SCHREIBEN ERPRESSUNG 01/21 - Vereinigung Kriminaldienst Österreich

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SCHREIBEN ERPRESSUNG 01/21 - Vereinigung Kriminaldienst Österreich
porträt                bericht                              buchtipp
Der neue BK-Direktor
im Fachgespräch
                       Das Parlament bekommt
                       keine eigene Polizei
                                                            Kriminalistik im
                                                            Experten-Überblick                        01/21

                                                                                    VEREINIGUNG

                                                                                 KRIMINALDIENST

                                                                                     ÖSTERREICH

             ERPRESSUNG
          SCHREIBEN
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                                                                                                                                     editorial

ABGESAGT UND
VERSCHOBEN                                                                                                                                   ausgabe
                                                                                                                                             01/21
W
            enn man ein Jahr unter ein Motto stellen kann, dann war das für 2020
            „abgesagt und verschoben“. Bedauerlich, dass auch das Jahr 2021 unter
            eben diesem Motto beginnt. Wieder müssen vorbereitete Veranstaltun-
                                                                                           splitter
gen, allen voran unsere 100-Jahr-Feier und die Vollversammlung, bei der ein Genera-
tionswechsel vollzogen wird, verschoben werden. Ärgerlich, aber nicht lebensbedro-         Nationale und internationale Meldungen . . . . . 5

hend, das gilt zumindest für die „Vereinigung Kriminaldienst Österreich“.
                                                                                           porträt
   Als wir 2020 die Juli-Ausgabe unserer Zeitschrift konzipiert haben, die „Corona“        Der neue BK-Direktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
zum Thema hatte, hat die gesamte Redaktion gedacht: „Das war's, Ende des Jahres            Alles Gute, „Helmi 2“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
ist es vorbei“. Irrtum! Das Leben bleibt nicht stehen, und ein Virus kennt keine Pause.
Es läuft daher das Leben zurzeit eben nur mit halber Geschwindigkeit. Das gilt nicht
                                                                                           top thema
                                                                                           Massenerpressung per E-Mail:
für einige Ministerien und deren Fußtruppen, denn dort bedeutet Lockdown Mehrar-
                                                                                           Suche nach dem Heiligen Gral . . . . . . . . . . . . 12
beit. Jetzt Innenminister zu sein, ist kein Honiglecken, und für die Beamten Mehrar-
beit. Mehrarbeit für alle, vom Minister bis zum Aspiranten. 2.700 Kollegen sind bisher     bericht
positiv auf Corona getestet worden. Ergebnis: Mehrarbeit für die verbliebenen Mit-         Tätersuche durch Spracherkennung . . . . . . . . 17
                                                                                           Keine Perspektive für die „Parlamentspolizei“ 19
streiter, und das immer unter der Gefahr der Ansteckung. Als ob der Beruf nicht ge-
                                                                                           Einsatzbereitschaft trotz Corona
fährlich genug wäre!
                                                                                           nicht gefährdet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
   Egal. Es ist, wie es ist, wir alle müssen da durch. Jene Idioten, die Corona als Fake
der Pharmaindustrie ansehen, werden bald in Vergessenheit geraten.
                                                                                           buchtipp
                                                                                           Kriminalistik:
   2021 bringt uns jedenfalls einen Generationswechsel. Vor allem im BK gibt es eine       Ein aktueller Themenüberblick . . . . . . . . . . . . 22
neue Führung (wenn auch jetzt nur „vorläufig betraut“) und in der Zielfahndung tritt
ein Mann aus der zweiten Reihe in die Führungsposition. Vertraute Gesichter treten         intern
                                                                                           Eine polizeiliche Musterkarriere . . . . . . . . . . .            23
zurück, neue treten ins Rampenlicht.
                                                                                           VKÖ Immobilien: 2 Wohnungen frei . . . . . . . . .                23
   Veränderung gibt es nicht nur bei den handelnden Personen, sondern auch bei             Aus dem Archiv  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     25
der Kriminalität. Und weil sie sich verändert, müssen auch wir unsere Taktiken und         70 Jahre bei der VKÖ . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        25
                                                                                           Wir gratulieren und bedanken uns . . . . . . . . .                26
Abteilungen ändern, auflösen oder neue schaffen. „Erpressung durch E-Mails“ heißt
                                                                                           kripo.at-Rätsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   26
die neue Bedrohung. Also zu meiner Zeit als aktiver Kriminalbeamter wussten wir
                                                                                           Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   26
grad was Mails sind, aber dass man damit auch erpressen kann? Ein Problem, da-
mals nicht einmal angedacht.

   kripo.at ist immer am Ball. Also können wir in der Titelgeschichte dieser Ausgabe       Coverbild: Saksham Choudhary/Pexels
eine Truppe vorstellen, an die vor Jahren kein Mensch gedacht hat.

                                   Richard Benda,
                                       Präsident

                                                                                                                                                         3
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  brüssel.
  Der Brexit hätte die Sicherheitslage in Europa verschlechtert, warnt
  Gerhard Conrad, Ex-Direktor des europäischen Geheimdienstzentrums
  (Bild rechts). Den Briten sei der feste Europol-Sitz abhandengekom-
  men, ebenso der direkte Zugang zum Schengener Informationssystem
  (SIS). Dabei hätten sie im Vorjahr rund 600 Millionen SIS-Anfragen ge-
  stellt – und abseits davon wichtige Informationen zur Terrorbekämpfung
  geliefert. Die EU müsse den Austrittsvertrag dringend nachverhandeln,
  so Conrad.
  (Quelle: www.augsburger-allgemeine.de)
                                                                                                                  Bild: Bundesamt f. Verfassungsschutz

                                                       rotterdam/hamburg.
                                                       In niederländischen Häfen und Flug-
                                           Bild: BMI   häfen sind im Vorjahr 48 Tonnen Ko-
wien.                                                  kain sichergestellt worden, 40 davon
In Anfragebeantwortung 3457/AB hat                     in Europas größtem Containerhafen,
Innenminister Karl Nehammer klargestellt,              das sind um 20 % mehr als 2019. Laut      amsterdam.
wozu der digitale Bildabgleich da ist: Zur             Zoll wurden die pro Ladung gefunde-       Geht es nach Bürgermeisterin, Staats-
Aufklärung schwerer Straftaten. Von De-                nen Drogenmengen stetig größer, 12        anwaltschaft und Polizei, ist es mit dem
zember 2019 bis 1. Oktober 2020 wurden                 haben mehr als je eine Tonne gewo-        ausufernden Drogentourismus in der nie-
in 931 Fällen (Terror, Mord, Raub usw.)                gen. Ähnlich die Situation in der deut-   derländischen Metropole bald vorbei: Die
Fotos von unbekannten Verdächtigen mit                 schen Hansestadt an der Elbe, wo          berüchtigten „Coffeeshops“ sollen nur
der „zentralen erkennungsdienstlichen                  auch immer öfter immer mehr Koka-         mehr von Inländern nach Vorlage ihres
Evidenz“ (vulgo: Verbrecherkartei) abge-               in gefunden wird. im Vorjahr auf ei-      Reisepasses betreten werden dürfen. Eine
glichen und so 1.343 Personen überprüft.               nen Schlag beispielsweise gleich 1,8      ähnliche Regelung gilt im ganzen Land, für
Die behauptete Echtzeitüberwachung ist                 Tonnen aus Peru, versteckt in einem       Amsterdam jedoch (noch) eine Ausnahme.
unmöglich und auch nicht vorgesehen.                   Container mit Katzenstreu.                Somit können „weiche“ Drogen legal er-
(Quelle: www.parlament.gv.at)                                                                    standen werden, auch im „Lockdown“.

  san francisco.
  Es ist eine kleine Sensation, der erhoffte Durch-
  bruch ist aber ausgeblieben ist: Wie von kripo.
  at zuletzt berichtet (Ausgabe 04/20), hat man
  mehr als 50 Jahre an einer codierten Botschaft
  des US-Serienmörders „Zodiac“ herumgerätselt.
  Kürzlich gelang einem internationalen Kryptogra-
  phen-Team die Entschlüsselung des 1969 an eine
  Zeitung gerichteten Schreibens. Nach deren An-
  gaben enthält es zahlreiche Protzereien – aber
  doch keinen Namen.

                                                                                                                                                         5
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       porträt                                                                                                                     Bild: BMI/Gerd Pachauer

                                                                       Mag. Andreas Holzer, MA ist 1993 zur Gendarmerie gekommen, jetzt ist er BK-Direktor

kripo.at STELLT VOR:

ANDREAS HOLZER, BK-DIREKTOR
Vor 20 Jahren hat Mag. Andreas Holzer, MA im Bundeskriminalamt als „kleiner“                           gesamten „Abteilung 3 – organisierte
Zielfahnder angefangen. Nun sitzt er im Chefsessel von Österreichs Zentralstelle                       und allgemeine Kriminalität“, den zuvor
der Kriminalitätsbekämpfung. kripo.at stellt den neuen BK-Direktor vor und hat                         Ernst Geiger innehatte.
ihn zu einem ersten Interview gebeten.
                                                                                                           Gut zwei Drittel des kriminellen Ge-
  helmut.baertl@kripo.at und peter.grolig@kripo.at                                                     schehens im ganzen Land fallen in den Zu-
                                                                                                       ständigkeitsbereich der „Abteilung 3“, von

W
            er weiß, was aus dem 1973 im             nunmehrige BK-Chef. Neben dem Job                 Diebstahl über Drogen, Raub und Mord bis
            Lungau geborenen Andreas                 studierte Holzer Politikwissenschaften,           zur OK mit allen ihren Auswüchsen, etwa
            Holzer geworden wäre, hät-               seine Diplomarbeit trug den Titel: „Die           Menschenhandel und „die Mafia“. Aber
te er seinen ersten Berufswunsch rea-                internationale polizeiliche Zusammen-             nicht nur das: Viele Sonderkommissionen
lisiert. Er wollte nämlich Journalist bzw.           arbeit zur Bekämpfung des Terrorismus             werden der „3er“ überantwortet, die Holzer
Fotograf werden. Wahrscheinlich wäre                 und der organisierten Kriminalität inner-         somit zu leiten hatte. Dass einige davon
er „Investigativ-Reporter“, wie sich das             halb der Europäischen Union“. Das The-            politisch brisant waren bzw. sind, lassen
heute nennt. Doch Holzer entschied sich              ma sollte gewissermaßen Programm                  auch untergriffige Attacken nicht ausblei-
anders – und trat 1993 in die Gendarme-              werden. Denn nach Kursen in den USA               ben. Auch mit der Arbeitsweise von man-
rie ein. Der weitere Weg sollte ihn über             – etwa beim „U.S.-Marshals-Service“               chen „Fast-Kollegen“ (sprich: Journalisten)
die Kriminalabteilung Salzburg nach                  und mit vielen Kontakten zu FBI, DEA              hat Holzer so seine Erfahrungen machen
Wien führen, ins damals neu gegründete               usw. – landete Holzer genau in diesem             müssen. Oft war Ausdauer gefragt. Eine
Bundeskriminalamt.                                   Aufgabenbereich: Im Referat zur OK-Be-            Eigenschaft, die Holzer als Skifahrer,
                                                     kämpfung. Dort übernahm er 2008 die               Schwimmer und Radfahrer hat.
   Hier hat er die Zielfahndung mit-                 Büro-Leitung von Oberst Gerhard Joszt
aufgebaut (siehe Interview). „Das war                (heute Hofrat im LVT-Wien) und erklomm                Als es um den BK-Direktor ging, kon-
eine spannende Zeit“, erinnert sich der              zehn Jahre später den Chef-Posten der             kurrierte Holzer zuletzt mit zwei ebenfalls

                                                                                                                                                             7
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bestens bewerteten Kollegen. Schlussend-
lich war es wohl seine mustergültige Karri-
ere, seine dienstliche Vielschichtigkeit und
die Praxisbezogenheit, die Holzer sozusa-
gen den Zuschlag eingebracht haben. So-
mit bleibt das BK fest in Salzburger Hand,
tritt doch der Lungauer Holzer die Nachfol-
ge des Pongauers Franz Lang an, der ver-
gangenes Jahr seinen Ruhestand angetre-
ten hat.

   Wir haben den neuen BK-Direktor zu
einem ersten Interview gebeten:

    kripo.at: Wo werden die Schwerpunkte
des BK 2021 liegen?

                                                                                                                                           Bild: BMI
     BK-Direktor Mag. Holzer: Ein Schwer-      Ein Schwerpunkt im Bundeskriminalamt wird die Bekämpfung der Cybercrime sein
punkt ist die Bekämpfung von Cybercri-
me sowie der Umgang mit großen Daten-          Der deutsche Geheimdienstexperte Gerhard            Ermittlungsagenden an das BK abtritt – wird
mengen in Auswertung und Analyse. Die          Conrad meint, dass der Brexit die Sicher-           dafür auch das Personal übernommen bzw.
Bekämpfung der organisierten Kriminali-        heitslage in Europa massiv verschlechtert           bereitgestellt? Wird das auch Auswirkungen
tät wird uns weiterhin beschäftigen. Dazu      hat (z.B. kein SIS). Was bedeutet der Aus-          auf die Landesämter (LVT, LKA) haben?
kommt die Migrationslage, die wir genau        tritt der Briten für Österreich?
beobachten müssen und in der Bekämp-                                                                   Die Reform des BVT ist sehr gut un-
fung von Schlepperei- und Menschenhan-             Das wird sich erst zeigen, wird aber von        terwegs, man braucht hier keine Kom-
del operativ so schlagkräftig bleiben wie      uns intensiv beobachtet. Fakt ist, dass UK          mentare von außen. Das BK wird alles
bisher. Der Rückgang von bestimmten De-        die Analyseprojekte und auch die EU-Da-             dazu beitragen, dass die Reform ge-
likten, der auf die Situation im Zusammen-     tenbanken, darunter die größte europä-              lingt und ich kann jetzt schon die vol-
hang mit der weltweiten Coronapandemie         ische Fahndungsdatenbank SIS, an die                le Unterstützung unseres Partneramtes
samt Lockdowns zurückzuführen ist, darf        sie erst vor sechs Jahren angeschlossen             zusichern.
nicht zu einer falschen Einschätzung füh-      wurden, wieder verlassen muss. Sie sind
ren. Eigentumsdelikte werden wieder stei-      zudem nicht mehr in den strategischen               Zuletzt hat WhatsApp mit geänderten Da-
gen, da müssen wir auch gewappnet sein.        Entscheidungsprozess von Europol einge-             tenschutzbestimmungen Kunden vergrämt
                                               bunden, halten aber zur schnelleren Kom-            und zu Konkurrenten wie Signal wechseln
Welche besonderen Herausforderungen kom-       munikation ihr Verbindungsbüro in Den               lassen. Beide Messengerdienste stellen die
men heuer auf die Kripo zu?                    Haag aufrecht. Das abgeschlossene Han-              Sicherheitsbehörden vor Probleme. Was
                                               dels- und Kooperationsabkommen regelt               wünscht sich der BK-Direktor in Sachen
   Nehmen wir die Digitalisierung. Da es       neben dem weiteren Austausch personen-              Messengerdienste?
sehr schwer ist, Personal aus der Wissen-      bezogener Daten auch die Unterstützung
schaft oder Privatwirtschaft zu rekrutieren,   bei einzelnen strafrechtlichen Ermittlun-           Das ist ein sensibles und komplexes
ist unser Ansatz, Kooperationen einzuge-       gen sowie die operative Zusammenarbeit.             Thema des Datenschutzes und der zur
hen, um zu garantieren, dass wir am Puls       Großbritannien kann weiterhin über die              Verfügung stehenden polizeilichen Er-
der Zeit sind. Eine Herausforderung ist        Prümer Beschlüsse Fahrzeugregisterda-               mittlungsbefugnisse. Ich kann hier nur
auch, unser Know-how bei „old school“ Er-      ten und biometrische Informationen in den           die Fakten auf den Tisch legen: wir ha-
mittlungen zu halten. Professioneller Um-      EU-Mitgliedstaaten abfragen und behält              ben es immer öfter mit gefährlichen, in-
gang mit Vertrauenspersonen, verdeckte         seinen Zugang zum Europäischen Strafre-             ternational agierenden Tätergruppen zu
Ermittlungen, die Vernehmung oder das          gisterinformationssystem (ECRIS). Bereits           tun, die fast ausschließlich geheim über
Führen von großen und komplexen Ermitt-        im letzten Jahr hat die britische Polizei ver-      Messenger-Dienste und Internettelefonie
lungsverfahren muss zuerst einmal grund-       stärkt damit begonnen den Interpol-Kanal            kommunizieren. Das erschwert unsere
sätzlich geschult werden und dann „on-         zu nutzen, was auch wir vice versa tun.             Arbeit und wir haben oft keine oder keine
the-job“ richtig gelernt werden. Das dauert                                                        zielgerichteten Möglichkeiten, Ermittlun-
mitunter Jahre und braucht erfahrene Kri-      Wenn die „Staatspolizei“ im Zuge                    gen effizient zu führen. Ich möchte das
minalisten, die ihr Wissen weitergeben.        der Reform nach deutschem Vorbild                   keinem Opfer erklären müssen, dass wir

                                                                                                                                                  9
SCHREIBEN ERPRESSUNG 01/21 - Vereinigung Kriminaldienst Österreich
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      porträt

deshalb die Ermittlungen nicht führen
konnten. Es ist daher meine Aufgabe als
BK-Direktor mich für bestmöglichen Rah-
menbedingungen der Ermittler einzuset-
zen und dies auch den Entscheidungs-
trägern in Österreich aufzuzeigen.

Es gab da noch „EncroChat“, das sogenann-
te „WhatsApp der OK“, das im Sommer von
Behörden in Frankreich und den Niederlanden
geknackt und abgeschaltet werden konnte.
Aus den gewonnenen Erkenntnissen folgten
hunderte Festnahmen quer durch Europa - hat
Österreich daraus auch Erfolge verzeichnen
können?

                                                „Professionelle kriminalpolizeiliche Tätigkeit fordert ein Knowhow auf höchstem Niveau“   Bild: BMI/Gerd Pachauer
    Die Ermittlungen zu „EncroChat“ ha-
ben ihren Ausgangspunkt in Frankreich               Ich selbst habe die Zielfahndung mit                 einer starken Identifizierung mit dem kri-
und den Niederlanden genommen. Bis              aufgebaut und war dort jahrelang als Ziel-               minalpolizeilichen Denken, dem Handeln
dato ist nach wie vor die Auswertung der        fahnder tätig. Helmut Reinmüller hat es                  und Fühlen gekommen ist. Unsere Orga-
Informationen im Gange und wird von             geschafft, aus der Einheit nicht nur ein                 nisation hat sich aber durch die Zusam-
Europol unterstützt. In Österreich gibt es      eingeschworenes,     hochprofessionelles                 menlegung von Polizei und Gendarme-
nach derzeitigem Stand und in diesem            Team zu formen, sondern auch ein inter-                  rie im Jahr 2005 komplett neu aufgestellt.
Zusammenhang noch keine Festnahmen.             nationales Netzwerk, den „ENFAST“-Ver-                   Das war notwendig, weil sich auch die
                                                bund aus Zielfahndungseinheiten, aufzu-                  Gesellschaft und somit unser Umfeld wei-
    Die Abteilung 3, speziell das Büro 3.1      bauen. Durch seine Pensionierung haben                   terentwickelt haben: Migrationsbewegun-
(OK-Ermittlungen), wird immer öfter operativ    wir zwar eine herausragende Führungs-                    gen, neue Kommunikationstechnologien
tätig bzw. erweitert sich das Aufgabenspekt-    kraft und Offizier verloren, als Freund                  oder terroristische Bedrohungen hatten
rum laufend und es sind immer öfter SOKOs zu    bleibt er jedoch erhalten. Durch die Be-                 und haben unmittelbare Auswirkungen
führen. Wird es mehr Personal geben?            trauung seines bisherigen Stellvertreters,               auf unsere Arbeit und stellen vielfältige
                                                Udo Stattmann, mit der Leitung der Ziel-                 Anforderungen an uns. Es wurde notwen-
    Ich bin sehr stolz auf meine OK Er-         fahndung, habe ich auch dafür gesorgt,                   dig auch die alte Ausbildung zu überden-
mittler und deren Erfolge. Wir haben es         dass das Team unter sehr guter Führung                   ken, neu auszurichten und ständig weiter
geschafft, gemeinsam mit unseren Part-          zusammenbleibt.                                          zu entwickeln. Professionelle kriminalpoli-
nern, den anderen Bundesämtern und                                                                       zeiliche Tätigkeit fordert ein Knowhow auf
den Landeskriminalämtern, große inter-          Bei der Kriminalpolizei wird seit der Ab-                höchstem Niveau. Um dieses erfüllen zu
nationale Ermittlungsverfahren erfolgreich      schaffung des „Kiebererkurses“ vor mitt-                 können, braucht es sehr gut ausgebildete
zu führen. Hier ist Flexibilität gefragt, das   lerweile 20 Jahren über die mangelhafte                  Kriminalbeamte. Das Bundeskriminalamt
schnelle Zusammenstellen von Teams,             Ausbildung des „Nachwuchses“ geklagt.                    ist daher in einem ständigen Kontakt mit
die sich aus Ermittlern, Analysten, OSINT       Ihr Vorgänger, aber auch Ex-GD Kardeis und               der Sicherheitsakademie. Ich werde als
Spezialisten (Anm.: „Open Source Intelli-       zuletzt Ex-Generalsekretär Goldgruber haben              BK-Direktor alles unternehmen, um die
gence“), Wirtschaftsexperten und Auswer-        eine spezialisierte Ausbildung versprochen               kriminalpolizeilichen Inhalte auf hohem
tern zusammensetzen. Mehr Personal zu           – soll bzw. wird es die geben? Wenn ja:                  Niveau zu halten, sie ständig zu evalu-
fordern wäre leicht, mein Anspruch geht         wann? Oder ist die Ausbildung der Jung-Krb               ieren, entsprechend zu definieren und
jedoch in Richtung Forcierung der krimi-        ohnedies zufriedenstellend?                              so entsprechende Standards einzuzie-
nalpolizeilichen Ausbildung, die flexible                                                                hen, um den Polizistinnen und Polizisten
Zusammensetzung von Ermittlerteams                  Natürlich kann ich nachvollziehen,                   in den Grundausbildungen eine fundierte
und die Weiterentwicklung der techni-           dass viele den guten alten „Kiebererkurs“                kriminalpolizeiliche Basisausbildung zu
schen Unterstützung.                            noch positiv in Erinnerung haben. Diese                  geben. Wichtiger denn je wird auch der
                                                Ausbildung war richtungsweisend, da man                  Kriminalistische Leitfaden, der sich als in-
Mit Helmut Reinmüller als Chef der Ziel-        sich noch vor der Bewerbung zum E2a                      ternes, kriminalpolizeiliches Kompendium
fahndung ist ein verdienter Mann in den         Kriminaldienst bewusst für dieses Berufs-                versteht und in dem aktuelles kriminalpoli-
Ruhestand gewechselt. Gibt’s schon eine         bild entscheiden musste, das dann auch                   zeiliches Wissen von Praktikern für Prakti-
Nachfolgelösung?                                ausführlich vermittelt wurde und es so zu                kern leicht abrufbar zur Verfügung steht.■

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„ZIELFAHNDER NUMMER 1“ NUN IM RUHESTAND:

ALLES GUTE, „HELMI 2“
  helmut.baertl@kripo.at

N
        ach 45 Dienstjahren bei der Exe-           Sicherheitsbüro (SB) in der Fachgruppe
        kutive ist auch eine für mich au-          „Kunstdiebstahl und Amtsmissbrauch“, als
        ßergewöhnliche      Persönlichkeit         Leiter der Observation und Technik u.a.
des BK, Helmut Reinmüller, in den Ruhe-            bei der EDOK und, von 2003 bis zu seiner
stand getreten. Er war mir immer als ein           nunmehrigen Pensionierung, als Leiter der
unaufgeregter, unkomplizierter Kollege             Zielfahndung, die er auch aufgebaut hat,
seiner Leitenden-Zunft bekannt. In unse-           im Bundeskriminalamt.
                                                                                                                                                       Bild: BK
ren gemeinsamen Zeiten bei der Kripo                                                                         Oberst i.R. Helmut Reinmüller
nannte er sich selbst immer „Helmi 2“ und             Im SB war Reinmüller Anfang der
mich „Helmi 1“ (aufgrund des Altersunter-          1990er Jahre in die Amtshandlung „Grab-                   das Gesicht dieses erfolgreichen Büros.
schieds, eine entsprechende Zeichnung              raub der Mary Vetsera“ in Heiligenkreuz                   Er übernahm die Vertretung nach außen,
hat er mir zu meiner Ruhestandsversetzu-           eingebunden. Er nahm es Jahre später                      seine Mitarbeiter sollten anonym bleiben.
ng geschenkt, siehe oben, Anm.).                   zum Anlass, ein Buch über die Darstel-                    Die Geschichte der Zielfahndung ist eine
                                                   lung der Tat aus kriminalpolizeilicher Sicht              Erfolgsgeschichte. Von den zahlreich an
    1960 in der Steiermark geboren, ab-            zu schreiben, mit neuen Fakten, Daten                     sie herangetragenen Fahndungen waren
solvierte Helmut ab 1976 die Polizeischule         und Bildern. Das Buch ist Anfang 2019 im                  bis auf eine (Tibor Foco, von dem Rein-
(Polizeikadett), später dann die Ausbildung        Kral-Verlag erschienen.                                   müller der Meinung ist, dass er bereits tot
zum Kriminalbeamten und 1994/1995 den                                                                        sei, Anm.) alle von Erfolg gekrönt. 2010
Kurs zum Leitenden Beamten.                            Als man 2003 im Bundeskriminalamt                     war Helmut Reinmüller auch einer der Mit-
                                                   eine Zielfahndung einrichtete, erfolgte                   verantwortlichen, die ENFAST (Netzwerk
   Seine praktischen Erfahrungen als               die Ernennung zu deren Leiter. Seit die-                  europäischer Zielfahnder der EU-Mit-
Kriminalbeamter sammelte „Helmi 2“ im              sem Zeitpunkt war „der Chef“ bewusst                      gliedsländer) gegründet haben. Die Ver-
                                                                                                             abschiedung in den Ruhestand per Video-
Oberst Helmut Reinmüller war auch maßgeblich an der Gründung von ENFAST beteiligt       Bild: Peter Grolig
                                                                                                             konferenz durch die ENFAST-Mitglieder
                                                                                                             bewies, wie hoch das Ansehen des Herrn
                                                                                                             Oberst in dieser europaweiten Einheit ist
                                                                                                             (mehr zu ENFAST in kripo.at 01/15).

                                                                                                                 Die Vereinigung Kriminaldienst Öster-
                                                                                                             reich und „Helmi 1“ wünschen „Helmi 2“
                                                                                                             noch viele schöne Jahre im Kreis seiner
                                                                                                             Familie und hoffen doch auch auf ein Wie-
                                                                                                             dersehen in geselliger Runde. Gleichzei-
                                                                                                             tig wünschen wir dem langjährigen Mit-
                                                                                                             streiter von Reinmüller, Udo Stattmann,
                                                                                                             der vorläufig die Leitung der Zielfahndung
                                                                                                             übernimmt, viel Erfolg bei der Jagd nach
                                                                                                             flüchtigen Straftätern.■

                                                                                                                                                              11
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Büroleiterin Mag.a Petra Huber-Lintner mit ARGE-Chef Harald Gremel                                                           Bild: BK/Christoph Alram

MASSENERPRESSUNG PER E-MAIL:

SUCHE NACH DEM HEILIGEN GRAL
Weltweit sind Sicherheitsbehörden mit Bedrohungen konfrontiert, die einmal                        geleakten Benutzerkonten. Sie werden im
mehr aus dem Internet kommen: Massenhaft verschickte E-Mails, in denen mit                        „Darknet“ millionenfach um wenig Geld ge-
Sex-Fotos, Bomben oder Corona-Ansteckung gedroht und Geld gefordert wird.                         handelt. Eine laut dem IT-Sicherheitsunter-
Die Masche wirft Millionen ab, was eine eigene Ermittlungsgruppe im BK verhin-                    nehmen Kaspersky abgewandelte Form
dern will.                                                                                        der Sex-Foto-Erpressung ist noch eine
                                                                                                  Spur raffinierter angelegt: Der Absender
  peter.grolig@kripo.at                                                                           offeriert, sich von der Existenz der bloß-
                                                                                                  stellenden Pics vergewissern zu können.

M
         eine rekrutierte Person hat eine                 Der Schreiber behauptet(e), der Emp-    Dazu müsse man nur einem Link folgen,
         Bombe (Tetryl) in dem Gebäu-                 fänger hätte sich im Internet schlüpfrige   vielleicht ein Zip-Archiv downloaden – und
         de versteckt…sie zahlen mir                  Bilder angesehen, wobei er mittels per      schon sind die PC-Dateien mittels Malware
20.000 $ in Bitcoin und Sprengstoff wird              Spy-Software manipulierter Webcam er-       bzw. Ransomware verschlüsselt. Es folgt,
nicht explodieren…“                                   tappt worden wäre. Die Mails kamen an-      richtig geraten: Die Geldforderung zwecks
                                                      fangs in ebenso holprigem Englisch oder     Datenwiederherstellung.
    Ministerialrätin Mag.a Petra Hu-                  Deutsch daher und haben einen Kern: Es
ber-Lintner kennt solche Schreiben zur                wird Geld in einer Kryptowährung gefor-     LAUT ANALYSE MILLIONEN-BEUTE
Genüge. Sie leitet das Büro „3.2 – All-               dert, widrigenfalls die beschämenden Fo-
gemeine Kriminalität“ im Bundeskrimi-                 tos an Freunde und Bekannte verschickt          „Das ,Austrian Institute of Technolo-
nalamt (BK), wo die „ARGE Erpressungs-                würden – denn der Täter hätte ja auch das   gy‘ hat vier Millionen Erpressungs-Spam-
mails“ bereits Anfang 2019 die Arbeit                 E-Mail-Konto gehackt…                       mails analysiert und einerseits heraus-
aufgenommen hat. Anlass zur Grün-                                                                 gefunden, dass sie in sieben Sprachen
dung waren die damals aufgekommenen                   DATEN-HANDEL IM „DARKNET“                   verschickt wurden. Andererseits hat sich
E-Mails, in denen der Absender damit                                                              ergeben, dass die jeweiligen Kampagnen
drohte, kompromittierendes Fotomaterial                   Besonders Eindruck mag bei man-         auf einige wenige Täter bzw. Gruppen zu-
zu besitzen: „Ich habe dich beim Mastur-              chen dieser Schreiben schinden, dass        rückzuführen sein dürften“, weiß Petra Hu-
bieren gefilmt“. Seither haben die vier Er-           im Text der Namen des Empfängers und        ber-Lintner. Wie eine Rückverfolgung der
mittler um Chefinspektor Harald Gremel                vielleicht sogar ein ihm vertrautes Pass-   Kryptogeldüberweisungen ergeben hat,
mehr als 5.300 Fälle registriert, aufgear-            wort vorkommen. Die Erklärung ist simpel:   wurden 1,3 bis 1,5 Millionen US-Dollar von
beitet und die meisten davon einigen we-              Die Daten stammen dann aus tatsächlich      Opfern auch tatsächlich bezahlt, pro Kopf
nigen Serien zugeordnet.                              wahrscheinlich schon vor längerer Zeit      etwa 200 bis 250 Dollar (in Bitcoins). Diese

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Fälle dürften aber in keiner Statistik auf-   wobei die Formulierungen einer Überset-     BK leichttat. Eines hatten die Ankündigun-
scheinen, wie CI Gremel meint: „Wer ge-       zungssoftware zuzuschreiben sein dürf-      gen nämlich gemein: Bomben wurden kei-
zahlt hat, hat in der Regel keine Anzeige     ten, wenn auch ohne die zuletzt heiß dis-   ne gefunden.
erstattet, und wer Anzeige erstattet, der     kutierten „Seepocken“.
zahlt auch nicht“.                                                                            In diesen Fällen ist es den Ermittlern
                                              AUFREGUNG UM BOMBENDROHUNGEN                gelungen, den Absender einem kanadi-
    Ist die Sex-Foto-Masche eher im Ver-                                                  schen Server zuzuordnen. Über die Re-
borgenen gelaufen, so war dann die Öf-            Am 24. August 2020 gingen erste Er-     gistrierungsdaten führte die Spur weiter
fentlichkeit Zeuge der abgewandelten Va-      pressungen in Bayern ein. Tags darauf       nach Indonesien. Dort „stocken“ die Re-
riante: Bombendrohungen, serienweise          war Österreich an der Reihe. „Gegenüber     cherchen jedoch. Bezüglich der Sex-Dro-
an Firmen verschickt. Die lawinenartig        einer einzelnen Bombendrohung hat-          hungen sagt Harald Gremel: „Sehr viele
abgeschickten Drohungen haben in den          te die Masse einen Vorteil: Es war rasch    Wege führen nach Russland“. Dafür wür-
USA ihren Ausgang genommen. Anfäng-           klar, dass keine Explosion folgen wird“,    den unter anderem die identifizierten
lich haben die zeitgleich eingelangten        so CI Gremel, der die regionalen Behör-     Bot-Netzwerke sprechen, über die die
E-Mails etwa in New York für panikartige      den umgehend entsprechend informiert        Nachrichten verschickt wurden. Außer-
Szenen gesorgt, als unter anderem Schu-       hat. Immerhin waren Dutzende solcher        dem sind Geldbeheber namhaft gemacht
len und U-Bahnstationen geräumt wur-          E-Mails binnen 12 Stunden quer durchs       worden, unter anderem zum Beispiel eine
den. Die Spams breiteten sich in weiterer     Land eingelangt bzw. gemeldet worden.       Frau in St. Petersburg. Auch einen Itali-
Folge – stark fehlerbehaftet – im eng-        Entsprechende Polizeieinsätze waren die     ener und einen Portugiesen kennt man
lischsprachigen Raum aus. Im Sommer           Folge, wobei man sich bei der Einschät-     mittlerweile. Wobei noch unklar ist, wel-
2020 folgten deutschsprachige Versionen,      zung der Lage dank der Information des      che Rolle den Männern zugekommen ist.

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Jedenfalls scheint es so, als ob die Serie,    Bild: BK/Christoph Alram
in die sie involviert waren, beendet wäre.

    In Deutschland konnte derweil ein
Mann ausgeforscht werden, der sich die
Mühe gemacht hatte, Porträtfotos von Fir-
menhomepages in Bilder mit Kinderpornos
zu kopieren. Die hat er dann an die jewei-
ligen Unternehmen geschickt – mit Geld-
forderungen, um Veröffentlichungen zu ver-
meiden. Der Verdächtige ist in U-Haft, bei
ihm ist eine umfangreiche Liste potentiel-
ler Opfer gefunden worden, 376 davon aus      Das ARGE-Team: Manfred Tinauer, Erich Weber, Ingeborg Greibl, (nicht im Bild Mag.a Julia Pelikan)
Österreich.
                                              infizieren. „Die Täter gehen eben mit der               Manfred Tinauer einig: Bei der Suche nach
„DIE TÄTER GEHEN EBEN MIT DER ZEIT“           Zeit“, so Huber-Lintner. In allen Fällen wur-           den Drahtziehern sind die Erfolgschancen
                                              de jedenfalls Anzeige wegen (schwerer)                  nicht eben sehr groß: „Das entspricht der
    ARGE-Leiter Harald Gremel schätzt,        Erpressung erstattet, etwaige Handlanger                Suche nach dem Heiligen Gral“, bleibt Hu-
dass etwa 90 Prozent der weltweit wohl        müssen mit Verfahren wegen Geldwäsche-                  ber-Lintner realistisch. Sie sieht die Aus-
millionenfach verschickten Erpressungs-       rei rechnen.                                            forschung aber auch nicht als drängende
mails mit sexuellen Facetten Druck ma-                                                                Hauptaufgabe: „Wir wollen Serien fest-
chen sollen. Der Rest hätte Bombendro-             In einem sind sich die Büroleiterin, CI            stellen und Zusammenhänge erkennen,
hungen zum Inhalt. Oder, wie bereits kurz     Gremel und seine ARGE-Kollegen Kon-                     um dann als Info-Drehscheibe rasch aktiv
nach Beginn der Corona-Pandemie zu be-        trollinspektor Mag.a Julia Pelikan, Abtei-              werden zu können“. Zugleich will man pro-
obachten war: Drohungen, den Empfän-          lungsinspektor Ingeborg Greibl, Bezirksins-             aktiv warnen, um den Hintermännern das
ger oder dessen Familie mit dem Virus zu      pektor Erich Weber und Gruppeninspektor                 schmutzige Geschäft schon im Vorfeld zu
                                                                                                      verderben.■

                                                                                                        TIPPS DER BK-EXPERTEN

                                                                                                        • Keinesfalls auf die Forderungen
                                                                                                          eingehen
                                                                                                        • Keinen Link anklicken
                                                                                                        • Die E-Mail nicht beantworten
                                                                                                        • Anzeige bei der nächsten Polizei-
                                                                                                          dienststelle erstatten
                                                                                                        • Beweismittel (E-Mail, inklusive
                                                                                                          Header), wenn möglich in elektroni-
                                                                                                          scher Form (USB-Stick), mitbringen
                                                                                                        • Oder: Die E-Mail sofort löschen!

                                                                                                         Postskriptum für Polizei-Kollegen:

                                                                                                         Das VKÖ-Sekretariat hat auf Nachfra-
                                                                                                         ge die internen Kontaktdaten der
                                                                                                         ARGE-Erpressungsmails.

                                                                                                                                                    15
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      bericht

FORENSISCHE LINGUISTIK:

TÄTERSUCHE DURCH
SPRACHERKENNUNG
Sie wiegen sich in Sicherheit. Jene Täter, die anonyme Briefe schreiben. Droh-                   wohnt oder sich dort bewegt. Bei Zustel-
Hetz- Schmäh- und Erpresserbriefe müssen aber gar nicht vom Täter unterzeich-                    lung mittels Mail ist die Ausforschung der
net werden. Es gibt Methoden, ihre Sprache zu analysieren und sie auszuforschen.                 IP-Adresse und/oder das Blockieren des
Die Empfänger sind nicht wehrlos.                                                                Absenders eine Möglichkeit. Die Polizei
                                                                                                 hat hier ungleich mehr Möglichkeiten als
  richard.benda@kripo.at                                                                         Privatpersonen.

J
        eder Mensch, der einen anony-        • Liegt überhaupt ein rechtliches Problem,            Natürlich gibt es noch viele weitere Re-
        men Brief erhält, ist vorerst ge-        eine Straftat vor; oder wurde nur eine        aktionsmöglichkeiten. In der Regel müssen
        schockt und überlegt, wie er damit       unerfreuliche Tatsache vorgehalten?           sie individuell sein, denn es ist ein Unter-
umgehen soll. Wegwerfen? Ernst neh-          •   Wenn ich den Sachverhalt nicht ignorie-       schied, ob es sich um einen Erpresserbrief
men? Anzeige erstatten? Sicher hängt             re, lautet die nächste Frage: Wen infor-      oder nur um eine Schmähschrift handelt.
die Reaktion vom Opfer ab und wie weit           miere ich? Vorsicht ist hier angebracht,
die angeführten Punkte vielleicht der            denn der „vertrauenswürdige“ Freund               Natürlich können die Fachleute auf
Wahrheit entsprechen. Eine Überlegung,           könnte der Schreiber sein. Auf jeden          diesem Gebiet nach ihrer Analyse nicht
wer der Absender des anonymen Schrei-            Fall sollte der Kreis der informierten        mit Namen und Adresse des Täters auf-
bens sein kann, ist auf jeden Fall ange-         Personen so klein wie möglich gehalten        warten, was sie aber können, ist eine
bracht. Schon alleine die Feststellung, ob       werden.                                       Einschränkung des Täterkreises. Am
bestimmte Lebensbereiche (Privatleben,       •   Besser ist es, eine Autoritätsperson (An-     einfachsten, so Fachleute, ist festzu-
Arbeit, Familienleben) angesprochen              walt, Lehrer, Polizei) zu kontaktieren, die   stellen, ob der Schreiber ein Mann oder
sind, reduziert den Täterkreis. Außer bei        dann das jeweilige Schreiben objektiv         eine Frau ist. Die Wortwahl und die Län-
Erpresserbriefen wird eher selten eine           bewertet und vermutlich den nächsten          ge des Schreibens zeigen auf Intelligenz,
unbekannte Person, zu der kein persön-           Schritt vorschlagen wird.                     Bildungsgrad, Beruf und Herkunft bzw.
licher Bezug besteht, mit anonymen An-       •   Eine eher selten genützte Möglichkeit         Wohnort. Diese Erkenntnisse, gepaart
schuldigungen konfrontiert. „Der Feind           wäre es, einen Sprachprofiler zu kontak-      mit den klassischen kriminalistischen Me-
sitzt im Schatten Deiner Hütte“ lautet ein       tieren. Diese Vorgangsweise wird eher         thoden führen doch zu einem hohen Klä-
afrikanisches Sprichwort, das 1 zu 1 auf         von Unternehmen, die bedroht werden,          rungsgrad bei anonymen Briefen.
Droh- und Hassbriefe angewendet wer-             genützt. Viele Firmen haben für solche
den kann.                                        Szenarien Notfallpläne.                       P.S.: Übrigens meinen Fachleute des
                                             •   Die nächste Möglichkeit: aufgrund der         Genres, Droh- und Erpresserbriefe, die
   Verständlicherweise hat niemand Er-           Zustellung (Mail, SMS, Post, in den Brief-    mittels ausgeschnitten Wörtern aus Zei-
fahrungen im Umgang mit anonymen                 kasten gesteckt) auf den Täter zu schlie-     tungen produziert wurden, entspringen
Schreiben. Nach der ersten Phase des             ßen. So deutet z.B. die persönliche, an-      eher der Phantasie von Drehbuchautoren
Schocks empfiehlt es sich, den nächsten          onyme Übergabe daraufhin, dass der            als der Realität.■
Schritt zu überlegen:                            Täter in der unmittelbaren Umgebung

                                                                                                                                        17
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KEINE PERSPEKTIVE FÜR
DIE „PARLAMENTSPOLIZEI“
Vor zwei Jahren sorgten Überlegungen für Aufsehen, wonach das Parlament                      je nach Gefährdungsanalysen und Lage-
eine souveräne Polizei erhalten soll. Während die autonomen Sicherheitskräfte                beurteilung durch den Verfassungsschutz“,
in Berlin und Washington zuletzt Probleme bei Protesten hatten, wurde der Plan               so Karl-Heinz Grundböck. Im Haus gibt es
in Wien wieder aufgegeben.                                                                   ohnedies eine eigene Sicherheitsabteilung
                                                                                             (ohne Polizeigewalt). Sie greift im Anlass-
  peter.grolig@kripo.at                                                                      fall weiterhin auf private Securities zurück,
                                                                                             die mittlerweile strengstens sicherheits-

D
        as Konzept einer eigenständigen                                                      überprüft sein müssen.
        Parlamentspolizei wurde erwogen,
        nach der Detailbetrachtung be-                                                           Grundböck: „Es besteht eine langjährig
steht aber für eine Umsetzung keine Per-                                                     bewährte Praxis der Kooperation zwischen
spektive“, stellte Parlamentssprecher Karl-                                                  der Parlamentsdirektion und den Sicher-
Heinz Grundböck gegenüber kripo.at klar.                                                     heitsbehörden des Innenressorts“. Diese
Grundböck war früher übrigens selbst Lei-                                                    wird nun formell in einem Verwaltungsab-
tender Beamter bei der Polizei bzw. Gen-                                                     kommen festgeschrieben.
darmerie. Vor seinem Wechsel ins Hohe
Haus war er Sprachrohr des Innenminis-                                                            Nach dem Terroranschlag vom 2. No-
teriums (wie auch sein Vorgänger, Rudolf                                                     vember 2020 wurde in Wien eine „Ob-
Gollia, Anm.).                                                                               jektschutzeinheit“ aufgestellt. Sie besteht,
                                                                                             ähnlich wie „Einsatz-“, „Bereitschafts-“ und
    Wie berichtet (siehe Ausgabe 06/18),                                                     „Ordnungsdiensteinheit“, aus rund 100 vor
hatte Nationalratspräsident Wolfgang So-                                                     allem jungen, von ihren Stammdienststel-
botka (ÖVP) die Affäre um einen Rechtsra-                                                    len abkommandierten Polizisten. Ihr Au-
dikalen, der als Mitarbeiter einer im Parla-                                                 genmerk ist auf das Regierungsviertel ge-
ment beschäftigten Sicherheitsfirma sogar                                                    richtet. Somit auch auf das Parlament, wo
im BVT-Ausschuss tätig war, zum Anlass                                                       weiterhin ebenfalls abkommandierte Be-
genommen, ein Konzept für die Aufstellung                                                    amte in Zivil Dienst versehen.
einer eigenen Polizei erstellen zu lassen.
Vorbild hätte die „Polizei beim deutschen                                                        Zuletzt ist ja nicht nur vor islamisti-
Bundestag“ sein sollen. Sie ist eine autar-                                                  schen Folgeanschlägen gewarnt worden.
ke Sicherheitsbehörde, die direkt dem                                                        Auch in Kreisen der „Corona-Leugner“ ma-
Bundestagspräsidenten untersteht.                                                            chen Radikale mobil. In Berlin haben sie
                                                                                             die Erstürmung des Bundestags versucht,
    Ähnliche Pläne hatte vor Jahren bereits                                                  in Washington hat der Angriff gewaltsa-
Sobotkas Vorvorgängerin Barbara Pram-          als Vorbild, es wurde sogar schon über        mer „Trump-Fans“ auf das Kapitol blu-
mer (SPÖ). Wobei ihr „nicht gefallen hat,      die Zahl der notwendigen Planstellen (80)     tig geendet, federführend waren Rechts-​
dass sich die Exekutive im Haus der Le-        spekuliert.                                   extreme. Womit sich der Kreis zu Öster-
gislative breit macht“. Gemeint waren da-                                                    reich schließt, allerdings ist es bisher bei
mit Befragungen von Parlamentariern im             Daraus wird nun aber doch nichts. Wo-     Aufrufen zu ähnlichen Aktionen geblieben.
Auftrag der Staatsanwaltschaft – eben im       bei: Die Wiener „Parlamentspolizisten“ hät-   Staatsschützern bereitet der Umstand Sor-
Hohen Haus, womit Prammer das Prin-            ten sich ohnedies nur um die Sicherheit im    gen, dass die treibenden Aktivisten regen
zip der Gewaltentrennung verletzt sah.         Inneren gekümmert. „Die Außensicherung,       Zulauf – z.B. von „Staatsverweigerern“ und
Aus diesem Grund sind für solche (und          das Thema, das sich beim Kapitol gestellt     Verschwörungstheoretikern, aber auch
andere) Aufgaben in Berlin die rund 200        hat, liegt im Verantwortungsbereich der       sonstigen Regierungsgegnern und allge-
„Parlamentspolizisten“ zuständig. Nach         Wiener Polizei. Diese organisiert flexibel    mein Unzufriedenen – bekommen.■
Sobotkas Vorstoß galt dann wieder Berlin       alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen,

                                                                                                                                       19
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EINSATZBEREITSCHAFT TROTZ
CORONA NICHT GEFÄHRDET

S
         eit Beginn der Corona-Pande-
         mie vor fast einem Jahr sind rund
         2.700 Exekutivbedienstete positiv
auf SARS-CoV-2 getestet worden. Das
entspricht etwa 9,6 Prozent der gesam-
ten Belegschaft. Dass der Anteil höher als
in der Bevölkerung ausfällt, erklärt man
Innenministerium so: „Polizisten haben
zwangsläufig dienstlich Kontakte, bei de-
nen sich eine Ansteckung nicht vermei-
den lässt“. Dazu kamen die Massentests
im Dezember mit einer Beteiligung von
rund 70 Prozent aller BMI-Mitarbeiter, wo-
bei lediglich 0,3 Prozent eine Infektion be-
stätigt haben.

    Bei Redaktionsschluss dieser Ausga-
be (Ende Jänner, Anm.) waren 2.544 der
seit Pandemie-Beginn positiv getesteten
Polizisten wieder gesund. 154 galten zu
diesem Zeitpunkt weiterhin als „positiv“.
                                                                                                                                 Bild: BMI/Alexander Tuma
Die Mehrzahl habe bisher – wenn über-          Beim ersten Massentest ließen sich etwa 70 Prozent aller BMI-Mitarbeiter testen
haupt – schwache Symptome und sei er-
fahrungsgemäß nach zehn bis 14 Tagen           glücklicherweise keinen Todesfall ver-                 Covid-19-Erkrankung wurde die Mann-
wieder im Dienst.                              zeichnen mussten“, so die Conclusio. Er-               schaft durchgetestet, 45 von 85 Tests wa-
                                               krankungscluster habe es bislang keine                 ren positiv. In der Folge wurde der Notruf
    Von schweren Verläufen wäre – bis          gegeben. „Es hat Fälle gegeben, dass                   von Linz nach Graz „umgeleitet“. „Nieman-
auf einen Fall – nichts bekannt, heißt es      zum Beispiel einer aus einer Dienstgrup-               dem ist es aufgefallen, alles ist perfekt
im Einsatzstab des Staatliches Krisen-         pe erkrankt ist, weshalb dann die gesam-               gelaufen“, freute sich Landespolizeidirek-
und     Katastrophenschutzmanagements          te Gruppe ausgefallen ist, weil sie in Qua-            tor Andreas Pilsl via Twitter: „Stresstest
(SKKM). Zurückgeführt wird das darauf,         rantäne musste“, lautet die Einschätzung               fürs System erfolgreich“. So wie die Not-
dass Polizisten schon aufgrund ihres Al-       im SKKM-Stabs.                                         ruf-Lösung gut funktioniert hätte, sei die
ters nicht zu den Risikogruppen zählen                                                                Einsatzbereitschaft der Polizei insgesamt
und zumeist auch keine schweren Vorer-             So war es etwa bei der Beleg-                      durch das Virus „bisher nicht einmal in An-
krankungen aufweisen. „Und das ist si-         schaft der Landesleitzentrale Oberöster-               sätzen gefährdet gewesen“, wird am Wie-
cher auch mit ein Grund, weshalb wir           reich Ende November 2020: Nach einer                   ner Minoritenplatz betont.■

                                                                                            aktuell
                                                                                            informativ
                                                                                            objektiv
                                                                                            online-zeitschrift
Besuchen Sie unsere Website                                                                 „kripo.at“

                                                                                                                                                      21
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    buchtipp

KRIMINALISTIK – EIN AKTUELLER
THEMENÜBERBLICK

D
      ie Bestandsaufnahme der schwer in Bedrängnis ge-
      kommenen Wissenschaft Kriminalistik ist keine leichte
      Lektüre. Auf 400 Seiten beschreiben 28 Autoren aus
mehreren Wissensgebieten den State of the Art.

   Unter den Autoren befinden sich auch mehrere Österreicher.
Die Vergangenheit deckt der Leiter des Hans-Gross-Museums,
DDr. Christian Bachhiesl, ab. Er beschreibt den Lebensweg des
Urvaters der Kriminalistik und den Werdegang der Kriminal-
technik. Auch dass der Erfinder des Tatortkoffers nach unseren
Maßstäben Tatortkriminalbeamter war, erfährt man aus diesem
Beitrag. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts haben die Untersu-
chungsrichter nämlich auch als Tatortkriminalbeamte amtiert.

   Paul Marouschek, Leiter der Abteilung 4 im BK, geht konträr
auf die Kriminalistik zu. „Operative Kriminalanalyse in komple-
xen Ermittlungsfällen“ nennt sich sein Beitrag. Marouschek be-
schreibt die Arten der Kriminalanalyse, deren Sinn und Zweck.

    Elisabeth Schneider, Psychologin im BMI, beschreibt in ih-
rem Beitrag die psychische Belastung innerhalb der Polizei in
Österreich. Keine Hoffnung auf schlüpfrige Stellen darf sich je-
mand machen, wenn er das Kapitel „Frauen als Sexualstraftä-
terinnen“ von Sigrun Roßmanith, ebenfalls eine Österreicherin,
aufschlägt.

   Naturgemäß bleiben die Autoren bei Ihren Leisten und
schreiben über das, wofür sie allgemein bekannt sind. So ver-           Den Zustand der Kriminalistik als „Stiefkind“ bringt der Prä-
wundert es nicht, dass Lydia Benecke über den Unterschied           sident des DGfK, Dr. Heiko Artkämper, zum Ausdruck. Seine
zwischen inklinierendem und periculären sexuellen Sadismus          Gedanken um eine fehlende Etablierung und Anpassung der
schreibt. (Ein Vortrag von Benecke ist von der VKÖ für 2021         kriminalistischen Ausbildung kann jeder Kriminalist nur unter-
geplant).                                                           schreiben. „Eine kritische Bestandsaufnahme, darf aber nicht
                                                                    dazu führen, Kriminalistik als aussterbende Wissenschaft zu
   Persönlich besonders interessant habe ich das Kapitel „Fo-       begreifen“ seine hoffnungsvolle Botschaft.
rensische Linguistik“ von Britta Richarz empfunden. Hinter die-
ser wissenschaftlichen Bezeichnung versteckt sich die Analy-            Erfreulich, dass Dr. Artkämper die Kooperation zwischen
se anonymer Briefe und wie man zu einer Autorenerkennung            DGfK und VKÖ, die 2019 in Salzburg verbrieft wurde, als einen
kommt. Auch für mich als gelernten Kriminalbeamten war es           Punkt des Weiterbestandes der Kriminalistik sieht. „Grenzenlo-
überraschend, was man aus Schriftstücken so alles herausle-         ser, internationaler Kriminalität ist (nur) mit Internationaler Kri-
sen kann.                                                           minalistik zu begegnen“, so sein Credo.■

    Jedenfalls findet man in dem Fachbuch kaum einen Be-            Kriminalistik – ein aktueller Themenüberblick
reich der Kriminalistik, der nicht angerissen und beschrieben       Boorberg-Verlag, 400 Seiten, Preis 58€
wird. Grundsätzlich sind die Beiträge ident mit den Vorträgen       ISBN 978-3-415-06849-0
der Jahrestagung des DGfK. Daneben wurden aber auch einige          Zu bestellen auch unter:
Beiträge eingefügt, die thematisch passen.                          www.boorberg.de/polizei/9783415068490

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                                                                                                                                         intern

EINE POLIZEILICHE
                                                                                                            VKÖ-IMMOBILIEN:
                                                                                                            2 WOHNUNGEN FREI

MUSTERKARRIERE
                                                                                                            Z
                                                                                                                    urzeit sind in der Siebenbrun-
                                                                                                                    nenfeldgasse, nächst Matz-
                                                                                                                    leinsdorfer Platz, Wien-Mar-
  • RB                                                                                                      gareten, zwei kleine Wohnungen frei.
                                                                                                            Sie sind grundüberholt und stehen –

A
        ls Guido Kollaritsch 1959 in Graz                                                                   jeweils mit kleinem Badezimmer und
        in den Polizeidienst eintrat, konn-                                                                 Toilette – wirklich toll da. Es sind 36m²
        te weder er, noch jemand ande-                                                                      und 46m² große Appartements, die
rer wissen, wohin seine Karriere führen                                                                     sich für junge Kolleginnen oder Kol-
wird. Er wurde einer von jenen, die von                                                                     legen als Einstiegswohnungen bes-
der Pike auf in höchste Ämter gelangt                                                                       tens eignen. Einzelheiten dazu liegen
sind.                                                                                                       in unserem Büro auf und können dort
                                                                                                            abgefragt werden. Wir legen großen
    Die Laufbahn des Dr. Guido Kolla-                                                                       Wert darauf, dass die Vergabe in ers-
ritsch, heute 80 Jahre alt und 50 Jah-                                                                      ter Linie an Mitglieder/Kollegen erfolgt.
re Mitglied der VKÖ, ist alles andere als
vorgezeichnet verlaufen. Wachmann im                                                                            Die VKÖ darf bekanntlich Häuser
Wachzimmer Karlauer Straße war der An-                                                                      ihr Eigen nennen und ist bemüht, die-
fang, die Verfolgungsjagd eines Einbre-                                                                     se bestens im Schuss zu halten. Nicht
chers quer durch die Grazer Innenstadt                                                                      nur das, wir wollen auch ständig den
wohl der Startschuss. Das Polizeileben in                                                                   Wert der Immobilien zum Wohle des
                                                                             Bild: sicherheitsinstitut.at
Uniform schien Kollaritsch offensichtlich                                                                   Vereins steigern. Deshalb wurde von
nicht genug, und so wechselte er 1965         Dr. Guido Kollaritsch                                         uns erst jüngst in der Servitengasse
zur Kripo. Gemeinsam mit dem legendär-        Straftaten, z.B. die Festnahme des Bom-                       der Dachboden ausgebaut. So konn-
en Othmar Prikler gelangen Kollaritsch        benlegers Franz Fuchs oder die Verurtei-                      ten zwei bestausgestattete Wohnun-
Erfolge im Bereich Kulturgutdiebstahl.        lung von Jack Unterweger, der auch in                         gen (insgesamt über 300m²) an Mieter
Kriminalistisches Gespür hatte er schon       der Steiermark seine Spuren hinterlas-                        übergeben werden.
ganz zu Beginn seiner steilen Karriere.       sen hat.
So klärte er etwa 100 Wohnungseinbrü-                                                                           Es war auch dringend notwendig,
che eines Täters von dem nur bekannt              Die Pension bedeutete für Kollaritsch                     den Keller des Hauses in der Sieben-
war, dass er eine Gesichtsnarbe hat.          nicht Ruhestand. Wenige Monate nach                           brunnenfeldgasse kostenintensiv zu
Die Klärung von zwei Raubmorden ging          seiner Pensionierung eröffnete er am 1.                       sanieren, um eine Gefährdung von
ebenfalls auf sein Konto.                     September 2000 eine Wirtschaftsdetek-                         Personen und Sachen hintanzuhalten.
                                              tei. Die beste Idee hatte er aber offen-                      Zwischenmauern mussten entfernt
    War Kollaritsch Österreich zu klein?      sichtlich 2003, denn damals führte er                         und neue Kellerabteile in offener Bau-
Jedenfalls wechselte er 1974 zum Po-          das „Housekeeping“ in Österreich ein.                         weise, um die Frischluftzufuhr zu ge-
lizeikontingent auf Zypern. Dort war er       Die 24 Stunden-Bewachung von Häu-                             währleisten, errichtet werden. Es ge-
auch für die Sicherheit des damaligen         sern, deren Besitzer abwesend sind, ist                       hört auch zu unserer Tradition, dass
UN-Generalsekretärs Dr. Kurt Waldheim         eine stark unterschätzte Präventivarbeit.                     frei gewordene Wohnungen vor der
verantwortlich.                               In keinem seiner bisher bewachten Häu-                        Wiedervermietung komplett renoviert
                                              ser hat sich ein Einbruch ereignet.                           werden.
    Zurück in Österreich, absolvierte er
das Studium der Rechtswissenschaf-                Obwohl Jurist, obwohl jetzt Eigen-                            Selbstverständlich arbeiten wir
ten an der KFU Graz. Die Folge war die        tümer einer Sicherheitsfirma, Kolla-                          weiter an der Wertsteigerung unse-
Bestellung zum Leiter der Abteilung für       ritsch ist dem Kriminaldienst immer treu                      rer Liegenschaften und planen bereits
Staats-, Personen- und Objektschutz so-       geblieben.                                                    den weiteren Ausbau von Dachböden,
wie zum stellvertretenden Sicherheits-                                                                      um so Wohnraum für unsere Mitglie-
direktor der Steiermark. In seine Zeit            Wir freuen uns, dass wir solche Mit-                      der und Kollegen zu schaffen.■
fielen einige österreichweit bekannte         glieder haben.■

                                                                                                                                                    23
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                                                                                                                                intern

                                                                   Helmut Kaiser (VKÖ-OÖ) mit dem Ehepaar Kendl bei der Übergabe der Ehrenurkunde

ESKORTWÄGEN                                                         70 JAHRE BEI DER VKÖ:
                                                                    JOSEF KRENDL EHRENMITGLIED

D
       er k.k. Polizeidirektor Hofrath v. Lemonnier hat sich

                                                                    Z
       mit Beziehung auf die vom Reichsrathe angeregte                    u einer besonderen Feierstunde wurde eine Abordnung
       Reorganisierung des Eskortierungswesen in Wien,                    der Sektion Oberösterreich in Kleinmünchen, einem süd-
das nach den Versicherungen des Herrn Hofraths v. Le-                     lichen Stadtteil von Linz, in einem schmucken Einfamili-
monnier selbst Manches zu wünschen übrig läßt, an den               enhaus von Josef Krendl und seiner Gattin Christine – noch vor
Gemeinderath mit dem Ansuchen um Genehmigung des                    den strikten Corona-Beschränkungen – mit Kaffee und Kuchen
entfallenden Betrages zur Anschaffung von sieben Eskor-             empfangen. Die Vereinigung Kriminaldienst Österreich ernann-
tierungswägen für Arrestanten gewendet Diese Eskortie-              te Josef Krendl anlässlich seiner 70-jährigen Mitgliedschaft zum
rungswägen werden in Zellenform zu zwei Reihen gearbei-             Ehrenmitglied.
tet und auf vier bis sechs Mann zum sitzen eingerichtet.
Licht und Luft kommt von oben, an der Thüre, welche rück-           Unser Jubilar wurde am 16. Februar 1933 in Lilienfeld geboren.
wärts angebracht ist, sind Schieber zur Kontrolle für die Ge-       Nach Pflichtschule und Elektrikerlehre trieb die allgemeine Ar-
fangenen angebracht. Diese Wägen verkehren innerhalb                beitslosigkeit Krendl 1953 nach Linz, wo er die Aufnahme zur Po-
eines Zeitraumes von 24 Stunden vier- bis achtmal zur k.k.          lizei schaffte. 1955 begann er als uniformierter Polizist am Posten
Polizeidirektion, zum k.k. Landesgerichte, zu den Kommis-           Karl-Wiser Straße und war dann nebenbei bei der Polizeimusik
sariaten, Exposituren, zum Magistrat, zur k.k. Finanz-Be-           Flötist, später spielte er in der Polizei-Jazzband Saxophon. 1959
zirksdirektion u.s.w. je nach Bedarf. Bemerken wollen wir           gelang Josef Krendl der Sprung zur Kripo, wo er sämtliche Abtei-
hier noch, daß im abgelaufenen Jahr 84.827 Eskortierun-             lungen durchwanderte, bis er 1963 in Wien den Fachkurs für Kri-
gen stattgefunden haben, zu welchen täglich 143 Mann                minalbeamte absolvierte. Von 1975 bis 1993 machte er Dienst bei
von der Sicherheitswache in der Montur und 49 Mann in               der „Einser“ (Abt. I, Staatspolizei).
Zivilkleidern verwendet werden mußten. Es tritt also durch
die Beischaffung der Eskortwägen nicht nur eine erhebli-            Einer seiner dienstlichen Höhepunkte, wie er immer wieder gerne
che und nothwendige Ersparung an Eskortierungsmann-                 erzählt, war die Abkommandierung zu den Olympischen Winter-
schaft ein die für andere Zwecke verwendet werden kann,             spielen 1976 in Innsbruck. Dort lernte er einen Freund fürs Leben
sondern es wird auch der öffentliche, des Schamgefühl               kennen, einen englischen Kollegen, der den Herzog von Kent und
ertödtende Umzug der Gefangenen oder Eingezogenen in                die Königin-Mutter beschützte. Diese Freundschaft bestand bis
humaner Weise vermieden.                                            zum Ableben des Kollegen 2018, sie war von gegenseitigen Be-
                                                                    suchen geprägt.
Die Polizeikommission des Gemeinderathes hat sich ges-
tern auch für die unverweilte Genehmigung dieses Ansu-              Die VKÖ wünscht Josef Krendl noch ganz viele glückliche
chens ausgesprochen.(Quelle: Morgenblatt 20.10.187)                 Jahre mit seiner Christine.

                               www.kripo.at                                                                                                 25
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         intern

WIR GRATULIEREN UND
BEDANKEN UNS                                                                                           KRIPO.AT-RÄTSEL

E                                                                                                     M
                                                                                                                 ea culpa! Die Formulierung der Frage in der letz-
         s ist ein üblicher Vorgang bei
                                                                                                                 ten Ausgabe wurde von den Rätselfreunden anders
         einer Vollversammlung, Mit-
                                                                                                                 ausgelegt, als von uns angedacht. „Welches Land
         glieder, die 40, 50 oder mehr
                                                                                                       in Europa hat die höchste Polizeidichte“ lautete die Frage.
Jahre unserer Vereinigung ange-
                                                                                                       Uns stand eine Statistik der EU-Länder zur Verfügung, des-
hören, zu ehren. Aus bekannten Gründen musste die Vollver-
                                                                                                       halb hätte sich die Frage auf die EU, nicht aber auf Europa
sammlung von November 2020 auf Jänner 2021 verlegt wer-
                                                                                                       beziehen müssen. Dass es Länder in Europa gibt, die nicht
den. Der 3. Lockdown macht nun eine weitere Verschiebung auf
                                                                                                       in der EU sind, ist uns bekannt, das wurde aber nicht be-
unbestimmte Zeit notwendig. Da alle zu Ehrenden ein gewisses                                           rücksichtigt. Wir haben deshalb als richtige Antwort „Zypern“
Lebensalter haben und wir sie nicht in gesundheitliche Gefahr                                          (5,47 Beamte auf 1.000 Einwohner) zugelassen, aber auch
bringen wollen, werden die Ehrungen heuer ausnahmsweise                                                „Weißrussland“ (14,4 Polizisten pro 1.000 Einwohner).
mit der Post versendet.                                                                                Unsere Rätselfreunde: Mario Hagn, Günther Kogler, Mag.
Wir bitten um Verständnis.                                                                             Wolfgang Marx, Herbert Oberklammer und Manfred Sach-
                                                                                                       senhofer erhalten jeweils ein Buch aus unserem Fundus.
                                                                                                                                                   Euer Rätselonkel
                                      TODESFÄLLE
                                                                                                       P.S.: Ach ja, die nächste Frage wollt Ihr auch wissen:
         Wolfgang HEITER                                Willibald RAHMING                              Wie heißt jene Betrugsart, bei der die Täter als Kreditgeber
               Wien                                             Wien                                   oder Käufer auftreten, wenn ein Verkäufer wertvolle Dinge
         im 80 Lebensjahr                                im 64. Lebensjahr                             anbietet. Statt Kauf oder Investition wird dem Verkäufer ein
                                                                                                       lukratives Devisengeschäft angeboten. Durch seriöses Auf-
           Ing. Leo JUNG                            Helmut TIEFENBACHER
                                                                                                       treten und kleinere Vorgeschäfte wird Vertrauen gewonnen.
                 Wien                                        Wien
          im 97. Lebensjahr                            im 79. Lebensjahr                               Wenn den Tätern eine größere Summe in der Hand überge-
                                                                                                       ben wird, verschwinden sie.
                           Elisabeth EDELBACHER                                                        Als Antwort akzeptieren wir sowohl die deutsche, als auch
                                    Witwe                                                              die englische Bezeichnung.
                                      Linz
                               im 88. Lebensjahr
                                                                                                                         Antworten an sekretariat@kripo.at.
                                                                                                                       Einsendeschluss ist der 15. März 2021.

UNSERE                                                                                                SEKTIONSLEITER IN DEN BUNDESLÄNDERN
KOOPERATIONSPARTNER
                                                                                                      Burgenland: 		    Eisenstadt               Norbert Janitsch, burgenland@kripo.at
                                                                                                      Kärnten: 		       Klagenfurt               Derzeit unbesetzt
                                                                                                      Niederösterreich: St. Pölten               Christian Lechner, niederoesterreich@kripo.at
  MITGLIEDERTREFF                                                                                     Oberösterreich:   Linz                     Helmut Kaiser, oberoesterreich@kripo.at
  (mit Vorbehalt)                                Linz                                                 		Wels                                     Helmut Kaiser, wels@kripo.at
                                                 Jeden 1. Dienstag im Monat ab 15.00 Uhr              		Steyr                                    Josef Fuchshuber, steyr@kripo.at
  Wien                                           Polizei-Sportbuffet,                                 Salzburg: 		      Salzburg                 Karin Linecker, salzburg@kripo.at
  Jeden 1. Montag im Monat                       Linz, Derflingerstraße Nr. 5                         Steiermark: 		    Graz                     Karl Strohmeier, steiermark@kripo.at
  ab 17.00 Uhr                                                                                        Tirol: 		         Tirol                    Albert Mandl, tirol@kripo.at
  Gasthaus „d‘Landsknecht“                       Wels                                                 		Innsbruck                                Martin Brunner, innsbruck@kripo.at
  Porzellangasse/Ecke Thurngasse,                jeden 1. Dienstag im Monat                           Vorarlberg: 		    Bregenz                  Norbert Schwendinger, vorarlberg@kripo.at
  1090 Wien                                      ab 16.00 Uhr im PSV Heim                             Wien:		           Wien                     Roland Wastl, wien@kripo.at

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