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PKF FASSELT SCHLAGE Sozialwirtschaft und Non-Profit-Unternehmen Grenzen der Gemein- nützigkeit Kapitalanlagen und politische Aktivitäten aktuell im Fokus
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019 Sehr geehrte Leserinnen und Leser, die nachfolgend ab S. 4 thematisierte Abwehr von wird. Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit gemeinnüt- Gestaltungsmissbrauch im Rahmen von Cum/Cum-Ge- zigen Organisationen in Großbritannien werden voraus- schäften betrifft keineswegs nur diejenigen, die tatsäch- sichtlich die Grundsätze der Mittelverwendung und -wei- lich derartige Geschäfte getätigt haben. Denn als Folge tergabe an ausländische Organisationen in Drittstaaten solcher in der Gemeinnützigkeitspraxis wohl eher selte- gelten. nen Gestaltungen wurden mit dem Jahressteuergesetz 2018 die Regelungen zum Kapitalertragsteuerabzug „Entspannung“ ergibt sich für die Steuerpraxis von für gemeinnützige Organisationen generell verschärft, Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege, denen mit der sodass es trotz Steuerbefreiung zu einem Abzug von neuen Anlage „Gem“ insgesamt gesehen keine zusätz- Kapitalertragsteuer kommen kann. Wir präsentieren lichen Deklarationspflichten aufgebürdet werden sollen. ihnen deshalb den Beitrag „Kapitalertragsteuerabzug Das Gegenteil folgt aus einer FG-Entscheidung, nach trotz Steuerbefreiung bei Gemeinnützigkeit“ als Top- der viele Spendenbescheinigungen über Aufwands- Thema dieser Ausgabe. spenden und Sachspenden problematisch sein könnten. Hier besteht u.U. kurzfristig Handlungsbedarf aufgrund Es folgt ein Artikel, der die Grenzen der Gemeinnüt- aktuell sehr eng gefasster formeller Voraussetzungen – zigkeit bei politischen Aktivitäten von NPO aufzeigt, steuerbegünstigte Einrichtungen müssen sich fragen, ob denn der BFH hat dem attac-Trägerverein kürzlich die ihre Zuwendungsbescheinigungen den Anforderungen Gemeinnützigkeit aberkannt. Das Urteil enthält über den standhalten. entschiedenen Fall hinaus grundsätzliche Aspekte, die es zu beachten gilt, um die Aberkennung der Gemein- Eine informative Lektüre dieser und der weiteren Themen nützigkeit zu vermeiden. Aus steuerrechtlicher Sicht im Heft wünscht Ihnen beschäftigt uns auch der Brexit, da die beschlossene Verschiebung nur für eine kurze Atempause reichen Ihr Team von PKF 2
TOP-Thema Kapitalertragsteuerabzug trotz Steuerbefreiung bei Gemeinnüt- zigkeit Inhalt Kapitalertragsteuerabzug trotz Steuerbefreiung bei Spendenrecht Gemeinnützigkeit – Systemwechsel trifft gemein- nützige Einrichtungen mit Erträgen aus bestimmten Viele Spendenbescheinigungen über Aufwands- Wertpapieren über 20.000 € .................................... 4 spenden und Sachspenden problematisch – Handlungsbedarf aufgrund aktuell sehr eng Steuerrecht gefasster formeller Voraussetzungen ...................... 11 Grenzen der Gemeinnützigkeit bei politischer Akti- Spendenabzug bei Schenkung unter Auflage – vität von NPO – BFH erkennt attac-Trägerverein Prüfkriterien des BFH ............................................... 13 die Gemeinnützigkeit ab .......................................... 6 Vereinsrecht Internationale Zusammenarbeit gemeinnütziger Organisationen vor dem Hintergrund eines mög- Organisatorische Leistungen eines Sportdach- lichen Brexit – Anwendung der Grundsätze der verbands – Zweckbetriebseigenschaft im Bereich Mittelverwendung und -weitergabe ......................... 8 des Amateursports gesetzlich geregelt .................... 14 Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege: Keine zusätz- Kurz notiert lichen Deklarationspflichten – „Entspannung“ für die Unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Steuerpraxis durch wohlfahrtspflegerische Gesamt- Räumlichkeiten als Mittelbeschaffung ....................... 15 sphäre?! ................................................................... 10 Was macht eigentlich die Stiftungsrechtsreform? .... 15 3
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019 TOP-THEMA Kapitalertragsteuerabzug trotz Steuerbefreiung bei Gemeinnützigkeit Systemwechsel trifft gemeinnützige Einrichtungen mit Erträgen aus bestimmten Wert- papieren über 20.000 € Mit dem Jahressteuergesetz 2018 wurden die Rege- gen hierfür sind im ebenfalls durch das „JStG 2018“ ein- lungen zum Kapitalertragsteuerabzug für gemeinnüt- geführten § 44b Abs. 2 EStG dargelegt. Zweck ist es, zige Organisationen erneut verschärft. Durch Ergän- steuerbefreiten Körperschaften die Kapitalertragsteuer in zung der gesetzlichen Regelungen kann es trotz voller Höhe zu erstatten, soweit den Kapitalerträgen keine Steuerbefreiung zu einem Abzug von Kapitalertrag- Cum/Cum-Gestaltungen zugrunde liegen. steuer kommen. Die Voraussetzungen für die Erstattung sind dementspre- 1. Kapitalertragsteuerabzug unter den Voraussetzun- chend durch Verweis auf § 36a EStG eingeflossen. Der gen des § 44a Abs. 10 EStG n.F. Antragsteller muss nachweisen, dass Anlässlich der missbräuchlichen Gestaltungen im Rah- » er während einer Mindesthaltedauer von 45 Tagen men von Cum/Cum-Geschäften hat die Finanzverwaltung ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer der An- die Befreiung vom Steuerabzug für gemeinnützige Kör- teile oder Genussscheine war; die Mindesthaltedau- perschaften begrenzt (BMF-Schreiben vom 19.12.2017). er muss innerhalb eines Zeitraums von 45 Tagen vor Durch die Neuregelung soll verhindert werden, dass nicht und 45 Tagen nach der Fälligkeit der Kapitalerträge steuerbegünstigte Anleger unter Zwischenschaltung erreicht werden; gemeinnütziger Körperschaften Kapitalerträge unbelastet » er während der Mindesthaltedauer ein hinreichendes vom Steuerabzug vereinnahmen können. Im Rahmen des Wertänderungsrisiko getragen hat; schädlich sind „Jahressteuergesetzes 2018“ (JStG 2018) wurden die beispielsweise Kurssicherungsgeschäfte; Grundsätze des BMF-Schreibens in § 44a Abs. 10 Satz 1 » der Anteilseigner nicht verpflichtet war, die Kapital- Nr. 3 EStG übernommen. Nach aktueller Fassung ist die erträge ganz oder überwiegend anderen Personen auszahlende Stelle auch bei steuerbegünstigten Anlegern zu vergüten. verpflichtet, einen Steuereinbehalt von 15% der Kapital- erträge vorzunehmen. Der Abzug von 15% entspricht Die Erstattung erfolgt nur auf Antrag durch das für die dem inländischen Körperschaftsteuersatz und dem im Körperschaft zuständige Finanzamt. Gesetz genannten Betrag von drei Fünfteln der Kapital- ertragsteuer von 25%. 3. Anwendungsregelungen Um kleinere steuerbefreite Organisationen nicht zu belas- Der Kapitalertragsteuerabzug ist unter den genannten ten, betrifft der verpflichtende Steuerabzug nur Dividen- Voraussetzungen erstmals für nach dem 31.12.2018 den aus inländischen girosammelverwahrten Aktien oder zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Die Finanz- Genussscheinen, soweit diese 20.000 € übersteigen. verwaltung hat jedoch eine Nichtbeanstandungsre- Vom Steuerabzug wird von vorherein auch abgesehen, gel zugunsten der Verwahrer erlassen, wonach bis wenn der Anleger die Wertpapiere seit mindestens einem zum 31.12.2019 ein Steuerabzug von 15% auch vor- Jahr im wirtschaftlichen Eigentum hält. genommen werden kann, wenn die Kapitalerträge einen Betrag von 20.000 € nicht übersteigen (vgl. 2. Erstattung der einbehaltenen Steuer bei Aus- BMF-Schreiben 17.12.2018, BStBl. I 2018 S. 1399). schluss missbräuchlicher Gestaltung Daher können im aktuellen Jahr auch Kapitalerträge unter 20.000 € vom Steuerabzug betroffen sein. Die Die in diesem Wege einbehaltenen Kapitalertragsteuern betroffenen Anleger sind dann auf das Erstattungsver- können auf Antrag erstattet werden. Die Voraussetzun- fahren angewiesen. 4
4. Gefährdung der Gemeinnützigkeit durch Cum/ Anspruch. Das FG führte weiter aus, dass Vermögens- Cum-Geschäfte verwaltung regelmäßig durch den Einsatz eigenen Ver- mögens erfolgt und nicht durch kreditfinanzierten Aktien- Das FG Hessen hatte in 2018 zu beurteilen, ob die einer kauf. Insgesamt sei durch die getätigten Geschäfte der Körperschaft durch umfangreiche Wertpapiergeschäfte Umfang zum Gewerbebetrieb überschritten und die Ver- zugeflossenen Kapitalerträge tatsächlich steuerbefreit wirklichung des Satzungszwecks ganz erheblich in den bleiben, da diese unmittelbar nach Gründung und Fest- Hintergrund getreten. stellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erzielt worden waren. Hinweis: Die Revision gegen den Beschluss des FG Hes- sen (17.8.2018, Az.: 4 V 1131/17) ist zugelassen. Die Körperschaft hatte im Rahmen von Cum/Cum-Ge- schäften in erheblichem Umfang Wertpapiere kurz vor dem Dividendenstichtag erworben und nach Auszahlung der Dividende wieder an den bisherigen Anteilseigner verkauft. Der Erwerb der Wertpapiere wurde fremdfi- Fazi t nanziert; in dem betreffenden Veranlagungsjahr wurden Durch die Begrenzung der Befreiung des Kapi- keine nennenswerten gemeinnützigen Aktivitäten durch- talertragsteuerabzugs sollen missbräuchliche geführt. Gestaltungen verhindert werden. Für die betrof- fenen Steuerpflichtigen führt dies zu einem Das FG Hessen versagte die Gemeinnützigkeit und erhöhten Verwaltungsaufwand und zu Liquidi- begründete dies im Wesentlichen mit einem Verstoß tätsnachteilen. Im Ergebnis führt die Neurege- gegen das Gebot der Ausschließlichkeit (§ 56 AO). Die lung im Vergleich zur bisherigen Gesetzeslage getätigten Wertpapiergeschäfte und die hierfür notwen- zu einem Systemwechsel im Sinne der Umkehr dige Fremdfinanzierung erforderten besondere fachliche der Beweislast. Kenntnisse der Geschäftsführung und nahmen einen gro- ßen Teil der personellen Ressourcen der Körperschaft in 5
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019 STEUERRECHT Grenzen der Gemeinnützigkeit bei politischer Aktivität von NPO BFH erkennt attac-Trägerverein die Gemeinnützigkeit ab Die unmittelbare oder alleinige Verfolgung politischer 3. Grenzen der Gemeinnützigkeit bei politischer Zwecke ist im Steuerrecht nicht gemeinnützig. Eine Betätigung gemeinnützige Körperschaft darf sich zwar zur För- derung ihres steuerbegünstigten Satzungszwecks Der BFH sieht durch die Aktivitäten des attac-Trägerver- politisch betätigen, die Tagespolitik darf jedoch nicht eins die Grenzen der Gemeinnützigkeit überschritten, da in den Mittelpunkt der Betätigung rücken – so aktuell es diesem im Schwerpunkt nicht um die Vermittlung von vom BFH mit einem Urteil vom 10.1.2019 entschie- Bildungsinhalten, sondern um die öffentlichkeitswirksame den. Es enthält über den entschiedenen Fall hinaus Darstellung und Durchsetzung eigener Vorstellungen grundsätzliche Aspekte, die es zu beachten gilt, um zu tagespolitischen Themen und damit um die Einfluss- die Aberkennung der Gemeinnützigkeit zu vermeiden. nahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung geht. Die Förderung der Allgemeinheit umfasse 1. Gesetzeslage zur Verfolgung gemeinnütziger nicht die Verfolgung politischer Zwecke. Mit § 52 Abs. 2 Zwecke Nr. 24 AO sei daher nicht vereinbar, wenn die Vereinigung mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn oder überwiegend einen politischen Zweck verfolgt. ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbst- Anders als eine auch nur geringfügige unmittelbare politi- los zu fördern. In § 52 Abs. 2 AO werden die Zwecke, sche Betätigung steht die Einflussnahme auf die politische die der Förderung der Allgemeinheit dienen, grundsätz- Willensbildung und die öffentliche Meinung zur Verfolgung lich abschließend aufgezählt. Zu diesen Zwecken gehö- der in § 52 Abs. 2 AO genannten Zwecke der Gemeinnüt- ren gem. § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO auch „die Förderung der zigkeit nicht per se entgegen. Die Körperschaft darf auch Volksbildung“ und gem. § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO „die all- im Rahmen ihres steuerbegünstigten Satzungszwecks gemeine Förderung des demokratischen Staatswesens“. zu tagespolitischen Themen gelegentlich Stellung neh- men, solange die Tagespolitik neben der Förderung des 2. Sachverhalt der BFH-Entscheidung satzungsmäßigen Zwecks nicht in den Vordergrund tritt. Darüber hinaus muss sie sich aber in jedem Fall bei ihrer In der o.g. Entscheidung vom 10.1.2019 (Az.: V R 60/17) Betätigung „parteipolitisch neutral“ verhalten. befasst sich der BFH mit der steuerlichen Gemeinnützig- keit des globalisierungskritischen Trägervereins „attac“ Die Betätigungen von attac sind nach Überzeugung des (Kläger). Der Verein verfolgt nach seiner Satzung folgende BFH auch nicht von der sog. Förderung der Volksbildung Ziele: „Förderung von Bildung, Wissenschaft und For- i.S. des § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO gedeckt. Die politische Bil- schung, die Förderung des Schutzes der Umwelt und dung als Teil der Volksbildung vollzieht sich dem gesetz- des Gemeinwesens, der Demokratie und die Solidarität geberischen Willen nach in „geistiger Offenheit“. Sie ist unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen nicht förderbar, wenn sie eingesetzt wird, um eigene poli- und gesellschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung“. tische Ansichten zu verbreiten. In den Streitjahren befasste sich der klagende Verein Hinweis: Zu unterscheiden ist insofern zwischen der öffentlichkeitswirksam u.a. mit tagespolitischen Themen offenen politischen Diskussion einerseits und der Beein- wie „Stuttgart 21“, der Bekämpfung von Steuerflucht, der flussung der Politik im Sinne eigener Auffassungen auf Anti-Atom-Bewegung, dem europaweiten Sozialabbau der anderen Seite. Im Rahmen einer objektiven neutralen und der „30-Stunden-Woche“. Dabei vertrat er eigene Würdigung kann eine gemeinnützige Körperschaft aber politische Auffassungen, machte Gestaltungsvorschläge auch an tagespolitische Ereignisse zur Förderung ihres und führte Unterschriftensammlungen durch. Satzungszwecks anknüpfen. 6
Die Grenze der Förderfähigkeit ist aber dann über- wesentlich enger aus als das vorinstanzlich mit dem schritten, wenn so entwickelte Lösungsansätze mittels Streitfall befasste Hessische FG und orientiert sich dabei weiterer Maßnahmen (wie Unterschriftensammlungen) stark an den gesetzgeberischen Grundentscheidungen. durchgesetzt werden sollen. Geht es vorrangig um die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die Hinweis: Für betroffene Vereine, die an der Grenze zwi- Gestaltung der öffentlichen Meinung zur Durchsetzung schen politischer Bildung und tagespolitischer Aktivität der eigenen Auffassung, nicht aber um die Vermittlung operieren, wäre ein Verlust der Gemeinnützigkeit insbe- von Kenntnissen oder Fähigkeiten bei „auszubildenden“ sondere für die Finanzierung des Vereins durch Spenden Personen, fehlt der erforderliche Bildungscharakter. problematisch. Eine Spendenbescheinigung, die nach § 10b Abs. 1 EStG für die Abziehbarkeit der Zuwendung Ergebnis: Demnach berechtigt die Förderung der politi- als Sonderausgaben erforderlich ist, darf nur von gemein- schen Bildung nicht dazu, zu konkreten Handlungen auf- nützigen Körperschaften ausgestellt werden. Der Verlust zurufen und Forderungen zu tagespolitischen Fragen zu der Gemeinnützigkeit bewirkt damit, dass Spenden an erheben. gemeinwohlorientierte Vereine, die die vom BFH gezoge- nen engen Grenzen überschreiten, effektiv „teurer“ wer- 4. Schlussfolgerungen für gemeinnützige Körper- den. schaften Fazit und Ausblick Im Wesentlichen führt der BFH in seiner Entscheidung die eigene ständige Rechtsprechung fort und macht die Grenzen der politischen Betätigung im Rahmen der Gemeinnützigkeit von Körperschaften deutlich. Kernaus- Man darf natürlich nicht außer Betracht lassen, sage der Entscheidung ist, dass die „allgemeine Förde- dass die Grenze zwischen Tagespolitik und rung des demokratischen Staatswesens“ und die „Förde- Förderung des demokratischen Staatswesens rung der Volksbildung“ objektiv neutral und in „geistiger sehr schmal ist. Die Entscheidung darf nicht Offenheit“ zu erfolgen haben. Äußerungen zu tagespoliti- dazu verführen, unliebsame abweichende Mei- schen Themen sprechen aber nicht grundsätzlich gegen nungen durch Entzug der Möglichkeit, Spen- die Gemeinnützigkeit, sofern sie nicht im Mittelpunkt der den zu sammeln, zu unterdrücken. Insoweit ist Betätigung stehen und im Rahmen der Förderung des zu erwarten, dass die Diskussion um dieses satzungsmäßigen Zwecks erfolgen. Thema auch mit dem Urteil des BFH noch nicht abgeschlossen ist, sondern vermutlich erst am Damit legt der BFH die Begriffe „Förderung des demokra- Anfang steht. tischen Staatswesens“ und „Förderung der Volksbildung“ 7
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019 Internationale Zusammenarbeit gemeinnütziger Organisationen vor dem Hintergrund eines mög- lichen Brexit Anwendung der Grundsätze der Mittelverwendung und -weitergabe Sollte Großbritannien den Austritt aus der Europäi- erfolgen. Bei sämtlichen Auslandssachverhalten treffen schen Union vollziehen, wird – abhängig von den die inländischen Organisationen erhöhte Nachweis- noch zu treffenden Vereinbarungen – Großbritannien pflichten. möglicherweise zum Drittstaat. Im Folgenden sollen daher die Grundsätze der Mittelverwendung im Aus- 2. Unmittelbare Förderung steuerbegünstigter land und die Mittelweitergabe an ausländische Orga- Zwecke im Ausland nisationen betrachtet werden. Verwirklicht eine steuerbegünstigte Körperschaft ihre 1. Einführung gemeinnützigen Zwecke im Ausland, greift der sog. struk- turelle Inlandsbezug (§ 51 Abs. 2 AO). Die Steuervergüns- Grundsätzlich können alle steuerbegünstigten Zwecke tigung setzt voraus, dass natürliche Personen, die ihren auch im Ausland verwirklicht werden. Dennoch gibt es Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland in den nationalen Bestimmungen Grenzen, die es auch haben, gefördert werden. Alternativ wird die Steuerbe- im Gemeinnützigkeitsrecht zu beachten gilt. Die Zweck- günstigung auch gewährt, wenn die gemeinnützige Tätig- verwirklichung im Ausland kann dabei unmittelbar durch keit im Ausland dazu beitragen kann, das Ansehen der die Körperschaft selbst oder durch Mittelweitergabe Bundesrepublik Deutschland zu fördern. Dem Inlands- 8
bezug liegt der Gedanke des Gegenleistungsverhältnis- 4. Weitergabe von Mitteln an ausländische Körper- ses zugrunde, in dem die Tätigkeit der Organisation den schaften Staat in seinen Aufgaben entlastet und im Gegenzug die Steuerbefreiung gewährt wird. Eine weitere Form der internationalen Zusammenarbeit ist die Mittelweitergabe an ausländische Körperschaf- Bei der Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Aus- ten i.S. des § 58 Nr. 2 AO. Der Anwendungserlass zur land durch eine inländische Körperschaft unterstellt die Abgabenordnung (AEAO) grenzt hier den Empfängerkreis Finanzverwaltung, dass die Körperschaft diesen Beitrag ausländischer Organisationen auf Körperschaften in der zum Ansehen Deutschlands leistet (OFD Frankfurt/M., EU/EWR ein. Aufgrund der innerhalb der EU geltenden Verfügung vom 5.9.2013). Kapitalverkehrsfreiheit besteht ein Gleichstellungsgebot von EU/EWR-Körperschaften mit inländischen steuer- Dennoch werden an den Nachweis der Mittelverwendung begünstigten Körperschaften, soweit diese materiell die im Ausland unter Verweis auf § 90 Abs. 2 AO höhere Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllen. Anforderungen gestellt (erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten). Als Nachweis können ausführ- Gemeinnützige Körperschaften aus Drittländern können liche Tätigkeitsbeschreibungen, Projektberichte, Gutach- sich daher nicht auf die Begünstigung berufen und ent- ten und Bestätigungen ausländischer Behörden dienen. fallen folglich als Empfänger bei der Weitergabe von Mit- Die Unterlagen müssen auf Anforderung ins Deutsche teln i.S. des § 58 Nr. 2 AO. Für juristische Personen des übersetzt werden. Die Abrechnungs- und Buchführungs- öffentlichen Rechts (z.B. staatliche Universitäten) könnte unterlagen sind im Inland aufzubewahren. diese Einschränkung nicht gelten. Diese Auffassung ist jedoch umstritten, so dass sich eine Abstimmung mit der Hinweis: Der strukturelle Inlandsbezug bei der Zweckver- zuständigen Finanzbehörde empfiehlt. wirklichung im Ausland gilt sowohl in EU/EWR-Staaten als auch in Drittstaaten. Die Mittelweitergabe ist auch ohne entsprechende Sat- zungsbestimmung möglich. Auch müssen sich die Zwe- 3. Beschaffung von Mitteln für Organisationen im cke der gebenden und empfangenden Körperschaft nicht Ausland decken. Die Beschränkung der Höhe nach gilt auch bei der Mittelweitergabe an EU/EWR-Körperschaften. Zuläs- Besteht die Tätigkeit einer Körperschaft in der Beschaf- sig ist die teilweise Weitergabe von Mitteln. Nach Auffas- fung von Mitteln für andere Organisationen, handelt es sung der Finanzverwaltung ist teilweise mit nicht überwie- sich um sog. Förderkörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO). Die gend gleichzusetzen, so dass maximal die Weitergabe Mittelbeschaffung muss stets als Satzungszweck festge- der Hälfte der eigenen Mittel unschädlich ist. legt sein, ebenso der zu fördernde Zweck. Hinweis: Da es sich auch hier um grenzüberschreitende Bei Empfängern im Ausland muss deren Rechtsform Sachverhalte handelt, gelten die erhöhten Mitwirkungs- einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermö- pflichten entsprechend. gensmasse im Sinne des im Inland geltenden Körper- schaftsteuergesetzes entsprechen. Die Finanzverwaltung verlangt daher, dass die Empfängerkörperschaft im Aus- land in der Satzung konkret bezeichnet wird. Fazit und Ausblick Die Empfängerkörperschaft im Ausland muss im Inland nicht als gemeinnützig anerkannt sein. Es gelten jedoch Im Rahmen der internationalen Zusammen- die o.g. erhöhten Mitwirkungspflichten durch einen quali- arbeit gemeinnütziger Organisationen sind fizierten Verwendungsnachweis. Die Förderkörperschaft erhöhte Mitwirkungs- und Nachweispflichten muss den Nachweis führen, dass der ausländische Emp- zu beachten. Sollte Großbritannien aus der EU fänger eine Tätigkeit entfaltet, die in Deutschland als austreten und demzufolge als Drittstaat gelten, gemeinnützig anerkannt wäre. sind Mittelweitergaben im Rahmen des § 58 Nr. 2 AO nach geltendem Recht ausgeschlos- Hinweis: Da der Wortlaut des § 58 Nr. 1 AO nicht zwi- sen. Ob ggf. noch zu schließende Abkommen schen inländischen und ausländischen Empfängern zwischen der EU und Großbritannien Erleichte- unterscheidet, können sowohl EU/EWR- als auch Dritt- rungen ermöglichen, bleibt abzuwarten. staatengesellschaften gefördert werden. 9
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019 Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege: Keine zusätzlichen Deklarationspflichten „Entspannung“ für die Steuerpraxis durch wohlfahrtspflegerische Gesamtsphäre?! Voraussetzung für einen ertragsteuerlich befreiten sphäre“ die Möglichkeit des Mitteltransfers innerhalb die- Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege i.S. des § 66 AO ist, ser Sphäre eröffnet. Durch diese Anpassung sollten nach dass die planmäßige, zum Wohl der Allgemeinheit aus- Aussage der Finanzverwaltung die Auswirkungen für die geübte Sorge für notleidende und gefährdete Mitmen- Sozialwirtschaft „entschärft“ werden. schen nicht des Erwerbs wegen ausgeübt wird. Befürch- tungen zusätzlicher Deklarationspflichten im Rahmen Der verwaltungsseitig eingeführte neue Begriff der wohl- der neuen „Anlage Gem“ haben sich nicht bestätigt. fahrtspflegerischen Gesamtsphäre musste nunmehr aber auch in der Steuerdeklaration Berücksichtigung finden. 1. Entwicklung der Rechtslage mit Risikopotential Dazu hat die Finanzverwaltung für Veranlagungszeit- räume ab 2017 eine neue „Anlage Gem“ eingeführt, die in Auf der Grundlage des sog. Rettungsdiensturteils des BFH den Zeilen 30 ff. Angaben zum Finanzierungsbedarf die- vom 17.11.2013 (Az.: I R 17/12) hatte die Finanzverwaltung ser Sphäre für den Veranlagungszeitraum selbst und die mit Schreiben vom 26.1.2016 die Definition des Begriffs- beiden Vorjahre verlangt. merkmals „nicht des Erwerbs wegen“ im Anwendungs- erlass zur Abgabenordnung (AEAO) erheblich verschärft, Hinweis: Zur wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre so dass in großen Teilen der Sozialwirtschaft ein großes gehören neben den Wohlfahrtspflegeeinrichtungen i.S. Risikopotential mit massiven Auswirkungen auf die Tätig- des § 66 AO auch keitsfelder der Wohlfahrtspflege identifiziert worden ist. » sog. Katalogzweckbetriebe i.S. des § 68 AO, soweit diese auch die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen, Daraufhin hat die Finanzverwaltung mit Schreiben vom » Zweckbetriebe i.S. des § 67 AO sowie 6.12.2017 den AEAO erneut angepasst und u.a. durch » ideelle Tätigkeiten, für die die Voraussetzungen des § 66 die Einführung der sog. „wohlfahrtspflegerischen Gesamt- AO vorlägen, wenn sie entgeltlich ausgeführt würden. 10
Der Steuerpraktiker stand nunmehr spätestens beim menheft 09/2018, S. 7 ff. ausführlich geäußert und waren Ausfüllen der „Anlage Gem“ vor der Frage, ob durch zu dem Schluss gekommen, dass das nicht gemeint sein die vermeintliche „Entschärfung“ der Problematik um kann (vgl. u.a. Abb. 2 auf S. 8 des Themenhefts 09/2018). die Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO Im Rahmen eines einschlägigen Branchentreffens im Früh- nunmehr eine Verschärfung der Deklarationspflichten für jahr dieses Jahres wurde unsere Einschätzung von führen- alle Zweckbetriebe der wohlfahrtspflegerischen Gesamt- den Vertretern der Finanzverwaltung bestätigt. spähre – also auch z.B. für die darin eingeschlossenen Hinweis Katalogzweckbetriebe i.S. des § 68 AO – eingetreten ist, unabhängig davon, ob überhaupt ein Zweckbetrieb i.S. des § 66 AO vorliegt. Inwieweit auch in jedem Einzelfall diese gene- 2. Keine Verschärfung der Deklarationspflichten relle Linie von den Finanzämtern einheitlich gehandhabt wird, bleibt allerdings nach wie vor Zu den vorstehend skizzierten Entwicklungen hatten wir abzuwarten. uns bereits in den letzten Themenheften, letztmalig im The- SPENDENRECHT Viele Spendenbescheinigungen über Aufwands- spenden und Sachspenden problematisch Handlungsbedarf aufgrund aktuell sehr eng gefasster formeller Voraussetzungen Wer zugunsten von steuerbegünstigten Körperschaf- besondere BMF-Schreiben vom 25.11.2014, Az.: IV C 4-S ten auf eine vereinbarte Vergütung oder Aufwands- 2223/07/0010:005, aktualisiert durch BMF-Schreiben ersatz verzichtet, soll oft über eine entsprechende vom 24.8.2016, Az.: IV C 4-S 2223/07/0010:007). Dort Bescheinigung die Möglichkeit erhalten, zumindest wird beispielsweise darauf hingewiesen, eine tatsäch- eine Spende als Sonderausgaben bei seiner Steuer- liche Vermutung spreche dafür, dass Leistungen ehren- erklärung geltend machen zu können. Das Finanz- amtlich tätiger Mitglieder und Förderer unentgeltlich und gericht Berlin-Brandenburg hat kürzlich aber die ohne Aufwendungsersatzanspruch erbracht würden. formellen Voraussetzungen zusammenfassend so Diese Vermutung sei allerdings widerlegbar. Hingewie- eng formuliert, dass viele steuerbegünstigte Einrich- sen wird auch darauf, dass der Zuwendungsempfänger tungen sich fragen müssen, ob ihre Zuwendungsbe- die zutreffende Höhe des Ersatzanspruchs, auf den ver- scheinigungen den Anforderungen standhalten. zichtet und über den eine Zuwendungsbestätigung erteilt werde, durch geeignete Unterlagen im Einzelnen belegen 1. Aufwandsspenden im Fokus der Finanzverwaltung können müsse. Spezielle Ausführungen beispielsweise zu einem Verzicht auf Fahrtkosten enthalten diese Schreiben Den sog. Aufwandsspenden, bei denen der Spender allerdings nicht. ausdrücklich erklärt, auf einen ihm zustehenden Aufwen- dungsersatzanspruch zu verzichten, begegnen Gesetz- 2. Enge Voraussetzungen gem. FG-Urteil geber, Finanzverwaltung und Finanzgerichte seit jeher mit Misstrauen. Zum Teil gilt dies auch für Sachspen- In einem rechtskräftigen Urteil vom 28.11.2018 hat nun den. Immer wieder wird auf eine Missbrauchsanfälligkeit das FG Berlin-Brandenburg (Az.: 7 K 7258/16) die bisher wegen potentiell gleich gelagerter Interessen von Spen- schon geltenden Voraussetzungen für die Anerkennung der und Empfänger hingewiesen. von sog. Aufwandsspenden und von Sachspenden noch einmal zusammengefasst und so eng formuliert, dass Die Finanzverwaltung hat in verschiedenen Anwendungs- viele Zuwendungsbestätigungen (Spendenbescheinigun- schreiben die Voraussetzungen zusammengefasst, unter gen) – insbesondere im Zusammenhang mit Fahrtkos- denen sie Aufwandsspenden anerkennt (vgl. derzeit ins- ten – falsch oder zumindest problematisch sein dürften. 11
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019 Daraus resultiert z.B. bei anstehenden Betriebsprüfungen ansprüchen gedrängt werden, sehr kritisch. Spenden zumindest ein gewisses Drohpotential der Finanzverwal- müssen freiwillig erfolgen (vgl. zum Freiwilligkeitskriterium tung. Im Einzelnen sind insbesondere die folgenden drei auch den Beitrag auf S. 13 in diesem Heft zu Spenden Aspekte von großer Bedeutung: in Form von Schenkungen unter Auflagen, in dem die Folgen aus einem BFH-Urteil vom 15.1.2019 analysiert (1) Verzicht auf Fahrtkostenansatz: Kurz zusammenge- werden). An der Freiwilligkeit kann es z.B. fehlen, wenn fasst hat das FG im Hinblick auf den Verzicht auf Fahrt- nachweisbar ausdrücklich und nachhaltig schriftlich zum kosten u.a. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Verzicht aufgefordert wird. Problematisch sind auch Fälle, » nicht die für Dienstreisen geltenden Pauschalbeträge in denen faktisch ein Verzichtszwang besteht, weil man bescheinigt werden dürfen, sondern nur die Kosten anderenfalls mehr oder weniger „am Pranger“ steht. für Treibstoff, sowie dass » sich für jede einzelne Fahrt aus der Spendenbeschei- Beispiele: Im Streitfall war problematisch, dass in dem nigung ergeben muss, dass sie zur Erfüllung der sat- Formular, mit dem im Prinzip der Ersatz von Aufwendun- zungsmäßigen Zwecke erforderlich war und in wel- gen beantragt werden konnte, u.a. ein vorgedruckter Ver- cher Eigenschaft und für welchen Anlass (Zeit und merk enthalten war, in dem es heißt: „Jeder ist eindringlich Ort) der „Spender“ tätig war. gehalten, den persönlich möglichen Betrag als Spende zur Verfügung zu stellen“. Beigefügt war dort außerdem (2) Angaben zu Sachspenden: Bei Sachspenden (im bereits eine vorausgefüllte „Spendenerklärung“, in der es dortigen Fall ging es in erster Linie um Briefmarken, Tages- heißt: „hiermit erkläre ich … dass ich den Betrag … als zeitungen und Nachrichtenmagazine) seien die zuge- Spende zur Verfügung gestellt habe“. wendeten Gegenstände in der Spendenbescheinigung selbst genau zu bezeichnen. Es genüge nicht, wenn bei- spielsweise der Spender bei dessen Steuererklärung eine Spendenbescheinigung ohne diese Angaben vorlege, und Empfehlung zwar auch dann, wenn zusätzlich noch Belege über Brief- marken, Zeitungen und Zeitschriften vorgelegt würden. Steuerbegünstigte Einrichtungen, die Zuwen- dungsbestätigungen für Aufwands- oder Sach- (3) Kriterium der Freiwilligkeit: Das FG Berlin-Branden- spenden erteilen, sollten diese daraufhin hinterfra- burg sieht außerdem die weit verbreitete Praxis, dass gen, ob sie den vorbeschriebenen Anforderungen „Spender“ mehr oder weniger nachdrücklich zum Ver- des FG Berlin-Brandenburg standhalten. zicht auf die Geltendmachung von Aufwendungsersatz- 12
Spendenabzug bei Schenkung unter Auflage Prüfkriterien des BFH Ein wesentliches Merkmal einer Spende ist ihre Frei- das Recht, einen Teilbetrag der Schenkung behalten zu willigkeit. Die Reichweite der Freiwilligkeit einer dürfen, nicht ursächlich mit der Weiterleitungsverpflich- Spende hat der BFH nun in einem aktuell veröffent- tung als Auflage im Schenkungsvertrag zusammenhängt. lichten Urteil definiert und zudem mit der Unentgelt- lichkeit und der wirtschaftlichen Belastung zwei wei- (3) Wirtschaftliche Belastung: Zudem stellt der BFH tere Prüfkriterien ausgelegt. Überlegungen an, wonach der Beschenkte, der einen Geldbetrag unter der Auflage erhält, diesen zu spenden, 1. Sachverhalt: Schenkung mit (teilweiser) Spenden- von dieser Spende nicht wirtschaftlich belastet sei. Im Auflage konkreten Fall hat der BFH aber die Wirkung der Zusam- menveranlagung von Ehegatten auf das Recht zum Der Sachverhalt, über den der BFH zu entscheiden hatte, Spendenabzug übertragen. Das bedeutet im Ergebnis, ist sehr typisch und lautet kurz zusammengefasst: Die Klä- dass die wirtschaftliche Belastung des Schenkers mit der gerin hat von ihrem Ehemann eine Schenkung unter der Spende über die Rechtsgedanken der Zusammenveran- Auflage erhalten, einen Teilbetrag der Schenkung genau lagung auf die beschenkte Ehefrau ausstrahlt, so dass definierten gemeinnützigen Einrichtungen zur Verfügung im Ergebnis der Spendenabzug gewährt werden konnte. zu stellen. Das Finanzamt bezweifelte die Freiwilligkeit der Schenkung und verweigerte den Spendenabzug. 3. Folgerungen für die Spendenpraxis 2. Drei Prüfkriterien des BFH Der BFH kommt in diesem konkreten Fall zu dem Ergeb- nis, dass der Spendenabzug zu gewähren ist. Wegen Der BFH hat zu diesem Sachverhalt in seinem Urteil vom des Verweises auf die Wirkungen der Zusammenveran- 15.1.2019 (Az.: X R 6/17) insbesondere Aussagen zu drei lagung ist es aber nicht sicher, dass eine entsprechende Prüfkriterien getroffen: Entscheidung ergangen wäre, wenn die Ehegatten nicht zusammenveranlagt worden wären. (1) Freiwilligkeit: Eine Spende muss freiwillig erfolgen. Für die Freiwilligkeit ist es aber ausreichend, wenn eine Hinweis: Genauso schwierig sind wohl Schenkungen rechtliche Verpflichtung freiwillig begründet bzw. einge- unter Auflage zwischen Personen zu beurteilen, die nicht gangen worden ist. Wenn also in einem Schenkungs- Ehegatten sind. vertrag freiwillig eine Verpflichtung eingegangen wurde, einen Teil der Schenkung als Spende weiterzuleiten, dann Für testamentarisch angeordnete Spenden, die nach ist dies für die Freiwilligkeit einer Spende nicht schädlich. aktueller Auffassung nicht freiwillig erfolgen, ändert sich aufgrund der Argumentation des BFH im konkreten Fall (2) Unentgeltlichkeit: Ferner muss eine Spende unent- nichts: Da die Auflage im Testament nicht freiwillig ein- geltlich erfolgen. Das Finanzamt war der Auffassung, dass gegangen wurde, sondern tatsächlich im Wortsinn dem die Übernahme der Spende als Auflage im Schenkungs- Begünstigten auferlegt wird, gehen wir davon aus, dass vertrag dazu führt, dass die Spende Gegenleistung für diese BFH-Entscheidung an der Beurteilung einer testa- die Schenkung und damit nicht mehr unentgeltlich erfolgt mentarisch angeordneten Spende nichts ändert und eine ist. Der BFH tritt dem mit der Überlegung entgegen, dass solche weiterhin nicht abzugsfähig ist. Empfehlung Auch wenn das Urteil im Einzelfall also recht posi- tiv ausgefallen ist, darf darüber nicht übersehen werden, dass der BFH der Abzugsfähigkeit von Spenden, die in Erfüllung einer Auflage gewährt werden, weiterhin enge Grenzen setzt. 13
PKF THEMEN · SOZIALWIRTSCHAFT UND NON-PROFIT-UNTERNEHMEN | MAI 2019 VEREINSRECHT Organisatorische Leistungen eines Sport- dachverbands Zweckbetriebseigenschaft im Bereich des Amateursports gesetzlich geregelt Einnahmen eines Sportvereins aus sog. Sportlichen 2. Regelung der Finanzverwaltung für Veranlagungs- Veranstaltungen können bei Nichtüberschreitung der zeiträume bis 2020 Grenze von 45.000 € dem Bereich des Zweckbetriebs zugeordnet werden; sie sind auch darüber hinaus Zu dem vorgenannten Urteil haben die KSt/GewSt-Refe- dem Zweckbetrieb zuzuordnen, wenn ausschließlich ratsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und Amateure an den Veranstaltungen teilnehmen (§ 67a der Länder beschlossen, dass es für Veranlagungszeit- AO). Auf ein dazu ergangenes BFH-Urteil aus 2015 räume bis 2020 nicht beanstandet wird, wenn Sport- haben nun die Finanzverwaltung und der Gesetzge- dachverbände ihre organisatorischen Dienstleistungen ber mit Klarstellungen reagiert. für den Bereich des Amateursports einem Zweckbetrieb nach § 67a AO zuordnen (vgl. z.B. FinMin Schleswig-Hol- 1. BFH-Entscheidung stellt Leistungspraxis in Frage stein, Erlass vom 11.10.2018, Az.: VI 308-S0170-147). In seinem Urteil vom 24.6.2015 (Az.: I R 13/13) hat der BFH 3. Gesetzliche Neuregelung ab 2021 entschieden, dass die organisatorischen Leistungen eines Sportdachverbands nicht zum Bereich der sportlichen Ver- Dieser Tenor wurde dann mit Wirkung zum 1.1.2021 auch anstaltungen i.S. des § 67a AO gehören. Dies hat die von gesetzlich verankert. Mit Art. 12 i.V. mit Art. 20 Abs. 4 vielen Verbänden praktizierte Einordnung ihrer Leistungen des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfäl- gegenüber den Mitgliedsvereinen in Frage gestellt. len beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung 14
weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018 S. 2338) wurde § 67a AO durch einen neuen Absatz 4 mit folgendem Wortlaut ergänzt: Empfehlung „(4) Organisatorische Leistungen eines Sportdachver- Entsprechend engagierte Vereine können hin- bandes zur Durchführung von sportlichen Veranstaltun- sichtlich der Einordnung ihrer Leistungen also gen sind ein Zweckbetrieb, wenn an der sportlichen Ver- grundsätzlich aufatmen. Sollte die Haltung anstaltung überwiegend Sportler teilnehmen, die keine der Finanzverwaltung dennoch im Einzelfall Lizenzsportler sind. Alle sportlichen Veranstaltungen einer Gesprächsbedarf aufwerfen, sprechen Sie uns Saison einer Liga gelten als sportliche Veranstaltung i.S. gerne an. des Satzes 1. Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.“ KURZ NOTIERT Unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Räumlichkeiten als Mittelbeschaffung Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Räum- lichkeiten ist eine von der Finanzverwaltung anerkannte Mittelbeschaffungstätigkeit i.S. des § 58 Nr. 1 AO. Dies wurde gem. Angaben der OFD Frankfurt/M. durch koor- dinierten Ländererlass vom 6.2.2018 bestätigt. Hinweis: Der Erlass ist zu den sog. Bürger- und Dorf- gemeinschaftshausvereinen ergangen. Was macht eigentlich die Stiftungsrechtsreform? Bereits mehrfach haben wir in der Vergangenheit über Im Rahmen einer Fachveranstaltung im Februar 2019 den aktuellen Stand der Überlegungen zur Reform des berichtete ein Mitglied der Arbeitsgruppe darüber, dass Stiftungsrechts berichtet. Ernsthaft begonnen wurden die sich nach wie vor noch nicht sicher absehen lasse, wann Überlegungen mit der Einsetzung der Bund-Länder-Ar- das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher- beitsgruppe im Sommer 2015. schutz den Referentenentwurf vorlegen werde. Ebenso wenig lasse sich absehen, wann die angekündigte Mach- Nachdem die Innenministerkonferenz im Juni 2018 barkeitsstudie zur Einführung eines Stiftungsregisters beschlossen hat, auf der Basis des ersten Entwurfs der ausgeschrieben werde. Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen förmlichen Gesetz- entwurf in Auftrag zu geben (s. dazu u. https://www. Fazit: Alles in allem werden sich die Betroffenen also innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschlu- nach wie vor in Geduld fassen und abwarten müssen, esse/20180608_06.html?nn=4812328), hat sich nur ob, wann und wie das bundeseinheitliche Stiftungszivil- noch wenig getan. recht reformiert werden wird. 15
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