Sozialwirtschaft und Non-Profi t-Unternehmen - Grenzen der Gemein-nützigkeit Kapitalanlagen und politische Aktivitäten aktuell im Fokus - PKF ...

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PKF FASSELT SCHLAGE

     Sozialwirtschaft und
     Non-Profit-Unternehmen

Grenzen der Gemein-
nützigkeit
Kapitalanlagen und politische
Aktivitäten aktuell im Fokus
Sozialwirtschaft und Non-Profi t-Unternehmen - Grenzen der Gemein-nützigkeit Kapitalanlagen und politische Aktivitäten aktuell im Fokus - PKF ...
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019

    Sehr geehrte
    Leserinnen und Leser,
    die nachfolgend ab S. 4 thematisierte Abwehr von               wird. Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit gemeinnüt-
    Gestaltungsmissbrauch im Rahmen von Cum/Cum-Ge-                zigen Organisationen in Großbritannien werden voraus-
    schäften betrifft keineswegs nur diejenigen, die tatsäch-      sichtlich die Grundsätze der Mittelverwendung und -wei-
    lich derartige Geschäfte getätigt haben. Denn als Folge        tergabe an ausländische Organisationen in Drittstaaten
    solcher in der Gemeinnützigkeitspraxis wohl eher selte-        gelten.
    nen Gestaltungen wurden mit dem Jahressteuergesetz
    2018 die Regelungen zum Kapitalertragsteuerabzug               „Entspannung“ ergibt sich für die Steuerpraxis von
    für gemeinnützige Organisationen generell verschärft,          Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege, denen mit der
    sodass es trotz Steuerbefreiung zu einem Abzug von             neuen Anlage „Gem“ insgesamt gesehen keine zusätz-
    Kapitalertragsteuer kommen kann. Wir präsentieren              lichen Deklarationspflichten aufgebürdet werden sollen.
    ihnen deshalb den Beitrag „Kapitalertragsteuerabzug            Das Gegenteil folgt aus einer FG-Entscheidung, nach
    trotz Steuerbefreiung bei Gemeinnützigkeit“ als Top-           der viele Spendenbescheinigungen über Aufwands-
    Thema dieser Ausgabe.                                          spenden und Sachspenden problematisch sein könnten.
                                                                   Hier besteht u.U. kurzfristig Handlungsbedarf aufgrund
    Es folgt ein Artikel, der die Grenzen der Gemeinnüt-           aktuell sehr eng gefasster formeller Voraussetzungen –
    zigkeit bei politischen Aktivitäten von NPO aufzeigt,          steuerbegünstigte Einrichtungen müssen sich fragen, ob
    denn der BFH hat dem attac-Trägerverein kürzlich die           ihre Zuwendungsbescheinigungen den Anforderungen
    Gemeinnützigkeit aberkannt. Das Urteil enthält über den        standhalten.
    entschiedenen Fall hinaus grundsätzliche Aspekte, die
    es zu beachten gilt, um die Aberkennung der Gemein-            Eine informative Lektüre dieser und der weiteren Themen
    nützigkeit zu vermeiden. Aus steuerrechtlicher Sicht           im Heft wünscht Ihnen
    beschäftigt uns auch der Brexit, da die beschlossene
    Verschiebung nur für eine kurze Atempause reichen              Ihr Team von PKF

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TOP-Thema
                                                                                        Kapitalertragsteuerabzug trotz
                                                                                        Steuerbefreiung bei Gemeinnüt-
                                                                                        zigkeit

Inhalt
Kapitalertragsteuerabzug trotz Steuerbefreiung bei                                Spendenrecht
Gemeinnützigkeit – Systemwechsel trifft gemein-
nützige Einrichtungen mit Erträgen aus bestimmten                                 Viele Spendenbescheinigungen über Aufwands-
Wertpapieren über 20.000 € .................................... 4                 spenden und Sachspenden problematisch –
                                                                                  Handlungsbedarf aufgrund aktuell sehr eng
Steuerrecht                                                                       gefasster formeller Voraussetzungen ...................... 11

Grenzen der Gemeinnützigkeit bei politischer Akti-                                Spendenabzug bei Schenkung unter Auflage –
vität von NPO – BFH erkennt attac-Trägerverein                                    Prüfkriterien des BFH ............................................... 13
die Gemeinnützigkeit ab .......................................... 6
                                                                                  Vereinsrecht
Internationale Zusammenarbeit gemeinnütziger
Organisationen vor dem Hintergrund eines mög-                                     Organisatorische Leistungen eines Sportdach-
lichen Brexit – Anwendung der Grundsätze der                                      verbands – Zweckbetriebseigenschaft im Bereich
Mittelverwendung und -weitergabe ......................... 8                      des Amateursports gesetzlich geregelt .................... 14

Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege: Keine zusätz-                                  Kurz notiert
lichen Deklarationspflichten – „Entspannung“ für die                               Unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von
Steuerpraxis durch wohlfahrtspflegerische Gesamt-                                  Räumlichkeiten als Mittelbeschaffung ....................... 15
sphäre?! ................................................................... 10   Was macht eigentlich die Stiftungsrechtsreform? .... 15

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PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019

       TOP-THEMA

    Kapitalertragsteuerabzug trotz Steuerbefreiung
    bei Gemeinnützigkeit
    Systemwechsel trifft gemeinnützige Einrichtungen mit Erträgen aus bestimmten Wert-
    papieren über 20.000 €

    Mit dem Jahressteuergesetz 2018 wurden die Rege-               gen hierfür sind im ebenfalls durch das „JStG 2018“ ein-
    lungen zum Kapitalertragsteuerabzug für gemeinnüt-             geführten § 44b Abs. 2 EStG dargelegt. Zweck ist es,
    zige Organisationen erneut verschärft. Durch Ergän-            steuerbefreiten Körperschaften die Kapitalertragsteuer in
    zung der gesetzlichen Regelungen kann es trotz                 voller Höhe zu erstatten, soweit den Kapitalerträgen keine
    Steuerbefreiung zu einem Abzug von Kapitalertrag-              Cum/Cum-Gestaltungen zugrunde liegen.
    steuer kommen.
                                                                   Die Voraussetzungen für die Erstattung sind dementspre-
    1. Kapitalertragsteuerabzug unter den Voraussetzun-            chend durch Verweis auf § 36a EStG eingeflossen. Der
    gen des § 44a Abs. 10 EStG n.F.                                Antragsteller muss nachweisen, dass

    Anlässlich der missbräuchlichen Gestaltungen im Rah-           »   er während einer Mindesthaltedauer von 45 Tagen
    men von Cum/Cum-Geschäften hat die Finanzverwaltung                ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer der An-
    die Befreiung vom Steuerabzug für gemeinnützige Kör-               teile oder Genussscheine war; die Mindesthaltedau-
    perschaften begrenzt (BMF-Schreiben vom 19.12.2017).               er muss innerhalb eines Zeitraums von 45 Tagen vor
    Durch die Neuregelung soll verhindert werden, dass nicht           und 45 Tagen nach der Fälligkeit der Kapitalerträge
    steuerbegünstigte Anleger unter Zwischenschaltung                  erreicht werden;
    gemeinnütziger Körperschaften Kapitalerträge unbelastet        »   er während der Mindesthaltedauer ein hinreichendes
    vom Steuerabzug vereinnahmen können. Im Rahmen des                 Wertänderungsrisiko getragen hat; schädlich sind
    „Jahressteuergesetzes 2018“ (JStG 2018) wurden die                 beispielsweise Kurssicherungsgeschäfte;
    Grundsätze des BMF-Schreibens in § 44a Abs. 10 Satz 1          »   der Anteilseigner nicht verpflichtet war, die Kapital-
    Nr. 3 EStG übernommen. Nach aktueller Fassung ist die              erträge ganz oder überwiegend anderen Personen
    auszahlende Stelle auch bei steuerbegünstigten Anlegern            zu vergüten.
    verpflichtet, einen Steuereinbehalt von 15% der Kapital-
    erträge vorzunehmen. Der Abzug von 15% entspricht              Die Erstattung erfolgt nur auf Antrag durch das für die
    dem inländischen Körperschaftsteuersatz und dem im             Körperschaft zuständige Finanzamt.
    Gesetz genannten Betrag von drei Fünfteln der Kapital-
    ertragsteuer von 25%.                                          3. Anwendungsregelungen

    Um kleinere steuerbefreite Organisationen nicht zu belas-      Der Kapitalertragsteuerabzug ist unter den genannten
    ten, betrifft der verpflichtende Steuerabzug nur Dividen-       Voraussetzungen erstmals für nach dem 31.12.2018
    den aus inländischen girosammelverwahrten Aktien oder          zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Die Finanz-
    Genussscheinen, soweit diese 20.000 € übersteigen.             verwaltung hat jedoch eine Nichtbeanstandungsre-
    Vom Steuerabzug wird von vorherein auch abgesehen,             gel zugunsten der Verwahrer erlassen, wonach bis
    wenn der Anleger die Wertpapiere seit mindestens einem         zum 31.12.2019 ein Steuerabzug von 15% auch vor-
    Jahr im wirtschaftlichen Eigentum hält.                        genommen werden kann, wenn die Kapitalerträge
                                                                   einen Betrag von 20.000 € nicht übersteigen (vgl.
    2. Erstattung der einbehaltenen Steuer bei Aus-                BMF-Schreiben 17.12.2018, BStBl. I 2018 S. 1399).
    schluss missbräuchlicher Gestaltung                            Daher können im aktuellen Jahr auch Kapitalerträge
                                                                   unter 20.000 € vom Steuerabzug betroffen sein. Die
    Die in diesem Wege einbehaltenen Kapitalertragsteuern          betroffenen Anleger sind dann auf das Erstattungsver-
    können auf Antrag erstattet werden. Die Voraussetzun-          fahren angewiesen.

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4. Gefährdung der Gemeinnützigkeit durch Cum/             Anspruch. Das FG führte weiter aus, dass Vermögens-
Cum-Geschäfte                                             verwaltung regelmäßig durch den Einsatz eigenen Ver-
                                                          mögens erfolgt und nicht durch kreditfinanzierten Aktien-
Das FG Hessen hatte in 2018 zu beurteilen, ob die einer   kauf. Insgesamt sei durch die getätigten Geschäfte der
Körperschaft durch umfangreiche Wertpapiergeschäfte       Umfang zum Gewerbebetrieb überschritten und die Ver-
zugeflossenen Kapitalerträge tatsächlich steuerbefreit     wirklichung des Satzungszwecks ganz erheblich in den
bleiben, da diese unmittelbar nach Gründung und Fest-     Hintergrund getreten.
stellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der
Gemeinnützigkeit erzielt worden waren.                    Hinweis: Die Revision gegen den Beschluss des FG Hes-
                                                          sen (17.8.2018, Az.: 4 V 1131/17) ist zugelassen.
Die Körperschaft hatte im Rahmen von Cum/Cum-Ge-
schäften in erheblichem Umfang Wertpapiere kurz vor
dem Dividendenstichtag erworben und nach Auszahlung
der Dividende wieder an den bisherigen Anteilseigner
verkauft. Der Erwerb der Wertpapiere wurde fremdfi-            Fazi t
nanziert; in dem betreffenden Veranlagungsjahr wurden
                                                              Durch die Begrenzung der Befreiung des Kapi-
keine nennenswerten gemeinnützigen Aktivitäten durch-
                                                              talertragsteuerabzugs sollen missbräuchliche
geführt.
                                                              Gestaltungen verhindert werden. Für die betrof-
                                                              fenen Steuerpflichtigen führt dies zu einem
Das FG Hessen versagte die Gemeinnützigkeit und
                                                              erhöhten Verwaltungsaufwand und zu Liquidi-
begründete dies im Wesentlichen mit einem Verstoß
                                                              tätsnachteilen. Im Ergebnis führt die Neurege-
gegen das Gebot der Ausschließlichkeit (§ 56 AO). Die
                                                              lung im Vergleich zur bisherigen Gesetzeslage
getätigten Wertpapiergeschäfte und die hierfür notwen-
                                                              zu einem Systemwechsel im Sinne der Umkehr
dige Fremdfinanzierung erforderten besondere fachliche
                                                              der Beweislast.
Kenntnisse der Geschäftsführung und nahmen einen gro-
ßen Teil der personellen Ressourcen der Körperschaft in

                                                                                                                     5
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PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019

       STEUERRECHT

    Grenzen der Gemeinnützigkeit bei politischer
    Aktivität von NPO
    BFH erkennt attac-Trägerverein die Gemeinnützigkeit ab

    Die unmittelbare oder alleinige Verfolgung politischer         3. Grenzen der Gemeinnützigkeit bei politischer
    Zwecke ist im Steuerrecht nicht gemeinnützig. Eine             Betätigung
    gemeinnützige Körperschaft darf sich zwar zur För-
    derung ihres steuerbegünstigten Satzungszwecks                 Der BFH sieht durch die Aktivitäten des attac-Trägerver-
    politisch betätigen, die Tagespolitik darf jedoch nicht        eins die Grenzen der Gemeinnützigkeit überschritten, da
    in den Mittelpunkt der Betätigung rücken – so aktuell          es diesem im Schwerpunkt nicht um die Vermittlung von
    vom BFH mit einem Urteil vom 10.1.2019 entschie-               Bildungsinhalten, sondern um die öffentlichkeitswirksame
    den. Es enthält über den entschiedenen Fall hinaus             Darstellung und Durchsetzung eigener Vorstellungen
    grundsätzliche Aspekte, die es zu beachten gilt, um            zu tagespolitischen Themen und damit um die Einfluss-
    die Aberkennung der Gemeinnützigkeit zu vermeiden.             nahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche
                                                                   Meinung geht. Die Förderung der Allgemeinheit umfasse
    1. Gesetzeslage zur Verfolgung gemeinnütziger                  nicht die Verfolgung politischer Zwecke. Mit § 52 Abs. 2
    Zwecke                                                         Nr. 24 AO sei daher nicht vereinbar, wenn die Vereinigung
                                                                   mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich
    Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn          oder überwiegend einen politischen Zweck verfolgt.
    ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf
    materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbst-          Anders als eine auch nur geringfügige unmittelbare politi-
    los zu fördern. In § 52 Abs. 2 AO werden die Zwecke,           sche Betätigung steht die Einflussnahme auf die politische
    die der Förderung der Allgemeinheit dienen, grundsätz-         Willensbildung und die öffentliche Meinung zur Verfolgung
    lich abschließend aufgezählt. Zu diesen Zwecken gehö-          der in § 52 Abs. 2 AO genannten Zwecke der Gemeinnüt-
    ren gem. § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO auch „die Förderung der          zigkeit nicht per se entgegen. Die Körperschaft darf auch
    Volksbildung“ und gem. § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO „die all-         im Rahmen ihres steuerbegünstigten Satzungszwecks
    gemeine Förderung des demokratischen Staatswesens“.            zu tagespolitischen Themen gelegentlich Stellung neh-
                                                                   men, solange die Tagespolitik neben der Förderung des
    2. Sachverhalt der BFH-Entscheidung                            satzungsmäßigen Zwecks nicht in den Vordergrund tritt.
                                                                   Darüber hinaus muss sie sich aber in jedem Fall bei ihrer
    In der o.g. Entscheidung vom 10.1.2019 (Az.: V R 60/17)        Betätigung „parteipolitisch neutral“ verhalten.
    befasst sich der BFH mit der steuerlichen Gemeinnützig-
    keit des globalisierungskritischen Trägervereins „attac“       Die Betätigungen von attac sind nach Überzeugung des
    (Kläger). Der Verein verfolgt nach seiner Satzung folgende     BFH auch nicht von der sog. Förderung der Volksbildung
    Ziele: „Förderung von Bildung, Wissenschaft und For-           i.S. des § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO gedeckt. Die politische Bil-
    schung, die Förderung des Schutzes der Umwelt und              dung als Teil der Volksbildung vollzieht sich dem gesetz-
    des Gemeinwesens, der Demokratie und die Solidarität           geberischen Willen nach in „geistiger Offenheit“. Sie ist
    unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen             nicht förderbar, wenn sie eingesetzt wird, um eigene poli-
    und gesellschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung“.       tische Ansichten zu verbreiten.

    In den Streitjahren befasste sich der klagende Verein          Hinweis: Zu unterscheiden ist insofern zwischen der
    öffentlichkeitswirksam u.a. mit tagespolitischen Themen        offenen politischen Diskussion einerseits und der Beein-
    wie „Stuttgart 21“, der Bekämpfung von Steuerflucht, der        flussung der Politik im Sinne eigener Auffassungen auf
    Anti-Atom-Bewegung, dem europaweiten Sozialabbau               der anderen Seite. Im Rahmen einer objektiven neutralen
    und der „30-Stunden-Woche“. Dabei vertrat er eigene            Würdigung kann eine gemeinnützige Körperschaft aber
    politische Auffassungen, machte Gestaltungsvorschläge          auch an tagespolitische Ereignisse zur Förderung ihres
    und führte Unterschriftensammlungen durch.                     Satzungszwecks anknüpfen.

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Die Grenze der Förderfähigkeit ist aber dann über-          wesentlich enger aus als das vorinstanzlich mit dem
schritten, wenn so entwickelte Lösungsansätze mittels       Streitfall befasste Hessische FG und orientiert sich dabei
weiterer Maßnahmen (wie Unterschriftensammlungen)           stark an den gesetzgeberischen Grundentscheidungen.
durchgesetzt werden sollen. Geht es vorrangig um die
Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die      Hinweis: Für betroffene Vereine, die an der Grenze zwi-
Gestaltung der öffentlichen Meinung zur Durchsetzung        schen politischer Bildung und tagespolitischer Aktivität
der eigenen Auffassung, nicht aber um die Vermittlung       operieren, wäre ein Verlust der Gemeinnützigkeit insbe-
von Kenntnissen oder Fähigkeiten bei „auszubildenden“       sondere für die Finanzierung des Vereins durch Spenden
Personen, fehlt der erforderliche Bildungscharakter.        problematisch. Eine Spendenbescheinigung, die nach
                                                            § 10b Abs. 1 EStG für die Abziehbarkeit der Zuwendung
Ergebnis: Demnach berechtigt die Förderung der politi-      als Sonderausgaben erforderlich ist, darf nur von gemein-
schen Bildung nicht dazu, zu konkreten Handlungen auf-      nützigen Körperschaften ausgestellt werden. Der Verlust
zurufen und Forderungen zu tagespolitischen Fragen zu       der Gemeinnützigkeit bewirkt damit, dass Spenden an
erheben.                                                    gemeinwohlorientierte Vereine, die die vom BFH gezoge-
                                                            nen engen Grenzen überschreiten, effektiv „teurer“ wer-
4. Schlussfolgerungen für gemeinnützige Körper-             den.
schaften

                                                                 Fazit und Ausblick
Im Wesentlichen führt der BFH in seiner Entscheidung
die eigene ständige Rechtsprechung fort und macht
die Grenzen der politischen Betätigung im Rahmen der
Gemeinnützigkeit von Körperschaften deutlich. Kernaus-           Man darf natürlich nicht außer Betracht lassen,
sage der Entscheidung ist, dass die „allgemeine Förde-           dass die Grenze zwischen Tagespolitik und
rung des demokratischen Staatswesens“ und die „Förde-            Förderung des demokratischen Staatswesens
rung der Volksbildung“ objektiv neutral und in „geistiger        sehr schmal ist. Die Entscheidung darf nicht
Offenheit“ zu erfolgen haben. Äußerungen zu tagespoliti-         dazu verführen, unliebsame abweichende Mei-
schen Themen sprechen aber nicht grundsätzlich gegen             nungen durch Entzug der Möglichkeit, Spen-
die Gemeinnützigkeit, sofern sie nicht im Mittelpunkt der        den zu sammeln, zu unterdrücken. Insoweit ist
Betätigung stehen und im Rahmen der Förderung des                zu erwarten, dass die Diskussion um dieses
satzungsmäßigen Zwecks erfolgen.                                 Thema auch mit dem Urteil des BFH noch nicht
                                                                 abgeschlossen ist, sondern vermutlich erst am
Damit legt der BFH die Begriffe „Förderung des demokra-          Anfang steht.
tischen Staatswesens“ und „Förderung der Volksbildung“

                                                                                                                         7
Sozialwirtschaft und Non-Profi t-Unternehmen - Grenzen der Gemein-nützigkeit Kapitalanlagen und politische Aktivitäten aktuell im Fokus - PKF ...
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019

    Internationale Zusammenarbeit gemeinnütziger
    Organisationen vor dem Hintergrund eines mög-
    lichen Brexit
    Anwendung der Grundsätze der Mittelverwendung und -weitergabe

    Sollte Großbritannien den Austritt aus der Europäi-            erfolgen. Bei sämtlichen Auslandssachverhalten treffen
    schen Union vollziehen, wird – abhängig von den                die inländischen Organisationen erhöhte Nachweis-
    noch zu treffenden Vereinbarungen – Großbritannien             pflichten.
    möglicherweise zum Drittstaat. Im Folgenden sollen
    daher die Grundsätze der Mittelverwendung im Aus-              2. Unmittelbare Förderung steuerbegünstigter
    land und die Mittelweitergabe an ausländische Orga-            Zwecke im Ausland
    nisationen betrachtet werden.
                                                                   Verwirklicht eine steuerbegünstigte Körperschaft ihre
    1. Einführung                                                  gemeinnützigen Zwecke im Ausland, greift der sog. struk-
                                                                   turelle Inlandsbezug (§ 51 Abs. 2 AO). Die Steuervergüns-
    Grundsätzlich können alle steuerbegünstigten Zwecke            tigung setzt voraus, dass natürliche Personen, die ihren
    auch im Ausland verwirklicht werden. Dennoch gibt es           Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland
    in den nationalen Bestimmungen Grenzen, die es auch            haben, gefördert werden. Alternativ wird die Steuerbe-
    im Gemeinnützigkeitsrecht zu beachten gilt. Die Zweck-         günstigung auch gewährt, wenn die gemeinnützige Tätig-
    verwirklichung im Ausland kann dabei unmittelbar durch         keit im Ausland dazu beitragen kann, das Ansehen der
    die Körperschaft selbst oder durch Mittelweitergabe            Bundesrepublik Deutschland zu fördern. Dem Inlands-

8
Sozialwirtschaft und Non-Profi t-Unternehmen - Grenzen der Gemein-nützigkeit Kapitalanlagen und politische Aktivitäten aktuell im Fokus - PKF ...
bezug liegt der Gedanke des Gegenleistungsverhältnis-      4. Weitergabe von Mitteln an ausländische Körper-
ses zugrunde, in dem die Tätigkeit der Organisation den    schaften
Staat in seinen Aufgaben entlastet und im Gegenzug die
Steuerbefreiung gewährt wird.                              Eine weitere Form der internationalen Zusammenarbeit
                                                           ist die Mittelweitergabe an ausländische Körperschaf-
Bei der Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Aus-        ten i.S. des § 58 Nr. 2 AO. Der Anwendungserlass zur
land durch eine inländische Körperschaft unterstellt die   Abgabenordnung (AEAO) grenzt hier den Empfängerkreis
Finanzverwaltung, dass die Körperschaft diesen Beitrag     ausländischer Organisationen auf Körperschaften in der
zum Ansehen Deutschlands leistet (OFD Frankfurt/M.,        EU/EWR ein. Aufgrund der innerhalb der EU geltenden
Verfügung vom 5.9.2013).                                   Kapitalverkehrsfreiheit besteht ein Gleichstellungsgebot
                                                           von EU/EWR-Körperschaften mit inländischen steuer-
Dennoch werden an den Nachweis der Mittelverwendung        begünstigten Körperschaften, soweit diese materiell die
im Ausland unter Verweis auf § 90 Abs. 2 AO höhere         Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllen.
Anforderungen gestellt (erhöhte Mitwirkungspflicht bei
Auslandssachverhalten). Als Nachweis können ausführ-       Gemeinnützige Körperschaften aus Drittländern können
liche Tätigkeitsbeschreibungen, Projektberichte, Gutach-   sich daher nicht auf die Begünstigung berufen und ent-
ten und Bestätigungen ausländischer Behörden dienen.       fallen folglich als Empfänger bei der Weitergabe von Mit-
Die Unterlagen müssen auf Anforderung ins Deutsche         teln i.S. des § 58 Nr. 2 AO. Für juristische Personen des
übersetzt werden. Die Abrechnungs- und Buchführungs-       öffentlichen Rechts (z.B. staatliche Universitäten) könnte
unterlagen sind im Inland aufzubewahren.                   diese Einschränkung nicht gelten. Diese Auffassung ist
                                                           jedoch umstritten, so dass sich eine Abstimmung mit der
Hinweis: Der strukturelle Inlandsbezug bei der Zweckver-   zuständigen Finanzbehörde empfiehlt.
wirklichung im Ausland gilt sowohl in EU/EWR-Staaten
als auch in Drittstaaten.                                  Die Mittelweitergabe ist auch ohne entsprechende Sat-
                                                           zungsbestimmung möglich. Auch müssen sich die Zwe-
3. Beschaffung von Mitteln für Organisationen im           cke der gebenden und empfangenden Körperschaft nicht
Ausland                                                    decken. Die Beschränkung der Höhe nach gilt auch bei
                                                           der Mittelweitergabe an EU/EWR-Körperschaften. Zuläs-
Besteht die Tätigkeit einer Körperschaft in der Beschaf-   sig ist die teilweise Weitergabe von Mitteln. Nach Auffas-
fung von Mitteln für andere Organisationen, handelt es     sung der Finanzverwaltung ist teilweise mit nicht überwie-
sich um sog. Förderkörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO). Die     gend gleichzusetzen, so dass maximal die Weitergabe
Mittelbeschaffung muss stets als Satzungszweck festge-     der Hälfte der eigenen Mittel unschädlich ist.
legt sein, ebenso der zu fördernde Zweck.
                                                           Hinweis: Da es sich auch hier um grenzüberschreitende
Bei Empfängern im Ausland muss deren Rechtsform            Sachverhalte handelt, gelten die erhöhten Mitwirkungs-
einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermö-        pflichten entsprechend.
gensmasse im Sinne des im Inland geltenden Körper-
schaftsteuergesetzes entsprechen. Die Finanzverwaltung
verlangt daher, dass die Empfängerkörperschaft im Aus-
land in der Satzung konkret bezeichnet wird.
                                                                Fazit und Ausblick
Die Empfängerkörperschaft im Ausland muss im Inland
nicht als gemeinnützig anerkannt sein. Es gelten jedoch         Im Rahmen der internationalen Zusammen-
die o.g. erhöhten Mitwirkungspflichten durch einen quali-        arbeit gemeinnütziger Organisationen sind
fizierten Verwendungsnachweis. Die Förderkörperschaft            erhöhte Mitwirkungs- und Nachweispflichten
muss den Nachweis führen, dass der ausländische Emp-            zu beachten. Sollte Großbritannien aus der EU
fänger eine Tätigkeit entfaltet, die in Deutschland als         austreten und demzufolge als Drittstaat gelten,
gemeinnützig anerkannt wäre.                                    sind Mittelweitergaben im Rahmen des § 58
                                                                Nr. 2 AO nach geltendem Recht ausgeschlos-
Hinweis: Da der Wortlaut des § 58 Nr. 1 AO nicht zwi-           sen. Ob ggf. noch zu schließende Abkommen
schen inländischen und ausländischen Empfängern                 zwischen der EU und Großbritannien Erleichte-
unterscheidet, können sowohl EU/EWR- als auch Dritt-            rungen ermöglichen, bleibt abzuwarten.
staatengesellschaften gefördert werden.

                                                                                                                        9
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     Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege: Keine
     zusätzlichen Deklarationspflichten
     „Entspannung“ für die Steuerpraxis durch wohlfahrtspflegerische Gesamtsphäre?!

     Voraussetzung für einen ertragsteuerlich befreiten             sphäre“ die Möglichkeit des Mitteltransfers innerhalb die-
     Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege i.S. des § 66 AO ist,         ser Sphäre eröffnet. Durch diese Anpassung sollten nach
     dass die planmäßige, zum Wohl der Allgemeinheit aus-           Aussage der Finanzverwaltung die Auswirkungen für die
     geübte Sorge für notleidende und gefährdete Mitmen-            Sozialwirtschaft „entschärft“ werden.
     schen nicht des Erwerbs wegen ausgeübt wird. Befürch-
     tungen zusätzlicher Deklarationspflichten im Rahmen             Der verwaltungsseitig eingeführte neue Begriff der wohl-
     der neuen „Anlage Gem“ haben sich nicht bestätigt.             fahrtspflegerischen Gesamtsphäre musste nunmehr aber
                                                                    auch in der Steuerdeklaration Berücksichtigung finden.
     1. Entwicklung der Rechtslage mit Risikopotential              Dazu hat die Finanzverwaltung für Veranlagungszeit-
                                                                    räume ab 2017 eine neue „Anlage Gem“ eingeführt, die in
     Auf der Grundlage des sog. Rettungsdiensturteils des BFH       den Zeilen 30 ff. Angaben zum Finanzierungsbedarf die-
     vom 17.11.2013 (Az.: I R 17/12) hatte die Finanzverwaltung     ser Sphäre für den Veranlagungszeitraum selbst und die
     mit Schreiben vom 26.1.2016 die Definition des Begriffs-        beiden Vorjahre verlangt.
     merkmals „nicht des Erwerbs wegen“ im Anwendungs-
     erlass zur Abgabenordnung (AEAO) erheblich verschärft,         Hinweis: Zur wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre
     so dass in großen Teilen der Sozialwirtschaft ein großes       gehören neben den Wohlfahrtspflegeeinrichtungen i.S.
     Risikopotential mit massiven Auswirkungen auf die Tätig-       des § 66 AO auch
     keitsfelder der Wohlfahrtspflege identifiziert worden ist.       » sog. Katalogzweckbetriebe i.S. des § 68 AO, soweit
                                                                       diese auch die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen,
     Daraufhin hat die Finanzverwaltung mit Schreiben vom           » Zweckbetriebe i.S. des § 67 AO sowie
     6.12.2017 den AEAO erneut angepasst und u.a. durch             » ideelle Tätigkeiten, für die die Voraussetzungen des § 66
     die Einführung der sog. „wohlfahrtspflegerischen Gesamt-           AO vorlägen, wenn sie entgeltlich ausgeführt würden.

10
Der Steuerpraktiker stand nunmehr spätestens beim             menheft 09/2018, S. 7 ff. ausführlich geäußert und waren
Ausfüllen der „Anlage Gem“ vor der Frage, ob durch            zu dem Schluss gekommen, dass das nicht gemeint sein
die vermeintliche „Entschärfung“ der Problematik um           kann (vgl. u.a. Abb. 2 auf S. 8 des Themenhefts 09/2018).
die Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO            Im Rahmen eines einschlägigen Branchentreffens im Früh-
nunmehr eine Verschärfung der Deklarationspflichten für        jahr dieses Jahres wurde unsere Einschätzung von führen-
alle Zweckbetriebe der wohlfahrtspflegerischen Gesamt-         den Vertretern der Finanzverwaltung bestätigt.
spähre – also auch z.B. für die darin eingeschlossenen

                                                                   Hinweis
Katalogzweckbetriebe i.S. des § 68 AO – eingetreten ist,
unabhängig davon, ob überhaupt ein Zweckbetrieb i.S.
des § 66 AO vorliegt.
                                                                   Inwieweit auch in jedem Einzelfall diese gene-
2. Keine Verschärfung der Deklarationspflichten                     relle Linie von den Finanzämtern einheitlich
                                                                   gehandhabt wird, bleibt allerdings nach wie vor
Zu den vorstehend skizzierten Entwicklungen hatten wir             abzuwarten.
uns bereits in den letzten Themenheften, letztmalig im The-

   SPENDENRECHT

Viele Spendenbescheinigungen über Aufwands-
spenden und Sachspenden problematisch
Handlungsbedarf aufgrund aktuell sehr eng gefasster formeller Voraussetzungen

Wer zugunsten von steuerbegünstigten Körperschaf-             besondere BMF-Schreiben vom 25.11.2014, Az.: IV C 4-S
ten auf eine vereinbarte Vergütung oder Aufwands-             2223/07/0010:005, aktualisiert durch BMF-Schreiben
ersatz verzichtet, soll oft über eine entsprechende           vom 24.8.2016, Az.: IV C 4-S 2223/07/0010:007). Dort
Bescheinigung die Möglichkeit erhalten, zumindest             wird beispielsweise darauf hingewiesen, eine tatsäch-
eine Spende als Sonderausgaben bei seiner Steuer-             liche Vermutung spreche dafür, dass Leistungen ehren-
erklärung geltend machen zu können. Das Finanz-               amtlich tätiger Mitglieder und Förderer unentgeltlich und
gericht Berlin-Brandenburg hat kürzlich aber die              ohne Aufwendungsersatzanspruch erbracht würden.
formellen Voraussetzungen zusammenfassend so                  Diese Vermutung sei allerdings widerlegbar. Hingewie-
eng formuliert, dass viele steuerbegünstigte Einrich-         sen wird auch darauf, dass der Zuwendungsempfänger
tungen sich fragen müssen, ob ihre Zuwendungsbe-              die zutreffende Höhe des Ersatzanspruchs, auf den ver-
scheinigungen den Anforderungen standhalten.                  zichtet und über den eine Zuwendungsbestätigung erteilt
                                                              werde, durch geeignete Unterlagen im Einzelnen belegen
1. Aufwandsspenden im Fokus der Finanzverwaltung              können müsse. Spezielle Ausführungen beispielsweise zu
                                                              einem Verzicht auf Fahrtkosten enthalten diese Schreiben
Den sog. Aufwandsspenden, bei denen der Spender               allerdings nicht.
ausdrücklich erklärt, auf einen ihm zustehenden Aufwen-
dungsersatzanspruch zu verzichten, begegnen Gesetz-           2. Enge Voraussetzungen gem. FG-Urteil
geber, Finanzverwaltung und Finanzgerichte seit jeher
mit Misstrauen. Zum Teil gilt dies auch für Sachspen-         In einem rechtskräftigen Urteil vom 28.11.2018 hat nun
den. Immer wieder wird auf eine Missbrauchsanfälligkeit       das FG Berlin-Brandenburg (Az.: 7 K 7258/16) die bisher
wegen potentiell gleich gelagerter Interessen von Spen-       schon geltenden Voraussetzungen für die Anerkennung
der und Empfänger hingewiesen.                                von sog. Aufwandsspenden und von Sachspenden noch
                                                              einmal zusammengefasst und so eng formuliert, dass
Die Finanzverwaltung hat in verschiedenen Anwendungs-         viele Zuwendungsbestätigungen (Spendenbescheinigun-
schreiben die Voraussetzungen zusammengefasst, unter          gen) – insbesondere im Zusammenhang mit Fahrtkos-
denen sie Aufwandsspenden anerkennt (vgl. derzeit ins-        ten – falsch oder zumindest problematisch sein dürften.

                                                                                                                          11
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     Daraus resultiert z.B. bei anstehenden Betriebsprüfungen       ansprüchen gedrängt werden, sehr kritisch. Spenden
     zumindest ein gewisses Drohpotential der Finanzverwal-         müssen freiwillig erfolgen (vgl. zum Freiwilligkeitskriterium
     tung. Im Einzelnen sind insbesondere die folgenden drei        auch den Beitrag auf S. 13 in diesem Heft zu Spenden
     Aspekte von großer Bedeutung:                                  in Form von Schenkungen unter Auflagen, in dem die
                                                                    Folgen aus einem BFH-Urteil vom 15.1.2019 analysiert
     (1) Verzicht auf Fahrtkostenansatz: Kurz zusammenge-           werden). An der Freiwilligkeit kann es z.B. fehlen, wenn
     fasst hat das FG im Hinblick auf den Verzicht auf Fahrt-       nachweisbar ausdrücklich und nachhaltig schriftlich zum
     kosten u.a. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass              Verzicht aufgefordert wird. Problematisch sind auch Fälle,
     » nicht die für Dienstreisen geltenden Pauschalbeträge         in denen faktisch ein Verzichtszwang besteht, weil man
         bescheinigt werden dürfen, sondern nur die Kosten          anderenfalls mehr oder weniger „am Pranger“ steht.
         für Treibstoff, sowie dass
     » sich für jede einzelne Fahrt aus der Spendenbeschei-         Beispiele: Im Streitfall war problematisch, dass in dem
         nigung ergeben muss, dass sie zur Erfüllung der sat-       Formular, mit dem im Prinzip der Ersatz von Aufwendun-
         zungsmäßigen Zwecke erforderlich war und in wel-           gen beantragt werden konnte, u.a. ein vorgedruckter Ver-
         cher Eigenschaft und für welchen Anlass (Zeit und          merk enthalten war, in dem es heißt: „Jeder ist eindringlich
         Ort) der „Spender“ tätig war.                              gehalten, den persönlich möglichen Betrag als Spende
                                                                    zur Verfügung zu stellen“. Beigefügt war dort außerdem
     (2) Angaben zu Sachspenden: Bei Sachspenden (im                bereits eine vorausgefüllte „Spendenerklärung“, in der es
     dortigen Fall ging es in erster Linie um Briefmarken, Tages-   heißt: „hiermit erkläre ich … dass ich den Betrag … als
     zeitungen und Nachrichtenmagazine) seien die zuge-             Spende zur Verfügung gestellt habe“.
     wendeten Gegenstände in der Spendenbescheinigung
     selbst genau zu bezeichnen. Es genüge nicht, wenn bei-
     spielsweise der Spender bei dessen Steuererklärung eine
     Spendenbescheinigung ohne diese Angaben vorlege, und                  Empfehlung
     zwar auch dann, wenn zusätzlich noch Belege über Brief-
     marken, Zeitungen und Zeitschriften vorgelegt würden.                 Steuerbegünstigte Einrichtungen, die Zuwen-
                                                                           dungsbestätigungen für Aufwands- oder Sach-
     (3) Kriterium der Freiwilligkeit: Das FG Berlin-Branden-              spenden erteilen, sollten diese daraufhin hinterfra-
     burg sieht außerdem die weit verbreitete Praxis, dass                 gen, ob sie den vorbeschriebenen Anforderungen
     „Spender“ mehr oder weniger nachdrücklich zum Ver-                    des FG Berlin-Brandenburg standhalten.
     zicht auf die Geltendmachung von Aufwendungsersatz-

12
Spendenabzug bei Schenkung unter Auflage
Prüfkriterien des BFH

Ein wesentliches Merkmal einer Spende ist ihre Frei-            das Recht, einen Teilbetrag der Schenkung behalten zu
willigkeit. Die Reichweite der Freiwilligkeit einer             dürfen, nicht ursächlich mit der Weiterleitungsverpflich-
Spende hat der BFH nun in einem aktuell veröffent-              tung als Auflage im Schenkungsvertrag zusammenhängt.
lichten Urteil definiert und zudem mit der Unentgelt-
lichkeit und der wirtschaftlichen Belastung zwei wei-           (3) Wirtschaftliche Belastung: Zudem stellt der BFH
tere Prüfkriterien ausgelegt.                                   Überlegungen an, wonach der Beschenkte, der einen
                                                                Geldbetrag unter der Auflage erhält, diesen zu spenden,
1. Sachverhalt: Schenkung mit (teilweiser) Spenden-             von dieser Spende nicht wirtschaftlich belastet sei. Im
Auflage                                                          konkreten Fall hat der BFH aber die Wirkung der Zusam-
                                                                menveranlagung von Ehegatten auf das Recht zum
Der Sachverhalt, über den der BFH zu entscheiden hatte,         Spendenabzug übertragen. Das bedeutet im Ergebnis,
ist sehr typisch und lautet kurz zusammengefasst: Die Klä-      dass die wirtschaftliche Belastung des Schenkers mit der
gerin hat von ihrem Ehemann eine Schenkung unter der            Spende über die Rechtsgedanken der Zusammenveran-
Auflage erhalten, einen Teilbetrag der Schenkung genau           lagung auf die beschenkte Ehefrau ausstrahlt, so dass
definierten gemeinnützigen Einrichtungen zur Verfügung           im Ergebnis der Spendenabzug gewährt werden konnte.
zu stellen. Das Finanzamt bezweifelte die Freiwilligkeit der
Schenkung und verweigerte den Spendenabzug.                     3. Folgerungen für die Spendenpraxis

2. Drei Prüfkriterien des BFH                                   Der BFH kommt in diesem konkreten Fall zu dem Ergeb-
                                                                nis, dass der Spendenabzug zu gewähren ist. Wegen
Der BFH hat zu diesem Sachverhalt in seinem Urteil vom          des Verweises auf die Wirkungen der Zusammenveran-
15.1.2019 (Az.: X R 6/17) insbesondere Aussagen zu drei         lagung ist es aber nicht sicher, dass eine entsprechende
Prüfkriterien getroffen:                                        Entscheidung ergangen wäre, wenn die Ehegatten nicht
                                                                zusammenveranlagt worden wären.
(1) Freiwilligkeit: Eine Spende muss freiwillig erfolgen.
Für die Freiwilligkeit ist es aber ausreichend, wenn eine       Hinweis: Genauso schwierig sind wohl Schenkungen
rechtliche Verpflichtung freiwillig begründet bzw. einge-        unter Auflage zwischen Personen zu beurteilen, die nicht
gangen worden ist. Wenn also in einem Schenkungs-               Ehegatten sind.
vertrag freiwillig eine Verpflichtung eingegangen wurde,
einen Teil der Schenkung als Spende weiterzuleiten, dann        Für testamentarisch angeordnete Spenden, die nach
ist dies für die Freiwilligkeit einer Spende nicht schädlich.   aktueller Auffassung nicht freiwillig erfolgen, ändert sich
                                                                aufgrund der Argumentation des BFH im konkreten Fall
(2) Unentgeltlichkeit: Ferner muss eine Spende unent-           nichts: Da die Auflage im Testament nicht freiwillig ein-
geltlich erfolgen. Das Finanzamt war der Auffassung, dass       gegangen wurde, sondern tatsächlich im Wortsinn dem
die Übernahme der Spende als Auflage im Schenkungs-              Begünstigten auferlegt wird, gehen wir davon aus, dass
vertrag dazu führt, dass die Spende Gegenleistung für           diese BFH-Entscheidung an der Beurteilung einer testa-
die Schenkung und damit nicht mehr unentgeltlich erfolgt        mentarisch angeordneten Spende nichts ändert und eine
ist. Der BFH tritt dem mit der Überlegung entgegen, dass        solche weiterhin nicht abzugsfähig ist.

                                                                    Empfehlung
                                                                    Auch wenn das Urteil im Einzelfall also recht posi-
                                                                    tiv ausgefallen ist, darf darüber nicht übersehen
                                                                    werden, dass der BFH der Abzugsfähigkeit von
                                                                    Spenden, die in Erfüllung einer Auflage gewährt
                                                                    werden, weiterhin enge Grenzen setzt.

                                                                                                                              13
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019

        VEREINSRECHT

     Organisatorische Leistungen eines Sport-
     dachverbands
     Zweckbetriebseigenschaft im Bereich des Amateursports gesetzlich geregelt

     Einnahmen eines Sportvereins aus sog. Sportlichen              2. Regelung der Finanzverwaltung für Veranlagungs-
     Veranstaltungen können bei Nichtüberschreitung der             zeiträume bis 2020
     Grenze von 45.000 € dem Bereich des Zweckbetriebs
     zugeordnet werden; sie sind auch darüber hinaus                Zu dem vorgenannten Urteil haben die KSt/GewSt-Refe-
     dem Zweckbetrieb zuzuordnen, wenn ausschließlich               ratsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und
     Amateure an den Veranstaltungen teilnehmen (§ 67a              der Länder beschlossen, dass es für Veranlagungszeit-
     AO). Auf ein dazu ergangenes BFH-Urteil aus 2015               räume bis 2020 nicht beanstandet wird, wenn Sport-
     haben nun die Finanzverwaltung und der Gesetzge-               dachverbände ihre organisatorischen Dienstleistungen
     ber mit Klarstellungen reagiert.                               für den Bereich des Amateursports einem Zweckbetrieb
                                                                    nach § 67a AO zuordnen (vgl. z.B. FinMin Schleswig-Hol-
     1. BFH-Entscheidung stellt Leistungspraxis in Frage            stein, Erlass vom 11.10.2018, Az.: VI 308-S0170-147).

     In seinem Urteil vom 24.6.2015 (Az.: I R 13/13) hat der BFH    3. Gesetzliche Neuregelung ab 2021
     entschieden, dass die organisatorischen Leistungen eines
     Sportdachverbands nicht zum Bereich der sportlichen Ver-       Dieser Tenor wurde dann mit Wirkung zum 1.1.2021 auch
     anstaltungen i.S. des § 67a AO gehören. Dies hat die von       gesetzlich verankert. Mit Art. 12 i.V. mit Art. 20 Abs. 4
     vielen Verbänden praktizierte Einordnung ihrer Leistungen      des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfäl-
     gegenüber den Mitgliedsvereinen in Frage gestellt.             len beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung

14
weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I
2018 S. 2338) wurde § 67a AO durch einen neuen Absatz
4 mit folgendem Wortlaut ergänzt:                                 Empfehlung
„(4) Organisatorische Leistungen eines Sportdachver-              Entsprechend engagierte Vereine können hin-
bandes zur Durchführung von sportlichen Veranstaltun-             sichtlich der Einordnung ihrer Leistungen also
gen sind ein Zweckbetrieb, wenn an der sportlichen Ver-           grundsätzlich aufatmen. Sollte die Haltung
anstaltung überwiegend Sportler teilnehmen, die keine             der Finanzverwaltung dennoch im Einzelfall
Lizenzsportler sind. Alle sportlichen Veranstaltungen einer       Gesprächsbedarf aufwerfen, sprechen Sie uns
Saison einer Liga gelten als sportliche Veranstaltung i.S.        gerne an.
des Satzes 1. Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.“

   KURZ NOTIERT

Unentgeltliche oder
verbilligte Überlassung
von Räumlichkeiten als
Mittelbeschaffung
Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Räum-
lichkeiten ist eine von der Finanzverwaltung anerkannte
Mittelbeschaffungstätigkeit i.S. des § 58 Nr. 1 AO. Dies
wurde gem. Angaben der OFD Frankfurt/M. durch koor-
dinierten Ländererlass vom 6.2.2018 bestätigt.

Hinweis: Der Erlass ist zu den sog. Bürger- und Dorf-
gemeinschaftshausvereinen ergangen.

Was macht eigentlich die Stiftungsrechtsreform?
Bereits mehrfach haben wir in der Vergangenheit über          Im Rahmen einer Fachveranstaltung im Februar 2019
den aktuellen Stand der Überlegungen zur Reform des           berichtete ein Mitglied der Arbeitsgruppe darüber, dass
Stiftungsrechts berichtet. Ernsthaft begonnen wurden die      sich nach wie vor noch nicht sicher absehen lasse, wann
Überlegungen mit der Einsetzung der Bund-Länder-Ar-           das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher-
beitsgruppe im Sommer 2015.                                   schutz den Referentenentwurf vorlegen werde. Ebenso
                                                              wenig lasse sich absehen, wann die angekündigte Mach-
Nachdem die Innenministerkonferenz im Juni 2018               barkeitsstudie zur Einführung eines Stiftungsregisters
beschlossen hat, auf der Basis des ersten Entwurfs der        ausgeschrieben werde.
Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen förmlichen Gesetz-
entwurf in Auftrag zu geben (s. dazu u. https://www.          Fazit: Alles in allem werden sich die Betroffenen also
innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschlu-          nach wie vor in Geduld fassen und abwarten müssen,
esse/20180608_06.html?nn=4812328), hat sich nur               ob, wann und wie das bundeseinheitliche Stiftungszivil-
noch wenig getan.                                             recht reformiert werden wird.

                                                                                                                        15
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