Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020

 
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Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern
Ausgabe Februar 2020
Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
Gemeinsam mit
Ihnen sorgen wir
für die Sicherheit
unseres Landes.
Gemeinsam sind
wir erfolgreich.
Gestern. Heute. Und in Zukunft.

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Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
Inhaltsverzeichnis
                                         5    Jahresrückblick des Präsidenten

                                         7    VIRTUTE ET AUDACIA AD VICTORIAM
                                              Divisionär René Wellinger

                                         9 Niemand weiss, was die Zukunft bringt
                                         	Korpskommandant Aldo C. Schellenberg

                                            Weil wir das können – rund um das
                                         13	
                                            ganze Jahr
                                            Oberst i Gst Daniel Reimann

                                            Operationssphärenübergreifende
                                         15	
Impressum                                   Planung und Führung
Copyright © 2020 OGB                     	Brigadier Raynald Droz,
Auflage 1400 Exemplare                      Oberst i Gst Ludovic Monnerat

Gestaltung: rubmedia                        «Global Liberation Front» – oder lieber
                                         17	
Layout und Herstellung: rubmedia, Bern      doch nicht …
www.rubmedia.ch                             Oberst Hans-Jürg Käser

Gedruckt mit Wasserkraft auf Papier         Unsere Referenten
                                         19	
aus nachhaltiger Forstwirtschaft
                                         23   Vielfalt in der Einheit
                                              Brigadier Maurizio Dattrino
Kontakt
Oberstlt i Gst                           27   Rekrut Lüssi, daher!
Matthias Spycher                              Oberst aD Robert Lüssi
Präsident
Im Obermoos 3                            29   U COLT
3067 Boll                                     Hptm Michael Schifferli
Telefon +41 79 514 11 11
                                         30   Terrorbedrohung? – bei uns doch nicht!
matthias.spycher@ogb.ch                       Oberst Hans-Jürg Käser
www.ogb.ch
                                         32   Vorstand 2020
Titelbild: © LVb Panzer/Artillerie,
­Bergepanzer Büffel                      37   Programm der OGB 2020

                                                                                   3
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Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
Jahresrückblick des Präsidenten
Geschätzte Offiziere und Gäste
Liebe Mitglieder

Nachdem 2018 zu unserer grossen Freude             Werner Rothen abgeschlossen werden. Dafür
Frau Bundesrätin Viola Amherd das VBS über-        danken wir herzlich.
nommen hat, dürfen wir zu Beginn 2020 KKdt         Die Vortragsreihen wurden unterbrochen
Thomas Süssli als neuen CdA begrüssen. Wei-        durch die Übung COLT, bei welcher die drei
tere HSO haben neue Aufgaben übernommen.           Erstplatzierten aus der OGB stammten. Es be-
Ihnen allen gratulieren wir zur Wahl! Als Offi-    stand die Möglichkeit, an der unter dem Patro-
ziersgesellschaft der Stadt Bern versichern        nat der SOLOG, Oberst Andres Krummen,
wir ihnen unser Vertrauen und unsere Unter-        durchgeführten Gedenkfeier für General Carl
stützung.                                          Gustav Emil Mannerheim, den finnischen Na-
                                                   tionalhelden, in Territet bei Montreux teilzu-
Von den zahlreichen Anlässen im vergangenen        nehmen. Hierfür meldeten sich leider nur we-
Jahr, von denen jedes Referat unbestritten in-     nige Mitglieder an, was der Vorstand bedauert.
teressant war, möchte ich zwei Vorträge her-
vorheben: Die Vorträge von Oberst aD Hans-         Die Berichte über alle Anlässe konnten lau-
Jürg Käser zum Thema Sicher­heits­ver­bund­        fend auf der Website gelesen werden, lange
übung 2019. Im Sommer unterrichtete er uns         bevor dieses Jahresbulletin erscheint. Den-
über die seit 2018 laufenden Projekte und im       noch freue ich mich, Ihnen heute das Bulletin
Dezember stellte er uns bereits die ersten Er-     «der offizier» als kleines Sammelwerk vorzu-
kenntnisse aus der SVU 19 vor. Der Vortrags-       legen.
saal im Restaurant zum Äusseren Stand war
sehr gut besetzt, was für die Qualität der Refe-   Ein Jahresbericht ist immer auch die Gelegen-
rate spricht.                                      heit, danke zu sagen. In erster Linie meinem
                                                   Vorstand, der mich uneingeschränkt unter-
Dies, und die ebenfalls gut besuchten Vorträge     stützt in allen Belangen. Wir sind ein vorzüg­
anderer Referenten (siehe Inhaltsverzeichnis),     liches Team, das zusammenhält. Das weiss
zeigen mir und meinem Vorstand, dass wir mit       ich sehr zu schätzen! Danke Kameraden! Hier
der Planung und mit der Organisation unserer       gehört auch die Chefredaktorin dazu, Four aD
Anlässe auf dem richtigen Weg sind. Die OG         Ursula Bonetti, die fast immer in der ersten
Stadt Bern hat sich zum Ziel gesetzt, den Mit-     Reihe sitzt mit dem Notizblock auf den Knien.
gliedern mit zahlreichen eindrücklichen Vor-       Danke, Ursula, für die Berichterstattung!
trägen Kenntnisse zu vermitteln, die man in
dieser Art nicht durch die Medien erfahren         Danken will ich auch den Inserenten und wei-
kann. Wir sind immer einen Schritt voraus.         teren Sponsoren, die uns unterstützen, damit
                                                   unser Bulletin überhaupt in dieser gefälligen
Jeder Vortrag durfte dank grosszügigem             Art gedruckt werden kann. Danken will ich al-
Sponsoring der UBS mit einem reichhaltigen         len Referenten, die auf unsere Anfragen hin
und fantasievollen Apéro aus der Küche von         zugesagt haben, in Bern zu Ihnen zu sprechen

                                                                                               5
Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
und unser Gesellschaftsleben damit zu berei-       Es ist dies mein letzter Jahresbericht als Prä-
chern.                                             sident. An der kommenden Mitgliederver-
                                                   sammlung sollen ein neuer Präsident, ein Vi-
Noblesse oblige. Deshalb haben wir für das         zepräsident, sowie ein neuer Sekretär gewählt
Jahr 2020 bereits wieder ein Bouquet von Vor-      werden. Ich bitte unsere Mitglieder, den Kan-
trägen über aktuelle Themen zusammenge-            didaten ihr ganzes Vertrauen zu schenken und
stellt. Allen voran das Thema, das uns jetzt am    sie zu wählen. Ich trete mit einem lachenden
meisten beschäftigt, das neue Kampfflugzeug        und einem weinenden Auge zurück. Ich war
NKF. Hier werden wir uns mit aller Kraft dafür     gerne Euer Präsident, es waren gute Jahre,
einsetzen, wie auch für die notwendigen Be-        doch mache ich auch gerne Platz für neue
schaffungen BODLUV und für die Bodentrup-          Vorstandsmitglieder, für neue Ideen oder für
pen. Gerade nach den Erkenntnissen aus der         die Fortführung von Bewährtem. Für mich gilt
SVU 19 ist uns allen ganz klar, die Bedrohun-      nun «servir et disparaître», doch die Kamerad-
gen haben sich stark verändert und was noch        schaften pflege ich natürlich als Mitglied wei-
vor wenigen Jahren ins Reich der «Schreib­         ter! Noch einmal danke ich herzlichst für das
tischübungen» gehörte, ist teilweise bereits       mir entgegengebrachte Vertrauen, welches
eingetroffen. Wir müssen gewappnet sein.           Sie alle mir in den letzten Jahren geschenkt
Stehen wir also alle ein für unser Land, für die   haben.
Armee, für Frieden und Sicherheit.
                                                               Oberstlt i Gst Matthias A. Spycher
                                                                         Präsident OG Stadt Bern

    Dank an unsere Sponsoren und Inserenten

    Ein besonderer Dank gebührt unseren treuen Sponsoren und
    ­Inserenten, die erst ermöglichen, dass wir Jahr für Jahr ein in-
     formatives Bulletin «der offizier» gestalten und unseren Mit­
     gliedern, Leserinnen und Lesern, überreichen dürfen. Viele
     Rückmeldungen bestätigen uns, dass das kleine aber feine Heft
     als Information geschätzt wird.

                                      Oberstlt i Gst Matthias A. Spycher
                                      Präsident OG Stadt Bern

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Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
VIRTUTE ET AUDACIA AD VICTORIAM
Mit Tapferkeit und Kühnheit zum Sieg
Unter diese Worte stellte Div René Wellinger, Kommandant Heer, sein Referat vor
40 Mitgliedern und Gästen der OG Stadt Bern im Restaurant zum Äusseren Stand,
mit dem von ihm gewählten Thema „Das Heer und die op Sphäre Boden“. Es geht
um mehr als um das Heer als mechanisierte Division.

Rasch spürten die Anwesenden, dass «VIR-          sollten in der Tendenz weniger spezifisch und
TUS», Entschlossenheit und Kühnheit, die          vermehrt polyvalent eingesetzt werden kön-
zum Sieg führen auch «AUDACIA» braucht,           nen. Das setzt aber voraus, dass wir uns ge-
den Mut zum Wagnis, ja gar eine gewisse Ver-      meinsam entwickeln und trainieren können,
wegenheit; und das sind für Div Wellinger kei-    auch mit Partnerorganisationen. Die ersten
ne leeren Worte. Er führt ohne Umschweife in      Volltruppenübungen sind bereits 2018 wieder
die derzeitige politische Weltlage hinein. Auf    durchgeführt worden.
der Folie ist die EU-Flagge ziemlich zerfetzt.
Das rüttelt auf, obwohl dieses Bildchen natür-    Div Wellinger stellt nun das Heer vor, wie es
lich nicht das Hauptthema ist. Der Referent       seit dem 1. Januar 2018 aufgestellt ist. Die
hält einen Rückblick auf die Ereignisse Ukrai-    WEA ist ein gutes Konzept, das umgesetzt
ne und Krim. Er zählt Merkmale moderner           wird. Das Heer ist der Hauptträger des
Konflikte auf, die Denkweisen und Reaktionen      Kampfes am Boden inklusive Luftwaffe, aus-
des Gegners. Der hybride Gegner wirkt auf         ser den Flugzeugen selbst. Div Wellinger kann
verschiedenen Ebenen, um sein Ziel erreichen      im Auftrag des Chefs Kommando Operationen
zu können. Meist erfolgen diese Aktionen          als Kommandant Einsatzverband Boden ein-
gleichzeitig und zentral koordiniert. Sie spie-   gesetzt werden. Ihm stehen je ein Berufs- und
len sich in Räumen ab, welche für die Gesell-     ein Milizstab zur Seite. René Wellinger will,
schaft von entscheidender Bedeutung sind.         dass auf der Stufe Heeresstab wieder Milizler
Das stellt die Führung aller Stufen vor erheb-    Grosse Verbände führen. Allerdings musste
liche Herausforderungen. Die hybride Krieg-       hier das mit AXXI verloren gegangene Know-
führung ist eine Realität und wir leben keines-   How wieder aufgebaut werden, was aufwendig
wegs in der so gern besungenen friedlichen        ist. Div Wellinger spricht Klartext und scheut
Welt.                                             sich nicht, auch Probleme zu erwähnen. In
                                                  Volltruppenübungen soll jeder Bereich des
Das moderne Gefechtsfeld sind die Städte,         Kampfes der Verbundenen Waffen geübt wer-
denn dort wohnt, arbeitet und lebt ¾ der Be-      den. «Wir dürfen nicht mehr in alten Struktu-
völkerung. Entscheidend ist die koordinierte      ren denken, und es darf kein Neid dabei sein,
und gezielte Wirkung verschiedener Systeme.       wonach jeder die beste Truppengattung sein
Wichtig ist, dass es uns gelingen muss, auf hy-   will.» Die Kader müssen ein Gefecht selber
bride Kriegführung zu reagieren und unsere        führen können und sie müssen in gemischten
Infrastrukturen zu schützen. Unsere Kräfte        Formationen schnell verschieben können,

                                                                                              7
Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
wenn sie andernorts gebraucht werden. Eine        denken. So ist das System TASYS für die Auf-
gewaltige Herausforderung. Es geht um ein         klärung für alle Waffengattungen in einer ein-
Lernen der Zusammenarbeit. Die drei Säulen        zigen Kiste verstaubar und kann mit einem
SCHÜTZEN, HELFEN, KÄMPFEN finden nicht            Motorrad rasch von einem Ort zum andern in
mehr einzeln statt sondern kombiniert. Zum        den Einsatz gelangen. Man kommt mit viel we-
Beispiel bei einer Bedrohung der Bundes-          niger Geräten und Material aus. Div Wellinger
hauptstadt Bern oder von Chemiewerken.            stellt weitere Rüstungsgüter vor, die künftig
                                                  beschafft werden sollen.
Der Referent zählt zahlreiche Faktoren auf, die   Die aktuellen Herausforderungen sind die
man einbeziehen muss, beispielsweise die Lo-      Entwicklungstendenzen wie präzise Eingriffe
gistik. Jede Abteilung verfügt über eine Logis-   in bevölkertem Raum. Was am Schluss zählt:
tik Kompanie, das hat nur die Schweizer Ar-       Die Entscheidung herbeiführen. Es gibt keinen
mee. Der Redner spricht mit viel Engagement,      Plan B. Wir müssen gewinnen: Zur richtigen
er überzeugt, dass er das auch erreichen wird.    Zeit, am richtigen Ort, mit den richtigen Kräf-
Er stellt dazu viele Überlegungen an, Verglei-    ten. Das ist so. Punkt.
che zu früher, Aufgaben von heute. Er macht
gute Erfahrungen mit Polizeikommandanten          Der in Mundart gehaltene Vortrag ist enorm
und anderen Blaulichtorganisationen. Auch er      lebendig, authentisch und mit Herzblut vorge-
muss sich jedoch den Gegebenheiten anpas-         tragen. Die Zuhörer stellen noch etliche Fra-
sen, wonach er nicht mehr Geld ausgeben           gen und erhalten ausführlich Antworten. Doch
kann, als für die Rüstung zur Verfügung steht.    endlich darf sich auch Div Wellinger, nach ei-
Er macht dazu Überlegungen die schon fast         nem verdienten Dankeswort von Präsident
futuristisch anmuten. Sorgen macht ihm das        Mathias Spycher, dem von Werner Rothen be-
gleichzeitige Nutzungsende mehrerer Waffen-       reitgestellten und von UBS gesponserten
systeme. Selbst in Verzögerungen sieht er je-     köstlichen Apéro zuwenden.
doch etwas Positives: Die Technologie macht
gerade einen Quantensprung und mit späte-                                Four aD Ursula Bonetti
ren Beschaffungen können wir davon profitie-                                    Chefredaktorin
ren. Wir müssen in ganz neuen Kategorien

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Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
Niemand weiss, was die Zukunft bringt
Am 4. März 2019 begrüsste der Präsident der OG Stadt Bern, Oberstlt i Gst Matthias
Spycher, den Ehrengast der 158. Mitgliederversammlung: KKdt Aldo C. Schellen-
berg, C Op, sowie 48 stimmberechtigte Mitglieder, die den Weg ins Haus der
­Universität gefunden hatten.

Ein Blick des Präsidenten auf die aktuelle Eu-      Heute gelten jedoch veränderte Bedrohungs-
ropa- und Weltlage zeigte, dass diese keines-       formen. Unsere Welt ist instabiler geworden.
wegs friedlicher geworden ist. Er rief dazu auf,    Gefahren und Risiken, über die in den letzten
als Bürger in Uniform aktiv zu werden, sich für     Jahren geschrieben wurde, sind zu konkreten
die Sicherheitspolitik zu interessieren und         Ereignissen geworden. Es ist offensichtlich:
sich zu engagieren. Dies ganz im Sinne der          Die internationale Lage scheint unübersicht­
Worte, die auf dem Denkmal im Grauholz ste-         licher, unberechenbarer denn je zu sein. Es
hen: «Seid einig». Besonders aktuell ist jetzt      gibt beunruhigende Entwicklungen, nicht weit
«Air2030». Er setzt grosse Hoffnungen auf die       weg von uns, sondern direkt vor der Haustüre
neue Chefin VBS, Bundesrätin Viola Amherd.          und mitten drin, in Europa und auch in der
                                                    Schweiz. Staatschefs drohen sich gegenseitig
Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicher-       unverblümt mit dem Atomwaffenarsenal und
heit ist alles nichts!                              mit Grossmanövern und Truppenverlegungen
Mit dieser «Binsenwahrheit» eröffnet KKdt           unmittelbar an der Ost- und Südostgrenze
Aldo C. Schellenberg sein Referat, das eigent-      Westeuropas wird mit allen verfügbaren Sä-
lich den Titel «Erhalt und Weiterentwicklung        beln gerasselt. Die letzte Zeit hat gezeigt, dass
der Verteidigungsfähigkeit» trägt. Frieden und      die Hemmschwelle für den Einsatz militäri-
Sicherheit sind keine Selbstverständlichkeit        scher Mittel generell gesunken ist, wie zum
und müssen täglich verteidigt werden. Mit sei-      Beispiel in der Ukraine.
nen Ausführungen geht der Referent auf die
Unterschiede der Sicherheitspolitik im «Kal-        Mit dem Aufkeimen neuer Bedrohungen und
ten Krieg» und heute ein; auf das Leistungs-        Gefahren entwickelte sich die Schweizer Si-
profil der Armee und die dafür notwendige Be-       cherheitspolitik und mit ihr die Armee. Eine
reitschaft und auf die Herausforderungen für        Studie zeigt auf, wie sich die komplexe Sicher-
die nächsten Jahre.                                 heitslandschaft in der Schweiz heute darstellt,
                                                    wer also mit wem und wie intensiv kooperiert
Zur Zeit des «Kalten Krieges» dominierten           und wie die Abgrenzungen zwischen Bund und
wenige Prinzipien die Sicherheitsstrategie der      Kantonen oder zwischen Schweiz und Aus-
Schweiz: Bewaffnete Neutralität, autonome           land, bzw. zwischen Staat und Privaten gezo-
Landesverteidigung, die Guten Dienste der           gen werden.
Schweiz. Die innere und äussere Sicherheit,
zivile, polizeiliche und militärische Mittel, so-   Damit kommt KKdt Schellenberg zum Leis-
wie staatliche und nichtstaatliche Akteure          tungsprofil der Armee. Vorhersehbare Unter-
wurden klar getrennt.                               stützung der zivilen Behörden ist planbar. Man
                                                    spürt jedoch bald, dass es dem Chef Operatio-

                                                                                                   9
Mitteilungsblatt der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern Ausgabe Februar 2020
nen nicht um eidgenössische Sport- und Kul-       nannten e-Alarm. Die Anwendung wird konse-
turanlässe geht. Dort, wo es um die eigentli-     quent mit Testalarmen überprüft, ob das Sys-
che raison d’être der Armee geht, der Abwehr      tem zuverlässig funktioniert – technisch als
eines militärischen Angriffs, begnügt sich das    auch truppenseitig.
Leistungsprofil mit einem einzigen Satz: «Er-
halt und Weiterentwicklung von Fähigkeiten        Der letzte Punkt dreht sich um Erhalt und
zur Abwehr eines militärischen Angriffs als       Weiter­entwicklung der Verteidigungsfähigkeit.
permanente Aufgabe.» Es geht um die Bereit-       Worauf bereiten wir uns vor? Militärische Aus-
schaft für nicht Vorhersehbares. Der Referent     einandersetzungen mit Bezug zur Schweiz
geht nun zur aktuellen Dienstleistungspla-        stehen heute nicht im Fokus. Aber niemand
nung. Je nach Ereignis müssen rasch zusätz-       weiss, was die Zukunft bringt. Eine Abwehr
liche AdA aufgeboten werden können. Hierzu        militärischer Angriffe, also die Verteidigungs-
benötigen wir das System der abgestuften Be-      fähigkeit, ist die Kernaufgabe der Armee. Die
reitschaft mit der Mobilmachung. Das anwe-        Armee ist die letzte Sicherheitsreserve des
sende Publikum kennt dieses Prinzip und die       Bundes. Nach der Armee kommt nichts mehr.
WEA-Pfeiler. Mit den Mitteln der ersten Stun-     Die Armee muss gewinnen! Es gibt keinen
de kann die Armee praktisch aus dem Stand         Plan B.
Leistungen erbringen. Die Milizformationen
mit hoher Bereitschaft (MmhB) sollen die ers-     KKdt Schellenberg geht zum Erhalt und Wei-
ten Einsatzelemente nach vier bzw. acht Tagen     terentwicklung der Verteidigungsfähigkeit
gestaffelt unterstützen und ergänzen. Diese       über. Die Wichtigkeit der Operationssphäre
Formationen können in regionalen Vorortla-        BODEN ist für die Entwicklung der Armee of-
gern rasch mit ihrem reservierten und vorbe-      fensichtlich, ohne jedoch den Einfluss der an-
reiteten Material ausgerüstet werden. Die         deren Operationssphären zu schmälern. Das
Mobil­machungsorganisation wird seit 2018 in      Gros der Kräfte befindet sich aber am Boden.
den WK intensiv trainiert.                        Die fortwährende Weiterentwicklung der Bo-
                                                  dentruppen stellt mit der parallel ablaufenden
Mit Erhöhung der Bereitschaft für den Luft­       Erneuerung der Mittel der Luftwaffe den
polizeidienst sollen in Zukunft permanent zwei    Hauptmotor für die Evolution des Gesamtsys-
bewaffnete Einsatzflugzeuge abrufbereit sein,     tems Armee dar. Weitere Operationsräume
die jederzeit einen Luftpolizeieinsatz durch-     sind Cyberraum, elektromagnetischer Raum,
führen können. Das erklärte Ziel ist die Inter-   Weltraum, Informationsraum. Wo stehen wir
ventionsfähigkeit während 24 Stunden an 365       da?
Tagen. Im Jahr 2019 geht es darum, die Mobil-
machungsfähigkeit weiter zu verbessern, hel-      Die Anwesenden kennen auch die Darstellung,
fen, retten; mit Live-Übungen den zeitgerech-     wonach bis Ende der 2020er Jahre eine grosse
ten Rückzug von Material mit Abgabevorbe-         Anzahl unserer Hauptsysteme zum Schutz des
halt aus den RS zu überprüfen und mit Test­       Luftraums und der Bodentruppen ihr Nut-
alarmen die Alarmierbarkeit der MmhB zu           zungsende erreichen. Die dazu notwendige
testen bzw. zu trainieren.                        Summe ist jedoch nicht finanzierbar. Dabei ist
                                                  das VBS das einzige Departement, welches in
Ab 2020 geht es darum, die Mobilmachungsfä-       den letzten 20 Jahren real gespart hat. Das hat
higkeit aller anderen Truppenkörper praktisch     zu Verzögerungen von notwendigen Investitio-
zu trainieren. Der Referent erklärt den soge-     nen geführt, welche jetzt zunehmend dringend

10
werden. Ein Anliegen ist die Luftverteidigung     recht sichergestellt werden, wenn der Grund-
heute, dazu gehören die M Flab, Rapier, Stin-     satzentscheid des Bundesrates vom Novem-
ger. Mit der Ausserdienststellung der BL-64       ber 2017 umgesetzt wird. Erste Priorität hat
Bloodhound im Jahr 1999 ist auch das Wissen       die Erneuerung der Luftverteidigung. Wenn
über die gemeinsame Wirkung von Flieger           kein angemessener Schutz vor Bedrohungen
und Flab im gleichen Raum grösstenteils ver-      aus der dritten Dimension vorhanden ist, ma-
loren gegangen. Die bodengestützte Luftver-       chen Investitionen in Hauptsysteme für die
teidigung grösserer Reichweite soll fähig sein,   Bodentruppen keinen Sinn. Sie könnten im Er-
selbständig oder in Kombination mit den           eignisfall kaum mit Aussicht auf Erfolg einge-
Kampfflugzeugen Räume zu schützen und da-         setzt werden. KKdt Schellenberg schliesst sei-
bei in erster Linie Ziele im mittleren und obe-   nen eindrücklichen und informativen Vortrag
ren Luftraum zu bekämpfen. Aldo Schellen-         mit den Worten: «Wenn Sie alle uns auf die-
berg geht nur kurz auf die Offerten für NKF       sem Weg unterstützen, werden wir auch in Zu-
ein. Es fällt kein Name eines Flugzeugtyps,       kunft als strategische Reserve des Bundes
was sehr wichtig ist, denn es ist für das Pro-    wirkungsvoll für Sicherheit und Freiheit unse-
jekt von grösster Bedeutung, dass der Typen-      res Landes kämpfen können. BODLUV und
entscheid für BODLUV und NKF gleichzeitig         NKF: wir müssen das Gesamtpaket zusam-
und aufeinander abgestimmt getroffen wird.        menhalten!»
Die beiden Systeme ergänzen sich gegenseitig
mit ihren Stärken und Schwächen, Chancen          Der verdiente, grosse Applaus für KKdt Aldo
und Risiken.                                      Schellenberg bestätigt seine Worte.

Der Erhalt und die Weiterentwicklung der Ver-                           Four aD Ursula Bonetti
teidigungsfähigkeit erfordert eine robuste                                     Chefredaktorin
Ausrüstung der Armee. Diese kann zeitge-

                                                                                             11
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12
Weil wir das können – rund um das
­ganze Jahr
Oberst i Gst Frieder Fallscheer begrüsst Anfang April 2019 im Restaurant zum
Äusseren Stand in Bern den Referenten Oberst i Gst Daniel Reimann herzlich zum
Vortragsabend über das Katastrophenhilfe Bereitschaftsbataillon.

In sympathischer Mundart lässt Oberst i Gst Rei-    man sich kennenlernt, denn im Ernstfall
mann Erlebnisse und Einsätze des Katas­             muss der Einsatz «Hand und Fuss» haben und
trophenhilfe Bereitschaftsbataillons (Kata Hi       von Anfang an funktionieren. Man will «Halb-
Ber Bat) äusserst eindrücklich aufleben. Der        wissen» entgegentreten. Man schafft mitein-
Kommandant des Kata Hi Ber Bat stellt uns sein      ander Grundlagen und Voraussetzungen für
Kommando vor und zeigt auf, wie die Armee den       mögliche Einsätze. Die Gesamtverantwortung
Begriff «militärische Katastrophenhilfe» defi-      liegt bei den zivilen Behörden, das «was und
niert. Anhand vergangener Einsätze zeigt er uns     wie» liegt jedoch beim Kata Hi Ber Bat. Dazu
den Ablauf einer Hilfsaktion und erklärt, wie das   braucht es viele Absprachen für den Weg vom
Zusammenspiel zwischen militärischen Hilfs-         Ereignis über den Antrag des Kantons oder
kräften und zivilen Behörden abläuft.               der Territorial Divisionen bis zum Einsatz.

Zur Einführung fasst Daniel Reimann zusam-          Pickel, Schaufel und ein Trax reichen nicht. Es
men: «Das Katastrophenhilfe Bereitschafts-          entstehen beispielsweise besondere Nach-
bataillon stellt das armeeweite Mittel der          richtenbedürfnisse, es braucht Logistik und
ersten Stunde bei natur- oder technologie­
­                                                   exakte Ortskenntnisse und Gefahrenerken-
bedingten Katastrophen im Inland und im             nung. Eigene Übermittlungsmittel sind vor-
grenz­ nahen Ausland dar. Mittels Bereit-           handen. Unsere vier Landessprachen und alle
schaftsvorgaben stellen die Spezialisten der        unsere Dialekte sind ja schön, doch im Katas-
Genie- und Rettungstruppen dabei rund um            trophenfall bedeuten manchmal dieselben
das Jahr eine Einsatzbereitschaft innert weni-      Worte nicht dieselbe Sache.
ger Stunden sicher. Nebst dem Bereitschafts-
dienst leistet das Kata Hi Ber Bat auch immer       Die Durchdiener (DD) in diesem Bataillon wer-
wieder Einsätze zu Gunsten ziviler Partner,         den erst nach der Verbandsausbildung einge-
etwa wenn es darum geht, grössere Infra-            setzt. Sie bringen eine vielseitige Ausbildung
strukturen für Anlässe von nationaler Bedeu-        mit. Es braucht für einen Einsatz sehr viel
tung aufzubauen. Die grosse Palette an mögli-       Spezialmaterial. Ihr Auftrag lautet: «Stellt
chen Aufträgen, aber auch die interessante          während des ganzen Jahres die Unterstützung
Mischung von Miliz, Zeit- und Berufssoldaten        ziviler Behörden im Rahmen der militärischen
im selben Verband stellt eine interessante und      Kata Hilfe sicher.» Konkret heisst das, bei ei-
für viele etwas ungewohnte Kombination dar.»        ner Katastrophe sind alle Soldaten inklusive
                                                    des gesamten Materials innerhalb sechs
Bevor überhaupt etwas passiert ist, stellt sich     Stunden aus der Kaserne raus. Am Wochen-
das Kommando bei zivilen Partnern vor, damit        ende innert 12 Stunden, denn die Leute müs-

                                                                                                13
sen alarmiert und aus dem Urlaub zurückge-         ckensysteme. Dazu stellt der Referent mehre-
holt werden. Das Kata Hi Ber Bat ist jedoch        re Beispiele von Einsätzen im Bild vor. Nütz-
keine Konkurrenz zu den Blaulichtorganisatio-      lich ist immer wieder die eindrückliche Abroll-
nen. Die grösste Herausforderung ist die Er-       strasse die ein Weiterkommen auch im Matsch
stellung der Grundbereitschaft und der Durch-      ermöglicht. Auch sie gibt es in der Schweiz
haltefähigkeit. Das muss noch und noch geübt       nur in der Armee. Zur Sicherung des Dorfes
werden. Man muss flexibel sein: Papier funkti-     Bondo wurde ausserhalb der Gefahrenzone,
oniert noch, die App aber vielleicht nicht mehr.   die immer noch besteht, eine Brücke gebaut,
Das Lagekontrollcenter und das Transport-          die nicht für immer, aber für längere Zeit dort
center sind immens wichtig. Was ist passiert       bleibt, damit die Strasse zum Dorf offen gehal-
und wie kommt man da hin? Manchmal wer-            ten werden könnte, falls sich nochmals Ge-
den zuerst Experten entsandt, die abklären         steinsmassen und Murgänge lösen.
was machbar ist. Welches Sortiment braucht
man? Ein Sortiment Brandeinsatz oder Was-          Zu Volltruppenübungen ist es wichtig, die rich-
sertransportmittel zur Unterstützung der Feu-      tigen Partner zu finden und gemeinsam zu
erwehr? Strom wird selber produziert, denn         üben und zu verbessern. Die Wahrnehmung
bei Naturkatastrophen kann an den Einsatz­         der Bevölkerung ist sehr unterschiedlich, wie
orten der Strom ausfallen, manchmal für län-       der heisse Sommer 2018 gezeigt hat. Bei
gere Zeit.                                         Echteinsätzen wie Bergstürzen, bei Hochwas-
                                                   sern und Waldbränden sind die Betroffenen
Der Referent zeigt diese Faktoren eindrücklich     sehr dankbar und die Soldaten sind willkom-
am Beispiel des Dorfes Bondo im Bündner-           men. Wo entsprechende Vereinbarungen vor-
land auf. Die DD werden schon in der RS an         liegen, ist auch im grenznahen Ausland eine
schweren Maschinen geschult. Im Zivilleben         Unterstützung möglich.
ist kein 21-Jähriger schon ausgebildeter
Kranführer, dem ein schweres Gerät anver-          Die Zuhörerschaft hat den Atem angehalten.
traut wird, und der es auch beherrscht. «Doch      Von allem hat man ja in der Zeitung gelesen
Soldaten sind wir und Soldaten bleiben wir.        oder man hat einige Szenen in der TV gesehen.
Die Ausbildung an der persönlichen Waffe           Doch Oberst i Gst Daniel Reimann liess uns
zum Selbstschutz wird nicht vernachlässigt.»       nun buchstäblich selber dabei sein und seine
Voraussehbar sind wiederkehrende Anlässe           Ausführungen sind zweifellos kompetenter als
wie der Aufbau der Tribünen für das Basel-         manches, das in der Tagespresse steht. Wir
Tattoo. Damit kann das in der Ausbildung Ge-       waren sehr nahe dran und dennoch wurden
lernte erhalten werden. Es gibt auch herrliche     keine Füsse nass.
Einsätze wie die Unterstützung der 40. Schwei-
zer Meisterschaft des Schweizerischen Ponto-       Oberst i Gst Frieder Fallscheer dankt dem Re-
niersportverbandes in Bremgarten AG.               ferenten herzlich und dann dürfen alle den be-
                                                   reitgestellten reichhaltigen Apéro geniessen,
Man transportiert also fehlendes Wasser auf        der von der UBS gesponsert und von Werner
hohe Alpen zu durstigen Tieren oder zu Wald-       Rothen erstklassig zubereitet worden ist.
bränden. Aber wohin mit dem Wasser bei
Überschwemmungen? Auch dieses Problem                                     Four aD Ursula Bonetti
muss angegangen und gelöst werden. Ein be-                                       Chefredaktorin
sonderes Gebiet sind die Geniemittel, die Brü-

14
Sphärisches Referat in der
­Französischen Kirche in Bern
Kurzfristig musste für das Referat Ende Mai 2019 von Br Raynald Droz, Stabschef
Kdo Operationen, und Oberst i Gst Ludovic Monnerat, ein anderer Vortragsraum
bezogen werden. Kurzerhand wurden die 58 Mitglieder und Gäste der OG Stadt
Bern vom Präsidenten und seinem Vorstand freundlich über die Strasse geleitet,
vom Restaurant zum Äusseren Stand in die Französische Kirche. Trotz dem «vor-
behaltenen Entschluss» war die Stimmung unter den Anwesenden ungebrochen
positiv.

Das Thema des Abends hiess «Das Kdo Op:           lung mit der Vernetzung von staatlichen und
Operationssphärenübergreifende Planung und        nicht-staatlichen Akteuren. Dies führt zu ei-
Führung des Kdo Operationen». Die Sphäre          nem hybriden Ansatz. Früher waren die Akteu-
Weltraum wurde von Oberst i Gst Ludovic           re besser identifizierbar und die Rollenvertei-
Monnerat speziell präsentiert. Die Ziele dieses   lung im Sicherheitsverbund war klar. Diese
hoch anspruchsvollen Vortragsabends waren:        überlagert sich jetzt mehr und mehr indem
Die Aufgaben des Kdo Op als Verantwortlicher      die Polizei bewaffnet ist und die Armee auch
für die Integration und der Kumulation von        Polizeieinsätze leistet. Damit gelangte Br Droz
Operationssphären zu skizzieren und die Rolle     zum Begriff der hybriden Bedrohung, die sehr
und Besonderheiten der entsprechenden Ope-        vielseitig sein kann und wiederum alle Sphä-
rationssphären zu erklären. In der Streitkräf-    ren umfassen kann.
teentwicklung spricht man vom Modellansatz
der Operationssphäre. Der eher trockene Be-       In der Operationssphäre Luft finden wichtige
griff beinhaltet Operationsräume in oder aus      dynamische, zeitlich und örtlich begrenzte Ak-
welchen Streitkräfte Wirkung erzielen sowie       tionen statt. Deshalb muss der Luftraum für
auch die Doktrin, die Planung oder die diesbe-    den Verkehr funktionell bleiben. Die Wahrung
zügliche Information. Unter Operationssphä-       der Lufthoheit ist eine ausschliessliche Aufga-
ren versteht man Boden, Wasser, Luft, Welt-       be der Armee. Die Luftverteidigung hat primär
raum, Cyberraum, Elektromagnetischer Raum.        zum Ziel, dem Gegner die Luftüberlegenheit
Die gezeigten Folien mit Fotos und Grafiken       über die Schweiz zu verunmöglichen. Der Re-
erklärten dies alles noch genauer.                ferent ging kurz auf die in den Medien erwähn-
                                                  ten «Alternativen» für das neue Kampfflug-
Die Prinzipskizze Boden zeigte die Übersicht      zeug (NKF) ein und legte dar, warum diese
und definierte Schützen, Kämpfen, Helfen,         sog. Alternativen nicht brauchbar sind.
was wohl allen Zuhörern bekannt war. Die
Wichtigkeit der Operationssphäre Boden bleibt     Für die meisten Anwesenden eher Neuland
hoch. Die Veränderung des Wirkungsraums           war nun die Operationssphäre Weltraum, die
als Ganzes (Umfeld, Akteure) ist aber klein,      von Oberst i Gst Ludovic Monnerat zunächst
insbesondere bei den Streitkräften. Die Bedro-    mit einer Übersicht präsentiert wurde. Die
hung hingegen kennt eine schnelle Entwick-        Wichtigkeit der Operationssphäre Weltraum

                                                                                              15
steigt. Die Veränderung der Fähigkeiten im         Ein Ausblick fasste zusammen:
Weltraum ist so rasant und tief, dass eine Re-     •	Das Kommando Operationen stellt sicher,
volution in diesem Bereich stattfindet. Die           dass alle Op Sphären in der Aktionsplanung,
Massenproduktion von Plattformen im Orbit             in der Aktionsführung sowie analog in der
und von Trägern führt einerseits zu einer Mul-        Streitkräfteentwicklung berücksichtigt und
tiplikation der Anzahl Satelliten und anderer-        ausgenutzt werden.
seits zu einer Multiplikation der Leistungen,      •	Wir bauen konsequent unsere Kompetenzen
die erbracht werden können. Im Informations-          um, bzw. auf, damit keine Lücke im Operati-
raum findet eine permanente Auseinanderset-           onsraum entsteht, und damit die kumulative
zung von Botschaften und Meinungen statt.             Wirkung aller Aktionen und Leistungen das
Beeinflusst werden diese auch durch Wahr-             Kampf- und Schutzpotential der Armee er-
nehmung aller Tätigkeiten in den anderen Wir-         höht.
kungsräumen.                                       •	Dieser operationssphärenübergreifende An-
Der Referent ging speziell auf den Begriff Info-      satz ist aber nicht mit einer Zentralisierung
raum ein: Die Elemente, die Entwicklung und           zu vermischen. In Zukunft wird diese Kumu-
die Wirkungen im Informationsraum. Was                lation der Effekte auch dezentral, ebenfalls
heisst das nun für die Schweizer Armee? Die           auf taktischer Ebene, gestaltet.
Armee nutzt den Informationsraum im Rah-
men politischer Vorgaben und gemäss den            Der Präsident, Oberstlt i Gst Matthias Spycher,
geltenden rechtlichen Vorschriften zur Erfül-      dankte den beiden Referenten herzlich. Der
lung des militärischen Auftrages: zur Unter-       grosse Applaus honorierte die Wichtigkeit und
stützung, zum Schutz und zur Intervention.         die vorzügliche Präsentation des Gehörten.
Der Vortrag wurde immer spannender: Die            Während dem Apéro wurde fleissig weiter dis-
Operationssphäre Elektromagnetischer Raum          kutiert mit den noch anwesenden Referenten,
und die Leistungen der Elektronischen Krieg-       Br Droz und Oberst i Gst Monnerat.
führung (EKF) in diesem Raum. Und schliess-
lich die Operationssphäre Cyberraum. Hier          Dem von Werner Rothen offerierten reichhalti-
werden Daten (digital) erfasst, gespeichert,       gen Apéro wurde ohne Bedenken freudig zu-
übertragen, verarbeitet, geordnet, kodiert,        gesprochen. Es gab Kartoffelsalat und Schüb-
dargestellt und in physische Aktionen umge-        lig, und das in einer (ehemals) Hugenotten-
wandelt. Der Cyber-Raum muss funktionell           Kirche. Es fehlte nur noch der Reformator und
bleiben für die Gesellschaft sowie für die Ar-     Leutpriester Huldrych Zwingli als Gast bei die-
mee. Es folgte die Zusammenfassung des             sem Wurstessen. Auch in einer Kirche
Ganzen, die Kumulation der Effekte, die Ope-       schmeckt es vorzüglich, eine besondere At-
rationsplanung für mögliche Aktionen.              mosphäre.

                                                                          Four aD Ursula Bonetti

16
«Global Liberation Front» – oder lieber
doch nicht …
Weil auch die Schweiz mit terroristischen Ereignissen rechnen muss, die leider
nicht mehr unmöglich scheinen, bereitet sie sich mit der Sicherheitsverbund-
übung 2019 (SVU 19) mit möglichen Szenarien auf die neuen Herausforderungen
unserer Zeit vor. Übungsleiter ist der ehemalige Regierungsrat und Oberst aD
Hans-Jürg Käser.

Ohne lange Vorreden stellt Hans-Jürg Käser        sichtbar und konnten bekämpft werden. 1989
vor 35 Mitgliedern der OGB die Ziele dieser       brach der grosse Friede aus. Es gab mit A95
Sicher­heitsverbundübung 2019 vor:                keine GVU mehr. 2014 sah es bereits wieder
                                                  anders aus, aber diesmal nicht so schön
1.	
   wie die Schweiz eine länger andauernde         ­«suuber und früntlech krieget» wie zu Zeiten
   Terrorbedrohung bewältigt und was dabei         der Kappeler Kriege 1531. Wie im Nebel ver-
   die kritischen Aspekte sind;                    schwommen, diffus und unberechenbar finden
2.	
   wie die Krisenführungsorgane von Bund,          heute Kriege statt, wie beispielsweise der
   Kantonen und Dritten zusammenarbeiten           Krimkrieg des 21. Jahrhunderts: ein Beginn
   und ob sie ihre Massnahmen gemäss einer         der hybriden Kriegführung. Sensibilisierung,
   gemeinsamen Bewältigungsstrategie koor-         Aufmerksamkeit und Entschlossenheit sind
   dinieren;                                       gefragt.
3.	
   ob diese Organe rasch einsatzbereit und
   durchhaltefähig sind sowie über ein konsoli-   Das Konzept der SVU 19 schuf eine fiktive Ge-
   diertes und aktuelles Lagebild verfügen;       genseite, die «Global Liberation Front», eine
4.	
   ob vorhandene Vorsorgeplanungen Terror         religiöse Sekte mit globaler Agenda, von ir-
   ausreichen;                                    gendwo aus dem Osten, aus Agrarien. Die SVU
5.	
   ob die Krisenkommunikation von Bund,           19 begann 2017 mit Lageberichten von Ereig-
   Kantonen und Dritten abgestimmt ist;           nissen im Raum Genf, die sich langsam stei-
6.	wie die Empfehlungen aus dem Schlussbe-       gerten bis zur Eskalation der Sicherheitslage
   richt der SUV 14 umgesetzt wurden.             2019. Das strategische Ziel heisst: Verhindert
                                                  weitere Terroranschläge. Die Übungsleitung
Der Referent stellt fest, dass keine solche       ist unterwegs, um zu hören und zu sehen, wie
Übung möglich ist, wenn die Kantone nicht         die Verantwortlichen in den Kantonen reagie-
mitmachen. Das Organigramm zeigt die Teil-        ren, und ob sie sich die Frage stellen: Was
projekte Bevölkerungsschutz, Polizei (Kanto-      könnte als Nächstes passieren? Sind wir be-
ne), Armee (Bund) und Krisenkommunikation.        reit? Wie wird reagiert auf politische Erpres-
                                                  sung? Auf Propaganda z.B. mit Farbanschlä-
Die meisten Anwesenden sind aus der Genera-       gen zunächst auf Verkaufslokale Schweizeri-
tion der Gesamtverteidigungsübungen (GVU).        scher Produkte wie Swatch, Victorinox, oder
Man kannte den Gegner. Die russischen Pan-        auf die Schweizer-Botschaft in Agrarien? Dann
zer auf den Plätzen Budapests 1956 waren          kommen die Flüchtlinge aus Agrarien. Mit den

                                                                                             17
verängstigten Agrariern kommen aber auch           Bundesräte dabei haben, keine Figurantinnen,
Anhänger der erwähnten Sekte, damit sie in         die Bundesrätin Amherd oder Keller spielen.
der Schweiz Tritt fassen können. Im Haufen         Nur wer vors (Bundes)-Haus tritt, sieht, was in
der «Völkerwanderung» erkennt man sie nicht.       den Gassen vor sich geht. In der SVU 19 wer-
                                                   den keine Naturkatastrophen geübt.
Die kriminellen Beschaffungsaktivitäten sind
umfassend in der ganzen Schweiz, diese «pas-       Der Referent zieht ein erstes Fazit: Es muss
sieren» im Jahr 2018, was die Übung ins Be-        eine Konsolidierung angestrebt werden. Die
wusstsein der Beteiligten sinken lässt, denn       Übung soll dazu beitragen, dass ein «Zacken
Diebstähle von Munition, Waffen, Sprengstoff,      zugelegt wird» in der Aufmerksamkeit, was in
ist nichts Unbekanntes. Die aufgetauchte Lis-      den Staaten um uns herum vorgeht. Fake
te im Internet mit 450 realen Namen von Per-       News beherrschen in der Realität alles! Sol-
sonen aus Politik und Medien, mit Wohnadres-       che Lagen der Bevölkerung glaubwürdig zu
sen, ist ein Fingerzeig für die öffentliche Si-    übermitteln ist eine ungeheure Herausforde-
cherheit. Was zu Beginn der SVU 19 von eini-       rung (Teilprojekt Kommunikation). Der «vor-
gen Kantonen zunächst eher oberflächlich zur       behaltene Entschluss» muss wieder vermehrt
Kenntnis genommen wurde, sieht nun nicht           zum Tragen kommen. Er ist den AdA bekannt,
mehr so theoretisch aus. Zu viel ist tatsächlich   aber in der Verwaltung eher nicht. Die Übungs-
in Europa passiert.                                phase 2018 bis 2019 ist entscheidend. Jetzt
                                                   müssen alle Kantone mitmachen. Der Refe-
Dem Cyberraum muss in zunehmendem Mass             rent hat als Übungsleiter allerdings selber
Aufmerksamkeit geschenkt werden. Eine Sa-          keine Machtbefugnis, er überzeugt trotzdem
botage (Strommasten) ist denkbar, ein totaler      mit deutlicher Stimme und mit blitzenden Au-
Stromausfall nicht einfach wegen Überlas-          gen, und das bestimmt nicht nur hier im Vor-
tung, sondern durch Angriffe. Terroranschläge      tragssaal. Er hat die SVU 19 in den sicher-
könnten sich durchaus auch bei uns ereignen.       heitspolitischen Kommissionen Ständerat und
Hier ist ganz besonders die Zusammenarbeit         Nationalrat sowie in England (beim Royal Uni-
mit den Partnern gefragt und wird geübt.           ted Services Institute) vorgestellt, und er rief
                                                   dazu auf, auch bereit zu sein zu berichten, was
Bei der Stabsrahmenübung der SVU 19 Mitte          nicht funktioniert hat, denn daraus lernt man
November 2019 müssen die Stäbe der Kantone         am meisten.
52 Stunden am Stück im Einsatz sein, und die
Durchhaltefähigkeit steht auf dem Prüfstand.       Auch die Zuhörer haben gelernt und zum
So muss beispielsweise ein Gesuch um Bewa-         zweiten Referat im Dezember von Oberst aD
chung kritischer Infrastrukturen politisch ab-     Hans-Jürg Käser werden bestimmt doppelt
gestützt werden, also die Einsatzmöglichkei-       so viele Teilnehmer im Vortragssaal sitzen:
ten der Armee. Im Ernstfall erfolgen keine Be-     ­«Erste Erkenntnisse aus der SVU 19». Darauf
fehle, da werden Entscheidungen gefordert.          ­freuen wir uns.
Die Kantone sind jetzt dabei, nun muss – so
Hans-Jürg Käser – die politische Stufe ins                                 Four aD Ursula Bonetti
Boot gebracht werden. Er möchte die echten

18
Unsere Referenten

Divisionär René Wellinger

Korpskommandant Aldo C. Schellenberg

Oberst i Gst Daniel Reimann

                                       19
Oberst aD Hans-Jürg Käser

     Oberstlt i Gst Matthias Spycher
     Brigadier Maurizio Dattrino
     Oberst i Gst Frieder Fallscheer

     Oberst aD Robert Lüssi
     Oberst i Gst Frieder Fallscheer

20
Mitgliederversammlung 4. März 2019
Haus der Universität

Bei diesem leckeren Wurstessen in der
Französischen Kirche Bern fehlt nur noch
Huldrych Zwingli, Mai 2019

Oberst aD Hans-Jürg Käser im Gespräch,
Juni 2019

                                           21
Auch Br Maurizio Dattrino geniesst zum
     Gespräch ein «Bärner Müntschi»-Bier

     Es fehlt nicht an holder Weiblichkeit: Kpl RKD
     Heidy Spycher, Hptm RKD Susanne Keller,
     Four RKD Ursula Bonetti, Juli 2019

     Aufmerksame Zuhörer Referat SVU 19,
     Oberst aD Hans-Jürg Käser, Dezember 2019

22
Vielfalt in der Einheit
Brigadier Maurizio Dattrino, der als echter Bellinzonese aus der elftgrössten Stadt
der Schweiz kommt, ist ein gutes Beispiel für die Vielfalt unseres Landes. Der
Kommandant der Generalstabsschule (Gst S) spricht nämlich alle vier Landes­
sprachen und dazu noch Englisch, denn es sitzen manchmal ausländische Gäste in
den Kursen. Er fordert die Anwesenden heraus, mit Begriffen und Abkürzungen,
die nicht mehr allen geläufig sind. Damit sichert er sich ungeteilte Aufmerksam-
keit. Br Dattrino hat Bodenhaftung und trägt mit strahlendem Lachen alles überaus
verständlich vor.

Damit sind wir, die rund 40 Mitglieder und         mit Führungsinformationssystemen, Papier,
Gäste der OG Stadt Bern, als Zuhörer seines        mit Funk und Telefon gearbeitet. Die Schrei-
Referates am 1. Juli 2019 mitten drin, in          bende hat das einmal als Gast in Kriens beim
­Kriens, dem Zuhause der Gst S. Die Gst S hat      GLG III mit der FU Br 41 erlebt. Wie hat es
 als Organisationseinheit der Höheren Kader-       Spass gemacht, eine Verbindung aufzubauen
 ausbildung (HKA) die folgenden Aufgaben           und zu erfahren, dass es funktioniert! Im Kdo
 wahrzunehmen:                                     Führungssimulator arbeiten 60% zivile Ange-
 •	Grund- und Weiterausbildung der General-       stellte als Fachlehrer, teils langjährige Mitar-
    stabsoffiziere sowie der Offiziere und höhe-   beitende. Die Drehbücher werden je nach Be-
    re Unteroffiziere in Stäben Grosse Verbände    dürfnis erstellt. So hat das DEZA eine Übung
    (Gs Vb);                                       «Erdbeben» durchgeführt. Da sassen selbst
 •	Simulatorgestützte Stabsausbildung der Di-     Israeli und Palästinenser im gleichen Raum.
    rektunterstellten CdA, Gs Vb und LG HKA;       Im Ernstfall wären ja beide Völker betroffen.
 •	Leistet mit Partnern aus dem Sicherheits-      Die zivilen Partner sind keine gespielten Rol-
    verbund Schweiz (SVS) und ausländischen        len. Es sind echte Personen von SBB, Feuer-
    Sim Anwendern Beiträge zur Weiterent-          wehr, Polizei, Medien, GWK und sogar Regie-
    wicklung der simulatorgestützten Ausb im       rungsräte aus der Innerschweiz, die mitma-
    Umfeld der konstruktiven Simulation;           chen, als gälte es ernst.
 •	BGO und weitere Lehrmittel der oberen takt
    Fhr Stufe;                                     Wie auf Kommando ertönt das Stampfen von
 •	Unterstützung der Op S bei der mil strat –     Stiefeln und skandiertes Geschrei von der
    op Stufe (Op LG A).                            Gasse her bis in den Vortragssaal hinauf: Eine
                                                   echte Demo der Antifa, von der Reithalle her
Die Sim Anlagen sind von 1995. Sie werden bis      kommend. Es tönt unheimlich und die Fenster
2021 ersetzt und Br Dattrino wie auch das Be-      werden geschlossen. «Das war nicht geplant»,
triebspersonal freuen sich darauf. Übungen         meint Br Dattrino gefasst, «aber das ist Reali-
werden bereits revidiert und angepasst. Bei        tät, und es könnte eskalieren.» Dann braucht
der Schulung Sim ist kein einziger Soldat          es Reaktion, Stäbe und gezielte Führung.
draussen im Militärdienst. Der beübte Ver-
band hat keine Berührungspunkte zum Sim            In den 20 Jahren der heutigen Gst S haben ins-
und sieht die Anlage nicht. Wie in Echtzeit wird   gesamt 30‘000 Kommandanten und Stabsmit-

                                                                                                23
arbeiter von «Grossen Verbänden» und Lehr-          Maurizio Dattrino spricht davon, warum er als
gängen sowie den Partnern aus dem «Sicher-          Kdt Gst S in den Lehrgängen ein paar Dinge
heitsverbund Schweiz» gelernt:                      geändert hat, ohne die Verdienste seines Vor-
Verhaltenssicherheit heisst WOLLEN                  gängers schmälern zu wollen. Mit Humor er-
Verfahrenssicherheit heisst KÖNNEN                  zählt er von eigenen Erlebnissen als Rekrut,
Handlungssicherheit heisst TUN.                     als junger Offizier. Aus diesen Erfahrungen
                                                    lehrt er heute: «Geben Sie Befehle, die um-
Pro Jahr beginnen rund 40 Kandidaten nach           setzbar sind; und zwar bis hinunter zum Sol-
erfolgten Eintrittsprüfungen den GLG I. Nach        dat, der den Befehl ausführen muss.» Er führ-
dem GLG II werden die Offiziere nach dem Be-        te ein, dass nach einer Auftragserteilung nicht
stehen der Lehrgänge zu Gst Of und zum Ma-          wie wild mit der Arbeit angefangen wird, son-
jor befördert. Es besteht unter den Milizoffizie-   dern «Sitzen und Denken». Das bringe sehr
ren grosses Interesse für die Gst Kurse. Br         viel mehr, als unreflektiertes sofortiges Han-
Dattrino sieht darin eine Chance guter Durch-       deln. Möglicherweise geht es nämlich ums
mischung von BO und Miliz, von Uni- und             Überleben. Neue Szenarien zu bilden ist
Hochschulabsolventen und Anwärtern aus an-          ­extrem schwierig, weil sich die Weltlage dau-
deren Berufszweigen. Sie haben den Ehrgeiz           ernd und rasant verändert. Wir könnten aus
auf Herausforderung und Leistung für eine            der Komfortzone heraus kommen. Bei Übun-
spätere Stabstätigkeit.                              gen darf nicht alles schön sein: «Übe, wie du
                                                     kämpfst.»
So lautet denn die Kernkompetenz eines Gst Of:
• Komplexe Probleme strukturiert erfassen;          Behelfe und Reglemente werden angepasst
•	Analytisches und vernetztes, ganzheitliches      und revidiert, doch geht das nicht von heute auf
   Denken;                                          morgen. Das Ziel ist, einen Divisions-Arbeits-
• In Varianten denken;                              platz zu schaffen für grosse Übungen. Noch
•	Jederzeit den Überblick behalten sowie           fehlt es an genügend Unterkünften und Logis-
   durch ein permanentes Zeitmanagement             tik.
   die Zielerreichung sicherstellen;
• Präzision und Denken in der Arbeit;               Einige Anwesende haben Div Hans Bachofner
•	Lösungsorientierte, fehlerfreie Resultate        noch gekannt, ein früherer Kdt des Komman-
   von hoher Qualität liefern, dies auch unter      dos Generalstabskurse (KGK). Zwischen sei-
   Zeitdruck und hoher Belastung.                   nen Kursunterlagen von 1987 (Kalter Krieg!)
                                                    und dem, was heute in Kriens gelehrt und ge-
Wobei wir wiederum beim Gewinn einer militä-        übt wird, liegen Welten. Es hat eine gewaltige
rischen Führungsausbildung für den zivilen Ar-      und positive Entwicklung stattgefunden, und
beitsplatz angelangt sind. Die Leitgedanken         ist weiterhin im Gange. Mit einem Komman-
sind:                                               danten wie Br Maurizio Dattrino an der Spitze
• Fokus auf den Menschen;                           kann es nur eins geben: «Mir nach, FORZA!»
•	Die Verbandsausbildung steht im Zentrum.
   Neben der Ausbildung in der spezifischen                                Four aD Ursula Bonetti
   Funktion liegt das Schwergewicht auf der
   funktionsübergreifenden Stabsarbeit;
•	Die Stabsoffiziere sind innerhalb der FGG (und
   in Stabsgruppen) polyvalent auszubilden.

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Rekrut Lüssi, daher!
Die Kaffeepausenidee im Hause Lüssi erinnert an «Die Feuerzangenbowle» von
Heinrich Spoerl. Aus der Idee von Oberst aD Robert Lüssi entstand jedoch kein
Film sondern ein eindrückliches Projekt. Die rund 60 am Referat bei der OG Stadt
Bern im November 2019 Anwesenden nahmen interessiert an diesem ungewöhn­
lichen Unterfangen teil und waren beeindruckt. So spannend und informativ
­hatten es sich wohl die Wenigsten vorgestellt: Die RS – heute und vor 40 Jahren.

Wer angenommen hatte, jetzt höre er eine           einer Expeditionsausrüstung. Beim Zimmer-
Menge lustiger und weniger lustige Anekdoten       bezug stellte sich Oberst Lüssi den Kamera-
aus dem Militärdienst, der sah sich getäuscht.     den vor und erklärte, weshalb er hier sei. Es
Das Ziel von Oberst Lüssi war, aufzuzeigen,        blieb ja nicht verborgen, dass einer der Rekru-
dass es seit seiner ersten RS 1976 viele gute      ten schon etwas angegraut war. Er blieb auch
Veränderungen gab in der Armee, dass die           bei den übrigen echten Rekruten nicht unent-
jungen Dienstpflichtigen motiviert sind, und       deckt und der Schulkommandant klärte nach
dass er mit seinen Vorträgen ein Zeichen set-      zwei Wochen die ganze Schule auf. Inzwischen
zen will gegen Medienberichte, die oft negativ     war Rekrut Lüssi von den Kameraden voll ak-
und reisserisch die Armee darstellen. Er woll-     zeptiert. Rekr Lüssi spielte seine Rolle mit
te mit Vorurteilen gegen die Jugend aufräu-        Bravour. Nein, er spielte sie nicht, er lebte sie.
men. Es sei schwieriger, ein Vorurteil zu zer-     Es gab auch sehr positive und lobende Me-
trümmern als ein Atom, zitierte er Albert Ein-     dienechos.
stein. Er würde über seine zweite RS dem Chef
Operationen, KKdt Aldo C. Schellenberg, aus-       Er machte es sich nicht einfach. Da es sich un-
führlich Bericht erstatten. Der Referent hat       terdessen zu einem veritablen Projekt gemau-
das ganze Projekt vom ersten Tag an sorgfältig     sert hatte, bedeutete dies für Rekr Lüssi
dokumentiert.                                      Mehrarbeit. Er stand jeden Morgen früher auf
                                                   und führte ein Tagebuch. Er hatte im Vorfeld
Oberst Lüssis Idee nahm Formen an. Bewilligt       moderne Fragebogen in Deutsch und Franzö-
hat sein Experiment Bundesrat Guy Parmelin.        sisch gestaltet, die er im Einverständnis mit
Oberst Lüssi nahm am OT und an der Rekru-          dem Schulkommando zu Beginn der RS ver-
tierung teil. Robert ist anschliessend in die RS   teilte und am Schluss. Er wollte feststellen, wo
eingerückt, in Payerne in die Ecole Aviation 81    und wie sich die Wahrnehmungen und Erfah-
mit dem Motto PA CAPONA. Er absolvierte            rungen der Rekruten verändert hatten. Das
nach 40 Jahren nochmals während rund acht          Ganze wurde minutiös ausgewertet und er
Wochen die RS mit allem Drum und Dran. Kei-        stellte es der Zuhörerschaft der OGB vor.
ne Vergünstigungen, keine Sonderbehandlung
wie Rücksicht aufs Alter oder auf den bereits      In der Freizeit diskutierte der ältere Rekrut oft
erworbenen Grad. Seine erste RS absolvierte        mit den jungen Rekruten und diese fassten
Oberst Lüssi noch unter den Gegebenheiten          Vertrauen. Sie spürten, dass der erfahrene
der Armee 61. Was früher in einem Eff-Sack         Kamerad im Interesse aller derzeitigen Rek-
und einem Rucksack Platz hatte, gleicht heute      ruten handelte. Sie unterstützten ihn, denn

                                                                                                  27
manchmal lief er doch am Limit, bei den Aus-       tionshintergrund andere Kulturen, Religionen
märschen, beim Sport. Er hat immer durchge-        und Lebenseinstellungen mit. Es wird Rück-
halten und erfüllt, wenn auch im hinteren Drit-    sicht genommen bei der Verpflegung. Die Ar-
tel. Er spürte keine Generationenbarriere. Ein-    mee leistet einen wichtigen Beitrag zur Integ-
zig eine Zeitung der Romandie wies mit einer       ration. Das Dienstbüchlein ist nicht mehr feld-
lustigen Karikatur auf diesen Punkt hin: ein-      grau. Man darf zwei Jokertage beziehen, d.h.
mal im Wald in einer Gefechtspause will Rek-       Urlaub für die Erledigung ziviler Angelegen-
rut Lüssi der Gruppe ein Znüni anbieten, kei-      heiten. Sport geht weit über das frühere Mor-
ner schaute auf. Alle waren mit ihren Handys       genturnen hinaus und ist vielseitig geworden,
beschäftigt. Das gab ihm zu denken und er ge-      wird auch mit Freude absolviert. Mit dem
noss Most und Wurst allein.                        Haarschnitt wird auch kein Tamtam mehr auf-
                                                   geführt. Da sind Frauen in der Armee! Nicht
Sehr beeindruckt haben ihn am OT der tolle         mehr die FHD, abgeschottet in eigenen Abtei-
Einsatz der Moderatoren und die Gründlichkeit      lungen, in nur wenigen Funktionen. Nein, die
der Rekrutierung in Sumiswald. Rekr Lüssi          Frauen aller Grade sind in allen Waffengattun-
musste etliche neue Abkürzungen lernen und         gen integriert, so sie die Bedingungen erfül-
eine neue Aufteilung der RS: zunächst Allge-       len. Ihr Verhalten hat Rekr Lüssi als vorbild-
meine Grundausbildung, dann ergänzende             lich erfahren. Er ist ein Befürworter des OT für
Grundausbildung. Hier war er lückenlos dabei.      Frauen, und er unterstützt die Bemühungen,
Die Fachausbildung, Wartung und Reparatur          mehr Frauen für die Armee zu rekrutieren.
der Kampfjets und Super Puma, machte er
nicht mit, denn hier fehlte ihm der zivile Be-     Was ist besser seit 1976? Ganz eindeutig das
rufshintergrund. Wieder voll dabei war er für      Essen! Kein Pflichtkonsum mehr, der hinunter
einige Tage in der Verbandsausbildung und          gewürgt wurde und keine schwarze Schokola-
anschliessend in der Verlegung in Meiringen        de mehr, die man erst essen durfte, wenn
wo er im Kommandozug Dienst leistete, nun          man schon tot war. Auch die Unterkünfte, die
als Soldat Lüssi.                                  Hygie­neverhältnisse sind besser, das Material,
                                                   die persönliche Ausrüstung. Man müsse aber
Die Auswertung der Fragen: Was ist noch            bedenken, unter welchen Voraussetzungen die
gleich, was ist besser und was ist weniger gut     Armee 51 und 61 geschaffen worden sind: es
als früher, brachte Erstaunliches zutage. Die      herrschte der Kalte Krieg und Vorratshaltung
geliebte und wichtige Feldpost gibt es immer       war ein Muss. Der RS-Start ist besser gewor-
noch. Das Soldsäcklein ist noch gelb. Die RS       den, der Informationsfluss, die Weiterbil-
ist immer noch sozusagen die letzte Erzie-         dungsmöglichkeiten.
hungsphase nach der Schule. Es gibt noch
Vorbilder, Abläufe, Befehle, Drill. Gleich ge-     Was ist weniger gut? Auf der Erkennungsmar-
blieben ist auch die grosse Kameradschaft.         ke, dem sog. «Grabstein», fehlt die Blutgrup-
                                                   pe, dabei könnte es bei einer Verletzung ent-
Was ist anders? Die neuen Gradbezeichnun-          scheidend sein, diese zu kennen. Aus den ge-
gen, die Informatik, Laptop sind Alltag, mit ih-   machten Umfragen ist leider festzustellen,
nen können ganze Ausbildungsmodule durch-          dass es den jungen Leuten trotz guter Schul-
gearbeitet werden. Digitalisierung überall und     bildung eindeutig an Sprachkompetenz fehlt.
nicht zu unterschätzen das Interkulturelle,        Das gibt doch sehr zu denken. Das Gemein­
denn viele Rekruten bringen mit ihrem Migra-       same fehlt wegen der starken Abschottung

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