DIE BRÜCKE - Wir sind da! - DIE BRÜCKE Lübeck
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
DIE BRÜCKE Gemeinnützige therapeutische Einrichtungen MAGAZIN 2020 Auch in der Coronazeit: Wir sind da! Schutzgebühr € 2,00 Foto: Nadine Dietrich
EDITORIAL Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, Editorial 3 Die Kraft schöner Erinnerungen 29 auch in dieser so besonderen Zeit FrauenWeGe: 20 Jahre – 10 Statements 30 wollen wir unser Jahresmagazin für PS: Forderungen bitte mitnehmen! 32 alle Interessierten herausgeben. UNSERE GESELLSCHAFTER Glückwünsche zum Jubiläum 33 Gemeinsam durch die Krise 4 Querweg-Anschluss für junge Leute 34 Die sozialpsychiatrischen Angebote Kleine Wünsche – unkomplizierte Hilfe 5 Mein Umzug in die Vergangenheit! 34 der BRÜCKE zeichnen sich seit Er ist da: Unser Behinderten-Beirat in Lübeck 34 jeher durch Nähe zu den Betreuten Zwei Erkrankungen – Eine Einrichtung 35 und ihren Lebenswelten aus. Die TITEL: WIR IN DER CORONAZEIT Aufforderung, Abstand zu halten, Corona-Juni 2020: Ein Tag im Tageszentrum 6 führt notgedrungen auch zur sozia- Verschiedenste Einrichtungen und ein Virus 10 PRÄVENTION UND FORTBILDUNG len Distanzierung und wird nun Gesundheit fördern und Kosten senken 36 vielfach zur Herausforderung im Bildung im FoCuS 36 Behandlungs- oder Betreuungs- TEILHABE Schulprojekt „Verrückt? Na und!“ 37 kontakt. Wir setzen die dritte Stufe des BTHG um 12 Gastbeitrag: Warum Rechtspopulist*innen die Zukunftswerkstatt für besonderes Wohnen 13 falschen Antworten auf soziale Fragen geben 38 Die von uns begleiteten Menschen Vorhang auf: Kultur für alle trotz Corona! 14 reagieren auf die corona-bedingten Auf Gleichstellung hinweisen 16 Veränderungen im Miteinander sehr Veränderungen als Herausforderung 17 ENGAGEMENT unterschiedlich. Der Wunsch nach Foto: Marc-Oliver Kern Engagiert für sich selbst 39 Rückkehr zu gewohnten Abläufen Wo BRÜCKE draufsteht, ist auch „Bruhn“ drin 40 und der damit verbundenen Ver- funktionieren. Das duale System Als unerlässlich haben sich auch GEMEINDEPSYCHIATRIE Erinnerungen an ein intensives Miteinander 41 trautheit ist groß. Aber auch neue der freien Wohlfahrtspflege ist auch viele unserer BRÜCKE-Angebote in Ein neues Zuhause für ältere Menschen 18 Bedarfe und Anforderungen werden von einem Anteil ehrenamtlicher den zurückliegenden Jahren erwie- Psychisch erkrankt: Wie geht es jetzt weiter? 20 sichtbar und evident. Helfer*innen geprägt. Neben offenen sen: Wir begehen 2020 eine ganze Mein Praktikum zur EX-IN Ausbildung 21 ARBEITEN BEI DER BRÜCKE Angeboten organisieren diese auch Reihe von Jubiläen. Einige unserer Es ist normal, verschieden zu sein 22 Herzlichen Glückwunsch! 42 Einmal mehr zeigt sich, wie wichtig spontane Begegnungen, welche Einrichtungen werden 30 bzw. 40 1.815 Alltagsmasken gespendet 23 3 Fragen an Frank Nüsse zur Zertifizierung 42 eine leistungsfähige und flexible im Moment nur selten stattfinden Jahre! Die Nachhaltigkeit unserer Zehn Umzüge und dazu die Coronakrise 24 DIE BRÜCKE Lübeck ist “Great Place to Work” 43 Versorgung von Menschen mit können. Einige Besucher*innen Angebote verdeutlicht, dass unsere „Wo ist mein Team?“ 25 Mein FSJ 44 psychischen Erkrankungen ist. Mit dieser Angebote verlieren dadurch Fachkräfte empathisch und pro- Das erste Wohnheim wird 30 Jahre alt 26 Dankeschön 45 ihren Erfahrungen und Möglichkei- den Kontakt zu Mitmenschen. Hier fessionell auf Bedarfe eingehen und Neue Perspektiven für die Fahrradstation 27 Gemeinsam, aber corona-sicher kochen 46 ten ist DIE BRÜCKE in der Lage, müssen wir sehr viel Unterstützung tragfähige professionelle Beziehun- Unterstützung beim positiven Denken 28 Unser Leitbild 47 schnell und bedarfsgerecht zu rea- bei dem Weg zurück in eine neue gen aufbauen, die dann auch durch gieren. Das hat sie in der bisherigen Normalität bieten. die Corona-Pandemie tragen. Zeit der Pandemiekrise bewiesen. Zusätzlich führen die mit der Pan- Seit bald 50 Jahren begleiten die Das verdanken wir besonders der demie einhergehenden Beschrän- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kreativität, Einsatzbereitschaft und kungen im täglichen Leben zu der BRÜCKE Lübeck Menschen in Kompetenz unserer Mitarbeiter*in- immer mehr psychischen Belastun- psychischen Krisen und heraus- Impressum nen, die trotz der zahlreichen Ein- gen bei immer mehr Menschen, so fordernden Lebenssituationen. Wir HERAUSGEBER: REDAKTION: KONTAKT zur Redaktion: schränkungen Wege gefunden ha- dass ein eher wachsender Bedarf unterstützen dabei, dass Menschen DIE BRÜCKE Frank Nüsse (Leitung, V.i.S.d.P.), BRÜCKE-Magazin ben, für die von ihnen begleiteten an psychosozialer Beratung und ihre Stärken (wieder) entdecken Gemeinnützige therapeutische Nadine Dietrich (Organisation, Schwartauer Allee 10, 23554 Lübeck Menschen da zu sein. Betreuung zu erwarten ist. und auch immer wieder das Gefühl Einrichtungen gGmbH Schlussredaktion und Layout) n.dietrich@diebruecke-luebeck haben „gerne zu leben“. Geschäftsführer: Frank Nüsse (Dipl.-Kfm.) Karsten Mohr, Medienreferat Patienten*innen, Klienten, Betreute Es zeigt sich: Soziale Arbeit und Matthias Göpfert, Hiltrud Kulwicki, Kathrin Wir freuen uns über eingesandte und Ratsuchende sind gemeinsam soziales Engagement sind system- In diesem Sinne: Lassen Sie uns GESCHÄFTSSTELLE: Roßberg, Claudia Kuhlen Manuskripte, Fotos und Bilder. mit uns neue Wege gegangen. relevant. Für uns von der BRÜCKE gemeinsam gut durch die Pande- Schwartauer Allee 10, 23554 Lübeck Der Umfang der Zeitschrift ist jedoch Entweder im wahrsten Sinne des Lübeck mit unseren täglichen Er- mie-Zeit kommen! Telefon 0451/ 14008-48 AUTOR*INNEN dieser Ausgabe: begrenzt, daher müssen wir manchmal Wortes, indem wir beim Aufenthalt fahrungen mit psychisch erkrank- Telefax 0451/ 14008-40 M. Borch-Madsen, P. Bruhn, N. Dietrich, kürzen, umschreiben oder Manches im Freien den notwendigen Aus- ten Menschen ist das keine neue Herzliche Grüße und allerbeste www.diebruecke-luebeck.de J. Eichhorn, K. Goddemeyer, M. Göpfert, unberücksichtigt lassen. Wir bitten um tausch und die wichtigen Gespräche Erkenntnis – aber die breite Aner- Wünsche für Ihre Gesundheit! M. L. Jespersen, J. Kozian, C. Kuhlen, Verständnis. Danke! führten. Und auch neue technische kennung tut gut und ist wichtig. GESTALTUNG UND SATZ: H. Kulwicki, W. Lassen, W. Maaßen, Kommunikationswege haben wir ADiNet DIGITALDRUCK T. Mann, P. Mezulat, K. Mohr, F. Nüsse, © 2020 DIE BRÜCKE gGmbH gemeinsam ausprobiert, indem wir Diese Erkenntnis gilt es, im öffent- Frank Przykopanski D. Roggenbrodt, K. Roßberg, B. Rudloff, Das Magazin erscheint jährlich. neben Telefonieren und Textnach- lichen Bewusstsein zu behalten, so Stefanie Gollon B. Sauer, T. Schomerus, G. Stibbe, Nachdruck ist mit Genehmigung richten auch Videobegegnungen dass es eine Selbstverständlichkeit Marlistr. 114, 23552 Lübeck A. Trentmann, J. Truskawa, D. Wäcken, erlaubt. Alle Angaben erfolgen nach realisierten. wird, Investitionen für Gesundheit Telefon 0451/ 397789-14 M. Walter, S. Wiedemann bestem Wissen, aber ohne Gewähr. Es gibt aber auch wichtige Aktivi- und soziales Miteinander als uner- täten, die derzeit noch nicht wieder lässlich zu betrachten. Frank Nüsse 2 3
UNSERE GESELLSCHAFTER UNSERE GESELLSCHAFTER Gemeinsam durch die Krise Kleine Wünsche – unkomplizierte Hilfe Was der Paritätische Schleswig-Holstein in der Coronakrise von der Politik fordert DIE BRÜCKE e.V. unterstützt bedürftige Menschen ger als je zuvor. Sowohl Einrichtun- Seit 2010 befindet sich im Haus- Brillen und Matratzen mit oder gen und Mitarbeiter*innen als auch haltsplan des Vereins der Titel ohne Lattenrost die Renner, aber ihre Klient*innen wurden von der „Besucherförderung“. Mit ihm un- auch ein Fahrrad, Sportbekleidung Politik allzu lange stiefmütterlich terstützt der BRÜCKE-Vorstand und andere Bekleidung wurden behandelt. Nun gilt es, neue Kon- Personen in unterschiedlichsten erbeten. Zuschüsse zu Umzugskos- zepte für die Zukunft zu entwi- finanziellen Notlagen, bzw. erfüllt ten oder zu einer neuen Wohnungs- ckeln, die endlich berücksichtigen, Wünsche, die andernfalls nicht rea- einrichtung wurden nachgefragt, dass nicht nur Banken und Auto- lisiert werden könnten. desgleichen ein Zuschuss für eine hersteller systemrelevant sind, son- Tierarztrechnung sowie die Über- dern vor allem auch Pflegekräfte, Antragsberechtigt sind alle, die von nahme der Gebühren für einen Erzieher*innen, Reinigungskräfte einer der zahlreichen BRÜCKE-Ein- Schwimmkursus, einen Deutsch- und viele andere mehr – ebenso wie richtungen betreut, begleitet oder kursus ebenso die Erstattung der die Einrichtungen der Sozialen Ar- behandelt werden. Voraussetzung Kosten für Musikunterricht. Ent- beit, deren Mitarbeiter*innen wäh- ist weiter, dass die Betroffenen be- Foto: Pixabay schieden wird über die Anträge in rend dieser Krise Großes leisten, dürftig sind. In der Regel formulie- den monatlichen Vorstands- indem sie sich neben ihrer eigent- ren die begleitenden Sozialpädago- sitzungen. lichen Arbeit immer aufs Neue mit g*innen der Einrichtung die Wün- tet hat. Dieser Betrag wird meist Erlassen und Verordnungen ausei- sche. Diesen Schreiben liegt aber nicht ausgeschöpft. Peter Bruhn Schatzmeister BRÜCKE e.V. nandersetzen und ihre Klient*innen häufig auch ein Brief der Antrag- bestmöglich durch diese schwierige steller*innen bei. So wurden z.B. im Jahre 2019 nur Zeit begleiten. rund 5.000 € abgerufen. Bei ent- Michael Saitner, geschäftsführender Vorstand des PARITÄTISCHEN Schleswig-Holstein* Mehr Anträge sind möglich sprechender Voraussetzung kann Unser Ziel: gleiche Chancen also in noch mehr Fällen Unterstüt- Kontakt Die Corona-Krise ist eine Krise, Kommunen und soziale Träger: auf ein gutes Leben Die Haushaltsposition „Besucher- zung gegeben werden. DIE BRÜCKE – Vereinigung der Freunde die vor keiner sozialen Klasse Halt Zusammenarbeit als Partner*in- förderung“ weist pro Jahr 9.500 € und Förderer psychisch Behinderter in macht. Doch obwohl sie alle gesell- nen ist wichtig Die Corona-Krise wird noch lange aus. Sie wird gespeist aus Spenden, Brillen, Tierarztrechnung, Lübeck und Umgebung e.V. schaftlichen Schichten betrifft, nachhallen, viele ihrer Auswirkun- den Vereinsmitgliedsbeiträgen und Schwimmkurse Engelsgrube 47, 23552 Lübeck konnte man bereits früh erkennen, Die Spätfolgen der Ökonomisierung gen werden wir erst in den nächs- den Mieteinnahmen aus zwei be- Tel.: 0451/ 140 08-0 dass es bei ihrer Bewältigung enor- der sozialen Infrastruktur müssen ten Jahren spüren. Als PARITÄTI- scheidenen Häusern, die der Verein Wofür wurde bisher Unterstützung verein@diebruecke-luebeck.de me Klassenunterschiede gibt. Coro- vor dem Hintergrund des sich ver- SCHER Schleswig-Holstein werden an die gemeinnützige GmbH vermie- erbeten? Wie in jedem Jahr waren na wirkt wie ein Beschleuniger auf änderten Zusammenspiels zwischen wir unseren Einsatz für und mit soziale Ungleichheit. Staat, Markt und Wohlfahrt nun unseren Mitgliedsorganisationen besonders in den Blick genommen auf kommunaler und landesweiter Auf der einen Seite gibt es Unter- werden. Die Bereiche Pflege, Bil- Ebene fortführen und uns für die nehmen, die durch die Krise enorm dung und Gesundheit wurden dem Gesellschaft stark machen, in der profitieren, und Arbeitnehmer*in- freien Spiel des Marktes überlassen, wir leben möchten: Eine gerechte nen, für die Homeoffice und even- wie unter einem Brennglas zeigen Gesellschaft, die niemanden aus- tuelles Homeschooling – wenn auch sich durch die Corona-Krise nun schließt und in der alle die gleichen mit großem organisatorischem Auf- die Probleme in den einzelnen Chancen auf ein gutes Leben wand – möglich sind. Auf der ande- Bereichen. Eine partnerschaftliche haben. Denn nur in einer solchen ren Seite jedoch gibt es sehr viele Zusammenarbeit zwischen Trägern Gemeinschaft werden Krisen über- Menschen in ohnehin prekären und Kommunen ist für eine gelin- standen. Lebensverhältnissen, für die der gende Daseinsvorsorge im sozialen www.paritaetische-sh.de Gang zur Tafel, das tägliche kos- Bereich ebenso elementar wie deren tenlose Mittagsessen für die Kinder auskömmliche Finanzausstattung. *Der Paritätische Schleswig-Holstein ist ein Wohlfahrtsverband. Er hat mehr als oder die Hausaufgabenbetreuung in 500 Mitgliedsorganisationen aus der sozi- der Schule von einem Tag auf den Soziale Arbeit ist systemrelevant alen Arbeit, deren Anliegen er gegenüber anderen weggebrochen sind. Die der Politik vertritt. Diese Mitgliedsorga- wochenlange Isolation in Pflegehei- Denn die unterschiedlichen Berei- nisationen arbeiten unter anderem für Menschen mit Behinderung, Kinder und men und Einrichtungen der Ein- che der Sozialen Arbeit sind wäh- Jugendliche, alte Menschen, Flüchtlinge gliederungshilfe, der fehlende Blick rend und nach dieser Krise wichti- oder helfen Selbsthilfe-Gruppen. auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen, die Ausbreitung von COVID-19 in Geflüchteten- und Sammelunterkünften werfen viele ethische Fragen auf, allen voran: In welcher Gesellschaft möchten wir leben? 4 5
TITEL: WIR IN DER CORONAZEIT TITEL: WIR IN DER CORONAZEIT Corona-Juni 2020: Ein Tag im Tageszentrum Mit allen Vorsichtsmaßnahmen, die die Ausbreitung des Coronavirus verhindern sollen Alle BRÜCKE-Einrichtungen standen in der Corona- Durch die täglichen Telefonate und krise vor der Frage: Wie können wir für unsere Besu- cher*innen, Bewohner*innen, Patient*innen, betreut wöchentlichen Spaziergänge habe ich Beschäftigte und Rehabilitand*innen da sein? Jede meine Bezugsbetreuten noch intensiver Einrichtung hat täglich an Lösungen gearbeitet unter kennengelernt. Berücksichtigung aller vorgeschriebenen Vorsicht- maßnahmen. Damit wir da sein können unter den Sozialpädagogin Lea Spandel sich mitunter sehr schnell wandelnden politischen Vorgaben, haben wir von der BRÜCKE Lübeck einen „Ich hab grad mit einer Besucherin telefoniert. Das Pandemiestab gegründet, der sich mehrfach pro Woche mache ich jeden Tag mit allen meinen Bezugsbetreu- getroffen und die Vorgaben in Handlungsmöglichkeiten ten. Wir sprechen dann zehn bis 15 Minuten, einfach übersetzt hat: von sehr starken Einschränkungen zu zum täglichen Austausch, solange die Gruppen hier vorsichtigen Lockerungen. Als ein Beispiel von vielen im Haus nicht stattfinden. Zweimal in der Woche gehe geben wir hier Einblick in den Corona-Alltag unseres ich spazieren – je nach Bedarf eine halbe Stunde mit Tageszentrums. meinen Bezugsbetreuten. Das Wort “Kohorte” war lange nicht im Ich höre sehr unterschiedliches: Manche kommen durch die Telefonate und Spaziergänge ganz gut zu- Sprachgebrauch, jetzt ist es “systemrelevant”. recht, andere eher nicht. Aber je länger dieser Zustand andauert, desto schwieriger wird es, das auszuhalten. Teambesprechung einer Kohorte im Tageszentrum 09:30 Uhr: Täglich abwechselnd trifft sich die Hälfte Das Telefonat eben muss ich, so wie alle anderen Ge- des Tageszentrum-Teams, um mit Abstand zueinander spräche auch, schriftlich wiedergeben zur Übergabe an den Tag und die anstehenden Aufgaben zu besprechen. meinen Bezugsbetreuer-Kollegen.“ Danach gibt es wie üblich Frühstück mit Kaffee und Brötchen. Es trifft sich nur die Hälfte des Teams, damit Die Einschränkungen habe ich als sehr sich nicht zu viele Menschen gleichzeitig in geschlosse- nen Räumen aufhalten und so die Anzahl der Kontakte extrem empfunden. und damit das Ansteckungsrisiko niedrig gehalten Oliver, ein Besucher des Tageszentrums werden. Im Tischlerkeller im Hinterhof bohrt und feilt Oliver an Nach 12 Wochen: endlich die falsch kleinen blauen Holzkästen. Er hat Sortierkästen mit kleinen Einzelfächern gebaut. Grade bearbeitet er die zusammengenähte Naht auftrennen! dazugehörigen Deckel, damit sie leichtgängig auf die 11.6.2020, erstes Mal wieder Kreativ-Ergotherapie Kästen passen. Ab 10:30 Uhr klingelt es immer wieder mal an der Tür, „Eigentlich bin ich immer der erste Besucher, der hier einzelne Besucher*innen kommen in die Tagesstätte, morgens in die Tagesstätte kommt und der letzte, der denn heute trifft sich zum ersten Mal seit dem Coro- geht – also bis vor Corona. Ich bemühe mich, alles mit- na-Lockdown die Kreativ-Ergotherapiegruppe wieder, zunehmen, was hier angeboten wird und habe gemerkt, auch die Holz-Ergotherapie hat wieder begonnen. dass mir das nachhaltig gut tut. Nur Zuhause hocken, wie jetzt die ganze Coronazeit, Jana Truskawa, Ergotherapeutin, weist die drei Teil- aus dem Fenster zu gucken, die Wand anzustarren, das nehmer*innen - mehr können wegen der Abstandsre- bekommt keinem auf die Dauer. Die Einschränkun- geln nicht zeitgleich kommen - erst einmal freundlich in gen hab ich sehr extrem empfunden. Man hat weniger die Hygieneregeln ein. Zum Glück hat der Kreativraum soziale Kontakte und neigt mehr zum Grübeln und zwei Türen: „Im Haus tragt ihr bitte den Mundschutz. fühlt sich oft depressiv und kraftlos. Deswegen sind Im Kreativraum mache ich als allererstes die Fenster diese tagesstrukturierenden Angebote wichtig für mich, auf. Zu dieser Tür geht ihr bitte nur rein, zu dieser nur um überhaupt mal einen Grund zu haben aufzuste- raus. Wenn ihr euren Platz eingenommen habt, könnt hen. Das ist sehr positiv, dass das hier langsam wieder ihr eure Schutzmasken gern absetzen“. losgeht. Sehr gut ist, dass mir die FSJlerin jeden Tag Susanne Maier holt sofort jede Menge kuschelige Stoff- das Mittagessen vorbeibringt. Sonst wäre das finanziell teile aus ihrem Beutel und stellt ihre Nähmaterialien nicht zu machen gewesen mit täglich 3,45€, die ich zur um sich. „Ich nähe einen großen Kuschelhund, aber Verfügung habe. Und es kam jemand vorbei! Ich hab wie das so ist, hab ich den erstmal falsch am Bauch mal wen gesehen und gesprochen! Am Wochenende, tja. zusammengenäht. Jetzt nach 12 Wochen kann ich end- Sonntag ist die Tagesstätte bis auf weiteres geschlos- lich weitermachen und die Naht auftrennen!“ sen. Aber die Werkstatt hier ist große klasse.“ 6 7
TITEL: WIR IN DER CORONAZEIT TITEL: WIR IN DER CORONAZEIT Wenigstens Zweien hat die Ruhe Die FSJlerin Lea Bendig bringt im Hinterhof gut gefallen. Tagesstättenbesucher*innen das Mittagessen aus dem PONS – und damit Langersehnter Nymphensittich-Nachwuchs auch ein bisschen Tagesstruktur. Seit Jahren warten die Tagesstättenbesucher*innen und die Kolleg*innen in der Engelsgrube 47 auf Nach- Mittagessen auf Rädern – Coronaservice der wuchs in der großen Voliere im Hinterhof. Die letzten Tagesstätte und des Restaurant PONS Monate war offensichtlich ausreichend Ruhe. 11:45 Uhr Die FSJlerin Lea Bendig holt mit einem Bus Die FSJ-lerin Lea Bendig versorgt die Sittiche mit Kör- das Mittagessen vom BRÜCKE-Restaurant PONS an nern und frischem Wasser und leuchtet in den Vogel- der Untertrave ab: „Jetzt sind es nur noch sieben Leu- kasten: zwei kleine Küken hocken dort, nahezu nackt te, denn vier können wieder zu Fuß ins PONS gehen. mit ein klein wenig Flaum. Unsere Tagesstättenbesucher*innen, die wegen Corona drei Monate nicht zu uns kommen konnten, sind sehr Jeden Tag zusammen Kaffee, Klönen, sehr dankbar. Ich schnacke auch immer ein bisschen mit ihnen an der Tür, aber nicht lange, sonst bekommt Rummy Kub. Endlich kann man mal die letzte Person auf der Tour kaltes Essen.“ wieder alleine ein Eis essen gehen. Auch die Mitarbeiter*innen der Tagesstätte essen zu Hinterhof-WG: Zu viel Zeit zu dritt Mittag. Im Innenhof sitzen die Teilnehmer*innen der Am Ende des Speicher-Hinterhofs wohnen Uwe, Renate Ergotherapien mit großem Abstand zueinander und re- und Stefan gemeinsam in einer Wohnung. Sie teilen den. Normalerweise essen Besucher*innen und Mitar- sich die Küche und das Bad. Tageszentrumsleiter Oliver beiter*innen gemeinsam – ein jahrzehntealtes Ritual. Schulz besucht die WG in der Coronazeit einmal wö- chentlich zum Reden und Zuhören. Tür auf und alle Regeln durchlesen, Uwe: „Wir hatten hier ja noch Glück in der Coronazeit. das muss leider sein. Wir sind zu dritt und im Hof wohnt noch eine Besuche- rin der Tagesstätte. Wir haben jeden Tag ab 14 Uhr zu Oliver Schulz, Einrichtungsleitung Tageszentrum viert im Hinterhof Kaffee getrunken und Rummy Kub gespielt. Hin und wieder bin ich Fahrrad gefahren, weil „Ein Teil unserer Tageszentrumsbesucherinnen und immer zu dritt hier und das drei Monate lang: das wird –besucher ist sozial relativ isoliert und wenig vernetzt. dann doch mal anstrengend.“ Die meisten leben allein. Sie telefonieren auch wenig Renate: „Es geht mir ganz gut, aber Einkaufen gehen untereinander, auch nicht in der Coronazeit. Ich finde und diesen Abstand halten… diese vielen Regeln im es persönlich sehr schwer auszuhalten, dass die Men- Alltag, das beschäftigt mich und ist mir zu viel. Manch- schen allein in ihren Wohnungen sitzen und wir ihnen mal fällt mir auch die Decke auf den Kopf. Ich durfte nicht die Unterstützung anbieten können, die sie drin- auch ganz lange meinen Enkel nicht sehen. Dann ist es gend bräuchten – und sei es nur zweimal in der Woche gut, dass wir die BRÜCKE-Mitarbeiter hier jeden Tag „Mensch-ärgere-dich-nicht“ zu spielen und sich hier zu sehen.“ unterhalten. Stefan: „Die ersten sechs Wochen des Lockdowns waren krass. Ich rechne es Oli und dem Tageszentrum-Team Innerhalb von zwei Wochen kommen üblicherweise hoch an, dass sie sich so viel Mühe mit uns gegeben 140-150 Menschen in unser Haus. Ein paar haben zu haben. Ich bin mit meinem Betreuer zusammen alles Hause Stärken entdeckt, aber ich hab auch in vielen abgelaufen: die Obertrave, die Untertrave. Am neuen Anrufen gehört: ‚Ich werd immer phlegmatischer, es Drehbrückenplatz gibt es Holzbänke, auf die kann man geht mir wieder so schlecht wie früher, bevor ich in die sich legen und dann in ausreichendem Abstand mitein- Engelsgrube gekommen bin.‘ ander reden.“ Jetzt (Stand 12. Juni 2020, Anm.d.Red.) geht es zum Glück so langsam wieder los: In Woche Zwölf nach dem Lockdown können wir täglich vier Gruppen à drei Per- Kontakt sonen anbieten.“ Bedauerlicherweise können wir coro- DIE BRÜCKE Beratungsstelle nabedingt gerade keine offenen Angebote oder Treff- Engelsgrube 47, 23552 Lübeck punkte in der Begegnungsstätte anbieten. Die Bera- Tel.: 0451/ 140 08-70 tungsstelle ist die ganze Zeit telefonisch erreichbar. beratungsstelle@diebruecke-luebeck.de Dieses Angebot wurde auch gut genutzt. Mittlerweile Unsere Öffnungszeiten: können wir uns mit Menschen, die Beratungsbedarf montags bis donnerstags 9:30 – 17 Uhr, freitags 9:30 – 16 Uhr haben, auch wieder persönlich treffen. sowie nach telefonischer Vereinbarung. Texte, Protokolle und Fotos: Nadine Dietrich 8 9
TITEL: WIR IN DER CORONAZEIT TITEL: WIR IN DER CORONAZEIT Verschiedenste Einrichtungen und ein Virus In unseren Wohneinrichtungen gab es einschneidende Veränderungen des All- tags durch die verordnete Kohortenbildung und die Abstandsregeln für Bewoh- Einblicke in die Arbeit der BRÜCKE Lübeck während der Corona-Krise ner*innen und BRÜCKE-Kolleg*innen. Ein Bewohner der Sozialpsychiatrischen Wohn- und Betreuungseinrichtung im Kurzen Weg 9 hat dieses Im Jahr begleiten wir bis zu 4.000 Menschen mit Wir bieten Rehabilitationsmaßnahmen sowie Behand- Corona-Warn-Plakat während des Lockdowns gestaltet. psychischen Beeinträchtigungen. Einige wohnen in un- lungen in der Tagesklinik und den Ambulanten Diens- seren Einrichtungen und Brücke-eigenen Wohnungen, ten. Schon diese – nicht vollständige – Aufzählung andere arbeiten bei uns als betreut Beschäftigte, wieder unserer Angebote lässt erahnen, wie viele unterschied- andere werden von unseren Mitarbeiter*innen zu Hause liche Lösungen gefunden werden mussten, um in der besucht oder sie kommen zu Gruppenangeboten in Pandemie weiter für psychisch erkrankte Menschen da unsere Tagesstätten. zu sein. Jeder bittet seine Gäste anders um Abstand: Hier Lösungen aus den Zentralen Diensten und der Sozialpsychiatrischen Institutsambulanz – und eine weitere (nicht ernstgemeinte!) aus dem PC-Service. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. ;-) Für jede*n einen eigenen Stift – und auch die halten Abstand. Im ersten Lockdown aller Zeiten musste viel gelernt, ausprobiert, ausgehalten, verworfen und zur Kenntnis genommen werden: Mundschutz XXL: Das Ambulant Betreute Wohnen in der Roeckstraße Ein paar Aussagen aus der Lockdown-Zeit von Men- schen, die von unseren Kolleg*innen im Ambulant Betreuten Wohnen begleitet werden: „Danke, dass Sie alle die ganze Zeit so zuverlässig und engagiert für uns da sind! Sonst wäre das alles nicht auszuhalten.“ In der Tagesstätte für ältere psychisch kranke Menschen wurden neue Kom- „Alles wird teurer, ich gebe für den gleichen Einkauf munikationswege ausprobiert. Auf unserer Website und über Facebook infor- jetzt immer fast 5 Euro mehr aus als vor Corona! Wie mierten wir über unseren Umgang mit dem Coronavirus und es gab die erste soll ich das denn schaffen mit Grundsicherung!?“ Videobotschaft vom BRÜCKE-Geschäftsführer Frank Nüsse. Texte, Protokolle, Fotos und Layout: Nadine Dietrich „Ich mag nicht mehr nur spazieren gehen, ich würde gern mal einfach wieder einen Kaffee trinken gehen.“ „Dass Sie das alles für mich machen!“ Zur Erklärung: Einkaufen, Einkauf vor die Tür stellen, mehrere Telefo- nate die Woche und einen Spaziergang, anstelle eines Hausbesuchs pro Woche in normalen Zeiten. „Plötzlich kann ich ganz viel telefonieren und rufe von mir aus sogar Menschen an!“ (ein Mensch mit sozialen Ängsten) „Ich verrate Ihnen meinen Geheimtipp: Beim Edeka im Bahnhof gibt es immer Klopapier!“ 10 11
TEILHABE TEILHABE Wir setzen die dritte Stufe des BTHG um ... die sich in „Einrichtungen“ aufhal- ten (z.B. in Wohnhäusern und und Beschäftigungsprojekte wur- den umgewandelt in viele Telefona- und konnten. Fragen, die abge- stimmt und geklärt werden müssen, … soweit die Corona-Pandemie es zulässt -gruppen, Kliniken, Tagestätten, te, Spaziergänge, Treffen auf Park- damit an den zum 01.01.2022 gel- Werkstätten und Arbeitsprojekten) bänken, Bänken in der Stadt, Bus- tenden neuen Leistungs- und Ver- Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) und den Wegfall der Heranziehung eigenverantwortlichen Umgang mit erfuhren ein Betretungsverbot. In haltestellen, Notgruppenangebote, gütungsverträgen gearbeitet werden tritt in vier Reformstufen in Kraft, der Angehörigen zu den Kosten der dem persönlichen Geld. Aber die einigen Bereichen bestand das Ver- der Einkauf wurde teilweise für Be- kann, gerieten in einen Corona-Ab- beginnend 2017. Die dritte Reform- Leistungen der Eingliederungshilfe Mehrzahl unserer Klientel wollte lie- bot, persönliche Kontakte zu eben- treute erledigt und nicht mit ihnen. stimmungsstau. Wieder einmal wird stufe muss und kann seit Anfang haben sich bei vielen Menschen po- ber kein eigenes Konto eröffnen und falls dort Wohnenden „über ihre die Zeit sehr knapp und die Grund- des Jahres 2020 umgesetzt werden. sitiv bemerkbar gemacht. Hierdurch für das Geld nicht zuständig sein. Kohorte hinaus“ aufzunehmen. Das Hoffen auf längere lagen (Strukturen, Personal, Ver- Unter anderem wird die Trennung ist für zahlreiche Menschen eine „einfach dabei sein“ ohne beson- Gesetz-Übergangsphase gütung) bleiben sehr ungewiss. Wir zwischen ambulanten, teilstatio- unüberwindbare Hürde in der Teil- Unterstützung bei der ganz dere Aktivitäten unternehmen zu hoffen nun dringend auf eine Ver- nären und stationären Leistungen habemöglichkeit abgebaut worden. individuellen Lebensgestaltung müssen, ist in Zeiten der sozialen Die Kulanzregelung für die Finan- längerung der Übergangsphase und aufgegeben. Distanzierung sehr viel schwe- zierung der Leistungen in der Coro- auf ein Ende der Coronawirkungen Manche wollen, viele nicht: Bis zum 14. März 2020 haben wir rer möglich. Die Kontakte in der na-Phase ermöglicht es uns, unsere und -auswirkungen. Die Idee des Bundesteilhabegeset- ein eigenes Konto erste, sehr positive Erfahrungen Betreuung wurden sehr verändert. Leistungen so zu verändern, dass Hausbesuche oder das Aufsuchen wir die Betreuten weiter gut, wenn Kathrin Roßberg zes bedeutet: mehr Selbstbestim- gemacht mit Ansätzen der Perso- Fachleitung Eingliederungshilfe mung und Teilhabe für Menschen, Die Umstellung der Strukturen für nenzentrierung: Wohnsituation und der Tagesstätten und der Arbeits- auch sehr anders begleiten können die Hilfen benötigen, ein transpa- Menschen in besonderen Wohnfor- Betreuungskontinuität konnten für rentes, gut verstehbares Verfahren men (früher Heime) beschäftigt uns einen Menschen erhalten bleiben, mit einheitlichen Grundlagen zur in der Zeit seit Juni 2019 bis der- obwohl keine Zugehörigkeit zu der Bedarfsfeststellung, Personenzen- trierung statt Einrichtungszen- zeit sehr. Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen nun eigene Kon- vorherigen Einrichtung mehr be- stand; ein anderer Mensch behielt Zukunftswerkstatt für besonderes Wohnen trierung, weniger bürokratischer ten haben, da die Gelder für die die gewünschte Tätigkeit der Tages- Chancen des BTHG nutzen, Gutes bewahren Aufwand, eine Stärkung des Wohnkosten und den Lebensunter- strukturierung, obwohl sich die Wunsch-und Wahlrechtes, keine halt direkt an sie selbst ausgezahlt zugehörige Wohnsituation änderte. Wir wollen unsere Konzepte in den mit allen gegessen wird? Können • dass die Erhaltung von Motiva- Menschen aus dem Leistungsge- werden. Rechtliche Betreuer*innen, Dieser Mensch wird nun von einem besonderen Wohnformen grundle- wir die Häuser so umgestalten/um- tion und von Fähigkeiten ein schehen auszugrenzen, weil sie die Menschen selber, Angehörige anderen Leistungserbringer beim gend überdenken und haben damit bauen, dass echte WGs entstehen? Resultat von „selber machen“ neue Kriterien nicht erfüllen kön- und auch wir als Leistungserbrin- Thema „Wohnen“ unterstützt und in einer ersten kleinen Zukunfts- Welches Personal müsste dann wie ist, nen, aber trotzdem Leistungen ger wurden in ein kompliziertes, ist ergänzend in einem tagesstruk- werkstatt begonnen. und wo eingesetzt werden? Brau- chen wir tagesstrukturierende • dass die Überforderung durch Angebote vor Ort? Oder sind alle zu viel Alltagsanforderungen in Bewohner*innen in der Lage, das Kombination mit den Folgen Haus zu verlassen, um im Sozial- psychischer Erkrankungen zu raum/in der Stadt geeignete Mög- hohem Stress und Destabilisie- lichkeiten zur Tagesstrukturierung rung führen kann. zu finden? Wäre es auch möglich, unsere tagesstrukturierenden An- Das Bundesteilhabegesetz beauf- gebote für den Sozialraum zu öff- tragt die leistungsberechtigten Men- nen? Wie gestaltet sich Assistenz- schen, die Kostenträger und uns leistung nachts? als Leistungsanbieter und -erbrin- Die dritte Stufe des BTHG... ...ermöglicht vielfältigere Wohnformen. Fotos: pixabay.com ger genau hinzuschauen und die Wo sollen die Menschen in der Zeit Lebenswaage neu auszuloten nach brauchen, die Förderung der Eigen- unübersichtliches Verwaltungshan- turierenden Angebot eines unserer Die Veränderungen durch das Bun- leben, in der umgebaut wird? Wie den oben angeführten Zielen, die verantwortlichkeit. Ebenso: die deln „katapultiert“. Es mussten Wohnangebote weiterhin mit Freude desteilhabegesetz ermöglichen uns finden die Teams und die Leitungen aus der Behindertenrechtskonven- Stärkung der Leistungsträger, neue Verträge für eine zweijährige dabei- zumindest bis Mitte März. in den besonderen Wohnformen die Zeit für all die Überlegungen tion der Vereinten Nationen in unse- unabhängige Beratungsmöglichkei- Übergangszeit erstellt und umge- (früher Heime) gute Veränderungen. und Planungen, da die Betreuungs- re Gesetze übernommen wurden. ten für Menschen mit Behinderung setzt werden. Viele Bewohner*in- Neue Erfahrungen durch In diesem Zusammenhang gibt es arbeit fortlaufend geleistet werden schaffen, eine Verringerung der nen wollten keine eigenen Konten Covid-19-Pandemie viele Fragen z.B.: Wäre es sinnvoll, muss, aber nicht mehr Personal für Kathrin Roßberg Fachleitung Eingliederungshilfe Zuzahlungsverpflichtung durch und hatten Sorge, dass ihnen nun in allen besonderen Wohnformen all die Änderungen zur Verfügung höhere Einkommens- und Vermö- weniger Geld zur Verfügung stehen Dachten wir bis Mitte März, dass das Zusammenleben in kleineren steht? gensgrenzen. könnte. Rechtliche Betreuungsper- die Themen Selbstbestimmung, Per- Wohngruppen zu organisieren sowie sonen und wir als Leistungserbrin- sonenzentrierung und soziale Teil- Einzelwohnungen in einem zusam- Oder bleiben wir doch einfach beim Zwei neue Beratungsstellen zu ger haben deutlich mehr Verwal- habe die zentralen Aspekt unserer mengehörenden WG-Verbund zu Alten, gestalten kleine Prozesse um, Teilhabemöglichkeiten tungsaufwand – der nicht gesondert Arbeit seien, die durch das Bundes- planen? weil doch eigentlich vieles gut ist finanziert wird. Die Betreuungsar- teilhabegesetz bzw. dessen Umset- und die Bewohner*innen größten- Angefangen mit den letzten beiden beit ist damit noch einmal deutlich zung gestärkt und unverzichtbar Was bedeutet das für die Arbeit in teils zufrieden sind? Information Aspekten lässt sich sagen, dass in „verwaltungslastiger“ geworden und wären, wurden wir durch die Coro- WGs und in Einzelwohnungen z.B. DIE BRÜCKE Lübeck Lübeck zwei Beratungsstellen zur bietet weniger Zeit für die persön- na-Pandemie eines anderen belehrt. für die Nahrungszubereitung und Bei Veränderungen müssen wir un- Kathrin Roßberg ergänzenden unabhängigen Teilha- lichen Aktivitäten mit Bewohner*in- Die gesamte Bevölkerung erfuhr wo soll dann gegessen werden? Was sere Erfahrungen berücksichtigen, Fachleitung Eingliederungshilfe beberatung nach dem Sozialgesetz- nen. Einige Bewohner*innen begrü- Eingriffe in die Persönlichkeitsrech- machen wir mit den vorhandenen • dass dem Ruhe- und Schutzbe- Tel.: 0451/ 140 08-30 buch IX eröffnet wurden. Auch die ßen die Umstellung auf eigene Kon- te, bekam Kontaktvermeidungsvor- größeren Küchen und Speiseräu- dürfnis entsprochen werden k.rossberg@diebruecke-luebeck.de Erhöhung der Zuzahlungsgrenzen ten und das wachsende Wissen zum gaben und Regelungen. Menschen, men, in denen für alle gekocht und soll, 12 13
TEILHABE TEILHABE Vorhang auf: Kultur für alle trotz Corona! KulturTafel in Lübeck Lübecks Kulturangebot ist vielfäl- tig und spannend, doch nicht jeder kann sich den Besuch einer Veran- nicht jeder kann (oder mag) die Viel- zahl an digitalen Kulturangeboten nutzen. DIE BRÜCKE Gemeinnützige therapeutische Einrichtungen staltung leisten. Deshalb liefert die KulturTafel wäh- Ob Theater, Konzert oder Museum: rend der Corona-Krise Kultur frei Wir sind 420 Mitarbeiter*innen in 25 Einrichtungen und Die KulturTafel Lübeck vermittelt Haus: Wer möchte, kann einen als DIE BRÜCKE in Lübeck fast 50 Jahre alt. nicht verkaufte Eintrittskarten aus „kulturellen Hausbesuch“ verein- In unseren multiprofessionellen Teams pflegen wir den unterschiedlichsten kulturellen baren. Dabei besuchen zwei Musi- das „DU“ und das „WIR“. Bereichen kostenlos an Menschen kerinnen des Philharmonischen Wir sind familienfreundlich, haben ein eigenes Fortbildungsinstitut und mit knappem Budget. Es werden Orchesters Lübeck den Gast Zu- verbinden Expertise mit Freude an unserer Arbeit. immer zwei Karten vergeben, so hause: vor der Tür, im Garten oder dass der Besuch in Gesellschaft Vorgarten. Der Gast bleibt dabei in Aufgrund unserer hohen fachlichen Kompetenz der eigenen Wohnung (die Kultur- sind unsere Angebote stark nachgefragt. Tafel bringt bei Bedarf einen Klapp- „Ich bin seit 2015 dabei! Während Deshalb wollen wir unsere Teams verstärken und bieten stuhl mit) und die Musikerinnen eines Besuchs bei der Tafel Lü- in folgenden Bereichen laufend die Möglichkeit, spielen ein ca. zehnminütiges Kon- beck e.V. hab ich von der KulturTa- in Voll- oder Teilzeit unsere Kolleg*in zu werden: zert im Hausflur – der Mindestab- fel gehört und mich gleich ange- stand wird also gewahrt! Die Fuß- meldet. Man kann ankreuzen, matte wird so zur Bühne und der was einen besonders interessiert Gast genießt ein exklusives „Tür- Ärzt*innen Musikalischer Hausbesuch in Vorgärten, Garageneinfahrten oder auf Balkonen im und sobald es Karten gibt, rufen 14. Stock: Katharina Ruf (Klarinette) und Vera Dörmann (Bratsche) vom schwellenkonzert“. die Mitarbeiterinnen an. Mein per- sönliches Highlight war ein nieder- Philharmonischen Orchester Lübeck bei einem „Türschwellenkonzert“. Psychologie und Psychotherapie Ein Zuhörer schrieb der KulturTa- deutsches Stück in den Kammer- fel im Nachhinein: „Es war einfach erfolgen kann, denn: Zu zweit wie viel den Gästen das Angebot spielen im Theater Lübeck. Das machen Theater, Konzert & Co. bedeutet. wunderschön! Ihr musikalischer Sozialarbeit und Sozialpädagogik war so aus dem Leben gegriffen! Besuch hat mir seit Wochen endlich schließlich mehr Spaß! Ich war aber auch schon auf dem mal wieder ein Gefühl der Hoffnung Bei Anruf: 10 Minuten Hausmusik Theaterschiff, im Combinale und Somit öffnet die KulturTafel das gegeben.“ Ergotherapie mehrfach im Kino. Es gibt immer Kristine Goddemeyer vielfältige Kulturangebot unserer So schrieb ein Gast: „Der Abend KulturTafel Lübeck e.V. mindestens zwei Karten und des- wegen kann ich immer jemanden Stadt für alle Lübeckerinnen und hat mir so viel gegeben. Ich habe Gesundheits- und Krankenpflege Lübecker und ermöglicht ihnen richtig wieder am Leben teilgenom- mitnehmen. Mir gefällt besonders, kulturelle genauso wie soziale men, davon zehre ich immer noch.“ dass ich zur Kasse gehe und sage: „Ich möchte meine reservier- Teilhabe. Wer sich bei uns anmel- Ein anderer sagte: „Ich habe seit Hauswirtschaft den möchte, muss einen Einkom- langer Zeit mal wieder das Gefühl, ten Karten abholen“. Keiner weiß, mensnachweis vorlegen (Jobcen- am Leben wieder etwas teilnehmen dass ich sie über die KulturTafel Worauf Sie sich freuen dürfen: ter-Bescheid, Grundsicherungsbe- zu können. Endlich komme ich mal geschenkt bekommen habe, weil - eine kollegiale und wertschätzende Arbeitsatmosphäre scheid o.ä.). wieder raus!“ ich sie mir nicht leisten könnte. Ich - regelmäßige Teamsitzungen und externe Supervisionen bin dann eine Besucherin wie jede - geregelte Arbeitszeiten Immer wieder erreichen das Team Momentan können wegen der Co- andere.“ - Urlaubsanspruch über dem gesetzlichen Mindesturlaub der KulturTafel berührende Rück- rona-Krise leider keine kulturellen Angelika Meyenborg - eine leistungsgerechte Vergütung meldungen, die deutlich machen, Veranstaltungen stattfinden und mit möglichen zusätzlichen Vergütungsbestandteilen (Arbeitgeberzuschuss zur bAV und Gesundheitspräventionskursen, vermögenswirksame Leistungen, Kinderzuschlag, Kinderbetreuungskostenzuschuss) Fotos: KulturTafel Lübeck e.V. Aktuelle Stellenangebote finden Sie hier: www.diebruecke-luebeck.de/jobs Kontakt KulturTafel Lübeck Für Sie ist nicht Wahmstr. 71 das richtige Angebot dabei? 23552 Lübeck Nutzen Sie gerne die Möglichkeit, Tel.: 0451/ 20 22 80 61 sich initiativ bei uns zu bewerben. info@kulturtafel-luebeck.de www.kulturtafel-luebeck.de 14 15
TEILHABE TEILHABE Auf Gleichstellung hinweisen Veränderungen als Herausforderung Anders, aber erfolgreich: Unser „Erlebnistag Mensch & Selbsthilfetag Lübeck“ 2020 Veränderungen positiver bewerten: ein Erfahrungsbericht Demonstration mit vielen Im Laufe ihres Lebens erfahren Verharren in vermeintlicher Sicher- sonst wohl nie gemacht hätte. Diese Auflagen: Menschen viele, teilweise einschnei- heit mochte einerseits bequem sein, zeigte mir, dass doch noch mehr in Hinter den Masken sind ein dende Veränderungen. Einigen kön- andererseits nahm ich mir damit mir steckt, als ich mir vorstellen Teil der Organisator*innen: nen sie sich kaum oder gar nicht Selbstständigkeit und viele Chan- konnte. Ich war aktiv an einer der Kathrin Roßberg, entziehen, andere führen sie selbst cen auf Neues, Aufregendes, Schö- Eröffnungsreden beteiligt. Tilman Matthias Göpfert sowie herbei. Ich habe lange Zeit Verän- nes … Außerdem ist das Leben zu Schomerus, Bereichsleiter Arbeit Frank Nüsse, Geschäftsführer, derungen gehasst und deswegen unberechenbar, als dass es absolute bei der BRÜCKE und Rede-Routi- von der BRÜCKE Lübeck. möglichst vermieden. Sicherheit geben könnte. nier, hatte mit mir in kurzer Zeit Dr. Kirstin Hartung (KISS), eine Art gegenseitiges Interview Volkert Brammer und „Never change a running system.“ 2019 brachte für mich viele Verän- erarbeitet. Für mich war das Ganze Joachim Karschny, – Diese Redewendung, die auf den derungen, die mir von außen abver- eine Premiere: Ich sprach das erste Geschäftsführer, von Ausspruch „ Never change a win- langt wurden. Nach sechs Jahren Mal öffentlich, vor vielen und mir Kinderwege e.V. sowie ning team.“ des englischen Fußball- verließ ich die Tagesstätte, ein mir überwiegend fremden Menschen. als Gastredner Jan Lindenau trainers Alf Ramsey zurückgeht, wichtiger ADiNet-Kollege ging in Trotz meiner Ängste und kleiner (SPD), Lübecks Bürgermeister kennen wohl viele. Mit etwas Lebens- Rente, die Druckerei, in der ich „Texthänger“ brachten wir unseren erfahrung weiß man aber, dass die- beschäftigt bin, zog an einen neuen Dialog erfolgreich und sogar unter- Foto: Nadine Dietrich se Aussage nur für eine begrenzte Standort, ich bekam einen Platz haltsam über die Bühne. Den posi- Zeit gelten kann. Auf Dauer fehlen beim Ambulant betreuten Wohnen tiven Rückmeldungen zufolge hal- „Was heißt es behindert zu sein, Gruppen für jeweils kurze Trom- im Garten des alten Lachswehr-Re- irgendwann, z. B. auf Computern, der BRÜCKE … Eine der einschnei- fen mir dabei Authentizität und ein wie fühlt sich das an?“ Das war melsequenzen an, die live in Bild staurants, heute eine Kindertages- wichtige und notwendige Neuerun- densten Veränderungen war, dass humorvoller und offener Umgang das Motto, unter dem zum Euro- und Ton aufgezeichnet wurden. stätte von der KinderWege gGmbH, gen, so dass das System dann nicht meine Hausärztin in Rente ging. mit meinen Schwächen. päischen Protesttag zur Gleichstel- Weitere Gruppen hatten kleine am Ufer der Trave statt. In seinem mehr „rund“ läuft. Nach über 20 Jahren in ihrer Be lung behinderter Menschen 2020 Videos nach einer Tonvorlage selbst persönlichen Grußwort gab Bürger- handlung kam dies einer Katastro- Ich hoffe, dass mich diese positiven eine bunte und vielfältige Veran- produziert und eingeschickt. So meister Jan Lindenau seiner Hoff- Ich lebte, ohne dass es mir bewusst phe nahe. Arztbesuche sind für Erfahrungen dazu bringen, Ver- staltung des Aktionsbündnisses entwickelte sich eine ganz beson- nung Ausdruck, dass viele Men- war, viele Jahre nach dieser Maxime. mich aus verschiedenen Gründen änderungen zukünftig anders zu „Gemeinsam Erleben“ in Lübeck dere Aktion, die den behördlichen schen durch die Einschränkungen In vertrauten Abläufen (z. B. Jobs, mit großem Unwohlsein verbunden bewerten. Sie nicht mehr als etwas geplant war. Unser Ziel: das Ver- Auflagen zur Pandemie entsprach, des öffentlichen Lebens nun nach- Beziehungen) fühlte ich mich sicher und wurden möglichst auf abso- Unangenehmes zu sehen, das ich so ständnis zwischen Menschen mit trotzdem aber öffentlich sicht- und empfinden könnten, was ein Leben und hielt so lange wie möglich an lut nicht vermeidbare beschränkt lange wie möglich hinausschieben und ohne Behinderung zu vertiefen. hörbar wurde: www.gemeinsam- mit Behinderungen für die Betroffe- ihnen fest. Selbst wenn mir diese (z. B. nach Unfällen oder für meine muss, sondern als Verbesserung Mit der Corona-Pandemie kam alles erleben.de nen bedeutet. nicht mehr gut taten. Manchmal Medikamente). Meine Ärztin nahm und/oder Chance. anders: unser wichtigstes Anliegen, zwang mich ein Ereignis oder ein mich ernst und hatte Verständnis der persönliche Austausch zwischen Die Kontakteinschränkungen und Wenn auch der Aktionstag unter anderer Mensch zur nötigen Verän- – sie war einfach toll. Aber dass ich Die schwierigste Veränderung ist Menschen mit verschiedenen Arten der Zeitdruck machten die Vorberei- den gegebenen widrigen Umständen derung. Aber meistens verging bis nun einen Ersatz brauchte, brachte aber die meines Denkens und mei- von Einschränkungen, musste tungen zum Abenteuer: Es gab gelungen ist und medial eindrucks- dahin viel Zeit bis der Leidensdruck mir im Nachhinein manche Vorteile. ner Glaubens- und Leitsätze. Dieses entfallen. Videokonferenzen, lebhaften E-Mail- voll in Szene gesetzt wurde, fehlte deutlich größer war als die Angst, Die neue Ärztin ist noch jung, dazu ist allerdings auch eine Vorausset- Verkehr und viele Telefonate. Zwei- doch vor allem das eine falsche Entscheidung zu treffen ebenfalls sehr verständnis- und zung dafür, dass mir alle anderen Trotzdem sollte in einer Gemein- mal wurden projektierte Standorte „Gemeinsam Erleben“. Nur wenige oder bei etwas Neuem zu scheitern. rücksichtsvoll. Außerdem bietet sie Veränderungen immer besser und schaftsaktion der beteiligten für die Aktion gewechselt, da sie Menschen der an der Vorbereitung Ein weiteres Hemmnis war das Ge- in ihrer Praxis einige Untersuchungs leichter gelingen. Daran arbeite ich (Selbsthilfe-)Gruppen und Organi- sich aus unterschiedlichen Grün- des „Erlebnistag Mensch“ beteilig- fühl, dann wieder etwas nicht be- möglichkeiten, die mir manche Be- noch, bin aber zuversichtlich, dass sationen in Lübeck ein Zeichen für den als nicht geeignet erwiesen. ten Gruppen hatten den Weg zum endet oder versagt zu haben. Lange suche bei Fachärzt*innen ersparen. ich auch das schaffen kann. die Gleichstellung von Menschen Viele Menschen wirkten intensiv an Veranstaltungsort gefunden. Darin funktionierte mein Leben auf diese Claudia Kuhlen mit Behinderung gesetzt werden. dem Vorhaben mit, während andere spiegeln sich auch die vielfach Weise – irgendwie. Zufrieden oder Der Umzug der Druckerei ermög- Digitaldruckerei Es entstand die Idee, zum Aktions- sich leider zurückzogen, die vor unsichtbaren Barrieren wider, die glücklich war ich damit nicht. Das lichte mir eine Erfahrung, die ich tag eine Trommelmanifestation zu Corona aktiv dabei waren. der Lockdown für gehandicapte veranstalten. Helga Reihl, Drum- Menschen bedeutet. Circle-Coach und der Aktion eng Die Manifestation fand dann am verbunden, leitete dazu kleine 9. Mai bei schönstem Sonnenwetter Der „Erlebnistag Mensch & Selbst- hilfetag Lübeck“ ist eine Gemein- schaftsveranstaltung von KISS „In der Coronakrise erleben plötzlich sehr viele Men- Lübeck, EUTB –Ergänzende unab- schen, was Menschen mit Behinderungen ihr ganzes hängige Teilhabeberatungsstelle Leben aushalten müssen: beeinträchtigt zu sein im Lübeck I, Treffpunkt Down-Syn- Alltag. Ich hoffe, dass durch die Coronakrise mehr drom Lübeck, FAIRverEinen e.V. Menschen Respekt und Mitgefühl empfinden für Men- und der BRÜCKE Lübeck mit Unter- schen, die immer eingeschränkt leben müssen, weil sie stützung von Helga Reihl, Drum- schwer krank sind oder eine Behinderung haben.“ Circle, gefördert von der Aktion Jan Lindenau (SPD), Lübecks Bürgermeister Mensch. Matthias Göpfert BRÜCKE Qualitätsmanagement 16 17
GEMEINDEPSYCHIATRIE GEMEINDEPSYCHIATRIE Ein neues Zuhause für ältere Menschen Über die schöne Eröffnungsfeier und das Einleben in Coronzeiten Das Haus ist eröffnet: Wolfgang Maaßen, Petra Mezulat (Einrich- Unser Schmuckstück in der Ziegelstraße 41. Stimmungsvoller Empfang mit vielen Gästen: Endlich eigene vier Wände mit Balkon! Sieglinde Göhner und tungsleitung), Sven Schindler (Innensenator Hansestadt Lübeck) Architekt und Bauleiter: Michael Conrath, Bad Schwartau. Akkordeonist Jens Kettelsen. Wolfgang Maaßen in ihrem neuen Gemeinschaftsraum. und Frank Nüsse (Geschäftsführer der BRÜCKE Lübeck). Fotos: Nadine Dietrich Im Januar 2020 war es soweit: die ersten Bewoh- 70 Gäste und der Sozialsenator von Lübeck bei der Austausch bei Suppe und Brot ner*innen konnten in das neue Wohnhaus für ältere Eröffnung Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Frank Nüsse und Wolfgang Maaßen durchschnitten Ziegelstraße 41 einziehen! Am 28.02.2020 hat dann die offizielle Einweihungs- dann symbolisch das rote Band im Eingangsbereich: feier stattgefunden. Für die Eröffnungsreden, Buffet Damit war das Haus offiziell eröffnet! Dann wurde zum Schon Monate zuvor hatten die künftigen Bewohner*in- und Get-together wurden die Gemeinschaftsräume und Buffet geladen und die Anwesenden nutzten ausgiebig nen den Baufortschritt verfolgt und mit Spannung den die zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezogene zweite die Gelegenheit, die Räumlichkeiten in Augenschein zu Einzugstermin erwartet. Baustellenbesichtigungen und Etage genutzt, um trotz Besucherandrangs die Privat- nehmen. BRÜCKE-Mitarbeiterinnen beantworteten Gedanken zum Neuanfang Belegungsplanungen, bei denen möglichst alle Wünsche sphäre der Bewohner*innen zu schützen. Der große viele Fragen und eine Bewohnerin hatte sich bereit berücksichtigt werden sollten, verkürzten dann aber die Tag startete um 11 Uhr. Die Bewohner*innen hatten erklärt, ihr möbliertes Zimmer zu zeigen. Viele nutzten Die Vorfreude war groß! Endlich ins neue Heim in der Wartezeit. Die Wohngruppen wurden neu gemischt und sich frühzeitig ihre Plätze gesichert. die Zeit für Gespräche und auch die Bewohner*innen Ziegelstraße. Wie habe ich mich nach diesem neuen nach und nach füllte sich das neue Wohnhaus. genossen die Feier und gaben gerne Auskunft über ihre und modernen Zuhause gesehnt. Ein großes, helles Zu Beginn begrüßte BRÜCKE-Geschäftsführer neue Wohnsituation. Zimmer mit schöner Aussicht und Balkon. So richtig Das erste Einleben ging dann relativ schnell. Es wurde Frank Nüsse die rund 70 Gäste und dankte allen an zum Wohlfühlen. Zügig hat sich die Wohngruppe zu- geräumt, gewerkelt und Möbel angeliefert. Jeder war diesem Bauprojekt beteiligten Personen. Auch Statt Nähe und Austausch: Corona-Distanz sammengefunden. Gruppenübergreifend hat man sich damit beschäftigt, sich nach seinen Vorstellungen ein- Sozialsenator Sven Schindler war der Einladung ge- zum Frühstück, Würfelspielen oder Spazierengehen zurichten. Die neu formierten Gruppen haben sich gut folgt, mit guten Wünschen und lobenden Worten im Nun sollte das neue Konzept umgesetzt und das Haus getroffen.In der Eingewöhnungszeit ab Februar 2020 zusammengefunden. Die Raucher treffen sich nun auf Gepäck. Die Einrichtungsleiterin Petra Mezulat berich- mit Leben gefüllt werden. Dazu zählten ein wohngrup- erschwerte die Coronakrise den Neuanfang. Die ersten den Balkonen zum Plausch, alle zwei Wochen wird die tete von den intensiven letzten Vorbereitungen und penübergreifendes Nachmittagsangebot wie auch die Wochen waren für mich und die anderen Mitbewohner Fahrkunst der Müllabfuhr bewundert, wie sie es durch Wolfgang Maaßen schilderte als Vertreter der Bewoh- Treffen und die Kontaktpflege der Bewohner*innen in- anstrengend. Fast täglich gab es neue Anweisungen die enge Wachtstraße schafft – und die Blumengrüße ner*innen eindrucksvoll, mit welchen Gefühlen sie alle nerhalb ihrer alten Gruppen. Doch dann kam Corona zum Umgang mit dem Virus. Trotzdem fühlte ich mich zum Einzug wurden im Garten eingepflanzt. den Bezug des Wohnhauses erlebt hatten. und aus dem Haus der Begegnung wurde ein Haus der gut aufgehoben und betreut. Dies erforderte viel Kraft Distanz. Mit viel Verständnis gingen alle mit der neuen und Disziplin. Persönliche Kontakte in diesen Wochen Situation um. Die Kontakte in den Gruppen halfen, der fehlten. Mir hilft das Gruppenleben, um diese Zeit zu Einsamkeit entgegenzuwirken. Um nicht zu sehr ins meistern – auch wenn Spannungen nicht ausbleiben. Grübeln zu geraten, wurde dann doch mal unterein- Gemeinsame Mahlzeiten und Gespräche lenken ab. ander angeklopft, geklönt, Kaffee getrunken und sich Diese Gemeinschaft hat mich gestärkt. Mein Leben hat Das sagt das Landesinnenministerium Schleswig-Holstein zu unserem Neubau: abgelenkt. Zum Glück kehrt seit einiger Zeit langsam sich entschleunigt, ich lebe bewusster, überdenke viele „Dieses Bauprojekt der BRÜCKE hat Vorbildcharakter in Schleswig-Holstein. Häuser Dinge und ordne sie neu ein. wieder Normalität ein. Aber bis zur endgültigen Umset- für bedarfsgerechtes Wohnen für ältere Menschen mit Unterstützungsbedarf werden zung des Konzeptes wird es wohl noch etwas dauern. Wolfgang Maaßen langfristig nicht nur in Lübeck benötigt. Das Konzept des begleiteten und unterstützten Wohnens mit einer breiten Palette von Diensten und Angeboten für Assistenz, Thera- Bei Interesse können sich Menschen, die chronisch pie, Pflege und Ansprechbarkeit ist hervorragend umgesetzt worden. Deshalb haben psychisch krank und älter als 60 Jahre sind, einen Behinderungsgrad von 50 oder höher und einen Wohn- Kontakt wir als Innenministerium dieses wichtige Projekt gerne mit einem Darlehen und einem Wohngruppen für ältere Menschen berechtigungsschein haben, an DIE BRÜCKE Lübeck Zuschuss unterstützt.“ Tel.: 0451/ 583 449 80 wenden. Petra Mezulat p.mezulat@diebruecke-luebeck.de Einrichtungsleitung 18 19
Sie können auch lesen