STADT GEMEINDE - BLEIBT ALLES ANDERS? DIE KOMMUNE DER ZUKUNFT - DSTGB
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NEUES WAGEN HERAUSFORDERUNGEN ANNEHMEN Nichts ist so beständig, wie die Gemeinde“ im 71. Jahrgang ih- Veränderung – diese Erkenntnis res Bestehens ein gänzlich neues kennzeichnet die Arbeit der Städte Gesicht verleihen. Die vorliegende und Gemeinden ebenso wie unsere Ausgabe ist die „Nummer-Eins“ Arbeit als kommunaler Spitzen- unserer neuen digitalen Verbands- verband. Der Deutsche Städte- zeitschrift, die bewährte Elemente und Gemeindebund ist als starke der Printversion von „Stadt und Interessenvertretung der Kom- Gemeinde“ fortführen wird. munen gefordert, politische und „Stadt und Gemeinde“ bleibt gesellschaftliche Veränderungen zu weiterhin für uns eine Plattform, erkennen und die kommunalen Be- auf der wir unsere Positionen lange frühzeitig auf die politische erläutern können. Sie bietet auch Agenda zu setzen. in Zukunft die Möglichkeit, Mei- Für Kommunen und kommunale nungen von externen Experten Spitzenverbände gilt ähnlich wie für aus Wirtschaft, Politik und Wis- Politik und Wirtschaft: Wer seine senschaft sowie der kommunalen „Zielgruppe“ weiterhin erreichen Praxis abzubilden. will, muss ihre Bedürfnisse und Die „Stadt und Gemeinde digital“ Interessen zur Grundlage seiner und wird künftig kostenlos auf Entscheidungen machen. Vor dem unserer Homepage zur Verfügung Hintergrund der zunehmenden stehen. So werden wir in gewohnter Verlagerung der politischen Debat- Qualität schnell und umfassend ten ins Netz muss etwa auch die auf die Themen, die die Kommu- kommunale „Öfentlichkeitsarbeit“ nen bewegen, reagieren können. zukünftig über verschiedene Kanäle – oline und online – erfolgen. Ihr Diesen Entwicklungen werden auch wir als kommunaler Spit- zenverband Rechnung tragen und unserer Zeitschrift „Stadt und Dr. Gerd Landsberg Stadt und Gemeinde 3
INHALT 01 | 2017 FLÜCHTLINGSPOLITIK Seite 05 Trefen mit der Bundeskanzlerin WETTBEWERB DIGITALE STADT Seite 06 Aufruf zur Teilnahme am Wetbewerb „Digitale Stadt“ BÜNDNIS FÜR TOLERANZ Seite 07 Sprachrohr der „Schweigenden Mehrheit“ RÜCKBLICK 2016 - AUSBLICK 2017 Seite 08 Bilanzpressekonferenz des Deutschen Städte- und Gemeindebundes „DABLEIBENSVORSORGE“ von Willi Kaczorowski Seite 10 Bausteine für eine Digitalisierungsstrategie ländlicher Räume KURZMELDUNGEN Seite 14 KITAB.RLP von Hans-Uwe Daumann Seite 15 Medienbildung mit tablets in der Kita erfolgreich erprobt 130. PRÄSIDIUMSSITZUNG des DStGB Seite 18 BRÜSSELER GERÜCHTE Seite 20 KOMMUNEN GESTALTEN EUROPA MIT Seite 22 Kommunale Europatagung des DStGB in Teltow KURZMELDUNGEN PERSONALIEN Seite 23 BUCHBESPRECHUNGEN Seite 24 TERMINE & VERANSTALTUNGEN Seite 25 KURZMELDUNGEN Seite 26 IMPRESSUM & INHALT Seite 04 IMPRESSUM ZEITSCHRIFT DES DEUTSCHEN STÄDTE- UND GEMEINDEBUNDES, BERLIN |BONN | BRÜSSEL Redaktionsanschrift: Verantwortlich für den Inhalt: Redaktionsteam: Deutscher Städte- und Gemeindebund Dr. Gerd Landsberg Alexander Handschuh Marienstraße 6, 12207 Berlin Uwe Zimmermann Janina Salden Telefon: 030/773 07-225 Kristin Schwarzbach Fax: 030/773 07-222 Anzeigenredaktion: Birgit Pointinger Email: janina.salden@dstgb.de kristin.schwarzbach@dstgb.de Internetpräsenz: www.dstgb.de alexander.handschuh@dstgb.de Graik&Satz: DStGB Titelbild: ibreakstock/fotolia.com/DStGB | Fotos diese Seite v.l.: © Bundesregierung / Guido Bergmann; Popow; kantver / fotolia.com 4 Stadt und Gemeinde
INTEGRATION FLÜCHTLINGSPOLITIK: TREFFEN MIT DER BUNDESKANZLERIN Foto: © Bundesregierung / Guido Bergmann D er Deutsche Städte- und dass man auch bei der Integration kommunaler Seite darauf gedrängt, Gemeindebund hat sich ge- der Flüchtlinge in den Kommunen den berechtigten Personen einen meinsam mit den anderen bereits deutlich vorangekommen Kurs unmittelbar zuzuweisen, um kommunalen Spitzenverbänden sei. die vorhandenen Kapazitäten bes- mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Von Seiten des Deutschen Städ- ser auszunutzen. Außerdem müsse Merkel und weiteren Vertretern te- und Gemeindebundes wurde sichergestellt werden, dass ausrei- der Bundesregierung getroffen. Im betont, dass vor allem das Thema chend Plätze vorhanden sind. Mittelpunkt des Gespräches stand Rückführung der Menschen ohne Beim Treffen mit der Bundeskanz- die Asyl- und Flüchtlingspolitik. Bleiberecht verbessert werden müs- lerin kam ebenfalls das vom Deut- Im Rahmen des Treffens sagte die se. Aufgrund der großen Zahl ohne schen Städte- und Gemeindebund Bundeskanzlerin zu, dass noch in Bleibeperspektive sei klar, dass die vorgeschlagene „Bündnis für Tole- diesem Jahr über die Fortführung Abschiebepraxis dringend verbes- ranz und Zusammenhalt – Gegen der Finanzierung der Integrations- sert und intensiviert werden müsse. Hass und Ausgrenzung“ zur Spra- kosten entschieden werde. Für den Nur so können sichergestellt wer- che. Schäfer und Landsberg beton- Deutschen Städte- und Gemein- den, dass sich die Integrationsan- ten die Bedeutung eines solchen debund nahmen Präsident Roland strengungen der Kommunen auf breiten gesellschaftlichen Zusam- Schäfer, Bürgermeister der Stadt die Flüchtlinge mit Bleibeperspek- menschlusses, der ähnlich wie der Bergkamen, und Hauptgeschäfts- tive konzentrieren könnten. Aus Integrationsgipfel ausgestaltet sein führer Dr. Gerd Landsberg an dem kommunaler Sicht sind zudem zen- und die zahlreichen bereits vorhan- Gespräch teil. trale Abschiebezentren unter Betei- denen Initiativen unter einem Dach Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel ligung des Bundes und der Länder versammeln könnte. stellte den Vertretern der kommu- sinnvoll, um die Prozesse zu be- nalen Spitzenverbände die derzei- schleunigen. Im Sommer 2017 wird es ein weite- tige Situation und die nationalen Thema des Gesprächs waren auch res Gespräch der kommunalen Spit- und internationalen Aktivitäten der die Sprach- und Integrationskur- zenverbände mit der Bundeskanz- Bundesregierung dar und betonte, se für Flüchtlinge. Hier wurde von lerin geben. Stadt und Gemeinde 5
Grafik: © elenabsl/fotolia.com WETTBEWERB DIGITALE STADT AUFRUF ZUR TEILNAHME AM WETTBEWERB „DIGITALE STADT“ D er Digitalverband Bitkom startet in Zusam- Foto: © DStGB, A. Handschuh menarbeit mit dem Deutschen Städte- und Ge- meindebund den Wettbewerb „Digitale Stadt“. In der Gewinner-Stadt sollen ab Anfang 2018 wichtige Infrastrukturen in den Bereichen Mobilität, Energie, Gesundheit und Bildung mit neuesten digitalen Tech- nologien ausgestattet werden. Zudem soll die öfent- liche Verwaltung innovative Online-Anwendungen anbieten und der Handel intelligente Lieferdienste. Grundlage ist ein hoch leistungsfähiges Gigabit-Netz. Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschätsführer des DStGB und Für die Realisierung der Digitalen Stadt haben die Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschätsführer des Bitkom beteiligten Unternehmen bisher Investitionen in e. V. bei der Pressekonferenz zum Start des Wetbewerbs „Digitale Stadt“ zweistelliger Millionenhöhe in Aussicht gestellt. Zum Wettbewerbsstart betonte Dr. Gerd Landsberg, Der Bitkom hat in Hauptgeschäftsführer des DStGB, auf einer Presse- den vergangenen Bündnis mit Digitalu Monaten ein breit nternehmen geschm es konferenz in Berlin: „Die Digitalisierung wird das Le- Projekt Digitale Stad ied et , di e das t mit Produkten un ben in den Kommunen und die Verwaltung grundle- in mindestens zweis d Dienstleistungen telliger Millionenhö gend verändern und zwar in allen Lebensbereichen stützen wollen. he pro bono unter- von der Wiege bis zur Bahre. Richtig aufgestellt ist Bei dem Wetbew erb können sich St 100.000 bis 150.00 ädte mit rund diese digitale Revolution eine große Chance für 0 Einwohnern bew eine gute Verkehrs erben, die über mehr Bürgernähe, Nachhaltigkeit, Eizienz, weni- anbindung sowie der näheren Umge ei ne Hochschule in ger Umweltbelastung, weniger Staus und bessere bung verfügen. Be der 15. März 2017 werbungsschluss . Wie die Digitale St ist Daseinsvorsorge auch im ländlichen Raum. Nicht adt aussieht, wird maßgeblich von de die Bürger, sondern die Daten werden laufen, die n lokalen Herausfo vor Ort besimmt. rderungen und Zie Deshalb soll jede St len Verwaltungen werden mehr Zeit für Einzelfälle bung auch ein eigen ad t be i ih re r Bewer- es Konzept für ihre haben und die Zufriedenheit der Menschen in ih- der Digitalen Stadt Vorstellungen von einreichen. Die Be rer Stadt und Gemeinde wird steigen.“ ihrerseits schon m werberstädte sollt it ihrer Bewerbung di en relevanter Akteure e Unterstützung vor Ort nachweise und der lokalen W n, etwa aus der Polii „Wir wollen zeigen, dass Deutschland ein Vor- irtschat sowie von k nehmen und Vere ko m m un ale n Unter- reiter bei der intelligenten, digitalen Stadtent- inen. Rohleder betont: „D wicklung sein kann“, äußerte Bitkom-Hauptge- as Projekt der Digit alen Stadt gelingt nur, wenn es parte schäftsführer Dr. Bernhard Rohleder zum Start i- und branchenüb wichigen Akteuren er greifend von allen des Wettbewerbs. Ziel sei es, eine Modellstadt vor Ort unterstützt formaionen inde wi rd.“ Weitere In- n sich unter www. mit internationaler Strahlkraft zu schafen. „Aktuelles“. dstgb.de in der Rubr ik 6 Stadt und Gemeinde
NEWS BÜNDNIS FÜR TOLERANZ SPRACHROHR DER „SCHWEIGENDEN MEHRHEIT“ ig keine einfachen Lösungen gibt. I n Deutschland erleben wir zurzeit kann. Dazu gehört eine solide Platt- einen fundamentalen Wandel in Gleichzeitig brauchen wir die Akti- form, in der Strategien entwickelt der politischen Kultur. Die tek- vierung der schweigenden Mehrheit. und dann auch vor Ort umgesetzt tonischen Platten der Politik ver- Das ist kein Selbstläufer. werden. Das Bündnis kann ein deut- schieben sich. Die Tage der ofen zur liches Sprachrohr der schweigenden Schau gestellten Politikverdrossen- Notwendig ist ein Bündnis für Tole- Mehrheit in der Gesellschaft werden. heit sind vorbei. ranz und Zusammenhalt, gegen Hass Dazu gehört selbstverständlich eine und Ausgrenzung. In diesem Bünd- eigene Organisationsstruktur, die Zorn-, Wut- und Protestbürger, nis sollten zum Beispiel Kommunen, dieses Netzwerk betreut und die die die abgehängt sind oder die sich Länder, Bund, Kirchen und Gewerk- vereinbarten Maßnahmen und Stra- zumindest abgehängt fühlen, mel- schaften gemeinsame Strategien ent- tegien zum Beispiel gemeinsam etwa den sich lautstark, teilweise auch wickeln, wie die Zunahme von Hass mit Partnern wie der Bundeszentrale extrem zu Wort. Die Stimmung und das Auseinanderdriften der Ge- und den Landeszentralen für politi- ist gereizt. Viele Menschen sehen sellschaft wirksam bekämpft werden sche Bildung umsetzt. sich ofenbar nur noch als Konsu- Anzeige menten der Politik. Die Politik und die Politiker haben „aufzutischen“ und wenn es nicht reicht, gibt es im Gegenzug Protest, Verachtung, Beschimpfung, Bedrohung und Wissensdurst teilweise auch tätliche Angrife. Sachliche Auseinandersetzungen werden immer schwieriger. Daten statt Hunger und Fakten werden geleugnet. Hin- tergründe scheinen nicht zu inter- essieren. Ausgeblendet wird alles, was nicht ins Feindbild passt. Die- se bedrohlichen Tendenzen zeigen sich vielfach auch vor Ort, auf kom- munaler Ebene und gipfeln in tägli- chen Angrifen auf lokale Politiker, Mandatsträger und Verwaltungsan- gestellte. Die Politik steht auf allen Ebenen im Jahr 2017 vor der Herausforderung, immer wieder den Dialog mit den Menschen zu suchen und für Tole- ranz, Zusammenhalt sowie gegen Hass und Ausgrenzung zu argumen- „WERDEN tieren. Wir müssen die Fakten her- SIE PATE!“ ausstellen, im Gespräch überzeugen und deutlich machen, dass es häu- Plan International Deutschland e. V. www.plan.de Stadt und Gemeinde 7
BILANZPRESSEKONFERENZ RÜCKBLICK 2016 ... BILANZPRESSEKONFERENZ des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Foto: © Popow Präsident und Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Bürgermeister Roland Schäfer und Dr. Gerd Landsberg (v.r.) INNERE SICHERHEIT chen setzen, um das Vertrauen in Schäfer fest. Der Deutsche Städ- STÄRKEN – den Staat wieder zu stärken und den te- und Gemeindebund fordert, die BÜNDNIS FÜR MEHR Bürgern ein Gefühl der Sicherheit Videoüberwachung an öfentlichen SICHERHEIT NOTWENDIG zu vermitteln“, fordert DStGB-Prä- Plätzen und Bahnhöfen sowie im sident Roland Schäfer, Bürgermeis- ÖPNV auszubauen. Zudem ist es er- Angesichts erhöhter Terrorgefahr ter der Stadt Bergkamen, anläss- forderlich, dass ausreichend Ermitt- und eines ersten schrecklichen An- lich der Bilanzpressekonferenz des ler zur Bekämpfung der Wohnungs- schlages in Berlin sowie der weiter Deutschen Städte- und Gemeinde- und Geschäftseinbrüche eingesetzt anwachsenden Alltagskriminalität bundes in Berlin. Sicherheit ist Vo- werden. Staatsanwaltschaft und sind immer mehr Menschen zu- raussetzung für eine hohe Lebens- Gerichte sind gefordert, die Taten nehmend verunsichert und begin- qualität in Städten und Gemeinden mit der notwendigen Konsequenz nen zu zweifeln, ob der Staat ihre und zugleich wichtiger Standort- zu verfolgen und abzuurteilen. Ge- Sicherheit ausreichend gewährleis- faktor. „Bund und Länder haben waltaufrufe, Beleidigungen und ten kann. Obwohl Deutschland im inzwischen Vorschläge des DStGB Drohungen gegenüber Mandats- internationalen Vergleich weiter ein aufgrifen und Maßnahmen zur und Amtsträgern aber auch gegen sicheres Land ist, nimmt das Ver- Verbesserung der inneren Sicher- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trauen der Bevölkerung in den Staat heit eingeleitet. Dies betrift den in den Kommunalverwaltungen ab. Die Folge sind eine zunehmen- Ausbau der Personalkapazitäten bei haben ein erschreckendes Ausmaß de Politikverdrossenheit und die der Polizei und Justiz, Präventions- angenommen. Es droht eine Beein- Gründung von Bürgerwehren. „Ein strategien gegen Radikalisierungen trächtigung der Funktionsfähig- wehrhafter Rechtsstaat muss diesen sowie den Kampf gegen die Inter- keit öfentlicher Ämter, wenn ihre Entwicklungen mit aller Kraft ent- net- und Computerkriminalität. Träger solchen Angrifen schutzlos gegentreten und ein deutliches Zei- Das reicht aber nicht aus“, stellte gegenüberstehen. Ein wehrhafter 8 Stadt und Gemeinde
... AUSBLICK 2017 Rechtsstaat muss ein deutliches ter zu unterstützen. Die Länder abgelehnt wurden, muss die Aus- Zeichen setzen. Der DStGB setzt müssen ein verlässliches Konzept reise der Betrofenen durchgesetzt sich seit langem für einen Akti- und notwendige Finanzmittel ins- werden. Das ist auch deshalb not- onsplan von Bund und Ländern besondere für die Bildung der ge- wendig, weil die Akzeptanz in der gegen Hasskriminalität ein. Dieser lüchteten jungen Menschen bereit- Gesellschaft für diejenigen, die zu muss endlich umgesetzt werden. So stellen. Bund und Länder müssen Recht bei uns Schutz suchen, an- muss der geltende Stalking-Para- dafür sorgen, dass ausreichend und sonsten in Frage gestellt werden graf des § 238 Strafgesetzbuch um lächendeckend Integrationskurse würde. Notwendig ist ein gemein- den neuen Straftatbestand des „Po- ohne lange Wartezeiten zur Ver- sames Rückführungsmanagement litiker-Stalkings“ ergänzt werden. fügung stehen. Dabei müssen die in der Verantwortung von Bund Die Verschärfung des Strafrechts Sprachkurse Hand in Hand mit der und Ländern insbesondere zur nützt wenig, wenn die Täter nicht berulichen Integration verzahnt Identitätsfeststellung, mehr inan- ermittelt und Staatsanwaltschaften werden“ fordert DStGB-Hauptge- zielle Anreize für eine freiwillige und Justiz diese nicht konsequent schäftsführer Dr. Gerd Landsberg Rückkehr sowie Abkommen mit verfolgen und aburteilen können. anlässlich der Bilanzpressekonfe- den Herkunftsländern, damit diese Radikalisierungstendenzen in der renz des Deutschen Städte- und die eigenen Bürger wieder aufneh- Gesellschaft müssen gezielter be- Gemeindebundes in Berlin. men. Zu einem Rückführungsma- kämpft werden. Notwendig ist nagement gehört auch, dass die der Aubau von lokalen Präventi- Der DStGB warnt die Politik davor, Ausreiseplichtigen zentral in Lan- onszentren, in denen gemeinsam mit Blick auf die zurückgehenden desaufnahmeeinrichtungen unter- mit den Kommunen mögliche Ra- Flüchtlingszahlen zur Tagesord- gebracht und von dort zurückge- dikalisierungstendenzen analysiert, nung überzugehen. Da niemand führt werden. Gegenstrategien entwickelt und in die weiteren Zuzugszahlen vorher- einem bundesweiten Netzwerk zu- sehen kann, bleibt die Bundesre- sammengearbeitet wird. gierung aufgerufen, gemeinsam mit ZUM der Europäischen Union für eine DOWNLOAD WIR schafen das! – weitere Begrenzung des Zuzuges AUF UNSERER KOMMUNEN GESTALTEN zu sorgen. Dazu zählt die wirksame WEBSITE INTEGRATION Bekämpfung der Fluchtursachen, WWW.DStGB.DE eine solidarische Verteilung der Die Integration der nach Deutsch- Gelüchteten innerhalb der Europä- land gelüchteten Menschen wird ischen Union und die Aufrechter- neben Fragen der Sicherheit im Jahr haltung der Grenzkontrollen. 2017 zur zentralen Herausforderung WIR schaf für Städte und Gemeinden. Gelingt Zwar ist die Zahl der Abschie- en das! KO M M U N EN ge die Integration von Hundertau- bungen und Rückführungen aus Integratiostalten Rahmenbe dingung n senden Flüchtlingen? Schafen wir Deutschland gestiegen. Gleichwohl Überforderu en verbessern ng verme iden genügend Wohnraum für alle? Ge- sollen rund 220.000 Ausreiseplich- lingt es, genügend Kita-Plätze in tige in Deutschland leben, die Zahl BILANZ ausreichender Qualität einzurich- kann bis Ende 2017 auf über 450.000 der deutsc2016 und AUSBLI hen Städte CK und Gemei2017 ten? „Wir sind zuversichtlich, dass steigen. Die Abschiebungspraxis nden wir das schafen. Bund und Länder muss dringend verbessert werden. sind aufgefordert, Kommunen wei- Wen Asylanträge rechtswirksam Stadt und Gemeinde 9
DIGITALISIERUNG LÄNDLICHER RÄUME „DABLEIBENSVORSORGE“ BAUSTEINE FÜR EINE DIGITALISIERUNGSSTRATEGIE LÄNDLICHER RÄUME von Willi Kaczorowski Foto: © kantver / fotolia.com D as neue Leitbild der „Smart wirtschaftliche und gesellschaftliche ländlichen Raum. Anstatt Wohn- City“ wurde primär für Städ- Innovationen.“ raumknappheit herrscht oftmals te entwickelt. Diese stehen Wohnraumüberangebot. Während aufgrund von Landlucht, Zuwan- Zusammengefasst lassen sich bei der es Parkplätze reichlich gibt, ist das derung und steigenden Asylbewer- Smart City drei Handlungsimpul- ÖPNV-Angebot sowie die örtliche berzahlen vor erheblichen Heraus- se voneinander unterscheiden, die Nahversorgung eher ausgedünnt. forderungen. Knapper Wohnraum, einzeln oder in Kombination mit- Schulen und Verwaltungsstellen steigende Ausnutzung der unter- einander den Kern darstellen: Den wurden bei rückläuigen Bevölke- dimensionierten städtischen Infra- Ökologen/Energiewendern geht es rungszahlen zusammengelegt und struktur, erhöhter Energieverbrauch vor allem um klimaneutrale Städte, der Mangel an ärztlicher Grundver- sowie erhebliche Verkehrsprobleme emissionsarme und klimagerech- sorgung wird größer. Jedoch sind – diese und andere Herausforderun- te Mobilität und Reduzierung der nicht alle ländlichen Regionen von gen sollen mit Hilfe von intelligen- Schadstofausstoße. Die Systemver- diesen negativen Entwicklungen ter Vernetzungstechnologie gelöst besserer haben vor allem die intel- betrofen. In wachstumsstarken werden. Die Online-Enzyklopädie ligente Vernetzung und eizientere Bundesländern wie Baden-Würt- Wikipedia deiniert Smart City als Steuerung der Infrastrukturen im temberg besteht in attraktiven länd- „Sammelbegrif für gesamtheitliche Fokus. Und die Demokratieförderer lichen Regionen wie dem IHK-Be- Entwicklungskonzepte, die darauf wollen mehr Transparenz und Par- zirk Schwarzwald-Baar-Heuberg abzielen, Städte eizienter, techno- tizipation erreichen. großer Fachkräftemangel. logisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver zu gestalten. Die- Demgegenüber steht eine zum Teil Deswegen kann eine Strategie, die se Konzepte beinhalten technische, recht entgegengesetzte Situation im die Herausforderungen des ländli- 10 Stadt und Gemeinde
chen Raumes durch Digitalisierung BAUSTEINE FÜR EINE AGENDA „DIGITALE REGION“ und Vernetzung lösen will, nicht einfach die Blaupause für die Smart City übernehmen. Stattdessen bie- tet es sich an, fünf Bausteine in den Mittelpunkt zu stellen. Dazu gehören: BAUSTEIN 1: INTELLIGENTE INFRASTRUKTUR Verbindender Baustein ist die intel- ligente Infrastruktur. Diese besteht sowohl aus dem schnellen Netz- zugang über Glasfaseranschlüsse, W-LAN oder Mobilfunkverbindun- BAUSTEIN 2: Im Projekt „Digitale Dörfer“ der gen als auch aus sicheren Cloud-In- DIGITALISIERUNG DER Landesregierung Rheinland-Pfalz frastrukturen. Darüber hinaus sind ALLTAGSERFAHRUNGEN wurde ein neues Einzelhandels- es auch die traditionellen Infra- und Logistikkonzept entwickelt. Es strukturbestandteile wie Straßen, Die Nutzung von Vernetzung und hilft Einzelhändlern ihre Produkte Laternen oder Ampelanlagen, die Digitalisierung ist kein Selbstzweck. auf einer Onlineplattform zu prä- mit Hilfe von Sensoren und der Sie muss der Verbesserung der Le- sentieren; nach dem Kauf vernetzt Nutzung eines intelligenten Netzes bens- und Aufenthaltsqualität die- sie auf einer Plattform diejenigen, (Internet der Dinge) smart werden. nen. Bei den Anwendungen steht die gekauft haben mit denjenigen Im Hinblick auf künftig vernetz- deshalb die Digitalisierung der All- aus der Stadtgesellschaft, die die- te und selbstfahrende Fahrzeuge tagserfahrungen im Mittelpunkt. se Waren mitbringen können, weil oder dem öfentlichen Verkehr on Eine Agenda für die digitale Region die Wohnung des Käufers auf dem Demand müssen diese Gegenstän- sollte beispielsweise Antworten für Weg liegt. Als nicht vorhergesehe- de, Personen und Daten in ein leis- nachhaltige und vernetzte Mobili- ner Nebenefekt entwickelten die tungsfähiges intelligentes Netz ein- tät, den digitalen Zugang und die di- Dorbewohner unterschiedlicher gebunden werden. gitalen Prozesse für Bildungs- oder Altersgruppen ein verstärktes digi- Kultureinrichtungen oder beispiels- tales Miteinander (Nachbarschafts- Leistungsstarke Glasfaseranschlüs- weise die künftige Organisation von hilfe 2.0). se werden das Rückgrat für den Gesundheitsdiensten und Plege- ländlichen Raum sein. Hier er- leistungen geben. Ebenso wichtig ist BAUSTEIN 3: gänzt schnelles Breitband nicht die Nutzung der Digitalisierungs- WERTSCHÖPFUNG & nur die klassischen Bestandteile möglichkeiten beim Neubau von INNOVATION der Daseinsvorsorge. Als soziale In- Wohnungen oder der Renovierung frastruktur des 21. Jahrhunderts ist des Wohnungsbestands. Zudem gilt In den nächsten Jahren wird Di- es auch wesentliches Element der es, die örtliche Nahversorgung mit gitalisierung und Vernetzung die „Dableibensvorsorge“ in ländlichen Gütern und Dienstleistungen des Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts Regionen. täglichen Bedarfs neu zu ordnen. entscheidend verändern. Wie soll Stadt und Gemeinde 11
DIGITALISIERUNG LÄNDLICHER RÄUME künftig Wertschöpfung entstehen und Transparenz verstärkt auf die Foto: © vege / fotolia.com und welche Arbeitsformen werden politische Agenda gesetzt worden. dabei genutzt? Welche Elemente Sie richtet sich sowohl auf die Betei- umfasst eine Innovationsstrategie ligungen im Verwaltungs- als auch im Hinblick auf Organisation, Tech- im politisch-parlamentarischen nologie, Prozesse und Einstellun- Prozess. Oftmals kommt die Forde- gen? – diese Fragen sind zentraler rung besonders etwa beim Errich- Bestandteil des Bausteins „Wert- ten von intelligenten Infrastruktu- schöpfung/Innovation“. ren wie Straßen und Energienetzen auf. Da diese in ein enges Netz Durch leistungsstarke Glasfaser- eingebettet sind, überschreiten sie anschlüsse und dem Einsatz der oftmals territoriale Grenzen. Des- satz von Echtzeitkommunikations- 3D-Drucktechnologie wird es mög- halb stellt stärkere vernetzte Bür- werkzeugen wie Instant Messaging lich sein, Produkte wieder eizient, gerbeteiligung einen wesentlichen einen Ansatzpunkt für eine eizi- efektiv und passgenau im ländli- Aspekt des Bausteins „Beteiligung entere Kommunikation zwischen chen Raum zu produzieren. Freibe- und Transparenz“ dar. Der andere öfentlicher Verwaltung und ihren ruler, Kreative und Wissensarbeiter Aspekt behandelt Transparenz in Kundinnen und Kunden. müssen nicht länger zwischen dem zweifacher Hinsicht. Zum einen ländlichen Raum und der Stadt pen- geht es darum, die Daten, die durch Allerdings ist die Zeit, in der Verwal- deln, sondern können sich in Cowor- intelligente Infrastruktur in Echt- tung ihre Dienstleistungen allein king-Spaces in der Umgebung tref- zeit erfasst wurden, zu präsentieren top-down anbietet, vorbei. Durch fen. Wenn in diesen Räumen auch und steuern zu können. Zum an- Digitalisierung und Vernetzung noch soziale Dienste wie Kinderbe- deren bezieht sich Transparenz auf werden die Kunden der Verwaltung treuung angeboten werden, stellt politisch-administrative oder poli- zunehmend auch zu Produzenten, dieses neue Infrastrukturangebot tisch-parlamentarische Vorgänge. die mit öfentlichen Verwaltungen zudem neue Möglichkeiten für die auf Augenhöhe kommunizieren Integration von Beruf und Familie BAUSTEIN 5: und interagieren wollen. dar. Hotels könnten neue Zielgrup- DIGITALE VERWALTUNG pen erschließen, wenn sie die Vor- Eine Digitalisierungsstrategie für aussetzungen schafen, um Naturer- Eine intelligente Verwaltung, die den ländlichen Raum sollte modu- lebnisse und Kreativität miteinander ihre Vorgänge medienbruchfrei, lar aufgebaut und entwickelt wer- zu verbinden. Im Frühjahr 2017 wird kundenorientiert und in Bezug auf den. Gerade die letzten Jahre haben im brandenburgischen Bad Belzig den Stand des Bearbeitungspro- gezeigt, dass es in dieser schnell- eine Einrichtung eröfnen, die für zesses transparent gestaltet, wird lebigen technologischen Zeit dar- kreative Menschen Arbeit und Ur- im fünften Baustein einer digitalen auf ankommt, lexibel und agil auf laub miteinander verzahnt. Region thematisiert. Neben der Op- neue Herausforderungen der Digi- timierung der klassischen digitalen talisierung zu reagieren. BAUSTEIN 4: Verwaltungsprozesse wird die Neu- BETEILIGUNG & ordnung des Zugangs zur öfentli- Der Autor: Willi Kaczorowski ist TRANSPARENZ chen Verwaltung erforderlich sein. Buchautor und Podcaster. Er arbei- Dabei werden sowohl Smartphones tet als Startegieberater für die Di- In den letzten Jahren ist die Forde- und Video-Terminals an Bedeutung gitalisierung von Staat und Gesell- rung nach mehr Bürgerbeteiligung gewinnen. Ebenso bietet der Ein- schaft. 12 Stadt und Gemeinde
© Martin Magunia DEUTSCHE KOMMUNEN FÜR PROJEKTPARTNER- SCHAFTEN IN NAHOST UND NORDAFRIKA GESUCHT Für die Projekte „Kommunaler Wissenstransfer Maghreb-Deutschland“ und „Kommunales Know-how für Nahost“ werden noch deutsche Kommunen und kommunale Unternehmen gesucht, die städtische Kleinprojekte in den Partnerländern in Nordafrika (Algerien, Tunesien und Marokko) und Nahost (Jordanien, Libanon und Türkei) unterstützen. Zahlreiche deutsche Kommunen verfügen über das Wissen und die Erfahrungen, die vor Ort gebraucht werden. Wir fördern mit den Projekten das entwicklungspolitische Engagement deutscher Kommunen in der Region Nahost und Nordafrika. Ziel der Projekte ist es, die städtische Lebensqualität vor Ort zu verbessern, die öfentliche Verwaltung zu modernisieren und lüchtlingsaufnehmende Kommunen zu stärken. Der Wissenstransfer wird im Rahmen der Projektpartnerschaften durch Kurzzeiteinsätze, Fortbildungen, Studienreisen und Hospitationen umgesetzt. Alle Projektaktivitäten werden umfassend von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global und ihren lokalen Partnern begleitet. Weitere Informationen unter https://skew.engagement-global.de/wissenstransfer-maghreb-deutschland.html und www.initiative-nahost.de Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt ist Teil der ENGAGEMENT GLOBAL gGmbH und arbeitet im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. www.service-eine-welt.de
KURZMELDUNGEN STANDPUNKT: „BAUEN UND WOHNEN Der Bedarf an preiswerten Wohnungen in Deutschland ist weiterhin hoch. Nicht zuletzt angesichts der starken Zu- wanderung der letzten Jahre benötigen wir pro Jahr circa 400 000 Wohneinheiten. Notwendig ist daher eine Ofen- sive, die das Bauen erleichtert und preiswerten Wohnraum OBERBÜRGERMEISTER PATRICK schaft. Die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen BURGHARDT IST NEUER PRÄSIDENT DES für einen bezahlbaren Wohnungsbau zu forcieren, den HESSISCHEN STÄDTETAGES Stadtumbau zu stärken und den Leerstand zu minimie- ren. Neben einer verstärkten Innenentwicklung brauchen Der Hessische Städtetag hat Rüsselsheims Oberbür- wir mehr Bauland. Die Kommunen müssen Bauland und germeister Patrick Burghardt zu seinem neuen Prä- Baulücken besser aktivieren können, etwa durch die Mög- sidenten gewählt. Burghardt tritt damit die Nachfol- lichkeit, bebaubare, aber unbebaute Grundstücke mit ge des Kasseler Oberbürgermeisters Bertram Hilgen einem höheren Hebesatzrecht zu belegen. Zudem sollte an, der dieses Amt seit Mai 2014 ausübte. Zum Ers- der Bund die Einrichtung eines Wohnbaulandfonds zur ten Vizepräsidenten wurde im Rahmen der kons- Bereitstellung verbilligter Darlehen für den kommuna- tituierenden Sitzung des Präsidiums Wiesbadens len Baulanderwerb prüfen. Die Mietpreisbremse mit der Oberbürgermeister Sven Gerich, zum Zweiten Vize- Einführung einer Obergrenze für Neuvermietungen hat präsidenten Bürgermeister Horst Burghardt, Fried- jedenfalls nicht die erhofte Breitenwirkung erzielt. Sie ist richsdorf, und zum weiteren Vizepräsidenten der zu bürokratisch und birgt die Gefahr von Investitionshem- Erste Stadtrat Michael Schüßler, Rodgau, gewählt. mungen in sich. Statt ordnungs- Auch der Hauptausschuss hat eine neue Spitze: rechtlicher Instrumente sollte die Vorsitzender ist nun Oberbürgermeister Manfred Bundesregierung besser entspre- Wagner, Wetzlar, Stellvertretender Vorsitzender chende Förder- und Flexibilisie- Bürgermeister Klaus Hofmann aus Neu-Anspach. rungsmaßnahmen im Bereich des Die 201. Präsidiumssitzung und die 108. Sitzung Bauens zügig umsetzen. Mehr zum des Hauptausschusses des Hessischen Städtetages Thema unter http://www.dstgb.de war die 23. Mitgliederversammlung des kommunalen Spitzenverbandes mit über 200 Delegierten und Gäs- ten vorausgegangen, die in Hanau stattfand. 500 LANDINITIATIVEN Die Fördermaßnahme verringert diese Finanzierungslü- Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirt- cke durch Zuschüsse von bis zu 10 000 Euro. Die Förd- schaft (BMEL) stärkt im Rahmen des Bundesprogramms ergelder können beispielsweise für Anschafungen oder Ländliche Entwicklung (BULE) mit einer neuen Förder- die Beauftragung von Leistungen zur Unterstützung der maßnahme das bürgerschaftliche Engagement für ländli- ehrenamtlichen Arbeit eingesetzt werden. che Flüchtlingsintegration. Der DStGB begrüßt das Programm und hat das BMEL bei der Vorbereitung des Programms unterstützt. Das Pro- Ehrenamtliche Initiativen investieren in erheblichem gramm ist ein gutes Zeichen für die Unterstützung und Umfang Zeit und persönliches Engagement in die Inte- Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements in den grationsarbeit für Gelüchtete. Oft fehlen allerdings die Städten und Gemeinden! Sachmittel, um wichtige Maßnahmen optimal umsetzen zu können. Auch mangelt es häuig an Geld, um externe Weitergehende Informationen über die Fördermöglich- Unterstützung zu gewinnen, die die Ehrenamtlichen ent- keiten sind im Internet abrubar unter lastet und gleichzeitig die Qualität ihrer Arbeit erhöht. www.500landinitiativen.de 14 Stadt und Gemeinde Fotos: © Kräne: fotolia.com
MEDIENBILDUNG KITAB.RLP MEDIENBILDUNG MIT TABLETS IN DER KITA ERFOLGREICH ERPROBT von Hans-Uwe Daumann von Videofeedback: Andere Trom- Foto: © Diemut Kreschel/Medien+Bildung.com melkinder zeichnen die Übungsse- quenzen auf, gemeinsam werden die Aufnahmen konzentriert ange- schaut. Die übenden Kinder lernen an Hand der Videoclips, sich sel- ber zu verbessern. Instrumente der Wahl sind – neben den Trommeln – wiederum Tablets. In der Kommunalen Kita Pommard- straße im benachbarten Nacken- heim (Landkreis Mainz-Bingen) ist „gesunde Ernährung“ das aktuelle Projektthema. In einer wöchentli- chen Kleingruppe produzieren die „KiTab Mäuse“ Trickilme, in de- nen ein Obstsalat aus dem Nichts entsteht, gesunde und ungesunde Lebensmittel tauchen auf und ver- schwinden genauso wie die Kinder, die sich her- und wieder wegzau- bern. „StopMotion“ heißt die „App“, mit deren Hilfe die Trickilmclips entstehen. Mit „Tiny Painter“ ma- len die Kinder die Raupe Nimmer- satt. Die verwendeten Apps haben die „KiTab Mäuse“ in einer anderen Kleingruppe selbst getestet und be- wertet. RHEINLAND-PFALZ: MODELLPROJEKT „KITAB.RLP“ I n der Katholischen Kita St. Peter / Bildergeschichte existiert erst ein- St. Emmeran in Mainz indet ein mal rein digital – an ihren Tablets Projekt für kleine Forscherinnen haben die Kinder die Bilder heraus- Über ein Jahr – von Herbst 2015 bis und Forscher statt: „Wo wollen wir gesucht und den Comic kreiert. Herbst 2016 – lief das Modellprojekt wohnen?“ Die Kinder sammeln un- „KiTab.rlp“ in drei rheinland-pfälzi- ter Begleitung der Erzieherinnen im In der Städtischen Kita am Goethe- schen Kindereinrichtungen: „KiTab“ Internet Bilder von Traumwohnun- platz, ebenfalls in Mainz, indet steht für Tablets in Kitas; das Län- gen; ein Gartenhäuschen, ein Zelt regelmäßig die Trommel-AG statt. derkürzel „rlp“ am Ende weist dar- und ein Wohnwagen sind darunter. Eine Erzieherin leitet die Kinder an, auhin, dass das zuständige Landes- Aus diesen und anderen Bildern ent- komplexe Rhythmen zu üben. Eher ministerium mit der Unterstützung steht anschließend ein Comic. Die ungewöhnlich ist dabei die Nutzung des Projekts einen Impuls zur Stär- Stadt und Gemeinde 15
MEDIENBILDUNG kung der medienpädagogischen und beobachtete die Tablet-Nut- cher Ängste war die Mitwirkung des Kompetenz von Kindern im Vor- zung im Kita-Alltag. wissenschaftlichen Teams der Uni- schulalter setzen will. Die damals versität Mainz um Prof. Aufenanger zuständige Ministerin Irene Alt for- SOLIDE QUALIFIZIERUNG von großem Vorteil. Medienpäda- mulierte im Dezember 2015: „Kin- UND OFFENER DIALOG gogische Empfehlungen beleuch- der sollen den sinnvollen Einsatz ten die positiven Potenziale eines von Tablets erleben und gleichzeitig Mit ihrer Projektidee stießen die altersgerechten Einsatzes digitaler lernen, dass der Einsatz digitaler KiTab-Partner von Anfang an auf Technik. Gleichzeitig bietet die Kita Medien nur eine Möglichkeit unter aufgeschlossene Kita-Teams und für die Kinder den Rahmen, die vielen ist: Tablets sind Werkzeuge interessierte Vertreter/innen von kontrollierte Nutzung der attrak- genauso wie Stifte oder Knete, die Trägern. Neben einer soliden Qualii- tiven Geräte nach festen Regeln zu man nach Gebrauch auch wieder zierung der Fachkräfte war ein ofener erlernen: Nicht zu früh, zeitlich klar zur Seite legt, um mit anderem zu Dialog mit den Eltern eine notwendige begrenzt und beschränkt auf weni- spielen.“ ge inhaltliche Bereiche – Dokumen- tation, Kreativität, Bildung. Drei Partner arbeiteten bei KiTab. rlp zusammen; medien+bil- Im Rahmen des Modellprojekts dung.com ist darauf spezia- stellte REDNET den Einrich- lisiert, Kita-Fachkräfte zur tungen iPads einschließ- Umsetzung altersgerech- lich kindgerechter Apps ter Medienprojekte zu zur Verfügung und ins- qualiizieren. Die Toch- tallierte vor Ort die be- tergesellschaft der Lan- nötigte Infrastruktur, deszentrale für Medien wie beispielsweise das und Kommunikation be- WLAN. Bei Fragen zur treibt seit 2008 den „Me- Datensicherung und zur dienpädagogischen Erzie- technischen Handhabung her/innen Club“ (mec). Für mit den Geräten standen die Hardware-Ausstattung, die IT-Experten während der Infrastruktur, den Service sowie Projektlaufzeit beratend zur die technischen Trainings sorgte Seite. Das Qualiizierungskonzept REDNET, ein auf Bildungseinrich- schuf die Voraussetzungen dafür, tungen spezialisierter IT-Ausstatter dass die Erzieher/innen-Teams der mit Sitz in Mainz. Als unabhängiger Voraussetzung für den Erfolg. In drei Kitas jeweils unterschiedliche Partner begleitete die AG Medien- allen drei Kitas fanden Informati- Vorstellungen entwickelten, wie sie pädagogik der Johannes-Guten- onsveranstaltungen für Eltern statt. digitale Medienbildung mit Tablets berg-Universität das Projekt von Nicht alle Eltern begrüßten das in ihren Kita-Alltag integrierten. wissenschaftlicher Seite. Unter der Auftauchen digitaler Geräte in der Auf einer fundierten medienpäda- Koordination von Prof. Dr. Stefan Kita-Gruppe. Manche unterstellten gogischen Grundlage erhielten die Aufenanger und Jun.-Prof. Dr. Jas- die Absicht zur medialen Dauerbe- Fachkräfte Impulse für Video-, Au- min Bastian befragte das Team in rieselung und befürchteten für ihre dio- und Fotoanwendungen, für die regelmäßigen Abständen Erziehe- Kinder die Gefahr der Abhängigkeit. Produktion von Comics, Trickil- rinnen, Erzieher, Eltern und Kinder Für eine sachliche Diskussion sol- men und digitalem Stabigurenthe- Foto: © Anne Dederer / Rednet 16 Stadt und Gemeinde
entwickelt. Die Erzieher/innen Foto: © Diemut Kreschel/Medien+Bildung.com stellen einhellig fest: „Den Kindern hat es immer viel Spaß gemacht. Die Kinder freuen sich über ihre Produk- te, schauen sie sich immer wieder gerne gemeinsam an und sind stolz darauf.“ In einem der Projekttage- bücher indet sich auch das beruhi- gende Kinderzitat: „Und jetzt gehen wir schnell raus spielen. Juhu!“ Die technisch-mediale Innovation Tab- let ist eine wertvolle Ergänzung im Werkzeugkasten, aber keine Kon- kurrenz für bestehende Angebote. ater, aber auch für Dokumentation zuwachs und sehen sich für künftige und mediengestützte Portfolioar- Medienabenteuer besser gerüstet. Die drei Projektpartner REDNET, beit. Die Zusammenarbeit mit den Wer die beteiligten Erzieher/innen medien+bildung.com und Univer- Eltern war ebenso Thema wie Urhe- bei einer Präsentation erlebt, ist sität Mainz reagieren auf die große berrecht und Datenschutz. In sechs schnell überzeugt und gewonnen: Resonanz der Fachwelt auf KiTab. Fortbildungseinheiten wurde der Der Tableteinsatz ist für jeden ein rlp mit Vorträgen, Seminaren und Tableteinsatz auch mit Bildungsbe- Zugewinn, und dies – je nach Proil Publikationen. Neue Fortbildungs- reichen der rheinland-pfälzischen und Bedarf einer Einrichtung – auf angebote helfen interessierten Bildungs- und Erziehungsempfeh- jeweils andere Art und Weise. Einrichtungen in Rheinland-Pfalz lungen verknüpft. dabei, den sinnvollen und kindge- In der Mainzer Kita am Goetheplatz rechten Tableteinsatz in der eige- FRÜHBILDUNGSPROFIS hat interkulturelles Lernen einen nen Kita zu erproben. Kommunale BESCHEINIGEN hohen Stellenwert. Mit den Tablets und freie Träger machen sich auf KOMPETENZZUWACHS unterstützt das Team die Sprachför- den Weg, ihre Einrichtungen mit derung, aber auch für das Coaching Computernetzwerken und Tablets Am 15. September 2016 präsentier- im Team ist das Tablet ein guter Be- zu versorgen, um die frühkindliche ten die Projektpartner und die Teil- gleiter. Die Kita St. Peter / St. Emme- Medienbildung zukunftssicher zu nehmer/innen ihre Erfahrungen in ran sieht den Nutzen in der Portfoli- verankern. einem gut besuchten Fachtag der oarbeit und in der Zusammenarbeit Öfentlichkeit. Die drei Modellkitas mit den Eltern, gleichzeitig ist das Der Autor: Hans-Uwe Daumann ist lassen keinen Zweifel daran, dass „Haus der kleinen Forscher“ prä- Stellvertretender Geschäftsführer bei die „Medienbildung mit Tablets“ destiniert dafür, Lernerlebnisse der medien+bildung.com. auf Dauer bei ihnen Einzug hält. Kinder im naturwissenschaftlichen Jedes Team hat in der Medienarbeit und technischen Bereich mit krea- W W W Unter .K I T seine eigenen „Stolpersteine“ erlebt tiver Mediennutzung zu verbinden. weite A B-R L P.D rführe E – technische Pannen, personelle Und die Kita Pommardstraße aus Info nde Mode rmaionen z Wechsel, knappe Zeitressourcen Nackenheim hat eine bunte Vielfalt llproje um in drei kt „KiTab.rlp – aber alle Frühbildungsprois be- medialer Darstellungsformen für pfälzis rheinland- “ che scheinigen sich einen Kompetenz- ihr Schwerpunktthema Ernährung einrich n Kinder- tungen Stadt und Gemeinde 17
PRÄSIDIUMSSITZUNG DES DStGB 130. PRÄSIDIUMSSITZUNG DES DEUTSCHEN STÄDTE- UND GEMEINDEBUNDES Foto: © DSTGB B ei der 130. Präsidiumssitzung Fluchtursachen, eine solidarische inzwischen unsere Vorschläge auf- des Deutschen Städte- und Verteilung der Gelüchteten inner- gegrifen und Maßnahmen zur Ver- Gemeindebundes in Düssel- halb der Europäischen Union, die besserung der inneren Sicherheit dorf zeigte sich deutlich: Die Un- Aufrechterhaltung der Grenzkon- eingeleitet. Dies betrift den Ausbau terbringung und Versorgung der trollen sowie Abkommen mit den der Personalkapazitäten bei der Po- Flüchtlinge hat in den Kommunen Herkunftsländern zur Rücknahme lizei und Justiz, Präventionsstrate- sehr erfolgreich funktioniert – im Gelüchteter. Innerhalb Deutsch- gien gegen Radikalisierungen sowie Hinblick auf die langfristige Auf- lands spricht sich der DStGB für ein den Kampf gegen die Internet- und gabe der Integration bedarf es aber gemeinsames Rückführungsma- Computerkriminalität. Das reicht weiterer umfänglicher organisatori- nagement in der Verantwortung von aber nicht aus“, stellte DStGB-Prä- scher und auch inanzieller Unter- Bund und Ländern insbesondere sident Roland Schäfer fest. Der stützung von Bund und Ländern. zur Identitätsfeststellung aus. DStGB plädiert unter anderem für Der DStGB warnt die Politik davor, eine Ausweitung der Videoüberwa- mit Blick auf die zurückgehenden Die knapp 60 Teilnehmer der Prä- chung, die Einstellung von ausrei- Flüchtlingszahlen zur Tagesord- sidiumssitzung beschäftigten sich chend Ermittlern zur Bekämpfung nung überzugehen. Im Hinblick auf neben der Integration, der digita- der Wohnungs- und Geschäftsein- das Angebot von Sprach- und Inte- len Bildung sowie Steuer- und Fi- brüche, stärkere Kooperation der grationskursen, Konzepten der be- nanzthemen auch mit drängenden Sicherheitsbehörden der Länder zur rulichen Integration und eine Inte- Sicherheitsfragen. Sicherheit ist Vo- Bekämpfung von Bandenkrimina- gration in die örtliche Gemeinschaft raussetzung für eine hohe Lebens- lität, eine Verbesserung des gren- und in Arbeit bedarf es weiterer An- qualität in Städten und Gemeinden züberschreitenden Informations- strengungen. Erforderlich sind zu- und zugleich wichtiger Standort- austauschs zwischen den Behörden dem eine wirksame Bekämpfung der faktor. „Bund und Länder haben aller Ebenen (EU, Bund, Länder, 18 Stadt und Gemeinde
Kommunen) sowie den Aubau lo- Ralf Jäger, Minister für Inneres und Polizeipräsenz, mehr Präsenz der kaler Präventionszentren zur Be- Kommunales des Landes Nord- Ordnungsämter und einer Stärkung kämpfung von Radikalisierungsten- rhein-Westfalen, war zu Gast in der der kommunalen Ordnungspart- denzen in der Gesellschaft. Nicht DStGB-Präsidiumssitzung. Er grif nerschaften. zuletzt bedarf es nach Meinung des die Kommunalpolitik im Kontext kommunalen Spitzenverbandes ei- von Landes- und Bundespolitik auf. Weitere Informationen zur Präsidi- ner verstärkten Bekämpfung von Minister Jäger betonte, dass die Sa- umssitzung des DStGB unter: Gewaltaufrufen, Beleidigungen und nierung der Kommunalinanzen das Drohungen unter anderem gegen- bedeutende Thema der nächsten Pressemitteilung über Mandats- und Amtsträgern, Jahre sein wird. Der Bürger dürfe Integration: Städte und Gemeinden aber auch gegen Mitarbeiterinnen nicht das Gefühl haben, der Staat stehen vor Herkulesaufgabe und Mitarbeiter in den Kommunal- habe die Kontrolle verloren. Zum verwaltungen. Der DStGB setzt sich Thema Sicherheit formulierte Jä- und seit langem für einen Aktionsplan ger die Herausforderung, gegen die von Bund und Ländern gegen Hass- gefühlte Unsicherheit in der Bevöl- Pressemitteilung kriminalität ein. Dieser muss end- kerung vorzugehen. Wie baut man Innere Sicherheit stärken lich umgesetzt werden. Ängste ab? Jägers Antwort: mehr Anzeige HEUTE WELTWEIT DEUTSCHLAND 1946 70 DIE GROSSE CARE-PAKET AKTION FÜR KINDER IN KRIEGS- UND Jetzt spenden. Schon 5 Euro retten Leben: KRISENREGIONEN. IBAN: DE 93 37050198 0000 0440 40 BIC: COLSDE33 Stadt und Gemeinde 19 www.care.de
FOLGE 25 I n der letzten Zeit haben wir uns den sind Forderungen nach Rück- Die Bundesrepublik Deutschland sehr oft mit den Schwächen der zahlungen von falsch verwendeten verharrt nach Aufassung der Kom- EU-Kommission beschäftigt. Ihre Geldern, unter anderem aus den mission schon zu lange in Untä- Unfähigkeit, sich gegen die nationa- Strukturfonds, sowie eine politische tigkeit, denn schon 2012 hätte sie len Interessen der Mitgliedsländer in Kampagne und gegebenenfalls eine reagieren müssen. Als konkretes der Migrationsfrage durchzusetzen, Klage gegen Staaten, die gegen die Beispiel führt man an, dass zwi- wurde beleuchtet und ihr Schwan- Grundprinzipien des EU-Vertrages schen 2008 und 2011 der vorge- ken, ob sie einer Keynesianischen verstoßen. Das beste Beispiel aus schriebene Grenzwert von 50 Mil- Wirtschaftspolitik Politik à l al Yel- letzter Zeit ist hier der Protest gegen ligramm Nitrat pro Liter Wasser an len in den USA, Draghi in Frankfurt die Einlussnahme der polnischen über der Hälfte (50,3 Prozent) aller sowie den romanischen Politikern Regierung auf die Zusammenset- Messstellen überschritten wurde in Paris, Rom und Athen (die sind zung und die Rechte des polnischen und unverändert gegenüber dem allerdings keine Romanen) folgen Verfassungsgerichtshofes. In der Zeitraum 2004 bis 2007 geblieben soll oder mehr der Austeritätspo- Regel – aber selten genug – verwen- sei. Nach EU-Recht seien dann litik des Berliner Finanzministers det die Kommission Mittel Nr. 1, um Maßnahmen zu verschärfen, wenn Schäuble und der der Niederlän- ihre Politik durchzusetzen. die Wasserqualität nicht besser, der aus Den Haag. Auch wurden in sondern schlechter geworden ist dieser Reihe die irgendwie über den Diesmal ist Deutschland dran und und dies sei nun der Fall. Das Ganze Wassern schwebende Depression zwar beim Umweltschutz. So hat war also lange absehbar, so die Kom- und die resignative Melancholie der die Kommission am 31. Oktober mission und in der Tat: Vielleicht ist EU-Führungskräfte aufgegrifen, eine 1500 Seiten lange Klage in Lux- da was dran. Selbst die bayerische die manchmal sogar in leichte Ag- emburg beim EuGH vorgelegt, die Europaministerin, Beate Merk, hat gressivität umschlägt. Es scheint in untechnisch gesprochen in dem kürzlich in einem Vortrag in Brüssel der Tat, als rissen die aktuellen Pro- Vorwurf mündet, in Deutschland eingeräumt, dass lediglich 15 Pro- bleme die EU-Kommission immer seien durch eine Überdüngung zent des Wassers in Bayern in einem mehr in die Tiefe. aus Mist und Gülle die Nitratwer- guten Zustand sei (Durchschnitt te im Grundwasser deutlich und in Europa 43 Prozent). Die Nitrate Aber das ist nur eine Seite der Me- alarmierend erhöht worden. Wa- könnten hier eine Rolle spielen. daille, wenn auch die wichtigere. Wir rum ist das alarmierend? Nun, wollen jedoch trotz allem nicht ver- Nitrate begünstigen das Planzen- Doch warum ist das so oder besser gessen, dass die Kommission durch- wachstum. Überhöhte Mengen gesagt, kann es so sein, dass die Situ- aus auch politisch aktiv sein und ihre schaden Süßwassergewässern und ation in Deutschland so unbefriedi- Zähne zeigen kann. Sie nutzt diese Meeresumwelt, da ein Algenwachs- gend ist? Die Kommission weiß an- Mittel viel zu wenig, aber manchmal tum gefördert werden kann, wel- geblich um die Gründe und verweist eben doch. Eines dieser Mittel – sie ches anderes Leben erstickt. Das ist auf die Praxis der Bundesregierung hat grundsätzlich drei – ist die Klage eine der Sorgen. Die zweite ist, dass zu viele Ausnahmen zu gewähren, gegen die Mitgliedstaaten aufgrund der Genuss von Trinkwasser mit wissenschaftliche Erkenntnisse zu eines Verstoßes gegen schon verab- erhöhter Nitratbelastung vor allem ignorieren und internationale Be- schiedete Gesetze. Die anderen bei- Kleinkinder schädigt. stimmungen zu verletzen. So gelten 20 Stadt und Gemeinde
laut Kommission in der EU Dün- Prügelknaben spielen will, sondern Volkswirtschaft erlegen? Sicher – gesperrzeiten von fünf bis sieben auch einmal zurückkeilen will. Das die Beispiele sind, was Größe und Monaten. In Deutschland würden tut sie in der Tat, denn der Fall ist Bedeutung anbelangt, zu unter- sie mit maximal drei Monaten nicht nicht klein, weder faktisch noch schiedlich wichtig, um wahre Paral- eingehalten. Zwar sei es Mitte Ok- politisch. Deutschland „produziert“ lelen zu sein. Dennoch verwundert tober 2016 gelungen, sich deutsch- 24 Prozent (0,3 von 1,27 Milliarden der Gleichklang der Argumente aus landintern auf ein geändertes Vor- Tonnen) der europäischen Gülle unterschiedlicher Perspektive. gehen zu einigen (Dünge-Reform), und damit mehr als Frankreich oder diese Einigung reicht für die Gene- Italien mit ihren schon fast sprich- Als Schlussfolgerung sei daher fol- raldirektion Umwelt jedoch nicht. wörtlichen großen Landwirtschaft- gendes gezogen: Der alte Satz, dass Also geht man vor den Kadi. Aus- strukturen. Weiter ist der deutsche Kritik nur dann glaubhaft ist, wenn gang ungewiss. Der Leser kennt ja Staatsapparat durchaus in der Lage, man keine eigenen „Leichen“ im den Spruch: Vor Gericht und auf sich gegen Klagen jeglicher Art zu Keller hat, hat etwas für sich. Ist hoher See… wehren. Man hat es nicht mit einem aber der eigene Keller belegt, so soll- juristischen Zwerg zu tun. Auch te man das entweder ändern oder Bei einer Verurteilung durch den das erfordert Energie und Tatkraft etwas mehr Verständnis für andere EuGH droht der Bundesrepublik seitens der EU-Kommission. Aber zeigen. Tut man letzteres wiederum, zunächst einmal eine Geldstrafe. diese beiden ersten Aspekte sind dann geht man natürlich anders und Die Höhe richtet sich gegebenen- eigentlich nicht der Grund für die verständnisvoller miteinander um. falls nach Dauer und Schwere des Erwähnung des Problems in dieser Man lässt eben tendenziell in solch` Verstoßes und nach der Zahlungs- Reihe. Beim dritten kommt man einer Situation die Kirche eher im fähigkeit des betrefenden Staates. der Sache schon näher. Die Kom- Dorf. Und genau das ist es, was die Gegen Deutschland könnte daher mission behauptet, dass die Bun- Europäische Union in Brüssel und eine Strafe von rund 250 000 Euro desregierung, und wohl nicht nur in ihren Hauptstädten momentan pro Tag verhängt werden. Zudem sie (Bundesländer), in Deutschland braucht. Die Erkenntnis, dass es kei- könnte das Gericht die Ausbringung viele Ausnahmen gewährt, wissen- ner in Europa – auch nicht im son- von Gülle in besonders nitratbe- schaftliche Erkenntnisse ignoriert nenverwöhnten Berlin – momentan lasteten Gebieten völlig verbieten. und internationale Bestimmungen so ganz genau mit den europäischen Aber soweit sind wir noch nicht. verletzt. Klingt das nicht wie ein fer- Regeln nimmt, weil sie angeblich Wir sind schließlich beim EuGH nes Duplikat der ständigen, diesmal zuhause nicht durchsetzbar sind nicht nur nicht in Gottes Hand deutschen Klagen gegen Sonderre- oder weil man ganz einfach trotzig (s.o.), sondern seine Mühlen mah- gelungen für Griechenland in der sein will, verhindert nämlich, dass len auch langsam. On verra (Man Eurokrise oder gegen Aufweichun- der Heiligenschein zu sehr drückt. wird sehen). gen in der Stabilitätspolitik zuguns- Erkenntnisse dieser Art sind in der ten französischer Interessen? Liegt Politik (fast) immer vorteilhaft. Sie Doch was ist nun eigentlich an die- in den Bemerkungen der Kommis- dürfen natürlich nicht dazu führen, sem Fall so interessant, dass er vom sion zur Missachtung der wissen- dass man auf dieser Basis einfach so Autor beispielhaft aufgenommen schaftlichen Erkenntnisse in der weitermacht, frei nach dem Motto wird? Nun, erstens – wie schon oben Umweltpolitik nicht eine Parallele „geteiltes Fehlverhalten ist halbes erwähnt – ist das Nitratproblem ein zu den deutschen Aufassungen, Fehlverhalten“. Sie können jedoch Beweis dafür, dass die Kommission man sei bei der Draghischen Geld- die Aufgabe erleichtern, einen neu- entgegen aller aktuellen Tendenz politik eher einem Voodoo-Zauber en Anfang auf bewährter Grundlage dann doch nicht immer nur den als den vernünftigen Regeln der zu suchen. Dafür sind sie gut. Stadt und Gemeinde 21
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