Seite 6-8 Zwei Leer kündigungen in vier Jahren - Machen Sie mit bei unserer grossen Umfrage! - Mieterverband

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Mieten + Wohnen            Nr. 4, September 2021   www.mieterverband.ch

Christina Petermann (78)

Zwei Leer­
kündigungen
in vier Jahren
Seite 6–8

             Machen Sie mit
             bei unserer
             grossen Umfrage!
             Seite 5
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Editorial                                               Inhaltsverzeichnis

Liebe Leser*innen                                       Aktuell Der Eigenmietwert geht
                                                         auch Mieter*innen etwas an 3
                                                        Zürich Christina Petermann
                                                         gibt nicht auf                 6
                                                        Genf Wo die Mietzinse schon
                                                         heute kontrolliert werden      9
Der Mieterinnen- und Mieterverband macht
zurzeit eine grosse Umfrage bei seinen Mitglie­
                                                        Luzern Der MV will Regeln
dern. Wir wollen etwa wissen, wie Ihr Verhältnis         für Vermietungsplattformen 12
zur Vermieterschaft ist, ob Sie Ihre Miete als
zu hoch empfinden, ob Sie schon einmal Pro­             Wohnen Das Projekt WohnFit
bleme mit Ihrer Wohnung hatten oder ob Sie
Mühe hatten, überhaupt eine zahlbare Wohnung
                                                         sucht Freiwillige            14
zu finden. Vor allem wollen wir von Ihnen aber          Haushalt E-Autos: Die Frage
wissen, welchen Themen sich der MV Ihres
Erachtens in Zukunft vermehrt annehmen sollte:           der Ladestation              16
der Regulierung von Vermietungsplattformen
etwa, dem Ausbau des gemeinnützigen Wohn­
                                                        Verlosung Gewinnen Sie eine
baus oder der Schaffung einer Mietzinskontrolle?         ganze Buchreihe               17
    Die Themen des MV sind vielfältig. Wie MV-
Präsident Carlo Sommaruga in seinem Kom­                Miettipp So kontrollieren Sie
mentar schreibt, befassen wir uns nicht nur mit
dem Mietrecht, sondern auch mit dem Klima­
                                                         die Nebenkostenabrechnung 18
schutz oder dem Eigenmietwert. Warum Letz­              Hotline Was ist ein
terer die Mietenden interessieren sollte, obschon
es sich eigentlich um eine Steuer für Eigen­             «möbliertes Zimmer»?          21
tümer*innen handelt, lesen Sie auf den folgenden
Seiten.
    Für die aktuelle Ausgabe haben wir ausserdem
das MV-Mitglied Christina Petermann porträ­
tiert. Innerhalb von nicht einmal vier Jahren
ist die 78-Jährige nun schon zum zweiten Mal von
einer Leerkündigung betroffen. Zusammen mit
dem MV hat sie die Kündigung angefochten und
eine Fristerstreckung erkämpft.                         Herausgeber                                    Druck
                                                        Mieterinnen- und Mieterverband                 Stämpfli AG, Bern
    Ziel solcher Leerkündigungen ist ja oft, eine       Deutschschweiz                                 Beglaubigte Auflage
Liegenschaft zu sanieren und zu einem viel                                                             127 679 Exemplare
                                                        Redaktion                                      Erscheinen
höheren Zins zu vermieten. Gegen dieses Vor­            Andrea Bauer                                   6-mal pro Jahr
gehen gibt es in Genf seit Jahren eine Mietzins­        m+w@mieterverband.ch                           Abonnementspreis
kontrolle. Die Zahlen aus der Verwaltung, die           www.mietenundwohnen.ch                         Fr. 40.–/Jahr
                                                        Administration und ­Adressverwaltung           Inserate und Beilagen
Nationalrat Christian Dandrès in dieser Ausgabe         Mieterinnen- und Mieterverband                 Katanja Schwander
präsentiert, zeigen: Die Genfer Mietzinskontrolle       Deutschschweiz                                 katanja.schwander@mieterverband.ch
ist ein äusserst kostengünstiges und effizientes        Bäckerstrasse 52, 8004 Zürich                  T 043 243 40 40
                                                        T 043 243 40 40
Mittel zum Schutz der Mietenden, um Spekula­            info@mieterverband.ch
tion zu verhindern und um zahlbaren Wohnraum            www.mieterverband.ch
zu erhalten.                                            Mitarbeit
                                                        Walter Angst, Christian Dandrès,
                                                        Ernst Feurer, Urs Geiser, Fabian Gloor,
   Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre!                 Stefan Hartmann, Natalie Imboden,
   Andrea Bauer                                         Isabel Plana, Patric Sandri, Reto Schlatter,
                                                        Carlo Sommaruga, Mario Stübi
                                                        Gestaltungskonzept
                                                        Hubertus Design GmbH, Zürich                   www.facebook.com/Mieterverband
                                                        Layout
                                                        Atelier Bläuer, Joel Kaiser, Bern
                                                        Titelbild
                                                        Reto Schlatter, Zürich                         Gedruckt in der Schweiz

Mieten + Wohnen                 Nr. 4, September 2021                                                                                       2
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Aktuell             Text von Andrea Bauer

                                       Es sind die Abzüge!

       Die Debatte um die Besteuerung
       von Wohn­eigentum geht auch
       die Mietenden etwas an.

                                                                 Foto: Reto Schlatter

Mieten + Wohnen     Nr. 4, September 2021                    3
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Der Eigenmietwert ist eigentlich ein seltsames Konstrukt:          Kommentar
Wenn ich eine Wohnung oder ein Haus besitze, muss ich den
Betrag versteuern, den ich einnehmen würde, wenn ich diesen        Vielfältige Themen
Wohnraum vermieten würde, statt ihn selber zu bewohnen.
   Das ist schwer zu verstehen, und es erstaunt deshalb
eigent­lich auch nicht, dass die Abschaffung des Eigenmiet­
werts ein Dauerbrenner auf der politischen Agenda ist. In der
aktuellen Herbstsession ist mal wieder der Ständerat dran.
Der Mieterinnen- und Mieterverband lehnt die aktuelle Vor­
lage ab, die Delegierten haben dies an ihrer Versammlung
mit einer Resolution bekräftigt (siehe rechte Seite). Was aber     Wie der Artikel links über den Eigenmietwert
geht diese Debatte überhaupt die Mietenden an?                     zeigt, gibt es zahlreiche Themen, die die Mie­
                                                                   tenden betreffen. An erster Stelle steht natürlich
                                                                   die Verteidigung des Mietrechts, insbesondere
   Die Abzüge sind das Problem                                     im Bereich des Mietzinses und der Kündigung.
   Das Problem ist eben eigentlich gar nicht der Eigenmiet­        Hier ist der politische Kampf im Parlament
wert, sondern es sind die Abzüge (für Hypothekarschulden           im Gange – er wird zweifellos mit einem Refe­
oder Unterhalt etwa), welche die Eigentümer*innen im               rendum enden. Gleichzeitig werden Vorschläge
Gegenzug bei den Steuern machen können. Für diese sollten          für eine wirksame Umsetzung des Mietrechts
die Mietenden sich sehr wohl interessieren. Denn es handelt        ausgearbeitet. Dazu wurden parlamentarische
                                                                   Initiativen eingereicht. Falls die Mehrheit im
sich um ein Privileg für Eigentümer *innen, und dieses will        Parlament sie ablehnt, könnten sie längerfristig
deren Lobby im Parlament auf keinen Fall hergeben – ganz im        die Grundlage für eine neue Volksinitiative
Gegensatz zum Eigenmietwert.                                       bilden.
   Nur: Keinen Eigenmietwert mehr versteuern, aber weiter­             Zu diesen Themen hinzu kommen die Frage
hin Abzüge bei den Steuern machen? – Das geht natürlich            der Energieeffizienz von Gebäuden und die
                                                                   Notwendigkeit, den Schutz der Mietenden mit
nicht! Die Mietenden können ja ihren Mietzins auch nicht von       dem Klimaschutz zu verbinden. Nach der Ab­
den Steuern abziehen.                                              lehnung des neuen CO2-Gesetzes an der Urne
   Mieter*innen und Wohneigentümer*innen müssen bei                haben Mitglieder unseres nationalen Vorstands
gleicher Einkommens- und Vermögenssituation steuerlich             in National- und Ständerat vier parlamentari­
gleich belastet werden, so will es die Verfassung. Und so wollte   sche Vorstösse dazu eingereicht. Wir müssen
es auch die ursprüngliche parlamentarische Initiative, welche      unbedingt verhindern, dass energetische Sanie­
                                                                   rungen zum bevorzugten Instrument der Im­
forderte, dass eine Revision «im Rahmen der verfassungs­           mobilienspekulation werden und zu Kündi­
rechtlichen Vorgaben keine unzulässigen Disparitäten zwi­          gungen und Mietenexplosionen führen, wie es
schen Mieterinnen und Mietern und Wohneigentümerinnen              der Hauseigentümerverband im Abstimmungs­
und Wohneigentümern» schaffen solle. Der Vorschlag, wie            kampf bereits angedroht hat.
er jetzt vom Parlament behandelt wird, will zwar sowohl den            Schliesslich ist da eben noch das Steuer-
                                                                   Dossier mit der Frage der Abschaffung des
Eigenmietwert wie auch die Abzüge abschaffen. Er lässt aber        Eigenmietwerts. Es geht dabei zum einen um
ein Hintertürchen ganz weit offen, indem er den Kantonen           Gleichbehandlung von Mieter*innen und
explizit die Möglichkeit lässt, diverse Abzüge beizubehalten –     Eigentümer*innen, zum anderen geht es
was diese zweifellos tun werden. Ausserdem besteht die grosse      darum, eine Politik der leeren Kassen zu ver­
Gefahr, dass nach Abschaffung des Eigenmietwerts auf natio­        hindern, deren Folgen in erster Linie die
naler Ebene Stück für Stück alte und neue Abzüge wieder            Mietenden treffen würde.
                                                                       Angesichts all dieser Herausforderungen
eingeführt werden.                                                 brauchen wir auf nationaler Ebene wie auf Ebene
   Der MV ist nicht grundsätzlich gegen die Abschaffung des        der Sektionen einen starken Verband. Um die
Eigenmietwerts. Ohne gleichzeitige Abschaffung der Abzugs­         Stärkung des Verbands geht es auch bei der Um­
möglichkeiten ist sie für Mieter*innen aber inakzeptabel.          frage, die wir derzeit bei unseren Mitgliedern
                                                                   durchführen, und bei der Verbandsentwicklung,
                                                                   die im Gange ist.
P. S. Von den rund 2,5 Milliarden Steuerausfällen, die durch die          Carlo Sommaruga, Präsident MV Schweiz
alleinige Abschaffung des Eigenmietwerts entstehen würden,
haben wir jetzt noch gar nicht geredet.

Mieten + Wohnen             Nr. 4, September 2021                                                                  4
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Verband

                                                                      Machen Sie mit
                                                                      bei unserer grossen
                                                                      Umfrage!

                                                                                                                                         Foto: iStock
                   Der Mieterinnen- und Mieterverband führt in den        Sie – unter den Teilnehmenden verlosen wir 5 Jahres­
                   kommenden Wochen eine Online-Umfrage unter             mitgliedschaften und als Hauptpreis eine Fünf­
                   seinen Mitgliedern und Sympathisant*innen durch.       jahresmitgliedschaft beim MV.
                      Wir möchten von Ihnen wissen, was Sie beschäf­         Die Umfrage wird von der Forschungsstelle
                   tigt: Hatten Sie schon einmal Konflikte mit Ihrer      Sotomo im Auftrag des Mieterinnen- und Mieter­
                   Vermieterschaft? Verlief die Wohnungssuche             verbands durchgeführt. Herzlichen Dank für Ihre
                   schwierig? Und worauf soll Ihres Erachtens der         Teilnahme bis zum 8. Oktober!
                   Mieterinnen- und Mieterverband seine Arbeit
                   künftig fokussieren?
                                                                                     Gehen Sie auf https://s.sotomo.ch/mv oder
                      Anhand dieser und weiterer Fragen wollen wir                   fotografieren Sie mit dem Handy den QR-Code,
                   uns ein Bild über die Situation der Mietenden in der              um zur Umfrage zu gelangen. Bei Fragen wenden
                   Schweiz machen. Machen Sie mit und gewinnen                       Sie sich bitte an info@smv-asloca-asi.ch.

                                                                          GV in Biel
                                                                          An der Generalversammlung des MV Schweiz vom
                                                                          4. September standen die Verbandsentwicklung und
                                                                          der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteue­
                                                                          rung im Fokus (siehe Seite 4). Als Ersatz für die beiden
                                                                          zurückgetretenen Vorstandsmitglieder Marieke Kruit
                                                                          und Anne Bähler wurden ausserdem Edith Siegen­
Foto: MV Schweiz

                                                                          thaler, die Präsidentin der Berner MV-Sektion, sowie
                                                                          Fabrice Berney, der Generalsekretär der Waadtländer
                                                                          Sektion (Asloca VD), neu in den Vorstand gewählt.

                   Mieten + Wohnen            Nr. 4, September 2021                                                                  5
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Zürich            Text von Isabel Plana

      Aufgeben ist
      nicht ihr Ding
                                              Foto: Reto Schlatter

Mieten + Wohnen   Nr. 4, September 2021   6
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Kaum hatte sie sich am neuen Ort eingelebt,
erhielt Christina Petermann zum zweiten Mal
die Kündigung. Die 78-Jährige lässt sich aber
nicht unterkriegen.

Der Albtraum wiederholt sich. Keine             Rock, mit schicker Bobfrisur und kessem              Das will Christina Petermann unbe­
vier Jahre ist es her, dass Christina Peter­    Blick. «Da war ich noch jung und hübsch»,       dingt verhindern. «Ich möchte in Witikon
mann wegen der anstehenden Total­               sagt sie lachend. Jung ist sie nicht mehr.      bleiben. Viele meiner Freunde wohnen
sanierung aus ihrer alten Wohnung im            Aber gut aussehen tut die 78-Jährige            hier, ich habe hier alles, was ich brauche,
Quartier Fluntern rausmusste. 35 Jahre          immer noch. Und mit ihrer frischen,             gute Einkaufsmöglichkeiten, Hausarzt,
hatte sie dort verbracht, fast ihr halbes       resoluten Art wirkt sie eher wie 68. «Ich       Zahnarzt. Ausserdem ist es ruhig und
Leben. Und nun hat die Rentnerin schon          fühle mich diskriminiert», sagt sie. «Die       grün – ideal, um mit meinem Hund spa­
wieder eine Kündigung am Hals. Der              Vermieter schauen nur auf den Jahrgang          zieren zu gehen.» Im Quartier am Fusse
Block am Kienastenwiesweg in Witikon,           und denken sich, ‹die ist bald 80, die kann     des Adlisbergs eine Wohnung zu finden,
in den sie im Frühling 2018 einzog, soll        ja ins Altersheim›. Das ist eine Frechheit.     ist jedoch schwierig geworden.
abgerissen werden und einem Neubau              Ich bin doch noch fit und sicher nicht
weichen. «Hätte ich das gewusst, wäre           pflegebedürftig.»                                  Witikon, das neue Zürichberg?
ich sicher nicht hier eingezogen», sagt                                                              In Witikon, dem beschaulichen
Petermann. Dabei habe sie, als ihr diese            Ältere Mieter*innen zunehmend unter Druck    Familienquartier mit Dorfcharakter, soll
Wohnung angeboten wurde, extra noch             Dass die Hemmschwelle kleiner ge­                in den nächsten Jahren rund ein Drittel
nachgefragt, ob in den nächsten Jahren      worden ist, selbst älteren, langjährigen             des Wohnungsbestands zwecks Ver­
eine Sanierung geplant sei. Die Ver­        Mieter*innen zu kündigen, beobachtet                 dichtung erneuert werden – vielerorts
mieterin, die Mobiliar Versicherung,        auch Peter Zahradnik, Rechtsanwalt beim              ragen Baukräne oder Bauaussteckungen in
gab Entwarnung. «Es sei höchstens mit       MV Zürich, der Christina Petermann bei               den Himmel, ganzen Siedlungen droht der
kleineren Modernisierungsarbeiten in        der Anfechtung vertrat. «Heute erwartet              Abbruch. Entsprechend hoch ist die Zahl
Bad oder Küche zu rechnen, sagte man        man auch von Senior*innen, dass sie                  der Wohnungssuchenden im Quartier.
mir», erinnert sich die 78-Jährige. Eine    fähig sind, eine Lösung zu finden.» Es               Unter ihnen dürften viele ältere Mie­
glatte Lüge, wie sich herausstellen sollte. werde oft völlig unterschätzt, welch exis­           ter*innen sein, denn in Witikon sind rund
Im Herbst 2020 erhielt Petermann die        tenzbedrohende, lähmende Wirkung eine                20 Prozent der Bevölkerung über 70 Jahre
Kündigung. Es sei ein Schock gewesen,       Kündigung insbesondere für ältere Men­               alt – in keinem anderen Stadtzürcher
klar. «Aber ich weiss mich zu wehren.»      schen habe. «Die längeren Fristen, die die           Quartier ist der Anteil Senior*innen
Wie schon 2017 wandte sie sich auch         Vermieter bei Leerkündigungen mittler­               so hoch.
diesmal an den Mieterverband, um die        weile als vermeintlich soziale Geste häufig              Mit der steigenden Nachfrage sind
Kündigung anzufechten. Denn Aufgeben        schon von sich aus gewähren, machen                  auch die Mieten in die Höhe geschnellt.
ist nicht ihr Ding.                         es nicht viel besser», sagt Zahradnik. «Nur          «Im Neubau dort drüben war kürzlich
                                            schon die Kündigung auf dem Tisch zu                eine 2,5-Zimmer-Wohnung für 3000
    «Ich bin doch noch fit»                 haben, löst bei älteren Menschen oft                Franken ausgeschrieben», erzählt
    Christina Petermann hat in ihrem        Panik aus, egal ob sie in sechs oder zwölf          Christina Petermann und zeigt vom
Leben schon viele Hürden gemeistert.        Monaten ausziehen müssen.» Noch                     Balkon aus auf die andere Strassenseite.
Sie war geschieden, alleinerziehend und     schlimmer werde es, wenn immer mehr                 Sie könne sich ja ihre jetzige Wohnung –
voll berufstätig, als das für Frauen noch   Nachbar*innen ausziehen und das soziale             2,5 Zimmer, 50 Quadratmeter, 1650 Fran­
keine Selbstverständlichkeit und um ein     Umfeld wegbricht. «Der Druck nimmt                  ­ken – nur gerade knapp leisten. «Es gab
Viel­faches belastender war als heutzu­     dann so sehr zu, dass ältere Mieter*innen            zu meiner Zeit noch keine berufliche
tage. Nach Zürich kam die gebürtige Bas­ unnötigerweise ins Altersheim ziehen                    Vorsorge und als alleinerziehende
lerin 1966, um bei der Swissair als Hostess oder einfach die erstbeste Wohnung                   Mutter konnte ich trotz Vollzeitarbeit
zu arbeiten. «Das war damals der Traum      nehmen, am anderen Ende oder sogar                   nie viel zur Seite legen. Ich habe daher
jeder jungen Frau», erinnert sie sich       ausserhalb der Stadt.» Dort kennen die               keine grossen Ersparnisse und nur eine
schmunzelnd. An der Wand hängen einige Betroffenen oft niemanden und drohen                      kleine AHV-Rente mit Ergänzungs­-
Fotos von ihr aus jener Zeit: in kurzem     zu vereinsamen.                                      leistungen.»

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Foto: Reto Schlatter
Der Block, in dem Christina Petermann 2018 einzog, soll einem Neubau weichen.

     Bisher waren nur wenige Angebote                 Sechs Monate mehr Zeit                    fechten – gemeinsam kann man in der
bezahlbar, und keines davon erfüllte                  Innert Jahresfrist bis Herbst 2021 eine   Schlichtungsverhandlung mehr Druck
Christina Petermanns Kriterien. «Ich              passende Wohnung zu finden, war für           aufbauen.»
brauche keinen Luxus. Mir reicht, was ich         Christina Petermann angesichts des um­            Christina Petermann ist trotzdem froh
jetzt habe, und es macht mir auch nichts          kämpften Witiker Wohnungsmarkts, ihres        über die erzielte Erstreckung. «Damit
aus, wenn Bad oder Küche etwas älter              schmalen Budgets und der Haustierbe­          habe ich wenigstens etwas mehr Zeit für
sind.» Aber sie wolle auch nicht in eine          willigung praktisch unmöglich. Fast so        die Wohnungssuche gewonnen.» Für den
heruntergekommene Bude ziehen, die in             unmöglich, wie eine der städtischen           Fall, dass sie nichts finde, habe sie sich
ein paar Jahren ebenfalls saniert werde.          Alterswohnungen zu bekommen, für die          wie einige andere in der Nachbarschaft
«Ich möchte, wenn kein Lift vorhanden             sie seit 2017 auf der schier endlosen War­    für eine Wohnung in der Neuüberbauung
ist, wie jetzt maximal im 1. Stock                teliste steht. Ein klarer Härtefall also.     «Im Steinacher» ein paar Strassen weiter
wohnen, ich werde schliesslich nicht              Peter Zahradnik konnte für die Rentnerin      unten angemeldet. «Die Wohnungen sind
jünger. Ich möchte meinen Hund mit­               vor der Schlichtungsbehörde eine Mieter­      aber erst im Herbst 2022 bezugsbereit.
nehmen können und Platz für einen                 streckung von sechs Monaten bis zum           Zur Not muss ich dann halt für ein halbes
richtigen Esstisch haben, damit ich               31. März 2022 sowie eine kleine Entschä­      Jahr zu einer Freundin oder meiner
meine Freunde zum Essen einladen kann.            digung für die entstehenden Unkosten,         Tochter ziehen.» Das würde sie in Kauf
Das sind doch keine überrissenen An­              etwa den bevorstehenden Umzug, er­            nehmen, denn zumindest müsste sie
sprüche, oder?»                                   wirken. Die sechs Monate Erstreckung          bei einer Neubauwohnung keine Angst
     Nein, sagt MV-Anwalt Zahradnik.              seien eigentlich ein schlechtes Resultat,     haben, dass sich der Albtraum einer Leer­
«Frau Petermanns Anliegen sind gerecht­           sagt Zahradnik. «Da neben Frau Peter­         kündigung nochmals wiederholt.
fertigt.» Die Mieter*innen dürften auf            mann nur eine weitere Mieterin die Kün­
eine vergleichbare, zumutbare Wohnung             digung anfocht, hatten wir gegen die
hoffen. «Im Fall von Frau Petermann               ‹Mobiliar› mit ihrem Millionenprojekt
heisst das zum Beispiel, dass sie Anspruch        nicht viel in der Hand. Das zeigt, wie
auf eine Wohnung mit Haustierbewilli­             wichtig es ist, dass sich möglichst viele
gung hat.»                                        Mieter*innen zusammentun und an­

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Genf              Text von Christian Dandrès

            Genf machts vor

                  Die Genfer Mietzinskontrolle ist eine einfache,
                  wirksame und kostengünstige Lösung, um
                  Mietende zu schützen, Spekulation zu bekämpfen
                  und bezahlbaren Wohnraum zu erhalten.

                                                                        Foto: Dreamstime

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Im Grunde sollte das Recht auf Wohnen      Mietrecht gewährt wird, ist nur toter        von wertvermehrenden Investitionen.
die Mietenden schützen. Tatsächlich        Buchstabe. Wir müssen daher zum Schutz       Anstelle des Gerichts prüft aber die Ver­
kennt das geltende Mietrecht ein System    vor überhöhten Mieten nicht nur das          waltung die Zulässigkeit der Erhöhung.
der Mietüberwachung, dieses ist aber       Prinzip der Kostenmiete und die Begren­      Die Kontrolle erfolgt also automatisch.
unzureichend. Wer heute einen Miet­        zung der Rendite verteidigen, sondern        Sie wird für sämtliche Mietenden einer
vertrag mit einer überhöhten Miete         auch ein wirksameres System der Miet­        Liegenschaft durchgeführt und nicht nur
abschliesst und diese nicht innerhalb von  kontrolle fordern.                           für diejenigen, die die Mittel und die
dreissig Tagen anficht, hat später keine       Dies kann durch eine periodische         Energie haben, gegen ihre Vermieter­
Möglichkeit mehr, eine namhafte Sen­       Kontrolle geschehen, wie sie die Natio­      schaft zu klagen.
kung zu erhalten.                          nalrätin Jacqueline Badran und Ständerat         Zusätzlich zur Kontrolle gibt es eine
   Die aktuellen Möglichkeiten, einen      Carlo Sommaruga in einer parlamenta­         zeitlich beschränkte Obergrenze für die
Anfangsmietzins anzufechten oder gegen     rischen Initiative vorschlagen (siehe Text   Mieten auf einem bezahlbaren Niveau,
eine Mieterhöhung vorzugehen, müssen       rechts), oder durch ein administratives      sodass die Wohnungen auch nach der
deshalb ergänzt werden.                    Kontrollsystem für Mieterhöhungen.           Renovierung erschwinglich bleiben. Der
                                           Letzteres existierte im 20. Jahrhundert in   Höchstbetrag liegt bei 3405 Franken pro
   Immer noch gute Erfolgschancen          der ganzen Schweiz während mehrerer          Zimmer und Jahr (die Küche zählt als
   Für viele Mietende ist es eine zu hohe Jahrzehnte, und es existiert aktuell für      Zimmer, Heizung und Warmwasser sind
Hürde eine überhöhte Anfangsmiete oder Mieterhöhungen nach Bauarbeiten in               im Betrag nicht enthalten), je nach Um­
einen Mietzinsaufschlag anfechten und      mehreren Kantonen (Genf, Waadt,              fang der Arbeiten auf drei, fünf oder zehn
vor Gericht gehen zu müssen. Dabei         Basel-Stadt).                                Jahre befristet. Mieten, die bereits vor
stünden die Erfolgschancen gut: Auch                                                    dem Umbau über dieser Grenze lagen,
nachdem das Bundesgericht letzten              Die Genfer Mietzinskontrolle             werden für die Dauer der Kontrolle nicht
Herbst die maximale Rendite für die Ver­       Die Mietzinskontrolle wird in Immo­      gesenkt; dies gilt allerdings nicht für
mieterschaft auf 3,25 Prozent erhöht hat, bilienkreisen gerne als bürokratisches        Mieten von mehr als 8512 Franken pro
führt eine Anfechtung des Anfangs­         Monster dargestellt, der Fall Genf beweist   Zimmer und Jahr.
mietzinses in vielen Fällen zu einer Miet­ jedoch das das Gegenteil zutrifft.
senkung. Im Fall vom Oktober 2020, der         Die Kontrolle der Mieten wurde in           Geringer Aufwand, tiefe Kosten
zu der genannten Änderung der Recht­       Genf 1983 nach Annahme des von der SP            Entgegen der Kritik aus Immobilien­
sprechung des Bundesgerichts führte,       initiierten Gesetzes «über den Abbruch,      kreisen hat die Mietpreiskontrolle kaum
wurde der Mietzins für eine 4,5-Zimmer- die Umwandlung und die Renovierung              Auswirkungen auf die Dauer des Bewilli­
Wohnung mit einer Fläche von 101 m2        von Wohnungen» (LDTR) eingeführt.            gungsverfahrens. Gewöhnlich kann dieses
von 2190 auf 1390 Franken reduziert.       Das LDTR soll es Mietenden ermögli­          in weniger als 30 Tagen abgeschlossen
   Die Statistiken der Schlichtungsstellen chen, nach Renovierungsarbeiten zu           werden. Und auch der Verwaltungsauf­
zeigen, dass leider nur sehr wenige        erschwinglichen Bedingungen in ihren         wand für die Vermieterschaft hält sich in
Mietende von ihrem Recht Gebrauch          Wohnungen zu bleiben.                        Grenzen. Sie muss lediglich ein digitales
                                               Konkret muss die Vermieterschaft zu­     Formular mit der Liste und den Kosten
   Der aktuelle Schutz durch               sammen mit dem Antrag auf eine Bau­          der ausgeführten Arbeiten ausfüllen. Im
   das Mietrecht ist nur toter             genehmigung ein Formular bei der Ver­        Prinzip benötigt die Verwaltung für die
   Buchstabe.                              waltung einreichen, damit diese die nach     Kontrolle drei bis fünf Arbeitsstunden
                                           der Renovierung zulässigen Mieten be­        pro Bewilligung, sofern die Vermieter­
machen, einen überhöhten Mietzins          rechnen kann. Die Berechnung stützt sich     schaft kooperiert und sich an das Gesetz
anzufechten. Der Schutz vor unangemes­ auf die Rechtsprechung des Bundesge­             hält. Erfüllt ein Antrag die Anforderungen
senen Mieten, wie er aktuell durch das     richts zu Mietzinserhöhungen aufgrund        nicht, muss er weiter überprüft werden.

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Im Jahr 2019 wurden in Genf                nach der Sanierung dadurch nicht zu
71 LDTR-Genehmigungen für 282 Woh­             einem höheren Preis weitervermieten
nungen erteilt (eine Bewilligung betrifft      darf. Sie wird es vorziehen, die Mietenden
oft mehrere Wohnungen). Davon ent­
sprach die Hälfte den Anforderungen,               Die heute weit verbreiteten
39 % erforderten Folgemassnahmen und               Rendite-Kündigungen könnten
Mahnungen (im Umfang von je etwa                   verhindert werden.
15 Arbeitsstunden) und nur 10 % führten
zu einem Verwaltungsverfahren. Insge­          während der Bauarbeiten zu behalten,
samt wurden 952 Arbeitsstunden für             um einen Mietausfall zu vermeiden.
Kontrollen aufgewendet. Das entspricht         Weiter profitieren von der Mietzinsober­
nicht einmal einer halben Stelle in der        grenze, die je nach Umfang der Bau­
Verwaltung.                                    arbeiten während drei, fünf oder zehn
    Diese Zahlen aus der Verwaltung ver­       Jahren gilt, nicht nur die aktuellen Mie­
                                                                                               Vorstoss will Überprüfung
anschaulichen das Ausmass missbräuchli­        tenden, sondern auch solche, die erst           von Renditen
cher Mietzinserhöhungen nach Renova­           später in die Liegenschaft einziehen.           Das Schweizer Mietrecht erlaubt
tionen. Sie zeigen aber auch, dass solche      Schliesslich widerlegt die grosse Zahl der    mit der «Kostenmiete plus» für
Missbräuche ohne grossen Aufwand               erteilten Genehmigungen den Mythos,           Vermieter*innen eine Rendite,
für die Mietenden und mit sehr geringen        eine Mietzinskontrolle führe zu einem         welche den geltenden hypothekari­
                                                                                             schen Referenzzinssatz um einen
Kosten für den Staat bekämpft werden           Renovationsstopp. Sanierungen bleiben
                                                                                             geringen Prozentsatz übersteigen
können. Kein Vergleich mit den Dut­            bei der aktuellen Wirtschaftslage in der      darf. Lange Zeit setzte das Bundes­
                                               Tat rentabel.                                 gericht diesen auf 0,5 fest (auf Bau­
   Missbräuche können ohne                        Die Mietzinskontrolle, wie sie in Genf     ten, die nicht älter als 30 Jahre sind).
   grossen Aufwand bekämpft                    praktiziert wird, ist eine einfache, wirk­    Letzten Herbst verkündete das
                                               same und kostengünstige Lösung, um die        Bundesgericht in einem Leiturteil,
   werden.                                                                                   künftig Renditen zuzulassen, die
                                               Mietenden zu schützen, Spekulation zu
                                                                                             den Referenzzins um bis zu 2 Pro­
zenden von Arbeitsstunden, die anfallen,       bekämpfen und um bezahlbaren Wohn­            zent übersteigen, solange dieser
wenn die Mietenden gezwungen sind,             raum in der Stadt zu erhalten.                nicht über 2 Prozent steigt. In
den Rechtsweg zu beschreiten: Oft                                                            Wirklichkeit liegen viele Renditen
werden zwei Anwält*innen oder Rechts­            Christian Dandrès ist Nationalrat (SP/GE)   heute weit über der «Kostenmiete
                                                 und im Vorstand des MV Schweiz.
expert*innen beschäftigt, die von bis zu                                                     plus», zum Teil gar im zweistelligen
drei Richter*innen angehört werden,                                                          Bereich. Gegen diesen gesetzes­
                                                                                             widrigen Zustand wendet sich eine
die wiederum von Gerichtsangestellten
                                                                                             von Jacqueline Badran (SP/ZH)
unterstützt werden und so weiter.                                                            und Carlo Sommaruga (SP/GE) im
                                                                                             Natio­nal- bzw. Ständerat einge­
   Mittel gegen Rendite-Kündigungen                                                          reichte parlamentarische Initiative.
    Die Mietzinskontrolle bringt weitere                                                     Zur Überprüfung der Renditen soll
Vorteile: Rendite-Kündigungen, wie                                                           eine periodische Revisionspflicht
sie heute vor allem in der Deutschschweiz                                                    für Vermietende, die mehrere Woh­
                                                                                             nungen vermieten, eingeführt wer­
weit verbreitet sind, könnten verhindert                                                     den. Das Konzept der periodischen
werden. Denn eine Vermieterschaft hat                                                        Revisionspflicht wird bereits heute
kein Interesse an einem Wechsel der Mie­                                                     bei der AHV und der Mehrwert­
terschaft mehr, wenn sie ihre Wohnungen                                                      steuer praktiziert.

Mieten + Wohnen                  Nr. 4, September 2021                                                                             11
Luzern                               Text von Mario Stübi

                                                                                      Der MV Luzern will eine
                                                                                      Obergrenze von 90 Tagen
                                                                                      pro Jahr für Vermietungen
                                                                                      über Plattformen wie
                                                                                      Airbnb.

Regeln für
Airbnb & Co.

Wo vorher Wohnraum für Einheimische war, ist jetzt der Umbau zu Longstay-Apartments im Gang: Baustelle an der Luzerner Theaterstrasse 13.

                                                                                                                                                 Foto: Mario Stübi

Mieten + Wohnen                      Nr. 4, September 2021                                                                                  12
Barcelona, Amsterdam und andere für
City-Trips beliebte Destinationen kennen
es zur Genüge, in den letzten Jahren ist
das Problem aber auch für unsere tou­
ristischen Hotspots zum Ärgernis
geworden: Eigentümer*innen kündigen
all ihren – teils langjährigen – Mie­
tenden, lassen ihre Liegenschaften in klei­
nere Wohneinheiten umbauen (ein bis
zwei Zimmer mit Küche oder Koch­
nische, komplett möbliert) und bieten
diese dann als Longstay-Apartments
(etwa für Geschäftsreisende) oder als
Unterkunft für Individualtourist*innen
auf Plattformen wie Airbnb an. Die

                                                                                                                                                      Foto: Daniel Gähwiler
Bewirtschaftung übernimmt meist eine
darauf spezialisierte Firma. Das Business
lohnt sich – massiv. Denn auf diese Weise
wird der Wohnraum viel lukrativer, als
wenn er der lokalen Bevölkerung in einem Einreichung der Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren»: (v. l. n. r.) Jörg Hafliger
unbefristeten Mietverhältnis zur Verfü­     (Casafair), Simone Brunner, André Marty (beide SP Stadt Luzern), Josef Zimmermann (Leiter
gung gestellt würde.                        Administration Stadtkanzlei Luzern), Elias Balmer (JUSO), Mario Stübi (MV Luzern).

   Reagieren, bevor es zu spät ist
      Die Stadt Luzern gehört zu den
 Schweizer Tourismusorten, die stark von           lung äusserst positiv: Die Erwähnung der      Zimmer zu viel hat oder drei Monate im
 diesem Wandel betroffen sind: Hier wird           Schlagworte «bezahlbarer Wohnraum»            Ausland verbringt, soll seine Wohnung
 trotz der aktuellen Krise des internatio­         und «Airbnb» reichten meist schon aus,        weiterhin untervermieten können. Beim
 nalen Tourismus und der Baisse bei den            um die Menschen von einer Unterzeich­         Grundgedanken der Sharing Economy
 Geschäftsreisen seit Jahren kräftig umge­         nung des Anliegens zu überzeugen.             steht aber das Teilen und nicht die Profit­
baut. Der Mieterinnen- und Mieter­                                                               maximierung im Vordergrund. Voraus­
verband Luzern NW OW UR will darum                     Warum es Regulierungen braucht            sichtlich im Sommer 2022 wird das Volks­
handeln, bevor es so weit kommt wie in                 Durch Airbnb, Business Apartments         begehren im Stadtparlament beraten,
Berlin, wo das Geräusch von Rollkoffern            und andere Formen der kommerziali­            noch im gleichen Jahr wird die Volks­
bei den Einheimischen Abwehrreflexe                sierten sogenannten Sharing Economy           abstimmung stattfinden.
hervorruft und «Tourist go home»-Graf­             wurde in Luzern bis zum Jahr 2019 der
 fiti die Wände zieren. Luzern ist eine            Wohnraum von über 750 Personen ver­             Mario Stübi ist Präsident des MV Luzern
                                                                                                   NW OW UR.
 weltoffene Stadt, in der der Tourismus            nichtet. Die Wohnungen werden zweck­
 einen hohen wirtschaftlichen wie gesell­          entfremdet und fehlen den Menschen,
 schaftlichen Stellenwert hat. Aber ange­          die hier leben wollen. Zusätzlich kas­
 sichts der fortschreitenden Kommerziali­          sieren die Anbieter oft fünfmal höhere
                                                                                                        Wenig und uneinheitliche Regulierung
 sierung von Vermietungsplattformen und            Preise als bei regulär genutzten
                                                                                                        Das schweizerische Mietrecht kennt bis
 der damit einhergehenden Vernichtung              Wohnungen.                                        heute keine einheitliche Regulierung von
 von bezahlbarem Wohnraum braucht es                   Die Leidtragenden dieser Praxis sind          Vermietungs-Plattformen. Verschiedene be­
 schnellstmöglich eine Regulierung.                die Bewohner*innen der Stadt Luzern.              troffene Städte haben jedoch eigene Initia­
      Deshalb hat eine Allianz aus MV,             Sie bezahlen höhere Mieten und verlieren          tiven ergriffen. So braucht man in Basel eine
 Casafair, SP und JUSO im August rund              den Zugang zu Wohnungen an attraktiven            Baubewilligung, wenn man Wohnraum ge­
                                                                                                     werblich nutzen will, und Genf schreibt eine
 1500 Unterschriften für die Volksinitiative       Wohnlagen. Auch werden Nachbar­
                                                                                                     zeitliche Obergrenze von 90 Tagen für die
 «Wohnraum schützen – Airbnb regu­                 schaftsverhältnisse zerstört, da durch            Kurzzeitvermietung vor. In Interlaken be­
 lieren» bei der Stadt Luzern eingereicht.         die Kurzzeitvermietungen in vielen Häu­           schloss der Gemeinderat letzten Winter
 Sie verlangt, dass Wohnungen nur noch             sern täglich die Mieter*innen wechseln.           einen Erstwohnungsanteil für das Stadt­
 maximal 90 Tage pro Jahr an Tourist*in­           Wohnraum ist ein knappes Gut, deshalb             zentrum sowie eine Mindestaufenthalts­
­nen oder Geschäftsreisende vermietet              macht es auch Sinn, ihn möglichst effi­           dauer von drei aufeinanderfolgenden Tagen
 werden dürfen. So soll wieder mehr                zient zu nutzen. Es ist dringend not­             für das Wohngebiet. In Bern können die
                                                                                                     Stimm­berechtigten nächstes Jahr über ein
 Wohnraum für langfristige Vermietungen            wendig, dass die Bevölkerung nun Leit­            teil­weises Verbot von gewerbsmässigen Airbnb-
 frei werden.                                      planken setzt.                                    Angeboten, Business-Apartments und
      Trotz spezieller Herausforderungen               Die Initiative will Sharing Economy           Ferienwohnungen in der historischen Alt­
 aufgrund der Pandemie verlief die Samm­           nicht komplett verbieten. Wer ein                 stadt befinden.

Mieten + Wohnen                      Nr. 4, September 2021                                                                                       13
Wohnen                             Text von Andreas Reinhart, Caritas Zürich

                                                                                                                                         Foto: Andreas Reinhart
Mandy (r.) und ihre WohnFit-Mentorin Bea bei der Wohnungssuche.

Zu zweit                                                           Angemessene und finanziell tragbare Wohnverhältnisse sind
                                                                   die Grundlage für die wirtschaftliche und soziale Integration –
                                                                   und elementar für den Weg aus der Armut. Als Reaktion auf

gehts besser
                                                                   die angespannte Situation auf dem Zürcher Wohnungsmarkt hat
                                                                   Caritas Zürich zusammen mit der Stadt Zürich das Projekt
                                                                   WohnFit lanciert mit dem Ziel, Sozialhilfebeziehende mit Frei­
                                                                   willigen zusammenzubringen, die sie bei der Wohnungssuche
                                                                   unterstützen.
                                                                       Ein solches Tandem bilden Mandy und ihre Mentorin
                                                                   Beatrice. Mandy wohnt in einem Reihenhaus in Zürich-Wollis­
                                                                   hofen. Ein hügeliges Quartier; nur schon bis man beim Haus
                                                                   Nummer 6 an der Tür klingeln kann, gilt es ein Dutzend Trep­
                                                                   penstufen zu überwinden. Für Menschen ohne Beeinträchti­
                                                                   gung nicht weiter problematisch. Für Mandy liegen die Dinge
Wie finden Sozialhilfe­                                            ein bisschen anders: Die 57-Jährige hat grosse gesundheitliche
beziehende in Zürich                                               Probleme – ein Nervenleiden und damit verbundene per­
                                                                   manente Schmerzen erschweren ihr das Gehen, das Treppen­
würdigen und bezahlbaren                                           steigen sowieso, und sie ist auf einen Rollator angewiesen. Und:
                                                                   Mandy hat krankheitsbedingt ihre letzte Stelle als Assistentin
Wohnraum? Das Projekt                                              Betreuung in einem Hort verloren und bezieht Sozialhilfe, sie
WohnFit von Caritas Zürich                                         hat also ein sehr überschaubares Budget.

hilft – und sucht freiwillige                                         Zusammen den Wohnungsmarkt beackern
                                                                      Im November 2021 muss sie aus ihrer günstigen Wohnung
Mentor*innen.                                                      ausziehen – eine Aussicht, die ihr den Schlaf raubt, fast noch

Mieten + Wohnen                    Nr. 4, September 2021                                                                            14
mehr, als die Schmerzen es tun. «Der Mann von der Spitex
brachte mich auf die Idee, mich beim WohnFit-Programm           Mail an die Redaktion
von Caritas anzumelden», erzählt Mandy. Und so kam sie
Ende 2020 mit ihrer Mentorin Beatrice zusammen. Seither         «Ihre Lebensfreude war weg», M+W 3/21, Juni 2021
beackern sie zusammen den Zürcher Wohnungsmarkt auf der         Soeben haben wir die neueste Ausgabe Ihres Journals
Suche nach einer bezahlbaren und hindernisfreien Bleibe.        Mieten + Wohnen per Post erhalten, worin das Thema
Hindernisfrei heisst in diesem Fall: Mindestens ein Lift        «Kündigungen machen krank» beschrieben wird. Ich erlebe
muss sein, denn der würde es Mandy ermöglichen, auch mal        im Moment dieselbe Situation mit meiner Mutter. Vielleicht
spontan nach draussen zu gehen, ohne jedes Mal Hilfe in An­     haben Sie aus den Medien erfahren, was die Stadt Kloten
spruch nehmen zu müssen. Der Anfang der Zusammenarbeit          gemeinsam mit der Pensionskasse Schaffhausen plant.
der beiden Frauen verlief eher harzig: «Einen grossen Teil           Meine Mutter, die mit ihren 91 Jahren glücklicherweise
der Zeit haben wir für Papierkram gebraucht», sagt Mentorin     geistig und körperlich fit ist und ihren Haushalt ohne jegliche
Beatrice, «Betreibungsregisterauszüge besorgen, Wohnsitz­       Hilfe meistert, hat im Frühling von der Verwaltung ein Infor­
bescheinigung und so weiter.» Da Mandy lange im Ausland         mationsschreiben erhalten, dass alle Liegenschaften am
gelebt hat, sei das nicht ganz einfach gewesen. Mittlerweile    Lerchenweg 10–40 und Wallisellerstrasse (104 Wohnungen)
sind sie aber ein eingespieltes Team und verfügen über          durch eine neue, verdichtete Bebauung ersetzt werden
ein dichtes digitales Netz, das ihnen erlaubt, den Wohnungs­    und deshalb alle Häuser abgerissen werden. Der Zeitpunkt
markt zu beobachten. Etwas, das Mandy zuerst lernen             der Kündigung wird in rund zwei, teilweise rund vier Jahren
musste: «Ich habe vorher nie wirklich am Computer gearbei­      sein, da die Bebauung in Etappen realisiert wird.
­tet und wusste zuerst gar nicht, wo ich überhaupt nach              Seit 62 Jahren wohnt meine Mutter in ihrer Wohnung und
 Wohnungen suchen soll.»                                        fühlt sich sehr wohl. Sie ist nicht die einzige Mieterin, die
                                                                schon seit Jahrzehnten in der Siedlung wohnt. Es hat sich in
   Anfragen nehmen zu                                           all den Jahren eine gut funktionierende soziale Gemeinschaft
    Für Sandra Trivick, Leiterin WohnFit bei Caritas Zürich,    gebildet. Die Wohnungen wurden 1995 (neue Balkone, Fas­
ist klar: Ist der Umzug in eine angemessene und bezahlbare      sade, Fenster) und 2002 (Leitungen, Küchen, Bäder) saniert!
Wohnung nicht möglich, wird in prekären Wohnverhältnissen            Wenn man noch nicht ins Altersheim gehört, ist es schwie­
ausgeharrt. «Eine sehr kleine, schimmelige oder schlecht aus­   ­rig, im hohen Alter eine bezahlbare Wohnung zu finden, und
gestattete Wohnung wird schnell zu einer existenziellen          Alterswohnungen stehen in Kloten keine zur Verfügung. Der
Frage», so Trivick. «Die hohen Mieten führen dazu, dass die      ganze Ablauf mit Wohnungssuche, Bewerbung, Bestellung des
Menschen sich verschulden und in anderen Lebensbereichen         Betreibungsregisterauszugs etc. erfolgt heute ja nur noch online
übermässig sparen müssen, etwa bei der Ernährung. Gerade         – schwierig für Senioren, die keinen Internetzugang haben!
bei Familien mit Kindern kann das schwerwiegende Folgen              Die Coronazeit ist für ältere Menschen schon schwierig
nach sich ziehen.» Caritas Zürich führt WohnFit im Auftrag       genug – wie unsensibel ist es, gerade jetzt den Mietern durch
der Stadt Zürich durch, momentan noch als Pilotversuch.          eine Massenkündigung den Boden unter den Füssen wegzu­
«Ich hoffe sehr, dass wir das Projekt weiterführen können,       ziehen und ihnen die Lebensfreude zu nehmen. Die Pensions­
zumal die Anfragen nach Unterstützung zunehmen», sagt            kasse SH, der zuständige Schaffhauser Regierungsrat und
Trivick. «Wir möchten zudem allen Armutsbetroffenen              auch der Stadtpräsident zeigen kein Interesse, im Sinne der
ein Mentoring ermöglichen, und nicht ausschliesslich Sozial­-    Mieter eine Lösung zu suchen respektive zu finden. Mit finan­
hilfe­beziehenden.»                                              ziellem Entgegenkommen für Härtefälle ist es nicht getan!
                                                                     Die Stadt Kloten hat noch keine Baubewilligung erteilt,
                                                                 die Kündigungen werden im Herbst/Winter verschickt,
                                                                 die Aufträge an verschiedene Firmen wurden jedoch bereits
  Freiwillige gesucht                                            verteilt. Eigentlich durfte bis jetzt in dieser Bauzone nicht
  Für das Projekt WohnFit sucht Caritas Zürich                   höher gebaut werden wegen dem Flugverkehr und jetzt sollen
laufend Freiwillige, die ihr Wissen und Zeit zur                 dort doppelt so hohe Gebäude entstehen dürfen?!
Verfügung stellen. Sie entwickeln gemeinsam                          Für meine Mutter und auch für uns Angehörige ist es eine
mit Personen, die in prekären Wohnsituationen                    sehr belastende Situation und es macht einfach nur traurig,
leben, passende Suchstrategien, erarbeiten
                                                                 dass all diese Mieter entwurzelt werden und ein Lebensabend
Bewerbungsunterlagen, geben Tipps für Woh­
nungsbesichtigungen und unterstützen beim                        in Ruhe nicht möglich ist. Wie Sie in Ihrem Artikel geschildert
Ausfüllen von Formularen. Das Mentoring dau­                     haben, nahmen sich ältere Mieter aus demselben Grund das
ert maximal 6 Monate. Vorgesehen sind wö­                        Leben, und auch Freunde meiner Mutter, die körperlich nicht
chentliche Treffen von 1 bis 2 Stunden zwischen                  mehr so fit sind, haben schon von Exit gesprochen, da sie
den Freiwilligen und den Wohnungssuchenden.                      nicht weiterwissen.
Dabei werden die Freiwilligen von Caritas                            Besten Dank für das Thematisieren der heutigen «nor­
Zürich unterstützt, auf ihre Aufgaben vorbe­reitet
sowie zu regelmässigen Treffen und Weiterbil­
                                                                malen» Verhältnisse, wo die Mieter ohne Skrupel nach Jahr­
dungen eingeladen. Weitere Auskünfte gibt                       zehnten aus den Wohnungen resp. auch aus ihrem Wohnort
Sandra Trivick, Leiterin WohnFit, 044 366 68 87,                vertrieben werden.
wohnfit@caritas-zuerich.ch                                           Gabi Back

Mieten + Wohnen                        Nr. 4, September 2021                                                                   15
Haushalt          Text von Stefan Hartmann, Topten

E-Autos brauchen
auch eine Ladestation
Der Marktanteil elektrisch                      Bei E-Bikes ist es einfach: Mietende können den Akku in die
                                                Wohnung nehmen und dort aufladen. Bei den E-Autos geht das
betriebener Autos steigt rasant.                nicht; es braucht eine spezielle Ladestation. In den Tiefgaragen
                                                und Einstellplätzen vieler Liegenschaften sind diese Angebote
Vor dem Kauf eines E-Autos                      erst vereinzelt vorhanden. Und wenn, ist oft nicht klar, ob
gilt es ein paar Dinge zu klären.               der Strom von denen bezahlt wird, die ihn brauchen, oder ob
                                                alle mitzahlen. Das sorgt bei Mietenden ohne E-Auto zu Recht
Etwa wo der Akku aufgeladen                     für Unmut.

werden kann.                                         Individuelles Zahlsystem
                                                    Inzwischen gibt es diverse Möglichkeiten, wie der Strom für
                                                E-Auto-Akkus individuell abgerechnet werden kann. Viele
                                                lokale Stromversorger bieten massgeschneiderte Lösungen an,
                                                mit welchen die Liegenschaftsverwaltungen keinerlei admini­s­
                                                trativen Aufwand haben. Ladestationen kann man zum Beispiel
                                                leasen. Beim Bau von Mehrfamilienhäusern wird inzwischen
                                                von vielen Baugenossenschaften der Einbau von Ladestationen

                                                                                                                    Foto: 123RF

Mieten + Wohnen   Nr. 4, September 2021                                                                        16
von Anfang an eingeplant, sodass die nötigen Leerrohre und die
Basisinfrastruktur für die Ladestationen am Autoabstellplatz        Gewinnen Sie
                                                                    ein Buch …
bereits vorhanden sind. Je nach Kanton und Gemeinde gibt es
auch Fördergeld für den Bau von Ladepunkten (www.swiss-
emobility.ch). Letztlich besteht jedoch kein Rechtsanspruch auf
eine Ladestation in Mietliegenschaften.
                                                                    … oder noch besser eine ganze
   Netz an öffentlichen Ladestationen                               Buchreihe!
    Vor dem Kauf eines E-Autos sollte man also prüfen, ob es in
der eigenen Wohnliegenschaft oder zumindest im Quartier eine        In Kooperation mit dem Verlag
Ladestation gibt. Übrigens können E-Autos immer öfters auch
am Arbeitsplatz aufgeladen werden, zum Teil sogar kostenfrei.       Kein & Aber verlosen wir zweimal
Ausserdem gibt es mittlerweile in der Schweiz zirka 8000 öf­        die Neuerscheinung «Machen –
fentliche Ladestationen. Europaweit sind es bereits deren           Eine Anleitung fürs Loslegen, Dran­
76 000. Die Ladepunkte finden sich über Apps oder übers
Internet (etwa: www.swisscharge.ch). E-Mobilität ist definitiv
                                                                    bleiben und zu Ende führen» und
im Vormarsch. Bis 2030 will etwa der Carsharing-Anbieter            einmal die gesamte Reihe «Kleine
Mobility seine ganze Flotte elektrifizieren. Bereits jetzt sind     Bücher für grosse Fragen».
viele seiner Autos hybrid und elektrisch unterwegs.
                                                                    Schreiben Sie uns bis zum 27. September ein
   Ladestation und Ladezeit                                         Mail mit dem Betreff «Buchverlosung» an:
   Die Ladeleistung der Ladestation ist ein weiterer Punkt, der     verlosung@mieterverband.ch
beachtet werden sollte. Zwar kann man sein Auto direkt an
einer normalen Steckdose aufladen, doch das braucht einiges
mehr an Zeit. Viele normale Steckdosen sind zudem nicht für
den Dauerbetrieb bei hohen Leistungen ausgelegt, und es
kann zu Überhitzung kommen; zum Beispiel kann Material
schmelzen. Am besten fragt man dazu die Hauswartung an.
   Bei normalen Ladestationen – meistens ist es eine Wand­
ladestation oder Wallbox – mit einer Leistung von 10 bis
20 Kilo­watt (kW) ist ein typisches E-Auto mit einer Batterie von
40 Kilowattstunden (kWh) in zwei bis vier Stunden voll auf­
geladen. Beträgt die Leistung der Ladestation nur 2 kW (etwa
bei einer normalen Steckdose), dauert das Aufladen entspre­
chend bis zu 20 Stunden.
   Bei sogenannten Schnellladestationen mit hohen Leis­
tungen wird ein Akku in nur dreissig Minuten zu 80 Prozent ge­       Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler: Machen.
laden und die Fahrt kann fortgesetzt werden. Generell ist die        Eine Anleitung fürs Loslegen, Dranbleiben und zu Ende führen
                                                                     Softcover, 176 Seiten, CHF 22.–
Reichweite der Batterieladung im Alltag kein Problem. Die übli­
cherweise gefahrenen Strecken (Durchschnitt: 40 Kilometer)
zur Arbeit oder zum Einkaufen sind kurz und der normale             In der Reihe «Kleine Bücher für grosse Fragen»
Akku reicht ohne Probleme. Bei grösseren Strecken mit               sind Mitte August die vier langjährigen Bestseller
grossem Autobahnanteil wie auch bei sehr tiefen oder sehr           «Entscheiden», «Reden», «Erkennen», «Fragen»
hohen Temperaturen kann sich die Reichweite ändern.                 und die Neuerscheinung «Machen» von Mikael
                                                                    Krogerus und Roman Tschäppeler in neuer Auf­
   Vergleich von E-Autos                                            machung bei Kein & Aber erschienen.
    Inzwischen bieten viele Automarken E-Modelle an. Die               Die Autoren nehmen in ihren Werken komplexe
effizientesten Elektroautos finden sich unter www.topten.ch/        Theorien auseinander und bringen sie so virtuos auf
elektrofahrzeuge auf der neutralen und unabhängigen Plattform       den Punkt, dass auch die kompliziertesten Zusammen­
Topten; hier erfährt man auch den direkten Link zu den Ver­         hänge einfach und klar verständlich werden. Ihre
kaufsgeschäften. Der Fokus bei den von Topten empfohlenen           Bücher wurden in mehr als 25 Sprachen übersetzt und
Modellen liegt bei Energieeffizienz, geringer Umweltbelastung       verkaufen sich millionenfach.
und Qualität. Beim Kauf eines Elektroautos empfiehlt Topten            Das neuste Buch der Reihe «Machen» enthält
den Erwerb der Ökostromvignette «Naturemade Star» des               41 Werkzeuge, die dabei helfen, Pläne nicht nur zu
Vereins für umweltgerechte Energie (www.naturemade.ch).             schmieden, sondern auch zu verwirklichen. Dinge
Das Label stellt sicher, dass ein Elektroauto mit nachhaltig        nicht mehr aufzuschieben, sondern zu erledigen.
produziertem Strom geladen wird und damit noch weniger              Weniger zu reden und mehr zu machen. Und das zu
Treibhausgase verursacht.                                           finden, wofür man brennt.

Mieten + Wohnen                     Nr. 4, September 2021                                                                       17
Miettipp          Text von Fabian Gloor

                                               Illustration: Patric Sandri

Mieten + Wohnen   Nr. 3, Juni 2021        18
Der Teufel steckt im Detail

Weil sie aus der Zahlenjonglage nicht schlau werden,
vertrauen viele Mietende blindlings auf die Richtig­
keit der Nebenkostenabrechnung. Dabei ist
die Kontrolle im Normalfall keine grosse Sache.

«In der Beilage erhalten Sie die Heiz- und      listet und möglichst präzise respektive de­      Nur Betriebskosten sind Nebenkosten
Betriebskostenabrechnung für die Periode        tailliert bezeichnet werden, sodass für die       In einem zweiten Schritt überprüft
vom 1.5.2020 bis 30.4.2021. Bitte über-         Mieterschaft klar ist, welche Kosten sie      Frutiger, ob die in Rechnung gestellten
weisen Sie den Betrag von Fr. 1200 innert       zusätzlich zur Nettomiete bezahlen muss.      Nebenkostenpositionen plausibel sind.
Monatsfrist auf mein Konto» – Miriam            Sind im Mietvertrag keine Nebenkosten­        Als Nebenkosten zulässig sind nur so­
Frutiger reibt sich die Augen. Abermals         positionen angegeben, kann sie davon aus­     genannte Betriebskosten, die gemäss Art.
überfliegt sie das Schreiben ihres Vermie­      gehen, dass sämtliche beim Vermieter an­      257b OR «mit dem Gebrauch der Miet­
ters, doch sie hat richtig gelesen.             fallenden Nebenkosten bereits durch den       sache zusammenhängen». Daraus kann
    Mit einer Nachforderung hatte Fru­          Nettomietzins abgedeckt sind.                 man folgende Faustregel ableiten:
tiger eigentlich gerechnet, musste sie              Steht im Mietvertrag beispielsweise       Kosten, die auch in einem leer stehenden
doch bereits letztes Jahr einen namhaften       «Heizkosten- und übrige Betriebs­             Gebäude anfallen, sind keine Neben­
Betrag nachzahlen. Wie sich die Neben­          kosten», schuldet die Mieterschaft nur        kosten. Ein anschauliches Beispiel dafür
kosten in diesem Jahr aber fast verdop­         die Heizkosten. Die Formulierung «üb­         ist die Meteorwassergebühr. Dabei han­
peln konnten, ist ihr schleierhaft. Da          rige Betriebskosten» ist zu ungenau.          delt es sich um eine Abgabe, die für die
muss ihrem Vermieter ein Fehler unter­          Doch keine Regel ohne Ausnahme: Sind          Einleitung des Regenwassers in die Kana­
laufen sein …                                   die Heizkosten im Mietvertrag erwähnt,        lisation von der Gemeinde erhoben wird.
                                                so dürfen gemäss Art. 5 der Verordnung        Sie fällt auch bei einem leer stehenden
   Nebenkosten im Mietvertrag erwähnt?          über die Miete und Pacht von Wohn- und        Gebäude an und hängt somit nicht mit
    Frutiger nimmt die Nebenkostenab­           Geschäftsräumen (VMWG) ohne beson­            dem Gebrauch der Mietsache zusammen.
rechnung genauer unter die Lupe. In             dere Erwähnung nebst den Energiekosten        Der Vermieter muss sie also selbst
einem ersten Schritt überprüft sie, ob alle     auch die Heiznebenkosten wie Brenner-         übernehmen.
in Rechnung gestellten Kostenpositionen         und Boilerservice, Pumpenstrom, Kamin­            Von den nebenkostenfähigen Be­
auch ausdrücklich im Mietvertrag erwähnt        feger, Tankrevision und die Messung des       triebskosten zu unterscheiden sind die
sind. Die einzelnen Nebenkostenpositi­          Wärmeverbrauchs in Rechnung gestellt          Unterhaltskosten. Dieser Unterschied
onen müssen dort grundsätzlich aufge­           werden.                                       ist wichtig, weil die Vermieterschaft von

Mieten + Wohnen                   Nr. 4, September 2021                                                                                19
Gesetzes wegen zum Unterhalt des Miet­                    dieser Wechsel für die Mieterschaft zu       nicht korrekt, kann die Mieterschaft die
objekts verpflichtet ist (Art. 256 OR). Die               deutlich höheren Kosten, handelt es sich     Kündigung zwar anfechten. Da man
Unterhaltspflicht kann nicht vertraglich                  um eine einseitige Vertragsänderung.         sich aber über die Rechtmässigkeit einer
auf die Mieterschaft überbunden werden.                   Diese hätte der Vermieter Frutiger unter     Forderung oft streiten kann, ist Vorsicht
Klauseln im Mietvertrag, welche Unter­                    Einhaltung der Kündigungsfrist auf einen     geboten. So hat das Bundesgericht
haltskosten über die Nebenkosten auf die                  Kündigungstermin hin und auf einem           einmal entschieden, eine kurzfristige
Mieterschaft abwälzen, sind deshalb un­                   amtlichen Formular ankündigen müssen.        Kündigung sei gültig, wenn der unbestrit­
gültig. Unterhaltskosten, die nichts auf                  Das Formular hätte zudem mindestens          tene Teil einer Nebenkostenabrechnung
der Nebenkostenabrechnung zu suchen                       zehn Tage vor Beginn der Kündigungs­         nicht bezahlt werde. Damit es gar nicht
haben, sind etwa Reparaturkosten oder                     frist bei Frutiger eintreffen müssen. So     so weit kommen kann, sollte Frutiger den
die Kosten für einen neuen Rasenmäher.                    hat dies das Kantonsgericht Basel-Land­      gesamten Rechnungsbetrag bezahlen
Um die Nebenkostenabrechnung zu                           schaft in einem ähnlich gelagerten Fall      und in einem eingeschriebenen Brief an
kontrollieren, hat Frutiger das Recht,                    entscheiden.                                 den Vermieter oder im Mitteilungsfeld
Einblick in die Belege zu nehmen. Dabei                                                                des Einzahlungsscheins (mit Kopie) fest­
kann der Vermieter grundsätzlich ver­                         Wie kann man sich wehren?                halten, die Zahlung erfolge unter Rück­
langen, dass sie dafür an seinen Wohn-         Die akribische Kontrolle hat sich                       forderungsvorbehalt. Danach kann sie
oder Geschäftssitz kommt. Dies gilt aber   gelohnt. Frutiger hat in der Abrechnung                     die Nebenkostenabrechnung bei der
nur, wenn sich dieser Ort in der Nähe des  viele Ungereimtheiten gefunden. Mit                         Schlichtungsbehörde anfechten und den
Wohnorts der Mieterschaft befindet.        einem eingeschriebenen Brief teilt sie                      zu viel bezahlten Betrag vom Vermieter
                                           diese ihrem Vermieter mit und bittet ihn                    wieder zurückverlangen.
    Wechsel der Hauswartung                um eine korrigierte Abrechnung. Geht
    Beim Vergleich der diesjährigen Ab­    dieser nicht auf ihre Beanstandungen ein,
rechnung mit derjenigen vom letzten Jahr kann Frutiger die Abrechnung bei der
bemerkt Frutiger, dass die Kosten für die Schlichtungsbehörde anfechten. Frutiger
Hauswartung massiv gestiegen sind.         könnte auch die Zahlung der Rechnung
Bisher bezahlte sie für den Hauswart       verweigern. Dann riskiert sie aber, dass
jährlich rund 600 Franken, dieses Jahr     ihr Vermieter sie betreibt. Erhebt Frutiger
sollen es plötzlich 1500 Franken sein. Am gegen die Betreibung Rechtsvorschlag,
Telefon erklärt ihr der Vermieter lapidar: liegt es am Vermieter, an die Schlich­
«Herr Hunkeler, unser langjähriger         tungsbehörde zu gelangen.
Hauswart, wurde pensioniert. Daraufhin         Aufpassen muss Frutiger, wenn ihr
mussten wir für die Hauswartung eine       der Vermieter eine Zahlungsfrist von
externe Facility-Management-Firma          30 Tagen ansetzt mit der Androhung
engagieren.» Diese sei halt teurer. Das    einer kurzfristigen Kündigung bei Nicht­
hört Frutiger zum ersten Mal. Muss sie     bezahlung. Gemäss Art. 257d OR hat der
sich das bieten lassen? – Nein, denn       Vermieter diese Möglichkeit, wenn die
der Vermieter hat etwas vergessen: Wech­ Mieterschaft fällige Nebenkosten nicht
selt nämlich die Hauswartung und führt     bezahlt. Ist eine Nebenkostenabrechnung

                                                                                   Haben Sie Mietprobleme?
                                                                                                         HOTLINE 0900 900 800
   Wir vermitteln Ihnen
                                                                                                         (CHF 4.40/Min.)
   tatkräftige Arbeitshilfen

   für Unterstützung im Haushalt,                                                  Für Nichtmitglieder und Mietende, die es eilig haben.
   Wohnungsreinigung, -räumung, -wechsel,                                          Auf der Hotline beantworten FachjuristInnen Ihre mietrecht-
   Entsorgungen, Gartenarbeiten, Versand,
   Lagerarbeiten usw.
                                                                                   lichen Fragen.

   www.etcetera-zh.ch                                                              Werktags 9 bis 12.30 Uhr, montags bis 15 Uhr
   Dietikon   044 774 54 86     Thalwil   044 721 01 22                            Legen Sie vor dem Anruf allfällige Unterlagen (Mietvertrag,
   Glattbrugg 044 403 35 10     Zürich    044 271 49 00
                                                                                   Kündigung usw.) bereit.
   Ein Angebot des SAH ZÜRICH

Mieten + Wohnen                             Nr. 4, September 2021                                                                                20
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