Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west

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Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
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                                                        TEN
                                               JAH
Happy Birthday Bauhaus!                        VORS   RES
                                                      CHAU
Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf     2019

Hingehört und zugeschaut!
Kultur-Tipps für die erste Jahreshälfte

                            VERLAGSBEILAGE
Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
Inhalt
                                                                                                                                         Jahresvorschau 2019

                                                                                                                                         4      Jahr & Tag 2019
                                                                                                          SINFONIEKONZERT 4
                                                                                                          SO 16.12.18 11 UHR             8      Jenseits von Kohle und Marxloh
                                                                                                                                                Der neue Stadtschreiber Ruhr: Lucas Vogelsang
                                                                                                          MO 17.12.18 20 UHR
                                                                                                          DI 18.12.18 20 UHR             10     »Die Bauhäusler hätten sich nie versteckt.«
                                                                                                                                                Interview zur Absage von »Feine Sahne Fischfilet«
                                                                                                                 HÈCTOR PARRA
                                                                                                                   » INSCAPE «           12     Der Sonne so nah
                                                                                                            DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG             Entdeckungen vor der Haustür: »Neues Bauen« in NRW

                                                                                                              ROBERT SCHUMANN            16     Ein bisschen Bauhaus auf Zeit
                                                                                                          KONZERT FÜR VIOLONCELLO UND
                                                                                                               ORCHESTER A-MOLL                 Thomas Schüttes »Pavillon« in Krefeld

                                                                                                              SINFONIE NR. 4 D-MOLL                                                                       Licht an! Das Bauhaus-Jahr startet.
                                                                                                                                         18     Von Wesel nach Weimar                                     Doch wer aus NRW gehörte damals
                                                                                                            TRULS MØRK VIOLONCELLO              Bauhäusler aus NRW                                        eigentlich dazu? Stefanie Stadel hat
                                                                                                                                                                                                          Ausstellungen, Bücher und Aus-
                                                                                                                    IRCAM
                                                                                                                                                                                                          flugstipps herausgesucht, mit denen
                                                                                                         FRANÇOIS-XAVIER ROTH DIRIGENT   22     Was bringt das Bauhausjahr?                               man auch viele heute eher unbe-
                                                                                                             KÖLNER PHILHARMONIE                Ausstellungsüberblick 2019                                kannte Künstler der legendären
                                                                                                                                                                                                          Kunstschule (wieder)entdecken
                                                                                                                                         26     Schau hin!                                                kann. Zum Beispiel Grete Stern, die
                                                                                                                                                Bauhaus ist nicht alles: Ausstellungsempfehlungen         in Wuppertal aufwuchs und nach
                                                                                                                                                                                                          ihrer Flucht 1933 zur Mitbegründer-
                                                                                                                                                                                                          in der fotografischen Moderne in
                                                                                                                                         28     Meisterhaft                                               Argentinien wurde.
                                                                                                                                                2019 feiert Flandern Pieter Bruegel den Älteren

                                                                                                                                         29     Spot an!                                                                  SEITE 20
                                                                                                                                                Tanzempfehlungen 2019

                                                                                                                                         30     Von der Übermutter lösen
                                                                                                                                                Die neue Leitung am Tanztheater Wuppertal
                                                                                                                                                                                                                           Grete Stern:
                                                                                                                                                                                                            Articulos electricos para el hogar, 1950.
                                                                                                                                         31     (Musik-)Theater
                                                              SINFONIEKONZERT 6                                                                 Operntipps 2019
                                                              SO 10.02.19 11 UHR                                                         33     Bühne frei!                                                                I M P R E S S U M
                                                              MO 11.02.19 20 UHR                                                                Schauspielempfehlungen 2019                                                J A H R E S V O R S C H A U                     2 0 1 9
                                                              DI 12.02.19 20 UHR                                                                                                                                           KULTUR.WEST
                                                                                                                                         36     »Ich will erreichen, dass man uns blind vertraut«
                                                                                                                                                Der neue Mann am Konzerthaus Dortmund:                                     kultur.west erscheint zehnmal im Jahr im K-West Verlag GmbH
                                                                   ROBERT SCHUMANN                                                                                                                                         Dinnendahlstr. 134 | 45136 Essen
                                                                   KONZERT FÜR VIOLINE                                                          Raphael von Hoensbroech
                                                                                                                                                                                                                           Geschäftsführung: Dr. Ludger Claßen
                                                                  UND ORCHESTER D-MOLL                                                                                                                                     Tel.: 0201 / 49 068-14 oder Fax: 0201 / 49 068-15
                                                                                                                                         37     Forever Bach                                                               info@kulturwest.de | www.kulturwest.de
                                                                     GUSTAV MAHLER                                                              Pianist Kai Schumacher in Duisburg                                         kultur.west erscheint zehnmal im Jahr
                                                                  SINFONIE NR. 5 CIS-MOLL

                                                                  ISABELLE FAUST VIOLINE                                                 38     Die Festivals 2019                                                         REDAKTION
                                                                                                                                                                                                                           Annika Wind (V.i.S.d.P.), Volker K. Belghaus (stv.)
                                                              FRANÇOIS-XAVIER ROTH DIRIGENT
                                                                  KÖLNER PHILHARMONIE                                                    40     Der große Amuseur                                                          M A R K E T I N G
                                                                                                                                                Köln rüstet sich für Jacques Offenbachs 200. Geburtstag                    MaschMedia, Oberhausen
FOTOS © TRULS MØRK: JOHS BOE / ISABELLE FAUST: FELIX BROEDE

                                                                                                                                         41     Hier spielt die Musik                                                      L A Y O U T
                                                                       LIVESTREAM                                                                                                                                          Morphoria, Pecher, morphoria.com
                                                                         12.02.19                                                               Klassik-Empfehlungen
                                                                                                                                                                                                                           D R U C K
                                                                                                                                                                                                                           Lensing Druck GmbH u. Co KG, Dortmundd
                                                                                                                                         43     Populär!
                                                                                                                                                Pop-Empfehlungen                                                           T I T E L
                                                                                                                                                                                                                           Mitglieder der Bauhauskapelle, unbekannter
                                                                                                                                                                                                                           Fotograf, 1930, Bauhaus-Archiv Berlin
                                                                                                                                         46     Himmel und Erde

                                                                                                                                         KULTUR.WEST 12/18_01/19                                                                                        JAHRESVORSCHAU 2019
                                                              KARTEN ( 0221) 280 282          GUERZENICH-ORCHESTER.DE
Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
Jahr & Tag
                                  Ja, es gibt 2019 was zu feiern:
                                        Filme, Festivals und
                                  das Bochumer Schauspielhaus.
                                            Vorhang auf!

                                                           Auf dem Mond
                                                           – Apollo 11
                                                           ist der Name des ersten bemannten Fluges, der mit
     Das Schauspielhaus                                    der Mondlandung gekrönt wurde. So flogen die
                                                           drei Astronauten Neil Armstrong, Edwin »Buzz«
     Bochum wird 100!                                      Aldrin und Michael Collins im Juli 1969 zum
                                                           Mond. Schon drei Tage kehrten sie wieder auf die
     Wenn man so will, wurde das Bochumer Theater
                                                           Erde zurück – als Helden bis in alle Ewigkeit.
     gleich dreimal geboren. Das erste Mal im Oktober
     1908, als es unter dem Namen »Orpheum« an der
     Bochumer Königsallee als Varietétheater eröffnet
                                                           Auf der Bühne                                                                                                            Und nun – das Wetter
     wurde, um nur ein Jahr später wieder zu schließen.    – Woodstock
     Das zweite Mal im Jahr 1915, als es, zum Stadtthe-                                                                    In den 1830er Jahren begannen britische Arbeiter,        Die große Dürre wird wahrscheinlich auch den No-
     ater umgebaut, noch einmal eröffnet wurde. Das        war im August 1969 die Mutter aller Festivals.                  für den Achtstundentag zu kämpfen. In Deutschland        vember 2018 in die Geschichte eingehen lassen. Doch
     Programm bestritt während der Weltkriegsjahre         Vor geschätzten 400.000 Besuchern traten 32                     wurde er erst am 1. Januar 1919 eingeführt. Damit war    die Zukunft verheißt Erleichterung: Sollte es im kom-
     allerdings die städtische Bühne aus Düsseldorf. Ein   Bands und Solokünstler, darunter Stars wie Jimi                 die Maloche des Industriezeitalters zwar nicht vorbei,   menden Jahr so schütten wie im Science-Fiction-Klas-
     so nicht haltbarer Zustand, der im April 1919 mit     Hendrix, Janis Joplin oder The Who, auf. Bis heu-               wurde aber arbeiterfreundlicher organisiert. Vor allem   siker »Blade-Runner«, wären die Talsperren und Flüs-
     der Berufung Saladin Schmitts zum Intendanten         te gilt das Event als das ultimative Friedensfest –             in der Schwer- und Rüstungsindustrie, um weitere         se bald wieder voll. Der Science-Fiction-Klassiker
     endete. Endlich war das Schauspielhaus Bochum         der heute fast vergessenen Hippies.                             Aufstände zu unterbinden. VKB                            spielt schließlich: im November 2019. VKB
     samt Bochumer Ensemble geboren. Aller guten
     Dinge sind drei. So kann das Haus 2019 seinen 100.
     Geburtstag feiern. Ein wahres Theaterjahrhundert
                                                           Auf dem Highway
     – mit Shakespeare und Thomas Bernhard, Peter Za-      – Easy Rider
     dek und Claus Peymann. SAW                                                                                            Die Post ist da!
                                                           war ein mit geringen Mitteln produziertes, aber
                                                           äußerst populäres Roadmovie. Hier wurde das                     Die durch die Treppenhäuser gescheuchten Paket-
                     Am 13. und 14. April 2019             rebellische Lebensgefühl ganz neu definiert.                    boten haben in der Vorweihnachtszeit zwar besse-
            wird unter dem Motto »100 Jahre – Das Fest«
              im und um das Schauspielhaus gefeiert.       New-Hollywood, ein ganz neues Verständnis von                   res zu tun, als an diesen Jahrestag zu denken. Aber:
                                                           Kino – mit Dennis Hopper und Peter Fonda in                     Vor 100 Jahren, am 21. Dezember 1919, führte die
                    schauspielhausbochum.de                den Hauptrollen. PH                                             Deutsche Post das Päckchen bis 1Kg ein. VKB

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40   JAHRESVORSCHAU 2019                                                                         KULTUR.WEST 12/18_01/19   KULTUR.WEST 12/18_01/19                                                              JAHRESVORSCHAU 2019         5
Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
Jules et Georges                                                                                                                                                                                         LOCAL PRESENTING PARTNER

             Und noch ein Jubiläum… in Sachen Literatur.
             Zum 30. Todestag von Simenon erscheint das
             Gesamtwerk neu im Kampa Verlag.
            »Maigret« zu lesen, ist ein Stil, ein Gefühl, ein     Was muss man noch wissen über den Pfeifen-
          Glück. Der Autor und sein Kommissar haben einen         raucher Jules Maigret, der am Quai des Orfèvres
        nüchternen, indes nie kalten Blick auf den Menschen,      sein Büro hat und sich aus der Brasserie Dauphine
      nicht selten auch auf den zu überführenden Täter. Sie       gegenüber Stärkung bringen lässt, wenn ein Verhör an-
     hüten die Antiquiertheit des Menschen, der kein Rädchen      dauert? Er bewegt sich in allen Milieus. Manche mag er
    in einer Maschinerie ist, sondern Widerstand im Getrie-       nicht, das der Mandarine von Paris, der Politik, der
    be. Sie halten ein schon nostalgisch anmutendes Bild von      blasierten Juristen, der selten besseren Gesellschaft.
    Frankreich und Paris fest: seinen Quartiers und Straßen,      Der Gutsverwalter-Sohn ist provinziell, äu-
    Terrassenrestaurants und Bistros mit einer Patronne, die      ßerlich behäbig und schwerfällig. Er
    einfaches, gutes Essen kocht, Hausfluren mit dem Duft         hat keine Methode, er hat Instinkt
     von Ragout, kleinen Läden und Händlern, den Prostitu-        und Empathie. Verheiratet ist er mit
      ierten am Montmartre, den Concièrges in ihren Logen.        Madame Maigret, die ihn zuhause erwar-
       Der Belgier Georges Simenon (1903-1989) schrieb ne-        tet und die Tür öffnet, sobald sie ihn im

                                                                                                                                      THE
         ben den verdichteten 75 Maigret-Büchern über 100         Flur hört. Eine innige Beziehung, ohne viele
            psychologisch feinfühlige, in ihrer atmosphärischen   Worte. Simenon, der seinem Kommissar ein
               Dichte exzellente Non-Maigret-Romane. Ein          Faible für mollig »appetitliche« Frauen bei-
                  Auflagen-Millionär, flamboyant und weltläu-     gibt, würde von Simone de Beauvoir kaum
                 fig, weltweit hochgeschätzt von Lesern wie von   geschätzt worden sein. Und Maigret

                                                                                                                                      PINK
                den literarischen Kollegen. Simenon war auf       trinkt, viel, den ganzen Tag: Bier, Wein,
                Deutsch im Diogenes Verlag beheimatet. Nun        Armagnac, Calvados, Cognac, Per-
                die Sensation: Der ganze Simenon erscheint,       nod. Doch die kleinen grauen
                 in Neuübersetzungen, seit diesem Herbst in       Zellen funktionieren. AWI

                                                                                                                                      FLOYD
                    dem ebenfalls in Zürich ansässigen, neuen
                          (Daniel) Kampa Verlag.

                                                                                                                                      EXHIBITION
                                                                                                                                      THEIR MORTAL REMAINS
                                                                                                                                      EXKLUSIV IN DEUTSCHLAND
                                                                                                                                      IM DORTMUNDER U
                                                                                                                                      15. SEPTEMBER 2018 BIS 10. FEBRUAR 2019
                                                                                                                                      www.pinkfloydexhibition.de
                                                                                                                                                 #TheirMortalRemains
                                                                                                                                                                       TICKETS EXKLUSIV ÜBER   EINE AUSSTELLUNG VON
                                                                                                                                                                                                                      SOUND EXPERIENCE BY

6            JAHRESVORSCHAU 2019                                                                            KULTUR.WEST 12/18_01/19
Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
D om S tufen -f eStSpiele
       Jenseits                                                                                                                                             Hinfahren, zuhören, mitschreiben. Er macht das sehr läs-
                                                                                                                                                            sig, mit großer Nähe zu den Menschen, ist dabei aber nie
                                                                                                                                                            gefühlsduselig und verzichtet auf gehobene Zeigefinger.
                                                                                                                                                                                                                          in e rfurt         2019
       von                                                                                                                                                  »Ich habe keine Lust, moralinsaure Text zu schreiben und
                                                                                                                                                            den Lesern alles vorzukauen. Fikret aus dem Wedding

       Kohle                                                                                                                                                kann man blöd oder gut finden. Man soll sich ein eigenes
                                                                                                                                                            Bild machen. Wie soll ich mit 33 Jahren als moralische
                                                                                                                                                            Instanz einem 60-Jährigen erklären, wie er sein Leben
       und                                                                                                                                                  hätte leben müssen?« Der Buchtitel bezieht sich nicht
                                                                                                                                                            nur auf den Mülheimer Stadtteil. Auf einer Reporta-

       Marxloh                                                                                                                                              ge-Reise entdeckte er mitten in Namibia nach 300 Kilo-
                                                                                                                                                            metern Wüstenpiste auch ein Schild mit der Aufschrift
                                                                                                                                                            »Heimaterde«. Ein Begriff, der nun auf zwei Kontinenten
         TEXT   VOLKER K. BELGHAUS                                                                                                                          existiert, und bestens zum Buch passt, zumal es in einem
           BELGHAUS@KULTURWEST.DE                                                                                                                           Kapitel um muslimische Beerdigungen geht. Menschen,
                                                                                                                                                            die vom Titel Blut und Boden erwarten, enttäuscht er be-
                                                                                                                                                            wusst: »Ich schreibe über migrantische Identitäten, die
                                                                                                                                                            aber dennoch sehr deutsch sind. Der junge marokkani-
                                                                                                                                                            sche Bestatter aus Essen hat zwei Großväter. Der eine hat
                                                                                                                                                            40 Jahre unter Tage gearbeitet, der andere war bei Thys-
                                                                                                                                                            senKrupp. Das ist doch die ideale Ruhrpott-Biografie
                                                                                                                                                            und entzieht sich jeglicher Zuschreibung!«
                                                                                                                                                            Das Revier ist für Vogelsang längst auch ein bisschen Hei-
                                                                                                                                                            mat geworden. 29 Mal hat er bereits in einem Hotel am
       Blick von außen                                                                                                                                      Essener Kennedyplatz übernachtet. »Heimat ist, wo es ein
                                                                                                                                                            bekanntes Gesicht gibt. Ich kenne hier schon sehr viele
       mit Leuten von                                                                                                                                       Menschen, die ich anrufen kann«, sagt er.
       hier: Der Berliner                                                                                                                                   Das Ruhrgebiet will Vogelsang von den Menschen her
                                                                                                                                                            erzählen, sagt er. Für die wichtigsten Städte hat er Paten
       Reporter Lucas                                                                                                                                       ausgesucht, mit denen er dort Zeit verbringen will. Die
       Vogelsang ist der                                                                                                                                    dort leben oder aufgewachsen sind. Die sich auskennen.         U R A U F F Ü H R U N G
                                                                                                                                                            Aus den Biografien, Anekdoten und Begegnungen entste-
       neue Stadt-

                                                                                                                                    Foto: © Philipp Wente
                                                                                                                                                                                                                           MUSICAL VON ØYSTEIN WIIK (TEXT)
                                                                                                                                                            hen dann die Texte. Angefragt ist Peter Thorwarth, der in      UND GISLE KVERNDOKK (MUSIK)
       schreiber Ruhr.                                                                                                                                      Unna aufgewachsene Regisseur von »Bang Boom Bang«.             NACH DEM ROMAN VON UMBERTO ECO
                                                                                                                                                            Mit Joachim Król will er ins Stadion zu Westfalia Herne,
       Eine Begegnung in                                                                                                                                    und mit seinem Kumpel Micky Beisenherz hat er vor,
                                                                                                                                                                                                                           Premiere: 9. August 2019, 20 Uhr
       Mülheim.                                                                                                                                             nachts im Burger King von Castrop-Rauxel abzuhängen.
                                                                                                                                                            Mal gucken, was passiert.
                                                                                                                                                            Und was ist mit den großen Themen Steinkohle und Mar-          Vorstellungen:
                                                                                                                                                            xloh, die angeblich für das Ruhrgebiet stehen? »Wenn alle      Sa, 10.08. | So, 11.08. | Di, 13.08. | Mi, 14.08.   |
Er kommt mit offenem Verdeck. Lucas Vogelsang rollt mit seinem       Geschichten, die aufgeschrieben werden müssen. Sein Buch »Hei-                         schon in Marxloh waren, muss ich da nicht mehr hin.            Do, 15.08. | Fr, 16.08. | Sa, 17.08. | So, 18.08.   |
metallic-blauen Saab Cabriolet vor den Hintereingang des Mül-        materde – Eine Weltreise durch Deutschland« ist somit auch eine                        Wenn schon Duisburg, dann würde ich lieber bei Adolf           Di, 20.08. | Mi, 21.08. | Mo, 22.08. |Sa, 24.08.    |
heimer Hauptbahnhofs. Soviel Style ist selten an diesem Nicht-       überlange Reportage von 330 Seiten, und war so erstmal nicht                           Sauerland im Reisebüro vorbeischauen und fragen, wie es        So, 25.08. | Mi, 28.08. | Do, 29.08. | Fr, 30.08.   |
Ort. Nichts wie weg also, an diesem überwarmen Novembertag           geplant. Nach der Mitarbeit an der BVB-Anthologie »Man muss                            ihm jetzt so geht. Auch das ist Teil des Ruhrgebiets, fast     Sa, 31.08. | So, 01.09.2019
mit dem flammendgelben Herbstlaub. Es geht über die Ruhrbrü-         ein Spiel auch lesen können« schlug man ihm ein eigenes Buch                           zehn Jahre nach der Love-Parade.« Er erwähnt das riesi-
cke Richtung Saarn. Vogelsang fährt einen flotten Reifen, weist in
die Ferne – »Da hinten wohnt Helge Schneider!« – und findet mit
                                                                     vor. Aber: »Ich wollte nie eins schreiben. Ein Buch ist wie eine
                                                                     lange Beziehung und Reportagen sind wie schöne Affären. Ich
                                                                                                                                                            ge Special in der WAZ über das Ende der Steinkohle, das
                                                                                                                                                            kürzlich erschien. Für ihn ist das Thema durch: »Da war
                                                                                                                                                                                                                           Informationen & Karten:
                                                                                                                                                                                                                           Tel.: 0361 22 33 155               10%
Mühe einen Parkplatz in der Nähe des Cafés »pottschwarz«.            dachte immer, ich wäre noch nicht reif für so eine lange Geschich-                     alles drin, was man hätte machen können. Mein Ansatz           vorverkauf@theater-erfurt.de
Der Laden ist voll, die Heißgetränke dampfen, Lucas Vogelsang        te.« Er zog in den Wedding und schrieb die Zeitungs-Reportage                          ist und bleibt, mit Leuten zu sprechen, dir mir etwas sagen
                                                                                                                                                                                                                                                              GRUPPEN-
                                                                                                                                                                                                                           www.domstufen-festspiele.de         RABATT
entdeckt ein Plakat mit seinem Gesicht und den Hinweis auf seine     »Ein deutsches Eck« über die Bewohner seines Hauses, wo sich                           und die aus ihren Geschichten und Anekdoten heraus ihre
Lesung und freut sich. Nach Gila Lustiger ist er der zweite Stadt-   die Klingelschilder lesen wie eine »UN-Vollversammlung«. Deren                         Biografie erzählen. Jenseits von Kohle und Marxloh.«                                              ab 20 Personen
schreiber, den die Essener Brost-Stiftung ins Ruhrgebiet holt. Der   Lebensgeschichten erzählt Vogelsang auch in »Heimaterde«: »Ich
Berliner hatte unter anderem für die Welt am Sonntag geschrieben     gehe in jedem Kapitel von den Bewohnern in die Welt. Im Haus
und residiert jetzt für ein Jahr in Mülheim. Für sein neues Buch,    lebt eine nordvietnamesische Blumenfrau, ich habe daraufhin                                                 LUCAS VOGELSANG
an dem er gerade gemeinsam mit Joachim Król arbeitet, ist er zum     Nordvietnamesen in Rostock-Lichtenhagen besucht. Bei meiner                                »HEIMATERDE – EINE WELTREISE DURCH DEUTSCHLAND«
Rowohlt-Verlag gewechselt.                                           türkischen Nachbarin stirbt die Mutter – ich habe nachgeschaut,                                    AUFBAU VERLAG, 330 SEITEN, 20 EURO
Man merkt Lucas Vogelsang im Gespräch an, wie gern er Repor-         wo es Deutschlands jüngsten muslimischen Bestatter gibt. In Es-
ter ist. Das Unterwegssein, fremde Orte, interessante Menschen.      sen, am Friedhof am Hallo.«                                                                            WWW.BROSTSTIFTUNG.RUHR

8          JAHRESVORSCHAU 2019                                                                                 KULTUR.WEST 12/18_01/19                      KULTUR.WEST 12/18_01/19                                                                             RUBRIK             9
Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
»Die Bauhäusler                                                                                                      Aber das Bauhaus wurde immer mehr in die Politik hin-

        hätten sich nie versteckt.«                                                                                         eingezogen – allein durch enorme Anfeindungen. Wenn
                                                                                                                            ich mich nicht mit der Politik beschäftige, dann heißt das
                                                                                                                            nicht, dass die Politik sich nicht mit mir beschäftigt.

                                                    INTERVIEW   ANNIKA WIND                                                 kultur.west: Die Kulturpolitik will das Bauhaus heute
                                                      WIND@KULTURWEST.DE                                                    als Idealbild des guten Deutschlands verstanden wis-
                                                                                                                            sen. Aber wie demokratisch ging es dort wirklich zu?
                                                                                                                                     DREYER: Das Bauhaus war einerseits ein
     Das Bauhaus wird 100! Und rutscht schon kurz vor dem                                                                   bisschen anarchisch aufgebaut und sollte zunächst                                            Michael Dreyer ist Professor für
     Jubiläumsjahr in die Schlagzeilen. Weil die Leitung der                                                                keine großen Hierarchien haben. Andererseits war                                             Politische Theorie und Ideengeschichte
                                                                                                                                                                                                                         in Jena und hat sich zuletzt stark
                                                                                                                            dann aber schon sehr schnell klar, wer das Sagen hatte,
     Dessauer Institution einen Aufmarsch Rechter fürchtete,                                                                wer die Meister waren und wer die Schüler. Das eine
                                                                                                                                                                                                                         für ein »Haus der Weimarer Republik«
                                                                                                                                                                                                                         engagiert, das bis Mitte 2020 als
     sagte sie ein dort geplantes Konzert der Band »Feine Sahne                                                             solche Gruppe gerade auch in den schwierigen politi-                                         »Forum der Demokratie« in Weimar
                                                                                                                                                                                                                         entsteht. In seinen Forschungen geht
                                                                                                                            schen Verhältnissen mit klarer Hand geführt werden
     Fischfilet« ab. Wo steht unsere Demokratie heute? Und                                                                  musste – das war die Aufgabe von Gropius. Er mag ein
                                                                                                                                                                                                                         es ihm auch darum, ein positiveres
                                                                                                                                                                                                                         Bild der Weimarer Republik zu zeigen.
     wie wäre Walter Gropius mit einer solchen Situation um-                                                                Demokrat gewesen sein, aber ein theoretischer. Prak-                                         »Vieles von dem, was wir heute in
                                                                                                                                                                                                                         unserer Demokratie leben, wurde
                                                                                                                            tisch legte er schon großen Wert darauf, alles in der
     gegangen? Darüber hat kultur.west mit Michael Dreyer                                                                   Hand zu haben.
                                                                                                                                                                                                                         damals entwickelt.« Von der Verfassung
                                                                                                                                                                                                                         über Betriebsrätegesetze bis zu Förder-
     gesprochen, der als Professor für Politische Theorie an der                                                                                                                                                         programmen für die Kunst am Bau.
                                                                                                                            kultur.west: Was halten Sie von der Konzertabsage des
     Friedrich-Schiller-Universität Jena vor allem eines sehr                                                               Dessauer Bauhauses an »Feine Sahne Fischfilet«?                                                           WWW.WEIMARER-REPUBLIK.NET
     gut kennt: die Ideengeschichte der deutschen Demokratie.                                                                        DREYER: Ich kenne das Oeuvre dieser Band zu
                                                                                                                            wenig, das ist nicht meine Musik. Es sind anscheinend
                                                                                                                            einige bedenkliche Texte dabei. So kann man vielleicht
                                                                                                                                                                                                                                               Foto: privat
                                                                                                                            die Frage stellen, ob diese Band wirklich eine gute Re-
     kultur.west: Herr Dreyer, das Bauhaus wurde 1919            kultur.west: Wie war denn das Selbstverständnis der        präsentanz für das Bauhaus ist. Und ob sie überhaupt
     gegründet – wie sah die politische Gemengelage da-          Bauhäusler selbst?                                         hätte eingeladen werden sollen. Nur: Wenn das erst
     mals aus?                                                           DREYER: Das Bauhaus-Manifest zeigte schon          einmal geschehen ist, dann ist eine solche Absage mit

                                                                                                                                                                                           DER SANDMANN
              DREYER: Das Bauhaus war nicht zufällig in ei-      sehr früh: Die Lebensreform war das große Ziel. Das        Verweis auf den potenziellen Aufmarsch Rechter natür-
     ner Zeit des Übergangs entstanden – vom Kaiserreich in      Bauhaus wollte modernes Leben in der modernen In-          lich fatal. Das ist auch etwas, das mit Sicherheit nicht
     die Weimarer Republik und damit in die erste deutsche       dustriegesellschaft gestalten. Leute wie Gropius waren     im Sinne von Gropius gewesen wäre. Man kann davon
     Demokratie. Also in einer schwierigen Zeit, so kurz nach    auch politisch sehr wach und wussten sehr genau ein-       ausgehen, dass die Bauhäusler sich in der Auseinander-
     dem verlorenen Krieg, aber auch in einer Phase, in der      zuordnen, dass ab 1920 in Weimar, der Hauptstadt des       setzung mit rechten Kräften nie versteckt hätten.

                                                                                                                                                                                         von E.T.A. Hoffmann Regie: Florian Fiedler
     das Gefühl weit verbreitet war, dass jetzt ein Aufbruch,    neu gegründeten Landes Thüringen, auch eine Regie-

                                                                                                                                                                                                                                                                                        AB DEM 3.11.2018
     etwas Neues erfolgt. Durch die neue demokratische Re-       rung sitzt, die links von der Mitte steht. Als sich das    kultur.west: Rechte Tendenzen nehmen in unserem
     gierung war die Gründung ja auch überhaupt erst mög-        änderte und 1924 die Rechten die Regierung übernah-        Land merklich zu. Müssen wir uns sorgen um unsere
     lich geworden – durch staatliche Finanzierung.              men, war das auch das Ende des Bauhauses in Wei-           Demokratie?
                                                                 mar. Natürlich war es kein Zufall, dass man sich dann                DREYER: Die berühmt-berüchtigten Weimarer
     kultur.west: Wie haben die Kulturgrößen der Zeit            Dessau aussuchte – eine Arbeiterstadt, mit einer, wie      Verhältnisse haben wir nicht und die werden wir auch
     damals auf die Gründung reagiert?                           man glaubte, soliden sozialdemokratischen Mehrheit.        nicht kriegen. Gemeint sind damit die Verhältnisse von
              DREYER: Das Ganze ist zunächst weniger zur                                                                    1932, als es bei Straßenschlachten Dutzende von Toten
     Kenntnis genommen worden, als man sich das heu-             kultur.west: Die Entwicklung des Bauhauses war also        gab. Das gibt es, Gott sei Dank, noch nicht. Es gibt einen
     te vorstellt. Viele Künstler sind ja auch erst durch das    stark beeinflusst von der Politik. Aber wie politisch      zentralen Unterschied zwischen damals und heute: Die
     Bauhaus bekannt geworden und umgekehrt das Bau-             empfand es sich selbst – heute gilt es ja vor allem als    Weimarer Republik ist nicht untergegangen, sondern
     haus durch sie. Anfang 1919 war gerade ein Weltkrieg        ästhetische Marke…                                         gezielt zerstört worden. Nicht durch das Volk, denn de-
     verloren gegangen, da standen Friedensverhandlungen                  DREYER: Das stimmt. Aber Politik spielte von      mokratische Mehrheiten hat es immer gegeben. Hitler ist
     an, eine Verfassung musste verabschiedet werden, die        Anfang an eine Rolle. Ich würde mir wünschen, dass mehr    nicht durch Wahlen an die Macht gekommen. Die Eli-
     Menschen kamen wieder aus einem schlimmen Hun-              Ausstellungsmacher stärker im Bewusstsein hätten, dass     ten aus Politik, Wirtschaft, Militär, Justiz und den Uni-
     ger-Winter; da hatten viele andere Sorgen, als darauf zu    das Bauhaus eine zutiefst politische Bewegung war.         versitäten waren nur zum Teil demokratisch und damit
     achten, dass eine neue Kunstschule gegründet wurde.                                                                    das eigentliche Problem. Nicht unbedingt in Hinblick
     In Weimar selbst ist sie natürlich sehr wohl registriert    kultur.west: Wurden denn am Bauhaus — auch öf-             auf Hitler, aber in Hinblick auf die Beseitigung der De-
     worden. Aber auch nicht in dem positiven Sinne, in dem      fentlich – politische Debatten geführt?                    mokratie durch ein rechtskonservatives Regime. Das ist
     man sich heute gerne daran erinnert. Weimar war zu der               DREYER: Politische Debatten im engsten            heute grundlegend anders. Antidemokratisch sind heu-

                                                                                                                                                                                                Katrin Ribbe
     Zeit eine kleine, sehr bürgerliche Residenzstadt, ohne      Sinn nicht. Man hat in die Bevölkerung durch die Bau-      te vielleicht Einzelpersonen, aber nicht große Teile der

                                                                                                                                                                                                Foto:
     Industrie, mit vielen Verwaltungsbeamten und Militär.       haus-Ausstellungen gewirkt. Damit waren auch politi-       Eliten. Das lässt doch einigermaßen zuversichtlich in die
     Und nun kamen auf einmal diese schrägen Vögel daher.        sche Aspekte wie der soziale Wohnungsbau verbunden.        Zukunft schauen.

10   JAHRESVORSCHAU 2019                                                                          KULTUR.WEST 12/18_01/19   KULTUR.WEST 12/18_01/19                                                                                                               JAHRESVORSCHAU 2019            11
Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
Der Sonne so nah                                                 Köln                                                                            Aachen
                                                                      DER »BLAUE HOF« IN BUCHFORST UND                                                KIRCHE SANKT FRONLEICHNAM
                        TEXT   STEANIE STADEL                         DIE »WEISSE STADT« IN KALKERFELD                                                Wichtiger als Schulen sind für das Rheinland sicher die Kirchen. Wie wirken sich die neuen
                                                                      Zwar findet sich eine Reihe schöner Bei-                                        Architekturideen auf den sakralen Bau aus? Erstaunliche Innovationen kennt man aus den
                                                                      spiele für völlig neu durchdachte Einfami-                                      1950er Jahren. Die tollsten Kirchen seien damals im Rheinland gebaut worden, so Kuhrau.
                                                                      lienhäuser in NRW, doch war diese Aufga-                                        Doch hätten diese Leistungen durchaus eine Vorgeschichte in der Weimarer Republik, als
     Bauhaus-Architektur in NRW?                                      be eigentlich nicht mehr up to date. »Mehr                                      Rudolf Schwarz hier aktiv war. Etwa in Aachen, wo er 1930 mit Sankt Fronleichnam ein be-
                                                                      Lorbeeren konnte man sich als Architekt                                         sonders prominentes Beispiel des »Neuen Bauens« vollendete: Die Reduktion scheint auf die
     Ja, die gibt es. Wenn auch mit                                   großer Siedlungen verdienen«, so Kuh-                                           Spitze getrieben. Kein Detail zu viel, nur weiße Wände, die hoch in den Himmel wachsen. Im
     ihr eher das »Neue Bauen«                                        rau. Da fallen einem schnell die Schöp-                                         Inneren sei der Gläubige ganz auf sich selbst geworfen, bemerkt Kuhrau, und erinnert an die
                                                                      fungen eines Wilhelm Riphahn in Köln                                            Raumwirkung gotischer Kathedralen.
     gemeint ist, das von verschie-                                   ein. Ganz besonders die mit Caspar Maria
     denen Strömungen beeinflusst                                     Grod geplanten Wohnanlagen im Stadtteil
     wurde. kultur.west hat mit dem                                   Buchforst. Der noch in Blockrandbebau-                                                                                              Rheinberg
                                                                      ung angelegte »Blaue Hof« von 1926 und
     Denkmalpfleger Sven Kuhrau                                       – deutlich progressiver – die wenige Jah-                                                                                           PUMPWERK
                                                                      re jüngere »Weiße Stadt«. Zwischen den                                                                                              Kaum zu übersehen sind beim Streifzug durch die
     eine Auswahl zusammenge-                                         beiden Projekten hatten die Baumeister in                                                                                           rheinische Architekturlandschaft der Weimarer Re-
     stellt, die bald auch Teil eines                                 Karlsruhe an der Siedlung Dammerstock                                                                                               publik natürlich die avantgardistischen Industriebau-
                                                                      mitgewirkt, wo unter Walter Gropius die                                                                                             ten – wer kennt sie nicht, die Essener Zeche Zollverein
     Buches, einer Ausstellung                                        Zeilenbauweise zelebriert wurde. In Köln                                                                                            oder Mies van der Rohes Fabrikgebäude der Verseidag
     und eines Web-Portals ist. Zum                                   nun greifen Riphahn und der Kollege die                                                                                             in Krefeld? Doch birgt die Datenbank der Denkmal-
                                                                      Idee auf: Immer hübsch parallel ziehen                                                                                              schützer auch echte Geheimtipps: weiße Quader in der
     Jubiläum, versteht sich.                                         sich die fünfgeschossigen Gebäuderiegel                                                                                             Wiese nahe dem Flussufer bei Rheinberg etwa. Es ist
                                                                      in Nord-Süd-Richtung. Der gemeinschaft-                                                                                             ein Pumpwerk, das muss man wissen. Denn Rudolf
                                                                      liche Hof fällt weg. Stattdessen verlaufen                                                                                          Kuckelmann versteckt die schnöde Funktion in einer
     Sven Kuhrau, Denkmalpfleger beim Landschaftsverband              zwischen den Riegeln Grünstreifen, die                                                                                              Art Landhaus des »Neuen Bauens«.
     Rheinland, hat in den letzten Monaten Listen durchkämmt          kaum mehr der Begegnung dienen. Ein           Aachen: St. Fronleichnam, Rudolf Schwarz, 1929-30. Foto: Jürgen Gregori, LVR – ADR.
     und alte Fachzeitschriften gewälzt. Denn mit seinem Kolle-       Prinzip, das schon damals stark diskutiert
     gen Marco Kieser will er 100 rheinische Architektur-Beispie-     wurde, so Kuhrau. »Da wird ein Stück
     le zum Bauhaus-Jubiläum in einem Buch vorstellen. Man            Stadt entwickelt aus den Bedingungen der
     trifft ihn vor den Toren von Köln in den barocken Gebäuden       einzelnen Wohnung heraus«, das sei der
     der Abtei Brauweiler. Auf dem Schreibtisch liegt ein dicker      Höhepunkt der Monofunktionalität. Jede
     Ordner mit Textentwürfen, auf dem Monitor reihen sich            der 600 Einheiten ist optimal zur Son-
                                                                                                                              Leverkusen
     kleine Bilder schlichter Bauten.                                 ne hin ausgerichtet – am Morgen scheint
                                                                                                                              REALSCHULE AM STADTPARK
     Bauhaus-Architektur im Rheinland? Fragt man sich laut und        sie ins Schlafzimmer, nachmittags in die
                                                                                                                              Ob Villa, Arbeiterbleibe – überall zog das
     findet bei Kuhrau offene Ohren. Wenn heute jemand vom            Wohnräume. Luft und Licht zum Wohle
                                                                                                                              »Neue Bauen« ein. Auch in die Schulen. Ein
     »Bauhaus-Stil« spreche, dann stecke dahinter doch meist          der Wohnenden.
                                                                                                                              schönes Beispiel steht in Leverkusen. Mit dem                                                         N U ND
                                                                                                                                                                                                                                  R        T
                                                                                                                                                                                                                              ESTE HÄFTIG
     eine sehr verwaschene Vorstellung von kubischen Formen
                                                                                                                              Bauhaus hat das mächtige Backstein-Denkmal,
     in weißer Farbe. Ohnehin habe er Probleme damit, alles auf                                                                                                                                                             G
     das Bauhaus zurückzuführen. »So eine vergleichsweise klei-
                                                                                                                              wo heute die »Realschule Am Stadtpark« sitzt,
                                                                                                                                                                                                                 I T D E M E B E S C RHEFT
                                                                                                                              allerdings wenig zu tun. Vielmehr folgte Wil-                                    M        E U T EBRUA
     ne Kunstschule, die noch nicht einmal eine klassische Ar-
                                                                                                                                                                                                                      H
                                                                                                                                                                                                               D E M NSER F
                                                                                                                              helm Fähler bei seinen Planungen ab 1927 wohl
     chitekturschule war, soll unmittelbar aufs Rheinland gewirkt
                                                                                                                              dem Vorbild von Willem Marinus Dudok, der
                                                                                                                                                                                                                      U
                                                                                                                                                                                                               SICH
     haben? Das geht ja gar nicht.«
                                                                                                                              mit seinen Architekturen bis heute das Stadt-
     Und das Buch? Das erscheint zwar zum Bauhaus-Jubiläum,
                                                                                                                              bild des niederländischen Hilversum prägt.
     beschäftigt sich aber explizit mit dem »Neuen Bauen«, und
                                                                                                                              Eine Verbeugung Richtung Dessau baut Fähler                                                                         ––––        AR
     da spielen diverse Ideen und Strömungen der Zeit hinein.                                                                                                                                                                                      DE J
                                                                                                                                                                                                                                                         ANU
                                                                                                                              aber dann doch noch an: Die kleinen Balkone                                                                   AB E
                                                                                                                                                                                                                                                 N        E L
     Die Architekturszene der Avantgarde in Europa damals war                                                                                                                                                                                        AND
                                                                                                                              an der Schulfassade sehen dem Modell an Gro-                                                                     IM H ICH!
                                                                                                                                                                                                                                                     L TL
     vielfältig. Neben dem Bauhaus fallen einem etwa De Stijl in                                                                                                                                                                              ERH  Ä
                                                                                                                              pius’ Ateliergebäude verflixt ähnlich.                                                                               – ––
                                                                                                                                                                                                                                                     –
     den Niederlanden ein, der russische Konstruktivismus oder
     auch der schweizerisch-französische Architekt Le Corbusier.
     Das alles schlug sich auch in NRW nieder.                                                                                                                                                                                                              S T.     DE
                                                                                                                                                                                                                       UNTE
                                                                                                                                                                                                                            R
                                                                                                                                                                                                                                  URW
                                                                                                                                                                                                                                      EST   .DE
                                                                                                                                                                                                                                                      R W E
                                                                                                                                                                                                                                        LT U
     Tatsächlich wurde hier in den 20er Jahren besonders viel                                                                                                                                                  O D E R B @ K U LT
                                                                                                                                                                                                                        I E
                                                                                                                                                                                                                             U
                                                                                                                                                                                                                         W.K
                                                                                                                                                                                                                      R
     und innovativ gebaut. Zwar ist heute vieles verschwunden                                                                                                                                                  VERT
     oder schlicht nicht mehr zu erkennen, da war der Denkmal-
     schutz nicht schnell genug. Aber, was blieb, ist reichlich für
                                                                                                                                                                                                               WW
                                                                                                                              Köln-Kalkerfeld – Weiße Stadt, Wilhelm Riphahn und Caspar
     eine schöne Auswahl.                                                                                                     Maria Grod 1929-32. Foto: Jürgen Gregori, LVR – ADR.

12   JAHRESVORSCHAU 2019                                                                  KULTUR.WEST 12/18_01/19   KULTUR.WEST 12/18_01/19                                                                                                           JAHRESVORSCHAU 2019   13
Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
Museum Haus Lange, Krefeld, Westansicht. Foto: Volker Döhne.
                                                                                                                                                                                       20 museen, 11 bühnen,
                                                                                                                                                                                       3 festivals, eine karte !
                                                                                                            In Duisburg gibt es eine Siedlung der Zeit zu entdecken.
                                                                                                            Foto: Silvia M. Wolf, LVR - ADR

     Krefeld
     HAUS LANGE UND HAUS ESTERS
     In Krefeld liegt die Verbindung zum Bauhaus am
                                                                                                            Duisburg
     nächsten. Wurden doch die beiden berühmten Kre-
                                                                                                            SIEDLUNG DICKELSBACH
     felder Fabrikanten-Villen Haus Lange und Haus Es-
                                                                                                            Möglichst große Annehmlichkeiten schaffen und da-
     ters von Ludwig Mies van der Rohe geplant, bevor er
                                                                                                            bei vergleichsweise geringen architektonischen Auf-
     1930 als Direktor ans Bauhaus ging. Dem Klischee
                                                                                                            wand treiben – dieser Idee folgt noch mehr die zwi-
     einer »weißen Moderne« entsprechen sie mit ihren
                                                                                                            schen 1925 und 1927 in Duisburg gebaute Siedlung
     dunklen Klinkermauern natürlich nicht, dennoch
                                                                                                            Dickelsbach. Gedacht waren ihre winzigen Häuschen
     behaupten sich diese flachgedeckten Häuser als un-
                                                                                                            mit Minigarten vor allem für kinderreiche Arbei-
     gemein fortschrittliche Architekturen im konservativ
                                                                                                            terfamilien, die im Grün hinter dem Haus Gemüse
     bebauten Umfeld. Geschlossen wirken sie zur Straße
                                                                                                            züchten und Hühner halten konnten. Die Wohnun-
     hin, verbinden sich aber hinten hinaus mit großen,
                                                                                                            gen glichen einander wie ein Ei dem anderen, denn
     beinahe bodentiefen und zum Teil sogar versenkba-
                                                                                                            man dachte und plante – der Sparsamkeit halber –
     ren Fenstern fast fließend mit dem Garten. Ein neues
                                                                                                            in Typen. Diese Art von Siedlungen seien kaum be-
     Verständnis von Privatheit bricht sich Bahn. Kuhrau
                                                                                                            kannt, meint Kuhrau, weil man ihnen jeden gestalte-
     weist auf einen Bediensteten-Eingang hin, der fast
                                                                                                            rischen Anspruch absprach. Der Fachmann sieht das

                                                                                                                                                                                                                               ruhr
     gleichwertig neben der Tür der Herrschaft liegt und
                                                                                                            anders. Für ihn liegt der Vergleich mit Gropius’ Rei-
     damit eine für die Zeit erstaunliche Egalisierung be-
                                                                                                            henhaus-Siedlung in Dessau Törten gar nicht so fern.
     lege. Was das Interieur angeht, musste Mies von der

                                                                                                                                                                                                                               kultur.card
     Rohe sich allerdings ein wenig bremsen – in Haus
     Lange wollte man sich auch nicht von der alten Ge-
     wohnheit eines Herren- und eines Damenzimmers

                                                                                                                                                                                                                               2019
     abbringen lassen.

     Wuppertal
                                                                                                                                                                                                                                                        45 €
                                                                                                                                 NEUES BAUEN IM RHEINLAND

     HAUS GROBEL                                                                                                                 Das Buch »Neues Bauen im Rhein-
     Weniger bekannt als die Krefelder Paradestücke                                                                              land – ein Führer zur Architektur der
     sind zwei Werke, die Hans Hermann Lüttgen Mit-                                                                              Klassischen Moderne« wird vom LVR                                                                                      KOSTE N LOS E R
                                                                                                                                 Amt für Denkmalpflege im Rheinland
     te der 20er Jahre in Wuppertal realisierte. Wie eine                                                                                                                                                                                               R E I S E FÜ H R E R !
                                                                                                                                 herausgegeben und erscheint im Mai.
     Mischung aus Wohngebäude und Kunstobjekt wirkt                                                                              (Recherchiert haben dafür Sven Kuhrau
                                                                                                                                 und Marco Kieser, Autorin ist Birgit
     das weiße »Haus Grobel« mit seinen umlaufenden
                                                                                                                                 Gropp.)
     Simsen und den roten Rahmenmotiven, die nicht als
     reine Deko misszuverstehen sind. Viel mehr als das                                                                          Die Ausstellung »Denk mal Bauhaus!
                                                                                                                                 Neues Bauen in NRW« ist vom
     Bauhaus hat hier offensichtlich die »De Stijl«-Bewe-
                                                                                                                                 6. Februar bis 4. April 2019 im Düssel-
     gung inspirierend gewirkt. Lüttgen habe in Wupper-                                                                          dorfer Haus der Architekten zu sehen.
     tal Formen erfunden, so Kuhrau, »die sich null und                                                                          Im Anschluss geht die Ausstellung

                                                                                                                                                                                                            verkaufsstart 04. dezember 2018
                                                                                                                                 auf Wanderschaft durch NRW.
     überhaupt nicht aus der Architekturgeschichte herlei-
     ten lassen«. Das ist Programm: Für das »Neue Bauen«                                                                         Voraussichtlich im Februar 2019 wird
     haben die Konventionen ausgedient. Alles wird noch
                                                                                                                                                                                                                   ruhrkulturcard.de
                                                                                                                                 das Web-Portal »Denk mal Bauhaus!
                                                                                                                                 Neues Bauen in NRW« online gehen.
     einmal neu hinterfragt. Was ist eine Wand? Wie ent-
     steht Raum? Was überhaupt ist Architektur?
                                                                                                                                                                                                                Herausgeber:     Kooperationspartner:                 Förderer:   Medienpartner:

14   JAHRESVORSCHAU 2019                                                                                                                                    KULTUR.WEST 12/18_01/19   KULTUR.WEST 12/18_01/19                                                                                      RUBRIK   15
Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
1919 aus dem Zusammenschluss der Weimarer Kunstakademie                 weiter – so zum Beispiel Georg Muche, der fast 20 Jahre lang die
              Ein bisschen Bauhaus auf Zeit                                                                                                                        und der Kunstgewerbeschule entstanden. Dann musste sie zwei
                                                                                                                                                                   Mal vor den Nationalsozialisten, die sie mit »bolschewistisch«,
                                                                                                                                                                                                                                           Meisterklasse für Textilgestaltung leitete.
                                                                                                                                                                                                                                           Seit 2010 untersucht die Initiative Projekt MIK das Krefelder
                                                                                                                                                                   »jüdisch« und »undeutsch« etikettierten, fliehen – 1925 nach            Netzwerk von Bauhäuslern und Akteuren der Seidenindustrie,
                                                                               TEXT ANKE ERNST
                                                                                                                                                                   Dessau, 1932 in eine stillgelegte Berliner Telefonfabrik – bis sie      des Werkbundes und der Kunstszene – und damit ein Stück
                                                                              anke@anke-ernst.net                                                                  1933, nach nur 14 Jahren, dichtgemacht wurde.                           rheinische Kultur- und Industriegeschichte. »MIK« steht für
                                                                                                                                                                   »Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau!« Hinter         »Mies in Krefeld«, was viel über die Präsenz des Avantgar-
                                                                                                                                                                   den Satz hatte Gründer Walter Gropius im Bauhaus-Manifest               de-Architekten Ludwig Mies van der Rohe, 1930 bis 1933 Di-
                                                                                                                                                                   ein Ausrufezeichen gesetzt. Freie traf auf angewandte Kunst, Ar-        rektor am Bauhaus, aussagt: Nirgendwo sonst in Europa stehen
                                                                                                                                                                   chitektur und Pädagogik. Das Spiel zwischen den eigentlich sau-         so viele von ihm und der Designerin Lilly Reich entworfene
                                                                                                                                                                   ber getrennten Disziplinen beschränkte sich nicht mehr auf die          Architekturen und Ausstellungsbauten. Gleich beim »Pavil-
                                                                                                                                                                   jeweiligen Spielfelder. Kunst wurde, um beim Bild zu bleiben,           lon« um die Ecke befinden sich beispielsweise die Villen Haus
                                                                                                                                                                   verstanden als Aufschlag für ein grenzenloses Spiel, das nichts         Lange und Haus Esters mit ihren weitläufigen Gärten, 1928-30
                                                                                                                                                                   Geringeres als die Revolution der konkreten Lebenswirklichkeit          gebaut für die Gründer der damals größten Seidenstoffweberei.
                                                                                                                                                                   der Menschen im Sinn hatte.                                             Was es sonst noch Bauhäuslerisches in Krefeld zu entdecken
                                                                                                                                                                   Den modischen Alltag bestimmte damals auch der Seidenstoff,             gibt, verrät ein webbasierter »digitaler Architekturguide«: An-
                                                                                                                                                                   der zu Kleidung, aber auch zu Bettwäsche verarbeitet wurde.             gereichert mit Informationen über großbürgerliches Wohnen,
                                                                                                                                                                   Und über diesen erreichte die Experimentierfreude des Bau-              ansässige Künstler, Industrielle und Sammler führt er zu zahl-
                                                                                                                                                                   haus die Stadt Krefeld. Die ansässigen Seidenfabrikanten, alle          reichen relevanten Gebäuden.
                                                                                                                                                                   Sammler der zeitgenössischen Kunst, wollten den Export durch            Im Gegensatz zu Letzteren sind die Tage von Thomas Schüttes
                                                                                                                                                                   modernes Design ankurbeln. Den Nachwuchs holten sie über                »Pavillon« bereits gezählt. Zwar soll er nach Ausstellungsschluss
                                                                                                                                                                   die Gestalterausbildung gleich mit ins Boot. Rund 25 Bauhäus-           am 27. Oktober 2019 weiter genutzt werden, aber höchstens für
                                                                                                                                                                   ler entwarfen seitdem Dessins für die zahlreichen Textilfabriken        ein paar Jahre. Dann werden die Fundamente wieder aus dem
                                                                                                                                                                   der Stadt und lehrten an der Schule für Flächenkunst, der Tex-          Boden herausgeschraubt.
                                                                                                                                                                   tilingenieurschule und der Werkkunstschule. Auch nach 1933,
     »Ein Skulpturenmodell, so groß wie ein Kuchen«. Thomas Schüttes Pavillon. (Kupfer, MDF, Holz 37 x 80 x 80 cm), Foto: Luise Heuter
                                                                                                                                                                   als das Bauhaus nicht mehr existierte, arbeiteten sie ganz offiziell                             PROJEKTMIK.COM

     Mit Haus Lange und Haus Esters sind in Krefeld wichtige
     Bauten von Mies van der Rohe zu finden. Doch das
     einzige »Bauhaus100«-Projekt des Landes NRW setzt auf
     einen Neubau: einen Pavillon, den der Künstler Thomas
     Schütte entworfen hat. Anke Ernst hat die begehbare
                                                                                                                                                                                                                            DEUTSCHLANDPREMIERE
                                                                                                                                                                                                                                                                    SAISON朗ORSCHAU
                                                                                                                                                                                                                            08. & 09. 02. 20 UHR

     Holzskulptur besucht.                                                                                                                                                                                                  IAN KALER /
                                                                                                                                                                                                                            CULLBERG BALLETT
                                                                                                                                                                                                                            ON THE CUSP                               DEUTSCHLANDPREMIERE
                                                                                                                                                                                                                                                                      23. & 24. 02. 20 UHR
                                                                                                                                                                                                                                                                       BERLIN
     Auf der Wiese steht ein achteckiger Pavillon aus hellem                                  gerufen hat. Lange hat sich für diese 450.000 Euro schwere                                                                                                              TRUE COPY
     Holz. Seine Fundamente sind nur in den Boden geschraubt                                  Verbindung ausdrücklich den international bekannten Tho-
     worden. Im Dezember wird sein Dach aufgesetzt. Dann                                      mas Schütte herbeigewünscht. 1986 hatte der Maler, Bild-
     wird er sich äußerlich nicht mehr verändern. Nur das Holz                                hauer und Objektkünstler im Kunstmuseum Krefeld seine                                                                                              04., 05. & 06. 04. 20 UHR
                                                                                                                                                                                                                                                ANNE TERESA

                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Anne Teresa De Keersmaeker/Rosas, Photo © Anne Van Aerschot
     dunkelt leicht nach. Im Inneren allerdings werkelt man,                                  erste Einzelausstellung mit architektonischen Skulpturen                            26. & 27. 01. 15 UHR
     vor neugierigen Blicken geschützt, weiter.                                               (oder auch skulpturalen Architekturen) gezeigt. Einige                              JOHN THE                                                      DE KEERSMAEKER /
     Zeitsprung zum 7. April 2019: Im Krefelder Kaiserpark wird                               seiner Modelle wurden daraufhin tatsächlich gebaut, dar-                            HOUSEBAND                                                     ROSAS*
     »Pavillon«, eine begehbare Holzskulptur des Künstlers Tho-                               unter die Skulpturenhalle in der Nähe des Kunstzentrums                              DER NUSSKNACKER
                                                                                                                                                                                                                                                FASE, FOUR MO廊EMENTS
     mas Schütte, eröffnet. In ihrem Inneren zeigt sie auf 200 Qua-                           Hombroich. Diese Komplexität in Schüttes Werk sollte auch
                                                                                                                                                                                                                                                TO THE MUSIC OF STE廊E REICH
     dratmetern die siebenteilige Ausstellung »Bauhaus und In-                                dem Krefelder Jubiläumsbeitrag das künstlerische Gewicht
     dustrie in Krefeld«. Gemütlich wie in einem kleinen Kino ist                             verleihen, sagt Christiane Lange. 2015 präsentierte ihr der
     es: Filme, Zeitdokumente und Führungen lassen knapp 100                                  Künstler schließlich »Pavillon«, »ein Skulpturenmodell, so
     Besucher eintauchen in die Geschichte der avantgardistischen                             groß wie ein Kuchen«. Dabei spielten das Bauhaus und sei-                PACT Zollverein
                                                                                                                                                                       Bullmannaue 20a
     Hochschule für Gestaltung und ihrer Verbindung zu Krefeld.                               ne Idee von Architektur für Schütte keine Rolle. Mit seiner              45327 Essen

     Mit »Pavillon« leistet das Land NRW seinen einzigen, dafür                               Arbeit wolle er vielmehr auf die bildende Kunst als Impuls-              Infos & Tickets
                                                                                                                                                                       www.pact-zollverein.de
     exquisiten Beitrag zum Jubiläum »100 Jahre Bauhaus«.                                     geberin hinweisen.                                                       Fon +49(0) 201.812 22 00
                                                                                                                                                                                                                   Öffentliche Förderer:

     »Wir wollten die Verbindung zur Kunst über die Kunst her-                                Bauhaus und Krefeld – ist die Verbindung nicht an den                   * Vorverkaufsstart hierfür 14.01.2019
     stellen«, sagt Christiane Lange, Vorsitzende der Krefelder                               Haaren herbei gezogen? Die übliche Trias lautet schließlich
     Initiative Projekt MIK, die das »Pavillon«-Projekt ins Leben                             Weimar, Dessau, Berlin: Die Kunstschule war am 1. April

16   JAHRESVORSCHAU 2019                                                                                                                 KULTUR.WEST 12/18_01/19   KULTUR.WEST 12/18_01/19                                                                                 JAHRESVORSCHAU 2019                                                                       17
Happy Birthday Bauhaus! - Zum 100. Jubiläum spielt der Westen groß auf Hingehört und zugeschaut! - kultur.west
Von Wesel nach Weimar
                                                                  TEXT   STEFANIE STADEL

     Natürlich zog es in den 1920er Jahren auch viele junge
     Leute aus dem Westen an die revolutionäre Schule für
     Gestaltung. Was ist aus ihnen geworden? Und was gibt
     es im Bauhaus-Jahr von ihnen zu entdecken? kultur.west
     hat sich umgeschaut.
                                                                                           Margarete Heymann-
                                                                                           Loebenstein
                                                                                           (1899 – 1990)
     Josef Albers
     (1888 – 1976)

                                                                                                                                                                                                       sula
                                                                                                                                                                                     Lawrence / Dr. Ur
                                                                                                                                                                                                                                                                           s Museum.
                                                                                                                                                                                                                                                 Neuy, Heinrich Neuy Bauhau
                                                                                                                                                                                                                  Bauhaus-Ausweis von Heinrich

                                                                                                                                                                     nstein© Michael
                                                                                                                                                                    Kunst, Köln.
                                                                                                                                                                                                              Heinrich Neuy

                                                                                                                                                       Heymann-Loebe
                                                                                                                                                     für Angewandte
                                                                            48.                                                                                                                               (1911– 2003)                                                             Rautenstrauch-Joest-Museum
                                                       d »Franciscan«, 19
                Jo se f Alb ers , 19 50 mit seinem Bil         an d An ni Alb ers                                                                                                                                                                                                      Kulturen der Welt
        Porträt                                   the Jose   f
                               mann. Courtesy of
        Foto: Hannes Beck                                                                                                                                                                                     Einer der jüngsten Schüler am Bauhaus war er und                         Cäcilienstraße 29-33 · 50667 Köln                                                    Dienstag - Sonntag: 10 - 18 Uhr
                                                 mm on  s.
                              e: Wikimedia Co

                                                                                                                                    Porträt Margarethe
         Foundation. Quell
                                                                                                                                                                                                                                                                                       www.facebook.com/rjmkoeln                                                            Donnerstag:          10 - 20 Uhr

                                                                                                                                    Hudson. Museum
                                                                                                                                                                                                              einer der treuesten dazu. Sein Leben lang hielt Hein-                    www.museenkoeln.de/rjm                                                               Montag:             geschlossen
                                                                                                                                                                                                              rich Neuy fest an dem, was er Anfang der 1930er Jahre
     Ein Quadrat im Quadrat im Quadrat. Immer wieder hat
                                                                                                                                                                                                              bei Meistern wie Josef Albers, Wassily Kandinsky und
     Josef Albers unterschiedlich getönte Vierecke gestaffelt,
                                                                                                                                                                                                              Ludwig Mies van der Rohe gelernt hatte. Auch wenn
     wollte so der Wechselwirkung von Farben auf den Grund
                                                                                                                                                                                                              er seine avantgardistischen Ideen nur bedingt ausleben
     gehen. Seine Serie »Hommage to the Square« hat Kunst-                                 Im Bauhaus hielt man sie hin. Margarete Heymann-Lo-
                                                                                                                                                                                                              konnte. Denn die meiste Zeit arbeitete Neuy als Tisch-
     geschichte geschrieben. Und sie ist so etwas wie ein Mar-                             ebenstein sei ungeeignet für die Keramikwerkstatt, so
                                                                                                                                                                                                              lermeister in der eigenen Schreinerei im westfälischen
     kenzeichen des Künstlers, Pädagogen, Theoretikers aus                                 befanden die männlichen Meister und ließen sie immer
                                                                                                                                                                                                              Steinfurt-Borghorst. Dort hat 2011 auch ein eigenes
     Bottrop geworden, der als Lehrer in den Vereinigten Staa-                             nur probeweise dort arbeiten. Für die junge Kölnerin
                                                                                                                                                                                                              Heinrich Neuy Bauhaus Museum eröffnet, das mit dem
     ten so bedeutende Künstler wie John Cage, Robert Rau-                                 offenbar Grund genug, das Studium in Weimar 1921
                                                                                                                                                                                                              wenig bekannten künstlerischen Werk bekannt macht.
     schenberg oder Donald Judd auf den Weg gebracht hat.                                  kurzerhand hinzuschmeißen. Ihrer Karriere hat es nicht
     Das alles passierte natürlich lange nach Albers’ wegwei-                              geschadet. Denn wenig später nur kam sie als Künstle-
                                                                                                                                                                                                              WAS GIBT’S ZU ENTDECKEN?
     sender Zeit am Bauhaus, wo er zunächst studiert hatte und                             rin, Keramikerin und Unternehmerin im eigenen Kera-
                                                                                                                                                                                                              2019 kommt Heinrich Neuy mit einer Retrospektive
     noch vor der Gesellenprüfung von Walter Gropius zum                                   mik-Betrieb groß heraus. Ihre »Haël-Werkstätten« wur-
                                                                                                                                                                                                              im eigenen Bauhaus Museum in Steinfurt zu Ehren.
     Jungmeister berufen worden war.                                                       den zum Erfolgsmodell.
                                                                                                                                                                                                              (29.9.2019 bis 19.1. 2020)
     WAS GIBT’S ZU ENTDECKEN?                                                              WAS GIBT’S ZU ENTDECKEN?
                                                                                                                                                                                                                            WWW.HEINRICHNEUYBAUHAUSMUSEUM.DE
     Die europaweit größte Albers-Sammlung hat ihre Blei-                                  Im Bauhaus-Jahr widmet das Kölner Museum für Ange-
     be im Museum Quadrat in Bottrop. Hier kann man sich                                   wandte Kunst der in Weimar verschmähten Künstlerin eine
     die berühmten Quadrate ansehen und auch, was der                                      Ausstellung. Unter dem Titel »2 von 14. Zwei Kölnerinnen
     Künstler sonst noch so alles geschaffen hat. Demnächst                                am Bauhaus« tritt sie gemeinsam mit ihrer Cousine auf: Ma-
     starten die Arbeiten an einem Erweiterungsbau. Und                                    rianne Ahlfeld-Heymann (1905-2003) war vor allem Büh-
     in einer Sonderausstellung steht ab Herbst 2019 »Der                                  nenbildnerin und hat es ein bisschen länger im legendären
     junge Josef Albers« im Fokus. (22.9.2019 bis 12.1.2020)                               Lehrinstitut ausgehalten als die Base. (12.4. bis 11.8.2019)

                                      WWW.BOTTROP.DE                                                           WWW.MUSEENKOELN.DE
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Ein Museum der

18   JAHRESVORSCHAU 2019                                                                                                      KULTUR.WEST 12/18_01/19                                                         KULTUR.WEST 12/18_01/19
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Eine Ausstellung des   Gefördert durch                                                  Medienpartner

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Orientstiftung zur Förderung   S Kölner Kulturstiftung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 der ostasiatischen Kunst         der Kreissparkasse Köln
Grete Stern (1904 – 1999)                                            Lou Scheper-Berkenkamp                                                                                                                       Ludwig Mies van der Rohe
                                                                          (1901– 1976)                                                                                                                                 (1886 – 1969)
                                                                          Nicht alle Gestaltung müsse funktionell sein, erklärte die
                                                                          Malerin einmal. »Es ist verlockender, auf Luftlinien zu ba-                                                                                  Ein Hochhaus mit einer Haut aus Glas und mit Räumen,
                                                                          lancieren, als fest auf dem Dogma zu sitzen«, so befand Lou                                                                                  die weitgehend variabel sind – 1921, als Ludwig Mies van
                                                                          Scheper-Berkenkamp. Trotzdem fühlte sich die Künstlerin                                                                                      der Rohe diese Idee für ein Bauprojekt in Berlin entwi-
                                                                          aus Wesel wohl am Bauhaus, wo sie zum Beispiel Büh-                                                                                          ckelte, war man noch nicht bereit für solche Visionen. Der
                                                                          nen- und Kostümentwürfe für Oskar Schlemmers Theater                                                                                         Entwurf wurde abgelehnt. Doch in der Folge konnte der
                                                                          schuf. Hier lernte sie auch ihren Mann, Hinnerk Scheper,                                                                                     Steinmetzsohn und gelernte Maurer aus Aachen etliche
                                                                          kennen, in dessen Schatten sie weite Teile ihres Künstler-                                                                                   seiner neuartigen Bauten realisieren. Mies van der Rohe

                                              rträt, 1956.
                                                                          lebens verbrachte. Während er Karriere machte, ließ sie                                                                                      wurde zum Protagonisten eines zutiefst funktionalen, re-
                                                                          ihrem Erfindergeist in kleinen Zeichnungen und Aquarel-                                                                                      duzierten Bauens und zur überragenden Figur der deut-
                                                                          len, ihren sogenannten Phantastiken, freien Lauf.                                                                                            schen Avantgarde-Architektur. Als er 1930 am Bauhaus

                                                                  tpo
                                                Grete Stern: Selbs
                                                                                                                                                                                                                       zum ersten Mal eine akademische Lehrtätigkeit aufnahm,
                                                                                                                                                                                                                 /28
                                                                          WAS GIBT’S ZU ENTDECKEN?                                                                                          us Esters, ca. 1927        war er längst ein gemachter Mann.
                                                                                                                                                        r Ro he  wä hren d der Arbeit am Ha
                                                                          Zum Bauhaus-Geburtstag hat der Süddeutsche Verlag ei-             Mies van de                         useen Krefeld.
                                                                                                                                                              T BONN. Kunstm
                                                                                                                                            © VG BILD KUNS
                                                                          nes von Lou Scheper-Berkenkamps wunderbaren Bilder-                                                                                          WAS GIBT’S ZU ENTDECKEN?
                                                                          büchern neu aufgelegt. Auf der fantastischen Reise über                                                                                      Mies van der Rohes Krefelder Villen Haus Esters und
                                                                          die sieben Weltmeere entdecken Jon und Jan mit ihrem                                                                                         Haus Lange werden saniert, sind aber ab März 2019
     Zwei Frauen, ein Unternehmen: 1930 eröffneten Grete                  Lotsenfisch sagenhafte Inseln, lernen kuriose Menschen                                                                                       wieder zugänglich. Unter dem Titel »Mies im Westen«
     Stern und die Freundin Ellen Auerbach ihr Studio für Por-            und liebenswerte Monster kennen. (Lou Scheper-Ber-                                                                                           beschäftigen sich Studierende der TH Köln und TH
     trät- und Werbefotografie in Berlin und machen sich als              kenkamp: Der Lotsenfisch, Süddeutsche Zeitung Edition,                                                                                       Mittelhessen in Kooperation mit dem Museum für Ar-
     »ringl+pit« einen Namen. Ihre Spezialität: ironische Foto-           ISBN: 978-3-86497-494-6)
                                                                                                                                         Umbo (1902 –1980)                                                             chitektur und Ingenieurkunst NRW mit seinem Wir-
     montagen, die gern das traditionelle Frauenbild attackieren                                                                                                                                                       ken in Aachen, (Neuer Kunstverein, 12.5.-16.6.) Kre-
     und in Werbe-, aber mehr noch in Künstlerkreisen gut an-                             WWW.SZSHOP.SUEDDEUTSCHE.DE                                                                                                   feld (Mies van der Rohe Business Park, 16.5.-30.6.) und
     kamen. Nebenbei besuchte Stern Walter Peterhans’ Foto-                                                                                                                                                            Essen. (Neue Galerie der Volkshochschule, 23.5.-5.6.)
     kurs am Bauhaus. Er habe ihr das fotografische Sehen bei-
     gebracht, so schrieb sie später. »Von wo aus mache ich die                                                                                                                                                                       WWW.KUNSTMUSEENKREFELD.DE
     Aufnahme? die Beleuchtung bestimmen – / was soll scharf,             Fritz Winter
     was soll unscharf...« Dieses kreative Know How nahm die in           (1905 – 1976)
     Wuppertal aufgewachsene Künstlerin jüdischer Herkunft
     1933 mit auf die Flucht und wurde zur Mitbegründerin der
     fotografischen Moderne in Argentinien.

                                                                                                                                         Umbo (Otto Maxim
                                                                                                                                                              ilian Umbehr): Oh
     Alma Siedhoff-Buscher
                                                                        Porträt Fritz Winte
                                                                                                                                         Copyright-Verwalt
                                                                                                                                         VG Bild-Kunst, Bo
                                                                                                                                                            er: Phyllis Umbe
                                                                                                                                                                                 ne Titel (Selbstpo
                                                                                                                                                                             hr / Galerie Kicke
                                                                                                                                                                                                    rträt), um 1955.
     (1899– 1944)                                                              		           r, 1958. Fritz-Winte
                                                                                                                 r-H
                                                                                                                                                           nn 2018.                             n Berlin /
                                                                                                  aus Ahlen.
     Spielzeug und Kindermöbel – das war Alma Siedhoff-Bu-
     schers Metier. Und damit hatte die in Kreuztal bei Siegen            Die Laufbahn hat es in sich. In Altenbögge bei Unna kam        Der Düsseldorfer gilt als großer Fotograf des Bauhauses.
     geborene Künstlerin auch ziemlich großen Erfolg am Bau-              Fritz Winter als Bergmannskind zur Welt, mit 14 ging           Doch an dieser Sicht ist etwas schief. Denn am Bauhaus
     haus, zumal als Frau. Schon ein Jahr nach dem Studienstart           er auf der Zeche in die Lehre, anschließend Maloche bei        besuchte Otto Maximilian Umbehr, wie er eigentlich hieß,
     in Weimar durfte sie 1923 das komplette Kinderzimmer                 Nacht und tagsüber das Realgymnasium. Er wollte Arzt           die Metallwerkstatt. Und die erste Kamera bekam er erst
     im Musterhaus »Am Horn« ausstatten – vom Teppich bis                 werden, entdeckte aber bald seine Liebe zur Kunst und          Jahre, nachdem er sich mit Gropius überworfen und Wei-
     zur Deckenleuchte, alle Möbel und Spielsachen inklusive.             fand mit Mitte zwanzig Aufnahme am Bauhaus. Bei Klee,          mar verlassen hatte. Sie war ein Geschenk und machte den
     Im Schrank, der gleichzeitig ein Puppentheater war, steck-           Kandinsky, Schlemmer studierte er eifrig, doch mit den         abgesackten Künstler quasi über Nacht zum Star. Als Er-
     ten unterschiedlich hohe Würfel, die man herausziehen                Ideen der Lehranstalt mochte er sich nicht anfreunden.         finder des Bildes der Neuen Frau, der Straße, der fotogra-
     und als Bänke benutzen konnte.                                       Nach dem Malverbot unter den Nazis, nach Krieg und             fischen Reportage schlechthin wurde er gefeiert.
                                                                          Gefangenschaft stieg Winter in den 1950er Jahren zum
     WAS GIBT’S ZU ENTDECKEN?                                             Heroen der Nachkriegsabstraktion auf.                          WAS GIBT’S ZU ENTDECKEN?
     Die Schweizer Spielzeugfirma Naef bietet Siedhoff-Bu-                                                                               Ein Luftangriff zerstörte 1943 Umbos Berliner Atelier
     schers Bauspiel aus dem »Haus am Horn« seit Jahrzehn-                WAS GIBT’S ZU ENTDECKEN?                                       und sein komplettes Archiv mit über 50.000 Negativen.
     ten als Replikat an – es ist wunderschön und fraglos                 In Winters klinkerverkleidetem Elternhaus in Ahlen eröff-      Es ist nicht viel, was übrig blieb. Das Sprengel Museum in
     kunstpädagogisch ausgesprochen wertvoll. Allerdings                  nete eine Nichte 1975 das bestens bestückte Künstlermu-        Hannover wählte nun 200 Werke und dazu viele Doku-
     auch nicht ganz billig: 22 Teile kosten 159 Schweizer                seum als Galerie – der Onkel steuerte einen ansehnlichen       mente aus dem Nachlass aus und macht ab Februar eine
     Franken. Jeder Klotz eine kleine Kostbarkeit.                        Teil seines Werkes bei.                                        Retrospektive daraus. (8.2. bis 12.5.2019)
                                                                                                                                                                                                                              WWW.BAUHAUS-AMERIKA.DE
                          WWW.NAEFSPIELE.CH                                                 WWW.FRITZ-WINTER-HAUS.DE                                                WWW.SPRENGEL-MUSEUM.DE

20   JAHRESVORSCHAU 2019                                                                                       KULTUR.WEST 12/18_01/19   KULTUR.WEST 12/18_01/19                                                                                           JAHRESVORSCHAU 2019      21
Was bringt das Bauhaus-Jahr?
               Stefanie Stadel hat Ausstellungen in NRW
               und anderswo zusammengestellt.

               Szene einer Filmstudie von Hans Richter, 1928. Foto: Fotoarchiv Deutsche Kinemathek

                                                                                                                                                                                Ulrike Blumenreich, Sabine Dengel, Wolfgang Hippe, Norbert Sievers (Hg.)
                                                                                                                                                                                Jahrbuch für Kulturpolitik 2017/18
                                                                                                                                                                                Welt. Kultur. Politik. Kulturpolitik in Zeiten der Globalisierung
               Bonn                                                                                  Düsseldorf                                                                 September 2018, 520 Seiten,
                                                                                                                                                                                29,99 €,
               BUNDESKUNSTHALLE                                                                      NRW-FORUM                                                                  ISBN: 978-3-8376-4252-0
               »KINO DER MODERNE. FILM IN DER                                                        »BAUHAUS UND DIE FOTOGRAFIE
               WEIMARER REPUBLIK«                                                                    – ZUM NEUEN SEHEN IN DER GEGEN-                                            Wir erleben eine Zeitenwende – in unserer globalisierten Welt verweben sich zuneh-
               14. DEZEMBER 2018 BIS                                                                 WARTSKUNST«                                                                mend politische, ökonomische, ökologische und kulturelle Prozesse. Die neue Vielfalt
               24. MÄRZ 2019                                                                         7. DEZEMBER 2018 BIS 10. MÄRZ 2019                                         und der damit verbundene anstehende Paradigmenwechsel fordern die Kulturpolitik
               Zwischen 1918 und 1933 entwickelte sich                                               Nicht nur in der Design-, Kunst- und Ar-                                   auf allen Ebenen. Das traditionelle kulturpolitische Verhältnis von Innen und Außen
               der Film als eine neue, siebte Kunst, kollektiv                                       chitekturgeschichte spielt das Bauhaus eine                                steht ebenso zur Debatte wie die Identitätspolitik, der Umgang mit kulturellem Erbe
                                                                                                                                                                                und Diversität, die Rolle der Künstler*innen sowie die Inhalte und Formen der kultu-
               erlebt im Kino. Rasant vollzog sich der Auf-                                          Schlüsselrolle. Auch aus der Fotografie sind
                                                                                                                                                                                rellen Bildung und Kulturvermittlung.
               stieg. Die deutsche Filmindustrie erlangte da-                                        die Errungenschaften nicht wegzudenken.
               mals Weltgeltung, galt kurzfristig gar als echte                                      Die Ausstellung zeigt Fotografen des Neuen                                 Das Jahrbuch für Kulturpolitik 2017/18 versammelt neben Vorträgen des 9. Kultur-
               Konkurrenz zu Hollywood. Die Ausstellung                                              Sehens der 20er und 30er Jahre Seite an Seite                              politischen Bundeskongresses 2017 »Welt.Kultur.Politik.« weitere Beiträge u.a. von
               betrachtet das Neue des Massenmediums, sie                                            mit aktuellen Positionen. Welche Rolle spielt                              Pankaj Mishra, Ulrike Guérot, Monika Grütters, Milo Rau, Andreas Reckwitz, Monica Juneja,
               will Wechselwirkungen mit Literatur, Bilden-                                          die Foto-Avantgarde um 1930 für zeitgenös-                                 Wolfgang Merkel, Birgit Mandel, Sigmar Gabriel und Harald Welzer.
               der Kunst, Architektur, Psychologie untersu-                                          sische Künstler? Wie tragen die Neuerun-
               chen und den Blick immer auch aufs Publi-                                             gen durch das Bauhaus auch heute noch zur
               kum richten, dessen Wahrnehmung der Welt                                              Weiterentwicklung fotografischer Bildspra-                                         www.transcript-verlag.de
               durch die Filmsprache wesentlich verändert                                            chen bei? Solche Fragen soll der Dialog zu
               wurde.                                                                                klären helfen.

22   JAHRESVORSCHAU 2019                                                                                                   KULTUR.WEST 12/18_01/19   facebook.com/transcriptverlag.de          twitter.com/transcriptweb            instagram.com/transcript_verlag         youtube.com/transcripttv
Euskirchen                                        Neuss
                               UND SONST?                                              TUCHFABRIK MÜLLER                                 CLEMENS-SELS-MUSEUM                                     1920er Jahren die gesamte Warenwelt ver-
                        EMPFEHLUNGEN FÜR BERLIN,                                       »MYTHOS NEUE FRAU«                                »IHRER ZEIT VORAUS! HEINRICH CAMPEN-                    änderte. Neuartige Metalllegierungen wie
                           DESSAU UND WEIMAR                                           AB 17. FEBRUAR 2019                               DONK – HEINRICH NAUEN – JOHAN THORN                     Nirosta und Kunststoffe wie Bakelit wurden
                                                                                       Selbstbewusst, Bubikopf, schlichtes Kleid – das   PRIKKER«                                                zur Selbstverständlichkeit. Und nicht nur
                                                                                       waren die Kennzeichen der modernen Weib-          BIS 10. MÄRZ 2019                                       Autos oder Züge, auch Geschirr und Staub-
                                                                                       lichkeit der 20er Jahre. Die Ausstellung stellt   Die Bauhaus-Ideen kamen nicht von Ungefähr.             sauger wurden stromlinienförmig durchge-
                                                                                       den Mythos »Neue Frau« vor und fragt zu-          Sie haben viele Vorgeschichten – eine davon greift      stylt.
                                                                                       gleich: War das revolutionäre Bekleidungssche-    diese Ausstellung auf. Sie spielt im frühen 20. Jahr-
                                                                                       ma ein Akt der Emanzipation oder entstand es      hundert im Rheinland, Akteure sind Johan Thorn
                                                                                       einfach aus praktischer Notwendigkeit? Mehr       Prikker, Heinrich Campendonk und Heinrich
                                                                                                                                                                                                 Petershagen
                                                                                       als 130 Originalkostüme und allerhand His-        Nauen. Sie schufen nicht nur Gemälde und Zeich-         LWL-INDUSTRIEMUSEUM GLASHÜTTE
                                                                                       torisches mehr sollen die Zeit zwischen 1900      nungen, sie entwarfen ebenso Textilien, Möbel,          GERNHEIM
                                                                                       und 1930 aufleben lassen. »Stresemann« und        Wandbilder, Mosaike und Glasfenster. Denn alle          LEUCHTEN DER MODERNE
                                                                                       Charlestonkleid sind auch dabei.                  strebten nach einer Symbiose von freier und ange-       10. FEBRUAR BIS 25. AUGUST 2019
                                                                                                                                         wandter Kunst und nahmen damit einen zentralen          »Kunst und Technik – eine neue Einheit«:
                                                                                                                                         Gedanken des späteren Bauhauses vorweg.                 Diese Parole gab Walter Gropius 1923 aus,
                        Sitzende mit Bühnenmaske von Oskar Schlemmer                   Krefeld                                                                                                   sie sollte die Arbeit am Bauhaus bestimmen.
             im Stahlrohrsessel von Marcel Breuer, um 1926. Foto: Erich Consemüller,
                                                                                       MUSEEN HAUS LANGE UND HAUS                                                                                Dabei kommt dem Licht eine wichtige Rolle
                       Bauhaus-Archiv Berlin / © Dr. Stephan Consemüller.
                                                                                       ESTERS
                                                                                                                                         Oberhausen                                              zu. Denn nachdem die elektrische Beleuch-
                                                                                       »ANDERS WOHNEN«                                   PETER-BEHRENS-BAU                                       tung das Gaslicht verdrängt hatte, florierte
                                                                                       17. MÄRZ 2019 BIS JANUAR 2020                     »NEUE STOFFE, NEUE FORMEN.                              in den 20er und 30er Jahren die Produktion
          Berlin                                                                       Nach der gründlichen Sanierung eröffnen die       INDUSTRIEDESIGN DER 1920ER & 1930ER                     von Beleuchtungskörpern. Künstler wie Wil-
          BAUHAUS-ARCHIV/ MUSEUM FÜR GESTALTUNG                                        beiden Villen wieder, mit einem spannenden        JAHRE«                                                  helm Wagenfeld, Marianne Brandt, Marcel
          ZU GAST IN DER BERLINISCHEN GALERIE                                          Projekt. Es geht um die Frage, welche For-        AB 19. MAI 2019                                         Breuer und vor allem Adolf Meyer taten sich
          »ORIGINAL BAUHAUS«                                                           men des Wohnens und Zusammenlebens für            Schlicht und elegant die Form, hochwertig das           mit Entwürfen hervor. Erstmals gibt diese
          6. September 2019 bis 27. Januar 2020                                        eine Gesellschaft heute und in naher Zukunft      Material. Die Schau will zeigen, wie sich in den        Ausstellung einen Überblick zum Thema.
          Anhand herausragender Bauhaus-Objekte erkundet die                           denkbar sind. Mit dieser Zielsetzung sind
          Schau das Verhältnis von Unikat und Serie, Original und                      Künstler, Designer und Architekten eingela-
          Reproduktion. Gezeigt werden Design-Klassiker ebenso                         den, sich neue Arbeiten und Projekte für die
          wie heutige Re-Editionen von Bauhaus-Werken.                                 alten Häuser und Gärten einfallen zu lassen.

                                                                                       KAISER WILHELM MUSEUM
          Dessau                                                                       »FOLKLORE UND AVANTGARDE«
                                                                                                                                                                                       WWW.LICHTKUNST-UNNA.DE
          BAUHAUS MUSEUM DESSAU                                                        10. OKTOBER 2019 BIS FEBRUAR 2020
          »VERSUCHSSTÄTTE BAUHAUS. DIE SAMMLUNG«                                       Alles neu und modern im Bauhaus? So ganz
          AB 8. SEPTEMBER 2019                                                         stimmt diese Sicht nicht. Bauhaus-Künstler
          In Dessau steht die Eröffnung eines neuen Museums an,                        und ihre avantgardistischen Kollegen schau-
          wo die 40.000 Stücke starke Sammlung der Stiftung Bau-                       ten sehr wohl und oft auch sehr genau auf
          haus Dessau eine Bühne finden soll. Die Ausstellung dort                     volkstümliche und lokale handwerkliche
          erzählt über das Lernen und Lehren, über das freie Ent-                      Traditionen. Zum ersten Mal will diese Aus-
          werfen und die Entwicklung industrieller Prototypen,                         stellung den Dialog zwischen Folklore und
          über das künstlerische Experiment und den Umgang mit                         Avantgarde aufzeigen.
          dem Markt.
                                                                                       Münster
          Weimar                                                                       LWL-MUSEUM FÜR KUNST UND KULTUR
          BAUHAUS MUSEUM WEIMAR                                                        »BAUHAUS UND AMERIKA. EXPE-
          »DAS BAUHAUS KOMMT AUS WEIMAR«                                               RIMENTE IN LICHT UND BEWEGUNG«
          AB 6. APRIL 2019                                                             BIS 10. MÄRZ 2019
          Zum großen Jubiläum eröffnet die Klassik Stiftung Wei-                       Die Schau richtet den Blick auf die Beziehun-                                                      24.11.18 – 14.04.19
          mar am Bauhaus-Gründungsort ein neues Museum, wo                             gen zwischen den nach Amerika emigrierten
          die Schätze der weltweit ältesten Bauhaus-Sammlung neu                       Bauhaus-Künstlern zu US-Kollegen. Dabei geht
          inszeniert werden. Daneben soll es in dem neuen Haus                         es vor allem um die bisher wenig beachteten                                  ZENTRUM FÜR INTERNATIONALE LICHTKUNST UNNA
          aber auch darum gehen, die Weimarer Bauhaus-Ge-                              Licht- und Bewegungsexperimente. Kinetische                                       CENTRE FOR INTERNATIONAL LIGHT ART UNNA
          schichte mit den Fragen der Lebensgestaltung von heute                       Kunst, experimentelle Fotografie und Filme,
          und morgen zu verknüpfen.                                                    Tanz- und Performancekunst werden aus den
                                                                                       1920er Jahren bis in die Gegenwart verfolgt.

24   JAHRESVORSCHAU 2019                                                                                     KULTUR.WEST 12/18_01/19
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