SITUATIONSBERICHT 2019/20 - TRENDS UND FAKTEN ZUR LANDWIRTSCHAFT - Deutscher Bauernverband eV
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft SITUATIONSBERICHT 2019/20 TRENDS UND FAKTEN ZUR LANDWIRTSCHAFT 1
I01 M PLandwirtschaft RESSUM und Gesamtwirtschaft Situationsbericht 2019/20 Trends und Fakten zur Landwirtschaft www.situationsbericht.de Herausgeber: Deutscher Bauernverband e.V. Claire-Waldoff-Straße 7 · 10117 Berlin in Kooperation mit LAND-DATA GmbH Wedekindstraße 9 – 11 · 27374 Visselhövede und AMI Agrarmarkt-Informations-GmbH Dreizehnmorgenweg 10 · 53175 Bonn sowie mit Unterstützung von Landwirtschaftliche Rentenbank Hochstraße 2 · 60313 Frankfurt a. M. Dezember 2019 (Redaktionsschluss: 3. Dezember 2019) Bearbeitung: Dr. Peter Pascher, Udo Hemmerling, Silke Naß, Simon Stork Deutscher Bauernverband Infografiken: AMI Agrarmarkt-Informations-GmbH, Bonn Sabine Dräbing, Meckenheim dieMAYREI GmbH, Donauwörth Hermann Rohr, Meldorf Satz: Rohr – KommunikationEventAGRAR, Meldorf Titelbild: c. Alexis (pixabay) Schutzgebühr: 15,– EUR ISBN 978-3-9820166-1-0 2
VORWORT 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Die Stimmungslage in der deut- geschlossen werden. Es ist positiv, schen Landwirtschaft ist zum dass der Bund zusätzliche För- Jahresende 2019 ausgesprochen dermittel für Veränderungen der angespannt und die Investitions- Landwirtschaft bereitstellt. Diese bereitschaft der Landwirte so können jedoch erst ihre Wirkung niedrig wie lange nicht mehr. entfalten, wenn Landwirte wieder Nur 30 Prozent von ihnen wollen mehr Vertrauen in die Zukunft fas- dem Konjunkturbarometer Agrar sen und zusätzliche gesellschaft- zufolge in den kommenden sechs liche Anforderungen tatsächlich Monaten investieren. Weder von honoriert werden. den Agrarmärkten noch von der Agrarpolitik gehen derzeit positive Die gesellschaftliche Diskussion Signale aus. Wie kann diese Ver- um Landwirtschaft und Ernährung unsicherung gelöst werden und ist intensiver geworden. Dafür damit ein Impuls für Investitionen braucht es mehr denn je Daten und in verbesserte Bewirtschaftungs- Fakten. Hierzu soll der Situations- methoden und mehr Tierwohl bericht des Deutschen Bauernver- entstehen? bandes beitragen. Zur wirtschaftli- chen Lage: Nach einer Erholung in Landwirte erwarten fachlich und den Wirtschaftsjahren 2016/17 und wissenschaftlich fundierte und 2017/18 hat sich die wirtschaftliche gleichzeitig praxistaugliche Vorga- Situation der deutschen Landwirt- ben und Verlässlichkeit in den poli- schaft im Wirtschaftsjahr 2018/19 tischen Rahmenbedingungen. Ziel- wieder deutlich verschlechtert. konflikte sind abzuwägen. Das gilt Die Auswirkungen der Dürre 2018 für Düngung und Pflanzenschutz schlagen sich in den Büchern nie- ebenso wie für Genehmigungsver- der. Im Durchschnitt der Haupt- fahren beim Bau von Ställen. Im erwerbsbetriebe verschlechterte Natur- und Gewässerschutz müs- sich das Unternehmensergebnis sen kooperative Lösungen mit den um knapp ein Fünftel auf 54.900 Landwirten Vorfahrt vor Verboten Euro je Betrieb bzw. 38.400 Euro je haben. Bürokratie sollte dringend Arbeitskraft. Die durchschnittlichen abgebaut werden. In der digitalen Nettoinvestitionen je Betrieb lagen Infrastruktur müssen Lücken zügig in den vergangenen drei Wirt- 3
V01OLandwirtschaft RWORT und Gesamtwirtschaft schaftsjahren bei nur 7.300 Euro das Ziel, ebenso eine nationale hohen und kostenintensiven euro- jährlich. Für das laufende Wirt- Förderung von Mehrgefahrenver- päischen Standards wirtschaften, schaftsjahr 2019/20 ist mit Ausnah- sicherungen prioritär für Sonder- wenn Agrarimporte aus Südameri- me der Schweinehaltung nicht mit kulturen. ka in die EU gelangen, die hiesige einer wesentlichen Verbesserung Anforderungen bei Umwelt- und der Unternehmensergebnisse zu In der EU-Agrarförderung muss die Klimaschutz, beim Antibiotika- rechnen. neue politische Führung der Euro- einsatz und beim Pflanzenschutz päischen Union nun einen stabilen nicht erfüllen. Der Klimaschutz drängt. Der Agrar- Mehrjährigen Finanzrahmen und sektor ist hier gleichzeitig Betrof- eine GAP anstreben, die auf Anrei- Dieser Situationsbericht analysiert fener, Emittent und Problemlöser. ze und Kooperation statt überbor- neben den Agrarmärkten auch Die globale Ernährung muss auch dender Auflagen setzt. Dafür sind besonders Entwicklungen beim in Zeiten stärkerer Wetterextreme zwei Übergangsjahre 2021 und Klimawandel, bei den Agrarstruktu- gesichert werden. Der Bund hat 2022 notwendig. Die Landwirte ren und beim Verbraucherverhal- nun ein Klimapaket auf den Weg erwarten vor allem eine einfachere ten. Die Buchführungsergebnisse gebracht, das für den Zeitraum und effektivere Agrarförderung. wurden in Zusammenarbeit mit der bis 2023 Fördermaßnahmen von Eine „grünere“ GAP erfordert ein LAND-DATA GmbH ausgewertet. knapp 1,3 Milliarden Euro für die stabiles Budget. Die AMI Agrarmarkt Informa- Land- und Forstwirtschaft enthält. tions-Gesellschaft hat umfang- Vieles davon hat der Deutsche Das geplante Handelsabkom- reiche Marktdaten bereitgestellt. Bauernverband bereits in seiner men zwischen der EU und dem Allen, die am Situationsbericht Klimastrategie 2.0 vorgeschlagen. Mercosur ist nicht nachhaltig. Es mitgewirkt haben, sei an dieser Gleichwohl werden die Möglich- gefährdet die Zukunft landwirt- Stelle herzlich gedankt. keiten durch biogene Kohlen- schaftlicher Betriebe, die unter stoffbindung und -senken sowie Bioenergie nicht annähernd ausge- schöpft. Beim landwirtschaftlichen Risiko- management sind Fortschritte erkennbar. Dazu zählen die er- mäßigte Versicherungsteuer für Dürrerisiken sowie die dreijährige Gewinnglättung in der Einkommen- steuer. Eine allgemeine Gewinn- Joachim Rukwied rücklage für landwirtschaftliche Präsident des Deutschen Bauern- Risiken in der Steuerbilanz bleibt verbandes 4
INHALT 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1–Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 6 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors 7 1.2 Jahrhundertvergleich 16 1.3 Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise 20 1.4 Ernährungswirtschaft 26 1.5 Lebensmittelhandel und Verbrauchertrends 32 1.6 Ökologischer Landbau 42 1.7 Bioenergie und Nachwachsende Rohstoffe 48 2–Ressourcenschutz und Klima 54 2.1 Flächennutzung 55 2.2 Nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden 58 2.3 Klimaschutz 65 2.4 Folgen des Klimawandels 69 3–Agrarstruktur 74 3.1 Kapitaleinsatz 75 3.2 Boden- und Pachtmarkt 77 3.3 Betriebe und Betriebsgrößen 83 3.4 Betriebs- und Rechtsformen 93 3.5 Arbeitskräfte, Auszubildende und Hofnachfolge 97 3.6 Agrarstrukturen in der EU 104 4–Agrarpolitik und Agrarförderung 108 4.1 EU-Agrarhaushalt / Mehrjähriger Finanzrahmen 109 4.2 Weiterentwicklung der GAP nach 2020 117 4.3 GAP-Direktzahlungen und Greening 121 4.4 Zweite Säule – Förderung ländlicher Räume 126 4.5 Bundesagrarhaushalt und Agrarsubventionen 131 5–Fakten zur wirtschaftlichen Lage der Landwirtschaft 138 5.1 Konjunkturentwicklung 139 5.2 Buchführungsergebnisse 145 5.3 Landwirtschaftliche Gesamtrechnung 160 6–Erzeugung und Märkte 162 6.1 Pflanzliche Erzeugung 163 6.2 Tierische Erzeugung 183 6.3 Betriebsmittel / Futtermittel 210 7–Internationale Agrarentwicklung 216 7.1 Agrarpreise und Agrarrohstoffmärkte 217 7.2 Agraraußenhandel 228 Abkürzungen / Stichwortverzeichnis 237 5
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors 1 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors 7 1.2 Jahrhundertvergleich 16 1.3 Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise 20 1.4 Ernährungswirtschaft 26 1.5 Lebensmittelhandel und Verbrauchertrends 32 1.6 Ökologischer Landbau 42 1.7 Bioenergie und Nachwachsende Rohstoffe 48 6
1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors Hohe wirtschaftliche Leistung der Landwirtschaft Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei ist als Teil der Volkswirt- schaft in Deutschland nach wie vor ein bedeutender Wirtschafts- bereich. Ihr Anteil an der Brutto- wertschöpfung macht heute (2018) zwar nur 0,9 Prozent und an den Erwerbstätigen rund 1,4 Prozent aus, doch ist die volkswirtschaftli- che Bedeutung der Landwirtschaft wesentlich größer. Die deutsche Land-, Forstwirtschaft und Fischerei erzielte 2018 einen Produktions- wert von 58,8 Milliarden Euro. Das ist erheblich mehr als der Produk- tionswert des gesamten deutschen Textil-, Bekleidungs- und Schuhge- werbes mit 23,4 Milliarden Euro, des Papiergewerbes mit 39,9 Milli- arden Euro oder der pharmazeuti- schen Industrie mit 41,4 Milliarden Euro. Einkäufe der Landwirtschaft stützen die übrige Wirtschaft Landwirte fragen viele Betriebsmit- tel, Investitionsgüter und Dienst- leistungen nach. Es sind vor allem kleinere und mittlere Betriebe aus Handel, Handwerk und Gewerbe, die wirtschaftlich stark mit der Landwirtschaft verbunden sind. Viele Höfe nutzen darüber hinaus eine breite Palette von Dienst- leistungen. Diese reichen von der 7
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors Volkswirtschaftliche Eck- daten des Sektors Land-, Forstwirtschaft und Fischerei (2018) • Produktionswert: 58,8 Milliar- den Euro (- 1,8 Prozent gegen- über 2017) • Bruttowertschöpfung: 25,7 Milliarden Euro (- 4,7 Prozent gegenüber 2017) • Erwerbstätige: 608.000 Perso- nen (- 1,1 Prozent gegenüber 2017) • Bruttowertschöpfung je Er- werbstätigen: 42.280 Euro (- 3,6 Prozent gegenüber 2017) Beratung über Wartungsarbeiten Investitionen in Bauten und Ma- Quelle: Statistisches Bundesamt bis hin zu Tiergesundheits- und schinen entfallen. Zu den betriebs- Qualitätsüberwachung. Die pro- bedingten Ausgaben kommen u.a. duktionsbedingten Ausgaben der die privaten Konsumausgaben der deutschen Landwirtschaft betrugen Land- und Forstwirte hinzu, die im Jahr 2018 43,1 Milliarden Euro, sich 2018 auf 7,1 Milliarden Euro wovon 10,0 Milliarden Euro auf beliefen. Jeder 10. Arbeitsplatz steht mit dem Agribusiness in Verbin- dung Das Agribusiness umfasst die gesamte Lebensmittelkette und damit alle Schritte von der Ur- produktion bis zum Verbraucher: Die Landwirtschaft gewinnt mit Produktionsmitteln aus den vor- gelagerten Wirtschaftsbereichen die pflanzlichen und tierischen Rohstoffe, die vom Ernährungsge- werbe, also dem Handwerk und der Industrie, weiterverarbeitet werden. Hinzu kommen der Le- bensmittelgroß- und -einzelhandel sowie die Gastronomie. 8
1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Das Agribusiness ist einer der bedeutendsten Wirtschafts- zweige Das Agribusiness hatte in 2018 in rund 700.000 Betrieben insgesamt 4,6 Millionen Beschäftigte. Damit sind gut 10 Prozent aller Erwerbs- tätigen in Deutschland direkt oder indirekt damit beschäftigt, Men- schen mit Essen und Trinken zu ver- sorgen bzw. pflanzliche Rohstoffe für Nicht-Nahrungsmittelzwecke zu erzeugen. Ein Großteil dieser Ar- beitsplätze – vor allem in Landwirt- schaft, Gastronomie, Handwerk und Einzelhandel – ist im ländlichen Raum angesiedelt. Mit zahlreichen attraktiven Ausbildungsberufen und -plätzen stellt das Agribusi- Landwirtschaftlicher Erwerbs- Land-, Forstwirtschaft und Fischerei ness jeden 9. Ausbildungsplatz in tätigenanteil bei 1,4 Prozent aus. 42 Prozent der Erwerbstäti- Deutschland. So starten jedes Jahr gen in der Landwirtschaft sind als rund 150.000 junge Menschen im In Deutschland übten im Jahr 2018 eigenständige Unternehmer tätig. Agribusiness in ihr Berufsleben. 608.000 Personen oder 1,4 Prozent Ihr Anteil an den Selbständigen in aller Erwerbstätigen ihre über- Deutschland beläuft sich auf 6,0 Schlüsselbranche Land- wiegende Erwerbstätigkeit in der Prozent. Gemessen am gesamten wirtschaft Der Erwerbstätigenanteil der Land- wirtschaft am gesamten Agribusi- ness beträgt gut 12 Prozent. Das heißt: Einem landwirtschaftlichen Arbeitsplatz stehen sieben weite- re Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbe- reichen gegenüber. Das gesamte Agribusiness erbrachte 2018 einen Produktionswert von geschätzten 499 Milliarden Euro oder 8 Prozent des gesamtwirtschaftlichen Pro- duktionswertes. Gemessen an der volkswirtschaftlichen Bruttowert- schöpfung beträgt der Anteil des Agribusiness knapp 7 Prozent. 9
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors Arbeitsvolumen der deutschen Wirtschaft beträgt der Anteil der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei 1,7 Prozent. Selbständige arbeiten länger Ein Erwerbstätiger in Deutsch- land arbeitete im Jahr 2018 nach Angaben des Statistischen Bun- desamtes im Durchschnitt 1.390 Stunden. Überdurchschnittlich hoch fällt die Stundenzahl in der Land- und Forstwirtschaft mit 1.742 Stunden aus. Mit 2.285 Stunden liegen auch die Arbeitszeiten von Selbständigen in der Land- und Forstwirtschaft deutlich höher als bei den Selbständigen in der übri- gen Wirtschaft mit 1.889 Stunden. Der Einsatz moderner Technik hat maßgebend dazu beitragen, dass körperliche Arbeit und Arbeitszei- ten in der Landwirtschaft deutlich zurückgegangen sind. Der Umgang mit Natur, Umwelt und Tieren er- fordert allerdings eine relativ hohe zeitliche Flexibilität. Arbeitsproduktivität der Landwirtschaft relativ stark gestiegen Gemessen an der Bruttowertschöp- fung je Erwerbstätigen hat der Agrarsektor in Deutschland seine Produktivität in den letzten 20 Jah- ren stark gesteigert (+ 67 Prozent). Zum Vergleich: Im Durchschnitt der deutschen Wirtschaft stieg die Produktivität um 42 Prozent. In absoluten Zahlen bleibt jedoch ein Abstand zu anderen Wirtschaftsbe- reichen. 10
1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Moderne Landtechnik aus Deutschland stark gefragt Die Landtechnik-Industrie ist ein wichtiger Vorlieferant der Land- wirtschaft. In der Branche sind über 200 Unternehmen mit rund 31.500 Beschäftigten tätig. 2018 wurde in Deutschland Landtechnik im Wert von 6,2 Milliarden Euro verkauft. Ein Fokus der gegenwärtigen tech- nologischen Entwicklung liegt auf der Vernetzung, Automatisierung und Autonomisierung von Arbeits- prozessen. Für 2019 wird mit einem Industrie-Umsatz von 8,5 Milliar- den Euro gerechnet; das wären markt wenig Veränderung zeigte, Lohnunternehmen und etwa 2 Prozent weniger als im entwickelte sich das Werkstatt- und Maschinenringe senken die Vorjahr. 2018 erreichte die Indus- Teile-Geschäft leicht positiv. Technikkosten trie am Standort Deutschland mit 8,6 Milliarden Euro ein historisches Lohnunternehmen sind landtech- Allzeithoch. Das Exportgeschäft nische Dienstleister der Landwir- macht im Branchendurchschnitt te. 3.400 Lohnunternehmer mit rund 76 Prozent der Umsätze aus. 18.500 fest angestellten Mitarbei- tern und gut 15.000 saisonalen Landtechnik-Handwerk und -Handel als Bindeglied Die rund 5.600 in den Handwerks- rollen eingetragenen Landmaschi- nen-Fachbetriebe machten mit ihren knapp 44.400 Mitarbeitern 2018 einen Umsatz von rund 9,1 Milliarden Euro. Das war gegen- über dem Vorjahr ein leichtes Minus. Für 2019 rechnet der Land- BauTechnik Bundesverband für das Landtechnik-Handwerk und den Landtechnik-Handel mit wei- ter leicht verringerten Umsätzen. Während die Umsätze im Neuma- schinenbereich insgesamt hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind und der Gebrauchtmaschinen- 11
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors Aushilfen erzielten 2018 einen Umsatz von etwa 3,4 Milliarden Euro, davon 2,2 Milliarden Euro im Einsatz für Land- und Forstwirte. Der landwirtschaftliche Umsatz war 2018 infolge der Auswirkungen der Dürre deutlich rückläufig. Für 2019 wird mit einem mehr oder minder stabilen Branchenumsatz gerechnet. Die Aufgaben werden anspruchsvoller, zum Beispiel im Bereich Biogasanlagen, bei der Gülleausbringung, in der Kom- plettbewirtschaftung, aber auch in der Bodenbearbeitung oder Dün- gung mit Spezialtechnik. Die von Landwirten gegründeten 240 Ma- schinenringe mit 187.300 landwirt- schaftlichen Mitgliedsbetrieben er- wirtschafteten 2018 mit ihren rund 3.400 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro. Mit dem Ziel, Maschinen besser auszulasten und zusätzliche Erwerbsquellen zu erschließen, haben sich die Ma- schinenringe in vielen Regionen zu einem bedeutenden Wirtschafts- faktor entwickelt. Landwirtschaft und ländliche Räume sind untrennbar mitein- ander verbunden Etwa 90 Prozent der Fläche Deutschlands zählen zu den ländli- chen Räumen. Rund 57 Prozent der Einwohner Deutschlands leben in Dörfern, Gemeinden und Städten auf dem Land. Ländliche Räume sind Lebensraum und Wirtschafts- standort. Sie umfassen land- und forstwirtschaftliche Nutzräume ebenso wie Natur- und Erholungs- räume. 12
1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Umfrage: Auf dem Land werden Dörfern und Kleinstädten mit 85 Beim Landleben besonders ge- Traditionen gelebt Prozent besonders hoch. Aber auch schätzt werden das Familienleben in Mittel- und Großstädten wollten statt Single-Dasein, nachbarschaft- Die große Mehrheit der Deutschen immerhin 45 Prozent der Befragten liches Miteinander statt anonymes findet das Leben auf dem Land at- doch lieber auf dem Land leben. Nebeneinander, traditionelle Wer- traktiver als das Leben in der Stadt. Eine von ARD-DeutschlandTREND te und eine hohe Lebensqualität Das geht aus einer repräsentativen im August 2018 durchgeführte Um- in Verbindung mit Natur, Erholung Umfrage des Meinungsforschungs- frage kommt zu ähnlichen Ergeb- und Freizeit. instituts infratest dimap aus 2018 nissen. 38 Prozent der Befragten hervor. Auf die Frage „Bevorzugen wünschten sich, unabhängig von Regionen im Wettbewerb Sie ein Leben in der Stadt oder auf ihrem persönlichen Wohnort, auf dem Land?“ sprachen sich 62 Pro- dem Dorf und entsprechend 40 Viele Gebiete stehen angesichts zent der mehr als 1.000 Befragten Prozent in der Kleinstadt zu leben. der demografischen Entwicklung, für das Leben auf dem Land aus, Nur gut ein Fünftel der Deutschen der Abwanderung vor allem junger nur 36 Prozent gaben an, lieber zieht das Leben in der Großstadt Menschen vor der Aufgabe, eine in der Stadt leben zu wollen. Der vor. selbsttragende wirtschaftliche Ent- Anteil der Landbefürworter war in wicklung und eine ausreichende Bevölkerungsentwicklung (2012–2017) Arbeitslosenqoute (2018)) 13
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Die Attraktivität ländlicher Räume als Arbeits-, Wohn- und Freizeit- räume wird zunehmend von der Verfügbarkeit schnellen Internets und der regionalen Anbindung an überregionale Verkehrsinfrastruk- turen geprägt. Das erleben auch landwirtschaftliche Betriebe, für die es besonders in Regionen mit rückläufigem Arbeitskräftepoten- tial schwieriger wird, Berufsnach- wuchs zu finden. Feld und Wald sind auch wert- voll für Freizeit und Tourismus Auf der Skala der Erholungsaktivi- täten rangieren die landschaftsbe- zogenen Freizeitaktivitäten vorn, wie Spazierengehen, Spielen im Freien, Wandern und Radfahren. Die Land- und Forstwirtschaft erhält und pflegt 28,9 Millionen Hektar Acker, Wiesen und Wald. Das sind 81 Prozent der Fläche. Deutschland ist damit als Kultur- landschaft geprägt. Landtourismus erfreut sich großer Beliebtheit Knapp 10.000 landwirtschaftliche Betriebe bieten bundesweit Ur- laub auf dem Bauernhof an. Diese Betriebe verfügen über 138.000 Beherbergungsangebote und gene- rieren jährlich rund 15,4 Millionen Übernachtungen. Hinzu kommen ca. 17.000 Schlafgelegenheiten im Campingbereich (600.000 Über- nachtungen) und 3.000 Schlafmög- lichkeiten in Heuherbergen (75.000 Übernachtungen). Jeder zweite 14
1.1 Wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Anbieter von Agrotourismus erwirt- schaftet mehr als ein Viertel seines Gesamtumsatzes aus der Beher- bergung, jeder Vierte sogar mehr als die Hälfte. Die Gäste von Ur- laub auf dem Bauernhof schätzen die Nähe zur Natur, die Schönheit der Kulturlandschaft und die per- sönliche Betreuung der Gastgeber. Auch landwirtschaftliche Produkte direkt vom Hof, das Bedürfnis nach Information über landwirt- schaftliche Themen und überhaupt authentische Einblicke in die Land- wirtschaft locken die Gäste. Etwa 4,5 Millionen Menschen machen jedes Jahr in Deutschland Urlaub auf dem Bauernhof und geben da- für knapp 900 Millionen Euro aus. bürger in einer funktionsfähigen Anteil höher (85 Prozent) als in den Beruf Landwirt genießt hohes Landwirtschaft einen wesentlichen Städten. Deutlich geringer fällt hin- Ansehen Bestandteil für die Lebensqualität gegen die Zustimmung zur „moder- und Lebensfähigkeit des Landes. nen Landwirtschaft“ aus, die von Für fast jeden zweiten Bundesbür- Bei der Emnid-Untersuchung von 61 Prozent der Befragten positiv ger zählt der Landwirtsberuf nach 2012 lag dieser Wert bei 78 Pro- bewertet wird. Das Bild der Bäue- einer Emnid-Untersuchung aus zent. Für mehr als vier Fünftel der rinnen und Bauern in der Bevölke- März 2017 zu denjenigen Berufen, Befragten ist „das bäuerliche Le- rung ist somit positiver als das der die „auch in Zukunft für die Ge- ben“ ein wichtiger Bestandteil der Landwirtschaft im Allgemeinen. sellschaft besonders wichtig“ sind. deutschen Kultur. Gegenüber 2012 Während sich die Landwirte 2012 ist das ein Plus von 9 Prozentpunk- Hohe gesellschaftliche Erwar- noch mit dem dritten Rang zufrie- ten. Zu gut zwei Drittel stimmen tungen an die Landwirtschaft dengeben mussten, finden sie sich die Deutschen der Aussage zu, dass damit inzwischen auf dem zweiten die heimische Landwirtschaft die Im Soll-Ist-Vergleich fällt das Urteil Rang wieder – nur Ärzte werden Versorgung mit Nahrungsmitteln der Bürger häufig auseinander. Die noch häufiger als wichtig erachtet. sichert. Erwartungen sind hoch. Allerdings sind die Defizite gegenüber der Landwirtschaft wird wert- Image der Landwirtschaft und Emnid-Erhebung aus 2012 in fast geschätzt der Bauern differiert allen Bereichen deutlich kleiner geworden. Ausnahme ist der „ver- Die Wertschätzung der Landwirt- Rund 79 Prozent der Bevölkerung antwortungsvolle Umgang mit schaft hat sich in den vergangenen haben laut der Emnid-Erhebung Tieren“. Hier ist die Diskrepanz Jahren weiter erhöht. Nach der aus März 2017 ein positives Bild zwischen Soll und Ist nicht nur am Emnid-Untersuchung aus März von den Bäuerinnen und Bauern. größten, sondern im Zeitvergleich 2017 sehen 87 Prozent der Bundes- In ländlichen Regionen liegt dieser sogar gewachsen. 15
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.2 Jahrhundertvergleich 1.2 Jahrhundertvergleich Vor hundert Jahren war Deutschland noch Agrarstaat Zu Beginn des vorigen Jahrhun- derts lag der Anteil der in der Land- und Forstwirtschaft Erwerbstätigen bei 38 Prozent. Mit zunehmender Industrialisierung und mit der Ent- wicklung des Dienstleistungssek- tors sank der landwirtschaftliche Erwerbstätigenanteil fast konti- nuierlich. Dieser betrug Anfang der 50er Jahre 24 Prozent und im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhun- derts etwa 2 Prozent. 2018 lag der landwirtschaftliche Erwerbstäti- genanteil nur noch bei 1,4 Prozent. In den letzten 100 Jahren wurden enorme Produktivitäts- steigerungen erzielt Immer mehr Menschen werden von einem Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche ernährt. Der Hektarer- trag für Weizen zum Beispiel lag vor gut 100 Jahren bei 18,5 Dezi- tonnen. Heute (Durchschnitt 2013 bis 2018) liegt der Hektarertrag mit 77,9 Dezitonnen mehr als viermal so hoch. 16
1.2 Jahrhundertvergleich 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Ein Landwirt ernährt heute 140 Personen Ein Landwirt erzeugte 1900 Nah- rungsmittel in einem Umfang, um etwa 4 Personen ernähren zu können. 1950 ernährte ein Landwirt 10 und 2017 140 Personen (ohne Erzeugung aus Auslandsfuttermit- teln). Trotz dieser starken Produkti- vitätssteigerung blieb Deutschland stets ein Nettoimportland an Agrar- und Ernährungsgütern. 1900 lag der Selbstversorgungsgrad bei Nahrungsmitteln bei 87 Prozent. Am Anfang des 21. Jahrhunderts liegt der deutsche Selbstversor- gungsgrad bei starken jährlichen Schwankungen weiter deutlich unter 100 Prozent. Angesichts der Arbeitsteilung in einer globali- sierten Wirtschaft und der vom Verbraucher gewünschten Vielfalt ist der Selbstversorgungsgrad allerdings kaum noch von gesell- schaftspolitischer Relevanz. Fortschritt als Ursache für enor- me Produktivitätssteigerung Die enorme Erzeugungssteigerung hat ihre Ursache in der kontinu- ierlichen Weiterentwicklung der Produktionsweisen. Moderne Ma- schinen und Ställe, die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und Mineraldüngern sowie Zuchtfort- schritte bei Pflanzen und Tieren haben dazu geführt, dass die Land- wirte heute wesentlich stabilere und höhere Erträge erzielen als früher. 17
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.2 Jahrhundertvergleich Immer weniger Landwirte erzeugen immer mehr 1900 gab es im damaligen Reichs- gebiet noch über 5,6 Millionen Be- triebe mit gut 26 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche und 20,7 Millionen Großvieh- einheiten an Nutztieren. Das sind 0,79 Großvieheinheiten je Hektar. In dem heutigen Deutschland sind es 266.700 Betriebe (2018), die rund 16,7 Millionen Hektar Leistungen enorm gestiegen Brot und Brötchen gehören zu den Grundnahrungsmit- teln in Deutschland, etwa 81 Kilogramm werden pro Kopf und Jahr verzehrt. Damit ist Deutschland in der Europäi- schen Union Spitzenreiter. Dank der erheblichen Ertragssteige- rungen durch Züchtung und Anbautechnik „wachsen“ heute auf einem Hektar Weizen mit rund 80 Doppelzentner Ertrag etwa 9.400 Weizenbrote à 1 Kilogramm. Das Mehl von 850 Gramm Weizen reicht zum Ba- cken von einem Kilogramm Brot. In einem solchen Brot ist das Mehl von 17.000 Körnern ver- arbeitet worden. 16.000 Körner wachsen je Quadratmeter. Zur Ernte dieser Körnermenge hat der Landwirt im Herbst knapp 400 Körner ausgesät. Mehr als das 40-fache kann er somit im Sommer nach genügend Regen und Sonne und ackerbaulicher Pflege ernten. 18
1.2 Jahrhundertvergleich 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft landwirtschaftliche Nutzfläche bearbeiten und pflegen und 12,6 Millionen Großvieheinheiten hal- ten, was 0,75 Großvieheinheiten je Hektar entspricht. 1950 waren es in den Grenzen des heutigen Deutschlands entsprechend noch 15,2 Millionen Großvieheinheiten. Die aus den heute 12,8 Millionen Großvieheinheiten resultierende Gesamterzeugung liegt gegenüber dem weitaus flächengrößeren Deutschland in den Grenzen von 1900 um ein mehrfaches höher. Nur noch jeder siebte Euro für Nahrungs- und Genussmittel Im langfristigen Vergleich zeigt sich eine enorme Steigerung des Wohlstandes der Verbraucher. Anfang des 20. Jahrhunderts be- trug der Anteil der Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel am gesamten Konsum noch über 50 Prozent; heute beträgt dieser An- teil nur 14,0 Prozent (ohne Genuss- mittel 10,8 Prozent). Qualität und Verarbeitung der Nahrungsmittel haben sich in dieser Zeit enorm verbessert. 19
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.3 Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise 1.3 Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise Unterdurchschnittlicher Preisanstieg bei Nahrungs- mitteln in 2019 Die Inflationsrate, gemessen an der Veränderung des Verbraucher- preisindex gegenüber dem ent- sprechenden Vorjahreswert, lag in Deutschland 2018 bei 1,8 Prozent. Das Preisniveau für Nahrungsmittel stieg mit plus 2,3 Prozent deutlich stärker an. Für 2019 wird mit einer Inflationsrate von 1,5 Prozent und mit einem Preisanstieg bei Nah- rungsmitteln von etwa 1,0 Prozent gerechnet. Nahrungsmittelpreise waren langfristig gesehen eine Inflationsbremse Die Verbraucherpreise für Lebens- mittel sind über viele Jahre hinweg deutlich langsamer angestiegen als die Verbraucherpreise insgesamt. Im zurückliegenden Jahrzehnt allerdings stiegen die Nahrungs- mittelpreise fast ausnahmslos stärker an als die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Das hat sich 2019 wieder umgekehrt. Die Ent- wicklung der Nahrungsmittelpreise wirkte wieder inflationsbremsend. 20
1.3 Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Preise für Nahrungsmittel in Deutschland etwas über EU- Durchschnitt Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke waren 2018 in Deutsch- land 2 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt. Besonders hoch- preisig waren Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke in Däne- mark. Dort lagen sie in 2018 um 30 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Das Preisniveau eines vergleichba- ren Warenkorbs lag in Dänemark etwa doppelt so hoch wie in Ru- mänien (66 Prozent des EU-Durch- schnitts) oder Polen (69 Prozent). Verbraucher geben nur einen kleinen Teil ihres Einkommens für Nahrungs- und Genussmittel aus Die gesamten Verbraucherausga- ben beliefen sich 2018 auf 1.659 Milliarden Euro. Davon entfielen 231,9 Milliarden Euro oder 14,0 Prozent auf Nahrungs- und Genuss- mittel. Dazu kommen rund 71,5 Milliarden Euro für Verpflegung in Gaststätten und Kantinen. Der Anteil der Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel an den gesamten Konsumausgaben hat sich in den letzten Jahren kaum verändert, im langjährigen Zeitvergleich ist MUSTER dieser jedoch deutlich zurück- gegangen. Der Grund für diesen Langfristtrend liegt in den Einkom- menssteigerungen und in dem un- terdurchschnittlichen Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Der höhere Lebensstandard kommt besonders in zunehmenden Ausgaben für 21
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.3 Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise Wohnen, Verkehr, Freizeitaktivi- täten und Gesundheitspflege zum Ausdruck. Von einem Euro Verbraucher- ausgaben für Nahrungsmittel erhält der Landwirt heute nur noch 21 Cent Der Anteil der landwirtschaftlichen Verkaufserlöse an den Verbrau- cherausgaben für Nahrungsmittel inländischer Herkunft lag im Jahr 2018 bei 21 Prozent. Anfang der 70er Jahre lag der entsprechende Anteil mit 48 Prozent mehr als doppelt so hoch. Bei Milch und Milcherzeugnissen betrug der An- teil in 2018 34 Prozent, bei Fleisch- und Fleischwaren 22 Prozent. Am niedrigsten ist der Erlösanteil nach wie vor bei Brotgetreide und Brotgetreideerzeugnissen mit 4 Prozent. 22
1.3 Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Getreidepreise haben geringe Auswirkungen auf den Brotpreis Selbst landwirtschaftliche Erzeu- gerpreise für Backweizen von 200 Euro je Tonne stellen nur einen geringen Kostenfaktor bei der Brotherstellung dar. So entfallen bei einem Brötchen weniger als 7 Prozent des Preises auf seinen Ge- treideanteil. Für die Herstellung ei- nes Brötchens benötigt der Bäcker etwa 34 Gramm Mehl. Bei einem Ausmahlungsgrad von rund 75 Pro- zent sind das lediglich 45 Gramm Weizen. Um den Brötchenpreis um nur einen Cent anzuheben, müsste sich der Getreidepreis verdoppeln. Schwerwiegender in der Preiskal- kulation der Bäcker sind dagegen die Kosten für Energie und Arbeit. Seit 1950 sind die Löhne um das 24-fache und die Brotpreise um das 12-fache gestiegen – die Getreidepreise sind dagegen unverändert geblieben Von 1950 bis 2018 hat sich der Net- tostundenverdienst eines Industrie- arbeiters auf mehr als das 24-fache erhöht. Da die Brotpreise nur um das 12-fache gestiegen sind, kann sich der Industriearbeiter für seinen Stundenlohn heute (2018) doppelt so viel Brot kaufen wie noch vor 68 Jahren. Der Weizenerzeugerpreis lag 2018 in etwa auf dem Niveau von 1950; bezogen auf das End- produkt wie ein dunkles Mischbrot erlöst der Landwirt nur knapp 6 Prozent. Demgegenüber waren es 1950 entsprechend noch zwei Drittel des Brotpreises. Wären die 23
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.3 Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise Weizenpreise seit 1950 genauso stark gestiegen wie die Inflations- rate, dann könnten die Erzeuger für einen Doppelzentner (100 kg) heute (2018) etwa 91 Euro erlösen. Unterschiedliche Verbrauchs- entwicklungen bei den einzel- nen Nahrungsmitteln Der Verbrauch bei den einzelnen Nahrungsmitteln hat sich in den letzten Jahren unterschiedlich entwickelt. Steigende Verbrauchs- zahlen je Kopf der Bevölkerung werden bei Geflügel-, Rindfleisch, Gemüse und Eiern gemessen. Rück- läufig ist dagegen der Verbrauch bei Schweinefleisch, während er bei vielen anderen Produkten von Jahr zu Jahr schwankt. Bei Fleisch ist der Unterschied zwischen dem Verzehr und dem Verbrauch pro Kopf der Bevölkerung zu beach- ten, denn ein erheblicher Teil der Schlachtungen kann nicht für den menschlichen Verzehr verwendet werden. 24
1.3 Nahrungsmittel – Verbrauch und Preise 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Hopfen und Gerste prak- tisch ohne Einfluss auf den Bierpreis • Hopfen für 1 Cent Ein Liter Bier enthält etwa 1,5 Gramm Hopfen. Bei einem Preis von rund 700 Euro für einen Doppelzentner (100 kg) erhält der Landwirt für seinen Hop- fenanteil kaum mehr als 1 Cent je Liter Bier. • Braugerste für 4 Cent Ein Liter Bier enthält im Schnitt etwa 215 Gramm Gerste. Bei einem Preis von rund 18 Euro für einen Doppelzentner erhält der Landwirt für seinen Gersten- anteil 4 Cent je Liter Bier. Quellen: BBV, DBV Selbstversorgungsgrad fällt sehr unterschiedlich aus Bei Weizen, Kartoffeln, Zucker, Milch und Schweinefleisch liegt der deutsche Selbstversorgungs- grad deutlich über 100 Prozent. Bei Obst, Gemüse, Eiern und Schaffleisch dagegen liegt der Selbstversorgungsgrad erheblich unter der 100 Prozent-Marke. Der Selbstversorgungsgrad, der das Verhältnis inländischer Erzeugung zum inländischen Verbrauch dar- stellt, schwankt bei pflanzlichen Erzeugnissen in Abhängigkeit von Witterung und Ernte von Jahr zu Jahr relativ stark. 25
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.4 Ernährungswirtschaft 1.4 Ernährungswirtschaft Ernährungsindustrie ist ein starker Zweig der deutschen Wirtschaft Die deutsche Ernährungsindustrie, die die landwirtschaftlichen Er- zeugnisse be- und verarbeitet, erreichte 2018 einen Gesamtum- satz von 179,6 Milliarden Euro – davon 120,1 Milliarden Euro im Inland und 59,5 Milliarden Euro im Ausland. Der Export ist für die Ernährungsindustrie ein wichti- ges Standbein – jeder dritte Euro (33,0 Prozent) wird im Ausland verdient. Die Exporte gingen ge- genüber dem Vorjahr etwas zurück (- 1,0 Prozent), wohingegen das Inlandsgeschäft leicht zunahm (+ 0,5 Prozent). 2018 waren in 6.119 Betrieben der Ernährungsindustrie rund 608.600 Menschen beschäf- tigt. Die stark von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägte Ernährungsindustrie ist nach der Automobilindustrie und dem Maschinenbau der drittgröß- te Arbeitgeber in der deutschen Industrie und bietet vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten. Die deutsche Lebensmittelindustrie ist nach Frankreichs Ernährungsindus- trie die umsatzstärkste in Europa. Mit insgesamt 170.000 verschie- denen Produkten gibt es kaum ein Produktsegment, das nicht in Deutschland hergestellt wird. 26
1.4 Ernährungswirtschaft 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 2019: Stabiles Inlandsgeschäft, etwas höherer Export Nach der Stagnation in 2018 konn- ten die Umsätze in den ersten neun Monaten des Jahres 2019 wieder zulegen und gegenüber dem entsprechenden Vorjahresstand eine Steigerung von 2,6 Prozent erzielen. Triebfeder des Umsatz- wachstums war besonders das Inlandsgeschäft (+ 2,7 Prozent). Auch das Exportgeschäft mit einem Umsatzwachstum von 2,3 Prozent trägt zur Sicherung der Ertragslage der Lebensmittelhersteller bei. Der Export ist zwischen 2008 und 2018 zu anderen Wirtschaftsbereichen Immer weniger Bäckereien und um 44 Prozent gestiegen und trägt weiterhin relativ gering. 90 Prozent Fleischereien heute (2018) rund 33 Prozent zum der Unternehmen der deutschen Gesamtumsatz bei. 2008 lag der Ernährungsindustrie gehören dem Die Zahl der Bäckereien und Flei- Anteil noch bei knapp 27 Prozent. Mittelstand an. Der Umsatzdurch- schereien geht weiter zurück. Ende Sichere, qualitativ hochwertige Le- schnitt je Betrieb liegt bei rund 2018 wurden in der Betriebsstatis- bensmittel sind ein Markenzeichen 29,4 Millionen Euro. Die 10 größten tik des Zentralverbandes des Deut- im Export. 78 Prozent der deut- Unternehmen vereinigen nur etwa schen Handwerks (ZDH) insgesamt schen Lebensmittelexporte werden 15 Prozent des Branchenumsatzes 10.900 Bäckereien gezählt. Ende im europäischen Binnenmarkt auf sich. 2008 waren es in Deutschland noch abgesetzt. Besonders gefragt sind 15.300 Betriebe, was einem Rück- deutsche Süß-, Backwaren, Fleisch- gang von 29 Prozent entspricht. Für und Milchprodukte. das Fleischerhandwerk verzeichnet die Statistik für Ende 2018 12.900 Ernährungsindustrie ist trotz Konzentrationsprozessen mittelständisch strukturiert Angesichts der dominanten Markt- position des Lebensmittelhandels kann die Ernährungsindustrie gestiegene Kosten häufig nur schwer auf die Verkaufspreise überwälzen. Die Konzentration der Unternehmen der Ernährungsin- dustrie hat zwar weiter zugenom- men, ist aber im Vergleich zum Lebensmitteleinzelhandel oder 27
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.4 Ernährungswirtschaft Betriebe. Zehn Jahre zuvor lag schaft, Ernährungsindustrie und 6,6 Milliarden Euro. Beide Ge- die Zahl der Fleischerbetriebe Lebensmittelhandel. Ihre Zahl ist nossenschaftssparten zusammen noch bei 18.300 (- 30 Prozent). über die Jahre deutlich rückläufig haben 2018 im Vergleich zu 2017 Gründe für diese Entwicklung sind und vor allem dem Fusions- und Umsatzeinbußen von 5 Prozent komplexer werdende Rahmenbe- Kooperationsbestreben der Un- zu verzeichnen. Umsatzstärkste dingungen im Lebensmittelhand- ternehmen geschuldet. Die 2.024 Genossenschafts-Sparte ist mit werk und ein harter Wettbewerb, Raiffeisen-Genossenschaften 37,0 Milliarden Euro und einem insbesondere um die Gunst des erzielten 2018 einen Umsatz von Zuwachs von gut 4 Prozent die Einzelhandels. 63,6 Milliarden Euro. Das war nur Warenwirtschaft. wenig mehr als im Vorjahr (+ 0,1 Ausgehend von rund 266.700 Raiffeisen-Genossenschaften Prozent). Die genossenschaftlich landwirtschaftlichen Betrieben 2018 mit stabilen Umsätzen organisierte Milchwirtschaft ver- in Deutschland und rund 412.000 zeichnete 2018 einen Umsatz von Mitgliedschaften von Landwirten, Die Raiffeisen-Genossenschaften 13,1 Milliarden Euro. Die Vieh- und Winzern und Gärtnern ist statistisch sind mit ihren 111.400 Beschäftig- Fleischgenossenschaften gene- betrachtet jeder Betrieb an nahezu ten Marktpartner von Landwirt- rierten 2018 Umsätze in Höhe von zwei Genossenschaften beteiligt. Fleischbranche mit einem Um- satz von 42,6 Milliarden Euro Der Umsatz der Fleischbranche mit ihren 123.400 Beschäftigten be- trug in 2018 42,6 Milliarden Euro, davon 10,5 Milliarden Euro oder 24,7 Prozent im Auslandsgeschäft. Die Fleischbranche macht mit ihrem Umsatz fast ein Viertel (23,7 Prozent) des Gesamtumsatzes des deutschen Ernährungsgewerbes aus. 28
1.4 Ernährungswirtschaft 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft Immer weniger Schlachtunter- nehmen beliefern den Markt Die Konzentration in der Fleisch- branche schreitet weiter fort. Die drei größten Schlachtunter- nehmen – Tönnies, Vion und Westfleisch – schlachteten 2018 57 Prozent der 56,7 Millionen in Deutschland geschlachteten Schweine. Das Ranking der Schwei- ne-Schlachtunternehmen führt die Tönnies-Gruppe mit gegenüber Vorjahr unverändert 16,6 Milli- onen Schweine-Schlachtungen an. An zweiter Stelle rangiert der niederländisch-deutsche Vion-Kon- zern, der in Deutschland 2018 8,0 Millionen Schweine schlachtete, gegenüber Vorjahr - 5 Prozent. Auf Platz drei folgt die Westfleisch mit 7,8 Millionen Schweinen, gegen- über Vorjahr ebenfalls - 5 Prozent. Gesamtumsatz von 4,6 Milliarden Nordfrische Center, Hessengut und Bei den Rinderschlachtungen führt Euro (2018) befinden sich sieben Franken-Gut). Auf sie entfällt ein der Vion-Konzern die Rangliste regionale EDEKA-Fleischwerke Umsatz von über 2,9 Milliarden vor der Tönnies-Gruppe und der (Edeka-Südwest, Bauerngut, Ras- Euro. Westfleisch. ting, Südbayerisches Fleischwerk, Handelsketten mit Fleisch- werken Die Konzentration im Schlachtvieh- bereich kommt auch darin zum Ausdruck, dass viele Schlachtun- ternehmen durchgehende Verar- beitungsketten vom Lebendtier bis zum verpackten Frischfleisch oder zur Wurst aufgebaut haben. Bedeu- tende Akteure sind mittlerweile die Fleischwerke des Handels. Spitzenreiter ist Kaufland/Lidl mit einem Jahresumsatz von 849 Mil- lionen Euro. Unter den 10 umsatz- stärksten Fleischwerken mit einem 29
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.4 Ernährungswirtschaft men in Deutschland hat im Zeitver- lauf stark abgenommen. 2018 gab es noch 158 Milch verarbeitende Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten. Täglich werden von den deutschen Molkereien zusam- men rund 86.900 Tonnen Milch zu hochwertigen Lebensmitteln verarbeitet. Mühlenbranche mit rasantem Strukturwandel Mit rund 6.000 Beschäftigten er- wirtschaftete die Mühlenbranche im Wirtschaftsjahr 2018/19 einen Jahresumsatz von rund 2,8 Milliar- den Euro. Die Mühlen vermahlen jährlich etwa ein Drittel der deut- schen Weizen- und Roggenernte. Der Trend zu größeren Mühlen-Ein- heiten hält weiter an. 1950/51 gab es in Deutschland 18.935 Mühlen, heute sind es noch gut 500 Müh- len, davon 190 Mühlen mit einer jährlichen Vermahlungsleistung von mindestens 1.000 Tonnen. 42 große Mühlen mit einer Jahres- Molkereibranche weiter im Deutsche Milchwirtschaft vermahlung von 50.000 Tonnen Umbruch wächst über den Export und mehr haben einen Anteil an der Gesamtvermahlung von 81 Im Ranking der weltweit größten Die deutsche Milchwirtschaft ist Prozent. Mit rund 8,7 Millionen Milchverarbeiter führt der Nest- mit einem Umsatz von 27,1 Milliar- Tonnen Getreide (2018/19), davon lé-Konzern, gefolgt von den beiden den Euro (ohne Speiseeis) und rund 8,3 Millionen Tonnen Brotgetreide, französischen Unternahmen Lac- 40.400 Beschäftigten (2018) die beliefern die Mühlen Backgewer- talis und Danone. Unter den TOP zweitgrößte Sparte der deutschen be und Lebensmittelindustrie, 20-Molkereien der Welt befinden Ernährungsindustrie. 32 Prozent Handel und Verbraucher. Knapp sich mit dem Deutschen Milch- der von den Molkereien verar- 11 Prozent der Mahlerzeugnisse kontor (Platz 13) und Müller Milch beiteten Milch ist für den Export werden exportiert. Nach Angaben (Platz 20) auch zwei deutsche bestimmt. Rund zwei Drittel der in des Verbandes Deutscher Mühlen Unternehmen. Experten gehen von Deutschland erzeugten Milch wird gehen 30 Prozent der Erzeugnisse einem weiteren Konzentrationspro- von genossenschaftlichen Unter- an Handwerksbäcker, 55 Prozent zess der Milchverarbeitungsunter- nehmen verarbeitet. Die Zahl der an Betriebe der Backwaren- und nehmen aus. Milch verarbeitenden Unterneh- Lebensmittelindustrie, 10 Prozent 30
1.4 Ernährungswirtschaft 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft an Spezialverarbeiter wie Teig- und Nudelwarenhersteller und nur etwa 5 Prozent an den Endverbrau- cher. Mühlennachprodukte, wie Kleie oder Nachmehle, werden zu Futtermitteln verarbeitet. Deutsche Zuckerwirtschaft wird von vier Unternehmen bestimmt Von 61 Unternehmen der Zucker- industrie in den Jahren 1950/51 existieren heute noch vier mit insgesamt 20 Fabriken, rund 5.500 Beschäftigten und einem Umsatz von 2,3 Milliarden Euro (2018). Die Südzucker AG in Mannheim, die Nordzucker AG in Braunschweig, Industrie. Knapp 12 Prozent wer- Brauereien der Welt befinden sich die Pfeifer & Langen GmbH & Co.KG den als Haushaltszucker über den acht deutsche Gruppen: Die Rade- in Köln und die niederländische Lebensmitteleinzelhandel verkauft. berger-Gruppe belegt als größtes Suiker Unie GmbH & Co.KG mit der deutsches Unternehmen Platz 21 Zuckerfabrik in Anklam teilen sich Deutsche Brauereien relativ mit 11,0 Millionen Hektolitern. Die den deutschen Markt. 26.600 Land- kleinstrukturiert acht größten deutschen Brauerei- wirte beliefern diese Unternehmen en machen zusammen nur einen mit Zuckerrüben. In 1.539 Braustätten in Deutschland Weltmarktanteil von 2,7 Prozent Auch in Europa sind die drei ver- mit ihren 27.600 Beschäftigten aus. Weltmarktführer ist die in bliebenen deutschen Unternehmen wurden 2018 rund 5.000 Biersorten Belgien ansässige Brauereigruppe führend und produzieren zusam- gebraut. Der Bierausstoß lag bei AB Inbev, die 29,8 Prozent der men etwa die Hälfte des EU-Zu- 93,7 Millionen Hektolitern, der weltweiten Bierproduktion von ckers. Der größte Zuckerhersteller Umsatz bei 8,3 Milliarden Euro. alljährlich knapp 2.000 Millionen der Welt ist mit 19.200 Beschäf- Knapp 17 Prozent der deutschen Hektolitern Bier herstellt, gefolgt tigten die Südzucker-Gruppe. Sie Bierproduktion werden exportiert. von Heineken (NL) mit 12,3 Prozent erreichte in der Kampagne 2018/19 Der Pro-Kopf-Verbrauch bei Bier ist und der China Resources Breweries eine Zuckerproduktion aus Rüben in den letzten Jahren zurückgegan- mit 6,4 Prozent (2018). von 4,7 Millionen Tonnen. Vom gen und lag 2018 bei 102 Litern pro Gesamtumsatz des Südzuckerkon- Person. Weltweit stehen deutsche zerns in Höhe von 6,8 Milliarden Brauereien beim Bierausstoß an Euro (2018/19) entfallen 2,6 Milliar- vierter Stelle hinter China, den den Euro auf den Zuckerbereich. USA und Brasilien. Ein regionaler Gut 88 Prozent der deutschen Schwerpunkt der Biererzeugung Zuckererzeugung gehen an die liegt in Bayern, wo sich fast jede Zucker verarbeitende Industrie, zweite deutsche Braustätte be- das Handwerk und die chemische findet. Unter den vierzig größten 31
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.5 Lebensmittelhandel und Verbrauchertrends 1.5 Lebensmittelhandel und Verbrauchertrends Marktmacht des Lebensmittel- handels ist groß Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Deutschland ist der größte Absatzkanal für die deutschen Lebensmittelhersteller. Er erzielte 2018 einen Umsatz einschließlich Non Food von 248,0 Milliarden Euro. Das sind gegenüber dem Vorjahr 2,8 Prozent mehr. Der darin enthaltene Food-Bereich stieg um 2,5 Prozent auf 205,7 Milliarden Euro. Die Unterneh- menskonzentration ist hoch, die fünf größten Unternehmen – Ede- ka, Rewe, Schwarz-Gruppe, Aldi und Metro – vereinen dabei gut 75 Prozent Marktanteil auf sich. Ihnen gegenüber stehen über 6.100 überwiegend kleine und mittel- ständische Lebensmittelhersteller. Durch diese ungleich verteilten Verhandlungspositionen entstehen unter den Lebensmittelherstellern ein harter Qualitäts- und Preiswett- bewerb und damit ein intensiver Wettbewerb um die Listenplätze der Handelsunternehmen. Konzentration des Handels nimmt weiter zu Die mit Abstand größte deutsche Handelskette ist die Edeka-Gruppe mit einem Umsatzanteil von 23,7 Prozent (2018). Danach folgen die Rewe-Gruppe mit 17,8 Prozent, die Schwarz-Gruppe (Lidl) mit 32
1.5 Lebensmittelhandel und Verbrauchertrends 01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 16,2 Prozent und die Aldi-Gruppe mit 12,2 Prozent. Die deutschen Konsumenten werden heute (2018) von 37.600 Filialen des Lebens- mitteleinzelhandels täglich mit frischen Lebensmitteln und Ge- tränken versorgt. Zehn Jahre zuvor (2008) waren es noch entsprechend 50.000 Geschäfte. Binnen 10 Jahren ist die Anzahl der Lebensmittel- geschäfte damit um 25 Prozent zurückgegangen. Für das Jahr 2019 erwarten die Lebensmittelhändler ein Umsatz- wachstum (einschließlich Non Food) von 6,4 Milliarden Euro gegenüber Vorjahr. Dies entspricht einem Anstieg von etwa 2,6 Pro- Convenience als größter weicht neuen Trends. Fertigpro- zent. Allein Edeka, Rewe, Schwarz Innovationstreiber dukte, im Englischen Convenience und Aldi werden laut Prognose mit Produkte genannt, liegen dabei auf durchschnittlich 3,4 Prozent wach- Das Lebensmittelangebot in Platz eins der wichtigsten Inno- sen, was insgesamt einen Umsatz- Deutschland umfasst mehr als vationstreiber. 83,5 Prozent der anstieg von rund 6,2 Milliarden 170.000 Produkte. Gut 40.000 neue weltweiten Produktneuheiten in Euro ausmacht. Produkte erweitern jährlich das 2018 beanspruchen dieses Quali- Angebot und lassen auch neue tätsmerkmal für sich. Platz 2 und 3 Discounter und Vollsortimenter Marktsegmente entstehen. Nur der Innovationstreiber werden von im Wettbewerb gut 13.000 davon behaupten sich den Attributen gesunde und durch über zwei Jahre hinaus, der Rest Nachhaltigkeit motivierte Ernäh- Im internationalen Vergleich ist der Marktanteil der Discounter in Deutschland mit 43,4 Prozent weiterhin sehr hoch. Während Voll- sortimenter wie Edeka und Rewe verstärkt auf flexible Angebote (Aktionsgeschäft), Eigenmarken und offensive Marketingstrategien setzen, versuchen Discounter wie Aldi und Lidl mehr Markenartikel und Frischeprodukte in die Regale zu nehmen. Um sich am Markt zu profilieren, werden zunehmend Produktprogramme eingeführt, bei denen Nachhaltigkeitsaspekte im Vordergrund stehen. 33
01 Landwirtschaft und Gesamtwirtschaft 1.5 Lebensmittelhandel und Verbrauchertrends Menschen in Deutschland sehen in Fertigprodukten eine große Er- leichterung im Alltag. Wachsender Außer-Haus-Markt Die Verbraucher haben heute einen beachtlichen Anteil ihrer Ernährung auf den Außer-Haus- Markt verlagert. Ernährung findet nicht mehr nur zu Hause, sondern mittlerweile überall statt. Gerade bei den Erwerbstätigen entfallen immer mehr Mahlzeiten auf den Konsum außer Haus. Gut jeder rung eingenommen. Dabei kombi- ten, die per Lieferdienst auch an dritte Verbraucher frühstückt nicht nieren Produktneuheiten heute in die Haustür gebracht werden. mehr zu Hause und jeder zweite der Regel mehr als nur eines dieser nimmt auch das Mittagessen nicht Attribute. Wertewandel Richtung flexible mehr zu Hause ein. Damit kommt Lebensstile Fertigprodukten eine wichtige Produktneuheiten setzen auch Rolle als Alltagsbegleiter zu. Fer- auf Gesundheit und Nach- 80 bis 90 Prozent aller in Deutsch- tigprodukte, die sofort oder „on- haltigkeit land konsumierten Lebensmittel the-go“ verzehrt werden können, sind Fertigprodukte. Während erleben immer mehr Zuspruch. Fertigprodukte nehmen dem Ver- Versorgungssicherheit und lange Snacks dienen dem Verbraucher braucher Küchenarbeit wie Schnei- Haltbarkeit die Ursprungsideen immer mehr als schnelle Zwischen- den, Würzen oder Erwärmen ab von Fertigprodukten waren, stehen mahlzeit bei Zeitmangel oder oder sind zum Teil sofort verzehr- heute die Arbeitsverringerung im kleinem Hunger. bar. Fertigprodukte unterscheiden Haushalt, schnelle und einfache sich nach der Art der Haltbarma- Nahrungszubereitung sowie die Unterwegs Essen und Trinken chung (z.B. Gefrieren, Konservieren Anpassung an einen flexiblen oder Verpacken) oder auch nach Lebensstil im Vordergrund. So- Der Außer-Haus-Markt ist in der Fertigungsstufe (z.B. küchen- ziodemografische Trends wie Deutschland nach dem Lebensmit- fertig, garfertig oder verzehrfertig). die steigende Anzahl an 1 Perso- teleinzelhandel der zweitwichtigs- Heute kennt der Markt verschiede- nen-Haushalten oder eine höhere te Absatzkanal. 2018 wurde beim ne Sortimente an Fertigprodukten, Erwerbstätigenquote befördern Außer-Haus-Markt ein Umsatz die verschiedene Haltbarmachun- diese Entwicklung. Hinzu kommt von 80,6 Milliarden Euro erzielt gen und Fertigungsstufen miteinan- ein Wertewandel, der zu einer (ohne Verpflegung im Gesundheits- der kombinieren, angefangen bei höheren Freizeitorientierung und sektor). Gegenüber dem Vorjahr den Tiefkühlprodukten, Konserven einem Rückgang von festen Mahl- sind das 2,8 Prozent mehr. Dieser und Fixprodukten, über das rasch zeitstrukturen führt. Auch mehr Markt umfasst im Wesentlichen wachsende Segment an Kühlkost Flexibilität im Berufsleben sorgt vier Teilbereiche: Die klassische (engl. Chilled Food), bis hin zu den für eine Abkehr von traditionellen Bediengastronomie in Gaststätten, komplett vorbereiteten Mahlzei- Ernährungsmustern. 82 Prozent der Restaurants und Hotels (31,3 Milli- 34
Sie können auch lesen