsbestimmun-
mäss den vom Ligaverband und vom DFB jeweils fest-             gen.

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Kapitalgesellschaften der Bundesliga und der                Erfüllung von dessen Pflichten aus dem Lizenzvertrag
2. Bundesliga sind verpflichtet, an den Spielen um den      mitwirken12.
DFB-Vereinspokal teilzunehmen. Damit sind die Mit-
glieder des Ligaverbandes aufgrund ihres Lizenzver-
trags, der insoweit einen Vertrag zugunsten Dritter, d.h.   3.       Vertragliche Ansprüche
des DFB als Veranstalter des DFB-Vereinspokals, dar-                 der Bundesliga-Lizenzvereine
stellt, zur Teilnahme an diesem Wettbewerb verpflich-                oder -Kapitalgesellschaften
tet. Demgegenüber sind die übrigen Vereine aufgrund
der Verbandssatzungen bei Vorliegen der sportlichen         3.1      Gegenüber dem Schiedsrichter
Qualifikation zur Teilnahme berechtigt. Zur Erfüllung       Weder die Bundesliga-Lizenzvereine noch die Bundes-
seiner vertraglichen bzw. verbandsrechtlichen Pflich-       liga-Kapitalgesellschaften stehen in unmittelbaren ver-
ten gegenüber den Teilnehmern am DFB-Vereinspokal           traglichen Beziehungen zu den im DFB-Vereinspokal
bedient sich der DFB der Schiedsrichter als seiner Er-      oder den Spielen der Bundesliga bzw. 2. Bundesliga
füllungsgehilfen i.S.d. § 278 Satz 1 BGB. Die Schieds-      eingesetzten Schiedsrichtern. Insoweit kommt eine
richter stellen demgegenüber keine anderen verfas-          vertragliche Haftung allein aufgrund besonderer recht-
sungsmässig berufenen Vertreter i.S.d. § 31 BGB9            licher Konstruktionen in Betracht.
dar10.
   Komplizierter gestaltet sich die rechtliche Einbezie-
                                                            3.1.1 Vertrag mit Schutzwirkung
hung der Schiedsrichter in den Spielbetrieb der Fuss-
                                                                  zugunsten Dritter
ball-Bundesligen. Soweit der Ligaverband nach § 3
Abs. 1 Lizenzvertrag seinen Lizenznehmern die Er-           3.1.1.1 Allgemeines
laubnis erteilt, die Vereinseinrichtungen des DFB zu
                                                            Vertragliche Schadensersatzansprüche zugunsten der
benutzen, setzt er den DFB als Erfüllungsgehilfen
                                                            Bundesliga-Lizenzvereine oder -Kapitalgesellschaften
i.S.d. § 278 Satz 1 BGB ein. Diese Vereinseinrichtun-
                                                            könnten bestehen, sofern die zwischen dem DFB und
gen werden u.a. auch durch die Schiedsrichterordnung
                                                            seinen Schiedsrichtern abgeschlossenen Geschäftsbe-
des DFB bestimmt. Nach § 13 Abs. 1 SchiedsrichterO
                                                            sorgungsverträge mit dienstvertraglichen Elementen
(DFB) ist der DFB berechtigt, Schiedsrichter der Mit-
                                                            (§§ 675, 611 BGB) Schutzwirkungen zugunsten der
gliedsverbände für Bundesspiele als Schiedsrichter,
                                                            geschädigten Teilnehmer am DFB-Vereinspokal und
Schiedsrichter-Assistenten und Vierte Offizielle ein-
                                                            den Bundesligen entfalten13. Dies erscheint nicht aus-
zusetzen. Die Berufung für diese Einsätze geht der
                                                            geschlossen.
Wahrnehmung der Pflichten dieser Schiedsrichter
gegenüber den Mitgliedsverbänden vor. Nach § 10 der
SpielO (Ligaverband) werden vom DFB-Schieds-
richterausschuss zu allen Bundesspielen Schiedsrichter
und Schiedsrichter-Assistenten sowie gegebenenfalls         9     Vgl. zu dieser Rechtsfigur grundlegend BGHZ 49, 19, 21;
Vierte Offizielle angesetzt. Der Ligaverband hat gegen            aus dem Schrifttum vgl. stellvertretend HEERMANN/GÖTZE,
die Ansetzung von Schiedsrichtern ein Einspruchsrecht             Zivilrechtliche Haftung im Sport, 2002, § 5 I. 3.c) aa) (S. 50
                                                                  ff.) mit weiteren Nachw.
beim Schiedsrichter-Ausschuss. Wie sich zudem aus           10    KUHN (Fn. 4), S. 58; a.A. SCHÖNTAG, Rechtliche Probleme
§ 6 Abs. 3 des Grundlagenvertrags zwischen dem DFB                um den Schiedsrichter, Diss. Augsburg, 1975, S. 95, aller-
und dem Ligaverband ergibt, erfolgt die Zahlung an die            dings ohne Bezug zum professionellen Fussballsport und
Schiedsrichter für deren Einsatz in Bundesligaspielen             zu den insoweit inzwischen veränderten Verbandsstruktu-
                                                                  ren.
durch den DFB, wobei der Ligaverband die entspre-           11    In diesem Sinne auch KUHN (Fn. 4), S. 115 ff.; PFISTER (Fn. 3),
chenden Aufwendungen in voller Höhe erstattet. Letzt-             S. 61, 62 f.
lich setzt der DFB damit seinerseits die Schiedsrichter     12    Zuletzt hat die DFL für die Fussball-Bundesligen die al-
als Erfüllungsgehilfen i.S.d. § 276 BGB ein11. Der Li-            leinige Kontrolle über die einzusetzenden Schiedsrichter
                                                                  gefordert, vgl. www.spiegel.de/fussball/0,1518,druck-340
gaverband hat den DFB ermächtigt, mit Schiedsrich-                408,00.html (besucht am 5. 2. 2005).
tern weitere Erfüllungsgehilfen hinzuzuziehen, die mit      13    Zum Schiedsrichtervertrag als Vertrag zugunsten Dritter
Willen des Schuldners, d.h. des Ligaverbandes, bei der            vgl. auch KUHN (Fn. 4), S. 105 ff.

6                                                                                                        causa sport 1/2005
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3.1.1.2 Haftungsausfüllende Kausalität?                    3.2 und 3.3) – zustehen, die denselben oder zumin-
                                                           dest einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigen
Sodann hätte der Geschädigte einen Schaden substan-
                                                           Ansprüche, die ihm über eine Einbeziehung in den
tiiert darzulegen14. Auszugehen ist vom Grundsatz der
                                                           Schutzbereich eines Vertrages zukämen17. Nur soweit
Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB). Eine insoweit
                                                           derartige Ansprüche nicht bestehen, ist der Dritte zum
erforderliche Neuansetzung des Spiels kann ein besto-
                                                           Schadensausgleich auf eine Haftungsausweitung des
chener Schiedsrichter nachträglich jedoch nicht herbei-
                                                           Schuldners durch Geltendmachung eines Anspruchs aus
führen. Deshalb müssten die geschädigten Dritten den
                                                           einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter an-
Nachweis führen, welche finanziellen Schäden ihnen
                                                           gewiesen.
durch das vom Schiedsrichter manipulierte Spiel ent-
standen sind.
    Dabei stellen sich erhebliche Kausalitätsprobleme.     3.1.2 Sachwalterhaftung
Der geschädigte Dritte müsste im Zweifel nämlich be-       Denkbar ist zudem die Haftung eines Schiedsrichters
weisen, dass der Schaden kausal auf der Pflichtverlet-     gegenüber Dritten aus culpa in contrahendo aufgrund
zung des Schiedsrichters beruht (sog. haftungsausfül-      Inanspruchnahme besonderen persönlichen Ver-
lende Kausalität). In diesem Zusammenhang kommt            trauens18. Der Schiedsrichter ist auch aufgrund seiner
dem Schutzzweck der verletzten Norm besondere Be-          Verpflichtung gegenüber dem Verband tätig, und die
deutung zu. Die entscheidungsrelevante (Kontroll)-         Leitung des Wettkampfes erfordert eigene Entschei-
Frage lautet: Sollten durch die verletzte Norm (vorlie-    dungen des Schiedsrichters, die er nicht treffen
gend die Pflichten aus dem Schiedsrichtervertrag)          könnte, wäre er blosser Vertreter des Verbandes.
gerade auch die vom Kläger geltend gemachten Schä-         Selbst wenn man deshalb die Grundsätze der Sach-
den vermieden werden? Oder sollte durch die Tätigkeit      walterhaftung auf den Schiedsrichter für anwendbar
des jeweiligen Schiedsrichters lediglich die Durchführ-    hielte19, so beständen doch – wie bereits bei den Er-
barkeit der einzelnen Wettkampfspiele gewährleistet        wägungen zu einem Schadensersatzanspruch auf-
werden15?                                                  grund eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten
    Es ist überaus zweifelhaft, ob die vertraglich ge-     Dritter angedeutet (vgl. Abschnitt 3.1.1.2) – kaum zu
schuldete Pflicht des Schiedsrichters darauf abzielen      überbrückende Zweifel im Hinblick auf den für eine
soll, die Vermögensinteressen der am Wettkampf be-         erfolgreiche gerichtliche Anspruchsdurchsetzung er-
teiligten Vereine und Kapitalgesellschaften zu schüt-      forderlichen Nachweis der haftungsausfüllenden
zen. Die durch die Fussballspiele berührten Vermö-         Kausalität.
gensinteressen der am Ligabetrieb teilnehmenden
Lizenzvereine und Kapitalgesellschaften stellen le-
diglich «reine Reflexe aus der Teilnahme am Sport-
betrieb» dar16. Damit stellen die Gesichtspunkte der
haftungsausfüllenden Kausalität zwischen der
                                                           14   Vgl. allgemein zu den Grundsätzen und Besonderheiten des
Pflichtverletzung und dem entstandenen Vermögens-
                                                                Schadensersatzes im Sport HEERMANN/GÖTZE (Fn. 9), § 16
schaden sowie des Schutzzwecks der verletzten Ver-              (S. 170 ff.).
tragspflicht kaum nachzuweisende Anspruchsvor-             15   Vgl. in diesem Zusammenhang § 1 Abs. 1 SchiedsrichterO
aussetzungen dar.                                               (DFB): Zur Durchführung eines den Fussballregeln ent-
                                                                sprechenden Spielbetriebs im Bereich des DFB und seiner
                                                                Mitgliedsverbände ist es erforderlich, dass die Spiele von
3.1.1.3 Schutzbedürftigkeit des Dritten?                        geeigneten und gut ausgebildeten Schiedsrichterinnen und
                                                                Schiedsrichtern geleitet werden.
Zudem wäre vor der Geltendmachung eines Schadens-          16   KUHN (Fn. 4), S. 109 im Anschluss an PFISTER (Fn. 3), S. 61,
ersatzanspruchs aus einem Schiedsrichtervertrag zu-             74.
gunsten Dritter zu klären, ob überhaupt eine Schutz-       17   BGHZ 70, 327, 329 f.; 133, 168, 173 f., 176; vgl. zur feh-
bedürftigkeit des jeweiligen Dritten besteht. Diese wird        lenden Gleichwertigkeit eines Prospekthaftungsanspruchs
                                                                und eines Anspruchs aus Vertrag mit Schutzwirkung
vom BGH abgelehnt, wenn dem Dritten eigene vertragli-           zugunsten Dritter zuletzt BGH ZIP 2004, 1810, 1811 f.
che Ansprüche – gleich gegen wen (vorliegend ist an den    18   Vgl. hierzu KUHN (Fn. 4), S. 117 ff.
DFB und den Ligaverband zu denken, vgl. Abschnitte         19   KUHN (Fn. 4), S. 119.

causa sport 1/2005                                                                                                        7
Sport International                                          Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz?

3.2   Gegenüber dem DFB                                 steht, die der Schuldner (DFB) dem Erfüllungsgehilfen
                                                        (Schiedsrichter) im Hinblick auf die Vertragserfüllung
Für die nachfolgenden Erwägungen wird unterstellt,
                                                        zugewiesen hat. Für schuldhafte Handlungen des Er-
dass ein Schiedsrichter den Ausgang eines Spiels im
                                                        füllungsgehilfen nur bei Gelegenheit der Vertragserfül-
DFB-Vereinspokal, welcher vom DFB veranstaltet
                                                        lung haftet der Schuldner hingegen nicht20. Unter sol-
wird, manipuliert hat und es sich bei dem Geschä-
                                                        che Handlungen fallen grundsätzlich vorsätzliche
digten um einen Bundesliga-Lizenzverein oder eine
                                                        Straftaten21 oder auch rein privatnützige Tätigkeiten des
Bundesliga-Kapitalgesellschaft handelt. Nach § 12
                                                        Gehilfen. Ein Spielausgänge eigenmächtig manipulie-
Abs. 3 Satzung (DFB) sind die Mitgliedsverbände
                                                        render Schiedsrichter handelt jedoch nicht nur bei Gele-
berechtigt, alle Einrichtungen und Anlagen des DFB
                                                        genheit der Pflicht zur Bereitstellung adäquat ausgebil-
in dem in der Satzung und den Ordnungen bestimm-
                                                        deter und zuverlässiger Schiedsrichter, vielmehr ist sein
ten Umfang zu nutzen. Zudem legt § 7 Abs. 2 SpielO
                                                        Einsatz unmittelbar auf die Erfüllung einer entspre-
(Ligaverband) fest, dass die Vereine und Kapitalge-
                                                        chenden verbandsrechtlichen Förderpflicht gerichtet.
sellschaften der Bundesliga und der 2. Bundesliga
verpflichtet sind, an den Spielen um den DFB-Ver-
einspokal teilzunehmen. Dementsprechend stellt der
                                                        3.2.2 Haftungsausfüllende Kausalität?
DFB die von ihm organisierte Vereinseinrichtung
des DFB-Vereinspokals zur Ermittlung des Deut-          Sodann hätte der Geschädigte einen Schaden substan-
schen Pokalsiegers bereit. Aus § 13 Abs. 1 Satz 1       tiiert darzulegen. Auszugehen ist wiederum vom
SchiedsrichterO (DFB) folgt die Berechtigung des        Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB).
Dachverbandes, die Schiedsrichter der Mitgliedsver-     Allerdings kann in einem inzwischen fortgeschrittenen
bände für Bundesspiele (hierzu zählen auch die          Pokalwettbewerb nachträglich der ohne das schädi-
Spiele um den DFB-Vereinspokal) einzusetzen, um         gende Ereignis bestehende Zustand, d.h. Neuansetzung
den Spielbetrieb entsprechend den Fussballregeln        des manipulierten Spiels, in einer mit den Verbandssta-
durchzuführen. Dementsprechend steht die Schieds-       tuten zu vereinbarenden Weise kaum mehr hergestellt
richteransetzung für die Pokalbegegnungen regel-        werden. Deshalb kommt unter diesen Umständen nur
mässig in der Verantwortung des DFB. Damit trifft       eine finanzielle Entschädigung in Betracht. So hätte
den Verband auch ohne ausdrückliche Vereinbarung        etwa der Hamburger Sportverein den Nachweis führen
die verbandsrechtliche (Neben-)Pflicht (§ 241 Abs. 2    müssen, welche finanziellen Schäden dem Verein
BGB), adäquat ausgebildete und zuverlässige             durch das von Schiedsrichter Hoyzer manipulierte
Schiedsrichter für die einzelnen Spiele am DFB-Ver-     Ausscheiden im DFB-Vereinspokal beim Regional-
einspokal zu benennen und einzusetzen. Diese            ligisten SC Paderborn entstanden sind. Dies wären im
Pflicht ist Ausfluss der verbandsrechtlichen Förder-    Wesentlichen die Einnahmen aus dem Spiel in der
pflicht des DFB gegenüber seinen unmittelbaren,         zweiten Pokalrunde gewesen (entgangener Gewinn
aber auch mittelbaren Mitgliedern. Eine Verletzung      i.S.d. § 252 BGB), sofern man unterstellen kann, dass
dieser Pflicht kann zu einem vertraglichen Scha-        der HSV ohne die Manipulationen des Schiedsrichters
densersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m.
§ 278 Satz 1 BGB führen. Bei der praktischen
Durchsetzung eines solchen Anspruchs wären ver-         20   HEINRICHS in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch – Kom-
schiedene rechtliche Hürden zu überwinden.                   mentar, 64. Aufl., 2005, § 278 Rn. 20; ausführlich zum
                                                             Fehlverhalten des Gehilfen bei der Erfüllung GRUNDMANN
                                                             in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 2, 4. Aufl.,
                                                             2001, § 278 Rn. 47; LÖWISCH in: v. Staudinger, Kommentar
3.2.1 Handeln des Erfüllungsgehilfen                         zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und
      bei Gelegenheit der Vertragserfüllung?                 Nebengesetzen, Zweites Buch (§§ 255–292), Neubearbei-
                                                             tung, 2001, § 278 Rn. 43 ff.
                                                        21   Im Fall Hoyzer ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den
Zunächst würde der Verband für einen von ihm als Er-
                                                             Schiedsrichter wegen Mittäterschaft an gewerbs- und ban-
füllungsgehilfen eingesetzten Schiedsrichter nur haf-        denmässigem Betrug (§§ 263 Abs. 3 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB),
ten, sofern dessen schuldhafte Handlung in einem in-         vgl. FAZ vom 14. 2. 2005, S. 25 («Hoyzer in Haft, Koop
neren sachlichen Zusammenhang mit der Aufgabe                suspendiert, DFB für Videobeweis»).

8                                                                                               causa sport 1/2005
Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz?                                            Sport International

die Partie beim SC Paderborn gewonnen hätte. Dies          liche Ansprüche sind sodann gegen den Ligaverband
kann nachträglich aber trotz der seinerzeitigen 2:0-Füh-   zu richten, weil dieser sich als Veranstalter der genann-
rung des Bundesligisten und der zweifelhaften Schieds-     ten Wettbewerbe gegenüber den teilnehmenden Li-
richterentscheidungen zugunsten des Regionalligisten       zenzvereinen und Kapitalgesellschaften verpflichtet
nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit      hat. In § 3 Abs. 1 Lizenzvertrag räumt der Ligaverband
angenommen werden. Das Blatt hätte sich – theoretisch      den Lizenzvereinen und Bundesliga-Kapitalgesell-
– auch aufgrund überlegenen Spiels des SC Paderborn        schaften die Erlaubnis ein, die Bundesliga und die 2.
und nachlassender Spielstärke des Bundesligisten wen-      Bundesliga als Spielklassen gemäss den vom Ligaver-
den können. Die hypothetischen Einnahmen aus weite-        band und vom DFB jeweils festgelegten Benutzungs-
ren Pokalrunden hätte der HSV nicht geltend machen         vorschriften zu benutzen. Der Ligaverband ermittelt
können, da nicht feststeht, dass der Verein in der zwei-   die Fussballmeister in den genannten Spielklassen in
ten Runde siegreich gewesen wäre.                          eigener Verantwortung und hat damit auch die Durch-
   Ist der Schadensnachweis damit bereits problema-        führung eines den Fussballregeln entsprechenden
tisch, so stellen sich zudem kaum überwindbare Kau-        Spielbetriebs durch den Einsatz von Schiedsrichtern si-
salitätsprobleme. Der Geschädigte müsste im Zweifel        cherzustellen. Hierzu bedient er sich des DFB als Er-
nämlich nachweisen, dass der Schaden kausal auf der        füllungsgehilfen i.S.d. § 278 Satz 1 BGB. Zudem hat
Pflichtverletzung des Verbandes beruht (sog. haftungs-     der Ligaverband den DFB ermächtigt, mit Schiedsrich-
ausfüllende Kausalität). Dabei kommt dem Schutz-           tern weitere Erfüllungsgehilfen hinzuzuziehen, die
zweck der verletzten Norm besondere Bedeutung zu.          letztlich mit Willen des Schuldners, d.h. des Ligaver-
Es ist zumindest zweifelhaft, ob durch die verletzte       bandes, bei der Erfüllung von dessen Pflichten gegen-
Norm – vorliegend die verbandsrechtliche Förder-           über den Lizenznehmern mitwirken. Eine Verletzung
pflicht – gerade auch die vom Kläger geltend gemach-       dieser Pflichten des Ligaverbandes kann zu einem ver-
ten Schäden vermieden werden sollten. Stattdessen          traglichen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1
könnte man auch argumentieren, dass der Einsatz der        BGB i.V.m. § 278 Satz 1 BGB führen. Die gerichtliche
Schiedsrichter durch den DFB lediglich die Durchführ-      Durchsetzung eines solchen Anspruchs weist einige
barkeit der einzelnen Pokalspiele sowie des Pokalwett-     rechtliche Unwägbarkeiten auf:
bewerbs gewährleisten soll22.
                                                           3.3.1 Handeln des Erfüllungsgehilfen
3.2.3 Verbandsrechtlicher Haftungsausschluss?                    bei Gelegenheit der Vertragserfüllung?

Abschliessend stellt sich die Frage, ob ein Schadenser-    Die Haftung des Ligaverbandes für ein Fehlverhalten
satzanspruch nicht am Haftungsausschluss gem. § 56         von Schiedsrichtern erfordert in diesem Fall eine dop-
Satzung (DFB) scheitert. Danach können aus Entschei-       pelte Anwendung von § 278 Satz 1 BGB. Der Ligaver-
dungen der DFB-Organe, der Rechtsorgane des DFB            band bedient sich im Verhältnis zu seinen Mitgliedern,
und der Ausschüsse des DFB keine Ersatzansprüche           d.h. den Lizenznehmern, des DFB als seines Erfül-
hergeleitet werden. Der sachliche Anwendungsbereich        lungsgehilfen, der seinerseits aufgrund entsprechender
der Haftungsausschlussklausel scheint unter Zugrun-        Ermächtigung die Schiedsrichter als seine Erfüllungs-
delegung ihres Wortlauts aber im Hinblick auf etwaige      gehilfen hinzuzieht. Unter diesen Voraussetzungen
Schadensersatzansprüche, wie sie im Fall Hoyzer im         sind auch die Schiedsrichter als Erfüllungsgehilfen des
Hinblick auf eine Pflichtverletzung des Verbandes gel-     Schuldners, d.h. des Ligaverbandes, anzusehen23. Im
tend gemacht werden könnten, nicht eröffnet zu sein.       Übrigen gelten die Ausführungen zu Abschnitt 3.2.1.
                                                           entsprechend.

3.3    Gegenüber dem Ligaverband
Für die Erwägungen in diesem Abschnitt wird unter-         22   Vgl. Fn. 15.
stellt, dass der Ausgang eines Spiels in der Bundesliga    23   Allgemein zur Haftung des Schuldners für vom Erfüllungs-
oder in der 2. Bundesliga durch einen vom DFB einge-            gehilfen zugezogene weitere Gehilfen LÖWISCH (Fn. 20), §
setzten Schiedsrichter manipuliert worden ist. Vertrag-         278 Rn. 23.

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3.3.2    Haftungsausfüllende Kausalität?                   Teilnehmer seinerseits sämtliche Rechtbehelfe zur Ab-
                                                           wendung des Schadens ergriffen hat und der Geschä-
Im Rahmen eines Ligawettbewerbs wird der Ligaver-          digte nicht anderweitig Schadenersatz verlangen kann.
band während der laufenden Spielsaison durch                  Im konkreten Fall soll also zugunsten des Lizenzge-
Schiedsrichter manipulierte Spiele vielfach nochmals       bers (Ligaverband), seines geschäftsführenden Organs
ansetzen können (sog. Naturalrestitution i.S.d. § 249      (DFL) sowie des Dachverbandes (DFB) im Hinblick
Abs. 1 BGB). Hierdurch könnten etwaige Schäden             auf Massnahmen in Lizenzierungsverfahren insbeson-
nachträglich beseitigt werden. Allerdings könnten sich     dere die Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausge-
auch insoweit erhebliche praktische Probleme ergeben.      schlossen werden. Eine systematische Auslegung der
So kann das zu wiederholende Spiel bereits unumkehr-       Haftungsausschlussklausel legt die Vermutung nahe,
bare Fakten geschaffen haben. Zu denken ist an Gelbe       dass hiervon nur Haftungsfragen im unmittelbaren Zu-
oder Rote Karten, die in dem manipulierten Spiel ge-       sammenhang mit dem Lizenzierungsverfahren erfasst
zeigt wurden und zur Sperre der betroffenen Spieler in     werden. Damit bezieht sich die Haftungsprivilegierung
späteren, nicht manipulierten Spielen führten24. Es        nicht auf etwaige Schadensersatzansprüche, die von
stellt sich zudem die Frage, ob die zusätzlichen Ein-      Bundesligisten im Fall von Schiedsrichtern, die infolge
nahmen eines Wiederholungsspiels etwa aus dem Ver-         Bestechung den Ausgang von Bundesliga-Spielen ma-
kauf von Eintrittskarten oder der Vermarktung der ent-     nipuliert haben, gegenüber Ligaverband, DFL oder
sprechenden Fernsehrechte letztlich nicht sogar zu         DFB geltend gemacht werden könnten.
einer ungerechtfertigten finanziellen Besserstellung
führen. Noch komplizierter gestaltet sich die Situation,
wenn die Erforderlichkeit der Nachholung des Spiels        4.       Deliktische Ansprüche
erst nach Saisonabschluss erkennbar wird und es durch               der Bundesliga-Lizenzvereine
Neuansetzung des Spiels nachträglich zu erheblichen                 oder -Kapitalgesellschaften
Verschiebungen der Schlusstabelle (Abstiegsränge?
Qualifikation für internationalen Wettbewerb?) kom-        4.1      Gegenüber dem Schiedsrichter
men kann. In jedem Fall müsste die sich teilweise am
Tabellenrang nach dem jeweiligen Spieltag richtende        4.1.1 § 823 Abs. 1 BGB
Auszahlung der Einnahmen aus der Vermarktung der           Die Teilnehmer am DFB-Vereinspokal sind – wie be-
TV-Rechte nachträglich angepasst werden.                   reits festgestellt – durchweg mittelbare Mitglieder des
   Zu den übrigen Aspekten der haftungsausfüllenden        DFB. Als verletztes absolutes, d.h. gegenüber jeder-
Kausalität wird auf die Ausführungen zu Abschnitt          mann wirkendes, sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1
3.2.2 Bezug genommen.                                      BGB kommt damit auf Seiten der Bundesliga-Lizenz-
                                                           vereine bzw. -Kapitalgesellschaften insbesondere die
                                                           Mitgliedschaft in einem Verband in Betracht. Aller-
3.3.3 Verbandsrechtlicher Haftungsausschluss?
                                                           dings wird man eine Verletzung dieses von der Recht-
Im Hinblick auf den deutschen Profifussball hat der        sprechung geschaffenen sonstigen Rechts25 kaum
Ligaverband in § 3 Satz 2 Lizenzvertrag folgende           annehmen können, weil die Manipulationen von
Klausel verankert:                                         Schiedsrichtern keinen mitgliedschaftsbezogenen Ein-
   Schadensersatzansprüche gegen den Ligaverband,          griff darstellen und derartige Verletzungshandlungen
die DFL Deutsche Fussball Liga GmbH oder den DFB
aufgrund der Lizenzerteilung, des Erlöschens der Li-
zenz, Lizenzentziehung, Lizenzverweigerung, Benut-         24    Vgl. hierzu auch FAZ vom 18. 2. 2005, S. 35 («Nicht nur
zungsregelungen und Entscheidungen hierüber oder                 der LR Ahlen erwägt eine Berufung/‚Jetzt sind wir die Be-
etwaiger Auflagen sind ausgeschlossen, es sei denn, ein          trogenen‘ – Wackelt der Spielbetrieb der zweiten Liga?»).
                                                           25    Grundlegend BGHZ 110, 323 – Schärenkreuzer; aus dem
Teilnehmer wiese nach, dass die Schädigung vorsätz-
                                                                 Schrifttum siehe stellvertretend SUMMERER in: Fritz-
lich oder grob fahrlässig und rechtswidrig durch ein             weiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), Praxishandbuch Sport-
Organ oder Beauftragten des Ligaverbandes, der DFL               recht, 1998, 2. Teil/Rn. 126 ff. (S. 127 ff.) mit weiteren
Fussball Liga GmbH oder des DFB erfolgt ist, und der             Nachw.

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Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz?                                            Sport International

ausserhalb der Schutzzone der Verbandsmitgliedschaft      4.2.2 § 831 Abs. 1 BGB
liegen26. Entsprechende Bedenken bestehen gegenüber
                                                          4.2.2.1 Grundlagen
der Annahme eines Eingriffs in das von der Recht-
sprechung entwickelte Recht am eingerichteten und         Nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB haftet der Geschäftsherr
ausgeübten Gewerbebetrieb27. Insoweit mangelt es an       (DFB) für Schäden, die ein von ihm bestellter Verrich-
der erforderlichen Betriebsbezogenheit des Eingriffs.     tungsgehilfe im Rahmen seiner Tätigkeit einem ande-
                                                          ren widerrechtlich zufügt. Verrichtungsgehilfe i.S.d.
                                                          Vorschrift ist, wer mit Wissen und Wollen des Ge-
4.1.2 § 823 Abs. 2 BGB i.V.m.                             schäftsherrn weisungsabhängig in dessen Interessen-
      § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB                             kreis tätig wird. Schiedsrichter sind im Hinblick auf ih-
Im Fall Hoyzer ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen     ren Einsatzort sowie durch die Bindung an die
den Schiedsrichter wegen Mittäterschaft an gewerbs-       Fussballregeln, denen sie zum Durchbruch verhelfen
und bandenmässigem Betrug (§§ 263 Abs. 3 Nr. 1, 25        sollen, weisungsgebunden. Unerheblich ist insoweit,
Abs. 2 StGB)28. Diese strafrechtliche Norm stellt ein     dass sie auf dem Spielfeld letztlich keinen Weisungen
Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar. Auch in die-    unterworfen sind. Nach § 831 BGB ist weiterhin ein in-
sem Zusammenhang stellt sich wieder die Frage der         nerer sachlicher Zusammenhang zwischen der Ausfüh-
haftungsausfüllenden Kausalität. Es erscheint nicht       rung der Verrichtung und der Schädigung erforderlich,
ausgeschlossen, dass die Schäden, soweit sie substan-     womit Schäden ausgeschlossen werden sollen, die le-
tiiert vorgetragen werden können, vom Schutzzweck         diglich «bei Gelegenheit» der Verrichtung erfolgt
der verletzten Norm erfasst sind.                         sind30. Wie bereits in Abschnitt 3.2.1 dargelegt, erfolgt
                                                          das betrügerische Handeln eines den Spielverlauf ma-
                                                          nipulierenden Schiedsrichters nicht nur bei Gelegen-
4.1.3 § 826 BGB                                           heit der Verrichtung.
                                                             Bei Anwendbarkeit dieser Anspruchsgrundlage trifft
Schliesslich verbleiben den geschädigten Bundesliga-      den Geschäftsherrn eine Haftung für vermutetes Ver-
Lizenzvereinen oder -Kapitalgesellschaften gegen be-      schulden. Wiederum stellt sich die Frage der Nachweis-
stochene Schiedsrichter, die Einfluss auf den Spielaus-   barkeit eines Schadens sowie der haftungsausfüllenden
gang genommen haben, Schadensersatzansprüche              Kausalität. Indes wird man im Hinblick auf den DFB
wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826      durchaus erwägen können, inwieweit durch dessen
BGB)29.                                                   Pflichten zur Ausbildung, Überwachung, Schulung und
                                                          Auswahl von Schiedsrichtern für Spiele im Rahmen der
                                                          Bundes- und Regionalligen sowie des DFB-Vereins-
4.2    Gegenüber dem DFB
                                                          pokals zugleich auch die Vermögensinteressen der durch
4.2.1 § 823 Abs. 1 BGB                                    bestochene Schiedsrichter geschädigten Bundesliga-

Selbst wenn man die Verletzung eines sonstigen Rechts
i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB – wiederum dürften allein die
                                                          26   Vgl. zu diesem Kriterium WAGNER in: Münchener Kom-
Verletzung der Mitgliedschaft in einem Verein oder ein
                                                               mentar zum BGB, Band 5, 4. Aufl., 2004, § 823 Rn. 166;
Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewer-           J. HAGER in: v. Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen
bebetrieb in Betracht kommen – annehmen könnte,                Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen,
wäre eine gerichtliche Durchsetzung des Schadenser-            Zweites Buch (§§ 823–825), 13. Bearbeitung, 1999, § 823
satzanspruchs mit zusätzlichen erheblichen Unwägbar-           Rn. B 143 f.; K. SCHMIDT, Die Vereinsmitgliedschaft als
                                                               Grundlage von Schadensersatzansprüchen, JZ 1991, 157,
keiten behaftet. Es erscheint insbesondere zweifelhaft,        159.
ob der DFB selbst schuldhaft eines der genannten sons-    27   Grundlegend BGHZ 3, 270; 43, 359; 45, 296, 307.
                                                          28   Vgl. FAZ vom 14. 2. 2005, S. 25 («Hoyzer in Haft, Koop
tigen Rechte der Geschädigten verletzt hat und ob die
                                                               suspendiert, DFB für Videobeweis»).
Geschädigten den Nachweis eines Schadens sowie der        29   So bereits PFISTER (Fn. 3), S. 61, 73 und S. 85 Fn. 59.
Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Schadens-        30   Vgl. hierzu auch HEERMANN/GÖTZE (Fn. 9), § 3 II. 3. c) (S.
eintritt führen könnten.                                       35).

causa sport 1/2005                                                                                                    11
Sport International                                                  Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz?

Lizenzvereine und -Kapitalgesellschaften geschützt wer-         dass der Hamburger SV zwar 2:0 in Führung lag, Pa-
den sollen.                                                     derborn dann aber in der 35. Minute einen äusserst
                                                                fragwürdigen Elfmeter erhielt und im Anschluss daran
4.2.2.2 Exkulpation nach § 831 Abs. 1 Satz 2                    der Hamburger SV noch eine rote Karte wegen
                                                                Schiedsrichterbeleidigung (Mpenza). Als es gegen
        BGB?
                                                                Spielende 3:2 für Paderborn stand und der HSV Chan-
Nach der bislang öffentlich – d.h. in erster Linie nicht        cen zum Ausgleich hatte, erhielt der SC Paderborn er-
von Juristen – geführten Diskussion erscheint die Frage         neut einen mindestens ebenso fragwürdigen Elfmeter,
umstritten, ob sich der DFB als Geschäftsherr entlasten         der das Spiel mit 4:2 für den Gastgeber entschied. Der
könnte. Nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB haftet der Ge-             Grosskunde hatte somit die meisten seiner Gewinn-
schäftsherr nicht, wenn ihm der Nachweis gelingt, dass          kombinationen durchgebracht. Der leitende Schieds-
ihn kein Verschulden bei der Auswahl oder Überwa-               richter war ein Herr Robert Hoyzer aus Berlin. Bei
chung des Gehilfen trifft oder der Schaden selbst bei Be-       weiterer Untersuchung des Sachverhalts konnte festge-
achtung aller Anforderungen eingetreten wäre. Der DFB           stellt werden, dass es in der Woche 23/2004 ebenfalls
hat bereits seit Jahren ein bewährtes System der Ausbil-        zu Unregelmässigkeiten gekommen sein könnte. […]
dung, Fortbildung und Überwachung nicht nur des                 Durch das 3:2 gewann auch hier der Berliner Gross-
Schiedsrichternachwuchses, sondern auch der hauptamt-           kunde die meisten seiner Kombinationen. Auch dieses
lich tätigen Schiedsrichter installiert und praktiziert, des-   Spiel wurde von Herrn Robert Hoyzer aus Berlin gelei-
sen Effektivität erstmals durch den Fall Hoyzer ernsthaft       tet. Bei beiden Spielen erfolgten die Grosseinsätze aus-
in Frage gestellt worden ist. Dies deutet darauf hin, dass      schliesslich in Berlin. Die Gewinnausschüttung war in
sich der DFB erfolgreich wird exkulpieren können.               beiden Wochen in Berlin deutlich höher als im rest-
   Anders könnte sich die Rechtslage darstellen, wenn           lichen Bundesgebiet.»
der DFB bereits vor der Aufdeckung der Affäre im Ja-                Es erscheint zweifelhaft, ob der DFB allein auf-
nuar 2005 konkrete Hinweise auf ein Fehlverhalten eines         grund dieser Mitteilung bereits im August 2004 den
Schiedsrichters gehabt haben sollte. Mit vergleichbaren         Schiedsrichter Hoyzer von seinen weiteren Aufgaben
Fällen hat sich die Rechtsprechung bereits im Hinblick          hätte entbinden müssen. Ein ausdrücklicher Verdacht
auf die Überwachung von Fernfahrern durch Fuhrunter-            wird in dem Fax nicht geäussert. Zudem ist zu beden-
nehmer beschäftigt und insoweit festgestellt, dass der          ken, dass bis zu diesem Zeitpunkt in Deutschland noch
Geschäftsherr aktiv werden müsse, wenn Berichte von             kein Fall der Beteiligung eines Schiedsrichters an
Mitfahrern, die Auswertung des Fahrtenschreibers oder           Spielmanipulationen bekannt geworden war. Erfahrun-
sonstige Indizien Zweifel an der Zuverlässigkeit und Ge-        gen mit Spielmanipulationen hatte man zwar bereits im
wissenhaftigkeit des Fahrers aufkommen liessen31.               europäischen Ausland gesammelt34, aber auch hieraus
                                                                lässt sich kaum ein konkreter Hinweis auf eine zwin-
4.2.2.2.1 Der Fall Robert Hoyzer
                                                                gende Beteiligung des Schiedsrichters ableiten. Zudem
                                                                ist zwischen dem DFB und dem staatlichen Wettanbie-
Für die Erfolgsaussichten einer Exkulpation im Fall             ter streitig, ob Letzterer bereits im August 2004 die
Hoyzer ist insbesondere bedeutsam, welche Tatsachen             Kriminalpolizei einschaltete, ob dieser Umstand gege-
in dem Fax mitgeteilt wurden, das der staatliche Wett-
anbieter ODDSET nach dem Erstrunden-Pokalaus-
scheiden des HSV beim SC Paderborn am 23. 8. 2004               31   BGH VersR 1961, 330, 332; vgl. auch WAGNER (Fn. 26),
an den DFB schickte32. Das Fax enthält folgende Aus-                 § 831 Rn. 29, 34.
                                                                32   Vgl. hierzu www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,gross
sagen33:
                                                                     bild-431725-339499,00.html (besucht am 1. 2. 2005).
   «Am 20.08.2004 erhielt ODDSET grosse Einsätze                33   Zu einer Kopie des Fax vgl. www.spiegel.de/sport/fussball/
auf einen Heimsieg im Spiel Paderborn – Hamburger                    0,1518,grossbild-431725-339499,00.html (besucht am 1. 2.
SV (DFB Pokal 1. Runde am 21.08.2004). Auffällig                     2005).
                                                                34   Vgl. FAZ vom 2. 2. 2005, S. 32 («Da ist noch was: Der ver-
war, dass Paderborn in diesem Spiel klarer Aussensei-                steckte Fussball-Skandal 2004 in Portugal»); FAZ vom 3. 2.
ter war (Quote 5,60 – 3,70 – 1,30). Diese Einsätze er-               2005, S. 36 («Im Land von Toto nero: Italien reagiert ge-
folgten in Berlin. Bei Betrachtung des Spiels fiel auf,              langweilt auf den Wettskandal in der Bundesliga»).

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Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz?                                           Sport International

benenfalls dem DFB bekannt gemacht wurde und wel-        verbandes nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Zum
che Massnahmen der Verband daraufhin ergriff35. In       einen haben die Schiedsrichter Verrichtungsgehilfen-
Unkenntnis dieser Umstände ist keine seriöse Aussage     eigenschaft allenfalls im Verhältnis zum DFB, zum
dazu möglich, wie sich ein polizeiliches Ermittlungs-    anderen kommt der DFB nicht als Verrichtungsgehilfe
verfahren auf die Prüfungspflichten des DFB ausge-       des Ligaverbandes in Betracht. Denn der Dachverband
wirkt haben könnte. Damit wird es letztlich von den      könnte zwar als selbständiges Unternehmen ohne wei-
gesamten Umständen des Einzelfalls abhängen, ob der      teres Erfüllungsgehilfe des Ligaverbandes sein (vgl.
DFB den Entlastungsbeweis führen könnte.                 bereits Abschnitt 3.3), eine Qualifikation als Ver-
                                                         richtungsgehilfe scheitert jedoch an der fehlenden
4.2.2.2.1 Der Fall Dominik Marks                         Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des DFB im
                                                         Verhältnis zum Ligaverband.
Gleichfalls im August 2004 soll nach Presseberichten36
der Bundesligaklub Arminia Bielefeld den DFB
schriftlich aufgefordert haben, den inzwischen ge-       5.      Fazit
sperrten Berliner Schiedsrichter Dominik Marks abzu-
                                                         Die Manipulation von Spielausgängen durch besto-
setzen. Gegenstand der Beschwerde sollen «unzählige
                                                         chene oder bestechliche Schiedsrichter hat nunmehr
Fehlentscheidungen» des Schiedsrichters im Regional-
                                                         auch den deutschen Fussballsport erfasst. Die damit für
ligaspiel zwischen den Amateuren von Hertha BSC
                                                         den betroffenen Schiedsrichter, den DFB sowie den
und Bielefeld am 11. 8. 2004 gewesen sein. Bielefeld
                                                         Ligaverband verbundenen Haftungsrisiken sind unter-
soll seinerzeit den DFB aufgefordert haben, den
                                                         schiedlich ausgestaltet. Schadensersatzansprüche ge-
Schiedsrichter Marks nur weit unterhalb der dritten
                                                         gen einen solchen – zumal geständigen – Schieds-
Liga einzusetzen. Daraufhin soll der Schiedsrichter-
                                                         richter sind gleichwohl nicht unproblematisch,
Obmann des DFB mitgeteilt haben, dass es Arminia
                                                         aufgrund des regelmässig begrenzten Privatvermögens
Bielefeld nicht zustehen würde, die Schiedsrichter und
                                                         indes wirtschaftlich eher von geringem Interesse. At-
ihre Ansetzungen in diesem Masse zu kritisieren. In-
                                                         traktiver erscheinen insoweit gegen den DFB oder den
zwischen wird Marks nicht nur die Manipulation des
                                                         Ligaverband e.V. zu richtende Schadensersatzansprü-
genannten, sondern auch noch einer Zweitligapartie
                                                         che. Aber auch diese sind mit erheblichen Unwägbar-
am 3. 12. 2004 zur Last gelegt. Auch in diesem Fall
                                                         keiten – insbesondere bezüglich des Nachweises der
kann erst in Kenntnis sämtlicher Einzelfallumstände
                                                         haftungsausfüllenden Kausalität – behaftet.
eine Aussage zu den Erfolgsaussichten einer Exkul-
                                                            Am 11. 2. 2005 hat der Hamburger Sportverein vor
pation des Verbandes getroffen werden. Am 9.3.2005
                                                         dem DFB-Schiedsgericht seinen Einspruch gegen die
wurde der Schiedsrichter Marks verhaftet. Er steht un-
                                                         Wertung des DFB-Pokalspiels gegen den SC Pader-
ter dem Tatverdacht des gewerbsmässigen und banden-
                                                         born, das dem Erstligisten im August 2004 ein frühes
mässigen Betrugs in drei Fällen und der versuchten
                                                         Pokalausscheiden beschert hatte, zurückgezogen. Im
Verabredung von Verbrechen und Geldwäsche, bestrei-
                                                         Gegenzug ist dem HSV durch den DFB als Wieder-
tet jedoch sämtliche Vorwürfe37.
                                                         gutmachung eine finanzielle Entschädigung zugespro-
                                                         chen worden, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtung
4.3    Gegenüber dem Ligaverband                         auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 2 Millionen
                                                         Euro belaufen soll. Aus rechtlicher Sicht ist die Höhe
Soweit den Spielverlauf manipulierende Schiedsrichter
im Rahmen von Spielen der Bundesliga oder der
2. Bundesliga eingesetzt werden, gelten die Ausführun-
gen in Abschnitt 4.2.1 entsprechend. Denn bei der Gel-   35   Vgl. www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,druck-340601,
tendmachung deliktischer Schadensersatzansprüche ist          00.html (besucht am 7. 2. 2005).
                                                         36   Vgl. stellvertretend FAZ vom 17. 2. 2005, S. 34 («Die
der Geschädigte – anders als bei vertraglichen Scha-
                                                              Schiedsrichterzunft schwankt zwischen Selbstreinigung
densersatzansprüchen – nicht auf Anspruchsgegner be-
                                                              und Korpsgeist»).
schränkt, zu denen er in vertraglichen Beziehungen       37   Vgl. FAZ v. 11. 3. 2005 («Schiedsrichter dringend verdäch-
steht. Darüber hinaus scheidet eine Haftung des Liga-         tig – Haftbefehl gegen Dominik Marks»).

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Sport International                                              Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz?

der Entschädigung nach den vorangegangenen Er-              zurückgewiesen. In verschiedenen Verfahren sind
wägungen nur bedingt nachvollziehbar, erst bei Be-          Rechtsmittel eingelegt worden, über die noch nicht
rücksichtigung der verbandspolitischen Auswirkun-           entschieden worden ist.
gen erscheint sie angemessen. Aber wie oft kann (oder          Die teilweise erstaunlich detaillierten Statuten der
muss) sich ein Verband solch kostenintensive Prob-          beteiligten Verbände enthalten bislang keine Regelun-
lemlösungen leisten? Hierbei ist jedoch dem besonde-        gen, die auf die Anfang 2005 in Deutschland aufgetre-
ren Umstand Rechnung zu tragen, dass der Schieds-           tene (Haftungs-)Problematik zugeschnitten sind. Dies
richter Robert Hoyzer eigene Manipulationen                 gilt auch für die entsprechenden Haftungsausschluss-
anlässlich dieses von ihm geleiteten Pokalspiels zuge-      klauseln in der Satzung des DFB sowie den Lizenzver-
geben hatte.                                                trägen des Ligaverbandes (vgl. Abschnitte 3.2.3 und
   In der Folge haben zahlreiche Vereine, die in ande-      3.3.3). Die rechtliche Bewertung der Haftungsproble-
ren, von dem gleichen Schiedsrichter geleiteten Par-        matik wird durch die im Laufe der Zeit gewachsenen
tien (DFB-Vereinspokal, 2. Bundesliga, Regionalliga)        komplexen rechtlichen Beziehungen zwischen sämt-
jeweils unterlegen waren, Einspruch gegen die Wer-          lichen Betroffenen – DFB, Ligaverband, Bundesliga-
tung der betreffenden Spiele vor dem DFB-Sport-             Lizenzvereine und -Kapitalgesellschaften, Schieds-
gericht eingelegt. In den meisten Fällen hat allerdings     richter – nur unwesentlich erschwert. Eine Anbindung
kein Geständnis des Schiedsrichters Hoyzer vorgele-         des Schiedsrichterwesens für Bundesspiele an den Li-
gen. Vermutlich aufgrund der damit verbundenen              gaverband e.V. wird bereits diskutiert.
Beweisprobleme sind beispielsweise fünf von sechs              Das Risiko von Sportwettkämpfen und Spielausgän-
Einsprüchen, über die am 25. 2. 2005 verhandelt wer-        gen, die von Schiedsrichtern manipuliert worden sind,
den sollte, zurückgezogen worden. Der Einspruch des         wird sich auch künftig nicht völlig ausschliessen las-
FC St. Pauli gegen die Wertung des Regionalliga-            sen39. Überaus problematisch ist neben der Verschul-
Spiels gegen den VfL Osnabrück wurde zurückgewie-           densfrage der Umstand, dass infolge Manipulationen
sen, da der Antragsteller beweispflichtig geblieben         aufgetretene Schäden sich selbst im Fall von zeitnahen
war und der Schiedsrichter selbst keine Manipulation        erneuten Spielansetzungen nur in begrenztem Umfang
zugegeben hatte38.                                          ausgleichen lassen (vgl. etwa Abschnitte 3.2.2 und
   Damit stellt sich die Situation derzeit (Stand: 21. 3.   3.3.2). In den manipulierten Spielen oder in deren
2005) folgendermassen dar: Der Hamburger Sportver-          Folge werden regelmässig kaum mehr umkehrbare
ein erhält als Ausgleich für das von Schiedsrichter         Fakten geschaffen (z.B. Qualifikation für die nächste
Hoyzer manipulierte Spiel im DFB-Vereinspokal ge-           Pokalrunde; Erreichen eines Aufstiegs-/Abstiegsran-
gen den SC Paderborn eine finanzielle Entschädigung.        ges in der Abschlusstabelle; berechtigte oder unberech-
Hinsichtlich der Zweitligapartie der laufenden Saison       tigte Gelbe und Rote Karten, die zu Spielsperren für
zwischen LR Ahlen und Wacker Burghausen (1:0) und           die betroffenen Spieler führen), die sich mit zuneh-
der Regionalliga-Partie zwischen den Amateuren von          mender Dauer des Wettbewerbs auf weitere – nicht ma-
Hertha BSC und Bielefeld (2:1), bei denen Hoyzer            nipulierte – Spiele oder gar den Spielbetrieb in der
gleichfalls Manipulationen eingeräumt hatte, hat das        nachfolgenden Saison auswirken. Selbst wenn letztlich
DFB-Sportgericht auf Antrag der unterlegenen Ver-           Schäden einzelner Ligamitglieder offensichtlich sind,
eine die Gültigkeit der Spiele revidiert und Spiel-         lassen sich diese kaum beziffern, der Kausalitätsnach-
wiederholungen angeordnet. Gegen diese Entschei-            weis ist ungewiss. Hier kann man sicherlich mit Be-
dung hat sodann LR Ahlen beim DFB-Bundesgericht             weiserleichterungen und der Schadensermittlung nach
erfolglos Rechtsmittel eingelegt, nunmehr soll ein          § 287 ZPO begrenzt weiterhelfen. Die Imageschäden der
Schiedsgericht angerufen werden. Insgesamt sind
darüber hinaus dreizehn weitere Einsprüche gegen
Spiele im DFB-Vereinspokal, in der Bundesliga und           38   Vgl. hierzu www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,343747,
der 2. Bundesliga sowie in der Regionalliga eingelegt            00html (besucht am 28. 2. 2005).
                                                            39   Dies gilt auch für den Fall, dass man der Forderung des Fifa-
worden. Die meisten Einsprüche sind inzwischen                   Präsidenten und des Fifa-Exekutivkomitees nach Einführung
durch die Antragsteller zurückgezogen worden, in                 von Profi-Schiedsrichtern – vgl. hierzu FAZ v. 25. 2. 2005,
drei Fällen wurde der Einspruch mangels Beweisen                 S. 35 und FAZ v. 9.3.2005, S. 36 – nachkommen sollte.

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Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz?                                            Sport International

Verbände lassen sich auf diese Weise allerdings nicht         würde hierbei jedoch vor eine Belastungsprobe mit un-
beheben. Letztlich könnte der den Ligasport beherr-           gewissem Ausgang gestellt.
schende Solidaritätsgedanke Lösungsansätze bieten, er

    The manipulation of match results by bribed or cor-       ruptibility. Even if the referee has made a confession –
 ruptible referees has now reached the sport of soccer        as in the Hoyzer case – it is doubtful whether the
 in Germany. This gives rise to liability risks, especially   sports clubs can be convicted to have committed a
 for the referees concerned, for the German football as-      breach of duty and whether a causal relationship can
 sociation – the Deutsche Fussball Bund (DFB) – and           be proven to exist between their breach of duty and the
 also for the league association – Ligaverband e.V. –         damage that has occurred, which must be presented in
 which take in the clubs and listed companies of the          a substantiated manner. Is the alleged damage actually
 German Bundesliga (first division) and second divi-          covered by the protective function of the standard that
 sion. Claims for damages against the referee are not         has been infringed? Even a prompt match replay will
 really an attractive economic proposition, since the         not permit the damage that has been caused to be rec-
 referee will generally only have limited personal as-        tified in cases where irreversible facts have come
 sets. Asserting claims for damages vis-à-vis the DFB         about in the manipulated matches or subsequent to
 or the Ligaverband e.V., by contrast, involves a consi-      these (qualification for the next round of the cup, for
 derable number of imponderables. One problem is that         instance). Compensation payments enforced by the
 of providing the necessary proof of the referee’s cor-       courts will ultimately remain the exception.

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