FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
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FAIR WOHNEN MÄRZ 2021 DAS MAGAZIN DER MIETERVEREINIGUNG ÖSTERREICHS Österreichische Post AG - MZ 02Z033986 M - Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien Druck der Mietervereinigung wirkt: Mieterhöhung gestoppt! Corona: Was jetzt für Mieter gilt Alles über die Stundungen Lärm! Was tun? So können sich Mieter wehren Altbau in Neubau MVÖ-Erfolg vor OGH Voller Einsatz für Mieterrechte
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FAIR WOHNEN INHALT OGH »Aktuell zahlen die Vielen für die Krise« Barbara Blaha, Gründerin des Momentum Instituts, im Inter- view mit MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler. Seite 4 Coverstory Mieterhöhung gestoppt! Der Einsatz der MVÖ macht sich für mehr als 1 Million Haushalte in Österreich bezahlt. Liebe Leserin, lieber Leser, Seite 12 die Mietervereinigung hat sich in den letzten Wochen auf allen Ebenen vehement dafür ein- gesetzt, dass die im April dieses Jahres bevor- Corona: Was jetzt stehende Erhöhung der Richtwertmieten aus- für Mieter gilt gesetzt wird. Zusammen mit der Arbeiterkam- Die aktuelle Rechtslage bei mer haben wir die gemeinsame Forderung Mietstundungen, Mietzins- nach einem Stopp der Mieterhöhung in die öf- und Räumungsklagen sowie bei fentliche Debatte getragen. Die Bundesregie- Kündigungen. rung ist unserer Forderung gefolgt hat sowohl Seite 16 die Erhöhung der Richtwert-, wie auch der Ka- tegoriemieten für heuer ausgesetzt. Altbau in Neubau: MVÖ-Erfolg vor OGH 8 Der gemeinsame Erfolg der Interessenvertre- Aktueller Fall: Voller Einsatz für Mieterrechte tungen bewahrt mehr als eine Million Haus- Ein Vierteljahrhundert für den Mieterschutz 10 halte in Österreich vor höheren Mieten und/ Bericht aus der Steiermark: Danke, Monika Zwanzger oder Betriebskosten (siehe Titelgeschichte ab EU-Parlament fordert mehr leistbaren Wohnraum 18 Seite 12). Trendwende in der europäischen Wohnungspolitik Hilfe! Wanzen im Bett! 21 Nun muss die Regierung rasch weitere Schrit- Bericht aus Oberösterreich te setzen, denn viele Mieter haben durch die Lärm! Was tun? 22 Pandemie mit Einkommensverlusten und Ratgeber für Mieter, die sich von Lärm belästigt fühlen Zahlungsschwierigkeiten zu kämpfen. Es Das Team am Schalter 26 drohen Mietzinsklagen, Kündigungen und Neue Serie: Blick hinter die Kulissen der MVÖ Delogierungen. Höhenflug für den Freilufttourismus 28 Hannes Heide berichtet aus dem EU-Parlament Höchste Zeit also, den von uns wiederholt ge- Die Pandemie im eigenen Zuhause 30 forderten Sicher-Wohnen-Fonds für Mieter in Evelyn Regner berichtet aus dem EU-Parlament Not endlich einzurichten und ausreichend zu dotieren. Mit Wegschauen und Zuwarten lässt AGB ... 32, MVÖ intern ... 34 sich die Krise nicht meistern – soviel steht Servicestellen ... 36, Wie ist das eigentlich? ... 38 nach einem Jahr fest. MVÖ historisch ... 39 Herzlichst, Ihr IMPRESSUM Herausgeber, Medieninhaber, Redaktion: Druckauflage: 38.250 Exemplare ÖAK Österreichische Mietervereinigung Österreichs, (ÖAK, Jahresschnitt 2020) Auflagenkontrolle Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, Tel. 05 01 95, Fax Dw 92000 Coverfoto: lisegagne/istockphoto.com Georg Niedermühlbichler E-Mail: zentrale@mvoe.at, www.mietervereinigung.at Zur besseren Lesbarkeit werden in FAIR WOHNEN Geschäftsführung: Georg Niedermühlbichler personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich Chefredaktion: Georg Niedermühlbichler auf Männer und Frauen beziehen, in der im Deutschen Redaktion: Elke Hanel-Torsch, Martin Ucik üblichen männlichen Form angeführt, also z. B. Produktion: Martin Ucik »Mieter« statt »MieterInnen« oder »Mieterinnen und Anzeigenleitung: Monika Jurisic Mieter«. Dies soll jedoch keinesfalls eine Geschlechter- Hersteller: Walstead NP Druck GmbH diskriminierung oder eine Verletzung des Gleichheits- grundsatzes zum Ausdruck bringen. FAIR WOHNEN 1/21 3
FAIR WOHNEN IM GESPRÄCH »Aktuell zahlen die Vielen für die Krise« Im Fair-Wohnen-Interview sprach MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler mit Barbara Blaha, Gründerin des Thinktanks »Momentum Institut« über die Aus- wirkungen der Corona-Krise, die Ziele einer Denkfabrik und die Denkfehler in der öffentlichen Debatte. Georg Niedermühlbichler: Du hast Wie ist es gelungen, das Momentum 2019 mit dem Momentum Institut Institut als Newcomer in diesem einen Thinktank gestartet. Warum? schwierigen Sektor in so kurzer Zeit Was war dein Motiv? zu etablieren? Barbara Blaha: Weil ich mich nicht Tatsächlich glaube ich, dass der An- »Unser Maßstab mehr abfinden wollte damit, dass die fang sehr gut geglückt ist. Vielleicht herrschende Politik alternativlos ist. gibt es da und dort auch ein wenig Er- sind die sozialen Unsere Einschätzung war, es braucht eine progressive Institution, die auf leichterung, dass es zwischen letztlich staatlichen Wirtschaftsforschungsins- und wirtschaftli- wissenschaftlicher Basis eben die- se Alternativen aufzeigt, Konzepte er- tituten und dezidiert markt-liberalen Thinktanks noch eine andere, neue chen Interessen arbeitet und auch in der öffentlichen Diskussion Standpunkte bezieht. Wir Stimme gibt. Und mit den Schwer- punkten Verteilungsgerechtigkeit und der breiten Mehr- dürfen wir nicht nur gegen etwas sein, Klimaschutz haben wir sicher ein ein- heit. Die gehen in wir müssen auch darüber sprechen, wie unser Gemeinwesen denn ausse- zigartiges Profil. einem von Eliten hen soll. Unser Maßstab dabei sind die sozialen und wirtschaftlichen Interes- Was kann eine Denkfabrik im Span- nungsfeld zwischen Politik und Me- bestimmten Dis- sen der breiten Mehrheit. Die gehen in einem von Eliten bestimmten Diskurs dien leisten? In der Politik sind Wäh- lerstimmen messbar, bei Medien Se- kurs oft unter.« oft unter. her, Hörer oder Leser. Wie bemisst 4 FAIR WOHNEN 1/21
FAIR WOHNEN IM GESPRÄCH sich der Erfolg einer Denkfabrik? Lockdown einen Unterschied macht, Das ist eine gute Frage. Wir sind ja ob ich auf 120 oder auf 50 Quadratme- Thinktank und mit dem Moment Ma- ter wohne. Ob es einen Zweitwohn- gazin auf www.moment.at auch Me- sitz gibt oder ob ich mit dem Privatjet dium. Beim Magazin messen wir noch eine Zwischenlandung einlege, sehr genau, und es geht natürlich da- um Reiseverbote zu umgehen. rum, dass unsere journalistischen Und: Vor allem Frauen sind in der Kri- se extrem unter Druck gekommen. Sie sind überdurchschnittlich oft in sys- temrelevanten Berufen, die berühm- te Supermarktkassierin oder Kran- kenpflegerin, konnten nicht ins Ho- meoffice wechseln, haben wegen des Lockdowns der Schulen auch noch die Kinder geschupft - das alles hat sie an den Rand der Erschöpfung, und sind wir uns ehrlich, auch darüber hi- naus gebracht. Bedankt wird der Ein- satz nicht, besser bezahlt bisher leider auch nicht. Hier dran zu bleiben und Druck zu machen, sehe ich auch als Aufgabe des Momentum Instituts. Wie kommen wir am Ende aus der Krise wieder heraus? Wer wird, wer soll die Folgen zahlen? Aktuell zahlen die Vielen für die Kri- se. Über geringere Löhne, über Ein- bußen durch Arbeitslosigkeit und Co., MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler im Talk mit Denkfabrik-Gründerin Barbara Blaha. und natürlich auch durch ihre Steu- ern. Für einen echten Wirtschafts- »Insgesamt legt Geschichten gelesen werden, dass unser Social-Media-Content gesehen aufschwung brauchen wir zwei Din- ge: Erstens starke Kaufkraft durch die Corona Ungerech- wird. Als Thinktank ist für uns wichtig, unsere Standpunkte in der Debatte breite Masse, die jetzt leidet. Daher braucht es ein höheres Arbeitslosen- tigkeiten offen, die einzubringen, aber letztlich auch, The- geld und einen nochmaligen Fami- schon lange da men zum Thema zu machen. Ich glau- be, das ist uns gut gelungen. lienbonus. Auf Sicht braucht es auch groß angelegte öffentliche Beschäf- sind: dass die Jobs, Die Corona-Krise hat uns seit einem tigungsprogramme. Der private Sek- tor wird noch länger nicht in der Lage die für unsere Ge- Jahr im Griff. Wer sind bislang die Verlierer? Gibt es auch Gewinner? sein genügend Jobs zu schaffen und es gibt viele Bereiche wo wir dringend sellschaft am we- Die größten Verlierer sind jene über mehr Personal brauchen, etwa wenn nigsten verzichtbar 500.000 Menschen, die arbeitslos ge- wir daran denken, dass uns bis 2030 worden sind, wegen Corona keinen über 140.000 Pflegerinnen und Pfle- sind, am schlech- neuen Job finden, und viele, die in Kurzarbeit sind. Und natürlich Fami- ger fehlen werden. Drittens braucht es testen bezahlt lien, denen die Lockdowns und Ein- schränkungen alles abverlangen, wo werden.« die oft eh schon sehr komplizierte Alltags-Organisation nun in der Luft hängt. Die Superreichen und Milliar- däre sind hingegen noch reicher ge- worden. Insgesamt legt Corona Un- gerechtigkeiten offen, die schon lange da sind: dass die Jobs, die für unsere Fotos: MVÖ Gesellschaft am wenigsten verzicht- bar sind, am schlechtesten bezahlt werden. Und dass es halt auch im Getestet und mit Abstand: Gespräch im Präsidenten-Büro. 6 FAIR WOHNEN 1/21
eine öffentliche Investitionsoffensive, für Klimaschutz, für Bildung, für Pfle- ge. Es braucht die Kraft des Staats, al- leine wird der Privatsektor zu schwach sein. Sich aus der Krise herauszuspa- ren, ist volkswirtschaftlich unmöglich, denn im Wirtschaftskreislauf ist jede Ausgabe auch wieder die Einnahme des Nächsten. Seit Jahren steigen die Mieten stär- ker als die Inflation. Höhere Mie- ten lassen wiederum die Inflation steigen. Beides trifft die untere Ein- kommensgruppe stärker als Gutver- diener. Gibt es einen Weg aus dieser Teuerungsspirale? Die Inflation bei den Mieten ist in Ös- terreich ist ein echtes Problem. Gera- de für jene mit kleinem Einkommen, die spüren auch vermeintlich kleine Erhöhungen schmerzhaft im Geld- börsel. Hier gehts es im wahrsten Sinn des Wortes um jeden Euro. Jedenfalls braucht es ein Gegensteuern. Einer- seits muss die Bauleistung steigen, ge- rade in den Städten ist in den letzen Jahren zu wenig gebaut worden. An- dererseits sind viele der Regeln, die eigentlich im Altbau gelten würden, Makulatur geworden. Und ausstreiten Barbara Blaha beim Fair-Wohnen-Interview in der MVÖ-Zentrale. muss es dann jede - von der Vermiete- rin abhängige - Mieterin für sich allei- ne. Das kann nicht so bleiben. reden, kaum über Neue Mittelschu- len, nie über Berufsschulen. Und es »Sich aus der Krise Zum Abschluss möchte ich dich um endet dabei, dass wir so tun, als wäre ein ganzes Land im Homeoffice. Dabei herauszusparen, ist zwei Blicke bitten – zuerst um einen haben von den 5 Millionen Menschen, volkswirtschaftlich Blick zurück: Was lief bisher schief in der öffentlichen Debatte? Wo ste- die 2019 beschäftigt waren, mehr als 70 Prozent nicht in einem Büro ge- unmöglich, denn cken die wesentlichen Denkfehler? Wenn man insbesondere die Diskus- arbeitet. Auch das wird in der öffentli- chen Debatte verzerrt dargestellt. im Wirtschafts- sion in den Medien verfolgt, merkt man schon, dass wir systematisch die Der zweite Blick richtet sich in die kreislauf ist jede Anliegen und die Lebensrealität der Zukunft: Welche Themen werden den künftigen öffentlichen Diskurs Ausgabe auch wie- der die Einnahme breiten Mehrheit der Menschen aus den Augen verlieren. Das beginnt da- bestimmen – und welche Themen bei, dass wir sehr viel über Gymnasien sollten ihn bestimmen? Wir sollten uns lösen vom Dogma des Nächsten.« der vermeintlichen knappen Budgets. Das höre ich jetzt seit über 20 Jahren in Dauerschleife. Stattdessen sollten wir darüber mehr sprechen, wie unser Gemeinwesen aussehen soll, was das Ziel ist. Wollen wir ein gutes Bildungs- system, das alle mitnimmt? Wollen wir menschenwürdige Pflege, wo die Be- schäftigten auch davon leben können? Und dann schauen wir, mit welchen Konzepten wir das zusammenbekom- Niedermühlbichler und Blaha im Talk. men und finanzieren. FAIR WOHNEN 1/21 7
Altbau Entscheidung ein, wodurch nun als nächste Instanz das Wie- ner Landesgericht (LG) gefragt in Neubau war. Im April 2020 schmetterte auch das LG den Lagezuschlag ab. Von »Zentrumsnähe« bzw. »zentraler Lage« könne man nicht ausgehen, weil eine Paral- lelstraße weiter bereits der Gür- tel liege. Die Anbindung an den öffentlichen Verkehr durch Stra- Mehr als 9.500 Euro erstritten die Experten der Mieterver- ßenbahn und Bus sei typisch für einigung für zwei Mieter in Wien. Am Ende stand eine Ent- eine Lage innerhalb des Gürtels und lasse sie nicht überdurch- scheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH). schnittlich erscheinen – wes- wegen gar nicht mehr näher ge- D prüft werden müsse, ob die Lie- ie Geschichte beginnt in von der Schlichtungsstelle ab, genschaft überhaupt außerhalb einem Altbau in Neubau: der Fall landete damit vor dem eines Gründerzeitviertels liege, Im Dezember 2012 unter- Bezirksgericht (BG). Nach eini- so das LG. schrieben Ella D.* und Julian S.* gem Hin und Her um das Gut- einen Mietvertrag für eine klei- achten eines Sachverständi- OGH zum Lagezuschlag ne Wohnung im 7. Wiener Ge- gen und einem Richterwechsel Die Vermieterin legte einen Re- meindebezirk. Zwei Zimmer, lag erst im September 2019 ein visionsrekurs ein, die Geschich- Küche, Bad, WC auf nicht ein- Sachbeschluss vor. te landete beim Obersten Ge- mal 46 Quadratmetern im drit- richtshof (OGH). Im Dezember ten Stock ohne Lift. Der Miet- Möbelmiete vom Tisch 2020 langte schließlich die Ent- vertrag war auf drei Jahre be- Das BG erklärte die zusätzliche scheidung des OGH ein. Auch fristet. Im Jänner 2013 bezogen Möbelmiete für unzulässig, weil der OGH verneinte einen Lage- die beiden Mieter die Wohnung im Mietvertrag nur »mitvermie- zuschlag und wies erneut dar- und bezahlten in der Folge eine Sabine Fürst tete Einrichtungsgegenstände« auf hin, dass nicht jegliche Lage Bruttomiete von über 570 Euro. ist Mietrechtsexpertin genannt wurden und damit of- außerhalb eines Gründerzeit- der MVÖ und fen blieb, was damit gemeint viertels überdurchschnittlich Im Februar 2016, kurz nach betreut die Mieter. war. Hintergrund: Eine Mö- sein kann. Darüber hinaus sei Ende ihres Mietverhältnisses, belmiete muss im Vollanwen- »auch in den Fällen der Entwick- wandten sich Ella D. und Ju- dungsbereich des Mietrechtsge- lung des konkreten Wohnvier- lian S. an die Mietervereinigung setzes (MRG) ausdrücklich ver- tels zu einem „Nicht-(mehr-) (MVÖ). Bei der Prüfung des einbart werden. Das war hier Gründerzeitviertel“ nach § 16 Mietvertrags fielen den Exper- nicht der Fall und damit war die Abs 3 und 4 MRG zu prüfen, ob ten mehrere Dinge auf; so wurde Möbelmiete vom Tisch. das „Nicht-(mehr-)Gründer- für »mitvermietete Einrichungs- zeitviertel“ besser als die durch- gegenstände« eine zusätzliche Rat & Hilfe Die Frage der Lage schnittliche Lage ist und ein Möbelmiete verrechnet und da- für Mieter in Wien: Etwas komplizierter wurde es Lagezuschlag berücksichtigt rüber hinaus ein Lagezuschlag bei der zweiten Frage, ob ein werden kann«, so der OGH. »So- für eine überdurchschnittliche Lagezuschlag zulässig sei. Denn: wohl Geschäfte des täglichen Lage angeführt, obwohl sich die Befindet sich laut amtlichem Bedarfs in unmittelbarer Um- Liegenschaft gemäß amtlichem Straßenverzeichnis das Haus in gebung als auch die Anbindung Straßenverzeichnis in einem so- einem Gründerzeitviertel und an das öffentliche Verkehrsnetz genannten »Gründerzeitviertel« mietervereinigung.at/736/ ein Vermieter verlangt trotzdem durch eine U-Bahn- sowie Stra- Leistungsumfang-Zustaendigkeit befindet – für die eben kein La- einen Lagezuschlag, dann muss ßenbahnstationen in erreichba- gezuschlag zulässig ist, weil die er beweisen, dass kein Gründer- rer Nähe sind im dicht verbau- Lage als durchschnittlich einge- zeitviertel mehr vorliegt und die ten Stadtgebiet zu erwarten« stuft wird. Wohnlage darüber hinaus als und kein Hinweis auf eine über- überdurchschnittlich einzustu- durchschnittliche Lage, heißt es Die MVÖ brachte den Fall um- fen ist. Das BG stufte die Lage im in der Entscheidung. gehend vor die Schlichtungs- konkreten Fall als durchschnitt- stelle, um den zulässigen Richt- lich ein – womit auch kein Lage- Die konsequente Vertretung wert-Mietzins feststellen zu zuschlag zulässig war. durch die MVÖ zahlt sich nun lassen. Im Mai 2016 zog die Ver- Die Ver mieter in brach- für die Mieter aus: Sie erhalten mieterin das Verfahren jedoch te einen Rekurs gegen diese mehr als 9.500 Euro zurück. *Namen von der Redaktion geändert. FAIR WOHNEN 1/21 9
FAIR WOHNEN STEIERMARK FALL Ein Vierteljahrhundert im Dienste des Mieterschutzes Nach fast 25 Jahren geht in der Landesorganisation Steiermark eine Ära zu Ende. Mag. Monika Zwanzger zieht sich aus dem operativen Geschäft in der Landesgeschäftsstelle Graz zurück. I m Jahr 1997 begann die Laufbahn mit Freude zur Verfügung. Wir wün- Die Landesorganisation Steiermark von Frau Mag. Zwanzger bei der schen Frau Mag. Zwanzger auf ihrem bedankt sich für den unermüdlichen Mietervereinigung Steiermark, zum neuen Lebensweg viele schöne Mo- Einsatz zum Schutz der steirischen damaligen Zeitpunkt als Juristin, zu- mente, neue Erfahrungen und viel Mieterinnen und Mieter und die vie- ständig für alle miet- und wohnrechtli- Gesundheit. len schönen Momente in der Landes- chen Fragen der steirischen Mitglieder. geschäftsstelle Graz. Ihre Zeit gilt ab sofort Gatten Heinz, Nach Jahren der Beratungstätigkeit Sohn Michael, Hund Lothar und den übernahm Frau Mag. Zwanzger die Katzen Mutzl und Samy. Geschäftsführung in der Landesge- schäftsstelle Graz und wirkte neben ihrer Beratungstätigkeit zuletzt auch als stellvertretende Vorsitzende der Landesorganisation Steiermark. Als Juristin betreute Frau Mag. Zwanzger in den letzten Jahren vornehmlich die Mitglieder in den Bezirken der Steiermark. Ge- meinsam mit der Bezirksobfrau Edith Painsi konnte eine sehr ak- tive und mitgliederstarke Bezirks- organisation Voitsberg-Köflach- Bärnbach aufgebaut werden. Der Einsatz persönlich bei den Mit- gliedern vor Ort, sei es am Sprechtag, bei Wohnungsrückstellungen oder Mieterbesprechungen war immer ein besonderen Anliegen von Frau Mag. Zwanzger. Darüber hinaus bildete sie in ihrer Dienstzeit zahlreiche neue juristische Mitarbeiter der Landesgeschäftsstel- le Graz aus. Mit ihrem umfangreichen Fotos: MVÖ Wissen und Erfahrungsschatz stand sie Mitglieder wie Mitarbeitern immer 10 FAIR WOHNEN 1/21
25 Jahre für den Mieterschutz im Einsatz: Mag. Monika Zwanzger an ihrem Arbeitsplatz. FAIR WOHNEN 1/21 11
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FAIR WOHNEN THEMA Einsatz der MVÖ wirkt: Erhöhung der Mieten gestoppt! Der Einsatz der Mietervereinigung (MVÖ) macht sich jetzt für mehr als 1 Million Haushalte in Österreich bezahlt: Die bevorstehende Erhöhung der Richtwert- und Kategoriemieten konnte gestoppt werden. Das war richtig und wichtig. Nun müssen weitere Schritte folgen, um Mietern durch die Corona-Krise zu helfen – wie der von der MVÖ seit fast einem Jahr geforderte »Sicher-Wohnen-Fonds«. A ls am 24. Februar ein An- Mieterhöhungen aufmerksam von Experten beider Institutio- trag mit dem sperrigen Ti- gemacht und seither unermüd- nen verstärkte die mediale Prä- tel »Mietzinsrechtliches lich dagegen angekämpft. Ein senz des Themas. Der öffentli- Pandemiefolgenlinderungs- MVÖ-Präsident gemeinsam mit der Arbeiter- che Druck auf die Politik wuchs; gesetz – MPFLG« im National- Niedermühlbichler: kammer (AK) am 10. Februar die SPÖ unterstützte die Forde- rat einlangte, war klar: Die Er- Mehrbelastung für durchgeführtes Pressegespräch rung nach einer Aussetzung der höhung der Richtwert- und Ka- Mieter abgewendet. mit Hintergund-Informationen Mieterhöhungen und kündig- tegoriemieten wird ausgesetzt! te einen entsprechenden An- Damit wurde die direkte Mehr- trag im Parlament an. Die Re- belastung von rund 650.000 gierung lenkte schließlich ein Haushalten während der Coro- und brachte das »MPFLG« auf nakrise abgewendet; insgesamt den Weg. profitieren davon gar mehr als 1 Million Haushalte, weil auch die Das ist jedoch kein Grund für in den Betriebskosten inkludier- die MVÖ, leiser zu werden. »Der ten Verwaltungshonorare vor- Stopp der Mieterhöhungen erst nicht steigen. ist ein erster richtiger Schritt – nun müssen rasch weitere fol- Fotos: lisegagne/istockphoto.com, MVÖ »Der Druck und die Beharrlich- gen«, sagt Niedermühlbichler. keit der MVÖ in dieser wichtigen »Es ist höchste Zeit, jetzt end- Frage macht sich für die Mie- lich auch den von uns seit Be- ter bezahlt«, erklärt MVÖ-Prä- ginn der Pandemie vor einem sident Georg Niedermühlbich- Jahr geforderten Sicher-Woh- ler. Die MVÖ hatte bereits zu nen-Fonds einzurichten, der Jahresbeginn auf die geplanten Mieter mit corona-bedingten FAIR WOHNEN 1/21 13
FAIR WOHNEN THEMA Zahlungsschwierigkeiten vor und in Wien auch eine große Kündigungen schützt und vor dem Verlust ihrer Wohnung be- Zahl an Gemeindewohnun- gen. Alle zwei Jahre werden die Gültige Richtwerte* bis zum 31. März 2022 wahrt. Dazu braucht es einen ausreichend dotierten Fonds, Richtwerte laut Gesetz an die Teuerung angepasst und da- Burgenland 5,30 € der Mietern in Not rasch und unbürokratisch helfen kann.« mit de facto erhöht. Zuletzt war das 2019 der Fall; heuer im März Kärnten 6,80 € Worum es bei den wäre es mit einer Erhöhung um 3 Prozent wieder so weit gewesen. Niederösterreich 5,96 € Mieterhöhungen ging Die - jetzt gestoppten - Miet- Die Kategoriemieten betref- Oberösterreich 6,29 € erhöhungen hätten alle Mieter getroffen, die einen Richtwert- fen in Österreich rund 145.000 Haushalte, 52.000 davon in pri- Salzburg 8,03 € oder Kategoriemietzins bezah- len; allerdings in unterschiedli- vaten Altbauwohnungen (vor 1945 errichtet) und deren Miet- Steiermark 8,02 € cher Höhe. vertrag vor dem 1. März 1994 abgeschlossen wurde und Tirol 7,09 € Der Richtwert betrifft rund 750.000 Mieter in ganz Öster- eine Anpassungsklausel ent- hält. Bei Wiener Wohnen sind Vorarlberg 8,92 € reich – alle, die in privaten Alt- bauten leben (vor 1945 errichtet) nach Schätzungen der AK etwas über 93.000 Haushalte betroffen. Wien 5,81 € und deren Mietvertrag inklusive Ohne den Mieten-Stopp wären *in Euro pro Quadratmeter Wohnnutzfläche und Monat Anpassungsklausel nach dem 1. die Kategoriemieten um 5,5 Pro- März 1994 abgeschlossen wur- zent gestiegen, weil die an die de sowie Richtwert-Neuverträge Inflation gekoppelte Steigerung Fotos: DNY59/istockphoto.com; MVÖ 14 FAIR WOHNEN 1/21
des Mietenindex im Dezember Sicht. Die Arbeitnehmer muss- 2020 die Schwelle von fünf Pro- ten alleine im zweiten und drit- zent erreicht hat. ten Quartal 2020 mit rund 4,5 Milliarden Euro weniger Ein- Was der Mieten-Stopp bewirkt Antrag der kommen auskommen«, sagt Ritt. Je nach Bundesland sind die Parteien zum Richtwertmieten verschieden, »MPFLG« im Original: In Österreich waren schon vor in Wien wäre mit einer Erhö- der Krise mehr als 380.000 hung der Richtwert von bisher Haushalte von ihren Wohn- 5,81 auf 5,98 Euro pro Quad- kosten überlastet und mussten ratmeter gestiegen. »Die Erhö- mehr als 40 Prozent ihres Ein- hung hätte bei einer 80-Qua- kommens fürs Wohnen ausge- dratmeter-Wohnung in einem www.parlament.gv.at/PAKT/ ben. Viele Mieter waren schon VHG/XXVII/A/A_01368/ Altbau in Wien Mehrkosten von vor Corona am Limit und stehen rund 185 Euro im Jahr gebracht«, jetzt vor riesigen Problemen. rechnet Elke Hanel-Torsch, Vor- Hanel-Torsch: »Wir merken in sitzende der MVÖ Wien. In der unseren Beratungen, wie sich Steiermark hätte die Erhöhung die Lage zuspitzt. Erste Mieter für eine 80-Quadratmeter-Woh- sind bereits mit Mietzins- und nung jährlich mehr als 250 Euro Räumungsklagen konfrontiert, Gemeinsame PK: Georg Niedermühlbichler (MVÖ), ausgemacht – in Vorarlberg, weil sie ihre Miete nicht mehr wo die Richtwerte am höchs- oder nicht mehr zur Gänze zah- ten sind, mehr als 280 Euro. len konnten.« Zum reinen Richtwert kommen aber oft noch unzählige, hohe Zuschläge. 380.000 Haushalte in Österreich So könnten heuer aktuellen Schätzungen der AK zufol- waren schon vor der ge rund 49.000 Kündigungen Was die Kategoriemieten betrifft, Corona-Krise von ihren und Räumungsklagen drohen. Wohnkosten überlastet. so hätte die Erhöhung bei einer Die Anzahl der Delogierungen 80-Quadratmeter-Wohnung der 2021 könnte sich im Vergleich Kategorie A rund 192 Euro im zu 2020 mehr als verdoppeln – Jahr betragen, rechnet Thomas bis zu 17.000 Mietern droht der Ritt, Leiter der Abteilung Kom- munalpolitik und Wohnen der AK. 49.000 Mietern drohen Wohnungsverlust, befürchten Experten. aktuellen Schätzungen Ende März laufen überdies die Zusätzlich hätten sich die Er- zufolge Kündigungen Mietstundungen für die Mieten und Räumungsklagen. höhungen der Kategoriemie- aus April, Mai und Juni 2020 aus ten auch auf die Betriebskosten (mehr dazu auf Seite 16 in die- Elke Hanel-Torsch (MVÖ) und durchgeschlagen. Denn für die sem Heft). Dann müssen Mieter Berechnung der Verwaltungs- bis zu vier Monatsmieten zahlen, 17.000 honorare werden die Beträ- sonst droht eine Mietzinsklage. ge der Kategorie A herangezo- gen. Diese wären von 3,60 Euro Mietern droht heuer der Die Experten der MVÖ und auf 3,80 Euro je Quadratmeter Wohnungsverlust, be- der AK sind sich einig, dass Nutzfläche und Jahr gestiegen – fürchten Experten. nun dringend gehandelt wer- das hätte laut AK rund 1 Million den muss und es einen »Coro- Haushalte betroffen. na-Schutz« für Mieter braucht. »Seit Juli gibt es keinen Schutz Sicher-Wohnen-Fonds mehr für Mieter, die coronabe- Auch wenn mit dem Stopp der dingte Zahlungsschwierigkei- Mieterhöhungen fürs Erste ten haben. Wenn jetzt keine wei- Mehrbelastungen für viele Mie- teren Schritte für Mieter gesetzt ter abgewendet werden konn- werden, droht eine Klagewelle. ten, ist die Situation nach einem Die Regierung muss nun rasch Jahr Pandemie dramatisch. »Die handeln, sonst riskiert sie De- Arbeitslosigkeit ist massiv gestie- logierungen und Obdachlosig- gen, nach wie vor sind Hundert- keit«, fordert Niedermühlbich- Thomas Ritt (AK). tausende in Kurzarbeit – und ler. »Der Sicher-Wohnen-Fonds kein Ende der Corona-Krise in ist ein Gebot der Stunde.« FAIR WOHNEN 1/21 15
FAIR WOHNEN AKTUELL Corona: Was jetzt für Mieter gilt Rund um die Stundung von Mieten während der Corona-Krise ist es zu einigen Missverständnissen gekommen. Fair Wohnen wirft einen Blick auf die aktuelle Rechtslage und erklärt, was jetzt für Mieter wirklich gilt. I n den letzten Wochen häuf- Eindruck zu den Maßnahmen Österreich registriert. Die In- Grafik: pijama61/istockphoto.com ten sich bei der Mieterver- der Bundesregierung verfestigt fektionen stiegen rasant an, einigung die Anfragen zur hat, dem wir an dieser Stelle ent- schließlich wurde am 16. März rechtlichen Situation von Woh- gegentreten wollen. wurde ein bundesweiter Lock- nungsmietern während der Co- down verfügt. Am 5. April folg- rona-Krise. Meist ging es dabei Ein chronologischer Blick hilft: te das 2. COVID-19-Justiz-Be- um die Stundung von Mieten. Am 25. Februar 2020 werden gleitgesetz. Dieses besagt im Dabei stellten wir fest, dass sich in einem Hotel in Tirol die ers- Wesentlichen: Wohnungsmieter, in der Öffentlichkeit ein falscher ten beiden Corona-Fälle in die durch die Pandemie in ihrer 16 FAIR WOHNEN 1/21
wirtschaftlichen Leistungsfä- ausgedehnt wurde – was aber Mietzinsklage bezüglich dieser higkeit erheblich beeinträchtigt nicht der Fall war. Der Kündi- Mieten samt 4% Verzugszinsen wurden und deshalb mit den gungsschutz gilt weiterhin nur einbringen, nicht jedoch eine Mietzahlungen (Miete inkl. Be- für Rückstände aus den Mo- Räumungsklage. triebskosten) im Zeitraum von naten April bis Juni 2020. Ein April bis Juni 2020 ganz oder Zahlungsrückstand aus diesen Wenn ein Räumungsverfah- teilweise in Verzug gerieten, drei Monaten kann also – inklu- ren (wegen Nichtbezahlung der kann allein wegen dieses Miet- sive Verzugszinsen von höchs- Mieten ab Juli) beendet ist und zinsrückstands nicht gekündigt tens 4 % – ab 1. April 2021 ein- der nächste Schritt die Delo- werden. Diese Regelung gilt für geklagt oder von einer hinterleg- gierung wäre, können Mieter alle Mietverträge – egal, ob die ten Kaution in Abzug gebracht beim zuständigen Bezirksge- Rat & Hilfe Wohnung in den Anwendungs- für Mieter – so werden. richt erleichterten Räumungs- bereich des Mietrechtsgesetzes erreichen Sie unsere aufschub beantragen. Aus fällt oder nicht. Experten in Ihrem Vorsicht: Seit Juli 2020 gibt es welchem Grund das Mietver- Bundesland: keine gesetzliche Möglichkeit hältnis endete (Ende der Be- Ein Zahlungsrückstand, der auf der Stundung mehr. Mit einem fristung, Kündigung, etc.) spielt die Monate April bis Juni 2020 Wort: Sind seit Juli 2020 Rück- dabei keine Rolle. Hat der Mie- zurückgeht, ist also derzeit kein stände angefallen, konnte der ter ein dringendes Wohnbe- Kündigungsgrund. Eine Kün- Vermieter eine Mietzinsklage dürfnis – das bedeutet, dass er digung bzw. Räumung wegen einbringen oder gleich kün- diese Wohnung bewohnt und Mietzinsrückständen aus dem mietervereinigung.at/News/841/60162/ digen. Dies gilt auch jetzt. Wer noch keine neue Wohnung zur Rat-und-Hilfe-fuer-Mieter-gesichert 2. Quartal 2020 ist bis 30. Juni seine aktuelle Miete nicht oder Verfügung steht – gewährt das 2022 ausgeschlossen. Ande- nicht zur Gänze zahlen kann, Gericht einen Räumungsauf- re Kündigungsgründe, wie bei- sollte sich umgehend mit sei- schub. Ein solcher Räumungs- spielsweise wegen erheblich nem Vermieter ins Einverneh- aufschub ist aber dann nicht zu nachteiligen Gebrauchs, sind men setzen und um eine Lö- bewilligen, wenn die Räumung von der Regelung nicht umfasst sung bemühen. Eine Möglich- zur Abwendung schwerer per- und weiterhin möglich. keit wäre eine Vereinbarung mit sönlicher oder wirtschaftlicher dem Vermieter zu treffen, wo- Nachteile des betreibenden Ursprünglich galt, dass die Zah- nach ungeachtet der Bestim- Gläubigers unerlässlich wäre – lungsrückstände aus dem Zeit- mung die Kaution zur Beglei- beispielsweise bei dringendem raum April bis Juni 2020 bis 31. chung des Mietzinsrückstandes Eigenbedarf. Dezember 2020 zurückgezahlt herangezogen werden soll. werden mussten. Kurz vor ihrem Der Aufschub hat mindestens Ablauf, im Dezember, wurde Mieter, die eine Stundung in drei Monate zu dauern – außer, diese Frist jedoch um drei Mo- den Monaten April-Juni 2020 das dringende Wohnbedürfnis nate bis 31. März verlängert. in Anspruch genommen ha- des Mieters fällt weg. Über An- Diese Verlängerung war ange- ben, sollten unbedingt darauf trag des Gläubigers kann das sichts einer drohenden Woh- achten, dass mit späteren Miet- Räumungsverfahren fortge- nungskrise im Winter dringend zinszahlungen aktuelle Mietzin- setzt werden, wenn die Covid- nötig, sorgte aber gleichzeitig für se beglichen werden, damit die 19-Maßnahmen zur Einschrän- Verwirrung, weil viele dachten, Zahlung nicht auf die älteste kung der Kontakte aufgehoben dass damit auch der Zeitraum Schuld angerechnet wird. Dann wurden, spätestens aber sechs der möglichen Stundungen können Vermieter zwar eine Monate nach Aufschub. FAIR WOHNEN 1/21 17
FAIR WOHNEN EUROPA / IUT Foto: EP 18 FAIR WOHNEN 1/21
EU-Parlament fordert mehr leistbaren Wohnraum Am 21. Jänner stimmte das Europäische Parlament mit deutlicher Mehrheit für den Initiativbericht »Zugang zu angemessenem und erschwinglichem Wohnraum«. Damit zeichnet sich eine Trendwende in der europäischen Wohnungspolitik ab. D ie EU soll Zugang zu angemes- Bericht stärkt den Mieterschutz und • Reform des EU-Rahmens für die senem und erschwinglichem unterstützt unsere nationalen Bemü- wirtschaftspolitische Steuerung, Wohnraum als durchsetzbares hungen für leistbares Wohnen und ein um massive Investitionen in die Menschenrecht anerkennen und die faires Mietrecht.« Wohnungsbau-Dienstleistungen Beseitigung von Obdachlosigkeit vo- von allgemeinem wirtschaftli- rantreiben, so die Abgeordneten zu Zentrale Forderungen chem Interesse (DAWI) zu ermög- dem Bericht, der mit 352 Stimmen bei Der Initiativbericht umfasst folgende lichen, anstatt die EU-weite Inves- 179 Gegenstimmen und 152 Enthal- Forderungen: titionslücke im Wohnungsbau von tungen angenommen wurde. • Mietpreisstabilisierung so- 57 Milliarden Euro pro Jahr weiter wie klare nationale Mietregelun- zu vergrößern. Wohnraum ist der höchste Ausgaben- gen statt explodierender Miet- • Schutz gefährdeter Gruppen posten der europäischen Bürger. Be- steigerungen durch weitere auf dem Wohnungsmarkt - Mie- rücksichtigt man die Wohnkosten, Marktliberalisierung. terschutz, Sicherheit des Wohn- dann sind 156 Millionen Menschen in • Eine Wohnungspolitik, die auf raums, fairer und gleichberech- Europa von Armut bedroht. Die CO- dem Prinzip der Neutralität zwi- tigter Zugang zu bezahlbarem VID-19-Pandemie wird die Situation schen Eigentum, privatem und Wohnraum für kleine und mittle- weiter verschärfen und die Rezession gefördertem Wohnraum basiert. re Einkommensgruppen statt spe- und der Verlust von Arbeitsplätzen • Ein mieterfreundlicher EU- kulativer Verdrängung von Men- werden mittelfristig die Überbelas- Green-Deal mit Warmmieten- schen mit systemrelevanten Be- tung durch Wohnkosten noch weiter neutralität nach Renovierung und rufen aus unseren Städten. steigen lassen. Schon jetzt ist jeder 10. Modernisierung. Haushalt in der EU durch Wohnkosten • Förderung von Investitionen in Wie geht es weiter? überbelastet und muss mehr als 40 % bezahlbaren, sozialen und öffent- Die EU-Kommission muss nun auf des verfügbaren Einkommens für das lichen Wohnungsbau statt unre- diesen Initiativbericht reagieren und Wohnen ausgeben. guliertem, unbegrenztem Markt- geeignete gesetzgeberische und finan- zugang für profitorientierte In- zielle Maßnahmen vorschlagen, die Marie Linder, Präsidentin des Inter- vestoren, entfesselter Spekulation dann von den EU-Mitgliedstaaten ver- nationalen Mieterbundes IUT, sah die und Ausverkauf unserer Städte. einbart und gebilligt werden müssen. Entscheidung als Trendwende in der • Ein restriktives Rahmenwerk für europäischen Politik. »Während natio- Kurzzeitvermietungen in der EU. »Der Bericht bietet konkrete Lösungen, nale Regierungen noch glauben, dass • Ein Moratorium von Energieab- um auf allen Ebenen entsprechende der Markt alle Wohnungsprobleme lö- schaltungen im Winter. Maßnahmen zu ergreifen. Wir kön- sen wird – mit verheerenden Folgen • Umsetzung des finnischen nen die Wohnungskrise lösen, wenn für bezahlbaren Wohnraum nicht nur »Housing first«-Programms (in wir es wollen, und wir können die Ob- in Europa – zeigt das EU-Parlament ganz Europa zur strukturellen Be- dachlosigkeit bis 2030 beenden«, sag- Spekulation und Investitionsbarrie- kämpfung der Obdachlosigkeit). te die niederländische Berichterstatte- ren die rote Karte und fordert Zugang • Beseitigung von Investitions- rin Kim van Sparrentak. zu angemessenem und bezahlbarem hemmnissen im EU-Wettbe- Wohnraum für alle.« werbsrecht durch Streichung IUT-Präsidentin Linder erwartet ers- der engen Zielgruppe für den te konkrete Ergebnisse beim Treffen MVÖ-Präsident Georg Niedermühl- sozialen Wohnungsbau in den der EU-Wohnbauminister im Okto- bichler begrüßte die Einigung: »Der EU-Beihilfevorschriften. ber 2021. FAIR WOHNEN 1/21 19
FAIR WOHNEN OBERÖSTERREICH Hilfe! Wanzen im Bett! Ein geschockter Mieter wandte sich an die Experten der Mietervereinigung Oberösterreich. Neben rascher Hilfe brachte deren Intervention auch eine Mietzinsminderung. E ine äußerst ungustiöse Schädlingsbekämpfungsfirmen einer angemessenen Mietzins- Entdeckung musste Herr und beauftragte eine Hunde- minderung gemäß § 1096 Allge- M. im Sommer 2020 in sei- führerin mit dem Einsatz von meines Bürgerliches Gesetzbuch ner gemieteten Wohnung der Schnüffelhunden, um alle mög- (ABGB) als Gewährleistungsfol- Wohnbaugenossenschaft X ma- lichen noch verbliebenen Tiere ge aufgrund des nicht vertrags- chen. Nachdem ihn mehrere aufzuspüren. Die Hausverwal- konformen Zustands von der unerklärte Einstiche und Quad- tung fand rasch die Ursache für Wohnungsgenossenschaft mit deln an seinem Körper quälte, das Auftreten dieser Schädlinge: knapp 2.000 Euro entschädigt ging unser Mitglied auf Suche Eine im Nebenhaus wohnhafte und erhielt zudem für seinen und machte dabei eine schreck- Mietpartei hatte dieses Problem persönlichen Einsatz einen ent- liche Entdeckung: Unter seiner in ihrer Wohnung, verschwieg sprechenden Ersatz in der Höhe Matratze tummelten sich un- dies und machte keine Meldung. von weiteren 400 Euro. Die Freu- zählige Bettwanzen. Nicole Hager- So konnten sich die Schädlinge de bei ihm und beim Team der Wildenrotter auf die anderen Gebäudeteile Mietervereinigung OÖ über die- Verzweifelt und geschockt ist Landesge- unentdeckt ausbreiten. sen Erfolg war groß. wandte sich der Mieter an das schäftsführerin der Mietervereinigung Team der Mietervereinigung Oberösterreichs. Die gesetzten Interventionen Rat & Hilfe Oberösterreich und übergab sei- zeigten allerdings ihre Früchte für Mieter nen Fall zur weiteren rechtlichen und nun scheint das Bettwan- Angebot und Bearbeitung. Die Wohnbau- zenproblem nachhaltig gelöst. Außenstellen genossenschaft zeigte sich so- Herr M. wurde für die Zeit der der MVÖ OÖ: fort sehr kooperativ, engagierte massiven Beeinträchtigung mit mietervereinigung.at/740/Leistungsumfang-Zustaendigkeit FAIR WOHNEN 1/21 21
Lärm! FAIR WOHNEN RECHT Was tun? Pandemiebedingt verbringen wir alle mehr Zeit zu Hause - das lässt nachbarschaftliche Konflikte gedeihen. Was können Mieter, die sich von Lärm belästigt fühlen, dagegen tun? »In den modernen Wohnungen muss noch manches besser werden. Zum Beispiel kann man zwar hören, was für ein Fernsehprogramm der Nachbar eingestellt hat, aber man sieht es noch nicht.« Karl Farkas J Aleksandr Slobodianyk from Pexels - Montage: MVÖ eder dritte Österreicher fühl- te sich 2019 in seiner Woh- nung durch Lärm beläs- tigt: Auf Platz eins der Störquel- len lag Verkehrslärm. Auf Platz zwei folgten bereits die Nach- barn – und das noch vor Beginn der Pandemie. Am meisten von Lärm gestört zeigten sich die Thomas Peschat; LightFieldStudios/istockphoto.com Elke Hanel-Torsch Wiener, und hier vor allem jene, die in Gründerzeithäusern (er- Ein Staubsauger kommt im Thomas Peschat ist Landesvorsitzende der Mietervereinigung richtet vor 1919) wohnen. Schnitt bereits auf 70 dB. Der Wien. auf den ersten Blick moderat Die Grenze zwischen Geräusch wirkende Unterschied von 10 Foto: ljubaphoto/istockphoto.com; und Lärm ist subjektiv; der dB ist für unsere Wahrnehmung Schallpegel, gemessen in De- tatsächlich immens und be- zibel (dB), ist dagegen objek- deutet eine Verdoppelung des tiv messbar. Der eingangs vom Lautheitseindrucks. unvergessenen Karl Farkas er- Fotos: wähnte Fernseher liefert bei Empfehlungen der Weltge- Zimmerlautstärke etwa 60 dB. sundheitsorganisation (WHO) 22 FAIR WOHNEN 1/21
Musterschreiben Mietzinsminderung zum Download : https://mietervereinigung.at/ 699/Downloads FAIR WOHNEN 1/21 23
FAIR WOHNEN RECHT zufolge soll in einem Schlaf- dort enden lässt, wo der Nach- dörflich-ländlichen Gebiet raum ein Dauerschallpegel von bar beeinträchtigt wird. Als durchaus üblich, wie der Obers- 30 dB und ein Spitzenschall von Nachbarn gelten dabei alle, die te Gerichtshof (OGH) in einem 45 dB nicht überschritten wer- im Einflussbereich einer Lie- Urteil (4Ob99/12f ) feststellte. den, um Menschen vor Schlaf- genschaft leben. Diese nach- Lärm durch stundenlange Pro- störungen zu schützen. Wer län- barrechtlichen Vorschriften gel- ben einer Heavy-Metal-Band ger konzentriert arbeiten muss – ten nicht nur für Grundstücke beurteilte der OGH auch im beispielsweise im Homeoffice -, sondern sinngemäß auch für dicht verbauten Stadtgebiet als wird ab einer Geräuschintensi- Wohnungen. nicht ortsüblich (2Ob166/14x). tät von etwa 50 dB gestört. Was wiederum zumutbar ist, Ruhezeiten wird nicht durch das subjektive Lärm aus rechtlicher Sicht Ruhezeiten sind in Öster- Empfinden des sich gestört füh- Rechtlich wird Lärm – wie zB. reich nicht einheitlich geregelt. lenden Nachbarn, sondern das Geruch oder Licht - als einwir- Wann der Rasenmäher oder die eines Durchschnittsmenschen, kende »Immission« verstan- Waschmaschine in Betrieb ge- der sich in der Lage des Gestör- den, erklärt Elke Hanel-Torsch, hen dürfen, ist von Ort zu Ort ten befindet, bestimmt. Vorsitzende der Mietervereini- verschieden. Empfehlenswert gung Wien. Der Umgang mit ist daher immer eine Recherche Wie laut ist zu laut? Störungen durch Immissionen bei der Gemeinde. Generell gel- Für eine Störung durch Lärm wird nicht im Mietrechtsgesetz ten meist Ruhezeiten von 22.00 gibt es keinen bestimmten dB- (MRG) geregelt, sondern auf der bis 6.00 Uhr sowie an Sonn- und Pegel; die Beurteilung erfolgt einen Seite durch Landesgeset- Feiertagen ganztags. immer im konkreten Einzelfall. ze und auf der anderen Seite Die Rechtsprechung geht davon durch Vorschriften zum so ge- Ortsüblichkeit und aus, dass herbeigerufene Poli- nannten Nachbarrecht im All- Zumutbarkeit zisten beurteilen können, ob gemeinen Bürgerlichen Gesetz- Klar ist: Ortsübliche und zu- bei einer konkreten Lärmbeläs- buch (ABGB). mutbare Beeinträchtigungen tigung das Maß des Erträglichen muss man hinnehmen. Bei überschritten ist. Rücksichtnahme der Beurteilung, was ortsüb- Im Nachbarrecht des ABGB ist lich ist, kommt es auf die un- Was kann der Mieter tun? das sogenannte Rücksichtnah- mittelbare Wohnumgebung »Wenn man sich von einem lär- megebot (§ 364)verankert, das an. Beispielsweise ist das Krä- menden Nachbarn gestört fühlt, die Freiheiten des Einzelnen hen eines Hahnes in einem hilft am besten das Gespräch«, Lärmpegel in Dezibel (dB(A)) BLÄTTER- KÜHL- ATMEN RASCHELN FLÜSTERN SCHRANK REGEN GESPRÄCH 24 FAIR WOHNEN 1/21
i Weitere Infos rät Hanel-Torsch. Bringt das kei- verlangen. Der Vermieter hat ne Lösung, dann haben Mieter die Pflicht, Mieter gegen Stö- im Prinzip drei Möglichkeiten. rungen Dritter zu schützen. Da dieser Anspruch aber nur bei Zimmerlautstärke 1. Der Mieter kann den Sach- einer wesentlichen Störung ent- Musikinstrumente mit Laut- verhalt bei der Polizei anzeigen, steht, wird das in Einzelfällen stärkenreglern, Fernseher denn die Erregung störenden nicht sinnvoll sein. und Stereoanlage sollten Lärms in ungebührlicher Weise auch untertags lediglich auf stellt nach den jeweiligen Lan- Im Wiederholungsfall sieht die Zimmerlautstärke gespielt despolizeigesetzen einen Ver- Sache anders aus. Wenn ein werden. Diese Lautstärke waltungsstraftatbestand dar. Mieter den anderen das Zusam- wird einer OGH-Entschei- Dabei ist immer im Einzelfall menleben auf Dauer verleidet, dung zufolge dann eingehal- zu prüfen, ob eine angezeig- indem er rücksichtslos lärmt, ten, »wenn die Geräusche te Lärmerregung störend und kann das sogar ein Kündigungs- innerhalb der Wohnungen ungebührlich ist. Die Beurtei- grund sein. der übrigen Bewohner nicht lung erfolgt in der Regel durch mehr oder doch kaum noch die Polizei. Die Behörde kann in Mietzinsminderung vernommen werden können, der Folge eine Verwaltungsstra- Wenn durch Lärm der vertrags- sodass die Nachbarn da- fe aussprechen. In Wien droht gemäße Gebrauch des Miet- durch auch nicht wesentlich einem Lärmstörer eine Geld- gegenstands nicht mehr möglich gestört werden.« strafe bis zu 700 Euro. ist, sind Mietzinsminderungen möglich. Für Lärmbelästigun- Beispiele für Verwaltungs- 2. Der Mieter kann direkt gegen gen wurden bislang seitens der strafen - Lärmerregung: den störenden Nachbarn vorge- Gerichte maximal 25 Prozent • Betreiben einer Waschma- hen und gegen ihn eine Klage Mietminderung zugestanden. schine (lautes Schleudern) Grafik: b44022101/istockphoto.com, MVÖ (gemäß § 364 ABGB) einbringen, nach 22 Uhr womit dem Störer die Pflicht Hanel-Torsch: »Wir raten unbe- • Lautes Radiospielen auferlegt werden soll, die Stö- dingt dazu, vor einer Mietmin- um 6 Uhr früh rungen künftig zu unterlassen. derung Fachleute wie unsere Ju- • Alleinlassen eines über risten zu kontaktieren, da jede einen längeren Zeitraum 3. Der Mieter kann sich aber unvollständige Mietzinszahlung bellenden Hundes in der auch an seinen Vermieter wen- zu einer Mietzins- und/oder Wohnung. den und von diesem Abhilfe Räumungsklage führen kann.« KNALL- H AUTO LKW HAARFÖN HELI POSAUNE SIRENE DÜSENJET KÖRPER FAIR WOHNEN 1/21 25
FAIR WOHNEN INSIDER Michelle Das Team Michelle Schlögl (22): »Das Arbeitsklima ist super.« am Schalter Werfen Sie mit Fair Wohnen exklusiv einen Blick hinter die Kulissen der Mietervereinigung und lernen Sie die Menschen, die tagtäglich für Sie im Einsatz sind, kennen. Im ersten Teil unserer Serie stellen wir die Mitarbeiter des Schalters im Servicecenter Wien vor. D as freundliche Team am Kundenbetreuung, Terminver- des ersten Lockdowns im März Fotos: MVÖ (2), M. Nachtschatt (1) Schalter in Wien besteht gabe sowie die Koordination 2020 blieb das Servicecenter ge- aus Michelle Schlögl (22) mit den beratenden Juristen im schlossen. Erst nach Ostern wa- und Nemanja Panic (31). Viele Servicecenter. ren wieder persönliche Termi- MVÖ-Mitglieder hatten schon ne möglich, allerdings nur unter mindestens einmal Kontakt Auswirkungen der Pandemie weitreichenden Hygienevor- zu den beiden. Zu Ihren Auf- Die Pandemie änderte auch den kehrungen. Die strikte Einhal- gaben zählen Empfang und Alltag am Schalter. Während tung des Sicherheitskonzepts 26 FAIR WOHNEN 1/21
Nemanja Nemanja Panic (31): »Wir greifen den Kolleginnen und Kollegen unter die Arme und sind die guten Hausgeister.« schützte Michelle und Neman- ganz selbstverständlich gelebt. Aktenservice und greifen Kol- ja bei der täglichen Arbeit. Trotz Kein Wunder also, dass sowohl Rat & Hilfe legen in der Verwaltung unter der Lockdowns waren über Michelle wie auch Nemanja die Angebot der Mieter- die Arme«, ergänzt Nemanja. vereinigung Wien: 4.000 persönliche Beratungen konstruktive Zusammenarbeit »Wir sind ein bisschen die gu- für Mitglieder zu organisie- mit den Kollegen im Haus be- ten Hausgeister.« Wie es sich ren. Steigende Infektionszahlen tonen, wenn sie über ihre Tä- für einen guten Hausgeist ge- brachten im Winter einen neu- tigkeit sprechen. »Das Arbeits- hört, beherrscht der von seinen erlichen Lockdown, mit 9. No- klima ist super«, sagt Michelle. Freunden kurz »Nemo« genann- vember wurden persönliche Be- »Wenn corona-bedingt bei uns te 31-Jährige mehrere Sprachen mietervereinigung.at/736/ ratungstermine in telefonische im Servicecenter die Frequenz Leistungsumfang-Zustaendigkeit fließend und kann sich neben umgewandelt, im Servicecenter geringer ist, helfen wir beim Deutsch auch in Englisch, Ita- fand bis Redaktionsschluss aus lienisch und Serbokroatisch Sicherheitsgründen nur Doku- unterhalten. mententransfer statt. »Derzeit gibt es mehr telefonische als In ihrer Freizeit trennen sich die persönliche Kontakte«, erzählt Wege von Michelle und »Nemo«, Michelle, die im Lauf des Pan- wenngleich die beiden eine ge- demie-Jahres zum MVÖ-Team meinsame Leidenschaft zur gestoßen ist. Steigerung der Fitness verbin- det. »Calisthenics« nennt sich Arbeitsklima die Kraftsportart mit Eigenge- Seit der Gründung vor 110 Jah- wichtsübungen, der »Nemo« mit ren kennzeichnet Solidarität die eiserner Konsequenz nachgeht. MVÖ – nach außen wie nach innen. Während Zusammen- Bald schon, so hoffen alle im halt und Teamgeist bei vielen Haus, wird die Pandemie Ge- Unternehmen als Schlagwor- schichte sein und das Schalter- te auf dem Flipchart des letzten Team die Plakate zu Masken- Teambuilding-Seminars vergil- pflicht und Abstandsregeln ganz ben, werden sie bei der MVÖ Erste Anlaufstelle für Mieter: das Servicecenter der Mietervereinigung Wien. hinten im Lager verstauen. FAIR WOHNEN 1/21 27
FAIR WOHNEN EUROPA Höhenflug für den Freilufttourismus Die Pandemie hat der Freizeit im Grünen zu einem neuen Boom verholfen. Für die Natur ist das nicht immer positiv. Das grenzüber- greifende EU-Projekt „Allianz der Alpen" sucht nach neuen Wegen für den Outdoor-Tourismus. I n den ersten Frühlingsta- »Diese Hilfe ist für die Unter- Schäden in der Landschaft kön- gen nach dem wochenlan- nehmen überlebenswichtig. Wo nen das Ökosystem langfristig gen Lockdown suchen wieder noch mehr getan werden muss, schädigen. viele von uns Erholung und Aus- ist im Kulturbereich und ande- gleich in der Natur. Beim Wan- ren Branchen, die brach liegen Stau am Berg dern, Klettern oder Mountain- und so eng an den Tourismus 59 österreichische Gemeinden biken. Der Freilufttourismus, ob gebunden sind. Besonders die haben sich deshalb dem Pro- mit oder ohne sportlichen Ehr- Lage der Einmannbetriebe ist jekt »Allianz der Alpen«, das von geiz, ist zum neuen weltwei- dramatisch«, sagt EU-Abgeord- der Europäischen Union unter- ten Mainstream geworden. Die neter Hannes Heide. stützt wird, angeschlossen. Das selbstbestimmte Bewegung in Gemeindenetzwerk sucht nach der freien Landschaft tut nach Lerne deine Heimat kennen nachhaltigen Ideen für den Out- den Einschränkungen durch die Die Seen- und Berggebiete in door-Tourismus im Alpenraum. Corona-Krise Geist und Körper Kärnten, der Steiermark und Die Zahl der Besucher ist durch gut. Außerdem ist die Ausrüs- Salzburg gehörten 2020 zu den die Corona-Pandemie rasant ge- tung, je nach Sportart, leistbar Favoriten der Ausflügler. Solan- stiegen. Die Bilder vom Stau am und auch die Kosten der Aus- ge die Unterkünfte geschlossen Berg sind vielen aus dem ver- Hannes Heide flüge sind überschaubar. Bisher sind, bleibt es für die meisten gangenen Sommer noch im Ge- ist Abgeordneter im bleibt der Radius der meisten bei Tagestrips im eigenen Bun- dächtnis. Auch Orte, wie Hall- Europäischen Parla- Kurzurlauber, wie schon im ver- desland. »Für die Regionen ist statt, wo man wegen fehlender ment. Er fordert mehr gangenen Sommer, eher klein. der Freilufttourismus eine un- internationaler BesucherInnen EU-Unterstützung für nachhaltige glaubliche Chance. Es sind oft eigentlich mit einer ruhigen Sai- Tourismuskonzepte in Harte Zeiten gerade kleine Betriebe die da- son gerechnet hat, waren tage- kleineren Urlaubs- für Kleinstbetriebe von profitieren und die Wert- weise völlig überlaufen. Im slo- regionen. Der Tourismus ist einer der Sek- schöpfung bleibt zum größten wenischen Nationalpark Trig- toren, der durch die Corona Teil in den Regionen«, so Hei- lav kamen im Sommer bis zu Maßnahmen am härtesten ge- de. Das alles ist aber nicht zwin- 7.000 Tagesgäste. Eine unerträg- troffen wurde. Mehr als sieben gend umweltverträglich. Der liche Situation für die Bevölke- Millionen Arbeitsplätze im Tou- Bad Ischler kennt die Schatten- rung und die Gäste, der man rismus sind in Gefahr, zahlrei- seiten der vielen Gäste und en- in der kommenden Saison mit che Unternehmen sind nach wie gagiert sich im Europäischen einer Begrenzung auf 1.500 Per- vor von Insolvenz bedroht. Die Parlament besonders für die sonen pro Tag entgegenwirken Europäische Union unterstützt klimafreundliche Regionalent- will. Eine Taktik, die für Öster- die krisengebeutelten Unter- wicklung: »Tausende Urlauber reichs Skitourismus aus epide- nehmen weiterhin mit Sofortli- hinterlassen auch unerwünsch- miologischen Gründen bereits quiditätshilfen. Darüber hinaus te Spuren, deshalb ist die Ent- im Einsatz ist. wurden 100.000 kleinen Unter- wicklung von nachhaltigen und nehmen bis zu acht Milliarden klimafreundlichen Ideen für die Wandern auf Abwegen Euro aus dem Europäischen Regionen so wichtig«. Zurück- Social Media und die »per- Investitionsfonds zugesichert. gelassener Müll, Unfälle und fekten« Urlaubsbilder können 28 FAIR WOHNEN 1/21
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