SENIOR*INNEN-PLAN 2021 - VOM HIER INS MORGEN Gut vernetzt für ein selbstbestimmtes Leben - Seniorenberatung-Hannover
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AUSZUG www.seniorenberatung-hannover.de SENIOR*INNEN-PLAN 2021 VOM HIER INS MORGEN Gut vernetzt für ein selbstbestimmtes Leben LANDESHAUPTSTADT HANNOVER
INHALT Vorwort Sylvia Bruns | Dezernentin für Soziales und Integration 1 Einleitung 3 Zielrichtung der Senior*innenplanung in der Landeshauptstadt Hannover 4 Beteiligungsverfahren und Leitsätze 5 01Kernthema: Quartierszentrenbildung 7 1.1 Gesundheitsförderung und Prävention in der Senior*innenarbeit| Thomas Altgeld 8 1.2 Steigende Pflegebedürftigkeit als Herausforderung für die 10 Landeshauptstadt Hannover | Andreas Büscher 1.3 Quartierszentrenbildung in der Landeshauptstadt Hannover 13 • Anhang: Vorschläge und Ideen aus den Beteiligungsprozessen 15 zur Umsetzung der Leitsätze I - IV 02Kernthema: Teilhabe und Engagement 19 2.1 Armut – finanzielle Situation im Alter | Silke Mardorf 20 2.2 Vielfalt – Diversity | Uwe Mletzko 26 2.3 Singularisierung | Karin Haist 29 2.4 Teilhabe und Engagement in der Landeshauptstadt Hannover 31 • Anhang: Vorschläge und Ideen aus den Beteiligungsprozessen 33 zur Umsetzung der Leitsätze V - VIII 03Kernthema: Digitalisierung 37 3.1 Ältere Menschen und Digitalisierung in Großstädten | Frank Berner 38 3.2 Digitalisierung in der Senior*innenarbeit in der Landeshauptstadt Hannover 41 • Anhang: Vorschläge und Ideen aus den Beteiligungsprozessen 44 zur Umsetzung der Leitsätze IX 04 Stadtteilprofile 60 plus 45 1. Zielsetzung, Methodik und Vorgehensweise 46 2. Gesamtstädtisches Senior*innenprofil 47 3. Kennziffern im Überblick 53 Stadtbezirk 10 (Auszug aus insg. 49 Stadtprofilen) 55 Limmer/Linden-Mitte/Linden-Nord/Linden-Süd • Angebotskarten der Stadtteile • Stadtteilprofile 60 plus zu den einzelnen Stadtteilen • Vorschläge und Ideen für den Stadtbezirk aus dem Beteiligungsverfahren 05 Ausblick Senior*innenfachplanung 73
VORWORT Sylvia Bruns Dezernentin für Soziales und Integration Liebe Leser*innen, VOM HIER INS MORGEN – Gut vernetzt für ein selbstbe- die, aus welchen Gründen auch immer, nahezu täglich mit existen- Eine gute und ausgewogene Verteilung von Angeboten stimmtes Leben ist der Titel des vorliegenden Senior*innenplans. ziellen Nöten umgehen müssen, kann ein Quartier ein Ort sein, der für alle Menschen in der Stadt leistet einen wichtigen Bei- Mit ihm führt die Landeshauptstadt Hannover ihre Tradition der Geborgenheit und Schutz bietet. Hier kennt und begegnet man sich trag auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen. Fachplanung für die Senior*innen fort. Schwerpunkt dieses Se- und unterstützt sich gegenseitig. Daran zu arbeiten ist Auftrag und zugleich eine wichtige nior*innenplans ist es, an der Gestaltung der Quartiere anzusetzen, Pflichtaufgabe einer modernen Kommune wie der Landes- um älteren Menschen möglichst lange ein selbstständiges Leben Die demografische Entwicklung, die Migration und die (oftmals hauptstadt Hannover. bei guter Lebensqualität zu ermöglichen. versteckte) Altersarmut stellen alle Kommunen vor große Her- ausforderungen, die nur im Verbund und gemeinsam mit allen Der neue Senior*innenplan zeigt auf, welche Themenschwerpunk- Akteur*innen, wie insbesondere den Träger*innen der Wohlfahrts- Bei der Erstellung des Senior*innenplans gilt mein besonderer te in den zahlreichen Beteiligungsverfahren im Vorfeld von den und Sozialverbände, den Wohnungsunternehmen vor Ort, der Kom- Dank den Autor*innen, die mit ihrer fachlichen Expertise die zahl- Teilnehmer*innen benannt wurden und welche Ideen, Vorschläge mune selbst und vor allem mit den Menschen in den Quartieren reichen Facetten der Kernthemen beleuchtet haben und gleicher- und Maßnahmen sich damit verbinden. Die Expert*innenstate- als Hauptakteur*innen erfolgreich bewältigt werden können. Dabei maßen den Akteur*innen – insbesondere Vertreter*innen des ments zu den einzelnen Schwerpunktthemen weisen ebenso wie stellen die Perspektiven und auch die Teilhabemöglichkeiten der „Verbundnetzwerks Senior*innenarbeit und Quartiersallianzen“ die Stadtteilanalysen und deren analoge und digitale kartografische Menschen in ihren Quartieren wichtige Gelingensfaktoren für eine (VSQ), der stadtbezirklichen Netzwerke und des Seniorenbeirats Abbildungen auf Häufungen und Versorgungslücken hin. Dies gilt positive Gestaltung des Sozialraums, des sozialen Miteinanders dar. der Landeshauptstadt Hannover, die sich über die verschiedenen es in den nächsten Jahren so zu verändern, dass eine gerechtere Gerade im Quartier wird den Menschen die Möglichkeit geboten, Beteiligungsformate eingebracht und damit ganz wesentlich Ein- Verteilung von Angeboten und sozialer Infrastruktur in den Stadt- sich mit ihren Ideen, Vorstellungen und Wünschen einzubringen fluss auf die Inhalte dieses Plans genommen haben. Ebenso danke teilen und Quartieren zu einer Verbesserung sowohl der sozialen und zugleich Bedarfe und Bedürfnisse sichtbar zu machen, die in ich meinen Mitarbeiter*innen aus der Koordinationsstelle Sozial- als auch der digitalen Daseinsvorsorge führt. größeren Entwicklungseinheiten, wie z. B. dem Stadtbezirk, eher planung, Dr. Silke Mardorf und Elke Sauermann, aus dem Team verborgen und damit unberücksichtigt blieben. IuK-Organisation Jens Trümper, Garvin Kittel, Martin Nowak und In den letzten Jahren gewinnt der Wunsch nach einem selbst- aus der Flächennutzungsplanung Stefanie Hellwig und Dr. Rolf Gra- ständigen Leben und Wohnen in einem lebendigen Quartier mit Das ist der Grund, weshalb sich die Landeshauptstadt Hannover ve, aus dem Fachbereich Senioren, dem Bereich Kommunaler Se- vielfältigen Angeboten insbesondere in einer älter und diverser mit dem Fachbereich Senioren bereits seit einigen Jahren für die niorenservice Hannover (KSH), Anna von der Ehe, Manuela Mayen werdenden Gesellschaft zunehmend an Bedeutung. alter(n)sgerechte Quartiersentwicklung einsetzt und sie zu einem mit dem Team der offenen Senior*innenarbeit und Quartiersent- Dabei muss es für Menschen mit Einschränkungen und Menschen wichtigen Schwerpunkt in der Senior*innenarbeit erhoben hat. wicklung, Martina Herr und ihrem Team, Patrick Ney, Dr. Dirk Potz mit Pflegebedarf sowie für deren Angehörige darum gehen, barrie- Hinzugekommen, und das passt zum Titel des Senior*innenplans, und Dagmar Vogt-Janssen für die Ausgestaltung und Organisation refreie und tragfähige Unterstützungs- und Teilhabeangebote vor- ist eine Vernetzung über mehrere Ebenen – stadtweit, stadtbezirk- dieses Senior*innenplans. zuhalten, die sowohl die Angehörigen entlasten, als auch Teilhabe lich und quartiersnah in Nachbarschaften – analog und digital. ermöglichen und weitere Pflegebedürftigkeit hinauszögern. Diese Vernetzungen sollen kontinuierlich weiter ausgebaut und mit Ich wünsche Ihnen, liebe Leser*innen, eine spannende Lektüre, Für die vielen älteren Menschen aus unterschiedlichen Ethnien und Hilfe von Quartierszentren als Herz quartiersnaher Netzwerke in viel Inspiration und eine gute Umsetzung der Vorhaben und Maß- Kulturen wiederum muss es vor allem darum gehen, dass Teilhabe die Hände der Akteur*innen vor Ort als Träger*innen von Quar- nahmen. nicht an Sprach- oder kulturellen Barrieren scheitert. Hier braucht tierszentren gelegt werden. Die Kommune will auf diese Weise die es Angebote vor Ort, die zugeschnitten sind auf die Bedürfnisse Steuerung der Bedarfs- und Bedürfnisdeckung vor Ort entwickeln und Bedarfe der Quartiersbewohner*innen. und sich dazu mit den Träger*innen von Quartierszentren jeweils Auch für die leider immer größer werdende Zahl älterer Menschen, über die Ziele der Infrastrukturentwicklung vor Ort vereinbaren. Sylvia Bruns Dezernentin für Soziales und Integration der Landeshauptstadt Hannover 2
EINLEITUNG Zielrichtung der Senior*innenplanung in der Landeshauptstadt Hannover Dagmar Vogt-Janssen Anknüpfend an den Senior*innenplan 2016 mit dem Schwerpunkt- sind. Hieraus können sowohl Bedarfe als auch Bedürfnisse für zu- thema alter(n)sgerechte Quartiersentwicklung befasst sich der künftige Planungen und Weiterentwicklungen im Quartier abgeleitet neue Senior*innenplan 2021 mit der Weiterentwicklung bereits und bei der Umsetzung berücksichtigt werden. entstandener Quartiere und setzt zugleich den Fokus auf deren Ein weiterer wichtiger Baustein des Senior*innenplans ist die Erfas- Ausgestaltung als dem sozialen Nahraum aller Bürger*innen. Damit sung, Abbildung und Fortschreibung der Sozialdaten auf Stadtteil- bleibt die alter(n)sgerechte und soziale Quartiersentwicklung wei- ebene. Die Koordinationsstelle der Sozialplanung im Dezernat für terhin das wichtigste Ziel kommunaler Senior*innenplanung in der Soziales und Integration der Landeshauptstadt Hannover erfasst Landeshauptstadt Hannover. und veröffentlicht kontinuierlich Sozialdaten für die Stadt Hanno- ver. Die Sozialplanerinnen, Dr. Silke Mardorf und Elke Sauermann, Insbesondere gilt es, im Quartier alter(n)sgerechte und stellten aus diesen Rohdaten die Kennzahlen zusammen, die für zeitgemäße Infrastrukturen auf- und weiter auszubauen und den Senior*innenplan 2021 grafisch aufbereitet einen sehr guten dabei den drei Kernthemen Einblick in die sozialen Lagen im jeweiligen Stadtteil bieten. Auch hieraus lassen sich notwendige Maßnahmen für eine zukünftige 1. Quartierszentrenbildung als Motor Planung ableiten. 2. Teilhabe und Engagement als zwingende Voraussetzungen Dieser Senior*innenplan hat die Aufgabe, aber auch den Anspruch, die Herausforderungen der zukünftigen Senior*innenarbeit in Han- 3. Digitalisierung in der Senior*innenarbeit als nover aufzunehmen und abzubilden. zukunftsorientierte Ausrichtung Um die fachliche Grundlage dafür zu legen, wurden im Vorfeld Ex- pert*innen eingeladen, die zukünftigen sozialen und gesellschaft- zentrale Aufmerksamkeit zu widmen. lichen Trends darzustellen. Die dabei entstandenen Beiträge bilden ein wesentliches Teilstück dieses Senior*innenplans. Alter(n)sgerechte Quartiersentwicklung in Hannover zielt darauf Die Einbeziehung von Expert*innen sowie wichtiger Akteur*innen ab, zukunftsfähige integrierte Versorgungs- und Unterstützungs- in der Senior*innenarbeit, u. a. aus Wohlfahrts- und Sozialverbän- strukturen im Quartier so zu gestalten, dass die Lebensumstände den sowie von privaten Anbieter*innen, der Wohnungswirtschaft aller im Quartier lebenden Menschen kontinuierlich verbessert und der Bürger*innen als Expert*innen in eigener Sache und we- werden. sentlichsten Akteur*innen ermöglicht ein ebenso realistisches wie Grundlage einer solchen Quartiersentwicklungsplanung ist eine differenziertes Bild der aktuellen Strukturen und sozialen Situation stadtweite Analyse und Abbildung der vorhandenen Sozialraum- sowie ihrer absehbaren Entwicklung. Sie werden, heruntergebro- strukturen als Basis der Sozialplanung. Es gilt, wie auch in anderen chen auf die Quartiere, Stadtteile und -bezirke und, aggregiert, Bereichen, Versorgungslücken aufzudecken und zu schließen sowie gesamtstädtisch dar- sowie zum Teil gegenübergestellt. Doppelstrukturen zu vermeiden. Besonderes Augenmerk wird im Rahmen der Analyse darauf gerich- Hieraus lassen sich Defizite, Bedarfe, aber auch Potenziale erken- tet, die soziale Infrastruktur in den einzelnen Stadtteilen aus den nen, um Quartiere alter(n)sgerecht und zeitgemäß fort- bzw. neu im KSH bereits seit vielen Jahren gepflegten Infrastrukturlisten – zu entwickeln: Angebote, Begegnungsräume u. a. für Senior*innen – kartografisch abzubilden. Auf einer digitalen Stadtkarte sind die Angebote und „Vom Hier ins Morgen – gut vernetzt für ein selbstbe- Orte der Senior*innenarbeit einschließlich stationärer Pflegeein- stimmtes Leben“, womit ein Beitrag zur Förderung gleich- richtungen u. v. a. m. für jede*n Bürger*in abrufbar. Gleichzeitig wertiger Lebensverhältnisse generationenübergreifend kann über die digitale Karte sehr schnell und sehr konkret heraus- geleistet wird. gelesen werden, welche Angebote bereits vorhanden sind und in welchen Bereichen und Quartieren noch Entwicklungsbedarfe bestehen. Dagmar Vogt-Janssen Neben der kartografischen Abbildung umfasst der Senior*innenplan Fachbereichsleiterin des Fachbereichs Senioren zu jedem Stadtbezirk eine tabellarische Auflistung von Themen, Vor- der Landeshauptstadt Hannover schlägen und Ideen, die aus den dialogischen Beteiligungsprozessen im Vorfeld der Erstellung des Senior*innenplans hervorgegangen 4
IX Beteiligungsverfahren Leitsätze und Leitsätze Um die Vielzahl der erarbeiteten Handlungsbedarfe und benannten Bedürfnisse auf einer zweiten Ebene Anna von der Ehe zu strukturieren und thematisch zuzuordnen, wurden im Rahmen des Beteiligungsverfahrens folgende neun Leitsätze, gleichsam als Desiderat, entwickelt. Die Leitsätze fassen die zukünftigen Handlungs- schwerpunkte der kommunalen Senior*innenarbeit stadtweit zusammen: Grundlegend für die Erstellung des Senior*innenplans war es, Beteiligung weiterer Netzwerke und ein umfangreiches Beteiligungsverfahren durchzuführen, um die städtischer Fachbereiche Vorschläge und Ideen möglichst vieler Netzwerkvertreter*innen einzufangen und in den Senior*innenplan einfließen zu lassen. In zusätzlichen Beteiligungsverfahren wurden weitere Netzwerke, I. Die Förderung alter(n)sgerechten Wohnens V. Die Teilhabe aller älteren Menschen, auch in wie das Netzwerk Demenz-aktiv und das Netzwerk ältere Lesben, ermöglicht auch bei steigendem Hilfebedarf ihrer Diversität, wird weiter gefördert und Schwule, Bisexuelle, Trans*, Inter* und queere Menschen (kurz: den Verbleib im gewohnten sozialen Umfeld. ermöglicht. Beteiligung des Verbundnetzwerks LSBTIQ*), einbezogen. Senior*innenarbeit und Quartiersallianzen (VSQ) Außerdem wurden weitere Fachbereiche der Landeshauptstadt II. Das Quartier als der soziale Nahraum wird VI. Unterstützende Hilfeangebote, um den Alltag Hannover beteiligt. Mit dem Fachbereich Sport und Bäder fand alter(n)sgerecht weiterentwickelt und Quar- zu bewältigen, werden weiterentwickelt. An erster Stelle stand die Beteiligung des VSQ. Alle ein Austauschgespräch zum Thema gesundheitsfördernde und tierszentren mit Begegnungsräumen, Bera- VSQ-Teilnehmer*innen, insbesondere der Seniorenbeirat präventive Bewegungsangebote für ältere Menschen und mit dem tungs-, Informations-, Kultur-, Versorgungs- VII. Gesundheitsfördernde und präventive Ange- der Landeshauptstadt Hannover, die Wohlfahrts- und So- Fachbereich Soziales ein fachlicher Austausch zum Thema Quar- und Bewegungsangeboten werden auf- und bote unterstützen ein aktives Alter(n). zialverbände (Diakonisches Werk Hannover, Arbeiterwohl- tiersentwicklung statt. ausgebaut. fahrt Region Hannover, Paritätischer Wohlfahrtsverband, VIII. Ehrenamt und bürgerschaftliches Engage- Caritasverband Hannover, Sozialverband Deutschland), das III. Generationenverbindende Angebote und ment werden gefördert und weiterentwickelt. Netzwerk MiSO (MigrantinnenSelbstOrganisationen-Netz- Kernthemen des Senior*innenplans Projekte fördern den Generationendialog und werk Hannover), der vdw Niedersachsen-Bremen (Verband und Leitsätze zukünftiger Senior*innenarbeit schaffen Möglichkeiten der inter- und intra- IX. Die Chancen der Digitalisierung für ältere der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Niedersachsen- generativen Begegnung. Menschen werden genutzt. Bremen), der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und Der umfangreiche Beteiligungsprozess fand seinen Niederschlag in Vertreter*innen von Fachgruppen der Senior*innenarbeit einer Fülle von Vorschlägen und Ideen für die Senior*innenarbeit IV. Eine Pflegebedürftigkeit darf nicht zu Exklu- wurden gebeten, ihre Statements zu wichtigen Inhalten des der kommenden Jahre. sion führen und wird bei allen Maßnahmen Senior*innenplans abzugeben. Aus den Beteiligungsergebnissen, insbesondere aus denen der der Senior*innenplanung mitgedacht. stadtbezirklichen Netzwerke sowie den Ergebnissen der Beratungen Im Laufe des Jahres 2021 hat der VSQ in mehreren Sitzungen die In- des VSQ, aber auch aus den fachlichen Beiträgen der Expert*innen, halte des zu erstellenden Senior*innenplans beraten. Die Ergebnisse wurden folgende drei Kernthemen herausgearbeitet, in die sich der flossen in die weitere Konkretisierung des Senior*innenplans ein. Senior*innenplan gliedert: Beteiligung der stadtbezirklichen Netzwerke Die im umfangreichen Beteiligungsverfahren erarbeiteten Vorschläge und Ideen sind im Senior*innenplan in Tabellen In den 13 stadtbezirklichen Netzwerken der Senior*in- zusammengefasst. Diejenigen Vorschläge und Ideen, die sich nenarbeit wurden zahlreiche Beteiligungssitzungen durch- auf die gesamte Stadt beziehen, sind nach den Leitsätzen und geführt, an denen sich Vertreter*innen des KSH, der Handlungsfeldern geordnet. Jene, die für die einzelnen Stadt- Kirchengemeinden, Vereine und Wohnungsunternehmen teile und Stadtbezirke aus den Beratungen der stadtbezirk- sowie der Wohlfahrts- und Sozialverbände, Ehrenamtliche 1) Quartierszentrenbildung lichen Netzwerke entstanden sind, werden im Abschnitt 04 des und weitere engagierte Einzelpersonen eingebracht haben. Senior*innenplans auf die jeweiligen Stadtbezirke bezogen. Die genannten Vorschläge bezeichnen Maßnahmen, die vom Fach- Die Beteiligungssitzungen fanden aufgrund der Kontaktsperren 2) Teilhabe und Engagement bereich Senioren, in Kooperation mit weiteren Akteur*innen, während der Corona-Pandemie als Videokonferenzen statt. Um eine bearbeitet werden. Teilnahme auch für diejenigen zu ermöglichen, die keinen Zugang Zusätzlich wurden weiterführende Ideen gesammelt, die zu Konferenzschaltungen hatten, wurde vielfach die Möglichkeit 3) Digitalisierung mitunter noch konkretisiert werden müssen. Vorschläge und einer telefonischen Beteiligung genutzt sowie Einzelgespräche Ideen sind die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses und als geführt. Für die gesamtstädtische Ausrichtung der zukünftigen solche nicht als abschließende Liste vorgesehener Maßnahmen Senior*innenarbeit ergaben sich aus den Ergebnissen der Beteili- kommunaler Senior*innenplanung der nächsten Jahre zu ver- gungssitzungen wesentliche Impulse für das weitere Vorgehen. stehen, sondern als Impulse der beteiligten Akteur*innen. Anna von der Ehe Quartierskoordinatorin im Fachbereich Senioren der Landeshauptstadt Hannover 5 6
KERNTHEMA 1.1 01 Gesundheitsförderung und Prävention in der Senior*innenarbeit Thomas Altgeld Ausgerechnet im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie starteten die auch für die Gesellschaft als Ganzes. Die WHO hat deshalb bereits Vereinten Nationen erstmals die „Dekade des gesunden Alterns“, 1998 gefordert, nicht nur dem Leben immer mehr Jahre, sondern für dessen Umsetzung und Steuerung die Weltgesundheitsorgani- den Jahren auch mehr Leben, d. h. vor allem Lebensqualität, hin- sation (WHO) zuständig ist. Damit wird dieses Jahrzehnt eine Reihe zuzufügen. maßgeblicher Akteur*innen zusammenführen, die gemeinsame Maßnahmen intensivieren werden: Um mehr Lebensqualität bis ins hohe Alter zu erreichen, spielen sowohl die Lebensbedingungen in einer Gesellschaft als auch die • Die Denk- und Sichtweisen sowie das Handeln in Bezug Ausrichtung von Gesundheitsversorgungs-, Gesundheitsförderungs- auf Alter und Alterung verändern und Präventionsansätzen eine wesentliche Rolle. Allerdings richtet sich das Gros der Gesundheitsförderungs- und Präventionspro- • Gemeinschaften so fortzuentwickeln, dass die Fähig- gramme bislang vor allem an die Gruppen der jüngeren Alten. Das keiten älterer Menschen gezielt gefördert werden Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“ Quartierszentrenbildung ist zum Leitmotiv der meisten Gesundheitsförderungs- und Präven- • Integrierte personenzentrierte Angebote und Leistungen tionsmaßnahmen geworden. Gesundheitsförderung und Prävention der primären Gesundheitsversorgung bereitzustellen, sind aber auch bei der Altersgruppe der Hochaltrigen sinnvoll und die altersgerecht sind wirksam. • Für hilfsbedürftige ältere Menschen einen besseren Mit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes 2015 in Deutschland Zugang zu Angeboten der Langzeitpflege zu schaffen stehen nun auch mehr Mittel der gesetzlichen Kranken- und Pflege- versicherungen für ein gesundes Alter(n) real zur Verfügung. Die Initiativen, die im Rahmen dieses Jahrzehnts ergriffen werden von der 2015 daraufhin eingerichteten Nationalen Präventionskon- sollen, werden sich insbesondere um die Einbeziehung älterer ferenz entwickelte nationale Präventionsstrategie verfolgt die Vi- Menschen bemühen, die vollständig in die Kooperation maßgeb- sion, „allen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland ein gesundes licher Akteur*innen eingebunden werden sollen (vgl. WHO 2021, Aufwachsen, ein gesundes Leben und Arbeiten sowie Gesundheit Zugriff 10/2021). im Alter zu ermöglichen. Sie sollen in allen Lebenswelten, in denen sie im Laufe ihres Lebens Zeit verbringen, Rahmenbedingungen Die Ausrufung dieser Dekade des gesunden Alterns ist zugleich vorfinden, die ihre Gesundheit, Sicherheit und Teilhabe fördern. der Höhepunkt eines grundlegenden Umdenkungsprozesses in der Lebenswelten, auf die dabei ein besonderes Augenmerk gerichtet Gesundheits- und Sozialpolitik auf nationaler und internationaler wird, sind Kommunen, Kindertageseinrichtungen, Schulen, Betriebe Ebene. und Pflegeeinrichtungen“ (NPKa, Zugriff 10/2021). Noch bis vor wenigen Jahren waren es vor allem die Erkrankungen Die Nationale Präventionsstrategie definiert für das Ziel „Gesund- älterer Menschen und insbesondere die dadurch entstandenen heit im Alter“ vor allem zwei sogenannte Zielgruppen: Versorgungskosten, die als Bedrohungsszenarien der Sozialversi- cherungssysteme öffentlich diskutiert wurden. Dagegen wurde die 1. Personen nach der Erwerbsphase in der Kommune Gesundheit älterer Menschen bisher nur selten als ein wichtiges sowie Thema wahrgenommen, obgleich die Mehrzahl der älteren Men- 2. Bewohner*innen in stationären Pflegeeinrichtungen schen gesund und nicht krank ist. Dieser Perspektivenwechsel ist dringend notwendig. Damit kommt insbesondere den Kommunen im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, Gesundheit im Alter zu Die Zahl der älteren und hochbetagten Menschen in unserer Gesell- fördern, eine zentrale Bedeutung zu. Insbesondere gilt dies für schaft wächst immer noch und damit verbunden zumeist auch die sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen, da sich bei diesen Zahl der gesunden Lebensjahre. Mit steigender Lebenserwartung Gruppen in der Lebensphase „Alter“, bedingt durch ungleiche gewinnt daher die Erhaltung von Lebensqualität und das gesunde Bildungs- und Teilhabechancen von frühester Kindheit an über die Altern zunehmend an Bedeutung sowohl für die/den Einzelne*n als ganze Lebensspanne hinweg, gesundheitliche Problemlagen und 8
Herausforderungen verfestigt haben. Auch die Ausgestaltung vieler Präventionsangebote trägt leider zu diesen ungleichen Gesund- heitschancen benachteiligter Bevölkerungsgruppen bei, weil sie vor allem Bevölkerungsgruppen mit einem höheren Bildungsniveau und Einkommen erreichen. Die Angebote sind durch ihren Kontext oder ihre Struktur oft indirekt mittelschichtorientiert. In den Gesund- heitswissenschaften wird dieser Sachverhalt als Präventionsdilem- ma beschrieben. 1.2 Steigende Pflegebedürftigkeit als Herausforderung Zielsetzung einer zukünftigen Ausgestaltung der Präventions- für die Landeshauptstadt Hannover angebote sollte es daher sein, zu einer Abkehr von einer völlig zersplitterten und damit intransparenten „Präventionsindustrie“ zu Andreas Büscher kommen, die alles in Einzelthemen und kleinteiligen Zielgruppen- vorstellungen organisiert. Es fehlt an mehr „Denken in Dialog“, Partizipation und sozialen Räumen. Die Landesvereinigung für Eine der seit längerem bekannten Herausforderungen des demo- Vor diesem Hintergrund bedarf es verschiedener Herangehenswei- Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V. grafischen Wandels ist die Bewältigung einer steigenden Pflege- sen an die pflegerische Versorgung älterer Menschen, bei denen hat deshalb den Zielgruppenbegriff, der schon in den Problem- bedürftigkeit in der Bevölkerung. Die Herausforderung besteht die Einflussmöglichkeiten der kommunalen Ebene unterschiedlich zuschreibungen und in der Maßnahmenentwicklung immer ein dabei in zweierlei Hinsicht. Da Pflegebedürftigkeit mit hohem ausgeprägt sind. Expert*innen-Laien-Gefälle und eine asymmetrische Kommunika- Alter korreliert, ist angesichts der Bevölkerungsprognosen für die tion impliziert, seit einem halben Jahrzehnt durch den Begriff der Landeshauptstadt Hannover zum einen ein weiterer Anstieg der • Das kontinuierliche Monitoring und die damit verbundene Be- „Dialoggruppe“ ersetzt. Pflegebedürftigkeit zu erwarten, zum anderen steht zur Versor- richterstattung über zentrale Daten zur pflegerischen Versor- gung des steigenden Anteils pflegebedürftiger, älterer Menschen gung erscheint in Hannover angesichts der vorliegenden Je frühzeitiger die Dialoggruppen in der Gesundheitsförderung und ein in Relation kleiner werdender Anteil jüngerer Menschen zur Dokumente bereits auf einem guten Niveau zu sein und sollte Prävention partizipieren (sogar bereits an der Problemdefinition Verfügung – unabhängig davon, ob diese jüngeren Menschen im fortgesetzt werden. Im Hinblick auf die pflegerische Vesor- und Programmgestaltung), desto niedriger sind die Schwellen der Rahmen eines pflegerischen oder unterstützenden Berufes oder im gung ist jedoch nicht nur die Entwicklung der Lebensalter und Inanspruchnahme. Partizipation ist dann erfolgreich, wenn sie Rahmen familiärer oder freundschaftlicher Unterstützungsleistun- Pflegebedürftigkeit von Bedeutung, sondern ebenso die mit Entscheidungsräumen verbunden ist: Je mehr jemand Ein- gen in die Versorgung eingebunden sind. Entwicklung des Lebensalters der beruflich im Pflege-/Unter- fluss auf einen Entscheidungsprozess nehmen kann, desto mehr stützungsbereich tätigen Personen. Partizipation wird realisiert. Diese Priorität für Partizipation ist ein Hinweise auf das Ausmaß der zukünftigen Herausforderungen Ein Anteil von 43 Prozent an Pflegekräften mit einem Alter entscheidender Teil des grundsätzlichen Perspektivwechsels, der auf Bundesebene liefert die im Dezember 2020 veröffentlichte von über 50 Jahren (Pflegestatistik 2019) verweist auf einen mit der Gesundheitsförderung seit 1986 eingesetzt hat. Wright u. Pflegestatistik 2019. Zwar enthält diese Statistik keine spezifischen erheblichen Bedarf an Ausbildung und Rekrutierung von Pflege- a. haben eine Stufenleiter der Partizipation für die Gestaltung von Aussagen für die kommunale Ebene im Allgemeinen und die Lan- kräften. Das Monitoring und die fortlaufende Berichterstattung partizipativer Qualitätsentwicklung in der Gesundheitsförderung deshauptstadt Hannover im Besonderen, sie verweist aber auf Ent- sollten entsprechend erweitert werden. vorgeschlagen. Sie haben dabei festgehalten: „Partizipation ist kein wicklungen für Hannover. Dies betrifft insbesondere den Anstieg „Entweder/Oder“ sondern ein Entwicklungsprozess. Selbstrefle- des Anteils pflegebedürftiger Menschen. Betrug die Pflegequote, • Der Ansatz, senior*innenrelevante Infrastrukturen in der xion und eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Akteuren also der Anteil pflegebedürftiger Menschen an der Gesamtbevölke- Landeshauptstadt Hannover stadtteilbezogen zu analysieren vor Ort fördern die Weiterentwicklung der Partizipation in Projekten rung, im Jahr 2017 noch 4,1 Prozent (in Hannover 4,4 Prozent), so und abzubilden, ist zu begrüßen. Die Übersicht über verfügbare der Gesundheitsförderung und Prävention. Partizipation ist je nach ist dieser Anteil nun auf 5 Prozent gestiegen. Ob es in Hannover zu Angebote ist die Voraussetzung zur Initiierung und Flankierung Praxisbedingungen im Projekt und den Lebensbedingungen der einem entsprechenden Anstieg um 0,9 Prozent gekommen ist, lässt weiterer Entwicklungen. Eigene Erfahrungen des Autors in der Zielgruppe unterschiedlich realisierbar. Die Aufgabe besteht darin, sich auf Basis der bundesweiten Pflegestatistik nicht sagen. Durchführung sogenannter Community Health Assessments die den Bedingungen entsprechend passende Stufe der Partizipa- Linkliste haben gezeigt, dass vielfach Informationen auf kleinräumiger tion zu finden.“ Die neuen Zahlen der Pflegestatistik bestärken zudem Ebene (wie z. B. Stadtteile) nicht ohne weiteres verfügbar sind (http://www.partizipative-qualitaetsentwicklung.de/partizipation.html BMG (Bundesministerium für Gesundheit): die Beobachtung, dass der Großteil der pflegerischen Ver- und daher aufwändig zusammengetragen werden müssen. Zugriff 10/2020) Gesundheitsförderung und Prävention für ältere Menschen sorgung (bundesweit mittlerweile 80 Prozent) in der häus- Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, die Analyse fortlaufend https://www.bundesgesundheitsministerium.de/praevention-aeltere- lichen Umgebung pflegebedürftiger Menschen erfolgt. durchzuführen, um nicht jedes Mal von vorne anfangen zu Ein partizipativ orientierter Entwicklungsprozess in diesem Sinne menschen.html müssen. ist auch in der Senior*innenarbeit der Königsweg, um neue Neu ist diese Beobachtung jedoch nicht. Sie ist bekannt, seitdem Weichenstellungen für mehr Gesundheit im Alter in städtischen NPK (Die Nationale Präventionskonferenz): die Pflegestatistik veröffentlicht wird. Geändert hat sich lediglich • Der hohe und zunehmende Anteil informeller Pflegearrange- Quartieren zu ermöglichen. Präventionsstrategien der Anteil der häuslich versorgten pflegebedürftigen Menschen, ments unterstreicht die Notwendigkeit zur Unterstützung Die Landeshauptstadt Hannover befindet sich mit dem umfangrei- https://www.npk-info.de/praeventionsstrategie der kontinuierlich gestiegen ist. In absoluten Zahlen gestiegen ist dieser Arrangements. Seit sehr langer Zeit wird eine Abnahme chen Beteiligungsprozess der Dialoggruppen an diesem Senior*in- Downloads darin der Anteil derjenigen pflegebedürftigen Menschen, der allein des familiären Pflegepotenzials prognostiziert, die jedoch em- nenplan hierzu auf einem guten Weg. durch Familienangehörige oder andere Personen aus dem sozialen pirisch alle zwei Jahre in der Pflegestatistik widerlegt wird. https://www.npk-info.de/die-npk/downloads Umfeld in informellen Pflegearrangements versorgt wird. Diese Daraus sollte nicht geschlossen werden, dass das informelle/ WHO (Weltgesundheitsorganisation Regionalbüro für Europa) Entwicklung zeigt sich auch in Hannover zwischen 2007 und 2017 familiäre Pflegepotenzial unbegrenzt zur Verfügung stehen Thomas Altgeld (2021): Das Jahrzehnt des gesunden Alterns (2021 - 2030) und es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung bis 2019 wird, es sollte jedoch gezielt die Unterstützung und Beratung Geschäftsführer der Landesvereinigung https://www.euro.who.int/de/health-topics/Life-stages/healthy-ageing/ nicht grundlegend verändert hat. auf- und ausgebaut werden. Möglichkeiten der Belastungs- für Gesundheit und Akademie für news/news/2021/01/decade-of-healthy-ageing-2021-2030 reduktion für Angehörige, Fragen der Vereinbarkeit von Sozialmedizin Niedersachsen e. V. http://www.partizipative-qualitaetsentwicklung.de/partizipation.html Erwerbstätigkeit und Pflege, des Austausches, der Unter - 9 10
stützung durch professionelle und ehrenamtliche Angebote, • Große Erwartungen sind mit technischen Unterstützungssys- Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass der Höhepunkt der gesteigerten Wertschätzung für die Leistungen Angehö- temen im Alter und dem Fortschreiten der Digitalisierung ver- der demografischen Entwicklungen in ihrer Bedeutung für die riger und anderer, die pflegerische Unterstützung leisten, sowie bunden. Sie sind sicherlich ein wichtiger Baustein für die pflegerische Versorgung erst noch bevorsteht. Ob der Anstieg der die Stärkung stadtteilbezogener Netzwerke sind wichtige pflegerische Versorgung in der Zukunft. Es sei jedoch vor zu Pflegebedürftigkeit sich in gleichem Maße fortsetzen wird wie Bestandteile zur weiteren Bewältigung der Pflegebedürftig- großen Hoffnungen gewarnt, dass technische Unterstützungs- zuletzt, kann nicht vorhergesagt werden. es sollte jedoch davon keit in diesem Bereich. Konzeptionell ist es wichtig zu ver- systeme allein die vielfältigen Herausforderungen bewältigen ausgegangen werden, dass die Problematik sich in den nächsten stehen, dass selten informelle Pflegearrangements unmittelbar können. Empfehlenswert ist vielmehr, den Dialog zwischen Ent- dreißig Jahren nicht zum Besseren wenden wird. Die Kommunen zu formellen, d. h. durch professionelle Dienstleister gestal- wickler*innen und Unternehmen, professionellen Akteur*in- sind sicherlich nicht allein für die Bewältigung der Herausforde- teten Arrangements werden. In der Regel kommt es für länge- nen aus Medizin, Pflege, Therapie und anderen Unterstützungs rungen verantwortlich, sie werden sich aber andererseits einer re Zeiträume zu „gemischten“ Pflegearrangements, in denen bereichen sowie den potenziellen Anwender*innen zu fördern, wichtigen Rolle darin nicht verschließen können. das Verhältnis und Zusammenspiel formeller und informeller um Akzeptanz, Passgenauigkeit, Nutzen und Weiterentwicklun- Unterstützung ein entscheidender Faktor für Stabilität und gen auf breiter Basis diskutieren zu können. Dauer des Arrangements ist. Trotz der Dominanz der pflege- Prof. Dr. Dr. h. c. Andreas Büscher rischen Versorgung im häuslichen Umfeld darf nicht vergessen • Die demografischen Entwicklungen wurden bereits angespro- Krankenpfleger und Pflegewissenschaftler werden, dass teilstationäre und stationäre Pflegeeinrichtungen chen. Für die Zukunft der pflegerischen Versorgung ist es er- Arbeitsschwerpunkte liegen in der Qualitätsentwicklung in Pflege keinesfalls obsolet sind. Der Anteil pflegebedürftiger Menschen forderlich, die Nutzer*innengruppen der professionellen Unter- und Gesundheitswesen, der familienorientierten Pflege, der häus- mit einem höheren Pflegegrad ist dort deutlich höher und ver- stützungsangebote weiter zu differenzieren und unterschied- lichen pflegerischen Versorgung und Fragen der Umsetzung der weist auf erhebliche konzeptionelle und personelle Anforde- liche Herangehensweisen und Maßnahmen zu diskutieren. Pflegeversicherung rungen in der stationären Versorgung. Eng verknüpft mit Hinter den Pflegequoten und Pflegegraden verbergen sich diesen Aspekten sind Fragen des Wohnens, die allerdings nicht unterschiedliche Problemlagen und Sachverhalte. unter Mitarbeit von Alena Lübben auf die Bewältigung von Pflegebedürftigkeit reduziert werden Für die Landeshauptstadt Hannover stellt die zunehmende Zahl Studentin im Masterstudiengang Versorgungsforschung sollten, sondern im weiteren Sinne das altersgerechte Wohnen der Einpersonenhaushalte eine Herausforderung dar, die und -gestaltung an der Hochschule Osnabrück in den Blick nehmen sollten. sicherlich auch in anderen Großstädten anzutreffen ist. Trotz der hohen Anzahl ist auch in Hannover die informelle Pflege • Die Ursachen für Pflegebedürftigkeit liegen in der Regel in im Privathaushalt die vorwiegende Form der Versorgung. ein oder mehreren chronischen Erkrankungen begründet, durch Es bedarf also einer genaueren Einschätzung, welche Arrange- die es zu Beeinträchtigungen der individuellen Selbstständigkeit ments sich dort finden und wie die informelle Pflege auch bei kommt und die einen Bedarf an personeller Hilfe nach sich einer hohen Zahl von Einpersonenhaushalten sinnvoll zu unter- ziehen. Die Diagnose und Behandlung dieser Erkrankungen stützen ist. Ein weiteres Thema ist der hohe Anteil von Men- erfolgt zum größten Teil durch Hausärzt*innen. Entsprechend schen mit Migrationshintergrund, die einerseits keine homo- bedarf es einer engeren Verzahnung der primären Gesundheits- gene Gruppe bilden, bei denen sich aber andererseits unter- versorgung mit der ambulanten und stationären Langzeitver- schiedliche Sorge- und Pflegearrangements zeigen können, die sorgung im Hinblick auf Kooperation der professionellen zu einem anderen Inanspruchnahmeverhalten gesundheitlicher Akteur*innen (die leistungsrechtlich bislang nur in Form eines und pflegerischer Dienstleistungen führen können. Hier wäre Anordnungs- und Durchführungsverhältnisses realisiert ist). der Dialog mit unterschiedlichen Gruppen zu Sorge- und Pflegefragen zu suchen. Nicht zuletzt spielen auch krankheits- • Die Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten der kommunalen spezifische Aspekte in der Versorgung, vor allem bei Menschen Ebene sind hinsichtlich der professionellen Leistungserbringer mit Demenz, eine wichtige Rolle und erfordern eine entspre- in der Pflege durch den Sicherstellungsauftrag der Pflegekas- chende Flankierung durch begleitende Dienste oder andere sen und den eher marktwirtschaftlichen Charakter des Lang- Formen der Unterstützung. Weitere besondere Herausforderun- zeitpflegesystems tatsächlich begrenzt. Unabhängig davon gen stellen sich hinsichtlich anderer psychiatrischer Erkran- lassen sich jedoch die Information und Transparenz über die kungen, der Zunahme der außerklinischen Intensivpflege und pflegerische Versorgung sowie der Dialog um deren Weiterent- gegebenenfalls weiterer Problemlagen. wicklung als wichtige Aufgaben für die Landeshauptstadt Quellen: Hannover benennen. Die Unterstützung und Sicherstellung • Die Beschäftigung mit der pflegerischen Versorgung ist nicht Landeshauptstadt Hannover, Sachgebiet Wahlen und Statistik: Datenblatt eines Informations- und Beratungsangebots für die Bevölke- nur ein senior*innenenpolitisches Thema, sondern kann auch Einwohner Dez 2019 rung zu Pflegefragen in allen Stadtteilen ist in diesem Zusam- unter anderen Gesichtspunkten betrachtet werden, z. B. der Landeshauptstadt Hannover, Sachgebiet Wahlen und Statistik: Datenblatt menhang ebenso zu nennen wie die Initiierung und Moderation Gleichstellung. Pflege bleibt vor allem ein Thema, das Frauen Privathaushalte 2019 von Veranstaltungen für die Bevölkerung sowie zum Austausch stärker betrifft als Männer. Sowohl hinsichtlich der infor- der professionellen Akteur*innen. mellen und formellen Pflege sind es vor allem Frauen, die diese Landeshauptstadt Hannover, Dezernat III Koordinationsstelle Sozialpla- Arbeit leisten. nung (2020): Grafik des Monats zum „Welt-Alzheimertag“ Aber auch hinsichtlich der Nutzer*innen formeller pflege- rischer Unterstützung sind Frauen in der Mehrzahl. Ob dieser Landeshauptstadt Hannover, Dezernat III Koordinationsstelle Sozialpla- Tatsache durch eine stärkere Wertschätzung und Bereitstellung nung (2020): Hausmitteilung vom 18.02.2020: Neues aus der Pflegesta- tistik 2017 von Unterstützung für Frauen begegnet wird oder durch ver- stärkte Anstrengungen zur Einbeziehung von Männern in Statistisches Bundesamt (2020): Pflegestatistik 2019. Pflege im Rahmen Sorge- und Pflegeaufgaben, ist eine offene Frage. Das Ungleich- der Pflegeversicherung. Deutschlandergebnisse. Wiesbaden: Statisti- gewicht ist jedoch eindeutig. sches Bundesamt 11 12
1.3 Quartierszentrenbildung in der Landeshauptstadt Hannover Mit zunehmendem Alter verringern sich mitunter Mobilität und Be- setzungen, um vielfältigen Bedarfen und Bedürfnissen Rechnung Quartierszentren entstehen indes nicht nur über Pflegeeinrich- Quartiersarbeit bedarf auch professioneller Strukturen. Die haupt- wegungsradius. Für die Bewältigung des Alltags werden dann kurze zu tragen. Sie können sich nach außen für die Senior*innen und tungen und in Trägerschaft größerer Institutionen, sondern oft amtlichen Quartierskoordinator*innen des KSH sowie die der Wege zunehmend wichtiger und das angestammte Wohnquartier anderen Anwohner*innen in der Nachbarschaft öffnen und damit konnten sich bereits weitere Orte der Begegnung in den Quartieren weiteren Träger*innen alter(n)sgerechter, sozialer und inklusiver als Ort des alltäglichen Lebens gewinnt an Bedeutung. Es werden zu zentralen Anlaufpunkten im Quartier werden. Zusätzlich können etablieren, in denen Alltagsangebote und Dienstleistungen gebün- Quartiersentwicklung unterstützen Senior*innen und weitere Nahversorgungsangebote und soziale wie auch verkehrliche Infra- sie sich auch als soziale und kulturelle Veranstaltungs- und Begeg- delt sind. Auch aus solchen Orten mit z. B. „Ankerkiosken“ können Anwohner*innen ortsnah im Quartier, indem sie die Angebote ver- struktur im unmittelbaren Umfeld benötigt oder auch Unterstüt- nungsorte im Quartier etablieren. Quartierszentren entstehen, wenn sie niedrigschwellig zugänglich netzen, Maßnahmen umsetzen, Angebote in die Haushalte tragen, zungsdienste, die nach Hause kommen. sind und dabei unterstützt werden, ihre Angebote bedarfsorientiert neue Ehrenamtliche gewinnen, Nachbarschaften aktivieren oder Insgesamt kommt einem Quartierszentrum die Aufgabe weiter zu entwickeln. auch bei Problemlagen unterstützen und Hilfeangebote vermitteln. Hannovers Quartiere sind die Orte, in denen die Menschen im zu, Austausch und Begegnung zu ermöglichen, Wohnen, sozialen Nahraum leben und in denen das alltägliche Leben mit Leben und Pflegen zu unterstützen und anzubieten, eine Lebendige Nachbarschaften sind das Herz eines funk- Digitale Plattformen und Tauschbörsen helfen dabei, dass sich seinen Aktivitäten wie z. B. Einkaufen, Arzt-/Ärztinbesuch, Ver- positive Entwicklung mit Blick auf Teilhabe, Vielfalt, Präven- tionierenden sozialen Nahraums. Wichtig für die Quartiers- Nachbarschaften vernetzen und nachbarschaftliches Engagement einsleben stattfindet. Eine der wichtigen Zielsetzungen dieses tion und soziale Stadtentwicklung anzustoßen und letztlich entwicklung und auch für die Entwicklung von Quartiers- gefördert wird. Der Umgang mit digitalen Strukturen muss ermög- Senior*innenplans ist es deshalb, die wichtigsten und notwendigen die Lebensqualität aller Anwohner*innen zu steigern. zentren ist daher die Vernetzung der lokalen Akteur*innen licht und erlernt werden. Hier können Quartierszentren wiederum Hilfen und Angebote dezentral zu organisieren, damit Bedarfe und des Stadtteils, um die Infrastrukturangebote zusammen einen wichtigen Beitrag leisten und Lern- und Erfahrungsorte Bedürfnisse dort gedeckt werden, wo sie entstehen und jede/r so Der Fokus der Quartierszentrenbildung liegt auf der Belebung von weiter zu entwickeln. Dafür sind stabile Kooperationen und einrichten. lange wie möglich im angestammten Wohnquartier und Zuhause Nachbarschaften, dem Auf- und Ausbau von Begegnungsorten, Netzwerke zu bilden, die gemeinsam den Auf- und Ausbau wohnen bleiben kann. der Unterstützung vor Ort sowie auf der Einbindung des nachbar- von Quartierszentren unterstützen. Auch hier ist das Ziel, schaftlichen Engagements. Die Akteur*innen vor Ort sollen besser möglichst kleinräumige Hilfestrukturen zu schaffen. Mit der alter(n)sgerechten Quartiersentwicklung sollen soziale miteinander vernetzt werden. Infrastrukturen, die ein möglichst langes, selbstständiges Leben Maßnahmen und Projekte zur Quartiersentwicklung helfen, dass in den eigenen vier Wänden ermöglichen, gemeinsam und vor Es gibt keinen Standardtypus eines Quartierszentrums. Jede Quar- sich Menschen in der Nachbarschaft durch Begegnung und klein- Ort alter(n)sgerecht weiterentwickelt werden. Eine soziale und in- tierszentrenbildung mit dem Fokus alter(n)sgerechte, soziale und räumige Strukturen besser kennen- und verstehen lernen. Der klusive Quartiersentwicklung berücksichtigt dabei die unterschied- inklusive Quartiersentwicklung muss auf das jeweilige Quartier, soziale Zusammenhalt wird gestärkt, bestehender Anonymität lichen Bedarfe und Bedürfnisse der Menschen in ihrer Vielfalt; den jeweiligen Standort zugeschnitten werden. Unterstützend bei und Vereinsamung kann entgegengewirkt werden, eine Kultur des seien es junge, alte, behinderte, nicht behinderte, arme oder reiche der Festlegung, was ein Quartierszentrum umfassen und leisten Helfens und des Engagements kann sich herausbilden. Mit Orten Quartiersbewohner*innen sowie Menschen mit unterschiedlichen sollte, ist die Analyse des Sozialraums. Wichtige Sozialindikatoren, und Gelegenheiten der Begegnung kann erreicht werden, dass die ethnischen und kulturellen Hintergründen. wie z. B. Altersstruktur des Stadtteils, Anteil der Anwohner*innen diversen Bevölkerungsgruppen näher zusammenrücken und soziale mit Migrationshintergrund, Anteil der Transferleistungsempfän- und kulturelle Barrieren und Vorbehalte abgebaut werden. Es Ein Motor von Quartiersentwicklung ist die Entwicklung von ger*innen, bilden eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für können alle Bevölkerungsgruppen und Quartiersbewohner*innen Quartierszentren. Für ein Quartierszentrum ist kennzeichnend, das weitere sozialplanerische Vorgehen. Nach einer Analyse der von einer solchen Entwicklung der Quartiere profitieren – nicht nur dass dort durch den Zusammenschluss vielfältiger Angebote auch vorhandenen Infrastruktur können sozialpolitische Bedarfe identi- Senior*innen. ein Ort der Begegnung und der Kommunikation entsteht. Um für fiziert werden. Der jeweilige lokale Standort ergibt sich nicht selten möglichst viele Anwohner*innen offen zu sein, soll es als ein Ort im Zusammenspiel der Bedürfnisse von Anwohner*innen und der für inter- und intragenerativen Austausch, kulturelle Vielfalt und vor Ort ansässigen Träger*innen von z. B. Pflegeeinrichtungen und inklusive Gestaltungsräume konzipiert und der Zugang barrierefrei anderen Einrichtungen, die sich an der Zentrenbildung beteiligen sein. Geplant ist, dass die Räumlichkeiten eines Quartierszentrums und die bereits im Quartier aktiv sind. Interessierten aus dem Quartier zur Verfügung stehen. Ein weiterer Aspekt von Quartierszentrenbildung liegt in der Im Sinne der alter(n)sgerechten Quartiersentwicklung bieten sich pflegerischen Versorgung. Um die Trennung von stationärer und für die Entstehung von Quartierszentren vornehmlich bereits be- ambulanter Pflege aufzubrechen, werden sektorenverbindende stehende Einrichtungen für Senior*innen und Anwohner*innen an. Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen angestrebt. So kann in Insbesondere Pflegeeinrichtungen sind prädestiniert, als Quartiers- Quartierszentren in Trägerschaft von Pflegeeinrichtungen beispiels- zentren zu fungieren. Sie bieten mit ihrer Infrastruktur (z. B. Lang- weise eine Versorgung ins Quartier aus den stationären Pflegeein- zeitpflegeplätze, Tagespflege, Veranstaltungsräume, Mittagstisch, richtungen heraus stattfinden und es können damit sektorenver- Friseur, Krankengymnastik, Außenanlagen) die idealen Voraus- bindende Leistungen erbracht werden. 13 14
Anhang Vorschläge und Ideen aus den Beteiligungsprozessen zur Umsetzung der Leitsätze Leitsatz I Leitsatz II Die Förderung alter(n)sgerechten Wohnens ermöglicht Das Quartier als der soziale Nahraum wird alter(n)sgerecht auch bei steigendem Hilfebedarf den Verbleib im gewohnten weiterentwickelt und Quartierszentren mit Begegnungsräu- sozialen Umfeld. men, Beratungs-, Informations-, Kultur-, Versorgungs- und Bewegungsangeboten werden auf- und ausgebaut. Handlungsfeld Vorschläge und Ideen Handlungsfeld Vorschläge und Ideen Alter(n)gerechtes Projektideen und Versuchsprojekte zum Thema Wohnungstausch und gemeinschaft- Quartiere nachhaltig Als Grundlage der weiteren Quartiersentwicklungsplanung wird ein stadtweiter Wohnen fördern liches Wohnen entwickeln fördern Überblick über sozialräumliche Strukturen und bestehende Angebote erarbeitet Alternative Wohnformen besser unterstützen Projekt „Wohnen für Hilfe“ stärker bekannt machen Projekt „Wohnen für Hilfe“ stärker bekannt machen Pflegeeinrichtungen und Orte der Senior*innenarbeit durch Öffnung in die Nachbar- schaft und Vernetzung mit Akteur*innen des Stadtteils zu Quartierszentren weiter- Eine Übersicht und Ideenpool verschiedener Wohnformen erstellen und auf der entwickeln Homepage www.seniorenberatung-hannover.de veröffentlichen Stabile Netzwerke ausbauen Stabile Kooperationen und Netzwerke nutzen, die gemeinsam die Quartierszentren Kooperation mit Wohnungsunternehmen vor Ort ausbauen unterstützen Nachbarschaft durch kontinuierliche Beteiligung und Gremienarbeit vernetzen Internationalisierung Ausbau der Wohnberatung in Kombination mit Beratung für digitalgestütztes Wohnen Mit Multiplikator*innen arbeiten Nahversorgung sichern (Pflege-) Einrichtungen als Veranstaltungsorte im Quartier etablieren und dort verschie- dene Dienstleistungen vorhalten (Friseur*innen, Krankengymnastik, Mittagstisch …) Mobilität fördern, um Wege zu ermöglichen Begegnungsmöglichkeiten Neutrale Orte der Begegnung/Nachbarschaftstreffs einrichten (niedrigschwellig, kein schaffen Konsumzwang, günstige Versorgung, z. B. Cafés betreiben oder Ankerkioske einrich- ten (auch durch Senior*innen selbst) Vorhandene Räume und Außenanlagen im Quartier für vielfältige Begegnungen öffnen. Nachbarschaftshilfe und Einrichtung und Nutzung digitaler Tauschbörsen Engagement fördern Gemeinsames Gestalten und optisches Aufwerten des Quartiers, z. B. Pflanzaktionen 15 16
Anhang Vorschläge und Ideen aus den Beteiligungsprozessen zur Umsetzung der Leitsätze Leitsatz III Leitsatz IV Generationenverbindende Angebote und Projekte fördern Eine Pflegebedürftigkeit darf nicht zu Exklusion führen den Generationendialog und schaffen Möglichkeiten der und wird bei allen Maßnahmen der Senior*innenplanung inter- und intragenerativen Begegnung. mitgedacht. Handlungsfeld Vorschläge und Ideen Handlungsfeld Vorschläge und Ideen Generationen Angebote der Senior*innenarbeit generationsübergreifend konzipieren bzw. Pflegende Angehörige Pflegende Angehörige mit ehrenamtlichen Angeboten entlasten im Alltag verbinden Nachmittags- und Abendveranstaltungen öffnen unterstützen Begleitung pflegender Angehöriger von Menschen mit Demenz; Aufsuchen in ihrer Nachbarschaftsarbeit zur Förderung inter- und intragenerativen Zusammenlebens Häuslichkeit zur Beratung und Unterstützung Mehrgenerationen-Wohnprojekte unterstützen und vernetzen Angebote zur Selbstsorge von pflegenden Angehörigen entwickeln Die Belange von Senior*innen in Stadtentwicklungsprozessen stärker berücksichtigen Versorgungslandschaft „Pflegetisch“ als Austauschmöglichkeit weiterführen stärken und vernetzen Generationen Intergenerative Angebote in den Bereichen Kultur und Bildung, Sport- und Freizeit- Vernetzung der Pflegedienste untereinander unterstützen durch gemeinsame gestaltung entwickeln Themen verbinden Über Angebote informieren Anbieterneutrale Pflegeberatung, auch mehrsprachig Generationsübergreifende Angebote und Projekte anbieten, z. B. in Kooperation von Schulen und Senior*inneneinrichtungen, u. a. zum Thema Digitalisierung Über digitale Angebote für Pflegebedürftige (z. B. Virtual-Reality-Brille, technikge- stützte Assistenzsysteme) informieren Bewohner*innenrechte stärken Rolle der Bewohner*innenvertreter*innen in Pflegeeinrichtungen stärken 17 18
KERNTHEMA 2.1 02 Armut – finanzielle Situation im Alter Silke Mardorf Warum sind immer mehr Menschen im Alter von Armut betroffen – auch in Hannover? Wie wird Armut definiert und gemessen? Ist Altersarmut allein das Resultat individueller Erwerbs- und Beitragsbiografie? Oder gibt es auch struktu- relle Ursachen? Altersarmut hat viele Facetten: Diese Expertise fasst den aktuellen Stand (Stand 9/2021) und Eckzahlen zur Situation und Entwick- lung für Hannover zusammen – siehe Infokasten – und skizziert am Ende strukturelle Hebel und kommunale Strategien. Der Beitrag zielt auf die Weiterentwicklung hannoverscher Handlungsansätze im Rahmen des Senior*innenplans 2021. Armut im Alter: Heute und morgen Teilhabe und Engagement Die gesetzliche Altersrente: Grundsicherungsquote im Alter: Der durchschnittliche Rentenzahlbetrag betrug 2020 bei Männern Immer mehr Menschen müssen im Alter finanzielle Unterstützung 1.171 Euro und bei Frauen 827 Euro im Monat (BMAS 2021). Die beantragen, weil ihre Rente nicht ausreicht. Das geht aus der Sta- gesetzliche Rente ist die wichtigste, nicht aber die einzige Ein- tistik zur sozialen Mindestsicherung hervor und betrifft alle Länder kommensquelle im Alter: Sie wird teilweise mit Betriebs- oder Deutschlands, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß: In Nieder- Privatrenten, Beamtenpensionen oder Wohneigentum (mietfrei sachsen (2020) beziehen 3,3 Prozent der Rentnerinnen und 3,3 Wohnen im Alter) oder anderen Vermögensarten kombiniert sowie Prozent der Rentner Grundsicherung im Alter (Statistische Ämter mit Einkommen weiterer Haushaltsmitglieder oder Hinterbliebe- des Bundes und der Länder 2020b). Zur Situation und Entwicklung nenrenten (-pensionen). Insofern reicht der alleinige Blick auf die in Hannover, siehe Infokasten. gesetzliche Rentenhöhe nicht, um Altersarmut abzulesen. Blick in die Zukunft: Die Armutsgefährdungsgrenze: Immer mehr Rentner*innen kommen auf immer weniger Beitrags- Hier fließt das gesamte Einkommen eines Haushalts ein. Dazu ge- zahler*innen. Dieses drückt sich beispielsweise im Altenquotienten hören Einkommen aus Erwerbsarbeit und Vermögen, Mieteinnah- aus: In Hannover kommen auf hundert 18 - 59-Jährige rund 41 men, Renten und Pensionen sowie Leistungen wie Wohngeld oder der Generation 60 plus, siehe Infokasten. Die umlagefinanzierte Grundsicherung im Alter. Die Armutsgefährdungsschwelle lag 2019 Rentenversicherung (Generationenvertrag) stößt zunehmend an in Niedersachsen für einen Einpersonenhaushalt bei 1.049 Euro. ihre Grenzen und ist – jedenfalls in ihrer derzeitigen Höhe und für Das Gesamteinkommen wird nach einem festgelegten Schlüssel künftige Generationen – eben doch nicht „sicher“. Hinzukommt, auf alle Haushaltsmitglieder verteilt und dabei berücksichtigt, dass die sogenannte „Rentenlücke“ infolge der Rentenreform dass Zwei- und Mehrpersonenhaushalte Einsparungen gegenüber nur durch private Vorsorge geschlossen werden kann. Das ist für Alleinlebenden haben. Demnach sind 2019 in Niedersachsen 17,9 Geringverdienende mindestens schwierig, meist unmöglich. Prozent der Frauen im Alter von 65 Jahren und älter und 12,4 Aber auch für mittlere Einkommensklassen zeigt sich: Die langan- Prozent der Männer selben Alters armutsgefährdet, mit deutlich dauernde Niedrigzinsphase und die steigenden Immobilienpreise steigender Tendenz bei Frauen (Statistische Ämter des Bundes und sowie zuletzt die Corona-Pandemie erschweren die private (anlage- der Länder 2020a). basierte) Altersvorsorge oder die Wohneigentumsbildung. 20
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