Schlesischer Kulturspiegel - Informationen über das schlesische Kulturleben - Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes - Stiftung ...
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Schlesischer Kulturspiegel 3 56. Jahrgang 2021 l Würzburg l 3/21 Juli - September 21 Śląski Prezegląd Kulturalny . Slezské Kulturní Zrcadlo Herausgegeben von der Stiftung Kulturwerk Schlesien Informationen über das schlesische Kulturleben – Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes Auf dem Weg zum Gipfel der Schneekoppe. © Lisa Haberkern, © anaterate- Wolfgang Eckert- pixabay.com VON DER STIFTUNG KULTUR WERK SCHLESIEN Das literarische Schlesien im Spiegel der Zeit Exkursionsbericht über das Erleben der vielfältigen Literaturlandschaft Schlesiens Die Beschäftigung mit Schlesien macht – das wissen Sie Die ersten drei Nächte verbrachte die Gruppe im als Leserinnen und Leser des Schlesischen Kulturspie- so zauberhaft am Fuße des Riesengebirges mit Blick auf gels nur zu gut – stets Lust auf mehr! Eine wundervolle die Burg Kynast gelegenen Hotel Schloss Wernersdorf. Möglichkeit, dieses Verlangen zu stillen, bieten die Exkur- Empfangen von einem Spontankonzert der Violinistin sionen, die Viola Plump, geschäftsführendes Vorstands- Susanne Goldmann und gefolgt von einem wunderbaren mitglied der Freunde und Förderer der Stiftung Kultur- Abend des gegenseitigen Kennenlernens klang der Anrei- werk Schlesien e. V., organisiert und durchführt. setag auf der Schlossterrasse stilvoll aus. Bereits in den Jahren 2018 und 2019 fanden Ex- Am nächsten Morgen fuhr der Reisebus, der wie in kursionen zu schlesischen Badeorten und auf den Spu- den Vorjahren vom immer hilfsbereiten und mitdenken- ren schlesischer Industriekultur statt, die in den Heften den Marek Kapusciok souverän gesteuert wurde, nach 3/2018 und 2/2019 des Schlesischen Kulturspiegels zu Krummhübel zur Talstation des Sessellifts, der die Grup- finden sind. pe bei herrlichem Wetter zur Kleinen Koppe brachte. Vom 19. bis 27.6.2021 waren 23 insbesondere an Hier konnten sich die Teilnehmenden für einen Aufenthalt der schlesischen Literatur und im Allgemeinen an Schle- im Schlesierhaus oder den Aufstieg zur Schneekoppe ent- sien Interessierte auf einer Route von Würzburg über scheiden. In der Baude von 1922 wurde der Austausch Dresden und weiter ins Riesengebirge mit mehreren unter Literaturfreunden gepflegt und über den 1905 vom Stationen, nach Neisse und Lubowitz sowie Kreuzburg Riesengebirgsverein angelegten Jubiläumsweg erreichte und Breslau unterwegs. Die wissenschaftliche Leitung man den Gipfel. An der Laurentius Kapelle las Viola Plump hatte Professor Dr. Christian Andree inne, der seine Ex- aus Otfried Preußlers „Mein Rübezahlbuch“ das Kapitel pertise und Begeisterung für die schlesische Literatur „Der Koppenwirt“. in Lesungen und Kurzvorträgen während der Fahrt und Für diesen Abend stand sicherlich der Höhepunkt an ausgewählten Orten mit den Mitreisenden teilte. Ein der Exkursion auf dem Programm – eine Premiere für besonderes Glück und eine große Bereicherung für alle die Stiftung Kulturwerk Schlesien und auch das Hotel war, dass sich unter den Teilnehmenden die bekannten Schloss Wernersdorf. Die angekündigte deutsch-pol- schlesischen Schriftsteller Monika Taubitz, Dr. Christian nische Autorenlesung wurde via YouTube-Livestream Greiff und Stefanie Kemper befanden. übertragen. So konnten neben den im Barocksaal des Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021 33
LIEBE zwar haben wir nie Schwierigkeiten damit, den „Schle- arbeiten wir von der SKWS mit wachsendem Erfolg an LESERinnen sischen Kulturspiegel“ für Sie mit interessanten The- unserer digitalen Präsenz und haben mit Freude er- men aus und über Schlesien zu füllen, jedoch standen lebt, dass auch diese Angebote auf Zuspruch stoßen und Leser, wir für diese Ausgabe vor der Qual der Wahl: Um Ihnen und genutzt werden. Ein „echtes“ Treffen oder eben möglichst viel von dem erzählen zu können, was alles das Überqueren der Grenze nach Polen, um etwa in an Erzählenswertem passierte – Online-Jahrestagung, Breslau zu flanieren, hat nichtsdestotrotz eine beson- Schlesien-Exkursion, Nachwuchstagung uvm. – halten dere Qualität. Gemeinsam mit den Teilnehmenden der wir uns an dieser Stelle kurz! So viel sei jedoch gesagt: Schlesienexkursion durften wir diesen Genuss erleben Die genannten Erlebnisse zeigen vor allem in der kon- und hoffen, uns die Wertschätzung für die Kostbarkeit taktarmen Zeit, die wir durchleben, dass die digitalen solcher Erlebnisse zu bewahren. Möglichkeiten das Persönliche nicht ersetzen. Dennoch Ihre Lisa Haberkern und Anja Weismantel FOR TSETZUNG VON SEITE 1 Schlosses Anwesenden auch weitere Zusehende in den Werk schöpft, konnte diese so vor dem inneren und äuße- Genuss der gelungenen Veranstaltung, die von Viola ren Auge der Zuhörenden lebendig werden. Ein weiteres Plump und Agata Rutkowska moderiert wurde, kom- Ziel dieses Tages waren Schloss Lomnitz mit dem Tra- men. Dr. Józef Zaprucki (polnisch und deutsch), Monika dition gewordenen Streuselkuchenessen und das wieder Taubitz, Dr. Christian Greiff und Stefanie Kemper lasen neu aufgebaute Bethaus von Schildau, in dem viele Mit- aus ihren Werken, deren polnische Übersetzungen ein- reisende einen Moment der inneren Einkehr fanden. Zum fühlsam von Agata Rutkowska vorgetragen wurden. Die Tagesabschluss konnten die Teilnehmenden auf Einladung Pianistin Róża Wysocka und der Violinist Janusz Nykiel Dr. Jozef Zapruckis von der staatlichen Riesengebirgs- machten diesen stimmungsvollen Abend mit der pas- hochschule Hirschberg im Carl-und-Gerhart-Hauptmann- senden musikalischen Untermalung zu einem besonderen Haus in Schreiberhau, das heute Teil des Hirschberger Erlebnis. Für Sie besteht so weiterhin die Möglichkeit, Riesengebirgsmuseums ist und von Julita Zaprucka ge- diese Lesung und viele andere literarische Momente der leitet wird, Vorträge seiner Bachelorstudierenden über Exkursion auf dem YouTube-Kanal der SKWS nacherle- ihre Abschlussarbeiten mit Schlesienbezug hören. Einge- ben zu können. leitet wurde die Veranstaltung durch ihn selbst gefolgt Am nächsten Morgen ging es hinter Jakobsthal von Hubert Papaj von der Riesengebirgischen Agentur über die Grenze nach Tschechien Richtung Spindler- für regionale Entwicklung (KARR) und Dr. Jens Baumann, mühle und von dort aus zur Erlebach-Baude nahe des Beauftragter für Vertriebene und Spätaussiedler des Spindlerpasses. Die Baude aus dem Jahr 1784 ist seit Freistaats Sachsen. Die Begeisterung der Studierenden 1885 als Erlebach-Baude bekannt. Die Reisegesell- für Schlesien, dessen über die Jahrhunderte so wechsel- schaft versammelte sich am 2016 für Erle Bach, das vollen Geschichte sie sich auf vielfältige Weise annähern, schriftstellerische Pseudonym unter dem aus familiärer hatte großes Ansteckungspotential und regte vielfältige Bei der Autoren lesung im Barock- Verbundenheit Barbara Strehblow, geb. Rauthe (1927- Gespräche an. saal von Schloss 1996) ihre Werke veröffentlichte, aufgestellten Gedenk- Am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen von Wernersdorf: stein (s. Ausgabe 1/2021), um einer Naturlesung aus Wernersdorf, um sich auf die Spuren der beiden Haupt- Agata Rutkowska deren Buch „In ihrem Atem schläft die Zeit – eine Suche mann-Brüder im Riesengebirge und in Bad Salzbrunn (li.) und Stefanie Kemper. nach Quellen, Wurzeln und Herkunft“ von Viola Plump zu (Ober-Salzbrunn) zu begeben. So führte der Weg die Rei- © Lisa Haberkern lauschen. Inmitten der Landschaft, aus der Erle Bachs segruppe zum „Wiesenstein“ in Agnetendorf, wo Gerhart Hauptmann (1862-1946) mit seiner Familie bis zu seinem sich in diesem Jahr zum 75. Mal jährenden Todestag, 45 Jahre lebte. Heute ist es das städtische Museum „Ger- hart-Hauptmann-Haus“ der Stadt Jelenia Góra, in dem Direktor Janusz Skowroński die Gruppe begrüßte und mit Fachexpertise durch die Räumlichkeiten führte und vielfältige Fragen beantwortete. Vom Eindruck der Para- dieshalle beflügelt, wo Viola Plump aus Hans Pleschinskis „Wiesenstein“ rezitierte, ging es nun mit veränderter Zielsetzung nochmal ins Carl-und-Gerhart-Hauptmann- Haus, wo uns die Direktorin Julita Zaprucka mit ihren Mitarbeitern herzlich empfing, und jetzt das Haus und seine Ausstellungen vorstellte und die Begeisterung ver- mittelte, mit der man sich dort dem weniger berühmten Carl Hauptmann (1858-1921) vor allem in dessen 100. Todesjahr, widmet. Nun bewegten sich die Reisenden in den Hauptmann-Biographien rückwärts nach Bad Salz- brunn zu deren Geburtshaus, das direkt am Eingang des 34 Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021
Die Reisegruppe mit Julita Zaprucka vor dem Carl-und- Gerhart-Haupt- mann-Haus. © Lisa Haberkern Kurparks gelegen ist. Einige der Mitreisenden genehmi- köstlichen schlesischen Mittagessen im großen Saal des gten sich in der Trinkhalle einen Schluck des Wassers, Eichendorff-Kultur- und Begegnungszentrums nahm der das den Ruf des Ortes als Heilbad begründet. Kulturmanager Paweł Ryborz sich der Gruppe an und Auf dem Weg nach Neisse nahm man bewußt einen führte sie durch das Museum und über den gepflegten kleinen Umweg zur letzten Ruhestätte von Hermann Friedhof, wobei er die vielfältigen Tätigkeiten des Kul- Stehr (1864-1940) in Kauf. Der Schriftsteller, der in tur- und Begegnungszentrums, das sich dem großen Bad Warmbrunn (Mandelhaus) und in Oberschreiberhau Romantiker widmet, erläuterte. Nach Kaffee und Kuchen gelebt hat und auch dort verstorben ist, wurde auf ei- kamen alle Mitreisenden in einer Rezitationsrunde zu- genen Wunsch auf dem Floriansberg mit Blick auf seine sammen, um ihre Lieblingsgedichte schlesischer Lyriker Geburtsstadt Habelschwerdt unweit der Florianskapelle zum Besten zu geben. Ganz ohne Bauplan entstand so beigesetzt. ein gleichermaßen gelungener und berührender Quer- schnitt schlesischer Lyrik. Ein besonderes Erlebnis war An den beiden folgenden Tagen widmete sich das der Besuch einer nahegelegenen, liebevoll restaurierten Exkursionsprogramm Joseph von Eichendorff (1788– Mühle, von der angenommen wird, der Referenzpunkt 1857). In Neisse hatte man sich mit Maria Rock, der im Eichendorff-Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“ („In Bewahrerin des dortigen Eichendorff-Gedenkens, verab- einem kühlen Grunde“) zu sein. Weitere Eindrücke dieses redet, die die Gruppe auf dem von ihr und ihrem ver- Tages werden Sie in der Ausgabe 4/2021 im Artikel vom storbenen Mann angelegten Eichendorff-Weg durch die Mitreisenden Dr. Hans Caspary lesen können. Stadt führte. Es ging vom Stadtzentrum in Richtung Am darauffolgenden Tag zeigten sich Kreuzburg in Das Joseph- des Eichendorff-Denkmals, weiter zum Grab des schle- Oberschlesien und seine nähere Umgebung in Bezug auf von-Eichendorff- Denkmal. sischen Romantikers, danach zur Eichendorff-Laube mit das literarische Schlesien als wahre Goldgrube. Hier wan- © Lisa Haberkern beeindruckendem Blick auf das Tal der Neisse und zurück delten die Exkursionsteilnehmenden, kompetent geführt zur St. Jakobuskirche im Zentrum. Über die Erinnerung durch Dr. Rafał Biskup, Germanist an der Universität an Eichendorff hinaus brachte Maria Rock den Teilneh- Breslau, auf den Spuren Gustav Freytags (1816-1895), menden den lokalen erinnerungskulturellen Diskurs und Hans Lipinsky-Gottersdorfs (1920–1991) und Heinz ein Stück Zeitgeschichte in Bezug auf die Deutsch-Pol- Pionteks (1925–2003). Dr. Biskup traf die Gruppe am nische Aussöhnung sowie die Rolle der Deutschen Min- Geburtshaus von Heinz Piontek, um einen Eindruck von derheit in Oberschlesien näher. dessen Kindheitswelt und der Tatsache, dass eine Ge- Am nächsten Morgen brach die Gruppe zum Ge- denktafel dort an den Autor erinnert, zu vermitteln. Über burtsort Eichendorffs nach Lubowitz auf. Hier wurde sie den Kreuzburger Ring gelangte man zur evangelischen von Prof. Dr. Joanna Rostropowicz empfangen und mit Erlöserkirche, in der der Gruppe ein herzlicher Empfang Herz und Verstand durch die Außenanlagen bis hin zur bereitet wurde. Hierbei erfuhr sie vieles über Geschichte Schlossruine und dem „Hasengang“ geführt. Nach dem und Gegenwart des Gotteshauses sowie der zugehörigen Bitte unterstützen Sie die Arbeit der Stiftung Kulturwerk Schlesien mit Ihrer Spende. Unsere Spendenkonten: Deutsche Bank: IBAN: DE34 7907 0016 0023 6000 00, BIC: DEUTDEMM790 oder Sparkasse Mainfranken: IBAN: DE90 7905 0000 0049 1452 20, BIC: BYLADEM1SWU Selbstverständlich erhalten Sie auf Wunsch eine Spendenbescheinigung. Wir danken Ihnen herzlich. Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021 35
Museumsdirektor Von Kreuzburg ging es über Namslau in die niederschle- Maciej Łagiewski sische Metropole Breslau. Hier konnten sich die Teilneh- zeigt die Galerie berühmter Schle- menden zwischen drei Programmpunkten entscheiden: sier im Breslauer Zwei literarische Stadtspaziergänge – mit Monika Tau- Rathaus der Stadt, bitz im Innenstadtbereich auf den Spuren schlesischer © Lisa Haberkern Schriftsteller oder mit Dr. Christian Greiff zum südöst- lich vom Innenstadtkern gelegenen Websky-Schlösschen, das heute das Ethnographische Museum beherbergt und auf die Holteihöhe. Eine dritte Gruppe konnte sich mit Prof. Andree im Hotel zu schlesischen Autoren und Werken austauschen. Am Nachmittag wurde die Exkur- sionsgruppe von Dr. Maciej Łagiewski, dem Direktor der städtischen Museen, im Rathaus empfangen. Die Füh- rung durch einen ausgewiesenen Brückenbauer in Bezug auf die deutsch-polnischen Beziehungen, der sich um die Gemeinde. So auch, dass diese nur 300 Mitglieder um- schlesische Kultur auf vielfältige Weise verdient gemacht fasst und auf der Suche nach einer deutschen Partner- hat und macht, bildete den inhaltlichen Abschluss der Ex- gemeinde ist – sollte unter den Lesenden jemand sein, kursion und mit Sicherheit auch einen ihrer Höhepunkte. der bei dieser Suche behilflich oder vermittelnd tätig sein Es ist wunderbar und beflügelnd, wie viele Schlesi- kann, darf sich gerne an die Redaktion gewandt wer- eninteressierte mit und ohne familiären Bezug und noch den. Das Wohnhaus Gustav Freytags, in unmittelbarer dazu generationsübergreifend sich für die schlesische Li- Nähe gelegen, erzählt einiges über die komplexe Bezie- teratur - motiviert durch das Erleben in der Region, von hung Kreuzburgs zu diesem Autor, dessen Werk und schlesischen Autoren unter den Mitreisenden und einem Rezeption von neuer Forschung profitieren würde, wie reich bestückten Büchertisch im Bus - begeistern kön- Rafał Biskup deutlich machte. Unweit der Stadt an der nen, was sich auch im Nachklang in der Bestellung von Bahnstrecke Kreuzburg-Posen am Kunzendorfer Bach Büchern schlesischer Autoren widerspiegelt. liegt Gottersdorf, wo noch heute das Elternhaus Hans So freuen wir uns schon heute auf bekannte und neue Lipinsky-Gottersdorfs und ein kleiner Friedhof zu finden Gesichter unter den Teilnehmesnden unserer nächsten sind, auf dem viele seiner Vorfahren begraben liegen. Exkursion vom 19. bis 27.6.2022 mit dem Titel „Schlös- Vor allem zum Kindheitsort Pionteks stellte dieser Ort ser und Gärten – schlesische Perlen in altem und neuem einen interessanten sich auch in Sprache und Themen Glanz“. der Werke beider Autoren ausdrückenden Kontrast dar. Lisa Haberkern, Viola Plump und Anja Weismantel Kurznachrichten aus der Stiftung Kulturwerk Schlesien Ehrungen, Austausch und Gedenken +++ Am 7.7.2021 fand im Bayerischen Landtag auf Ein- MdL Volkmar Halbleib am 1.9.2021 zu einem Gespräch ladung der SPD-Fraktion ein Gespräch mit dem BdV im Bayerischen Landtag. +++ Als CSU-Delegierter der Landesvorstand Bayern über aktuelle Fragen der Ver- Union der Vertriebenen (UdV) Oberbayern nahm der Vor- triebenen- und Aussiedlerpolitik statt. Dabei wurden ins- sitzende des Vorstands der SKWS, Paul Hansel, an der besondere auch kulturpolitische Fragen erörtert. Unser Landesversammlung der UdV-Bayern in Ingolstadt teil. Vorsitzender, Paul Hansel, konnte bei dieser Gelegenheit Die Festrede hielt die bayerische Europaministerin Me- ein Gespräch mit dem vertriebenenpolitischen Sprecher lanie Hummel, die auch für die Beziehungen Bayerns zu der Fraktion, Volkmar Halbleib, MdL, über die Situation den östlichen Nachbarstaaten zuständig ist. Paul Hansel unserer Stiftung führen. Der Abgeordnete hat dabei sein lud die Staatsministerin ein, im Zuge ihrer Kontakte auch lebhaftes Interesse an einem Besuch des Kulturwerks Schlesien zu besuchen und den Dialog mit der Deutschen bekundet. +++ Am 13.7.2021 und 14.9.2021 fanden Minderheit zu pflegen. Der Landtagsabgeordnete Josef Vorstandssitzungen der Stiftung Kulturwerk Schlesien Zellmeier hob im Rahmen einer Podiumsdiskussion auch via Zoom statt. +++ Dietrich Meyer, Vorsitzender des die institutionelle Förderung unserer Stiftung durch den Vorstands der SKWS in den Jahren 2012-2020, wur- Freistaat Bayern hervor. +++ Stephan Rauhut, Mitglied de im Schlesischen Gottesfreund, Ausgabe Juli/August des SKWS-Stiftungsrates und Bundesvorsitzender der Paul Hansel und 2021 ISSN 1861-974-H6114 für sein außerordentliches Landsmannschaft Schlesien, und Paul Hansel nahmen Stephan Rauhut bei Engagement für schlesische Geschichte geehrt. +++ Lisa am 28. August am Zentralen Tag der Heimat in Berlin Kranzniederlegung zum Gedenken an Haberkern, Geschäftsführerin der SKWS, nahm am teil. Bei der Festveranstaltung in der Berliner Urania hielt Opfer von Flucht 4.8.2021 an der Tagung „Kultureinrichtungen im Dia- der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder die und Vertreibung. log – Landsmannschaften und Kultureinrichtungen der Festrede. Anschließend wurde beim Mahnmal am Theo- © Susanne Vertriebenen im Dialog mit Bund, Ländern und Wissen- dor-Heuss-Platz der Opfer von Flucht und Vertreibung Sorgenfrei schaft“ der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen gedacht. Dabei legte u. a. auch Stephan Rauhut einen im Heiligenhof in Bad Kissingen teil. +++ Paul Hansel traf Kranz nieder. +++ 36 Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021
SKWS-Online Jahrestagung „Bayern und Schlesien“ Traditionsreiche Tagung unter besonderen Bedingungen Mit „Bayern und Schlesien – Beziehungen im Laufe von Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und Herzöge von Jahrhunderten“ war grundsätzlich bereits die SKWS- Jägerndorf im 16. Jahrhundert.“ zeigte sie in einem auf- Jahrestagung des Jahres 2020 überschrieben, die – wie wendig bebilderten Vortrag auf, wo sich etwa in Roth und Sie alle wissen – aufgrund der Covid-19-Pandemie in das auf der Weißenburger Wülzburg historische Verflech- Jahr 2021 verschoben werden musste. Die Pandemie tungsgeschichte in Baudenkmälern widerspiegelt. und die damit einhergehenden Maßnahmen zu deren Be- Von bayerisch-schlesischen Beziehungen in der kämpfung bedingten, dass es uns auch im Jahr 2021 Kunstgeschichte ging die Themensetzung in Prof. Dr. nicht möglich war, die Jahrestagung in gewohnter Art Mark Häberleins Beitrag über zur Wirtschaftsgeschich- und Weise durchzuführen. Die Stiftungsvorstände be- te. Er beleuchtete in dem Vortrag „Schlesien in den Netz- schlossen im Mai, dass die Tagung im Onlineformat werken Ausburger Handelshäuser (1500-1560)“ schwä- durchgeführt werden soll und läuteten so für die Tagung bisch-schlesische Handelsbeziehungen im Rahmen eines ein neues, digitales Zeitalter ein. kommerziellen Expansionsprozesses. Den Tagungsvormittag schloss Dr. Karsten Eichner Neue Möglichkeiten und Chancen mit einem Vortrag über die „Interalliierte Regierungs- Die langfristig geplanten Vorträge und Sitzungen wurden und Plebiszitkommission“ ab. Diesem Thema konnten wir im Zeitraum vom 4. bis 6.6.2021 abgehalten. Im Un- uns ob des 100-jährigen Jubiläums der Volksabstimmung terschied zu den Vorjahren schalteten sich sowohl die in Oberschlesien nicht verschließen. Dem Thema der Ta- Vortragenden als auch die Teilnehmenden von ihren je- gung folgend, beleuchtete Eichner auch in diesem Beitrag weiligen Arbeits- oder Wohnorten aus zu. Dieser Bericht die bayrisch-schlesischen Beziehungen dieser Zeit. soll neben einem Überblick über die Veranstaltung auch Nach einer Pause trafen sich die Teilnehmenden am einen Eindruck von den positiven Aspekten und Möglich- Abend wieder vor den Bildschirmen, um den Vortrag des keiten bieten, die dieses Vorgehen ermöglicht. Die nega- ersten Karin-Biermann-Preisträgers, Prof. Dr. Dr. Ralph tiven Folgen, das Wegfallen des informellen Austauschs, Wrobel, zu hören. Der Karin-Biermann-Preis für Schlesi- die Pflege liebgewonnener Gewohnheiten, oder etwa die enforschung wurde für die historische Mikrostudie Wro- direkte Wahrnehmung der Stimmung im Auditorium, bels zum Pauliner Eremitenkloster in Wiese vergeben und lernten wir in den vielen hinter uns liegenden Pandemie- auch der Preisträgervortrag widmete sich dem Thema: monaten zur Genüge kennen, so dass wir hier das Au- „Das Pauliner Eremitenkloster Wiese in Oberschlesien: genmerk bewusst auf neue Möglichkeiten und Chancen Anekdoten und Geschichten.“ richten. Im Vorfeld des eigentlichen Tagungsprogramms Langjährige Tradition hielten die Freunde und Förderer der Stiftung Kulturwerk Den Auftakt des dritten und letzten Tages der Jahresta- Schlesien e. V. ihre Mitgliederversammlung ab, zu der gung bildete Prof. Dr. Arno Herzigs Vortrag zu „Herzog sich 33 Personen im virtuellen Raum einfanden. Ebenfalls Ernst von Bayern (1500-1560) als Graf der Grafschaft hielt der Stiftungsbeirat, das Gremium, das Sie als lang- Glatz“. Hierbei handelte es sich um den Vortrag des Ver- jährige Leserinnen und Leser vielleicht noch unter dem eins für Geschichte Schlesiens e. V., der in langjähriger Namen Kuratorium kennen, seine Sitzung ab. Auch hier Tradition seine Mitgliederversammlung im Rahmen der wurde auf die Möglichkeit der Videokonferenz zurückge- SKWS-Jahrestagung abhält und dies auch unter den be- griffen, wodurch sich 29 Personen über die SKWS, de- sonderen Bedingungen des Jahres 2021 tat. ren Arbeit und Ziele, austauschen konnten. Aus gegebenem Anlass bildete der Beitrag Julita Um 19.15 Uhr startete das eigentliche Tagungspro- Zapruckas, der Leiterin des Museums Carl-und-Gerhart- gramm und der Vorsitzende des Vorstands, Paul Hansel, Hauptmann-Haus, im Jahre des 100. Todestages Carls begrüßte alle Teilnehmenden. Mit dem Vortrag „Exkur- sowie des 75. Todestags Gerharts den Abschluss der sionen von Franken nach Schlesien: Bäder und Indus- Tagung. „Die Hauptmann-Häuser in Schreiberhau und triekultur in Bildern vorgestellt“ nahm Viola Plump, das Agnetendorf als kulturelle Einrichtungen in Polen“ war ein geschäftsführende Vorstandsmitglied der Freunde und Vortrag, mit dem Julita Zaprucka die Arbeit dieser Häu- Förderer der SKWS, die Zusehenden, die sich zu die- ser den Zusehenden näherbrachte. sem Zeitpunkt zugeschaltet hatten, mit auf Reisen. Die Zahl der Teilnehmenden variierte während der gesamten Zoom-Format erlaubt so manchen Luxus Veranstaltung und erreichte ein Maximum von 58 einge- Allen Vortragenden sei auf diesem Weg für Ihre Bereit- loggten Geräten, wobei wir mit Freude feststellten, dass schaft ihre Expertise auf dem digitalen Weg zu teilen ge- sich vor einigen Bildschirmen mehr als nur eine Person dankt. Genauso geht der Dank an alle Teilnehmenden, die eingefunden hatte. sich mit uns auf den Weg in dieses neue Format begeben Das Tagungsprogramm des zweiten Tages wurde haben. Neben der Tatsache, dass das Format den Luxus mit einem Beitrag Dr. Klara Kaczmarek-Löws eröffnet. eines bequemen Stuhls oder der heimischen Couch er- Unter der Überschrift „Zwischen Franken und Schlesien laubt, konnten manche Personen, die aus einem Mangel - Zu Städtebau und architektonischen Aufträgen der an Zeit oder Energie die Fahrt nach Bad Alexandersbad Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021 37
nicht in Betracht gezogen hätten, auf diesem Weg teilha- ern und Schlesien wider und ist zugleich Teil der Zukunft. ben. Ebenfalls haben Sie die Möglichkeit, manche der Bei- Diese als Stiftung Kulturwerk Schlesien mitzugestalten träge auf unserem YouTube-Kanal nachzuerleben. Dies ist Aufgabe, Herausforderung und Freude zugleich. Vom ersetzt in keinster Weise die Aufarbeitung der Beiträge 17. bis 19.6.2022 freuen wir uns, Sie in Bad Alexand- für unser „Jahrbuch für Schlesische Kultur und Geschich- ersbad zu einer Tagung im klassischen Sinne, in Präsenz te“. Nach Erscheinen des Jahrbuchs können Sie eine Viel- und vor Ort begrüßen zu dürfen. Auch 2022 werden wir zahl der Vorträge nachlesen. Dennoch handelt es sich um wieder das Angebot machen, dass Sie die Beiträge zu- einen wertvollen Beitrag für die Schlesienforschung, über hause am Bildschirm verfolgen können. Im direkten An- den ein breites Publikum angesprochen werden kann. schluss an die Tagung bietet sich die Möglichkeit, an der Zusammenfassend bot die Tagung über drei Tage hin- Exkursion der Freunde und Förderer der SKWS vom 19. weg einen Einblick in bayerisch-schlesische Beziehungs- bis 27.6.2022 teilzunehmen. Egal auf welchem Wege Sie geschichte, der verschiedenste historische Forschungs- dabei sein werden: Fühlen Sie sich schon jetzt herzlich felder und Epochen umfasste. Die Verwobenheit der eingeladen! Regionen in der Geschichte spiegelt sich bis heute in Bay- Lisa Haberkern Jetzt bewerben! Druck- und Übersetzungskostenzuschüsse von der Stiftung Kulturwerk Schlesien Der Vorstand der Stiftung Kulturwerk Schlesien be- • A bdruck des Logos der Stiftung Kulturwerk Schlesien schloss in der Sitzung vom 13.7.2021, dass, in Abhän- auf der Titelblattrückseite gigkeit der Haushaltslage, zukünftig zweimal jährlich die • Bereitstellung eines kostenfreien Belegexemplars für Förderung von Druck- und Übersetzungskosten (aus dem die Stiftung Kulturwerk Schlesien Polnischen, Tschechischen und Englischen ins Deutsche) • Einverständnis dazu, dass das Buch auf der Home- ausgeschrieben werden soll. Daher freuen wir uns, Sie page der Stiftung Kulturwerk Schlesien und den ande- auf die Möglichkeit aufmerksam machen zu können, dass ren Multimedia-Kanälen als durch die Stiftung bezu- Sie sich mit Buchprojekten mit ausgewiesenem Schle- schusstes Projekt Erwähnung findet sienbezug um eine Förderung im Umfang von maximal 1.000 Euro bewerben können. Sollte der Vorstand der Stiftung Kulturwerk Schle- Bitte beachten Sie folgende Förderrichtlinien: sien positiv über Ihren Antrag entscheiden, wird die • Vorlage des druckfertigen Manuskripts der Arbeit als Geschäftsstelle Sie hierüber informieren. Der Vorstand PDF- oder Textdatei wird jeweils im 2. und 4. Quartal über eingehende Anträ- • Zusammenfassung des Publikationsvorhabens (max. ge entscheiden. Für Buchprojekte, über deren Förderung 4.000 Zeichen mit Leerzeichen) in deutscher oder noch in diesem Jahr befunden werden soll, reichen Sie englischer Sprache Ihre Unterlagen bitte bis zum 31.10.2021 ein. Die Aus- • bei Qualifikationsarbeiten: Vorlage der Gutachten zahlung des Druckkostenzuschusses erfolgt nach Vorlage • Vorlage eines verbindlichen Kostenvoranschlags eines der Verlags- bzw. Übersetzungsrechnung und des Beleg- Verlages bzw. des Verlagsvertrags oder des Überset- exemplars. zungsauftrags • Erwähnung der Druck- bzw. Übersetzungskostenför- Richten Sie Ihren Förderantrag möglichst derung durch die Stiftung Kulturwerk Schlesien auf zusammengefasst als ein PDF-Dokument an: der Titelblattrückseite sowie im Vorwort info@kulturwerk-schlesien.de Nachwuchskolloquium für Schlesienforschung Schlesien/Śląsk/Slezsko – Grenzüberschreitende Forschung Vom 18. bis 19.7.2021 fand das Nachwuchskolloquium sische Universität Kattowitz/Staatsarchiv Kattowitz) für Schlesienforschung im Dokumentations- und Infor- referierte in der ersten Sektion Lena Ciochoń (Ratingen) mationszentrum von HAUS SCHLESIEN in Königswinter zum Thema „Der hässliche Deutsche? Polnische Erin- statt. Die Veranstaltung zur Förderung und Vernetzung nerungen an den Nationalsozialismus in Breslau 1989 Forschender in frühen Karrierephasen wird von den Kul- bis 2016“ und Konrad Moczek (Breslau) nahm die An- turreferaten für Schlesien und Oberschlesien unter Mit- wesenden mit auf eine Suche nach schlesischen Spuren wirkung der Stiftung Kulturwerk Schlesien organisiert. in Köln. Sektion II wurde durch Dr. Andrzej Michalczyk Am 18.7. begrüßten Dr. David Skrabania (Kultur- (Ruhr-Universität Bochum) moderiert und leitete zu referent für Oberschlesien, Ratingen), Lisa Haberkern einem wirtschaftshistorischen Thema über: Florian (Stiftung Kulturwerk Schlesien) und Nicola Remig (HAUS Paprotny (Bochum) stellte seinen Arbeitsansatz zum SCHLESIEN, Königswinter) alle Teilnehmenden. Unter Thema „Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise Moderation von Dr. Barbara Kalinowska-Wójcik (Schle- zwischen 1926 und 1945 und ihr Neuanfang nach dem 38 Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021
Krieg“ vor. Der erste Tag des Kolloquiums wurde durch dikalisten Alfons Pilarski näher. Den pandemiegeprägten Ronald Urbanczyks Film „Wenn der Winter zum Sommer Umständen entsprechend, wurde zum Abschluss des wird“ beendet. Der schlesienstämmige Regisseur, der Nachwuchs- und Netzwerktreffens eine Arbeitsbespre- auszog einen Film zu drehen der sich nicht um Schlesien chung über die Möglichkeiten wissenschaftlicher und dreht, fand sogar auf den Kanaren Bezüge zur Region. kultureller Institutionen in Ausnahmesituation unter der Den Auftakt des zweiten Tages machte eine Sektion Überschrift „Neuorientierung und Digitalisierung“ durch- unter der Moderation von Prof. Dr. Ellinor Forster (Leo- geführt, die die Gastgeberin Nicola Remig moderierte. pold Franzens Universität, Innsbruck): Pavel Žídek (Trop- Das Nachwuchskolloquium zum Thema Schlesienfor- pau) referierte über „Die Geschichte des Landgerichts in schung bietet seit seiner Initiation eine Plattform für Ver- Troppau zwischen 1850 und 1938“ und Bartek Ondera netzung, die für die Teilnehmenden wie die Organisatoren (Ratingen) brachte den Anwesenden die Ergebnisse sei- von großer Wichtigkeit ist und soll auch im Jahr 2022 ner Auseinandersetzung mit dem Ratiborer Anarchosyn- - dann in Görlitz - stattfinden. Lisa Haberkern Weihnachtsgrußkarten können bestellt werden Mit schlesischen Motiven das Jahr beenden. Passend zur anstehenden kalten Jahreszeit bietet die Winterlandschaften schlesischer Künstler Stiftung Kulturwerk Schlesien wieder ihre beliebten Weih- • A gnetendorf von Georg Lehmann-Fahrwasser nachtsgrußkarten an. Die Klappkarten zeigen jeweils ein (Motiv 10) Bild mit Schlesienbezug sowie erläuterndem Rückentext • W eihnachtsnacht von Karl Gottwald (Motiv 11) und kosten jeweils mit einem gefütterten Briefumschlag • W interlandschaft im Riesengebirge von Paul 1,60 Euro zzgl. Porto. Erfreuen Sie Ihre Verwandten und Weimann (Motiv 13) Bekannten mit einem „schlesischen Weihnachtsgruß“. • S chloss Johannesberg von August Carl Haun Es werden folgende Motive angeboten: (Motiv 14) Aus der Zeitschrift „Die Bergstadt“ • C hristkindelmarkt in Breslau von Bodo Zimmermann • Dompfaff von Karl Schicktanz (Motiv 1) (Motiv 15) • Am Kiefernbusch von Gerhard Beuthner (Motiv 2) • Mühle bei Neudorf-Dirsdorf von G. Beuthner (Motiv 3) Weihnachtliche Traditionen • B ackrezept „Liegnitzer Bomben“ (Motiv 16) Weihnachtskrippen • L ied „Uff’m Berge, da geht der Wind“ (Motiv 17) • Waldenburg: Gesamtansicht der Krippe (Motiv 4) • G edicht „Markt und Straßen stehn verlassen“ von • Waldenburg: Das Jesuskindlein mit Maria und Josef Joseph von Eichendorff (Motiv 18) (Motiv 5) • Waldenburg: Der Diener König Caspars mit dem Bestellungen bitte an die Stiftung Kulturwerk Dromedar (Motiv 6) Schlesien (Kardinal-Döpfner-Platz 1, • Bad Landeck: Ankunft der Hirten (Motiv 7) 97070 Würzburg; Tel. 0931/5 36 96; • Bad Landeck: Das Herausposaunen der frohen info@kulturwerk-schlesien.de). Alle Abbildungen finden Botschaft (Motiv 8) Sie auf www.kulturwerk-schlesien.de unter „Unsere • Bad Landeck: Anbetung der Heiligen Drei Könige Veröffentlichungen“, „Weihnachtsgrußkarten“. (Motiv 9) Motiv 1 Motiv 2 Motiv 11 Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021 39
Sonderfilmvorführung in Würzburg: Wir sind Juden aus Breslau Die Stiftung Kulturwerk Schlesien zeigt den Kinodokumen- Protagonisten: Esther Adler, Gerda Bikales, Anita tarfilm mit Einführung durch Regisseur Dirk Szuszies und Lasker-Wallfisch, Renate Lasker-Harpprecht, Walter anschließendem Filmgespräch am 14.11.2021 um 11 Uhr Laqueur, Fritz Stern, Guenter Lewy, David Toren, Abra- im Programmkino Central im Bürgerbräu in Würzburg. ham Ascher, Wolfgang Nossen, Eli Heymann, Mordechai Ein Film von aktueller Brisanz, der ein eindringliches Rotenberg, Max Rosenberg, Pinchas Rosenberg sowie Zeichen setzt gegen stärker werdende nationalistische eine deutsch-polnische Jugendgruppe aus Bremen und Kinodokumentarfilm und antisemitische Strömungen in Europa. Ein Film, der Wrocław. von Karin Kaper und aufzeigt, wohin eine katastrophale Abschottungspolitik Musik: Bente Kahan, Simon Wallfisch, Patrick Grant, Dirk Szuszies. gegenüber Flüchtlingen führt. Ein Film, der anhand der Carlo Altomare Lebensgeschichten der Protagonisten auch die Gründung Tickets können Sie online unter des Staates Israel mit den Erfahrungen des Holocaust in https://www.central-bb.de/ oder telefonisch unter Verbindung setzt. (0931) 780 110 57 reservieren. Zu Gast bei der SKWS Besuchsgruppe des BdV-Bayern in Würzburger Geschäftsstelle Am Abend des 10.7.2021 traf eine Reisegruppe mit Ver- ben dem allgemeinen Austausch diente der Besuch der treterinnen und Vertretern verschiedener, unter dem Vernetzung mit den in Bayern neu eingerichteten Kultur- Dach des BdV-Bayern versammelter Gruppen mit BdV- werken der Banater Schwaben, Siebenbürger Sachsen Bayern-Vorsitzendem und Altlandrat Christian Knauer in sowie der Donauschwaben, die sich aktuell im Aufbau der Geschäftsstelle der Stiftung Kulturwerk Schlesien befinden. Der positive Austausch auf bayerischer Ebene ein, um sich über die Arbeitsfelder der Stiftung zu in- wird von Seiten der SKWS begrüßt und wir als Stiftung formieren. SKWS-Vorstandsvorsitzender Paul Hansel freuen uns über die Möglichkeit, uns als potenzieller Pro- und Geschäftsführerin Lisa Haberkern sprachen über jektpartner, der auf eine lange Geschichte zurückblicken die Geschichte und Wirkungsbereiche der Stiftung. Ne- kann, zu präsentieren. CHRONIK Monumental und aufs individuelle Erleben bezogen Das neue Dokumentationszentrum der Stiftung Flucht Vertreibung Versöhnung wurde eröffnet. Lange erwartet, während der Entstehung von gesell- widerzuspiegeln, über den Sie das Dokumentationszen- schaftlichen Debatten begleitet, ist das Dokumentati- trum betreten. Aktuell gehört zum Eingelassen werden onszentrum der Stiftung Flucht Vertreibung Versöhnung im Zuge der Covid-19-Schutzmaßnahmen das Vorzei- (SFVV) seit kurzer Zeit für Besuchende geöffnet. Die gen eines vorgebuchten Zeitfenstertickets. Der Zutritt Geschäftsführerin der Stiftung Kulturwerk Schlesien erfolgt nur mit medizinischer Maske. Ebenfalls am Ein- nutzte diese Möglichkeit und besichtige das neue Haus gang erhalten Besuchende mobile Endgeräte, mit denen am 1.8.2021: Der folgende Bericht verrät, was Sie er- Hörstationen innerhalb der Ausstellung genutzt werden wartet. können. Im Erdgeschoss findet sich ein „Raum der Stille“ Das Leben kehrt zurück und in der Zukunft werden hier Sonderausstellungsflä- Lange war das Deutschlandhaus in Berlin, gegenüber des chen bespielt. Über eine Treppe, die das Foyer diago- Anhalter Bahnhofs, in nächster Nachbarschaft zur Topo- nal durchschneidet, gelangen Sie in den ersten Teil der graphie des Terrors und auf dem Weg zum Potsdamer Dauerausstellung. Die hier zu sehenden Kapitel gehen in Platz, zwar eine imposante Adresse, jedoch bar einer theoretischer und praktischer Weise auf den Themen- Funktion. Seit Eröffnung des Dokumentationszentrums komplex Flucht und Vertreibung ein: Von der Schaffung der SFVV kehrt in das Haus, das 1925 erstmals fertigge- des gesellschaftlichen Konstruktes der Nation, über das stellt wurde, wieder Leben zurück. Das Dokumentations- Völkerrecht und individuelle Flucht- und Vertreibungs- zentrum soll über die Erfahrungen und Folgen von Flucht erlebnisse in Geschichte und Gegenwart. Ein zentrales und Vertreibung in Europa sowie über den erlebten Hei- Element bildet ein Modul, das an einen enormen Akten- matverlust Deutscher in Folge des Zweiten Weltkriegs oder Archivschrank erinnert, an dessen Außenseiten ein- informieren. Die Tragweite dieses Themas scheint sich zelne Vertreibungs- und Fluchtereignisse dokumentiert in der monumentalen Gestaltung des Eingangsbereiches werden. Hier, wie in allen anderen Ausstellungskapiteln, 40 Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021
finden sich interaktive Elemente: Die Schranktüren und Die Zeit, die Sie Schubfächer lassen sich öffnen, wodurch Interessierte für einen Besuch mit- vertiefende Informationen oder Artefakte entdecken kön- bringen, sollte sich an nen. Ihrem Lese-Elan orien- tieren: In einem zwei- Flucht- und Vertreibungserfahrungen Deutscher stündigen Besuch ver- Über eine Wendeltreppe, die in den sehr dunkel gehal- schafft man sich einen tenen zweiten Stock der Ausstellung führt, gelangen Be- gründlichen Überblick, suchende in den Ausstellungsabschnitt, der sich mit den hat die Dauerausstel- Flucht- und Vertreibungserfahrungen Deutscher im Zuge lung jedoch nicht er- und nach Ende des Zweiten Weltkriegs auseinander- schöpfend betrachtet. setzt. Da diese Geschichte nicht ohne ihren Kontext, also Die weiteren Möglich- die nationalsozialistischen Verbrechen, erzählbar ist, be- keiten des Hauses, wie ginnt dieser Teil der Dauerausstellung mit der Darlegung die Medienstationen, der NS-Ideologie und von NS-Verbrechen. Über diesen an denen die beeindru- Abschnitt gelangen Besuchende zu einem Kapitel über ckenden Ergebnisse die „Heim ins Reich“ geholten Deutschen, um von dort der Oral History- weiter zu einzelnen Abschnitten über die verschiedenen Abteilung der SFVV Vertreibungsgebiete zu gelangen. Ein weiteres Kapitel erlebt werden können, über Integration führt zu zwei deckenhohen Schaukästen deren Zeitwert sich in den kommenden Jahrzehnten im- Eingangsbereich mit Artefakten aus Heimatstuben, nach denen die Dau- mer weiter steigern wird, die einladend gestaltete Bibli- des Dokumenta tionszentrums. erausstellung mit einem Überblick über die internationale othek mit Arbeitsplätzen und die noch nicht eröffneten © Lisa Haberkern Politik in Bezug auf deutsche Vertriebene zu einem Ende Sonderausstellungsflächen bedürfen weiterer Aufmerk- kommt. samkeit und Zeit. Da an dieser Stelle bei weitem nicht al- Beide Hauptteile der Ausstellung sind geprägt von les erzählt ist, was es über das Dokumentationszentrum Artefakten und zeigen so die hervorragende Arbeit der zu schreiben gibt, freuen wir uns schon jetzt, Ihnen für Sammlungsabteilung der SFVV. Die Bandbreite der aus- eine zukünftige Ausgabe des Schlesischen Kulturspiegels gestellten Gegenstände reicht vom Erwartbaren, wie ein Interview mit der Direktorin der SFVV, Gundula Ba- hölzernen Handwagen, über das Zeitgenössische, wie vendamm, ankündigen zu können. UN-Atemschutzmasken aus dem Jahr 2021. Lisa Haberkern Historische Kommission für Schlesien 100 Jahre alt Die Feierlichkeiten finden im engeren Kreis der Kommission am 9. Oktober 2021 in Görlitz statt. Im Jahr 1921 gründeten Wissenschaftler aus unter- Wissenschaftler. Sie alle vereint ein umfangreiches Wis- schiedlichen Fachkulturen in Breslau (heute Wrocław, sen über die Vergangenheit der Region Schlesien. Polen) die Historische Kommission für Schlesien. Seit- Zum hundertjährigen Bestehen plante die Kommis- dem wird in dem Expertengremium zur Geschichte des sion ursprünglich einen großen Festakt mit begleitender Oderlands geforscht und Wissen weitergegeben. Heute Jubiläumstagung in Breslau/Wrocław. Aufgrund der Pla- kann die länderübergreifende Vereinigung nicht nur eine nungsunsicherheit wegen der Corona-Pandemie finden beachtliche Zahl von Publikationen vorweisen, sondern die Feierlichkeiten nun stattdessen im engeren Kreis auch auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. In die- der Kommission am 9. Oktober 2021 in Görlitz statt. sem Jahr feiert sie ihr hundertjähriges Bestehen. Zu ihrem Jubiläum legt die Kommission ein zweibändiges, Schlesische Geschichte wird unterdessen als ein Teil mehr als tausend Seiten umfassendes Werk zur eigenen der gemeinsamen Geschichte dreier Staaten – Deutsch- Vergangenheit vor: Bahlcke, Joachim/Gehrke, Roland/ land, Polen und Tschechien – betrachtet. Um dem ge- Schmilewski, Ulrich (Hg.): Landesgeschichte im Span- recht zu werden, sucht die Kommission den grenzüber- nungsfeld von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit. greifenden Austausch zu allen Bereichen der historischen Die Historische Kommission für Schlesien (1921–2021), Schlesienforschung. Sie kooperiert mit zahlreichen Insti- Bd. 1: Darstellung, Bd. 2: Dokumentation. Leipzig 2021. tutionen im In- und Ausland, regt Forschungsprojekte an, Kontakt für Rückfragen: lädt zu internationalen Konferenzen ein und fördert wis- Prof. Dr. Joachim Bahlcke (Erster Vorsitzender der senschaftliche Publikationsvorhaben, die in Zusammen- Historischen Kommission für Schlesien) arbeit mit unseren östlichen Nachbarn entstehen. Die Universität Stuttgart, Historisches Institut, Themen, mit denen sich die Kommission auseinander- Keplerstraße 17, D-70174 Stuttgart setzt, sind so vielfältig wie die Herkunft und die Arbeits- email: joachim.bahlcke@hi.uni-stuttgart.de felder ihrer Mitglieder, die nicht nur aus dem gesamten Bundesgebiet, sondern auch aus Polen, Tschechien und Informationen zur Arbeit der Historischen Kommission Österreich kommen. Aktuell sind es 77 in unterschied- für Schlesien auf deren dt.- & pl.-sprachigen Home- lichen Disziplinen ausgebildete Wissenschaftlerinnen und page unter http://hiko-schlesien.de/ Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021 41
„Schlesien verbindet“ Erstes digitales Deutschlandtreffen der Landsmannschaft Schlesien digitalen Übertragung. Mit dem Motto „Schlesien ver- bindet“ erhoffe er sich, dass Schlesier und Nichtschle- sier sowie Deutsche und Polen näher zusammenfinden: „Schlesien verbindet über Grenzen hinweg, und verbindet die Generationen!“ Das digitale Deutschlandtreffen wur- de bei Facebook und YouTube bis heute fast 4.000 Mal geklickt. In einer ansprechenden Rede brachte der Bundes- vorsitzende Stephan Rauhut, Mitglied des Stiftungs- rates der Stiftung Kulturwerk Schlesien, zum Ausdruck: „Schlesien lebt!“. Sein Appell: „Wer keine Heimat und Identität hat, verliert auch die Freiheit!“ Die komplette Aufzeichnung ist weiterhin auf dem YouTube-Kanal der Landsmannschaft Schlesien unter Stephan Rauhut bei Am 25.6.2021 fand erstmalig das Deutschlandtreffen https://www.youtube.com/c/LandsmannschaftSchlesien seiner Rede. der Landsmannschaft Schlesien in digitaler Form statt. zu sehen. Eine weitere Premiere bietet die Landsmann- © Carsten Becher Es konnte live verfolgt werden. Präsident Peter Beyer, schaft mit dem eigens produzierten Film „360 Grad MdB begrüßte die Zuschauer aus dem Studio im Kon- Schlesien“ der ebenfalls bei YouTube uraufgeführt wird. gresszentrum Hannover und lobte die Möglichkeit der Dr. H.-W. Fleger PERSONEN Heinz Piontek in Bayern Anton Hirner erschließt in Lauinger Museum und Archiv das Vermächtnis des Kreuzburger Schriftstellers. Am 15.8.2021 besuchte Paul Hansel das kleine Heinz Romans. Ebenso von Interesse sind seine Ausführungen Piontek-Museum in Lauingen an der Donau. Der aus über die Zeit, in der seine Bücher im Bergstadtverlag Kreuzburg/OS stammende Heinz Piontek hatte von 1947 Wilhelm Gottlieb Korn erschienen, der seinerzeit vom bis 1961 in Lauingen und Dillingen gelebt und dort nach langjährigen Vorsitzenden der Stiftung Kulturwerk Schle- seinem Studium der Germanistik an der damaligen Dillin- sien, Prof. Dr. Eberhard G. Schulz, geleitet wurde. Für ger Hochschule seine freie Schriftstellerexistenz begon- Piontek-Leser und -Verehrer ist dieses Buch eine Fund- nen. Anton Hirner, der das Museum und das Archiv 2013 grube zum Denken und Fühlen Pionteks sowie für seine aufgebaut hat und seitdem leitet, versucht mit hohem Sichtweise auf das literarische Leben seiner Zeit. Der persönlichen und finanziellen Engagement das Anden- vielfältige Inhalt der Briefe wird im Nachwort nochmals ken an Heinz Piontek, der sein gesamtes Dichterleben systematisch zusammengefasst und vertieft.Paul Hansel in Bayern verbrachte, zu bewahren und zu vermitteln. Anton Hirner (Hg.): Postlose Wochenenden gab es Es gelang ihm darauf hinzuwirken, dass in Lauingen eine selten bei uns. Heinz Pionteks Briefe an die Familie Straße nach Heinz Piontek benannt wurde. Für seinen und Margrit Dürring. Wolff Verlag, Berlin 2020, Einsatz dankte Paul Hansel ihm im Namen der Stiftung 168 S., 19,90 Euro. ISBN 978-3-941461-40-6 Kulturwerk Schlesien herzlich. Im Übrigen veröffentlichte Anton Hirner auf Piontek einige seiner Bücher im Bergstadtverlag Wilhelm einem Sessel von Gottlieb Korn, wodurch eine weitere Verbindung zwi- Heinz Piontek. Der Schreibtisch schen Anton Hirner, Heinz Piontek und der SKWS her- stammt ebenfalls gestellt wäre. aus dem Nachlass Im Wolff Verlag Berlin gab das Heinz Piontek Archiv Pionteks. Briefe Pionteks an seine Familie und an Margrit Dürring © Paul Hansel unter dem Titel „Postlose Wochenenden gab es selten bei uns“ heraus. In der vorgelegten Auswahl von Brie- fen, die vom Jahr 1951 bis zum Jahr 2002 reichen – im Jahr 2003 ist Piontek verstorben –, erfahren wir viel Alltägliches vom Schriftsteller Piontek, von seinen Krankheiten, seinen Geldsorgen und vieles andere mehr. Aus spezifisch schlesischer Sicht interessant sind seine Ausführungen zu seinem Roman „Goethe unterwegs in Schlesien“ und zu seinen Überlegungen zum Titel des 42 Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021
Seine Botschaft: Unser Schicksal – eine Mahnung! Im Gespräch mit einem Zeitzeugen des Kriegsendes in Breslau Norbert Kittel wurde 1928 im oberschlesischen Tar- deres Thema. ebenso sprachen wir, außer beim ersten nowitz geboren und besuchte von 1938 bis 1944 das Treffen, nicht über unsere Vergangenheit. Wir hal- renommierte, 1293 gegründete Breslauer Elisabet- fen uns auf ökonomischer Basis. Und nach Beendigung Gymnasium in der Arletiusstraße, die heute ulica Dawida der Teilung war die Gemeinschaft, die enge Freundschaft heißt und Sitz des Psychologischen Instituts der Univer- das vorherrschende Thema. Ein Klassenverband seit sität Breslau ist. Seine damaligen Mitschüler begleiteten 1938 – damals Sextaner, der Höhen und Tiefen erlebt ihn dem Heimatverlust zum Trotz und über Jahre sowie und durchgestanden hatte. Grenzen hinweg. Zwei Klassenzüge mit insgesamt 50 L.H.: Breslau ist immer eine Reise wert, das wissen Jugendlichen wurden 1944 als Luftwaffenhelfer einge- heute nicht nur Schlesier und deren Nachkommen. Der Tou- zogen. Zu den Schülern seines Jahrgangs zählte unter rismus in der Stadt boomt und Menschen aus aller Welt anderem der spätere Sportfunktionär und Sportdirektor bereisen die schlesische Oder-Metropole. Welche Aspekte des Nationalen Olympischen Komitees Walther Tröger, Breslaus möchten Sie Reisenden und Schlesienbegeisterten der 2020 in München verstarb. Für viele der Schüler besonders ans Herzen legen? des humanistischen Gymnasiums, wie auch für Norbert N.K.: Breslau ist heute – neben Warschau und Kra- Kittel, hatten die Befreiung Deutschlands und die Kapitu- kau – eine Metropole der Region, die im Geschichtswis- lation die Kriegsgefangenschaft zur Folge. Norbert Kittel sen allzu vieler Menschen zu wenig oder sogar gänzlich wurde 1948 aus der sowjetischen Gefangenschaft in Si- unbekannt ist. Die vielen Studenten aus vielen Ländern birien entlassen und lebt seither in Bayern. an der altehrwürdigen Universität Breslau prägen die Für den Schlesischen Kulturspiegel beantwortet Nor- Stadt und verleihen ihr einen besonderen Reiz. Diese jun- bert Kittel, warum es ihm immer ein Anliegen war, an die ge Generation ist auch voller Interesse an der Geschich- Geschichte seines Jahrgangs zu erinnern und was Außen- te von Breslau und Schlesien. Dr. Rafal Dutkiewicz, ehe- stehende und Vertreter der nachfolgenden Generationen maliger langjähriger Präsident der Stadt, sagte in einer aus den Lebensgeschichten lernen können. Die Biografien Grußbotschaft, die er uns „Ehemaligen Elisabetanern“ einer Vielzahl der damaligen Klassenkameraden wurden 2019 anlässlich eines Klassen- dem Archiv der Stiftung Flucht Vertreibung Versöhnung treffens übermittelte: „Durch (SFVV) übergeben und können für Forschungszwecke die Geschichte haben wir viel Ge- eingesehen werden. Seine eigene Lebensgeschichte wur- meinsames. Liebe zu Straßen, de für das Zeitzeugenarchiv aufgezeichnet. Die Geschich- Grünflächen, Plätzen, Schulen, te Norbert Kittels und seiner Mitschüler wurde auch in zur lokalen Gemeinschaft. Das Berichten in der regionalen bayerischen, der überregio- Rathaus, die Dominsel, die Kir- nalen sowie internationalen Presse besprochen. chen, die Jahrhunderthalle, die L.H.: Herr Kittel, können Sie uns daran teilhaben las- Leopoldina, die Brücken etc. Die- sen, wie Sie vor 76 Jahren in die Zukunft blickten und in se Gemeinschaft hat sich zwar welcher Situation Sie das Kriegsende in Breslau erlebten? umgewandelt, aber die Liebe N.K.: Die Zukunft war nicht einsehbar. Sie lag im bleibt unverändert. Möglicher- Dunkeln. Die Gedanken bezogen sich nur auf das Jetzt. weise ist sie neu aufgeblüht. Breslau war, ist und bleibt Historische Der Kampf für mich im Süden der Stadt war beendet. eine Stadt der Vertreibungen. Breslau war, ist und bleibt Aufnahme des Breslauer Elisabet- Von meinem Vater – damals 53 Jahre – konnte ich mich jedoch auch eine Stadt der Versöhnung. Breslau war, ist Gymnasiums. verabschieden. Er hatte Breslau wegen mir nicht verlas- und bleibt unsere Stadt. Sie sollen wissen und so denken, © Privatarchiv sen und war beim sog. Volkssturm als Feuerwehr ein- dass Breslau Ihre Stadt, unsere Stadt, unsere gemein- Norbert Kittel gesetzt. Der Weg aus der Stadt in die Gefangenschaft same Stadt ist.“ begann. Drei Tage und drei Nächte dauerte der Marsch, Wir gehören zu den wohl letzten Zeitzeugen. Wir bis wir in das Lager Hundsfeld kamen. haben die finsterste Dunkelheit erlebt. Wir kamen aus L.H.: In den Jahren seit 1980 trafen Sie zuerst in Licht – von einstmals 24 Klassenfreunden waren bis auf einem zweijährigen Turnus, später jährlich ihre Klassenka- zwei alle in sowjetischer, englischer oder französischer meraden. Bis zur politischen Wende 1989/1990 waren Gefangenschaft, unterschiedlich lang – der letzte kam Sie auf Orte angewiesen, in die Mitschüler aus der DDR rei- 1950 aus Sibirien zurück. sen konnten, weshalb die Treffen in Ungarn stattfanden. Seit den 1990ern fiel diese Hürde weg. Spiegelte sich die Teilung Das Wissen um unsere Geschichte, um unsere ver- Deutschlands in der Geschichtsbetrachtung innerhalb der lorene Jugend, um unsere verlorene Heimat, ist zu wenig Gruppe wider? bekannt. Das Wissen ist unzureichend und führt somit N.K.: Ein erstes Treffen unseres Klassenverbandes mitunter zu ungenauen und sogar falschen Beurteilungen. gab es im November 1980 in Westberlin mit einem Forschung, Wissenschaft und Bildung sind hier gefor- kurzen Besuch in Ostberlin. Dort lebten zwei ehemalige dert. Mit all diesen Worten und Ausführungen möchte Klassenfreunde. So waren wir acht Elisabetaner. Die Tei- ich der Welt, den uns nachfolgenden Generationen, etwas lung Deutschlands war eine Realität. Sie war kein beson- hinterlassen. Mein Credo: „Erhaltet Euch die Freiheit.“ Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021 43
IN MEMORIAM Einer der bedeutendsten Lyriker der Gegenwart Gedenken an Adam Zagajewski, den Eichendorff- Literaturpreisträger des Jahres 2014 Als ich am 22. März dieses Jahres nach meiner Mail- Wer war dieser Adam Zagajewski? Am 21. Juni 1945 post sah, entdeckte ich die Nachricht eines polnischen war er in Lemberg, das nun Lwiw hieß, geboren worden. Freundes, die mich zutiefst bewegte. Während ich den Die dort lebenden Polen mussten wenig später ihre Stadt Inhalt zu fassen versuchte, hörte ich im Rundfunk diesel- verlassen und gelangten in das oberschlesische Indus- be Meldung. triegebiet nach Gleiwitz, das nun Gliwice hieß und die Der große polnische Dichter Adam Zagajewski, einer meisten deutschen Einwohner nicht mehr duldete. Hier der bedeutendsten Lyriker der Gegenwart, sei in seinem also verlebte der künftige Autor seine Kindheit. In Krakau Wohnort in Krakau gestorben. Am gestrigen Sonntag ist studierte er später Psychologie und Philosophie. 1972 das gewesen, am 21. März 2021: Frühlingsanfang. erschien sein erster Gedichtband. Drei Jahre später schloss er sich den 66 polnischen Intellektuellen an und „Die Freude am Augenblick, der verflossen ist, unterschrieb ebenfalls den berühmten offenen Brief, der verwandelt sich sich gegen die alles beherrschende kommunistische Par- rasch in eine schwarze Kapuze mit Schlitzen…“ tei stellte. Die Folge war, dass er in der damaligen Volks- und republik Polen bis zum Jahre 1989 keine Bücher mehr „denn der Tod ist veröffentlichen durfte. vorausbezahlt und wird kommen, Als 1981 das Kriegsrecht über das Land verhängt zu früh kommen, im Morgengrauen, blasse Stirn, wurde, verließ Adam Zagajewski Krakau, setzte sich nach zu früh, bewölkter Tagesanbruch...“ West-Berlin ab, begab sich zunächst in die USA und spä- aus: „Requiem für einen Lebenden“ ter nach Paris ins Exil. 1989 erhielt er eine Gastprofes- sur in Houston, kehrte aber mit seiner Frau im Jahre Zuerst war ich zu einem meiner Bücherregale ge- 2002 nach Krakau zurück. Einige Jahre später holte man gangen. Da stehen sie: „Mystik für Anfänger“, Gedichte, ihn wieder in die USA, wo er Literaturvorlesungen an der übertragen von Karl Dedecius, dem Vermittler und geni- University of Chicago hielt. alen Übersetzer polnischer Literatur ins Deutsche. „Un- Durch seine häufige Abwesenheit blieb es schwierig, sichtbare Hand“, „Stündliche Nachrichten“, „Die Wiesen den vielfach ausgezeichneten Adam Zagajewski zu Vor- von Burgund“, der Roman „Das absolute Gehör“ und zwei trägen oder Lesungen einzuladen. Es war nicht nur ein weitere Prosabände: „Ich schwebe über Krakau“ und „Die finanzielles, sondern auch ein zeitliches Problem. Trotz kleine Ewigkeit der Kunst“. dieser Hürden und von der Qualität und der Besonderheit seiner Dichtung überzeugt, schlug ich ihn als Eichendorff- Eine eindrucksvolle Gestalt Literaturpreisträger vor. Die anderen Jurymitglieder wa- In einem der Bände stand seine persönliche Widmung für ren ebenso wie ich sogleich davon überzeugt, den Preis- mich. Auch das Datum seiner Lesung in Esslingen hat- träger des Jahres 2014 gefunden zu haben. Wir hatten te er vermerkt: Esslingen, 19. November 2000. Anne Glück. Die „Wangener Gespräche“ und Zagajewskis An- Wachter und ich hatten mit etwas schlechtem Gewissen wesenheit in Europa lagen parallel. die Tagung der Künstlergilde verlassen, um zur Lesung Als kongenialen Laudator konnten wir Michael Krü- dieses uns unbekannten Dichters zu gehen. Vielleicht war ger, seinen Freund und besten Kenner seiner Werke, es ein Zitat, eine Zeile nur, die uns dazu veranlasste. Der gewinnen. Er leitete damals noch die Literaturabteilung Abend war ein Erlebnis, eindrucksvoll auch Zagajewskis des Beck Verlages in München. Von der Feierstunde zur Gestalt, ungewöhnlich und packend seine Gedichte, die Verleihung des Eichendorff-Literaturpreises an Adam anders als alle waren, die wir bisher gehört oder gelesen Zagajewski wurde noch lange, wird noch immer gespro- hatten. chen. Nachzulesen ist die Laudatio wie auch mein Ta- Zufällig übernachtete er im gleichen Hotel, und wir gungsbericht unter dem Titel „Weltbürger aus Lemberg, kamen beim Frühstück mit ihm ins Gespräch. Eine Be- Gleiwitz, Krakau“ in der Vierteljahresschrift für Kultur gegnung besonderer Art, die uns zu seinen weiteren Bü- und Geschichte Silesia Nova, Nr. 3 / 2014. Monika Taubitz chern führte. Foto ©belchonock-depositphotos.com TV-Legende Alfred Biolek mit 87 Jahren gestorben Einer der Pioniere der Talk- und Kochshows in Deutschland ist im Juli verstummt. Der Entertainer Alfred Biolek ist am 23.7.2021, wenige Der frühere Fernsehmoderator und Talkmaster Bio- Tage nach seinem Geburtstag, im Alter von 87 Jahren lek wurde 1934 in Freistadt geboren. Alfred Biolek kam gestorben. Die meisten werden ihn kennen, wer aber war als Sohn einer Laienschauspielerin, Hedwig Lerch und dieser Alfred Biolek, welche Wurzeln hatte er? des Rechtsanwalts Joseph Biolek, auf die Welt. Gegen 44 Schlesischer Kulturspiegel 56, 2021
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