Schlesischer Kulturspiegel - Informationen über das schlesische Kulturleben - Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes

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Schlesischer Kulturspiegel - Informationen über das schlesische Kulturleben - Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes
Schlesischer Kulturspiegel
                                                                                                         3
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Śląski Prezegląd Kulturalny . Slezské Kulturní Zrcadlo
Herausgegeben von der Stiftung Kulturwerk Schlesien

Informationen über das schlesische Kulturleben – Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes

                                                                                                                              Georg Trautmann:
                                                                                                                              Die Schneegruben
                                                                                                                              im Riesengebirge.
                                                                                                                              Foto:
                                                                                                                              Haus Schlesien.

                                                                                   NEUES AUS DEM HAUS SCHLESIEN

                                                                        In Winterträumen schwelgen
Das Haus Schlesien zeigt noch bis 15. März 2020 Heimatimpressionen schlesischer Künstler.

Die Sommermonate über waren im Eichendorffsaal                lauer Kunst- und Gewerbeschule und arbeitete später
Sehnsuchtsorte schlesischer Künstler zu sehen – Ibiza         u. a. als Zeichenlehrer. Neben Landschaftsbildern und
und Italien, die Nordseeküste oder die Alpen mit dem Pin-     Porträts illustrierte Odoy zahlreiche Bücher, darunter
sel eingefangen und auf Papier oder Leinwand gebannt.         Werke von Paul Keller oder Hermann Stehr. Das in der
Inzwischen ist der Herbst gekommen und der Winter             Ausstellung gezeigte Gemälde ist eines von drei Werken
steht vor der Tür, für manch einen mag das vielleicht         des Künstlers, die erst seit kurzer Zeit die Sammlung von
erst recht ein Grund sein, sich in den sonnigen Süden zu      Haus Schlesien bereichern.
träumen. Doch für viele Künstler hatten auch die heimat-           Noch eine weitaus größere Faszination als das Far-
lichen Gefilde ihren Reiz. Bereits seit Mitte des 19. Jahr-   benspiel des Herbstlaubes übte das schneebedeckte Rie-
hunderts erfreute sich die Freilichtmalerei zunehmender       sengebirge auf die Künstler aus. Einer, der diese Jahres-
Beliebtheit, die auch unter den Künstlern der Breslauer       zeit stets herbeisehnte, war Friedrich Iwan (1889-1967).
Kunst- und Gewerbeschule bald ihre Anhänger fand. Ge-         Lag genug Schnee, begab Iwan sich mit Skiern, Pinsel und
rade die schlesischen Gebirge boten ihnen zu allen Jah-       Farbe in die Berge. Er liebte die Darstellung des Schnees
reszeiten eine Fülle von Motiven.                             in allen seinen Facetten. In seinen Radierungen erkennt
    Die Farbenpracht des Herbstes einzufangen und             man sofort den blanken Gletscherschnee, den frisch ge-
auf Leinwand zu verewigen, ist zum Beispiel Max Odoy          fallenen Pulverschnee, das abgebrochene Schneebrett
(1886-1976) auf besondere Weise gelungen. Der in Lau-         ... Iwan bevorzugte die reine Naturdarstellung, die Ein-
rahütte geborene Odoy studierte ab 1911 an der Bres-          samkeit und Ruhe der Landschaft; nur einzelne Details

                                                                                                        Schlesischer Kulturspiegel 54, 2019   33
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in der Hand halten Sie eine weitere Ausgabe des                 Zu den freudigen Überraschungen des Jahres ge-
LIE B E                „Schlesischen Kulturspiegels“, dessen Herausgabe            hört zweifellos die Vergabe des Nobelpreises für Lite-
LESER,                 dankenswerterweise vom Freistaat Bayern durch das           ratur an Olga Tokarczuk. Sie ist nicht nur Schlesierin,
                       Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und        sondern thematisiert auch Schlesisches, insbesondere
                       Soziales gefördert wird. Sie soll Sie abermals über das     die Gemengelage aus deutschem Erbe, polnischer Ge-
                       lebendige schlesische Kulturleben informieren, über         genwart und ostpolnischen Traditionen.
                       Tagungen wie die 69. Wangener Gespräche, Ausstel-               Der Ausblick auf Weihnachten mag versöhnlich
                       lungen schlesischer Kultureinrichtungen, Neuerschei-        stimmen, auch wenn wir dieses Jahr keine neuen
                       nungen des Büchermarkts und vieles mehr.                    Weihnachtsgrußkarten auflegen. So verweisen wir auf
                           Dazu gehören auch nicht immer erfreuliche Nach-         die bekannten Motive und würden uns über Ihre Be-
                       richten. So musste die Stiftung Kulturwerk Schlesien        stellungen sehr freuen. Und nun geht es für uns gleich
                       ihre Bibliothek nach Herrnhut verlagern, um in der          weiter mit den Arbeiten für die nächste Ausgabe.
                       anhaltenden Nullzinsphase Mietkosten einzusparen            Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre.
                       und um sich zukunftsorientiert neu aufzustellen. Das
                       Büro und die Sammlungen als Kernbestand verbleiben          Mit besten Grüßen aus Würzburg
                       in Würzburg. Wir sind nach wie vor unter der alten,
                       bekannten Adresse zu erreichen.                             Anja Weismantel und Ulrich Schmilewski

                       For tsetzung von Seite 1

                       weisen auf den Menschen hin, sei es Rauch aus einem                Nicht zuletzt inspirierte auch Wolf Röhricht (1886-
                       Schornstein oder eine Spur im Schnee, sonst sind seine         1953) der Schnee. Sein besonderes Interesse galt dem
                       Bilder meist menschenleer.                                     Aquarell. Häufig malte Röhricht bei Temperaturen unter
                           Friedrich Iwan schloss sich Mitte der 1920er Jahre         dem Gefrierpunkt, sodass die Aquarellfarbe auf dem
                       der Schreiberhauer Künstlervereinigung St.-Lukas an,           Papier gefror: die so entstandenen Farbkristalle wur-
                       zu deren Gründungsmitgliedern die in der Ausstellung           den im Atelier vorsichtig aufgetaut. Die „Frostspuren“
                       ebenfalls vertretenen Riesengebirgsmaler Georg Wich-           stellten eine interessante und individuelle Variante seiner
                       mann (1876 -1944) und Alfred Nickisch (1872-1948) ge-          Maltechnik dar.
                       hörten. Wichmann studierte an der Berliner Kunstakade-             Neben stimmungsvollen Landschaftsbildern sind in
                       mie, in Karlsruhe sowie an der Akademie in Königsberg.         der Ausstellung auch einzelne Städteansichten zu se-
                       Der Abschluss seiner Studien erfolgte an der Breslauer         hen. Alle in der bis 15. März 2020 im Eichendorffsaal
                       Kunstakademie, an der auch Nickisch Landschaftsmale-           gezeigten Ausstellung sind aus der Sammlung von Haus
                       rei studierte. Wichmann ließ sich bereits 1903 im Rie-         Schlesien. Bei Veranstaltungen im Eichendorffsaal ist die
                       sengebirge nieder, Nickisch siedelte sich 14 Jahre später      Ausstellung zeitweise nicht oder nur eingeschränkt zu-
                       in Schreiberhau an.                                            gänglich.				                                Silke Findeisen

VON DER STIFTUNG KULTUR WERK SCHLESIEN

69. Wangener Gespräche im Zeichen der Erinnerung
                       Rückschau auf Erlebtes und Verlorenes, Menschen, Orte und Landschaften

                       Vorträge, Lesungen und literarische Gespräche, in deren       lichkeiten offengelegt hatte, näherte sich Rafał Biskup
                       Mittelpunkt die Rückbesinnung auf Menschen, Orte und          aus Breslau wissenschaftlich dem Werk der Oberschle-
                       Landschaften stand, haben die 69. Wangener Gespräche          sier August Scholtis und Hans Lipinsky-Gottersdorf.
                       vom 19. bis 22. September 2019 bestimmt. Veranstal-           Monika Taubitz, die mit vielen Literaturpreisen bedachte
                       ter der literarischen Tagung sind der Wangener Kreis          Ehrenbürgerin der Stadt Meersburg, stellte ihren Roman
                       – Gesellschaft für Literatur und Kunst „Der Osten“ e.V.,      ‚Jakobs Gärten‘ vor. Es ist die Geschichte ihres Vaters,
                       die Stadt Wangen im Allgäu und die Stiftung Kulturwerk        von dem die Dichterin sagt: „Obwohl er starb, als ich erst
                       Schlesien.                                                    dreieinhalb Jahre alt war, hat mich seine Lebensgeschich-
                                                                                     te fasziniert.“
                       Fantastisches Schlesien                                           Eine große Freude bereitete der Arbeitskreis „Schle-
                       Den Reigen des Erinnerns, in diesem Fall als „Heimatpo-       sische Mundart“ den Teilnehmern. Mit vertauschten
                       esie aus dem Schwabenland“ benannt, machte Claudia            Rollen trugen vier Mitglieder unveröffentlichte Mund-
                       Scherer aus Wangen mit einer Lesung aus ihrem Buch            artgedichte der den Kreis ins Leben gerufen habenden
                       ‚Jeder Lidschlag. Die Fiktion der Erinnerung‘. Nachdem        und 1996 verstorbenen Erle Bach vor. Das Thema er-
                       Therese Chromik ihren dichterischen Kosmos in Form            weiternd, näherte sich die polnische Germanistin Izabela
                       von Gefühlen und Erkenntnissen, Wahrheiten und Mög-           Tarszczuk in ihrem Vortrag dem „fantastischen Schlesien

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im Werk von Erle Bach“ und zog das Fazit: „Erle Bach              Sicherlich noch lange wird man sich an die am Sonn-
bedient sich einer subtilen Sprache, um dann ihre Prota-      tag stattgefundene Verleihung des Eichendorff-Literatur-
gonisten hinein in eine Fauna- und Florawelt zu führen.“      preises an Christa Ludwig erinnern. Sowohl die Laudatio
Monika Taubitz, Bodo Heimann und Johannes Rasim               von Anne Overlack als auch die Worte der Preisträgerin
waren es schließlich, die Breslauer Erinnerungen teilten.     berührten die Zuhörer auf eine ganz besondere Art und
Unter der Überschrift „Eine Stadt gab mir ihr Wort“           Weise. Wie sagte es Stefanie Kemper, die Vorsitzende
wurde ebenso der hier nach dem Krieg geschlossenen            der Jury, doch im Nachgang so schön? „Diese Feier-
Freundschaften zwischen ehemaligen Bewohnern und              stunde am Sonntagnachmittag im Kornhaus zählt zu den
der heutigen Stadt gedacht. Am Abend zuvor hatte Anne         Sternstunden des Wangener Kreises.“
Wachter den Maler, Graphiker und Schriftsteller Walter            Die nächstjährigen 70. Wangener Gespräche finden
Eberhard Loch anlässlich der Ausstellung „Im Rausch der       vom 22. bis 25. Oktober 2020 im Rahmen der baden-
Bewegung“ in Wangen vorgestellt.                              württembergischen Literaturtage statt.        Vera Stiller

              Historische Umstände in poetische Sprache umgesetzt
Christa Ludwig ist mit dem Eichendorff-Literaturpreis 2019 ausgezeichnet worden.

Höhepunkt jeder „Wangener Gespräche“ ist die Verlei-          ihrem gleichnamigen Roman an. Mit ihm, so war sie si-
hung des mit 5.000 Euro dotierten Eichendorff-Litera-         cher, sei der Schriftstellerin nicht nur die Einfühlung in
turpreises. In diesem Jahr wurde die Auszeichnung mit         Werte und Lebenswelt der Dichterin gelungen, sondern
Christa Ludwig einer Autorin überreicht, der die Jury „die    auch der ganz eigene „Lasker-Schüler-Ton“.
genaue innere Nachzeichnung ihrer Figuren“ und die „in-           Über zwei Jahrzehnte hinweg habe sich Christa
nere Anteilnahme an Mensch und Natur“ bescheinigte.           Ludwig mit ihrem Stoff beschäftigt, sagte Overlack und
Zudem war man davon überzeugt, dass es die Autorin            resümierte: „Zunächst sollte es eine populärwissen-
vermag, „historische Umstände in poetische Sprache zu         schaftliche Biografie werden. Aber schnell wurde klar,
setzen“.                                                      dass Ludwig keine Sachbuchautorin ist.“ Zudem hätte die
    Damit gemeint war und ist Christa Ludwigs erster          Frage im Raum gestanden, ob die Autorin „diese exal-
Roman für Erwachsene „Ein Bündel Wegerich“, in dem sie        tierte und überspannte Frau überhaupt aushalten kann“.
die letzten Lebensjahre von Else Lasker-Schüler in Jeru-      Und noch etwas. In ihrer Nachbemerkung zum Buch habe
salem beschreibt. Anne Overlack, die die Laudatio hielt,      es Christa Ludwig so formuliert: „Wir sind einander we-
wollte einmal das „reiche Gesamtwerk“, das die Preisträ-      sensfremd und werden es bleiben. Vielleicht verstehen
gerin insbesondere jungen und jüngsten Lesern gewid-          wir uns darum so gut!“
met hat, zum anderen aber die Annäherung an die 1869              Die Darstellung des Zeit-Kolorits und der Probleme,
geborene jüdische Dichterin als Begründung für die Aus-       die es in Palästina damals gab, seien wichtige Handlungs-
zeichnung sehen. Und die auf der Bodenseehalbinsel Höri       stränge, informierte Anne Overlack. Mit doppelter Stim-
lebende Journalistin schwärmte: „Das Buch hat mich in         me erzähle Ludwig die letzten Lebensjahre der Dichterin
ganz besonderem Ausmaß fasziniert und beeindruckt.“           in Jerusalem nach. An keiner Stelle würde der Anspruch
    So war es keine Überraschung, dass sich Anne Over-        erhoben, „so sei es gewesen“. Aber immer scheine die
lack in weiten Teilen ihrer Ausführungen dieser jüdischen     Gewissheit durch, „so könnte es gewesen sein“.
Frau zuwandte, die Anfang des 20sten Jahrhunderts                 Noch einmal ließ die Rednerin Else Lasker-Schüler
der Star der Berliner Bohème war und von ihr so cha-          zu Wort kommen und zitierte: „Was nennt sich Dichter?
rakterisiert wurde: „Sie wurde begafft und war bekannt,       Alles! Verse kann jeder schließlich machen, aber ohne
begehrt - und bitterarm.“ Overlack zeichnete den Weg          Kitsch auf die Felsen fliegen - und zwar auf keine aus
der „revolutionären Lyrikerin“ von Deutschland über die       Papiermaché – suchen Sie so einen Dichter.“ Und Anne
Schweiz bis Palästina nach und ließ diese sagen: „Ich bin     Overlack war gewiss: „Wir haben diesen Dichter, diese
nicht Hebräerin der Hebräer, aber Gottes willen!“             Dichterin, für heute gefunden!“
    In einem weiteren Schritt stellte die Laudatorin Ge-          Nachdem eine überglückliche Christa Ludwig den Li-
meinsamkeiten zwischen Else Lasker-Schüler und Joseph         teraturpreis aus den Händen von Dietrich Meyer, Vor-
von Eichendorff her. Wenngleich die Gefühle von Sehn-         standsvorsitzender der Stiftung Kulturwerk Schlesien,
sucht, Heimweh und Liebe ihre radikal modernen Ge-            entgegengenommen hatte, gestand sie: „Vor 20 Jahren
dichte grundierten, so ständen sie doch „im engen Bezug       stand ich schon einmal in Wangen und habe die Anfänge
zu demjenigen, in dessen Namen heute gepriesen wird“.         des Buches dem Literarischen Forum vorgestellt.“ Wie
Wie Overlack vor Augen hielt: „Auch ein Abendlied haben       sie sich freute, nach einiger Zeit der Abstinenz „endlich
beide gedichtet, in dem Gott jeweils eine zentrale Rolle      wieder zu Joseph von Eichendorff, seinem Taugenichts
zukommt“, um sogleich einzulenken: „Selbst wenn beide         und seinen Gedichten zurückgefunden zu haben“. Und wie
Texte elegisch sind, die Melancholie der Dichterin ist grö-   zuvor schon Anne Overlack, so stellte auch die Preis-
ßer.“                                                         trägerin die Gemeinsamkeiten und Gegensätze von Ei-
    Mit dem im Exil entstandenen Gedicht „Die Ver-            chendorff und Lasker-Schüler gegenüber. Das Lyrische
scheuchte“, in dem von einem „Bündel Wegerich“ die            betreffend rief Christa Ludwig aus: „Beide haben es ge-
Rede ist, gelangte Anne Overlack bei Christa Ludwig und       troffen: das Zauberwort!“ 		                    Vera Stiller

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Leere Regale und
      Umzugskartons.

Umzug der Bibliothek des Kulturwerks
                           Neuer Aufstellungsort ist Herrnhut bei Görlitz.

                           In Zusammenhang mit der Neukonzeption der Stiftung         Stiftung in die Büroräume verbracht, wo sie nach wie vor
                           Kulturwerk Schlesien und aus Erfordernissen der Kosten-    zugänglich sind.
                           einsparung hat das Kulturwerk im Oktober 2019 seine            Die Bibliothek befindet sich nun in einem ehemaligen
                           Bibliothek nach Herrnhut verlagern müssen. Die Biblio-     Bibliotheksraum der Brüderunität in Herrnhut. Das Aus-
                           theksräume in Würzburg wurden gekündigt, das Büro          packen und Einstellen der Bücher wird noch einige Zeit
                           der Stiftung in Würzburg unter der alten Adresse bleibt    in Anspruch nehmen, so lange wird die Bibliothek nicht
                           weiterhin bestehen. Den Umzug der rund 30.000 Bände        zugänglich sein. Geplant ist die Zusammenfassung meh-
                           und der Regale erfolgte durch die Firma „Grüne Radler“,    rerer schlesischer Bibliotheken in Görlitz zu einer zukünf-
                           eine sehr kompetente und empfehlenswerte Würzburger        tigen Schwerpunktbibliothek Schlesien. Mit der Verlage-
                           Umzugsfirma, die bereits 1904 gegründet wurde, und         rung seiner Bibliothek hat das Kulturwerk einen ersten
                           zwar tatsächlich – daher der Name – als grün unifor-       Schritt in diese Richtung getan. Das Umzugsprojekt
                           mierter Fahrradexpressdienst.                              wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Familie,
                               695 Umzugskartons waren zu packen, Regale im           Arbeit und Soziales ausgewählt und durch den Freistaat
                           Umfang von 455 laufenden Metern ab- und in Herrnhut        Bayern aus Haushaltsmitteln des Bayerischen Staats-
                           wieder aufzubauen – eine Arbeit, die zwei Wochen in        ministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert,
                           Anspruch nahm. Zugleich wurden die Sammlungen der          wofür die Stiftung sehr dankbar ist.

2020: Exkursion ins literarische Schlesien
                           Orte, Autoren, Lesungen – zum Genießen und Mitmachen

                           Nach den beiden überaus erfolgreichen Exkursionen der      „Eichendorff-Weg“. Auf Schloss Wernersdorf ist eine öf-
                           Vorjahre bieten die Freunde und Förderer der Stiftung      fentliche Lesung mit Autoren der Erlebnisgeneration, die
                           Kulturwerk Schlesien e.V. im kommenden Jahr wieder         an der Reise teilnehmen werden, vorgesehen sowie im
                           eine von Viola Plump organisierte Exkursion an. Unter      Riesengebirge eine Naturlesung am Erle Bach-Gedenk-
                           der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Christian     stein. Natürlich gibt es auch Zeit zur freien Verfügung.
                           Andree geht es um „Das literarische Schlesien im Spie-         Übernachtungen sind vorgesehen in Breslau und
                           gel der Zeiten. Barock – Romantik – Neuzeit“. Besucht      Neisse sowie auf den Schlössern Plawniowitz in Ober-
                           werden u.a. Breslau, Schloß Lubowitz, Neisse, Bad Salz-    schlesien und Wernersdorf bei Hirschberg. Zustiegs-
                           brunn und Agnetendorf (Haus Wiesenstein) – Orte, die       möglichkeiten für die Busexkursion vom 21.-28. Juni
                           mit bedeutenden schlesischen Dichtern und Schriftstel-     2020 bestehen in Würzburg und Dresden-Neustadt. An-
                           lern verbunden sind, nicht nur mit Eichendorff, den Ge-    meldeschluss ist der 15. Dezember 2019. Bitte beach-
                           brüdern Hauptmann und Karl von Holtei. Besucht werden      ten Sie, dass nur noch wenige Plätze frei sind! Weitere
                           in Breslau das Germanistische Institut der Universität,    Informationen zum Programm und den Preisen erhalten
                           auf Schloss Plawniowitz ist ein Rezitationsabend geplant   Interessenten über die Stiftung Kulturwerk Schlesien
                           – Teilnehmer tragen aus den Werken ihrer schlesischen      (Tel. 0931/5 36 96) oder direkt von Viola Plump (Tel.
                           Lieblingsautoren vor – und in Neisse spaziert man den      0172/29 47 100).

36       Schlesischer Kulturspiegel 54, 2019
Schlesischer Kulturspiegel - Informationen über das schlesische Kulturleben - Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes
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               Die Stiftung Kulturwerk Schlesien ist als gemeinnützig anerkannt. Selbstverständlich erhalten Sie auf Wunsch
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                                                                Erste Vorstandswahl in Breslau
Freunde und Förderer der Stiftung Kulturwerk Schlesien e.V. wählen neuen Vorstand und blicken in die Zukunft.

Erstmals in ihrer Geschichte kamen die Freunde und För-      mensetzt aus Dr. Christian Fuchs (Berlin) als erstem
derer der Stiftung Kulturwerk Schlesien e.V. zu einer Mit-   Vorsitzenden, Dr. Brigitte-Ulrike Hainlein (Würzburg)
gliederversammlung in Breslau zusammen. Sie fand am          als zweiter Vorsitzender und Viola Plump (Bad Schwal-
22. Juni 2019 im Anschluss an die von diesem Verein or-      bach) als geschäftsführendem Vorstandsmitglied. Der
ganisierte Exkursion zur Industriekultur in Schlesien und    Mindestmitgliedsbeitrag in Höhe von 60 Euro pro Jahr
im Rahmen der Jahrestagung der Stiftung Kulturwerk           wurde beibehalten. Neue Mitglieder sind herzlich willkom-
Schlesien statt. Der Vorstand berichtete von seinen Tä-      men.
tigkeiten wie der abermals von Viola Plump organisierten         2020 wird ein entscheidendes Jahr für die Zukunft
Exkursion, der finanziellen und ideellen Unterstützung       der Stiftung Kulturwerk Schlesien sein, und die Freunde
der Stiftung Kulturwerk Schlesien sowie von mehreren         und Förderer werden die Stiftung tatkräftig unterstüt-
Beitritten neuer Mitglieder. Nach dem Finanzbericht und      zen. Zudem ist für nächstes Jahr wieder eine Exkursion
jenem der Revisoren wurde der Vorstand entlastet. Es         geplant, und zwar vom 21.-28. Juni 2020 zum Thema
folgte die Neuwahl des Vorstands, der sich nun zusam-        „Das literarische Schlesien im Spiegel der Zeiten“.

                             Weihnachtsgrußkarten sind wieder bestellbar
Stiftung Kulturwerk Schlesien bietet wieder ihre beliebten und inzwischen bekannten Weihnachtsgrußkarten an.

Die Faltkarten bestehen aus einem Bild mit Schlesienbe-      l Winterlandschaft im Riesengebirge von Paul Weimann
zug und erläuterndem Rückentext und kosten jeweils mit       (Motiv 11)
einem gefütterten Briefumschlag 1,60 Euro zzgl. Porto.       l Schloss Johannesberg von August Carl Haun (M.12)
Erfreuen Sie Ihre Verwandten und Bekannten mit einem         l Christkindelmarkt in Breslau von Bodo Zimmermann
„schlesischen Weihnachtsgruß“. Bestellungen bitte an         (Motiv 13)
die Stiftung Kulturwerk Schlesien (Kardinal-Döpfner-
Platz 1, 97070 Würzburg; Tel. 0931/5 36 96; info@            Weihnachtliche Traditionen
kulturwerk-schlesien.de).                                    l Backrezept „Liegnitzer Bombe“ (Motiv 14)
                                                                                                                             Das Herauspo-
    Es werden folgende Motive angeboten, die auf der         l Lied „Uff’m berge, da geht der Wind“ (Motiv 15)
                                                                                                                             saunen der frohen
Homepage der Stiftung unter „Unsere Veröffentli-             l Gedicht „Markt und Straßen stehn verlassen“ von               Botschaft (Gruß-
chungen“, „Weihnachtsgrußkarten“ abgebildet sind:            Joseph von Eichendorff (Motiv 16)                               kartenmotiv 5).
Weihnachtskrippen
l Waldenburg: Gesamtansicht der Krippe (Motiv 1)
l Waldenburg: Das Jesuskindlein mit Maria und Josef
(Motiv 2)
l Waldenburg: Der Diener König Caspars mit dem Dro-
medar (Motiv 3)
l Bad Landeck: Ankunft der Hirten (Motiv 4)
l Bad Landeck: Das Herausposaunen der frohen Bot-
schaft (Motiv 5)
l Bad Landeck: Anbetung der Heiligen Drei Könige (M. 6)

Winterlandschaften schlesischer Künstler
l Winterlandschaft bei Harrachsdorf von Paul Aust
(Motiv 7)
l Agnetendorf von Georg Lehmann-Fahrwasser (M.8)
l Weihnachtsnacht von Karl Gottwald (Motiv 9)
l Kirche Wang von M. Teichmann (Motiv 10)

                                                                                                       Schlesischer Kulturspiegel 54, 2019   37
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CHRONIK

Mit „Deutschem Nationalpreis“ ausgezeichnet
                       Die Preisträgerin Anita Lasker-Wallfisch ist in Breslau geboren.

                       Am 3. September 2019 wurde die am 17. Juli 1925               Mitglied des Mädchenorchesters wurde. Ihre Schwe-
                       in der schlesischen Hauptstadt Breslau geborene Ani-          ster Renate traf erst 1944 in Auschwitz ein. Das Lager
                       ta Lasker-Wallfisch von Bundespräsident Frank Walter          wurde im November 1944, als sich die Rote Armee den
                       Steinmeier in Berlin mit dem „Deutschen Nationalpreis“        Reichsgrenzen näherte, aufgelöst, die Häftlinge wurden
                       ausgezeichnet. Der Preis wird seit 1997 vergeben und          ins Konzentrationslager Bergen-Belsen verbracht. Am
                       ist mit 30.000 Euro dotiert.                                  15. April 1945 wurden sie von britischen Truppen be-
                           Anita Lasker war die jüngste von drei Töchtern des        freit, ein Jahr später wanderten beide Schwestern nach
                       Breslauer Rechtsanwalts Alfons Lasker und seiner Ehe-         England aus.
                       frau Edith, einer Violinistin. Die jüdische Familie war as-        Anita Lasker heiratete später in London den jü-
                       similiert, bildungsbürgerlich orientiert und unreligiös. Es   dischen Pianisten Peter Wallfisch (1924-1993), der auch
                       gelang den Eltern 1939, noch vor Kriegsbeginn am 1.           aus Breslau stammte; Renate Lasker arbeitete als Jour-
                       September, die älteste Tochter Marianne als Begleiterin       nalistin, heiratete den deutschen Journalisten und Buch-
                       jüdischer Kinder nach England in Sicherheit zu bringen.       autor Klaus Harpprecht (1927-2016) und lebt heute in
                       Die beiden jüngeren Töchter Renate und Anita blieben          Frankreich. Über ihre Erlebnisse hat sie 1972 den Ro-
                       in Breslau, auch nachdem ihre Eltern deportiert wor-          man ‚Familienspiele‘ veröffentlicht, während ihre Schwe-
                       den waren, und mussten in einer Papierfabrik arbeiten.        ster Anita ihre Erinnerungen unter dem Titel ‚Ihr sollt die
                       Nachdem ein Fluchtversuch der beiden Schwestern mit           Wahrheit erben. Die Cellistin von Auschwitz‘ (1997) nie-
                       gefälschten Pässen nach Frankreich misslungen war,            dergeschrieben hat. Am 31. Januar 2018, dem Jahres-
                       wurden sie verhaftet und wegen Urkundenfälschung am           tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz
                       5. Juli 1943 verurteilt.                                      durch die Rote Armee, durfte sie im Deutschen Bundes-
                           Anita Lasker wurde im Dezember 1943 ins Konzen-           tag eine Rede zum Thema „Antisemitismus“ halten.
                       trationslager Auschwitz deportiert, wo sie als Cellistin      				                                   Jörg Bernhard Bilke

Stand und Perspektiven der Heimatpresse
                       Möglichkeiten der Vernetzung, Umstrukturierung und Einsatz neuer Medien

                       Im Rahmen eines von der Beauftragten der Bundesregie-         zeitig minimaler personeller Ausstattung eine Zusam-
                       rung für Kultur und Medien (BKM) geförderten Projekts         menarbeit zunehmend erforderlich sei. Dies gelte insbe-
                       führt die Bonner Kulturstiftung der deutschen Vertrie-        sondere auch für die auszubauenden Internetpräsenzen.
                       benen derzeit eine Reihe von Workshops zum Thema der          Im Hinblick auf die redaktionelle Nachwuchsgewinnung
                       eigenständigen Kulturarbeit der deutschen Heimatver-          wurde dafür plädiert, „altes Denken“ zu überwinden und
                       triebenen durch. Es geht darum, Möglichkeiten auszu-          „inklusive Ansätze“ zu verfolgen. So dürfe die Mitarbeit
                       loten, wie diese Kulturarbeit gestärkt bzw. zukunftsfähig     eines an der Thematik der historischen deutschen Ost-
                       gestaltet werden kann, und auch, in welcher Weise die         und Siedlungsgebiete interessierten Redakteurs nicht
                       Kulturstiftung in diesem Sinne unterstützend tätig wer-       von dessen „familiären Wurzeln“ abhängig gemacht wer-
                       den kann.                                                     den. Zudem solle versucht werden, auch interessierte
                           Nach Veranstaltungen zur Kooperation und Ver-             Studenten aus den Fachbereichen der Geschichts- und
                       netzung der Kultureinrichtungen untereinander und mit         Kulturwissenschaften sowie der Osteuropastudien für
                       denen der deutschen Minderheiten im östlichen Europa,         eine redaktionelle Mitarbeit zu gewinnen. Anreiz sei, ih-
                       zur Verbindung der Einrichtungen mit der universitären        nen die Möglichkeit zu geben, wissenschaftliche Artikel zu
                       Forschung, dies nicht zuletzt unter dem Aspekt der wis-       veröffentlichen, was während des Studiums in anderen
                       senschaftlichen Nachwuchsgewinnung, und generell zur          Publikationsorganen in der Regel nicht möglich ist. Auch
                       Ansprache der Jugend bzw. der landsmannschaftlichen           an einer Redaktionsarbeit interessiere Schüler könnten
                       Jugendorganisationen fand nun am 3. und 4. Juli 2019          für eine langfristige Mitarbeit gewonnen und deren Medi-
                       im Haus Schlesien in Königswinter ein weiterer Work-          enkompetenz auf Schulungen, wie sie heute beispielswei-
                       shop statt, bei dem Stand und Perspektiven der Publika-       se von der Jugendorganisation der Landsmannschaft der
                       tionsorgane der Kultureinrichtungen und der landsmann-        Deutschen aus Russland angeboten werden, gestärkt
                       schaftlichen Organisationen im Mittelpunkt standen.           werden.
                           Bei den Teilnehmern aus dem Kreis der Redakteure,              Ein eigener Themenblock des Workshops beschäf-
                       Journalisten sowie mit den Publikationsorganen be-            tigte sich mit den Heimatbriefen und Heimatblättern, die
                       fassten Institutionen bestand Einigkeit darüber, dass ge-     es aufgrund der bedenklichen Altersstruktur der Mitar-
                       rade vor dem Hintergrund der immensen Kosten für die          beiter nachhaltig zu unterstützen gelte, wolle man deren
                       Herausgabe von Zeitschriften und Zeitungen bei gleich-        Erhalt für die Zukunft überhaupt gewährleisten. Im Ein-

38   Schlesischer Kulturspiegel 54, 2019
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zelfall müsse auch eruiert werden, ob das Blatt in Form       „Online-Handbuch Heimatpresse“ vor. In dem wissen-
einer Beilage in überregionale Zeitungen der einzelnen        schaftlichen Nachschlagewerk finden sich bereits jetzt
Vertriebenengruppen eingegliedert werden könnte. Allein       umfassende Informationen zur Publizistik der Deutschen
die Zahl von geschätzt etlichen hundert Titeln solcher        in und aus dem östlichen Europa nach 1945.
Publikationen veranschaulicht, vor welche Herausfor-              Die Teilnehmer des Workshops verfolgten mit groß-
derungen Wissenschaftler gestellt sind, wenn sie sich         em Interesse die Ausführungen zu dem von der BKM
einen Überblick über dieses Teilsegment der deutsch-          geförderten Projekt, das es letztlich ermöglichen soll,
sprachigen Presselandschaft verschaffen möchten. Der          die Bestände in digitalisierter Form als wichtige Quelle
stellvertretende Leiter des Instituts für Volkskunde der      zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Kultur und Ge-
Deutschen des östlichen Europa, Dr. Hans-Werner Ret-          schichte der Heimatvertriebenen zu nutzen.
terath, stellte in diesem Zusammenhang das Projekt            			                                   Thomas Konhäuser

                                      Verleihung des 43. Kulturpreises Schlesien
Ein Hauptpreis wurde an den Breslauer Künstler und Glasdesigner Professor Zbigniew Horbowy verliehen.

Der Niedersächsische Kultusminister, Grant Hendrik            Weltkrieg verlassen musste, kehrte Helmut Goebel im
Tonne, hat am 28. September 2019 im Lessingtheater in         Laufe seines Lebens bis heute weit über einhundert Mal
Wolfenbüttel den 43. Kulturpreis Schlesien des Landes         in sein Heimatdorf zurück und widmete sich vor allem mit
Niedersachsen verliehen. In seiner Rede beim Festakt im       großer Leidenschaft dem Erhalt der Denkmäler. Durch
Lessingtheater in Wolfenbüttel hob Tonne die Bedeutung        sein Engagement hat er nicht nur in Deutschland, son-
Schlesiens im vereinten Europa hervor. Er vertrat den         dern auch in Polen viel Anerkennung erfahren: Ihm wurde
Niedersächsischen Minister für Inneres und Sport, Boris       bereits 1986 das Bundesverdienstkreuz und 2013 der
Pistorius.                                                    Verdienstorden der Klasse Fünf der Republik Polen ver-
    Ein Hauptpreis wurde an den Breslauer Künstler und        liehen.
Glasdesigner Professor Zbigniew Horbowy verliehen.                 Der Verein zur Pflege schlesischer Kunst und Kul-
Horbowy wurde 1935 in Lantschyn bei Kolomyia gebo-            tur e. V., vertreten durch den Vorsitzenden Christopher
ren und widmete sein ganzes Leben dem Glasdesign. Er          Schmidt-Münzberg, erhielt den diesjährigen Sonderpreis.
gründete eine eigene Designerschule und war weit über         Gegründet im Jahr 1993, hat der Verein heute seinen ju-
Schlesien hinaus bekannt. Außerdem war er Gewinner            ristischen Sitz in Görlitz. Ausgangspunkt vieler kultureller
zahlreicher Auszeichnungen, unter anderem der höch-           Aktivitäten ist das Schloss Lomnitz bei Hirschberg. Mit
sten kulturellen Auszeichnung in Polen, der Gloria-Artis-     zahlreichen Restaurierungen, Ausstellungen und weite-
Medaille für kulturelle Verdienste in Silber und Gold. Hor-   ren Aktivitäten erfüllen die mehr als 300 Mitglieder des
bowy starb am 17. Juni dieses Jahres, weshalb ihm die         Vereins sein satzungsmäßiges Ziel, nämlich die Förde-
Auszeichnung posthum verliehen wurde.                         rung, Pflege und Erhaltung schlesischer Kulturwerte.
    Einen weiteren Hauptpreis erhielt der ehrenamtliche            Im nächsten Jahr wird die Preisverleihung turnus-
Denkmalpfleger Helmut Goebel, geboren 1925 in Nie-            mäßig in der Woiwodschaft Niederschlesien stattfinden.
derschwedeldorf in der Grafschaft Glatz. Nachdem er           Der Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen
mit seiner Familie den elterlichen Hof nach dem Zweiten       wird seit 1977 verliehen.

                                                                                                                               PERSONEN

 „Nicht nur reden oder fordern, sondern vielmehr handeln“
Maxi-Monika Thürl erhält das Bundesverdienstkreuz für ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement.

Für ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement wurde          re für den Naturschutz, den Lokale-Agenda-21-Prozess
Maxi-Monika Thürl am 11. Oktober 2019 in ihrer Hei-           und die Gründung eines Fahrdienstes für ältere Mitbürger
matgemeinde Seckach im Neckar-Odenwald-Kreis mit              in ihrer Gemeinde sowie in der Flüchtlingshilfe und -be-
dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der           treuung engagiert. „Nicht nur reden oder fordern, son-
Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Während             dern vielmehr handeln“ – dies kennzeichne Maxi-Monika
des Festakts würdigten Peter Hauk, baden-württem-             Thürls Wirken, so Landrat Dr. Brötel in seiner Laudatio.
bergischer Minister für Ländlichen Raum und Verbrau-               Maxi-Monika Thürl engagiert sich aber als gebürtige
cherschutz, Landrat Dr. Achim Brötel, Bürgermeister           Liegnitzerin auch in der Stiftung Kulturwerk Schlesien.
Thomas Ludwig sowie Viola Plump die Verdienste der Ge-        Hier ist sie einen Tag in der Woche ehrenamtlich aktiv,
ehrten; musikalisch umrahmt wurde die Verleihung durch        hat etwa den Nachlass der Schriftstellerin Dagmar von
die Sopranistin Erna Diel, begleitet am Klavier von Erika     Mutius verzeichnet. Auf die schlesischen Aspekte ihres
Schneider, und durch die Jazzband „Grünspan“.                 Lebens ging Viola Plump, geschäftsführendes Vorstands-
    Maxi-Monika Thürl, die 37 Jahre lang als Schulleiterin    mitglied der Freunde und Förderer der Stiftung Kultur-
im Ortsteil Großeicholzheim wirkte, hat sich insbesonde-      werk Schlesien e.V., deren Mitglied Maxi-Monika Thürl

                                                                                                          Schlesischer Kulturspiegel 54, 2019   39
Schlesischer Kulturspiegel - Informationen über das schlesische Kulturleben - Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes
ist, in ihrer Laudatio ein. So begründe die Erfahrung der   Monika Thürl launig ihr Leben unter anderem mit Versen
                        im Februar 1945 erfolgten Flucht der Dreijährigen aus       aus ihrem Poesiealbum Revue passieren.
                        Liegnitz deren tatkräftiges Engagement für geflüchtete          Der festliche Abend endete mit Glückwünschen,
                        Mitmenschen. Mit der Verleihung eines Ordens gehe es        Blumen und Präsenten für die Geehrte und mit ihrem
                        um die Sichtbarmachung von Verdiensten in Form gesell-      Eintrag in das Goldene Buch der Gemeinde. Und zum fol-
                        schaftlicher Anerkennung. In ihrer Dankesrede ließ Maxi-    genden Umtrunk spielte die Jazzband so richtig auf!

NEUES AUS DEM HAUS SCHLESIEN

Auf Beethovens Spuren in Böhmen, Mähren und Schlesien
                        Eindrücke einer zehntägigen Studienreise

                        Anlässlich des 250. Geburtstags des großen Kompo-                Die Fahrt führte zunächst in Richtung Eger nach Fran-
                        nisten Ludwig van Beethoven (1770-1827) begaben sich        zensbad. Hier begeisterte das Kurviertel durch die ruhige
                        40 interessierte Teilnehmer unter der Leitung von Dr.       Lage und seine „kaisergelben” Prachtbauten. Bei einem
                        Inge Steinsträßer, Bonn, Nicola Remig und Bernadett         Abendspaziergang entdeckte die Gruppe auch die in
                        Fischer vom Haus Schlesien sowie Dr. Solveig Palm,          deutscher Sprache verfasste Gedenktafel an Beethovens
                        Vorsitzende des Netzwerks Ludwig van B., vom 29. Mai        Aufenthalt im Sommer 1812. Hier trat auch erstmals
                        bis 7. Juni 2019 auf eine höchst anregende Reise in die     die kleine goldene Plastik „Unser Ludwig” in Aktion, die
                        historischen Regionen Böhmen, Mähren und Schlesien.         durch die großzügige Spende eines Mäzens fortan zum
                            Am Anfang stand ein musikalisch-kulturhistorischer      viel bewunderten Maskottchen unserer Reise wurde. In
                        Einführungsabend im Eichendorffsaal von Haus Schlesien,     Karlsbad besuchten wir das weltweit größte Beethoven-
                        gestaltet von Dr. Inge Steinsträßer und Dr. Solveig Palm,   denkmal, geschaffen 1929 von Hugo Uher (1882-1945),
                        musikalisch untermalt am Gerhart Hauptmann-Flügel           schlenderten über die Kurpromenade „Alte Wiese” mit
                        von den beiden Nachwuchsmusikern Monan Jülich (32           ihren malerischen Brunnenkolonnaden, schönen Bürger-
                        Variationen über ein eigenes Thema, c-Moll Variationen)     häusern, dem Theater und der Maria Magdalenenkirche
                        und Katharina Xie (Klaviersonate c-moll „Pathétique“).      (Kilian Ignaz Dientzenhofer). Wir verweilten vor dem
                        Wer sich vorher fragte, welchen Bezug Böhmen, Mäh-          berühmten Grandhotel Pupp, wo Beethoven im August
                        ren, Schlesien wohl haben mögen zum in Bonn geborenen       1812 im „Böhmischen Saal” ein Benefizkonzert gab, zu-
                        Beethoven, der seine Hauptschaffens- und Lebenszeit in      gunsten des zuvor abgebrannten, von ihm viel geliebten
                        Wien zubrachte, wurde an diesem Abend vorzüglich in         und besuchten Kurorts Baden bei Wien.
                        die Thematik eingeführt. Beethoven hielt sich nämlich in         Unsere nächste Station: Teplitz in Nordböhmen, im
                        den Jahren 1806 und 1811/1812 viele Monate in den           19. Jahrhundert als „Salon Europas” bekannt, ist für die
                        Böhmischen Bädern und auf Schloss Grätz bei Troppau         Beethovenforschung von besonderer Bedeutung. Hier
                        auf, um einerseits Besserung für seine angegriffene Ge-     fand 1812 die legendäre Begegnung Beethovens mit
                        sundheit zu erfahren, andererseits um bei seinem Freund     Johann Wolfgang von Goethe statt, und hier schrieb
                        und Gönner Fürst Carl von Lichnowsky in Grätz Erholung      Beethoven den berührenden Brief an die „Unsterbliche
                        zu suchen. Dort konnte er sich in ruhiger und beschau-      Geliebte”. Die Identität der Adressatin ist bis heute im
                        licher Landschaft ganz auf die Musik konzentrieren. Dem     Verborgenen geblieben. Vermutlich steht auch Beetho-
                        Fürsten Lichnowsky widmete er u.a. die „Pathetique” und     vens Liederzyklus „An die ferne Geliebte“ aus dem Jahre
                        die Symphonie Nr. 2, D-Dur.                                 1816 in Zusammenhang mit diesem nie geklärten Ge-
           Vor dem
 Beethovendenkmal
       in Karlsbad.

40    Schlesischer Kulturspiegel 54, 2019
Schlesischer Kulturspiegel - Informationen über das schlesische Kulturleben - Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes
heimnis. In der Villa Diplomat präsentierten Studierende      Freund und Schüler Erzherzog Rudolph von Österreich
und Dozenten des Teplitzer Konservatoriums für uns mu-        (1788-1831), waren Ziele unseres Stadtrundgangs. Und
sikalische Kostproben aus Beethovens reichem Schaffen,        musikalisch? Wir nahmen teil an der Generalprobe der
u.a. hörten wir das selten gespielte Duo für zwei Flöten      Mährischen Philharmonie für Beethovens 8. Symphonie
G-Dur, die Mondscheinsonate Cis-moll, die Klaviersonate       F-Dur. Neben dem Pult des jungen Dirigenten stand wie
F-moll (Appassionata). Es folgte ein Besuch des weitläu-      gewohnt „Unser Ludwig” und verfolgte das Geschehen
figen Kurviertels und der Kapelle auf dem Gelände des         mit sichtbarem Vergnügen. Ein Besuch im ehemaligen
Teplitzer Gymnasiums.                                         Prämonstratenserkloster Hradisch am Stadtrand, we-
    Fester Standort für die folgenden Tage war das Hotel      gen der Architektur auch „Mährischer Escorial” genannt,
„Koruna” in Troppau. Eine Stadtführung führte uns zur         rundete den Olmütz-Besuch ab.
Minoritenkirche zum Heiligen Geist, wo 1811 Beetho-               Unser letzter Tag im ehemaligen Österreichisch-
vens C-Dur Messe aufgeführt wurde. Die Besichtigung           Schlesien war dem früheren Residenzsitz Jägerndorf
von Schloss Grätz der Grafen Lichnowsky, heute Mu-            gewidmet, wo wir die Synagoge besuchten und die nach
seum, stimmte uns auf einen wunderbaren Abend mit             1945 prächtig wiederhergestellte Stadtanlage erkun-
einem musikalischen Leckerbissen ein: Das Max Joseph-         deten, u.a. auf den Spuren des Jugendstilarchitekten
Trio aus München und Colorado (Guido Gärtner, Benedikt        Leopold Bauer (1872-1938), eines gebürtigen Jägern-
Don Strohmeier und Adam Żukiewicz) spielte das frühe          dorfers.
Es-Dur-Klaviertrio op. 1/1 von Ludwig van Beethoven               Den Sprung über die tschechisch-polnische Grenze
und das g-Moll-Klaviertrio op. 26 von Antonín Dvořák,         nach Oberglogau auf der Heimfahrt hätte niemand mis-
abgerundet vom langsamen Satz aus Chopins Klaviertrio         sen mögen. Es erwartete uns dort ein kaum vorstellbares
g-moll op.8. Gefördert wurde das Konzert vom Sudeten-         Highlight: Das Schloss der Reichsgrafen von Oppersdorff,
deutschen Musikinstitut Regensburg, das sich seit vie-        nach 1945 dem Verfall preisgegeben, darf dank der Eu-
len Jahren in besonderer Weise dem Musikschaffen des          ropäischen Union und dank aufgeschlossener Stadtver-
böhmisch-mährischen Kulturraums widmet.                       antwortlicher auf Wiederherstellung hoffen! Hier war
    Weitere Ziele unserer Reise waren die Altvaterre-         Beethoven 1806 zu Gast gewesen; dem Grafen Franz von
gion mit der Gipfelbesteigung des Altvaters (1492 m),         Oppersdorff (1778-1818) hatte er seine 4. Symphonie
das entzückende, ganz aus Holz errichtete kleine Bad          B-dur gewidmet. Der junge Leiter des Regionalmuseums
Karlsbrunn inmitten weiter Wälder, die ehemalige Be-          steckte uns an mit seiner Begeisterung für die Schloss-
zirkshauptmannsstadt Freiwaldau, Wirkungsort des              sanierung, für den Plan einer künftigen Beethoven-Aka-
Komponisten Carl Ditters von Dittersdorf (1739-1799),         demie und für seine schöne oberschlesische Stadt mit
sowie Schloss und Stadt Freudenthal, bis 1939 im Be-          ihrer reichen Geschichte und Architektur.
sitz des Deutschen Ordens. Hier begegneten wir auch               Schloss Braunau bei Löwenberg, unser letzter Über-
Beethovens erstem Mäzen und Förderer, Hochmeister             nachtungsort, entließ uns für einen langen Heimweg. Mit
Erzherzog Maximilian Franz von Österreich (1757-1801),        reichen Erlebnissen und Eindrücken einer ereignisreichen
der in Bonn als Kurfürst und Erzbischof von Köln den          Studienreise, mit grenzüberschreitenden guten mit-
jungen Musiker als Organisten in die Hofkapelle aufnahm       menschlichen Begegnungen, mit neuen Kenntnissen und
und ihm 1787 einen ersten Studienaufenthalt in Wien           Erkenntnissen kehrten wir ins Haus Schlesien zurück. –
gewährte.                                                     Die nächste Studienreise auf Beethovens Spuren findet
    Ein weiterer Höhepunkt unserer Reise war ein Besuch       vom 27. Mai bis 5. Juni 2021 statt. Nähere Informatio-
in Olmütz. Dank seiner günstigen geografischen Lage,          nen erhalten Interessenten bei Frau Bernadette Fischer
der alten Universität und seiner kulturellen und religiösen   im Haus Schlesien (Tel. 02244/886 231).
Traditionen war Olmütz jahrhundertelang das natürliche               			                               Inge Steinsträßer
Zentrum Mährens. Die historische Innenstadt mit ihren
schönen Brunnen am Ober- und Unterring, der Dreifal-          HAUS SCHLESIEN - Dokumentations- und Informations-
tigkeitssäule, dem historischen Rathaus mit der astrono-      zentrum für schlesische Landeskunde
mischen Uhr, der wuchtigen gotischen Stadtpfarrkirche         Dollendorfer Straße 412, 53639 Königswinter
St. Mauritius mit der berühmten Engler-Orgel und dem          Tel: 02244/88 60; www.hausschlesien.de
Dom St. Wenzel, einst Wirkungsort von Beethovens              Di-Fr 10-12, 13-17 Uhr; Sa, So und Feiertag 11-18 Uhr

                                                 NEUES AUS DEM OBERSCHLESISCHEN LANDESMUSEUM

                                                       40 Jahre Club RATINGER MALER
Der Club vereint Mitglieder aus Deutschland und anderen europäischen Ländern, aus den USA, Kanada und Japan.

Zum Abschluss ihrer Jubiläumsfeierlichkeiten präsentie-       der Club Ratinger Maler fast 50 Mitglieder. Gegründet
ren sich die Ratinger Maler mit einer großen Sonderaus-       wurde er von Otto Bartsch, der aus Leobschütz in Ober-
stellung im Oberschlesischen Landesmuseum. Mit etwa           schlesien stammt. 20 Jahre leitete er die Geschicke und
20 an Malerei und Kunst Interessierten, teils befreun-        wurde danach Ehrenvorsitzender. Elfi Lütcke leitet den
deten und bekannten Kreativen fing alles an. Heute zählt      Club nun über weitere zwanzig Jahre, unterstützt von ih-

                                                                                                         Schlesischer Kulturspiegel 54, 2019   41
Der von dem
Oberschlesier Otto
  Bartsch gegrün-      rer Stellvertreterin und den vielen rührigen Mitgliedern.    Die Ausstellung vom 13. Oktober bis 8. Dezember 2019
dete Club Ratinger     Der Club vereint in seinen Reihen Mitglieder aus Deutsch-    bietet einen umfassenden Überblick der langjährigen Ar-
 Maler präsentiert     land und anderen europäischen Ländern, aus den USA,          beit mit abstrakter wie gegenständlicher Malerei, Bild-
   seine Werke im
                       Kanada und Japan. Drei bis vier Ausstellungen pro Jahr       hauerarbeiten und diversen Objekten. Sie verdeutlichen
 Oberschlesischen
  Landesmuseum.        werden gemeinsam realisiert. So können die Ratinger          die Bandbreite an Techniken, Materialien und Themen,
      Foto: OSLM.      Maler insgesamt auf 150 Ausstellungen zurückblicken.         mit der die Gruppe heute aufwarten kann.

Schaukelpferd und Zinnsoldaten
                       Ausstellung zu Kindheit und Jugend in Schlesien wurde verlängert.

                       Wäre es nicht schön, die Welt noch einmal durch Kin-         bis hin zu Zeichentrickfilmen - die Leihgaben aus zahl-
                       deraugen zu betrachten? Das Oberschlesische Landes-          reichen Museen in Deutschland und Polen sprechen alle
                       museum verlängert seine imaginäre Reise in die Kindheit      Generationen an. Den Alltag der Kinder prägten auch das
                       bis zum 10. Mai 2020. Mit vielen beeindruckenden Ex-         Zusammenleben verschiedener Religionen und Nationali-
                       ponaten werden verschiedene Stationen im Leben eines         täten, zwei Weltkriege, Heimatverlust durch Umsiedlung,
                       Kindes visualisiert. Von der Wiege über den Schulranzen      Flucht, Vertreibung oder das Leben im Kommunismus.

Im Fluss der Zeit - jüdisches Leben an der Oder
                       Deutsch-polnische Wanderausstellung widmet sich der jüdischen Geschichte.

                       Die Landschaft an der Oder mit ihren wechselnden herr-       met sich Momenten der jüdischen Geschichte beiderseits
                       schaftlichen und nationalen Zugehörigkeiten war über         der Oder. Sie will zum Nachdenken und zum Gespräch
                       Jahrhunderte ein Begegnungsraum. Hier kreuzten sich          zwischen den ehemaligen und heutigen Bewohnern der
                       auch die deutsch-jüdische und die polnisch-jüdische Kul-     Region anregen. Sie ist zugleich eine Einladung zur Neu-
                       tur. In der Neuzeit bedrohte der Nationalismus, gepaart      entdeckung des deutsch-polnisch-jüdischen Kulturerbes
                       mit dem Antisemitismus, diese kulturelle Vielfalt an Oder,   dieser Landschaft. Die Ausstellungsstation im Ober-
                       Obra und Warthe, der Nationalsozialismus zerstörte sie.      schlesischen Landesmuseum wird durch Ausstellungsta-
                       Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weite Abschnitte           feln aus dem Haus Schlesien in Königswinter und eigene
                       der Oder zur deutsch-polnischen Grenze und die deut-         Informationen zur jüdischen Geschichte in Oberschlesien
                       sche Bevölkerung aus den Regionen östlich des Flusses        ergänzt. Zu sehen ist die Ausstellung vom 15. Dezember
                       vertrieben. Polen fanden hier eine neue Heimat und für       2019 bis 23. Februar 2020.
                       kurze Zeit schien es, dass in Niederschlesien und Pom-           Darüber hinaus bietet das Oberschlesische Landes-
                       mern jüdisches Leben heimisch werden könnte. Mehrere         museum viele zusätzliche Veranstaltungen von Ausstel-
                       Zehntausend polnisch-jüdische Holocaustüberlebende           lungsführungen über den Aquarellkurs bis hin zum Solo-
                       siedelten sich hier an, doch die meisten wanderten bis       konzert an. Alle Termine finden sich auf der Homepage.
                       Ende der 1960er Jahre wieder aus. Die jahrhundertelan-
                       ge Anwesenheit von Juden an der Oder fiel dem Verges-        Oberschlesisches Landesmuseum (OSLM)
                       sen anheim, ihre Spuren wurden oft zerstört.                 Bahnhofstraße 62, 40883 Ratingen (Hösel)
                           Die deutsch-polnische Wanderausstellung des Deut-        Tel.: 0 21 02/96 50, www.oslm.de, Di-So 11-17 Uhr,
                       schen Kulturforums Östliches Europa in Potsdam wid-          geschlossen 23.12.2019 – 1.1.2020

42   Schlesischer Kulturspiegel 54, 2019
NEUES AUS DEM SCHLESISCHEN MUSEUM ZU GÖRLITZ

                                                                                Fast 1500 Seiten Gryphius!
Vollständige Gesamtausgabe der Werke des schlesischen Barockdichters Andreas Gryphius (1616-1664) erworben

Dem Schlesischen Museum zu Görlitz gelang es kürzlich
bei einer Auktion, die erste vollständige Gesamtausga-
be der Werke des schlesischen Barockdichters Andreas
Gryphius (1616-1664) zu erwerben. Andreas Gryphius
stammte aus einer wegen ihrer evangelischen Konfes-
sion verfolgten Glogauer Familie. Er war einige Jahre als
Hauslehrer im schlesischen Freystadt tätig, absolvierte
Studien in Leiden und bereiste Frankreich und Italien.
Nach seiner Rückkehr nach Glogau vertrat er als Syndi-
kus die Rechte der protestantischen Landstände gegen
die Landesherrschaft.
    Gryphius gilt als Vater des deutschen Dramas und ist
heute (neben Hans Jakob Christoffel von Grimmelshau-
sen) der bekannteste Autor des deutschen Barock. Seine
Dramen und seine Lyrik sind geprägt durch die Erfahrung
des Dreißigjährigen Krieges. Sie beklagen die Hinfälligkeit
der weltlichen Ordnung und feiern die Standhaftigkeit des
Gerechten gegenüber Gewalt und Willkür. Zu Lebzeiten
gab er selbst schon drei Gesamtausgaben seiner Werke
heraus. 1698, 34 Jahre nach seinem Tod, erweiterte
sein Sohn Christian Gryphius (1649-1706) diese Samm-                Der in schmuckloses Schweinsleder gebundene, über            Frontispiz und Titel-
lung um einige bisher nicht publizierte Schriften, so dass     320 Jahre alte Band in Klein-Oktavformat umfasst beide            blatt. Foto: SMG.
erst jetzt eine echte Gesamtausgabe erschien. Ein Exem-        Teile mit 959 und 509 Seiten. Gedruckt wurde das Buch
plar mit nahezu 1500 Seiten befindet sich nun im Biblio-       in Breslau und Leipzig bei den Fellgiebelischen Erben. Ge-
theksbestand des Schlesischen Museums.                         genüber dem Titelblatt ist dem Werk ein von Cornelius
    Christian Gryphius war von 1674 bis 1686 Professor         Nicolaus Schurtz gestochener allegorischer Kupferstich
der klassischen Sprachen am Elisabethgymnasium und             beigegeben; dem Vorwort folgen sieben Porträts (fiktiver)
dann Rektor des Magdalenengymnasiums in Breslau.               antiker Persönlichkeiten, die in Bezug zu den nachfolgend
Selbst ein geachteter Gelehrter, Pädagoge und Dich-            abgedruckten Werken von Andreas Gryphius stehen.
ter, edierte er 1698 die „Um ein merckliches vermehrte              Der damit vollständige Band ist eine wichtige Be-
Teutsche Gedichte“ seines Vaters in zwei Teilen. Dem           reicherung für die Bibliothek des Museums, die bisher
zweiten Teil gab er den Titel „Andreae Gryphii Poetische       nur über eine juristische Arbeit von Andreas Gryphius
Wälder Anderer Band“. In seinem Vorwort zählt er die           (Glogauisches Fürstenthumbs Landes Privilegia, aus dem
hinzugefügten Schriften auf und verweist auch auf wei-         Originalen an den tag gegeben von Andrea Gryphio. Lissa
tere Manuskripte unvollendeter Werke seines Vaters.            1653) verfügte. 		                            Martin Kügler

                                                              Schlesisches Glas in vielen Facetten
Aktuelles zur Glasforschung und Glasherstellung im Riesengebirge

Schlesien hat eine lange und glorreiche Tradition in der            Der Geschichte der Glasherstellung in dieser Region
Herstellung von Glas. Sie reicht von den mittelalterlichen     widmete sich eine Tagung der Deutschen Glastechnischen
Waldglashütten in der Grafschaft Glatz und im Riesen-          Gesellschaft (DGG), die vom 19. bis 22. September 2019
gebirge bis hin zur industriellen Produktion im 19. und        im Schlesischen Museum zu Görlitz stattfand. Über 50
20. Jahrhundert. Bedeutende Orte waren zum Beispiel            Glasexperten aus Deutschland und Polen besuchten bei
Weißbach und Winterberg (heute Ortsteile von Schrei-           einer Exkursion u.a. die historischen Produktionsstätten
berhau) als Produktionsstätten der Familie Preussler           sowie die Glassammlung des Riesengebirgsmuseums
für barockes Glas. Hermsdorf unterm Kynast und Bad             in Hirschberg.
Warmbrunn waren vom 17. bis zum 19. Jahrhundert                     Dort wurde eine Woche später am 27. September
Wirkungsstätten berühmter Glasschneider, so u.a. von           das „Laboratorium Szkła“ eröffnet. In einem neu errich-
Friedrich Winter und Gottlieb Schneider. In der Jose-          teten Anbau neben dem Museumseingang ist nun eine
phinenhütte in Oberschreiberhau wurden ab 1842 kunst-          vollständige Glasmacherwerkstatt mit Öfen und Geräten
voll verzierte Gläser hergestellt. Ab 1866 produzierte die     zu besichtigen. Sie soll Glaskünstlern als Atelier dienen,
Firma Fritz Heckert in Petersdorf, heute Huta Julia.           die von den Besuchern bei der Arbeit beobachtet wer-

                                                                                                           Schlesischer Kulturspiegel 54, 2019     43
den können. Gleichzeitig wurde die geplante „Glasstraße       in dem Kinder und Erwachsene selbst noch intensiver
                        an der polnisch-tschechischen Grenze“ („Szlak szkła na        am Herstellungsprozess teilnehmen können. In einem
                        polsko-czeskim pograniczu“) vorgestellt. Sie verbindet die    musealen Bereich wird über die Firma Heckert und die
                        Orte Hirschberg, Petersdorf und Schreiberhau in Polen         Fortführung der Produktion nach 1945 berichtet. Unter
                        sowie Harrachsdorf, Gablonz, Reichenbach und Haida in         dem Motto „Leben und wohnen mit Glas“ werden auch
                        Tschechien, wo Museen und Glashütten besichtigt wer-          historische Wohnsituationen nachgestellt. Die Eröffnung
                        den können.                                                   ist für Frühjahr 2020 geplant.
                            In Petersdorf bietet die Firmenleitung der „Huta Julia“        Das Schlesische Museum zu Görlitz ist ebenfalls an
                        Besuchern bereits seit Jahren die Möglichkeit, die Glas-      den Aktivitäten rund um die schlesischen Glastraditionen
                        produktion aus der Nähe zu erleben. Derzeit entsteht          beteiligt. Ab 4. April 2020 ist die Ausstellung „Glas von
                        hier auf dem ehemaligen Gelände der Firma Heckert             Heckert 1866-1923“ zu sehen – ein repräsentativer
                        ein neues Bildungs- und Informationszentrum für Glas,         Querschnitt an farbenfrohem Kunstglas. Martin Kügler

Neue Sonderausstellung: Avantgarde in Breslau 1919 – 1933
                        Breslau war Treffunkt der internationalen Moderne und wichtiger Impulsgeber neben dem Bauhaus in Weimar.

                        Anlässlich des „Bauhaus-Jahres“ 2019 zeigt das Schle-             Die Ausstellung skizziert das vielfältige Experimen-
                        sische Museum vom 13. September 2019 bis 23. Fe-              tierfeld der Kunst- und Kulturschaffenden in Breslau:
                        bruar 2020 eine Sonderausstellung, die Breslau als            Sie zeigt den Aufbruch der jungen Generation kurz nach
                        Treffunkt der internationalen Moderne und wichtigen           dem Ersten Weltkrieg unter dem Einfluss des Expressi-
                        Impulsgeber neben dem Bauhaus in Weimar und Dessau            onismus, der vom Berliner Sturm-Galeristen Herwarth
                        vorstellt. Vor allem die Breslauer Akademie für Kunst         Walden und anderen Protagonisten wie dem bekannten
                        und Kunstgewerbe entwickelte sich in den 1920er Jah-          Otto Mueller nach Breslau vermittelt wurde. Breiten
   Carl Robert Pohl     ren unter der Direktion des Malers Oskar Moll zu einer        Raum nimmt zugleich das vielfältige Schaffen der Avant-
      (1891-1946):      Institution mit europäischer Strahlkraft und zog für ein      garde-Künstler ein, die Oskar Moll für sein auf künstle-
Eichen im Gewitter.
                        Jahrzehnt herausragende Vertreter der Klassischen             rische Vielfalt angelegtes Lehrkonzept an die Breslauer
     1920er Jahre.
 Privatbesitz. Foto:    Moderne an, darunter auch Künstler des Bauhauses wie          Akademie holte: Alexander Kanoldt und Carlo Mense als
  © R. Pech, SMG.       Oskar Schlemmer und Georg Muche.                              wichtige Vertreter der Neuen Sachlichkeit, der geniale
                                                                                      Zeichner Paul Holz als Reformer des Kunstunterrichts,
                                                                                      Johannes Molzahn und die ehemaligen Bauhaus-Meister
                                                                                      Schlemmer und Muche als Ideengeber für Wege in die
                                                                                      Abstraktion.
                                                                                          Ein wichtiger Aspekt der Ausstellung ist außerdem
                                                                                      die Modernisierung der Stadt unter dem Einfluss renom-
                                                                                      mierter Architekten des sog. Neuen Bauens – genannt
                                                                                      seien hier nur Erich Mendelsohn, Adolf Rading und Hans
                                                                                      Scharoun –, die eine ganze Generation von Architekten
                                                                                      prägten. Diese Entwicklung fand 1929 ihren Höhepunkt
                                                                                      mit der Werkbund-Ausstellung „Wohnung und Werk-
                                                                                      raum“, die umfassend neue Formen für das moderne Le-
                                                                                      ben und Wohnen vorstellte.
                                                                                          Aber nicht nur bildende Künstler und Architekten zog
                                                                                      es an die Oder. Auch Literaten wie Kurt Tucholsky, Joa-
                                                                                      chim Ringelnatz, Klabund, Max Hermann-Neiße und Erich
                                                                                      Kästner besuchten Breslau und kommentierten teilweise
                                                                                      recht kritisch den Aufstieg der biederen Provinzhaupt-
                                                                                      stadt zur glanzvollen Metropole der Moderne.
                                                                                          Das Projekt wird gefördert von der Beauftragten der
                                                                                      Bundesregierung für Kultur und Medien und mitfinanziert
                                                                                      durch das Sächsische Staatsministerium für Wissen-
                                                                                      schaft und Kunst und das Sächsische Staatsministerium
                                                                                      des Innern mit Steuermitteln auf Grundlage des von den
                                                                                      Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen
                                                                                      Haushaltes.                                Johanna Brade

                                                                                      Schlesisches Museum zu Görlitz
                                                                                      Brüderstraße 8, 02826 Görlitz
                                                                                      Tel. 03581 / 8 79 10; www.schlesisches-museum.de
                                                                                      Di-Do 10-17 Uhr, Fr-So 10-18 Uhr

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