Chancen Nachhaltiges Anlegen - aus Überzeugung - Finanzmärkte und Konjunktur - Bank Cler

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Chancen Nachhaltiges Anlegen - aus Überzeugung - Finanzmärkte und Konjunktur - Bank Cler
chancen
Finanzmärkte und Konjunktur

Nachhaltiges Anlegen –
aus Überzeugung

                              2/2019
Chancen Nachhaltiges Anlegen - aus Überzeugung - Finanzmärkte und Konjunktur - Bank Cler
«Unser konsequenter
Nachhaltigkeitsansatz
geht nicht zulasten
der Rendite.»
Chancen Nachhaltiges Anlegen - aus Überzeugung - Finanzmärkte und Konjunktur - Bank Cler
Editorial

        Nachhaltiges Anlegen –
        konsequent umgesetzt
          mit der Bank Cler

                                                            Dr. Sandro Merino
                                                            Chief Investment Officer

Liebe Leserinnen und Leser

Das steigende Interesse für nachhaltige Anlagen verändert die Welt der Ver­
mögensverwaltung. Dies erfordert von den Marktteilnehmern eine sorgfältige
Klärung und Bestimmung ihrer Position zum Thema. Dabei ist es unmöglich,
eine allgemeingültige und widerspruchsfreie Definition des Begriffes «Nach­
haltigkeit» festzulegen. Für uns als Bank Cler standen bei der Bestimmung
unseres nachhaltigen Anlageprozesses eine nüchterne Analyse und Transparenz
sowie die Vermeidung eines zu stark vereinfachenden Rückzugs auf ideologische
Positionen im Fokus.

Es ist uns bewusst, dass letztlich grundlegende weltanschauliche Haltungen zu
divergierenden persönlichen Urteilen über die Sinnhaftigkeit des nachhaltigen
Anlegens führen. Wir sind uns jedoch nach gründlichen Analysen und inten­siven
Diskussionen in zentralen Schlussfolgerungen einig: Unser konsequenter
Nachhaltigkeitsansatz geht weder zulasten der Rendite, noch bedeutet er
für Sie höhere Kosten. Wir empfehlen Ihnen also die Wahl einer nachhaltigen
Anlagestrategie.

Falls Sie persönlich zu einer anderen Überzeugung gelangen, können Sie
selbstverständlich an Ihrer konventionellen Anlagestrategie festhalten.
Wenn Sie unser Zugang zum Thema überzeugt, stellen wir Ihnen gerne
unsere Expertise sowie unsere professionellen, durchdachten und erprobten
Instrumente für eine nachhaltige Vermögensanlage zur Verfügung. Der
Entscheid liegt also bei Ihnen.

Herzlichst

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Chancen Nachhaltiges Anlegen - aus Überzeugung - Finanzmärkte und Konjunktur - Bank Cler
In dieser Ausgabe

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                                                              Nachhaltigkeits-
                                                              landschaft

  6
  Klimawandel

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Editorial                                                    Nachhaltig anlegen – für eine bessere Zukunft?
                                                             Macht nachhaltiges Anlegen die Welt besser? Ist der

6
                                                             Hype um das nachhaltige Anlegen gerechtfertigt?
                                                             Was bringt nachhaltiges Anlegen überhaupt? Lesen Sie
                                                             dazu unsere Einschätzung.
Klimawandel – kann dieser noch verhindert werden?
Durch den global weiter zunehmenden Verbrauch von
Kohle, Öl und Gas wird die Anpassung an unaus­
weichliche, menschengemachte Veränderungen der
                                                             20
klimatischen Bedingungen zur Herausforderung.                Bei uns gilt: Wo Nachhaltigkeit draufsteht,
                                                             muss auch Nachhaltigkeit drin sein

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                                                             Wie fliesst das Thema Nachhaltigkeit konkret in den
                                                             Anlageprozess ein? Welche Kriterien gelten für Unter­
                                                             nehmen, die von uns berücksichtigt werden? Eine
Die Nachhaltigkeitslandschaft heute – den Überblick
                                                             Einführung in unseren nachhaltigen Anlageansatz.
bewahren in der Angebotsflut
Heute ermöglicht eine Vielzahl an Indikatoren, Ratings
und Ranglisten internationale Leistungsvergleiche. Das
grosse öffentliche Interesse erhöht den Druck, bei den
Kriterien gut abzuschneiden.

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 Nachhaltigkeitsratings

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                                                                Aktien

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Am Beispiel von Daimler: Nachhaltigkeits­ratings und           Haben nachhaltige Schuldner
die Grenzen ihrer Aussagekraft                                 tiefere Finanzierungskosten?
Die ESG-Ratings erweisen sich zuweilen als zwei­               Am Schweizer Anleihemarkt lässt sich beim Einbezug
schneidiges Schwert, wie das Beispiel von Daimler zeigt.       des Kriteriums Nachhaltigkeit eine Renditedifferenz bei
                                                               Schuldnern mit tieferer Qualität feststellen.

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Von den Herausforderungen, ein nach­haltiges Portfolio
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zu konstruieren                                                Nachhaltig investieren mit Fonds
Für die Konstruktion eines nachhaltigen Portfolios ist         Die Bedrohung des Ökosystems durch die Klimaerwär­
es entscheidend, dass innerhalb von Anlagekategorien           mung und Umweltverschmutzung schreitet scheinbar
ausreichend investierbare Anlagemöglichkeiten zur              unaufhaltsam voran. Anlegerinnen und Anleger können
Verfügung stehen.                                              durch verantwortungsbewusstes Investieren ihren Teil zur
                                                               Überwindung der umweltbedingten Herausforderungen

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                                                               beitragen.

Aktien Schweiz – nachhaltig investieren
Mit unserem Anlagefonds «BKB Cler Sustainable Equity
Switzerland» setzen wir unseren nachhaltigen Ansatz
konsequent um.

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Chancen Nachhaltiges Anlegen - aus Überzeugung - Finanzmärkte und Konjunktur - Bank Cler
Von Dr. Sandro Merino, Chief Investment Officer

Klimawandel – kann dieser
 noch verhindert werden?
 Der Klimawandel betrifft nicht nur die Politik, sondern auch die Finanzwelt
 und insbesondere die Vermögensverwaltung immer stärker. Eine vertiefte
 Auseinandersetzung mit dem Stand der wissenschaftlichen Erforschung
 des komplexen Phänomens ist unerlässlich, um auch für nachhaltiges
 Anlegen fundierte Ansätze entwickeln zu können. Durch den global weiter
 zunehmenden Verbrauch von Kohle, Öl und Gas wird die Anpassung an
 unausweichliche, menschengemachte Veränderungen der klimatischen
 Bedingungen zur Herausforderung.

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Chancen Nachhaltiges Anlegen - aus Überzeugung - Finanzmärkte und Konjunktur - Bank Cler
Klimawandel – kann dieser noch verhindert werden?

Bereits vor drei Jahren haben wir die Sommer-Ausgabe              Die Emissionen wären aber durch Abscheidungs- und
unseres halbjährlich erscheinenden Anleger-Magazins dem           Speichertechnologien zu minimieren.
Thema «Klimawandel und nachhaltige Anlagen» gewid­
met. Die Thematik ist heute aktueller denn je. In der Poli­       Gemäss dem IPCC-Sonderbericht müsste für die Vermei­
tik, insbesondere in Europa, ist ihr Stellenwert zuletzt          dung einer Erderwärmung von über 1,5 Grad Celsius der
deutlich gestiegen.                                               jährliche CO2-Ausstoss von heute global ca. 40 Gigatonnen
                                                                  bis ins Jahr 2050 vollständig auf null gesenkt werden
Weltklimarat: Bis 2040 erreicht Erderwärmung                      (Abb. 2).
bereits 1,5 Grad
In einem Sonderbericht* hat der UN-Weltklimarat IPCC              40 Gigatonnen CO2 pro Jahr, wie viel ist das?
2018 dargestellt, wie radikal der Wandel bei der Nutzung          Eine Gigatonne entspricht etwa der Masse von einem
primärer Energiequellen sein muss, um die globale Klima­          Kubikkilometer Wasser. Stellt man sich das jährlich durch
erwärmung bei etwa 1,5 Grad Celsius zu stoppen. Der               menschliche Aktivität ausgestossene CO2 in fester Form
Bericht zeigt, dass eine Erderwärmung um weitere 0,5              als sogenanntes Trockeneis vor, dann würde es ein Volumen
Grad Celsius auf insgesamt 1,5 Grad Celsius bis 2040 nicht        von ca. 27 Kubikkilometern einnehmen. Dies entspricht et­
mehr zu vermeiden ist (Abb. 1). Was bisher in der Politik         was mehr als der Hälfte des Volumens des Bodensees.
nicht verstanden oder worüber oft geschwiegen wird, ist           Somit wird gegenwärtig global alle zwei Jahre eine
der ernüchternde Befund des wissenschaftlichen Konsen­            CO2-Menge in die Atmosphäre freigesetzt, die in etwa der
sus: Eine signifikante Reduktion des globalen CO2-Aus­            Füllung des gesamten Bodensees mit Trockeneis ent­
stosses kann den Klimawandel bestenfalls verzögern,               spricht.
jedoch nicht stoppen. Selbst die Halbierung des globalen
CO2-Ausstosses bringt keine Lösung. Nur der rasche Über­          Es ist ein radikales Szenario für die Senkung des Ausstos­
gang zu einer vollständig dekarbonisierten Energiever­            ses von Treibhausgasen notwendig. Denn die CO2-Kon­
sorgung stoppt die Erderwärmung. Das heisst nicht not­            zentration in unserer Atmosphäre steigt auch dann noch
wendigerweise, dass schon in wenigen Jahrzehnten keine            weiter an, wenn der CO2-Ausstoss reduziert wird. Denn
fossilen Energieträger mehr verwendet werden können.              jedes ausgestossene Gramm CO2 verharrt für sehr lange

* IPCC-Sonderbericht 2018 «Global Warming of 1.5 °C»

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Klimawandel – kann dieser noch verhindert werden?

Klimaerwärmung: beobachtete Temperaturänderungen und modellierte
Antworten auf stilisierte anthropogene Emissions- und Forcierungspfade

Abb. 1,
Quelle: IPCC-Sonderbericht 2018
«Global Warming of 1.5 °C», Summary
for Policy Makers, Graph SPM1

Abb. 2,
Quelle: IPCC-Sonderbericht 2018
«Global Warming of 1.5 °C», Summary
for Policy Makers, Graph SPM1

Zeit (jahrhundertelang) in unserer Atmosphäre. Die at­
mosphärische CO2-Konzentration nimmt somit weiter zu,
                                                                       Es wird nie einen Beweis
selbst wenn der jährliche Ausstoss weltweit halbiert wür­              für die Richtigkeit dieser
de (vgl. Abb. 3). Der Zusammenhang zwischen steigender
CO2-Konzentration und erwarteter globaler Klimaerwär­                 wissenschaftlichen Modelle
mung wird über empirische Klimamodelle ermittelt. Es
kann somit nie einen «Beweis» für die Richtigkeit solcher
                                                                      geben, aber eine steigende
Modelle oder gar einen «Beweis» für den Klimawandel                      Erklärungskraft und
selbst geben. Dennoch erkennt die Forschung Jahrzehnt
für Jahrzehnt immer deut­licher und facettenreicher das                   Prognose­fähigkeit.
Ausmass und die Dringlichkeit der Herausforderung.

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Klimawandel – kann dieser noch verhindert werden?

Klimaerwärmung: stilisierte
anthropogene Emissions- und
Forcierungspfade (Szenarien)

Abb. 3,
Quelle: IPCC Climate Change 2014
Synthesis Report, Figure 2.3

  Anmerkungen zu den Originalabbildungen 1, 2 und 3 aus den IPCC-Berichten

  Zu Abbildung 1: Aus den globalen monatlichen Tempe­               tonnen. Nur eine vollständige Vermeidung von weiterem
  raturdaten seit 1960 erkennt man den anhaltenden                  CO2-Ausstoss kann verhindern, dass die atmosphärische
  Temperaturanstieg. Die dargestellte Abflachung des                CO2-Konzentration auch nach 2050 weiter ansteigt. Die
  Temperaturtrends ab 2040 kann nur erwartet werden,                Grafik rechts zeigt die Energiezufuhr in die Atmosphäre,
  wenn eine radikale Reduktion des menschenverursachten             die durch Nicht- CO₂-Treibhausgase entsteht. CO2 ist
  Aus­stosses an Treibhausgasen jetzt einsetzt. Die zur             zwar der Haupt­faktor, weitere Treibhausgase werden
  «Abflachung» notwendigen drastischen Reduktionssze­               aber einbezogen, um die Genauigkeit der Modelle zu
  narien sind in Abbildung 2 dargestellt. Dass nebst CO2            optimieren.
  auch andere Treibhausgase wie Methan einen nicht ver­
  nachlässigbaren Einfluss haben, erkennt man an den                Zu Abbildung 3: In der oberen horizontalen Skala ist die
  verschieden breiten Szenariokorridoren. Je weniger auch           kumuliert ausgestossene CO2-Menge in Gigatonnen seit
  die Reduk­tion anderer Treibhausgase gelingt, desto               1870 aufgetragen. Dazu in der vertikalen Skala der
  grösser die Möglichkeit einer noch stärkeren Erderwär­            jeweils erwartete Anstieg der globalen mittleren Tem­
  mung von bis zu 2 °C schon weit vor 2060.                         peratur auf der Erde. Man erkennt, dass die bis 2020
                                                                    kumuliert ausgestossene CO2-Menge von etwa 2000
  Zu Abbildung 2: Die zur Einhaltung des 1,5 °C-Ziels not­          Gigatonnen den bereits heute beobachteten Tempera­
  wendige Reduktion des jährlichen CO2-Ausstosses von               turanstieg von ca. 1 °C erklärt. Bleibt die jährlich ausge­
  aktuell 40 Gigatonnen pro Jahr auf null bis ca. 2050 ist          stossene CO2-Menge von aktuell 40 Gigatonnen pro Jahr
  in der linken Grafik dargestellt. Die mittlere Grafik zeigt       konstant, dann steigt der kumulierte Ausstoss bis 2045
  die gesamte CO2-Menge, die der Mensch seit Mitte                  auf 3000 Gigatonnen und bis 2065 auf 4000 Gigatonnen
  des 19. Jahrhunderts, aber vor allem ab 1960 in die Erd­          an. Man liest dann aus der Grafik ab, dass dies eine
  atmosphäre ausgestossen hat. Man erkennt, dass von                erwartete Erd­erwärmung von ca. 2 °C bis 2045 und
  1870 bis 1960 etwa 700 Gigatonnen ausgestossen wur­               ca. 2,5 °C bis 3 °C bis 2065 bedeutet. Ein unverändert
  den. Von 1960 bis 2020 sind nochmals 1300 Gigatonnen              konstanter CO2-Ausstoss im aktuellen Umfang bis Ende
  zusätzlich dazugekommen. Bei ungebremstem Ausstoss                des Jahrhunderts würde eine Erderwärmung von ca.
  von aktuell 40 Gigatonnen pro Jahr kämen bis 2045                 4 Grad erwarten lassen. Die rötlich eingefärbte Band­
  nochmals 1000 Gigatonnen dazu. Der Gesamtausstoss                 breite gibt die Modell­unsicherheit bei der Schätzung der
  an CO2 seit 1870 läge dann 2045 bei bereits 3000 Giga­            modellierten erwarteten Erderwärmung an.

                                                                9
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Klimawandel – kann dieser noch verhindert werden?

In unserer Vermögensverwaltung bemühen wir uns, eine                Im Widerspruch: Der erwartete Konsum an fossilen
undogmatische, wissenschaftlich orientierte Haltung ein­            Energieträgern steigt bis 2040 weiter
zunehmen. Es geht in der empirischen Wissenschaft nicht             In scharfem Widerspruch zur notwendigen radikalen Re­
darum, festzulegen, was man glaubt oder nicht glaubt.               duktion des Ausstosses von Treibhausgasen stehen die
Es geht darum, zu verstehen, welche Messungen und                   Prognosen zur Entwicklung des globalen Energiekonsums
Beobachtungen für oder gegen verschiedene Erklärungs­-              und zu dessen Zusammensetzung bis 2040. So wird ein
ver­suche sprechen. Klimarelevante Faktoren, auf die der            weiterer leichter Anstieg des Verbrauchs fossiler Energie­
Mensch keinen Einfluss nimmt, werden von Klimaforschern             träger wie Öl, Kohle und Gas erwartet (Abb. 4). Die glo­
differenziert untersucht und in die Klimamodellierung ein­          balen Prognosen der Internationalen Energie-Agentur
bezogen. Es geht um Schwankungen in der Aktivität der               (IEA) entstehen durch Aggregation der Szenarien aus
Sonne, Variationen der Vulkanaktivität, langsame Ver­               nationalen Energiestrategien. Der Widerspruch zwischen
änderungen in der komplexen Bewegung der Erde relativ               der Forderung der Wissenschaft nach Dekarbonisierung
zur Sonne. Auch Fragen zur Rolle der Wolkenbildung und              und dem erwarteten Verhalten der Staaten in ihren nati­
zur Rolle, die Wasserdampf als Treibhausgas spielt, werden          onalen Energie­strategien zeigt, dass die Politik bislang
untersucht. Wie in jeder lebendigen empirischen Wissen­             keine zielführende Antwort auf die globale Herausforde­
schaft gibt es zu Aspekten der Modellierung teilweise hef­          rung Klimawandel gefunden hat.
tige Kontroversen unter Experten. Dennoch bleibt das
bisherige Fazit der Wissenschaft bestehen. Nur die durch            Auch die IEA kommt zum Schluss, dass nur eine vollstän­
den Menschen ausgelöste Zunahme der Treibhausgase                   dige Vermeidung des Ausstosses von Treibhausgasen bis
vermag die gemessenen Temperaturdaten der vergange­                 zum Ende des Jahrhunderts eine drastische Überschreitung
nen 150 Jahre überzeugend zu erklären.                              des 2-Grad-Ziels vermeiden kann.

                                                                    Wird die durch Treibhausgase induzierte Klimaerwärmung
                                                                    durch die Wissenschaft ausreichend genau geschätzt,
Globale Primärenergienachfrage im                                   dann bleibt wenig Zeit, um zur Stabilisierung des Klimas
«New Policies Scenario» der IEA                                     eine fundamentale globale Energiewende einzuleiten. Bleibt
Mt RöE                                                              diese aus, wird sich die Menschheit den möglicherweise
                                                                    dramatischen Klimaveränderungen anpassen müssen. Die
18 000                                                              Folgen des Klimawandels für einzelne Regionen oder Län­
                                                                    der sind im Detail nur schwierig oder kaum vorauszusehen.
16 000                                                              Auch einzelne, regional begrenzte Dürreperioden der jün­
                                                                    geren Vergangenheit sind nicht einfach kausal mit dem
14 000                                                              Klimawandel zu verknüpfen. Studien zum Zusammenhang
                                                                    zwischen dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien und der
12 000                                                              unmittelbar davor herrschenden Jahrhundertdürre zeigen
                                                                    aber auf, welche zerstörerischen Folgen veränderte klima­
10 000                                                              tische Bedingungen haben können.

 8 000
                                                                    Wir gehen nicht davon aus, dass eine Begrenzung der
                                                                    Klimaerwärmung auf unter 2 Grad wahrscheinlich ist.
 6 000
                                                                    Grund sind die fehlende Einigkeit, Bereitschaft und Fähig­
                                                                    keit der Weltgemeinschaft, notwendige Massnahmen
 4 000
                                                                    rasch ein­zuleiten. Umso wichtiger wird das Thema nach­
 2 000                                                              haltiges Anlegen. Die Kosten zur Anpassung an veränder­
                                                                    te klimatische Bedingungen sind ein Risiko für die wirt­
    0                                                               schaftliche Entwicklung bis 2040 und darüber hinaus. Sie
         2000      2016    2017   2025    2030   2035   2040
                                                                    sind aber auch eine Chance für jene Unternehmen und
                                                                    Investoren, die Lösungen und Visionen entwickeln, damit
  Kohle                   Wasserkraft                               die Welt wenigstens besser mit den Herausforderungen
  Öl                      Biomasse                                  im Zusammenhang mit dem Klimawandel umgehen kann.
  Gas                     Andere erneuerbare Energien               Wer die Problematik einfach ignoriert oder argumentiert,
  Nuklearenergie
                                                                    man könne sowieso nichts mehr tun, alles könne beim
                                                                    Alten bleiben, der geht das Risiko ein, durch den Wandel
Abb. 4, Quelle: IEA, World Energy Outlook 2018                      überrascht und überfordert zu werden.

                                                               10
Klimawandel – kann dieser noch verhindert werden?

                                   Forschung zur arktischen Eisschmelze. Der wissenschaftliche Taucher des Norwegischen
                                   Polarinstituts, Michal Tessman, bereitet sich darauf vor, mit einem Vakuumgerät unter
                                   dem arktischen Meereis Eisalgen-, Phytoplankton- und Zooplanktonproben zu sammeln.
                                   NPI-Expedition (Ice, Climate, Ecosystems), Juli bis August 2012.

   Unabhängig davon, wie man                                    pel erbracht. Nachhaltiges Anlegen muss nicht mit einer
                                                                tieferen Anlagerendite einhergehen. Somit bestehen aus
  die wissenschaftliche Evidenz                                 unserer Sicht unabhängig von der wissenschaftlichen Evi­
                                                                denz zum Klimawandel keine vorhersehbaren Nachteile
  zum Klimawandel gewichtet,                                    darin, eine Anlagestrategie nach Nachhaltigkeitsprinzi­pien
 sehen wir keine vorhersehbaren                                 zu gestalten.

  Nachteile darin, eine Anlage­                                 Wir empfehlen grundsätzlich die Wahl einer
                                                                nachhaltigen Anlagestrategie
 strategie nach Nachhaltigkeits­                                Natürlich werden bei nachhaltigen Anlagen neben ökolo­
     prinzipien zu gestalten.                                   gischen auch soziale und ethische Fragen sowie Prinzipien
                                                                der guten Unternehmensführung in den Anlageprozess
                                                                einbezogen. Auch hier stützen wir uns bei der Auslegung
                                                                unseres nachhaltigen Anlageprozesses auf belastbare
                                                                Argumente und auf das Vorhandensein von nachvollzieh­
Nachhaltiges Anlegen bringt keine Nachteile                     baren Daten. Der blosse Rückzug auf ideologische Grund­
für die Anlegerin oder den Anleger                              positionen ist nicht der Geist, der in unserem Anlage­
Seit 2016 verleihen wir bei unseren Anlageprodukten dem         prozess herrscht. Unsere Kunden sollen auch die Wahl
Thema Nachhaltigkeit mehr Gewicht und Wirkung. Unse­            haben, uneingeschränkt ihre bevorzugte Anlagestrategie
re Palette an nachhaltigen Anlagestrategien kann mit den        umzusetzen. Wir empfehlen Ihnen aber grundsätzlich die
erzielten Renditen mit den besten konventionellen, d.h.         Wahl einer nachhaltigen Anlagestrategie. Wir erwarten,
nichtnachhaltigen, Anlageprodukten am Markt mithalten.          dass dies längerfristig Vorteile für die Bewältigung der
Wir haben in den vergangenen Jahren mit unserer eigenen         kommenden Herausforderungen an den Finanzmärkten
nachhaltigen Produktpalette somit die Probe aufs Exem­          bringen wird. ■

                                                           11
12
Von Brigitta Lehr, Finanzanalystin

       Die Nachhaltigkeits-
        landschaft heute –
      den Überblick bewahren
        in der Angebotsflut

Messen und Vergleichen setzt Ziele                                 Indikatoren stärker im Vordergrund stehen als das Mess­
Parallel zum Aufstieg der Nachhaltigkeitsthemen in der             objekt selbst. So ist beispielsweise das Bruttoinlandspro­
öffentlichen Wahrnehmung hat sich während der vergan­              dukt ein viel beachteter, aber bekanntlich unzureichender
genen 40 Jahre eine Vielzahl von Akteuren damit beschäf­           Massstab für die Messung der Wirtschaftsleistung und
tigt, die Probleme zu adressieren, Kriterien und Normen            der Lebensqualität.
zu definieren und diese statistisch zu erfassen und zu
messen. Der dem Wort «Staat» entlehnte Ausdruck «Sta­              UN-Konferenzen propagierten das Thema
tistik» steht ursprünglich für eine Sammlung von Daten.            Nachhaltigkeit
Diese sollte die staatliche Regierungsgewalt dabei leiten,         Seit 1972 haben eine Reihe hochrangiger Anlässe das öf­
ihre Aufgabe – primär das Wohlergehen der Bevölkerung              fentliche Bewusstsein für Umwelt- und Klimafragen ge­
– zu erfüllen und die erbrachte Leistung zu messen.                stärkt. Damals fand die erste UN-Umweltkonferenz in
                                                                   Stockholm statt, deren wichtigstes Ergebnis die Gründung
Heute ermöglicht eine fast unüberschaubare Vielzahl an             des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP)
Indikatoren, Ratings und Rankings internationale Leistungs­        war. Einen entscheidenden Impuls für die Nachhaltigkeits­
vergleiche zu Themen wie wirtschaftliche Leistungsfähig­           debatte gab 1987 der Bericht «Unsere gemeinsame Zu­
keit, Länderrisiken, Demokratie und Menschenrechte,                kunft» der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung
Transparenz, Umwelt, Pressefreiheit, Sicherheitslage sowie         («Brundtland-Kommission»). Die bedeutendste Definiti­
Gesundheit und sozialer Wohlstand. Erhoben und berech­             on der Nachhaltigkeit stammt aus diesem Bericht. Nach­
net werden diese u.a. von supranationalen Organisationen,          haltige Entwicklung ist demzufolge eine Entwicklung, die
Forschungsinstituten, Stiftungen und NGOs, denen es                die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskie­
neben einer Leistungsmessung auch darum geht, mit ihren            ren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse
Kriterien Standards zu setzen. Eine hohe öffentliche Be­           nicht befriedigen können. In der Folge wurde 1988 der
achtung dieser Vergleiche stärkt den Leistungsdruck auf            Weltklimarat (IPCC) gegründet, ein Expertengremium,
Länder und Unternehmen, bei den Kriterien gut abzu­                das regelmässig die interdisziplinären Forschungsergeb­
schneiden und einen vorderen Listenplatz zu erzielen. Zu           nisse von Wissenschaftlern weltweit zum Klimawandel
vermeiden sind Auswüchse, bei denen die gemessenen                 zusammenträgt und bewertet. ■

Erkenntnisse in die Tat umgesetzt: Solarkraftwerke zur Erzeugung und zur Speicherung
von Sonnenenergie, wie in Crescent Dunes, Nevada, USA, gelten als richtungsweisend und
könnten zu einer unbestreitbaren Konkurrenz für fossile Energiequellen werden.

                                                              13
Die Nachhaltigkeitslandschaft heute – den Überblick bewahren in der Angebotsflut

Im Jahr 1992 wurde auf der Umweltkonferenz in Rio die              Datenanbietern zählen beispielsweise CDP (ehemals
Klimarahmenkonvention (UNFCCC) verabschiedet; seit                 Carbon Disclosure Project), Trucost (CO2- und Ressour­
dann findet jährlich die Vertragsstaatenkonferenz (COP)            ceneffizienz) oder Reprisk (ESG-Risikomonitoring). Dane­
statt. Das auf der dritten Klimakonferenz 1997 unter­              ben haben sich diverse Anbieter etabliert, die einzelne
zeichnete Kyotoprotokoll enthielt erstmals rechtsverbind­          Unternehmen oder Emittenten mithilfe umfassender
liche Begrenzungs- und Verringerungsverpflichtungen für            Nachhaltigkeitsdaten bewerten und mit entsprechenden
die Industrieländer und war der Vorläufer des Klimaab­             Ratings versehen. Führende Anbieter von derartigen Nach­
kommens 2015 in Paris (COP21), das eine Verpflichtung              haltigkeitsratings sind zum Beispiel MSCI ESG Research,
zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter 2 Grad             Sus­tainalytics, ISS, RobecoSAM oder Vigeo Eiris.
Celsius vorsieht und eine Limitierung auf 1,5 Grad Celsius
anstrebt.

Massgebliche Akteure im Bereich nachhaltiger                                 Beim Pariser Klima­-
Investments                                                               ab­kommen hat man sich
Auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Unternehmen
und Investments hat sich in den vergangenen Jahrzehnten                   zu einer Begrenzung der
viel getan. Nicht die erste, aber eine wichtige Initiative
zur Nachhaltigkeit von Finanzanlagen sind die 2006 ins                    ­Erderwärmung von 2 °C
Leben gerufenen UN Principles for Responsible Investment                        ­verpflichtet.
(UN PRI). Dieser haben sich mittlerweile über 2000 Unter­
zeichner aus der globalen Finanzindustrie angeschlossen,
die insgesamt mehr als 80 Billionen US-Dollar verwalten.
Sie verpflichten sich zur Einhaltung von sechs nach­haltig­        Auf den ersten Blick befremdlich erscheint die Tatsache,
keits­bezogenen Investmentprinzipien, zu denen die Orga­           dass verschiedene Anbieter mit ihren unterschiedlichen
nisation Handlungsvorschläge erteilt. UN PRI ist im Bereich        Methoden nicht unbedingt zu einheitlichen Resultaten im
der normgebenden Branchenverbände anzusiedeln. Diese               Hinblick auf die Nachhaltigkeitsbewertung eines Emitten­
Standardgeber setzen Richtlinien fest, welche Nachhal­             ten kommen. Diese Pluralität ist jedoch nicht ausser­
tigkeitsaspekte zu priorisieren und wie sie im Berichts­           gewöhnlich. Auch bei der reinen finanztheoretischen Be­
wesen zu integrieren sind.                                         urteilung einer Anlage gibt es keine eindeutige Bewertung,
                                                                   unterschiedliche Ansätze führen zu unterschiedlichen
Namhafte Institutionen, die in diese Kategorie fallen, sind        Ergebnissen.
beispielsweise das Sustainability Accounting Standards
Board (SASB), die Global Reporting Initiative (GRI), der           Die Bank Cler ist Mitglied des schweizerischen Branchen­
International Integrated Reporting Council (IIRC) oder die         verbands Swiss Sustainable Finance, der es sich zur Auf­
Task Force on Climate-related Financial Disclosures                gabe gesetzt hat, die Position der Schweiz auf dem glo­
(TCFD).                                                            balen nachhaltigen Finanzmarkt durch Information, Aus­
                                                                   bildung und Wachstumsförderung zu stärken. Ferner
Andere Institutionen beschäftigen sich wiederum damit,             stützen wir uns bei der Selektion nachhaltiger Emittenten
Unternehmensdaten zu nachhaltigkeitsrelevanten Aspek­              auf die Rating-Ergebnisse von MSCI ESG Research. ■
ten zu sammeln und aufzubereiten. Zu den spezialisierten

                                                              14
Die Nachhaltigkeitslandschaft heute – den Überblick bewahren in der Angebotsflut

Wichtige Meilensteine
der Nachhaltigkeitsentwicklung
                                                           2019
                                                           2018
                                                           2017
                                                           2016
                                                           2015
                                                           2014
                                                           2013                          2015
                                                           2012                          Klimakonferenz in Paris
                                                           2011                          (COP21), Klimaabkommen
                       2006                                2010
                                                           2009
               UN Principles for                           2008
         Responsible Investment                            2007
                                                           2006
                                                           2005
                                                           2004
                                                           2003
                                                           2002
                                                           2001
                                                           2000                          1997
                                                           1999                          Klimakonferenz (COP3)
                                                           1998                          in Kyoto, «Kyotoprotokoll»
                                                           1997
                                                           1996
                       1992                                1995
                                                           1994
           UN-Umweltkonferenz                              1993
          in Rio, Verabschiedung
        Klimarahmenkonvention
                                                           1992
                                                           1991
                                                           1990
                                                           1989
                                                           1988                          1988
                                                           1987                          Gründung Weltklimarat
                                                           1986                          IPCC
                                                           1985
                                                           1984
                       1987                                1983
                                                           1982
          Brundtland-Bericht                               1981
«Unsere gemeinsame Zukunft»                                1980
                                                           1979
                                                           1978
                                                           1977
                                                           1976                          1972
                                                           1975                          Erste UN-Umweltkonferenz
                                                           1974                          in Stockholm, Gründung des
                                                           1973                          UN-Umweltprogramms UNEP
                                                           1972
                                                           1971
                                                           1970
 Abb. 5, Quelle: BKB

                                                            15
16
Von Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research

                       Nachhaltig
                    anlegen – für eine
                    bessere Zukunft?
        Auch in der Schweiz sind nachhaltige Anlagen immer stärker gefragt. Gera­
        de bei institutionellen Anlegern wächst das Interesse. Das nach­haltig inves­
        tierte Kapital wächst rasant, auch wenn der Anteil an den gesamten Kapi­
        talanlagen noch immer gering ausfällt. Dies gilt zumindest für den Teil der
        nachhaltigen Anlagen, die einem strengen Nach­haltigkeitsansatz folgen.
        Macht nachhaltiges Anlegen die Welt besser? Ist der Hype um das nachhal­
        tige Anlegen gerechtfertigt? Was bringt nachhaltiges Anlegen überhaupt?
        Lesen Sie dazu unsere Einschätzung.

Um sich mit den gestellten Fragen auseinandersetzen zu               Kinder­arbeit und vieles mehr. Das G steht für Governance
können, muss man sich zunächst klarmachen, wie nach­                 und thematisiert bspw. die Art und Weise der Unterneh­
haltiges Anlegen funktioniert. Denn es existiert keine ein­          mensführung, die Frage von Korruption sowie von wett­
heitliche Definition. Das öffnet Tür und Tor für unterschied­        bewerbswidrigem Verhalten.
liche Ansätze. Diese reichen von einem wenig verbindlichen
bis hin zu einem sehr strengen Nachhaltigkeitsverständnis.           Verschiedene Verfahren im Bereich Nachhaltigkeit
Gebräuchlich ist heute zumindest, dass Nachhaltigkeit                Den strengsten Ansatz bildet das sogenannte Ausschluss-
unter dem Oberbegriff ESG (Environment, Social, Gover­               verfahren. Dieses oft angewandte Verfahren bringt Ein­
nance) zusammengefasst wird.                                         schränkungen für das Portfoliomanagement mit sich. Es
                                                                     entstehen teils deutliche Abweichungen zu traditionellen
                                                                     Portfolios. Ausgeschlossen werden dabei nicht nur einzel­
       Nachhaltigkeitsansätze –                                      ne Unternehmen, sondern auch ganze Branchen, deren
                                                                     Geschäftsfelder nicht mit bestimmten moralischen
          wenig verbindlich                                          Werten (wie bspw. Alkohol, Tabak, Glücksspiel etc.) oder
                                                                     Standards (wie Menschenrechte und Umweltschutz) in
             bis streng                                              Einklang gebracht werden können. Weitere Beispiele für
                                                                     Ausschlusskriterien sind in diesem Zusammenhang auch
Der Buchstabe E steht für Environment (Umwelt). Dabei                der Betrieb von Atomkraftwerken und/oder die Herstellung
geht es um Themen wie erneuerbare Energien, die Nutzung              von Kriegsmaterial und Waffen.
von Ressourcen, den Umgang mit Abfall sowie Elektro­
mobilität. Der Buchstabe S steht für Soziales. Also für              Ein anderer Ansatz stellt auf die Auswahl sogenannter
Fragen rund um die Menschenrechte, um Themen wie                     Branchenleader ab. Dieser basiert auf einer positiven

                                                                17
Nachhaltig anlegen – für eine bessere Zukunft?

Selektion. Die Auswirkungen auf das Portfolio sind gerin­           Macht nachhaltiges Investieren Sinn?
ger als beim Ausschlussverfahren, da prinzipiell sämtliche          Diese Frage muss jeder Einzelne für sich selbst beantwor­
Branchen investierbar sind. Es wird in Unternehmen inves­           ten. Es gibt aber durchaus gute Gründe, die dafür spre­
tiert, die innerhalb ihrer Branche hinsichtlich der ökologi­        chen. Neben ethischen Gründen (positive Wirkung auf
schen, sozialen und Governance-Kriterien bessere Leistun­           Gesellschaft und Umwelt) und ökologischen Gründen
gen erbringen als ihre Konkurrenten.                                (Klimawandel, Mikroplastik, Umweltverschmutzung) sind
                                                                    auch ökonomische Gründe von Bedeutung. Nachhaltig
Das aktive Beteiligungsmanagement zielt darauf ab, als              agierende Unternehmen
Aktionär seine Eigentumsrechte auszuüben. Dies, um den              • sind in aller Regel bestimmten Risiken im Bereich Go­
Dialog mit der Unternehmensführung zu suchen, um so                   vernance weniger ausgesetzt – Stichwort Korruption
Veränderungen zu bewirken. Dieses Verfahren steht im                • meiden bestimmte Geschäftsfelder – Stichwort Klage­
Gegensatz zur Idee der beiden vorgenannten Ansätze, bei               welle gegen Bayer wegen Glyphosat
denen die Investoren «mit ihren Füssen abstimmen» und               • verzichten auf unethische Geschäftspraktiken – Stich­
die Aktien von Unternehmen mit fragwürdigen Praktiken                 wort Dieselskandal
schlicht verkaufen oder meiden. Der aktivistische Ansatz            • und sind in geringerem Masse Reputationsrisiken aus­
ist somit nicht nur anspruchsvoll, sondern benötigt einen             gesetzt
langen Zeithorizont und entsprechende personelle Res­
sourcen. Für das Investmentportfolio birgt er die gerings­          Die Relevanz für Anlegerinnen und Anleger lässt sich an
ten Einschränkungen. So sind prinzipiell auch solche                den Aktienkursen der beiden deutschen Konzerne Bayer
Unternehmen investierbar, die auf Basis von Nachhaltig­             und VW deutlich ablesen. Die Aktie von VW hat mit dem
keitsaspekten eher kritisch zu beurteilen sind.                     Bekanntwerden des Dieselskandals deutlich an Wert ver­
                                                                    loren. Im August 2015 brach der Aktienkurs ein. Seither
Aktuell erhält zudem das Thema ESG-Integration ver­                 vermochte er den damals erlittenen Verlust im Vergleich
stärkte Aufmerksamkeit. Hier fliessen Nachhaltigkeits­              zum Deutschen Aktienindex (DAX) nicht wieder wettzu­
kriterien als Teil der Finanzanalyse mit in die Beurteilung         machen. Bei der Bayer AG ist eher ein langsamer, aber
von Unternehmen und Anlageformen ein. Beispielsweise                stetiger Prozess zu beobachten. Die Klagewelle rund um
bei der Beurteilung von Geschäfts- und Reputationsrisiken.          den Unkrautvernichter Glyphosat setzt dem Unternehmen
Auch bei diesem Ansatz sind die Einschränkungen für die             stark zu. Im April 2019 wurde der Geschäftsleitung seitens
Investitionen eher gering.                                          der Aktionäre die Entlastung verweigert. Die Aktie weist
                                                                    von Ende Juni 2017 bis Ende Juni 2019 im Vergleich zum
                                                                    DAX eine Unterperformance von fast 40 % auf.

  Unser Nachhaltig­                                                         Es gibt gute Gründe für
  keitsansatz                                                                ­nachhaltiges Anlegen.
  Wir kombinieren den Branchenleader-Ansatz mit dem
  Ausschlussverfahren. Das Anlageuniversum ist somit
  stark eingeschränkt. Beim Schweizer Aktienindex SPI               Ob nachhaltiges Anlegen die Welt wirklich verbessert, kann
  sind weniger als 30 % der enthaltenen Aktien inves­               heute noch nicht abschliessend beantwortet werden.
  tierbar. Investiert man auf der Basis des nachhaltigen            Dazu ist der Anteil an nachhaltig investiertem Kapital an
  Universums, kommt es zwangsläufig zu Performance­                 den Gesamtanlagen noch zu gering. Dass aber nachhal­
  abweichungen gegenüber dem breiten Schweizer Ak­                  tiges Anlegen gerechtfertigt ist und Sinn macht, zeigen
­ tienmarkt. Die Wertentwicklung ist aber dennoch mit               die beiden genannten Beispiele. Nachhaltiges Anlegen
  der von traditionellen Anlagen vergleichbar.                      kann dazu führen, dass gerade beim Kauf von einzelnen
                                                                    Aktien und Obligationen Risiken vermieden werden. Bei
                                                                    diversifizierten Anlageprodukten sind die erzielbaren
                                                                    Renditen zudem durchaus vergleichbar mit denen tradi­
                                                                    tioneller Anlageprodukte (vgl. hierzu unsere Ausführungen
                                                                    auf den folgenden Seiten). ■

                                                               18
Kolumnentitel

Oben: Die zunehmenden Hitzeperioden machen dem Rhein zu
schaffen. Im Oktober 2018 war der Wasserstand so tief wie seit 1947
nicht mehr, was zum Stillstand der Container- und Personenschifffahrt
führte. Die Tieferlegung der Schifffahrtsrinne um 30 Zentimeter war
die Folge. So will es der Bericht des Bundesrates zum Klimawandel.

Unten, links: In der Provinz Sichuan gibt es grosse Felder – doch keine
Bienen. Deswegen müssen nun Menschen die Bestäubung übernehmen.

Unten, rechts: Laut einer Studie von Glaziologen der ETH Zürich und
der Universität Freiburg wird bis im Jahre 2100 der Aletschgletscher
bis auf kleinere Teile in hohen Lagen verschwunden sein.

                                         19
Von Susanne Assfalg, Nachhaltigkeitsverantwortliche

            Bei uns gilt:
         Wo Nachhaltigkeit
       draufsteht, muss auch
       Nachhaltigkeit drin sein

                                                              Nachhaltigkeit – unser vierstufiger Selektionsprozess

                                                                                         1
                                                                               Ausschluss von Unternehmen mit
                                                                              besonders riskanten und kontrover­
                                                                                  sen Geschäftsaktivitäten

Wir empfehlen unseren Kundinnen und Kunden die Wahl
                                                                                         2
                                                                                 ESG-Analyse des gesamten
                                                                                    Anlageuniversums

                                                                                         3
nachhaltiger Anlageprodukte. In nachhaltige Unterneh­
men zu investieren, macht nicht nur Sinn, sondern ist in
mehr­facher Hinsicht attraktiv. Zum einen können Inves­
toren mit dem Nachhaltigkeitsansatz besonders kontro­                         Selektion der Nachhaltigkeits­
verse Geschäftsaktivitäten ausschliessen und so ihre per­                           leader anhand von
sönlichen Wertvorstellungen umsetzen. Zum anderen                                   ESG-Analysen und

                                                                                         4
müssen sie bei der Performance keine Abstriche mehr                                  Finanzkennzahlen
machen. Anders als noch vor zehn Jahren bewegen sich
heute die Renditen für eine nachhaltige und eine konven­
tionelle Vermögensverwaltung im selben Bereich. Gleich­                               Wahl der Anlage-
zeitig sind die Kosten auf dem gleichen Niveau. Doch wie                            instrumente gemäss
fliesst nun das Thema Nachhaltigkeit konkret in den                                   Anlagestrategie
Anlageprozess ein? Welche Kriterien gelten für Unterneh­
men, die von uns berücksichtigt werden?

Nachhaltigkeit: ein allgemeingültiger Standard fehlt
Der Begriff «nachhaltig» ist heute ein fester Bestandteil     Abb. 6, Quelle: BKB
der Finanzwelt. Doch nachhaltig ist nicht gleich nachhal­
tig. Denn es gibt im Bereich Nachhaltigkeit keinen allge­
meingültigen Standard. So haben sich am Markt unter­              sichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten nicht nur einen
schied­liche Umsetzungsvarianten herausgebildet. Die              signifikanten Einfluss auf den Anlageprozess, sondern auch
Konsequenz und die Strenge bei der Anwendung der je­              auf die entsprechenden Produkte haben muss. Das stellen
weiligen Nachhaltigkeitsansätze unterscheiden sich teil­          wir mit einem vierstufigen Selektionsprozess sicher (vgl.
weise deutlich. Wir sind der Überzeugung, dass die Berück­        Abb. 6).

                                                             20
Bei uns gilt: Wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss auch Nachhaltigkeit drin sein

                                                                        Schritt 3
                                                                    Selektion der Nachhaltigkeitsleader
                                                                    anhand von ESG-Analysen
                                                                    Bei der Zusammenstellung der Portfolios darf dann nur in
                                                                    die aus einer ESG-Optik besten Unternehmen investiert
                                                                    werden. Dies lässt sich am Beispiel unseres Produkts «An­
                                                                    lagelösung Nachhaltig» zeigen, bei dem wir die Selektion
                                                                    von Schweizer Aktien und Obligationen selber vornehmen.
                                                                    Dabei orientieren wir uns am Swiss Performance Index
                                                                    (SPI). Der Fokus auf Branchenleader hinsichtlich Nachhal­
                                                                    tigkeit führt dazu, dass rund 30 % der SPI-Firmen für die
                                                                    «Anlagelösung Nachhaltig» berücksichtigt werden können,
                                                                    sprich das aus einer Nachhaltigkeitssicht beste Drittel.
    Schritt 1                                                       Hierfür stützen wir uns auf die Nachhaltigkeitsratings von
Anwendung strikter Ausschlusskriterien                              MSCI ESG. Neben dem Ziel, die Portfolioqualität zu erhö­
Als Erstes kommt ein Ausschlussverfahren zur Anwendung.             hen, führt dieser Fokus auf die Nachhaltigkeitsleader letzt­
Dabei werden Sektoren und Unternehmen ausgeschlossen,               lich auch dazu, dass sich die Finanzströme systematisch
die in besonders strittigen Geschäftsfeldern tätig sind oder        in die umweltfreundlicheren und sozial verantwortlicheren
kontroverse Geschäftspraktiken verfolgen. Konkret schlies­          Teile der Ökonomie bewegen. Dies ist nicht nur für das
sen wir Unternehmen aus, deren Umsatz­anteil an gewis­              eigene Portfolio von Vorteil, sondern es fördert insgesamt
sen Geschäftsfeldern den Wert von 10 % übersteigt. Da­              eine nachhaltigere Entwicklung von Wirtschaft und Ge­
zu gehören die Sektoren Rüstung, Atomwirtschaft und                 sellschaft.
Gentechnologie (in der Landwirtschaft). Als Nächstes
werden Unternehmen ausgeschlossen, die sich nachweis­
lich Verfehlungen respektive Verstösse in den Bereichen                 Schritt 4
Korruption, Geldwäscherei, UN-Menschenrechtskonven­                 Wahl der Anlageinstrumente gemäss Anlagestrategie
tion und Arbeitsgrundrechte haben zuschulden kommen                 Unser nachhaltiger Anlageansatz ist durch eine enge Zu­
lassen.                                                             sammenarbeit zwischen den Anlageexperten aus dem
                                                                    Asset Management und der Fachstelle Nachhaltigkeit
                                                                    geprägt. Die Festlegung der Nachhaltigkeitsanforderun­
    Schritt 2                                                       gen erfolgt durch die Fachstelle Nachhaltigkeit, die hierfür
ESG-Analyse des Anlageuniversums                                    auch regelmässig den externen Beirat Nachhaltigkeit
Nun folgt die Berücksichtigung der drei Nachhaltigkeits­            konsultiert (bestehend aus fünf unabhängigen Persönlich­
kategorien E, S und G. Die drei Buchstaben stehen für               keiten mit ausgewiesener Banking- und Nachhaltigkeits-
En­vironment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance             expertise). Die Umsetzung der Anlagestrategien in kon­
(gute Unternehmensführung). Bei diesem Schritt wird                 krete Produkte und Empfehlungen erfolgt durch das Asset
sichergestellt, dass alle investierbaren Unternehmen hin­           Management. Durch den vierstufigen Prozess wird letztlich
sichtlich ESG-Aspekten in Bezug auf ihr Geschäftsmodell             sichergestellt, dass das Thema Nachhaltigkeit in unseren
und die Qualität ihrer Unternehmensführung analysiert               Produkten
werden. So lassen sich branchenspezifische Ranglisten zur           • Nachhaltige Vermögensverwaltungsmandate
Nachhaltigkeitsleistung der Unternehmen erstellen. Damit            • Anlagelösung Nachhaltig
werden jene Unternehmen identifiziert, die im Vergleich             und unseren Empfehlungslisten von nachhaltigen Fonds,
zu ihren Mitbewerbern bspw. energie- und ressourcenef­              Aktien und Obligationen systematisch und umfassend
fizienter wirtschaften, am Arbeitsmarkt besser positioniert         umgesetzt wird. Dies immer mit dem Ziel: Wo bei uns
sind oder geringere Risiken im Bereich von Haftungsklagen           Nachhaltigkeit draufsteht, muss auch Nachhaltigkeit drin
aufweisen.                                                          sein.

                                                               21
Von Elmar Sieber, Finanzanalyst, und Peter Berger, Finanzanalyst

    Am Beispiel von Daimler:
     Nachhaltigkeitsratings
     und die Grenzen ihrer
         Aussagekraft

Seit dem Bekanntwerden des Abgasskandals steht der                diese Menge auf einer Fahrstrecke von rund 20 000 Kilo­
Dieselmotor zunehmend in der öffentlichen Kritik. Beson­          metern (CO2-Berechnungen unter: https://spritrechner.
ders stark zu spüren bekamen dies die involvierten deut­          biz/co2-rechner-fuer-autos.html) aus. Damit liegt der
schen Autobauer VW, BMW und Daimler. Als Alternativen             CO2-Ausstoss eines hybridbetriebenen Personenkraft­
wurden bis vor Kurzem vor allem Personenwagen mit Ben­            wagens deutlich unter jenem von diesel- und benzinbe­
zinmotoren gehandelt. In den abgelaufenen Quartalen               triebenen Fahrzeugen.
erfreuten sich jedoch auch zunehmend Autos mit Elektro-
und Hybridmotoren stark steigender Absatzzahlen.                  Elektro- und Hybridantrieb:
                                                                  Marktanteile auf niedrigem Niveau
CO2-Ausstoss als Hauptproblem                                     Auf die verstärkte Nachfrage nach alternativen Antrieben
bei konventionellen Motoren                                       haben zuletzt praktisch sämtliche grossen Autoproduzen­
Um den Anteil von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben           ten reagiert. So sollen bei BMW bis 2025 zwischen 15 %
stärker zu fördern, werden in der Europäischen Union die          und 25 % der Fahrzeuge oder rund 600 000 PKWs mit ei­
Vorgaben für den CO2-Ausstoss bei den Autoherstellern             nem rein elektrischen Antrieb vom Band rollen. Nissan will
sukzessive gesenkt. So beträgt der aktuelle CO2-Ausstoss          ab 2020 mindestens 1,5 Millionen Fahrzeuge mit Hybrid­
der Neuwagenflotte in der EU 118,5 Gramm CO2 je Kilo­             antrieb absetzen. Trotz steigendem Umweltbewusstsein,
meter (2013: 130 g/km). Ab 2021 gilt ein durchschnitt­            Fahrverbotszonen für Dieselfahrzeuge und Kaufanreizen
licher Grenzwert von 95 Gramm CO2 je Kilometer pro                für Elektroautos sind die Marktanteile von Fahrzeugen
Neuwagen.                                                         mit alternativen Antrieben jedoch nach wie vor tief. In der
                                                                  Schweiz beträgt er gerade mal 10 %. Demgegenüber sind
Obwohl die alternativen Antriebssysteme den traditionel­          dieselbetriebene Autos mit einem Anteil von 27,4 % (Stand:
len Antrieben in Sachen CO2-Ausstoss überlegen sind, sind         1. Juni 2019) noch immer sehr verbreitet (Vorjahr: 30,7 %).
auch Erstere alles andere als emissionsfrei. Laut Ford und        Mit 35,9 % deutlich höher lagen die Marktanteile von
dessen Batteriehersteller LG werden bei der Batteriepro­          Personenwagen mit Dieselantrieb in Europa (Italien 44 %,
duktion für den Ford Focus (Kapazität: 24 kWh) ins­               Deutschland und Frankreich je 34,5 % sowie Spanien
gesamt 3,2 Tonnen CO2 freigesetzt. Zum Vergleich: Ein             29 %). Trotz der leicht rückläufigen Tendenz kann von
Benziner – mit knapp sieben Litern Verbrauch – stösst             einem kompletten Umdenken nach wie vor keine Rede

                                                             22
Trotz steigendem Umweltbewusstsein, Fahrverbotszonen für Dieselfahrzeuge und Kaufanreizen für Elektroautos
sind die Marktanteile von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben nach wie vor tief.

sein. Gleichwohl dürften die deutliche Angebotserweite­          Daimler: nicht nachhaltig! Oder unter Umständen doch?
rung seitens der Autohersteller, die sinkenden Preise und        Die ESG-Ratings erweisen sich zuweilen als zweischneidi­
der wachsende öffentliche Druck die Nachfrage nach               ges Schwert. Daimler ist als einziger grosser europäischer
Personenwagen mit alternativen Antrieben in den kom­             Automobilkonzern in der Lage, ein mit Wasserstoff betrie­
menden Jahren weiter steigen lassen.                             benes Fahrzeug in der Serienproduktion herzustellen. Ge­
                                                                 rade im Nutzfahrzeugbereich gehört Daimler in Sachen
Nachhaltigkeitsratings als zweischneidiges Schwert               Wasserstoffantrieb zu den führenden Unternehmen welt­
Betrachtet man den europäischen Automobilmarkt, so               weit. Was bedeutet dies nun für ESG-orientierte Anleger?
hat die oben beschriebene Entwicklung Konsequenzen für           Aus einer strengen Nachhaltigkeitssicht gilt die Daimler-
das Nachhaltigkeitsrating von Autoproduzenten. Am Bei­           Aktie aufgrund des aktuellen MSCI-Ratings zwar als nicht
spiel von Daimler zeigt sich, wie ambivalent ein ESG-Ra­         investierbar. Doch wie der Fall von Daimler zeigt, kann
ting in seiner Wirkung sein kann. Der Stuttgarter Auto­          eine strikte Anwendung von Nachhaltigkeitsratings not­
konzern verfügt gemäss MSCI ESG über ein Nachhaltig­             wendige Investitionen in zukunftsträchtige Nachhaltig­
keitsrating von «nur» BBB+. Mit diesem Rating ist die            keitsthemen nicht nur teilweise, sondern sogar ganz ver­
Aktie von Daimler für ESG-orientierte Anleger – bei einer        hindern. Um solche unerwünschten Effekte zu verhindern,
strengen Anwendung des Nachhaltigkeitsansatzes – nicht           müssen Investoren bei jedem Unternehmen mit einem
investierbar. Wie kam diese negative MSCI-Einstufung             negativen ESG-Rating eine eigene Interessenabwägung
zustande? Auslöser waren sowohl die Manipulation von             vornehmen. Möglicherweise gibt es gute Gründe, die dafür
Diesel-Abgaswerten als auch illegale Absprachen mit ein­         sprechen, ein negatives ESG-Rating zu «übersteuern». Fa­
zelnen Konkurrenten. Darüber hinaus sieht sich Daimler in        zit: Die Entscheidung, ob ein Unternehmen nachhaltig ist
der Bewertung von MSCI einem erhöhten Corporate-                 oder nicht, muss somit jeder Investor in Eigenverantwor­
Governance-Risiko (Störungen am Arbeitsplatz und                 tung und für sich selber treffen. Wir halten uns auch in
schlechte Arbeitsmoral) ausgesetzt, ausgehend von der            diesem Fall konsequent an unseren strengen Nachhaltig­
Unsicherheit hinsichtlich der aktuellen Restrukturierungs­       keitsansatz. Die Aktie von Daimler ist im Bereich der nach­
pläne zur Verbesserung der Kosten­struktur. Kommt Daim­          haltigen Anlagen für uns aktuell nicht investierbar. ■
ler somit für nachhaltigkeitsorientierte Anleger definitiv
nicht mehr in Frage? Nicht unbedingt.

                                                            23
Von Dr. Christian Müller, Anlagestratege

           Von den
     Herausforderungen,
  ein nach­haltiges Portfolio
       zu konstruieren
Bei der Festlegung von Anlagestrategien betrachten Investoren zunächst die
Eigenschaften und die Sinnhaftigkeit der Anlagekategorien. Dies gilt auch bei der
Entwicklung einer nachhaltigen Anlagestrategie. Für die Konstruktion eines nach­
haltigen Portfolios ist dabei entscheidend, dass innerhalb von Anlagekategorien
ausreichend investierbare Anlagemöglichkeiten zur Ver­fügung stehen.

                                              24
Von den Herausforderungen, ein nach­haltiges Portfolio zu konstruieren

Im Rahmen der Vermögensanlage muss man bei der Im­                   Gold diente über Jahrhunderte hinweg als stabiler Wert­
plikation eines Nachhaltigkeitsansatzes sozusagen «von               speicher. Das Edelmetall enthält damit implizit eine nach­
unten» anfangen. Es werden also einzelne Unternehmen                 haltige Komponente. Leider werden bei der Goldförderung
oder Schuldner entlang von Nachhaltigkeitskriterien (En­             oft massive Umweltschäden oder die Ausbeutung von
vironmental, Social, Governance) untersucht, eingestuft              Arbeitskräften in Kauf genommen. Der verfügbare Anteil
und selektiert. Wie lässt sich dieser Ansatz jedoch vereinen         von nachhaltig gewonnenem Gold (Fair Trade Gold) ist
mit einer über Anlageklassen breit diversifizierten Anlage­          heute noch viel zu gering, als dass es in einer breit diversi­
strategie? Bereits die Anlageziele Rendite, Sicherheit und           fizierten Anlagestrategie eingesetzt werden könnte.
Liquidität lassen sich nicht gleichzeitig realisieren. Stellt
Nachhaltigkeit also eine zusätzliche, mit den anderen                Nachhaltigkeit vs. Rendite/Risiko
Zielen nicht zu vereinbarende Anforderung dar? Bei der               Stellt der Nachhaltigkeitsansatz für die investierbaren
Entwicklung unserer nachhaltigen Anlagelösungen war                  Anlageklassen (Aktien, Anleihen, Immobilien) eine Belas­
die Beantwortung dieser Frage entscheidend.                          tung dar? Für Aktien kommt die Mehrheit wissenschaftli­
                                                                     cher Studien zu dem Ergebnis, dass nachhaltige Anlagen
Traditioneller Anlageansatz als Ausgangspunkt                        sogar geringfügig besser rentieren können, die Mehrren­
Hinsichtlich der Liquidität gehen wir mit unseren Portfolio­         dite jedoch meist durch etwas höhere Managementge­
strukturen keine Kompromisse ein. Es werden nur täglich              bühren neutralisiert wird. Für Obligationen – und erst recht
handelbare Investitionen getätigt. Illiquide Anlageklassen           für Immobilien – sind weitaus weniger Studien verfügbar.
wie Private Equity, Hedgefonds oder Kunstgegenstände                 Die von uns lancierten nachhaltigen Anlagelösungen
scheiden aus. Neben Aktien und Obligationen kommen als               werden aber unserem Anspruch gerecht. Denn sie sind aus
liquide Anlageklassen unter anderem Immobilien, Gold,                Rendite-Risiko-Überlegungen mit unseren traditionellen
Rohstoffe und Fremdwährungen infrage.                                Produkten vergleichbar (vgl. Abb. 7). Nachhaltigkeit
                                                                     geht bei unseren Produkten somit nicht zulasten der Ren­
Investoren werden im Normalfall für Risiken mit einer Prä­           dite. ■
mie entschädigt. Die Erwartungen stützen sich dabei vor
allem auf Erfahrungen in der Vergangenheit. Unterschied­
liche Anlageklassen versprechen voneinander unabhängi­
ge Prämien. Für liquide Anlageklassen ist der Kapitalmarkt
in der Regel effizient. Durch eine Diversifikation über ver­
schiedene Anlageklassen können die Rendite- und Risiko­
eigenschaften eines Portfolios verbessert werden.

Anlageklassen: kontroverse Fragen zur Nachhaltigkeit
Berücksichtigt man ESG-Kriterien, dann muss zunächst
Folgendes entschieden werden: Inwieweit kann eine An­
lageklasse als nachhaltig angesehen werden oder inner­               Anlagelösungen Ausgewogen im Vergleich,
halb der Anlageklasse eine nachhaltige Selektion erfolgen?           auf 100 indexiert

Bei Immobilien ist dies offensichtlich der Fall. Diese können        110
nachhaltig gebaut und umweltschonend betrieben wer­
                                                                     108
den. Entsprechend gibt es mittlerweile Anlageprodukte
auf dem Markt, die unseren Nachhaltigkeitskriterien ent­             106
sprechen.                                                            104

                                                                     102
Bei Rohstoffen ist die Beantwortung der Frage deutlich
schwieriger, auch wenn wir mit diesen alle tagtäglich zu             100
tun haben. Im Anlagebereich werden Rohstoffe nicht di­                98
rekt investiert, sondern indirekt über Terminmärkte. Dies
                                                                      96
wird aus ethischer Sicht jedoch kontrovers diskutiert. Es
steht regelmässig der Vorwurf im Raum, dass dadurch die                 06/2017                       06/2018               06/2019
Preise nach oben getrieben werden. Und dies auf Kosten
                                                                       BC Ausgewogen           BC Nachhaltig Ausgewogen
der Ärmsten der Welt. Wir haben uns deshalb entschieden,
­generell auf Anlagen in Agrarrohstoffe zu verzichten. In
 ­unseren nachhaltigen Strategien verzichten wir gänzlich
  auf Rohstoffinvestitionen.                                         Abb. 7, Quelle: BKB, Bloomberg

                                                                25
26
Von Bernd Weeber, Portfoliomanager

  Aktien Schweiz –
nachhaltig investieren
Unser Anlagefonds «BKB Cler Sustainable Equity Switzerland» bietet
den Anlegern die Chance, im Rahmen eines Vermögensverwaltungs­
mandats oder einer Anlagelösung am Wachstum des Schweizer Aktien­
marktes zu partizipieren. Dabei werden für die Auswahl der Aktientitel
ökologische, soziale und finanzielle Kennzahlen sowie die Governance
der Unternehmen berücksichtigt. Mit diesem Fonds­produkt setzen wir
unseren nachhaltigen Ansatz konsequent um.

                                      27
Aktien Schweiz – nachhaltig investieren

                                                                 Für die Auswahl im institutionellen Anlagefonds
                                                                 BKB Cler Sustainable Equity Switzerland greifen wir auf
                                                                 das Nachhaltigkeitsrating von MSCI ESG zurück. Wir set­
                                                                 zen dabei nur auf Aktien mit einem Nachhaltigkeitsrating
                                                                 von AAA bis A (vgl. Abb. 8). Das bedeutet, dass wir nicht
                                                                 in Unternehmen investieren, die in besonders kontroversen
                                                                 Geschäftsfeldern tätig sind oder die für strittige Ge­
                                                                 schäftspraktiken bekannt sind.

                                                                 Von den Unternehmen im Swiss Performance Index (SPI)
                                                                 erfüllen derzeit nur knapp 30 %, das entspricht rund 60
                                                                 Einzeltiteln, unsere nachhaltigen Kriterien. Die restlichen
                                                                 SPI-Werte sind für unseren Fonds nicht investierbar. So
                                                                 sind wir aktuell bspw. nicht in den Aktien von Novartis, Cre­
                                                                 dit Suisse und LafargeHolcim engagiert. Eine Ausnahme­
                                                                 regelung gilt dabei für die fünf grössten Titel im SPI. Bei
                                                                 diesen Werten können wir auch bei einem Nachhaltigkeits­
                                                                 rating von BBB maximal 50 % der Indexgewichtung im SPI
                                                                 halten. Sofern ein Unternehmen allerdings gegen eines

Urbaner Gartenbau gewinnt, aufgrund des urbanen
Bevölkerungswachstums und bei gleichzeitiger Reduktion
landwirtschaftlicher Anbauflächen, zunehmend an
Bedeutung.

                                                                 Aufteilung von Schweizer Aktien gemäss
                                                                 Nachhaltigkeitsrating – SPI vs. BKB Cler Sustainable
                                                                 Equity Switzerland

                                                                 Nachhaltig-          Anteil im             Anteil   Differenz
                                                                 keitsrating          BKB Cler              im SPI
                                                                                        Fonds
                                                                 AAA                   12,51 %              7,03 %     5,48 %
                                                                 AA                    53,00 %         38,85 %        14,15 %
                                                                 A                     34,49 %         20,30 %        14,19 %
                                                                 BBB                    0,00 %         26,70 %       –26,70 %
                                                                 BB                     0,00 %              5,09 %    –5,09 %
                                                                 B                      0,00 %              0,32 %    –0,32 %
                                                                 NR                     0,00 %              1,71 %    –1,71 %

                                                                 Abb. 8, Quelle: BKB, MSCI ESG, Bloomberg

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Aktien Schweiz – nachhaltig investieren

unserer Ausschlusskriterien verstösst, wird es in unserem            Der Kurs des Fonds BKB Cler Sustainable Equity Switzer­
Fonds nicht berücksichtigt. Bei den Ausschlusskriterien              land hat sich seit 2018 analog zu der positiven Performan­
handelt es sich um die Bereiche Korruption, Geldwäsche­              ce des SPI entwickelt. Das Volumen des Fonds ist seit der
rei, Verstösse gegen UN-Menschenrechtskonventionen und               Lancierung deutlich angewachsen und erreicht aktuell
Verstösse gegen Arbeitsgrundrechte (ILO).                            bereits rund 120 Mio. CHF. Ein Blick auf die Performance
                                                                     2018 zeigt, dass die Investition in nachhaltige Schweizer
Aktuell sind wir in unserem Fonds BKB Cler Sustainable               Aktienwerte zu keinem Nachteil gegenüber der Wertent­
Equity Switzerland in rund 60 Einzeltitel investiert. Die            wicklung des SPI geführt hat (vgl. Abb. 10).
zehn grössten Einzeltitel repräsentieren dabei knapp zwei
Drittel des Gesamtvolumens (vgl. Abb. 9).                            Der Fonds ist aktuell im Rahmen eines Vermögensver­
                                                                     waltungsmandates oder in einer Anlagelösung für Privat­
Bei der Auswahl der Einzeltitel im Fonds setzen wir auf              kunden investierbar. ■
eine breite Diversifikation über die verschiedenen Sektoren
im SPI. Dabei haben wir den Bereich Gesundheitswesen
aktuell untergewichtet. Dies hängt vor allem mit der Nicht­
berücksichtigung von Novartis zusammen. Diesen Titel
versuchen wir zum Teil durch eine Übergewichtung von
Roche zu kompensieren. Dagegen ist der Sektor Industrie
derzeit übergewichtet.

Übersicht der zehn grössten Positionen                            Performancevergleich SPI vs. BKB Cler Sustainable
im BKB Cler Sustainable Equity Switzerland                        Equity Switzerland, auf 100 indexiert
                                                                     115
Aktie                               Anteil     ESG-Rating
                                                                     110
ROCHE GS                            19,2 %                  A
                                                                     105
NESTLÉ N                            19,0 %                AA
                                                                     100
ZURICH INSURANCE N                   5,3 %                AA
                                                                      95
UBS GROUP N                          4,6 %                AA
ABB LTD N                            4,2 %                AA          90

SWISS RE N                           3,8 %              AAA           85
                                                                       01/2018           06/2018                 01/2019     06/2019
RICHEMONT N                          3,4 %                AA
                                                                       BKB Cler Sustainable Equity Switzerland         SPI
GIVAUDAN N                           2,6 %              AAA
LONZA N                              2,4 %              AAA
SIKA N                               2,2 %                  A

Abb. 9, Quelle: BKB, MSCI ESG, Bloomberg                          Abb. 10, Quelle: BKB, Bloomberg

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