Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
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Gemeinsam mit Ihnen sorgen wir für die Sicherheit unseres Landes. Gemeinsam sind wir erfolgreich. Gestern. Heute. Und in Zukunft. 2 ww.ruag.com w
Inhaltsverzeichnis 5 Jahresrückblick des Präsidenten 7 VIRTUTE ET AUDACIA AD VICTORIAM Divisionär René Wellinger 9 Niemand weiss, was die Zukunft bringt Korpskommandant Aldo C. Schellenberg Weil wir das können – rund um das 13 ganze Jahr Oberst i Gst Daniel Reimann Operationssphärenübergreifende 15 Impressum Planung und Führung Copyright © 2020 OGB Brigadier Raynald Droz, Auflage 1400 Exemplare Oberst i Gst Ludovic Monnerat Gestaltung: rubmedia «Global Liberation Front» – oder lieber 17 Layout und Herstellung: rubmedia, Bern doch nicht … www.rubmedia.ch Oberst Hans-Jürg Käser Gedruckt mit Wasserkraft auf Papier Unsere Referenten 19 aus nachhaltiger Forstwirtschaft 23 Vielfalt in der Einheit Brigadier Maurizio Dattrino Kontakt Oberstlt i Gst 27 Rekrut Lüssi, daher! Matthias Spycher Oberst aD Robert Lüssi Präsident Im Obermoos 3 29 U COLT 3067 Boll Hptm Michael Schifferli Telefon +41 79 514 11 11 30 Terrorbedrohung? – bei uns doch nicht! matthias.spycher@ogb.ch Oberst Hans-Jürg Käser www.ogb.ch 32 Vorstand 2020 Titelbild: © LVb Panzer/Artillerie, Bergepanzer Büffel 37 Programm der OGB 2020 3
Jahresrückblick des Präsidenten Geschätzte Offiziere und Gäste Liebe Mitglieder Nachdem 2018 zu unserer grossen Freude Werner Rothen abgeschlossen werden. Dafür Frau Bundesrätin Viola Amherd das VBS über- danken wir herzlich. nommen hat, dürfen wir zu Beginn 2020 KKdt Die Vortragsreihen wurden unterbrochen Thomas Süssli als neuen CdA begrüssen. Wei- durch die Übung COLT, bei welcher die drei tere HSO haben neue Aufgaben übernommen. Erstplatzierten aus der OGB stammten. Es be- Ihnen allen gratulieren wir zur Wahl! Als Offi- stand die Möglichkeit, an der unter dem Patro- ziersgesellschaft der Stadt Bern versichern nat der SOLOG, Oberst Andres Krummen, wir ihnen unser Vertrauen und unsere Unter- durchgeführten Gedenkfeier für General Carl stützung. Gustav Emil Mannerheim, den finnischen Na- tionalhelden, in Territet bei Montreux teilzu- Von den zahlreichen Anlässen im vergangenen nehmen. Hierfür meldeten sich leider nur we- Jahr, von denen jedes Referat unbestritten in- nige Mitglieder an, was der Vorstand bedauert. teressant war, möchte ich zwei Vorträge her- vorheben: Die Vorträge von Oberst aD Hans- Die Berichte über alle Anlässe konnten lau- Jürg Käser zum Thema Sicherheitsverbund fend auf der Website gelesen werden, lange übung 2019. Im Sommer unterrichtete er uns bevor dieses Jahresbulletin erscheint. Den- über die seit 2018 laufenden Projekte und im noch freue ich mich, Ihnen heute das Bulletin Dezember stellte er uns bereits die ersten Er- «der offizier» als kleines Sammelwerk vorzu- kenntnisse aus der SVU 19 vor. Der Vortrags- legen. saal im Restaurant zum Äusseren Stand war sehr gut besetzt, was für die Qualität der Refe- Ein Jahresbericht ist immer auch die Gelegen- rate spricht. heit, danke zu sagen. In erster Linie meinem Vorstand, der mich uneingeschränkt unter- Dies, und die ebenfalls gut besuchten Vorträge stützt in allen Belangen. Wir sind ein vorzüg anderer Referenten (siehe Inhaltsverzeichnis), liches Team, das zusammenhält. Das weiss zeigen mir und meinem Vorstand, dass wir mit ich sehr zu schätzen! Danke Kameraden! Hier der Planung und mit der Organisation unserer gehört auch die Chefredaktorin dazu, Four aD Anlässe auf dem richtigen Weg sind. Die OG Ursula Bonetti, die fast immer in der ersten Stadt Bern hat sich zum Ziel gesetzt, den Mit- Reihe sitzt mit dem Notizblock auf den Knien. gliedern mit zahlreichen eindrücklichen Vor- Danke, Ursula, für die Berichterstattung! trägen Kenntnisse zu vermitteln, die man in dieser Art nicht durch die Medien erfahren Danken will ich auch den Inserenten und wei- kann. Wir sind immer einen Schritt voraus. teren Sponsoren, die uns unterstützen, damit unser Bulletin überhaupt in dieser gefälligen Jeder Vortrag durfte dank grosszügigem Art gedruckt werden kann. Danken will ich al- Sponsoring der UBS mit einem reichhaltigen len Referenten, die auf unsere Anfragen hin und fantasievollen Apéro aus der Küche von zugesagt haben, in Bern zu Ihnen zu sprechen 5
und unser Gesellschaftsleben damit zu berei- Es ist dies mein letzter Jahresbericht als Prä- chern. sident. An der kommenden Mitgliederver- sammlung sollen ein neuer Präsident, ein Vi- Noblesse oblige. Deshalb haben wir für das zepräsident, sowie ein neuer Sekretär gewählt Jahr 2020 bereits wieder ein Bouquet von Vor- werden. Ich bitte unsere Mitglieder, den Kan- trägen über aktuelle Themen zusammenge- didaten ihr ganzes Vertrauen zu schenken und stellt. Allen voran das Thema, das uns jetzt am sie zu wählen. Ich trete mit einem lachenden meisten beschäftigt, das neue Kampfflugzeug und einem weinenden Auge zurück. Ich war NKF. Hier werden wir uns mit aller Kraft dafür gerne Euer Präsident, es waren gute Jahre, einsetzen, wie auch für die notwendigen Be- doch mache ich auch gerne Platz für neue schaffungen BODLUV und für die Bodentrup- Vorstandsmitglieder, für neue Ideen oder für pen. Gerade nach den Erkenntnissen aus der die Fortführung von Bewährtem. Für mich gilt SVU 19 ist uns allen ganz klar, die Bedrohun- nun «servir et disparaître», doch die Kamerad- gen haben sich stark verändert und was noch schaften pflege ich natürlich als Mitglied wei- vor wenigen Jahren ins Reich der «Schreib ter! Noch einmal danke ich herzlichst für das tischübungen» gehörte, ist teilweise bereits mir entgegengebrachte Vertrauen, welches eingetroffen. Wir müssen gewappnet sein. Sie alle mir in den letzten Jahren geschenkt Stehen wir also alle ein für unser Land, für die haben. Armee, für Frieden und Sicherheit. Oberstlt i Gst Matthias A. Spycher Präsident OG Stadt Bern Dank an unsere Sponsoren und Inserenten Ein besonderer Dank gebührt unseren treuen Sponsoren und Inserenten, die erst ermöglichen, dass wir Jahr für Jahr ein in- formatives Bulletin «der offizier» gestalten und unseren Mit gliedern, Leserinnen und Lesern, überreichen dürfen. Viele Rückmeldungen bestätigen uns, dass das kleine aber feine Heft als Information geschätzt wird. Oberstlt i Gst Matthias A. Spycher Präsident OG Stadt Bern 6
VIRTUTE ET AUDACIA AD VICTORIAM Mit Tapferkeit und Kühnheit zum Sieg Unter diese Worte stellte Div René Wellinger, Kommandant Heer, sein Referat vor 40 Mitgliedern und Gästen der OG Stadt Bern im Restaurant zum Äusseren Stand, mit dem von ihm gewählten Thema „Das Heer und die op Sphäre Boden“. Es geht um mehr als um das Heer als mechanisierte Division. Rasch spürten die Anwesenden, dass «VIR- sollten in der Tendenz weniger spezifisch und TUS», Entschlossenheit und Kühnheit, die vermehrt polyvalent eingesetzt werden kön- zum Sieg führen auch «AUDACIA» braucht, nen. Das setzt aber voraus, dass wir uns ge- den Mut zum Wagnis, ja gar eine gewisse Ver- meinsam entwickeln und trainieren können, wegenheit; und das sind für Div Wellinger kei- auch mit Partnerorganisationen. Die ersten ne leeren Worte. Er führt ohne Umschweife in Volltruppenübungen sind bereits 2018 wieder die derzeitige politische Weltlage hinein. Auf durchgeführt worden. der Folie ist die EU-Flagge ziemlich zerfetzt. Das rüttelt auf, obwohl dieses Bildchen natür- Div Wellinger stellt nun das Heer vor, wie es lich nicht das Hauptthema ist. Der Referent seit dem 1. Januar 2018 aufgestellt ist. Die hält einen Rückblick auf die Ereignisse Ukrai- WEA ist ein gutes Konzept, das umgesetzt ne und Krim. Er zählt Merkmale moderner wird. Das Heer ist der Hauptträger des Konflikte auf, die Denkweisen und Reaktionen Kampfes am Boden inklusive Luftwaffe, aus- des Gegners. Der hybride Gegner wirkt auf ser den Flugzeugen selbst. Div Wellinger kann verschiedenen Ebenen, um sein Ziel erreichen im Auftrag des Chefs Kommando Operationen zu können. Meist erfolgen diese Aktionen als Kommandant Einsatzverband Boden ein- gleichzeitig und zentral koordiniert. Sie spie- gesetzt werden. Ihm stehen je ein Berufs- und len sich in Räumen ab, welche für die Gesell- ein Milizstab zur Seite. René Wellinger will, schaft von entscheidender Bedeutung sind. dass auf der Stufe Heeresstab wieder Milizler Das stellt die Führung aller Stufen vor erheb- Grosse Verbände führen. Allerdings musste liche Herausforderungen. Die hybride Krieg- hier das mit AXXI verloren gegangene Know- führung ist eine Realität und wir leben keines- How wieder aufgebaut werden, was aufwendig wegs in der so gern besungenen friedlichen ist. Div Wellinger spricht Klartext und scheut Welt. sich nicht, auch Probleme zu erwähnen. In Volltruppenübungen soll jeder Bereich des Das moderne Gefechtsfeld sind die Städte, Kampfes der Verbundenen Waffen geübt wer- denn dort wohnt, arbeitet und lebt ¾ der Be- den. «Wir dürfen nicht mehr in alten Struktu- völkerung. Entscheidend ist die koordinierte ren denken, und es darf kein Neid dabei sein, und gezielte Wirkung verschiedener Systeme. wonach jeder die beste Truppengattung sein Wichtig ist, dass es uns gelingen muss, auf hy- will.» Die Kader müssen ein Gefecht selber bride Kriegführung zu reagieren und unsere führen können und sie müssen in gemischten Infrastrukturen zu schützen. Unsere Kräfte Formationen schnell verschieben können, 7
wenn sie andernorts gebraucht werden. Eine denken. So ist das System TASYS für die Auf- gewaltige Herausforderung. Es geht um ein klärung für alle Waffengattungen in einer ein- Lernen der Zusammenarbeit. Die drei Säulen zigen Kiste verstaubar und kann mit einem SCHÜTZEN, HELFEN, KÄMPFEN finden nicht Motorrad rasch von einem Ort zum andern in mehr einzeln statt sondern kombiniert. Zum den Einsatz gelangen. Man kommt mit viel we- Beispiel bei einer Bedrohung der Bundes- niger Geräten und Material aus. Div Wellinger hauptstadt Bern oder von Chemiewerken. stellt weitere Rüstungsgüter vor, die künftig beschafft werden sollen. Der Referent zählt zahlreiche Faktoren auf, die Die aktuellen Herausforderungen sind die man einbeziehen muss, beispielsweise die Lo- Entwicklungstendenzen wie präzise Eingriffe gistik. Jede Abteilung verfügt über eine Logis- in bevölkertem Raum. Was am Schluss zählt: tik Kompanie, das hat nur die Schweizer Ar- Die Entscheidung herbeiführen. Es gibt keinen mee. Der Redner spricht mit viel Engagement, Plan B. Wir müssen gewinnen: Zur richtigen er überzeugt, dass er das auch erreichen wird. Zeit, am richtigen Ort, mit den richtigen Kräf- Er stellt dazu viele Überlegungen an, Verglei- ten. Das ist so. Punkt. che zu früher, Aufgaben von heute. Er macht gute Erfahrungen mit Polizeikommandanten Der in Mundart gehaltene Vortrag ist enorm und anderen Blaulichtorganisationen. Auch er lebendig, authentisch und mit Herzblut vorge- muss sich jedoch den Gegebenheiten anpas- tragen. Die Zuhörer stellen noch etliche Fra- sen, wonach er nicht mehr Geld ausgeben gen und erhalten ausführlich Antworten. Doch kann, als für die Rüstung zur Verfügung steht. endlich darf sich auch Div Wellinger, nach ei- Er macht dazu Überlegungen die schon fast nem verdienten Dankeswort von Präsident futuristisch anmuten. Sorgen macht ihm das Mathias Spycher, dem von Werner Rothen be- gleichzeitige Nutzungsende mehrerer Waffen- reitgestellten und von UBS gesponserten systeme. Selbst in Verzögerungen sieht er je- köstlichen Apéro zuwenden. doch etwas Positives: Die Technologie macht gerade einen Quantensprung und mit späte- Four aD Ursula Bonetti ren Beschaffungen können wir davon profitie- Chefredaktorin ren. Wir müssen in ganz neuen Kategorien 8
Niemand weiss, was die Zukunft bringt Am 4. März 2019 begrüsste der Präsident der OG Stadt Bern, Oberstlt i Gst Matthias Spycher, den Ehrengast der 158. Mitgliederversammlung: KKdt Aldo C. Schellen- berg, C Op, sowie 48 stimmberechtigte Mitglieder, die den Weg ins Haus der Universität gefunden hatten. Ein Blick des Präsidenten auf die aktuelle Eu- Heute gelten jedoch veränderte Bedrohungs- ropa- und Weltlage zeigte, dass diese keines- formen. Unsere Welt ist instabiler geworden. wegs friedlicher geworden ist. Er rief dazu auf, Gefahren und Risiken, über die in den letzten als Bürger in Uniform aktiv zu werden, sich für Jahren geschrieben wurde, sind zu konkreten die Sicherheitspolitik zu interessieren und Ereignissen geworden. Es ist offensichtlich: sich zu engagieren. Dies ganz im Sinne der Die internationale Lage scheint unübersicht Worte, die auf dem Denkmal im Grauholz ste- licher, unberechenbarer denn je zu sein. Es hen: «Seid einig». Besonders aktuell ist jetzt gibt beunruhigende Entwicklungen, nicht weit «Air2030». Er setzt grosse Hoffnungen auf die weg von uns, sondern direkt vor der Haustüre neue Chefin VBS, Bundesrätin Viola Amherd. und mitten drin, in Europa und auch in der Schweiz. Staatschefs drohen sich gegenseitig Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicher- unverblümt mit dem Atomwaffenarsenal und heit ist alles nichts! mit Grossmanövern und Truppenverlegungen Mit dieser «Binsenwahrheit» eröffnet KKdt unmittelbar an der Ost- und Südostgrenze Aldo C. Schellenberg sein Referat, das eigent- Westeuropas wird mit allen verfügbaren Sä- lich den Titel «Erhalt und Weiterentwicklung beln gerasselt. Die letzte Zeit hat gezeigt, dass der Verteidigungsfähigkeit» trägt. Frieden und die Hemmschwelle für den Einsatz militäri- Sicherheit sind keine Selbstverständlichkeit scher Mittel generell gesunken ist, wie zum und müssen täglich verteidigt werden. Mit sei- Beispiel in der Ukraine. nen Ausführungen geht der Referent auf die Unterschiede der Sicherheitspolitik im «Kal- Mit dem Aufkeimen neuer Bedrohungen und ten Krieg» und heute ein; auf das Leistungs- Gefahren entwickelte sich die Schweizer Si- profil der Armee und die dafür notwendige Be- cherheitspolitik und mit ihr die Armee. Eine reitschaft und auf die Herausforderungen für Studie zeigt auf, wie sich die komplexe Sicher- die nächsten Jahre. heitslandschaft in der Schweiz heute darstellt, wer also mit wem und wie intensiv kooperiert Zur Zeit des «Kalten Krieges» dominierten und wie die Abgrenzungen zwischen Bund und wenige Prinzipien die Sicherheitsstrategie der Kantonen oder zwischen Schweiz und Aus- Schweiz: Bewaffnete Neutralität, autonome land, bzw. zwischen Staat und Privaten gezo- Landesverteidigung, die Guten Dienste der gen werden. Schweiz. Die innere und äussere Sicherheit, zivile, polizeiliche und militärische Mittel, so- Damit kommt KKdt Schellenberg zum Leis- wie staatliche und nichtstaatliche Akteure tungsprofil der Armee. Vorhersehbare Unter- wurden klar getrennt. stützung der zivilen Behörden ist planbar. Man spürt jedoch bald, dass es dem Chef Operatio- 9
nen nicht um eidgenössische Sport- und Kul- nannten e-Alarm. Die Anwendung wird konse- turanlässe geht. Dort, wo es um die eigentli- quent mit Testalarmen überprüft, ob das Sys- che raison d’être der Armee geht, der Abwehr tem zuverlässig funktioniert – technisch als eines militärischen Angriffs, begnügt sich das auch truppenseitig. Leistungsprofil mit einem einzigen Satz: «Er- halt und Weiterentwicklung von Fähigkeiten Der letzte Punkt dreht sich um Erhalt und zur Abwehr eines militärischen Angriffs als Weiterentwicklung der Verteidigungsfähigkeit. permanente Aufgabe.» Es geht um die Bereit- Worauf bereiten wir uns vor? Militärische Aus- schaft für nicht Vorhersehbares. Der Referent einandersetzungen mit Bezug zur Schweiz geht nun zur aktuellen Dienstleistungspla- stehen heute nicht im Fokus. Aber niemand nung. Je nach Ereignis müssen rasch zusätz- weiss, was die Zukunft bringt. Eine Abwehr liche AdA aufgeboten werden können. Hierzu militärischer Angriffe, also die Verteidigungs- benötigen wir das System der abgestuften Be- fähigkeit, ist die Kernaufgabe der Armee. Die reitschaft mit der Mobilmachung. Das anwe- Armee ist die letzte Sicherheitsreserve des sende Publikum kennt dieses Prinzip und die Bundes. Nach der Armee kommt nichts mehr. WEA-Pfeiler. Mit den Mitteln der ersten Stun- Die Armee muss gewinnen! Es gibt keinen de kann die Armee praktisch aus dem Stand Plan B. Leistungen erbringen. Die Milizformationen mit hoher Bereitschaft (MmhB) sollen die ers- KKdt Schellenberg geht zum Erhalt und Wei- ten Einsatzelemente nach vier bzw. acht Tagen terentwicklung der Verteidigungsfähigkeit gestaffelt unterstützen und ergänzen. Diese über. Die Wichtigkeit der Operationssphäre Formationen können in regionalen Vorortla- BODEN ist für die Entwicklung der Armee of- gern rasch mit ihrem reservierten und vorbe- fensichtlich, ohne jedoch den Einfluss der an- reiteten Material ausgerüstet werden. Die deren Operationssphären zu schmälern. Das Mobilmachungsorganisation wird seit 2018 in Gros der Kräfte befindet sich aber am Boden. den WK intensiv trainiert. Die fortwährende Weiterentwicklung der Bo- dentruppen stellt mit der parallel ablaufenden Mit Erhöhung der Bereitschaft für den Luft Erneuerung der Mittel der Luftwaffe den polizeidienst sollen in Zukunft permanent zwei Hauptmotor für die Evolution des Gesamtsys- bewaffnete Einsatzflugzeuge abrufbereit sein, tems Armee dar. Weitere Operationsräume die jederzeit einen Luftpolizeieinsatz durch- sind Cyberraum, elektromagnetischer Raum, führen können. Das erklärte Ziel ist die Inter- Weltraum, Informationsraum. Wo stehen wir ventionsfähigkeit während 24 Stunden an 365 da? Tagen. Im Jahr 2019 geht es darum, die Mobil- machungsfähigkeit weiter zu verbessern, hel- Die Anwesenden kennen auch die Darstellung, fen, retten; mit Live-Übungen den zeitgerech- wonach bis Ende der 2020er Jahre eine grosse ten Rückzug von Material mit Abgabevorbe- Anzahl unserer Hauptsysteme zum Schutz des halt aus den RS zu überprüfen und mit Test Luftraums und der Bodentruppen ihr Nut- alarmen die Alarmierbarkeit der MmhB zu zungsende erreichen. Die dazu notwendige testen bzw. zu trainieren. Summe ist jedoch nicht finanzierbar. Dabei ist das VBS das einzige Departement, welches in Ab 2020 geht es darum, die Mobilmachungsfä- den letzten 20 Jahren real gespart hat. Das hat higkeit aller anderen Truppenkörper praktisch zu Verzögerungen von notwendigen Investitio- zu trainieren. Der Referent erklärt den soge- nen geführt, welche jetzt zunehmend dringend 10
werden. Ein Anliegen ist die Luftverteidigung recht sichergestellt werden, wenn der Grund- heute, dazu gehören die M Flab, Rapier, Stin- satzentscheid des Bundesrates vom Novem- ger. Mit der Ausserdienststellung der BL-64 ber 2017 umgesetzt wird. Erste Priorität hat Bloodhound im Jahr 1999 ist auch das Wissen die Erneuerung der Luftverteidigung. Wenn über die gemeinsame Wirkung von Flieger kein angemessener Schutz vor Bedrohungen und Flab im gleichen Raum grösstenteils ver- aus der dritten Dimension vorhanden ist, ma- loren gegangen. Die bodengestützte Luftver- chen Investitionen in Hauptsysteme für die teidigung grösserer Reichweite soll fähig sein, Bodentruppen keinen Sinn. Sie könnten im Er- selbständig oder in Kombination mit den eignisfall kaum mit Aussicht auf Erfolg einge- Kampfflugzeugen Räume zu schützen und da- setzt werden. KKdt Schellenberg schliesst sei- bei in erster Linie Ziele im mittleren und obe- nen eindrücklichen und informativen Vortrag ren Luftraum zu bekämpfen. Aldo Schellen- mit den Worten: «Wenn Sie alle uns auf die- berg geht nur kurz auf die Offerten für NKF sem Weg unterstützen, werden wir auch in Zu- ein. Es fällt kein Name eines Flugzeugtyps, kunft als strategische Reserve des Bundes was sehr wichtig ist, denn es ist für das Pro- wirkungsvoll für Sicherheit und Freiheit unse- jekt von grösster Bedeutung, dass der Typen- res Landes kämpfen können. BODLUV und entscheid für BODLUV und NKF gleichzeitig NKF: wir müssen das Gesamtpaket zusam- und aufeinander abgestimmt getroffen wird. menhalten!» Die beiden Systeme ergänzen sich gegenseitig mit ihren Stärken und Schwächen, Chancen Der verdiente, grosse Applaus für KKdt Aldo und Risiken. Schellenberg bestätigt seine Worte. Der Erhalt und die Weiterentwicklung der Ver- Four aD Ursula Bonetti teidigungsfähigkeit erfordert eine robuste Chefredaktorin Ausrüstung der Armee. Diese kann zeitge- 11
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Weil wir das können – rund um das ganze Jahr Oberst i Gst Frieder Fallscheer begrüsst Anfang April 2019 im Restaurant zum Äusseren Stand in Bern den Referenten Oberst i Gst Daniel Reimann herzlich zum Vortragsabend über das Katastrophenhilfe Bereitschaftsbataillon. In sympathischer Mundart lässt Oberst i Gst Rei- man sich kennenlernt, denn im Ernstfall mann Erlebnisse und Einsätze des Katas muss der Einsatz «Hand und Fuss» haben und trophenhilfe Bereitschaftsbataillons (Kata Hi von Anfang an funktionieren. Man will «Halb- Ber Bat) äusserst eindrücklich aufleben. Der wissen» entgegentreten. Man schafft mitein- Kommandant des Kata Hi Ber Bat stellt uns sein ander Grundlagen und Voraussetzungen für Kommando vor und zeigt auf, wie die Armee den mögliche Einsätze. Die Gesamtverantwortung Begriff «militärische Katastrophenhilfe» defi- liegt bei den zivilen Behörden, das «was und niert. Anhand vergangener Einsätze zeigt er uns wie» liegt jedoch beim Kata Hi Ber Bat. Dazu den Ablauf einer Hilfsaktion und erklärt, wie das braucht es viele Absprachen für den Weg vom Zusammenspiel zwischen militärischen Hilfs- Ereignis über den Antrag des Kantons oder kräften und zivilen Behörden abläuft. der Territorial Divisionen bis zum Einsatz. Zur Einführung fasst Daniel Reimann zusam- Pickel, Schaufel und ein Trax reichen nicht. Es men: «Das Katastrophenhilfe Bereitschafts- entstehen beispielsweise besondere Nach- bataillon stellt das armeeweite Mittel der richtenbedürfnisse, es braucht Logistik und ersten Stunde bei natur- oder technologie exakte Ortskenntnisse und Gefahrenerken- bedingten Katastrophen im Inland und im nung. Eigene Übermittlungsmittel sind vor- grenz nahen Ausland dar. Mittels Bereit- handen. Unsere vier Landessprachen und alle schaftsvorgaben stellen die Spezialisten der unsere Dialekte sind ja schön, doch im Katas- Genie- und Rettungstruppen dabei rund um trophenfall bedeuten manchmal dieselben das Jahr eine Einsatzbereitschaft innert weni- Worte nicht dieselbe Sache. ger Stunden sicher. Nebst dem Bereitschafts- dienst leistet das Kata Hi Ber Bat auch immer Die Durchdiener (DD) in diesem Bataillon wer- wieder Einsätze zu Gunsten ziviler Partner, den erst nach der Verbandsausbildung einge- etwa wenn es darum geht, grössere Infra- setzt. Sie bringen eine vielseitige Ausbildung strukturen für Anlässe von nationaler Bedeu- mit. Es braucht für einen Einsatz sehr viel tung aufzubauen. Die grosse Palette an mögli- Spezialmaterial. Ihr Auftrag lautet: «Stellt chen Aufträgen, aber auch die interessante während des ganzen Jahres die Unterstützung Mischung von Miliz, Zeit- und Berufssoldaten ziviler Behörden im Rahmen der militärischen im selben Verband stellt eine interessante und Kata Hilfe sicher.» Konkret heisst das, bei ei- für viele etwas ungewohnte Kombination dar.» ner Katastrophe sind alle Soldaten inklusive des gesamten Materials innerhalb sechs Bevor überhaupt etwas passiert ist, stellt sich Stunden aus der Kaserne raus. Am Wochen- das Kommando bei zivilen Partnern vor, damit ende innert 12 Stunden, denn die Leute müs- 13
sen alarmiert und aus dem Urlaub zurückge- ckensysteme. Dazu stellt der Referent mehre- holt werden. Das Kata Hi Ber Bat ist jedoch re Beispiele von Einsätzen im Bild vor. Nütz- keine Konkurrenz zu den Blaulichtorganisatio- lich ist immer wieder die eindrückliche Abroll- nen. Die grösste Herausforderung ist die Er- strasse die ein Weiterkommen auch im Matsch stellung der Grundbereitschaft und der Durch- ermöglicht. Auch sie gibt es in der Schweiz haltefähigkeit. Das muss noch und noch geübt nur in der Armee. Zur Sicherung des Dorfes werden. Man muss flexibel sein: Papier funkti- Bondo wurde ausserhalb der Gefahrenzone, oniert noch, die App aber vielleicht nicht mehr. die immer noch besteht, eine Brücke gebaut, Das Lagekontrollcenter und das Transport- die nicht für immer, aber für längere Zeit dort center sind immens wichtig. Was ist passiert bleibt, damit die Strasse zum Dorf offen gehal- und wie kommt man da hin? Manchmal wer- ten werden könnte, falls sich nochmals Ge- den zuerst Experten entsandt, die abklären steinsmassen und Murgänge lösen. was machbar ist. Welches Sortiment braucht man? Ein Sortiment Brandeinsatz oder Was- Zu Volltruppenübungen ist es wichtig, die rich- sertransportmittel zur Unterstützung der Feu- tigen Partner zu finden und gemeinsam zu erwehr? Strom wird selber produziert, denn üben und zu verbessern. Die Wahrnehmung bei Naturkatastrophen kann an den Einsatz der Bevölkerung ist sehr unterschiedlich, wie orten der Strom ausfallen, manchmal für län- der heisse Sommer 2018 gezeigt hat. Bei gere Zeit. Echteinsätzen wie Bergstürzen, bei Hochwas- sern und Waldbränden sind die Betroffenen Der Referent zeigt diese Faktoren eindrücklich sehr dankbar und die Soldaten sind willkom- am Beispiel des Dorfes Bondo im Bündner- men. Wo entsprechende Vereinbarungen vor- land auf. Die DD werden schon in der RS an liegen, ist auch im grenznahen Ausland eine schweren Maschinen geschult. Im Zivilleben Unterstützung möglich. ist kein 21-Jähriger schon ausgebildeter Kranführer, dem ein schweres Gerät anver- Die Zuhörerschaft hat den Atem angehalten. traut wird, und der es auch beherrscht. «Doch Von allem hat man ja in der Zeitung gelesen Soldaten sind wir und Soldaten bleiben wir. oder man hat einige Szenen in der TV gesehen. Die Ausbildung an der persönlichen Waffe Doch Oberst i Gst Daniel Reimann liess uns zum Selbstschutz wird nicht vernachlässigt.» nun buchstäblich selber dabei sein und seine Voraussehbar sind wiederkehrende Anlässe Ausführungen sind zweifellos kompetenter als wie der Aufbau der Tribünen für das Basel- manches, das in der Tagespresse steht. Wir Tattoo. Damit kann das in der Ausbildung Ge- waren sehr nahe dran und dennoch wurden lernte erhalten werden. Es gibt auch herrliche keine Füsse nass. Einsätze wie die Unterstützung der 40. Schwei- zer Meisterschaft des Schweizerischen Ponto- Oberst i Gst Frieder Fallscheer dankt dem Re- niersportverbandes in Bremgarten AG. ferenten herzlich und dann dürfen alle den be- reitgestellten reichhaltigen Apéro geniessen, Man transportiert also fehlendes Wasser auf der von der UBS gesponsert und von Werner hohe Alpen zu durstigen Tieren oder zu Wald- Rothen erstklassig zubereitet worden ist. bränden. Aber wohin mit dem Wasser bei Überschwemmungen? Auch dieses Problem Four aD Ursula Bonetti muss angegangen und gelöst werden. Ein be- Chefredaktorin sonderes Gebiet sind die Geniemittel, die Brü- 14
Sphärisches Referat in der Französischen Kirche in Bern Kurzfristig musste für das Referat Ende Mai 2019 von Br Raynald Droz, Stabschef Kdo Operationen, und Oberst i Gst Ludovic Monnerat, ein anderer Vortragsraum bezogen werden. Kurzerhand wurden die 58 Mitglieder und Gäste der OG Stadt Bern vom Präsidenten und seinem Vorstand freundlich über die Strasse geleitet, vom Restaurant zum Äusseren Stand in die Französische Kirche. Trotz dem «vor- behaltenen Entschluss» war die Stimmung unter den Anwesenden ungebrochen positiv. Das Thema des Abends hiess «Das Kdo Op: lung mit der Vernetzung von staatlichen und Operationssphärenübergreifende Planung und nicht-staatlichen Akteuren. Dies führt zu ei- Führung des Kdo Operationen». Die Sphäre nem hybriden Ansatz. Früher waren die Akteu- Weltraum wurde von Oberst i Gst Ludovic re besser identifizierbar und die Rollenvertei- Monnerat speziell präsentiert. Die Ziele dieses lung im Sicherheitsverbund war klar. Diese hoch anspruchsvollen Vortragsabends waren: überlagert sich jetzt mehr und mehr indem Die Aufgaben des Kdo Op als Verantwortlicher die Polizei bewaffnet ist und die Armee auch für die Integration und der Kumulation von Polizeieinsätze leistet. Damit gelangte Br Droz Operationssphären zu skizzieren und die Rolle zum Begriff der hybriden Bedrohung, die sehr und Besonderheiten der entsprechenden Ope- vielseitig sein kann und wiederum alle Sphä- rationssphären zu erklären. In der Streitkräf- ren umfassen kann. teentwicklung spricht man vom Modellansatz der Operationssphäre. Der eher trockene Be- In der Operationssphäre Luft finden wichtige griff beinhaltet Operationsräume in oder aus dynamische, zeitlich und örtlich begrenzte Ak- welchen Streitkräfte Wirkung erzielen sowie tionen statt. Deshalb muss der Luftraum für auch die Doktrin, die Planung oder die diesbe- den Verkehr funktionell bleiben. Die Wahrung zügliche Information. Unter Operationssphä- der Lufthoheit ist eine ausschliessliche Aufga- ren versteht man Boden, Wasser, Luft, Welt- be der Armee. Die Luftverteidigung hat primär raum, Cyberraum, Elektromagnetischer Raum. zum Ziel, dem Gegner die Luftüberlegenheit Die gezeigten Folien mit Fotos und Grafiken über die Schweiz zu verunmöglichen. Der Re- erklärten dies alles noch genauer. ferent ging kurz auf die in den Medien erwähn- ten «Alternativen» für das neue Kampfflug- Die Prinzipskizze Boden zeigte die Übersicht zeug (NKF) ein und legte dar, warum diese und definierte Schützen, Kämpfen, Helfen, sog. Alternativen nicht brauchbar sind. was wohl allen Zuhörern bekannt war. Die Wichtigkeit der Operationssphäre Boden bleibt Für die meisten Anwesenden eher Neuland hoch. Die Veränderung des Wirkungsraums war nun die Operationssphäre Weltraum, die als Ganzes (Umfeld, Akteure) ist aber klein, von Oberst i Gst Ludovic Monnerat zunächst insbesondere bei den Streitkräften. Die Bedro- mit einer Übersicht präsentiert wurde. Die hung hingegen kennt eine schnelle Entwick- Wichtigkeit der Operationssphäre Weltraum 15
steigt. Die Veränderung der Fähigkeiten im Ein Ausblick fasste zusammen: Weltraum ist so rasant und tief, dass eine Re- • Das Kommando Operationen stellt sicher, volution in diesem Bereich stattfindet. Die dass alle Op Sphären in der Aktionsplanung, Massenproduktion von Plattformen im Orbit in der Aktionsführung sowie analog in der und von Trägern führt einerseits zu einer Mul- Streitkräfteentwicklung berücksichtigt und tiplikation der Anzahl Satelliten und anderer- ausgenutzt werden. seits zu einer Multiplikation der Leistungen, • Wir bauen konsequent unsere Kompetenzen die erbracht werden können. Im Informations- um, bzw. auf, damit keine Lücke im Operati- raum findet eine permanente Auseinanderset- onsraum entsteht, und damit die kumulative zung von Botschaften und Meinungen statt. Wirkung aller Aktionen und Leistungen das Beeinflusst werden diese auch durch Wahr- Kampf- und Schutzpotential der Armee er- nehmung aller Tätigkeiten in den anderen Wir- höht. kungsräumen. • Dieser operationssphärenübergreifende An- Der Referent ging speziell auf den Begriff Info- satz ist aber nicht mit einer Zentralisierung raum ein: Die Elemente, die Entwicklung und zu vermischen. In Zukunft wird diese Kumu- die Wirkungen im Informationsraum. Was lation der Effekte auch dezentral, ebenfalls heisst das nun für die Schweizer Armee? Die auf taktischer Ebene, gestaltet. Armee nutzt den Informationsraum im Rah- men politischer Vorgaben und gemäss den Der Präsident, Oberstlt i Gst Matthias Spycher, geltenden rechtlichen Vorschriften zur Erfül- dankte den beiden Referenten herzlich. Der lung des militärischen Auftrages: zur Unter- grosse Applaus honorierte die Wichtigkeit und stützung, zum Schutz und zur Intervention. die vorzügliche Präsentation des Gehörten. Der Vortrag wurde immer spannender: Die Während dem Apéro wurde fleissig weiter dis- Operationssphäre Elektromagnetischer Raum kutiert mit den noch anwesenden Referenten, und die Leistungen der Elektronischen Krieg- Br Droz und Oberst i Gst Monnerat. führung (EKF) in diesem Raum. Und schliess- lich die Operationssphäre Cyberraum. Hier Dem von Werner Rothen offerierten reichhalti- werden Daten (digital) erfasst, gespeichert, gen Apéro wurde ohne Bedenken freudig zu- übertragen, verarbeitet, geordnet, kodiert, gesprochen. Es gab Kartoffelsalat und Schüb- dargestellt und in physische Aktionen umge- lig, und das in einer (ehemals) Hugenotten- wandelt. Der Cyber-Raum muss funktionell Kirche. Es fehlte nur noch der Reformator und bleiben für die Gesellschaft sowie für die Ar- Leutpriester Huldrych Zwingli als Gast bei die- mee. Es folgte die Zusammenfassung des sem Wurstessen. Auch in einer Kirche Ganzen, die Kumulation der Effekte, die Ope- schmeckt es vorzüglich, eine besondere At- rationsplanung für mögliche Aktionen. mosphäre. Four aD Ursula Bonetti 16
«Global Liberation Front» – oder lieber doch nicht … Weil auch die Schweiz mit terroristischen Ereignissen rechnen muss, die leider nicht mehr unmöglich scheinen, bereitet sie sich mit der Sicherheitsverbund- übung 2019 (SVU 19) mit möglichen Szenarien auf die neuen Herausforderungen unserer Zeit vor. Übungsleiter ist der ehemalige Regierungsrat und Oberst aD Hans-Jürg Käser. Ohne lange Vorreden stellt Hans-Jürg Käser sichtbar und konnten bekämpft werden. 1989 vor 35 Mitgliedern der OGB die Ziele dieser brach der grosse Friede aus. Es gab mit A95 Sicherheitsverbundübung 2019 vor: keine GVU mehr. 2014 sah es bereits wieder anders aus, aber diesmal nicht so schön 1. wie die Schweiz eine länger andauernde «suuber und früntlech krieget» wie zu Zeiten Terrorbedrohung bewältigt und was dabei der Kappeler Kriege 1531. Wie im Nebel ver- die kritischen Aspekte sind; schwommen, diffus und unberechenbar finden 2. wie die Krisenführungsorgane von Bund, heute Kriege statt, wie beispielsweise der Kantonen und Dritten zusammenarbeiten Krimkrieg des 21. Jahrhunderts: ein Beginn und ob sie ihre Massnahmen gemäss einer der hybriden Kriegführung. Sensibilisierung, gemeinsamen Bewältigungsstrategie koor- Aufmerksamkeit und Entschlossenheit sind dinieren; gefragt. 3. ob diese Organe rasch einsatzbereit und durchhaltefähig sind sowie über ein konsoli- Das Konzept der SVU 19 schuf eine fiktive Ge- diertes und aktuelles Lagebild verfügen; genseite, die «Global Liberation Front», eine 4. ob vorhandene Vorsorgeplanungen Terror religiöse Sekte mit globaler Agenda, von ir- ausreichen; gendwo aus dem Osten, aus Agrarien. Die SVU 5. ob die Krisenkommunikation von Bund, 19 begann 2017 mit Lageberichten von Ereig- Kantonen und Dritten abgestimmt ist; nissen im Raum Genf, die sich langsam stei- 6. wie die Empfehlungen aus dem Schlussbe- gerten bis zur Eskalation der Sicherheitslage richt der SUV 14 umgesetzt wurden. 2019. Das strategische Ziel heisst: Verhindert weitere Terroranschläge. Die Übungsleitung Der Referent stellt fest, dass keine solche ist unterwegs, um zu hören und zu sehen, wie Übung möglich ist, wenn die Kantone nicht die Verantwortlichen in den Kantonen reagie- mitmachen. Das Organigramm zeigt die Teil- ren, und ob sie sich die Frage stellen: Was projekte Bevölkerungsschutz, Polizei (Kanto- könnte als Nächstes passieren? Sind wir be- ne), Armee (Bund) und Krisenkommunikation. reit? Wie wird reagiert auf politische Erpres- sung? Auf Propaganda z.B. mit Farbanschlä- Die meisten Anwesenden sind aus der Genera- gen zunächst auf Verkaufslokale Schweizeri- tion der Gesamtverteidigungsübungen (GVU). scher Produkte wie Swatch, Victorinox, oder Man kannte den Gegner. Die russischen Pan- auf die Schweizer-Botschaft in Agrarien? Dann zer auf den Plätzen Budapests 1956 waren kommen die Flüchtlinge aus Agrarien. Mit den 17
verängstigten Agrariern kommen aber auch Bundesräte dabei haben, keine Figurantinnen, Anhänger der erwähnten Sekte, damit sie in die Bundesrätin Amherd oder Keller spielen. der Schweiz Tritt fassen können. Im Haufen Nur wer vors (Bundes)-Haus tritt, sieht, was in der «Völkerwanderung» erkennt man sie nicht. den Gassen vor sich geht. In der SVU 19 wer- den keine Naturkatastrophen geübt. Die kriminellen Beschaffungsaktivitäten sind umfassend in der ganzen Schweiz, diese «pas- Der Referent zieht ein erstes Fazit: Es muss sieren» im Jahr 2018, was die Übung ins Be- eine Konsolidierung angestrebt werden. Die wusstsein der Beteiligten sinken lässt, denn Übung soll dazu beitragen, dass ein «Zacken Diebstähle von Munition, Waffen, Sprengstoff, zugelegt wird» in der Aufmerksamkeit, was in ist nichts Unbekanntes. Die aufgetauchte Lis- den Staaten um uns herum vorgeht. Fake te im Internet mit 450 realen Namen von Per- News beherrschen in der Realität alles! Sol- sonen aus Politik und Medien, mit Wohnadres- che Lagen der Bevölkerung glaubwürdig zu sen, ist ein Fingerzeig für die öffentliche Si- übermitteln ist eine ungeheure Herausforde- cherheit. Was zu Beginn der SVU 19 von eini- rung (Teilprojekt Kommunikation). Der «vor- gen Kantonen zunächst eher oberflächlich zur behaltene Entschluss» muss wieder vermehrt Kenntnis genommen wurde, sieht nun nicht zum Tragen kommen. Er ist den AdA bekannt, mehr so theoretisch aus. Zu viel ist tatsächlich aber in der Verwaltung eher nicht. Die Übungs- in Europa passiert. phase 2018 bis 2019 ist entscheidend. Jetzt müssen alle Kantone mitmachen. Der Refe- Dem Cyberraum muss in zunehmendem Mass rent hat als Übungsleiter allerdings selber Aufmerksamkeit geschenkt werden. Eine Sa- keine Machtbefugnis, er überzeugt trotzdem botage (Strommasten) ist denkbar, ein totaler mit deutlicher Stimme und mit blitzenden Au- Stromausfall nicht einfach wegen Überlas- gen, und das bestimmt nicht nur hier im Vor- tung, sondern durch Angriffe. Terroranschläge tragssaal. Er hat die SVU 19 in den sicher- könnten sich durchaus auch bei uns ereignen. heitspolitischen Kommissionen Ständerat und Hier ist ganz besonders die Zusammenarbeit Nationalrat sowie in England (beim Royal Uni- mit den Partnern gefragt und wird geübt. ted Services Institute) vorgestellt, und er rief dazu auf, auch bereit zu sein zu berichten, was Bei der Stabsrahmenübung der SVU 19 Mitte nicht funktioniert hat, denn daraus lernt man November 2019 müssen die Stäbe der Kantone am meisten. 52 Stunden am Stück im Einsatz sein, und die Durchhaltefähigkeit steht auf dem Prüfstand. Auch die Zuhörer haben gelernt und zum So muss beispielsweise ein Gesuch um Bewa- zweiten Referat im Dezember von Oberst aD chung kritischer Infrastrukturen politisch ab- Hans-Jürg Käser werden bestimmt doppelt gestützt werden, also die Einsatzmöglichkei- so viele Teilnehmer im Vortragssaal sitzen: ten der Armee. Im Ernstfall erfolgen keine Be- «Erste Erkenntnisse aus der SVU 19». Darauf fehle, da werden Entscheidungen gefordert. freuen wir uns. Die Kantone sind jetzt dabei, nun muss – so Hans-Jürg Käser – die politische Stufe ins Four aD Ursula Bonetti Boot gebracht werden. Er möchte die echten 18
Unsere Referenten Divisionär René Wellinger Korpskommandant Aldo C. Schellenberg Oberst i Gst Daniel Reimann 19
Oberst aD Hans-Jürg Käser Oberstlt i Gst Matthias Spycher Brigadier Maurizio Dattrino Oberst i Gst Frieder Fallscheer Oberst aD Robert Lüssi Oberst i Gst Frieder Fallscheer 20
Mitgliederversammlung 4. März 2019 Haus der Universität Bei diesem leckeren Wurstessen in der Französischen Kirche Bern fehlt nur noch Huldrych Zwingli, Mai 2019 Oberst aD Hans-Jürg Käser im Gespräch, Juni 2019 21
Auch Br Maurizio Dattrino geniesst zum Gespräch ein «Bärner Müntschi»-Bier Es fehlt nicht an holder Weiblichkeit: Kpl RKD Heidy Spycher, Hptm RKD Susanne Keller, Four RKD Ursula Bonetti, Juli 2019 Aufmerksame Zuhörer Referat SVU 19, Oberst aD Hans-Jürg Käser, Dezember 2019 22
Vielfalt in der Einheit Brigadier Maurizio Dattrino, der als echter Bellinzonese aus der elftgrössten Stadt der Schweiz kommt, ist ein gutes Beispiel für die Vielfalt unseres Landes. Der Kommandant der Generalstabsschule (Gst S) spricht nämlich alle vier Landes sprachen und dazu noch Englisch, denn es sitzen manchmal ausländische Gäste in den Kursen. Er fordert die Anwesenden heraus, mit Begriffen und Abkürzungen, die nicht mehr allen geläufig sind. Damit sichert er sich ungeteilte Aufmerksam- keit. Br Dattrino hat Bodenhaftung und trägt mit strahlendem Lachen alles überaus verständlich vor. Damit sind wir, die rund 40 Mitglieder und mit Führungsinformationssystemen, Papier, Gäste der OG Stadt Bern, als Zuhörer seines mit Funk und Telefon gearbeitet. Die Schrei- Referates am 1. Juli 2019 mitten drin, in bende hat das einmal als Gast in Kriens beim Kriens, dem Zuhause der Gst S. Die Gst S hat GLG III mit der FU Br 41 erlebt. Wie hat es als Organisationseinheit der Höheren Kader- Spass gemacht, eine Verbindung aufzubauen ausbildung (HKA) die folgenden Aufgaben und zu erfahren, dass es funktioniert! Im Kdo wahrzunehmen: Führungssimulator arbeiten 60% zivile Ange- • Grund- und Weiterausbildung der General- stellte als Fachlehrer, teils langjährige Mitar- stabsoffiziere sowie der Offiziere und höhe- beitende. Die Drehbücher werden je nach Be- re Unteroffiziere in Stäben Grosse Verbände dürfnis erstellt. So hat das DEZA eine Übung (Gs Vb); «Erdbeben» durchgeführt. Da sassen selbst • Simulatorgestützte Stabsausbildung der Di- Israeli und Palästinenser im gleichen Raum. rektunterstellten CdA, Gs Vb und LG HKA; Im Ernstfall wären ja beide Völker betroffen. • Leistet mit Partnern aus dem Sicherheits- Die zivilen Partner sind keine gespielten Rol- verbund Schweiz (SVS) und ausländischen len. Es sind echte Personen von SBB, Feuer- Sim Anwendern Beiträge zur Weiterent- wehr, Polizei, Medien, GWK und sogar Regie- wicklung der simulatorgestützten Ausb im rungsräte aus der Innerschweiz, die mitma- Umfeld der konstruktiven Simulation; chen, als gälte es ernst. • BGO und weitere Lehrmittel der oberen takt Fhr Stufe; Wie auf Kommando ertönt das Stampfen von • Unterstützung der Op S bei der mil strat – Stiefeln und skandiertes Geschrei von der op Stufe (Op LG A). Gasse her bis in den Vortragssaal hinauf: Eine echte Demo der Antifa, von der Reithalle her Die Sim Anlagen sind von 1995. Sie werden bis kommend. Es tönt unheimlich und die Fenster 2021 ersetzt und Br Dattrino wie auch das Be- werden geschlossen. «Das war nicht geplant», triebspersonal freuen sich darauf. Übungen meint Br Dattrino gefasst, «aber das ist Reali- werden bereits revidiert und angepasst. Bei tät, und es könnte eskalieren.» Dann braucht der Schulung Sim ist kein einziger Soldat es Reaktion, Stäbe und gezielte Führung. draussen im Militärdienst. Der beübte Ver- band hat keine Berührungspunkte zum Sim In den 20 Jahren der heutigen Gst S haben ins- und sieht die Anlage nicht. Wie in Echtzeit wird gesamt 30‘000 Kommandanten und Stabsmit- 23
arbeiter von «Grossen Verbänden» und Lehr- Maurizio Dattrino spricht davon, warum er als gängen sowie den Partnern aus dem «Sicher- Kdt Gst S in den Lehrgängen ein paar Dinge heitsverbund Schweiz» gelernt: geändert hat, ohne die Verdienste seines Vor- Verhaltenssicherheit heisst WOLLEN gängers schmälern zu wollen. Mit Humor er- Verfahrenssicherheit heisst KÖNNEN zählt er von eigenen Erlebnissen als Rekrut, Handlungssicherheit heisst TUN. als junger Offizier. Aus diesen Erfahrungen lehrt er heute: «Geben Sie Befehle, die um- Pro Jahr beginnen rund 40 Kandidaten nach setzbar sind; und zwar bis hinunter zum Sol- erfolgten Eintrittsprüfungen den GLG I. Nach dat, der den Befehl ausführen muss.» Er führ- dem GLG II werden die Offiziere nach dem Be- te ein, dass nach einer Auftragserteilung nicht stehen der Lehrgänge zu Gst Of und zum Ma- wie wild mit der Arbeit angefangen wird, son- jor befördert. Es besteht unter den Milizoffizie- dern «Sitzen und Denken». Das bringe sehr ren grosses Interesse für die Gst Kurse. Br viel mehr, als unreflektiertes sofortiges Han- Dattrino sieht darin eine Chance guter Durch- deln. Möglicherweise geht es nämlich ums mischung von BO und Miliz, von Uni- und Überleben. Neue Szenarien zu bilden ist Hochschulabsolventen und Anwärtern aus an- extrem schwierig, weil sich die Weltlage dau- deren Berufszweigen. Sie haben den Ehrgeiz ernd und rasant verändert. Wir könnten aus auf Herausforderung und Leistung für eine der Komfortzone heraus kommen. Bei Übun- spätere Stabstätigkeit. gen darf nicht alles schön sein: «Übe, wie du kämpfst.» So lautet denn die Kernkompetenz eines Gst Of: • Komplexe Probleme strukturiert erfassen; Behelfe und Reglemente werden angepasst • Analytisches und vernetztes, ganzheitliches und revidiert, doch geht das nicht von heute auf Denken; morgen. Das Ziel ist, einen Divisions-Arbeits- • In Varianten denken; platz zu schaffen für grosse Übungen. Noch • Jederzeit den Überblick behalten sowie fehlt es an genügend Unterkünften und Logis- durch ein permanentes Zeitmanagement tik. die Zielerreichung sicherstellen; • Präzision und Denken in der Arbeit; Einige Anwesende haben Div Hans Bachofner • Lösungsorientierte, fehlerfreie Resultate noch gekannt, ein früherer Kdt des Komman- von hoher Qualität liefern, dies auch unter dos Generalstabskurse (KGK). Zwischen sei- Zeitdruck und hoher Belastung. nen Kursunterlagen von 1987 (Kalter Krieg!) und dem, was heute in Kriens gelehrt und ge- Wobei wir wiederum beim Gewinn einer militä- übt wird, liegen Welten. Es hat eine gewaltige rischen Führungsausbildung für den zivilen Ar- und positive Entwicklung stattgefunden, und beitsplatz angelangt sind. Die Leitgedanken ist weiterhin im Gange. Mit einem Komman- sind: danten wie Br Maurizio Dattrino an der Spitze • Fokus auf den Menschen; kann es nur eins geben: «Mir nach, FORZA!» • Die Verbandsausbildung steht im Zentrum. Neben der Ausbildung in der spezifischen Four aD Ursula Bonetti Funktion liegt das Schwergewicht auf der funktionsübergreifenden Stabsarbeit; • Die Stabsoffiziere sind innerhalb der FGG (und in Stabsgruppen) polyvalent auszubilden. 24
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Rekrut Lüssi, daher! Die Kaffeepausenidee im Hause Lüssi erinnert an «Die Feuerzangenbowle» von Heinrich Spoerl. Aus der Idee von Oberst aD Robert Lüssi entstand jedoch kein Film sondern ein eindrückliches Projekt. Die rund 60 am Referat bei der OG Stadt Bern im November 2019 Anwesenden nahmen interessiert an diesem ungewöhn lichen Unterfangen teil und waren beeindruckt. So spannend und informativ hatten es sich wohl die Wenigsten vorgestellt: Die RS – heute und vor 40 Jahren. Wer angenommen hatte, jetzt höre er eine einer Expeditionsausrüstung. Beim Zimmer- Menge lustiger und weniger lustige Anekdoten bezug stellte sich Oberst Lüssi den Kamera- aus dem Militärdienst, der sah sich getäuscht. den vor und erklärte, weshalb er hier sei. Es Das Ziel von Oberst Lüssi war, aufzuzeigen, blieb ja nicht verborgen, dass einer der Rekru- dass es seit seiner ersten RS 1976 viele gute ten schon etwas angegraut war. Er blieb auch Veränderungen gab in der Armee, dass die bei den übrigen echten Rekruten nicht unent- jungen Dienstpflichtigen motiviert sind, und deckt und der Schulkommandant klärte nach dass er mit seinen Vorträgen ein Zeichen set- zwei Wochen die ganze Schule auf. Inzwischen zen will gegen Medienberichte, die oft negativ war Rekrut Lüssi von den Kameraden voll ak- und reisserisch die Armee darstellen. Er woll- zeptiert. Rekr Lüssi spielte seine Rolle mit te mit Vorurteilen gegen die Jugend aufräu- Bravour. Nein, er spielte sie nicht, er lebte sie. men. Es sei schwieriger, ein Vorurteil zu zer- Es gab auch sehr positive und lobende Me- trümmern als ein Atom, zitierte er Albert Ein- dienechos. stein. Er würde über seine zweite RS dem Chef Operationen, KKdt Aldo C. Schellenberg, aus- Er machte es sich nicht einfach. Da es sich un- führlich Bericht erstatten. Der Referent hat terdessen zu einem veritablen Projekt gemau- das ganze Projekt vom ersten Tag an sorgfältig sert hatte, bedeutete dies für Rekr Lüssi dokumentiert. Mehrarbeit. Er stand jeden Morgen früher auf und führte ein Tagebuch. Er hatte im Vorfeld Oberst Lüssis Idee nahm Formen an. Bewilligt moderne Fragebogen in Deutsch und Franzö- hat sein Experiment Bundesrat Guy Parmelin. sisch gestaltet, die er im Einverständnis mit Oberst Lüssi nahm am OT und an der Rekru- dem Schulkommando zu Beginn der RS ver- tierung teil. Robert ist anschliessend in die RS teilte und am Schluss. Er wollte feststellen, wo eingerückt, in Payerne in die Ecole Aviation 81 und wie sich die Wahrnehmungen und Erfah- mit dem Motto PA CAPONA. Er absolvierte rungen der Rekruten verändert hatten. Das nach 40 Jahren nochmals während rund acht Ganze wurde minutiös ausgewertet und er Wochen die RS mit allem Drum und Dran. Kei- stellte es der Zuhörerschaft der OGB vor. ne Vergünstigungen, keine Sonderbehandlung wie Rücksicht aufs Alter oder auf den bereits In der Freizeit diskutierte der ältere Rekrut oft erworbenen Grad. Seine erste RS absolvierte mit den jungen Rekruten und diese fassten Oberst Lüssi noch unter den Gegebenheiten Vertrauen. Sie spürten, dass der erfahrene der Armee 61. Was früher in einem Eff-Sack Kamerad im Interesse aller derzeitigen Rek- und einem Rucksack Platz hatte, gleicht heute ruten handelte. Sie unterstützten ihn, denn 27
manchmal lief er doch am Limit, bei den Aus- tionshintergrund andere Kulturen, Religionen märschen, beim Sport. Er hat immer durchge- und Lebenseinstellungen mit. Es wird Rück- halten und erfüllt, wenn auch im hinteren Drit- sicht genommen bei der Verpflegung. Die Ar- tel. Er spürte keine Generationenbarriere. Ein- mee leistet einen wichtigen Beitrag zur Integ- zig eine Zeitung der Romandie wies mit einer ration. Das Dienstbüchlein ist nicht mehr feld- lustigen Karikatur auf diesen Punkt hin: ein- grau. Man darf zwei Jokertage beziehen, d.h. mal im Wald in einer Gefechtspause will Rek- Urlaub für die Erledigung ziviler Angelegen- rut Lüssi der Gruppe ein Znüni anbieten, kei- heiten. Sport geht weit über das frühere Mor- ner schaute auf. Alle waren mit ihren Handys genturnen hinaus und ist vielseitig geworden, beschäftigt. Das gab ihm zu denken und er ge- wird auch mit Freude absolviert. Mit dem noss Most und Wurst allein. Haarschnitt wird auch kein Tamtam mehr auf- geführt. Da sind Frauen in der Armee! Nicht Sehr beeindruckt haben ihn am OT der tolle mehr die FHD, abgeschottet in eigenen Abtei- Einsatz der Moderatoren und die Gründlichkeit lungen, in nur wenigen Funktionen. Nein, die der Rekrutierung in Sumiswald. Rekr Lüssi Frauen aller Grade sind in allen Waffengattun- musste etliche neue Abkürzungen lernen und gen integriert, so sie die Bedingungen erfül- eine neue Aufteilung der RS: zunächst Allge- len. Ihr Verhalten hat Rekr Lüssi als vorbild- meine Grundausbildung, dann ergänzende lich erfahren. Er ist ein Befürworter des OT für Grundausbildung. Hier war er lückenlos dabei. Frauen, und er unterstützt die Bemühungen, Die Fachausbildung, Wartung und Reparatur mehr Frauen für die Armee zu rekrutieren. der Kampfjets und Super Puma, machte er nicht mit, denn hier fehlte ihm der zivile Be- Was ist besser seit 1976? Ganz eindeutig das rufshintergrund. Wieder voll dabei war er für Essen! Kein Pflichtkonsum mehr, der hinunter einige Tage in der Verbandsausbildung und gewürgt wurde und keine schwarze Schokola- anschliessend in der Verlegung in Meiringen de mehr, die man erst essen durfte, wenn wo er im Kommandozug Dienst leistete, nun man schon tot war. Auch die Unterkünfte, die als Soldat Lüssi. Hygieneverhältnisse sind besser, das Material, die persönliche Ausrüstung. Man müsse aber Die Auswertung der Fragen: Was ist noch bedenken, unter welchen Voraussetzungen die gleich, was ist besser und was ist weniger gut Armee 51 und 61 geschaffen worden sind: es als früher, brachte Erstaunliches zutage. Die herrschte der Kalte Krieg und Vorratshaltung geliebte und wichtige Feldpost gibt es immer war ein Muss. Der RS-Start ist besser gewor- noch. Das Soldsäcklein ist noch gelb. Die RS den, der Informationsfluss, die Weiterbil- ist immer noch sozusagen die letzte Erzie- dungsmöglichkeiten. hungsphase nach der Schule. Es gibt noch Vorbilder, Abläufe, Befehle, Drill. Gleich ge- Was ist weniger gut? Auf der Erkennungsmar- blieben ist auch die grosse Kameradschaft. ke, dem sog. «Grabstein», fehlt die Blutgrup- pe, dabei könnte es bei einer Verletzung ent- Was ist anders? Die neuen Gradbezeichnun- scheidend sein, diese zu kennen. Aus den ge- gen, die Informatik, Laptop sind Alltag, mit ih- machten Umfragen ist leider festzustellen, nen können ganze Ausbildungsmodule durch- dass es den jungen Leuten trotz guter Schul- gearbeitet werden. Digitalisierung überall und bildung eindeutig an Sprachkompetenz fehlt. nicht zu unterschätzen das Interkulturelle, Das gibt doch sehr zu denken. Das Gemein denn viele Rekruten bringen mit ihrem Migra- same fehlt wegen der starken Abschottung 28
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