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STÄRKUNG VON INVESTITIONEN IN DEUTSCHLAND BERICHT DER EXPERTENKOMMISSION IM AUFTRAG DES BUNDESMINISTERS FÜR WIRTSCHAFT UND ENERGIE, SIGMAR GABRIEL
Impressum Herausgeber Gestaltung und Produktion Expertenkommission „Stärkung von Investitionen in PRpetuum GmbH, München Deutschland“ Druck Vorsitz: BMWi Prof. Marcel Fratzscher, Ph.D. Präsident Bildnachweis DIW Berlin © mustafa deliormanli – Getty Images Mohrenstr. 58 10117 Berlin Stand April 2015 Redaktion Expertenkommission
Inhalt Mitglieder der Expertenkommission 2 Vorwort 3 Zusammenfassung 5 Ergänzende und abweichende Positionen der in der Kommission vertretenen Gewerkschaften (IGM, ver.di, IG BCE, IG BAU und DGB) 13 1. Investitionsschwäche in Deutschland: Bestandsaufnahme 17 2. Mechanismen zur Sicherung nachhaltiger öffentlicher Investitionen 26 3. Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur 30 3.A. Wege zur Stärkung kommunaler Infrastruktur 30 3.B. Verkehrsinfrastruktur auf Bundesebene 38 3.C. Mobilisierung zusätzlicher privater Infrastrukturfinanzierung 44 4. Rahmenbedingungen für private Investitionen 48 4.A. Übergeordnete Maßnahmen 48 4.B. Rahmenbedingungen für Innovationen 53 5. Private Infrastruktur 63 5.A. Digitale Infrastruktur 63 5.B. Energie 70 5.C. Junge Unternehmen 78 6. Europa: Deutschlands Beitrag zu Europas Investitionsagenda 84 Literatur 88
Mitglieder der Expertenkommission – Prof. Marcel Fratzscher, Ph.D. (DIW Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin, Vorsitzender) – Dr. Stephan Articus (Deutscher Städtetag) – Frank Bsirske (ver.di); Vertretung: Frank Werneke, Dr. Dierk Hirschel – Robert Feiger (IG Bauen, Agrar, Umwelt); Vertretung: Dietmar Schäfers – Prof. Dr. Lars P. Feld (Walter Eucken Institut und Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) – Jürgen Fitschen (Deutsche Bank); Vertretung: Bernd Fislage, Michael Volkermann – Prof. Dr. Veronika Grimm (Universität Erlangen-Nürnberg) – Reiner Hoffmann (DGB); Vertretung: Dr. Mehrdad Payandeh – Dr. Helga Jung (Allianz); Vertretung: Dr. Maximilian Zimmerer, Dr. Andreas Gruber, Dr. Wilhelm Ruprecht – Dr. Markus Kerber (BDI); Vertretung: Dr. Klaus Günter Deutsch, Dieter Schweer – Wolfgang Lemb (IG Metall) – Franz-Josef Lersch-Mense (Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen); Vertretung: Jürgen Thiele – Dr. Hans-Hartwig Loewenstein (Zentralverband Deutsches Baugewerbe); Vertretung: Dr. Andreas Geyer – Dr. Thomas Mayer (Flossbach von Storch) – Dr. Torsten Oletzky (Ergo Versicherungsgruppe); Vertretung: Dr. Daniel von Borries – Prof. Dr. Siegfried Russwurm (Siemens); Vertretung: Dr. Udo Niehage, Michael Holtermann – Prof. Dr. Monika Schnitzer (Ludwig-Maximilians-Universität München) – Dr. Ulrich Schröder (KfW); Vertretung: Dr. Jörg Zeuner – Dr. Harald Schwager (BASF); Vertretung: Wolfgang Niedermark – Dr. Eric Schweitzer (DIHK); Vertretung: Dr. Achim Dercks – Michael Vassiliadis (IG Bergbau, Chemie und Energie); Vertretung: Tomas Nieber Gäste – Prof. Torsten R. Böger (VIFG, Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft mbH) – Franz Nauschnigg (Österreichische Nationalbank) – Prof. Dr. Thorsten Posselt (Fraunhofer MOEZ) Ständige Beobachterinnen und Beobachter und Gäste – Annette Bender (Bundesministerium der Finanzen) – Wolfgang Eckart (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) – Sven Eide (Bundesministerium der Finanzen) – Dr. Detlev Homann (Bundesministerium der Finanzen) – André Lieber (Bundesministerium der Finanzen) – Dr. Ludger Schuknecht (Bundesministerium der Finanzen) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – Dr. Bastian Alm – Dr. Raphael L’Hoest – Dr. Martin Meurers – Udo Neuhäußer – Dr. Philipp Steinberg – Dr. Sebastian Weins – Dr. Jeromin Zettelmeyer DIW Berlin – Prof. Dr. Martin Gornig – Dr. Claus Michelsen – Dr. Beatrice Pagel – Dr. Alexander Schiersch 2
Vorwort Die unabhängige Expertenkommission wurde im August der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, mit negativen 2014 von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit Konsequenzen für private Investitionen. Diese Mitglieder dem Auftrag berufen, konkrete Handlungsempfehlungen favorisieren steuerfinanzierte Erhöhungen öffentlicher zur Stärkung privater und öffentlicher Investitionen in Investitionen, verbunden mit der Ausnutzung existieren- Deutschland auszuarbeiten. Die 21 Mitglieder der Exper- den Spielraums unter der Schuldenbremse. Auch wenn tenkommission repräsentieren breite Teile der Wirtschaft, der Bericht dies nicht befürwortet, ist es einigen Mitglie- Gesellschaft und Wissenschaft Deutschlands. Auftrag der dern wichtig, eine Fehlinterpretation zu vermeiden und zu Kommission ist es, eine ganzheitliche Perspektive auf die betonen, dass eine Verlagerung von haushaltspolitischer deutsche Gesellschaft und Wirtschaft einzunehmen. Eine Verantwortung vom Bund auf Länder und Kommunen leistungsfähige, zukunftsorientierte öffentliche Infrastruk nicht stattfinden soll. Die ergänzenden und abweichenden tur und eine hohe Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Meinungen der fünf Mitglieder der Gewerkschaften wer- Deutschland für in- und ausländische Investitionen sind den in einem separaten Teil nach der Zusammenfassung Grundvoraussetzungen für die langfristige Sicherung des dargelegt. Wohlstands in Deutschland. Andere Kommissionmitglieder sehen den Schlüssel zur Der Abschlussbericht der Expertenkommission widmet Verbesserung der deutschen Infrastruktur sowohl in höhe- sich der Frage, wie durch öffentliche Investitionstätigkeit ren als auch in effizienteren öffentlichen Investitionen. und durch die Schaffung verbesserter Rahmenbedingun- Steuererhöhungen oder Neuverschuldung zur Finanzie- gen Anreize für mehr private Investitionen geschaffen rung höherer Investitionsausgaben werden von diesen werden können, die langfristig Wachstum und Beschäfti- Mitgliedern abgelehnt. Stattdessen sprachen sich einige für gung in Deutschland sichern. Unser Ziel ist es, nicht nur Ausgabenumschichtungen, eine Reduzierung der Sub Stärken und Schwächen der Rahmenbedingungen für stanzbesteuerung und die systematische Mobilisierung Investitionen in Deutschland kritisch aufzuzeigen, son- zusätzlichen privaten Kapitals zur Erweiterung des Investi- dern auch und gerade konkrete Handlungsempfehlungen tionsspielraums aus. an die Politik in Deutschland zu geben. Einige dieser Mitglieder betonen, dass der erhebliche Die zentralen Stärken der Expertenkommission sind die Rückstau bei Investitionen in die Erhaltung und den Aus- breite Expertise und die Vielfalt der Perspektiven ihrer bau öffentlicher Infrastruktur deutlich zeige, dass der Staat Mitglieder. Die Empfehlungen des Berichts drücken den alleine dieser Herausforderung nicht gerecht werden kön- Konsens der Kommissionsmitglieder aus. Dies bedeutet ne. Lösungen des Problems müssten daher über die bloße nicht, dass jedes Mitglied hinter jedem Satz des Berichts Reorganisation staatlichen Handelns hinausgehen. Öffent- steht, wohl aber, dass die große Mehrheit der Ergebnisse lich-Private Partnerschaften (ÖPP) könnten einen wesent- und Handlungsempfehlungen des Berichts von allen Mit- lichen Beitrag zur Schließung der Investitionslücke leis- gliedern der Expertenkommission getragen wird. In man- ten. Andere Länder hätten gezeigt, dass es mit ÖPP gelinge, chen Fällen, in denen sich Kommissionsmitglieder nicht private Ersparnisse gezielt und wirtschaftlich zur Finan- einig waren oder zusätzlicher Prüfbedarf wahrgenommen zierung öffentlicher Infrastruktur einzusetzen. Ziel der wurde, werden verschiedene Optionen aufgezeigt, mit Politik müsse es sein, die in Deutschland überwiegend denen der Status quo verbessert werden kann. emotional geführte Debatte zu ÖPP zu versachlichen und deutlich mehr Infrastrukturprojekte ÖPP-fähig auszu- Trotz dieses starken Konsenses gibt es innerhalb der Ex schreiben. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass vorhandene pertenkommission durchaus unterschiedliche Meinungen Finanzierungsmittel ausschließlich oder weit überwie- zu den fundamentalen Ursachen der deutschen Investi gend außerhalb Deutschlands investiert würden. tionsschwäche: Gleichzeitig sind sich jedoch alle Mitglieder einig, dass es Manche Kommissionmitglieder sind der Auffassung, dass dem Auftrag der Expertenkommission widerspräche, den die Investitionsschwäche in Deutschland zu einem vorliegenden Bericht zum Schauplatz einer wirtschaftspo- wesentlichen Teil Konsolidierungsdruck und Steuersen- litischen Grundsatzdebatte zu machen. Die Analyse und kungen in den vergangenen zehn Jahren reflektiert, die Handlungsempfehlungen des Berichts konzentrieren sich öffent liche Ausgabenspielräume reduziert hätten. Dies daher auf die Frage, wie Investitionen in Deutschland habe einerseits zu einer Vernachlässigung öffentlicher Inf- gesteigert werden können, ohne auf kontroverse und poli- rastruktur geführt und andererseits zu einer Schwächung tisch schwer umsetzbare Änderungen des fiskalpoliti- 3
VORWORT schen, steuerpolitischen, energiepolitischen oder euro- Kommissionsmitglieder, die nicht an allen Sitzungen teil- papolitischen Rahmens zurückgreifen zu müssen. nehmen konnten, aber auch eine Reihe externer Expertin- nen und Experten. Ein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Die Übergabe des Berichts am 21. April 2015 soll nicht der Thorsten Posselt (Fraunhofer MOEZ), Prof. Torsten B. Endpunkt der Arbeit der Expertenkommission sein. Den Böger (VIFG, Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesell- Mitgliedern liegt es sehr daran, die Empfehlungen und das schaft mbH) und Franz Nauschnigg (OENB) für ihre Bei- Handeln der Wirtschaftspolitik in Deutschland zu beglei- träge sowie den Vertreterinnen und Vertretern aus mehre- ten. Die Expertenkommission setzt sich deshalb das Ziel, ren Institutionen, wie dem BMF und dem BMVI. eine Evaluierung der Umsetzung der Empfehlungen des Berichts und anderer Maßnahmen zur Stärkung von Das BMWi hat nicht nur die logistische Koordinierung Investitionen in Deutschland noch in dieser Legislaturpe- und Ausrichtung der Sitzungen verantwortet, sondern riode durchzuführen und zu veröffentlichen. intensiv mit der Expertenkommission an der Ausarbeitung des Berichts gearbeitet. Ein großer Dank gilt Dr. Jeromin Der Bericht ist das Resultat sehr intensiver Arbeit der Zettelmeyer und seinem Team um Dr. Martin Meurers, Expertenkommission seit August 2014. In sechs Sitzungen Dr. Raphael L’Hoest und Dr. Bastian Alm. Ein herzlicher und vielen Telekonferenzen wurde der Bericht erarbeitet. Dank geht an das Team vom DIW Berlin – Prof. Dr. Martin Nicht nur die 21 Mitglieder der Expertenkommission, son- Gornig, Dr. Claus Michelsen, Dr. Beatrice Pagel, Dr. Alexan- dern viele andere haben wichtige Beiträge geleistet. Dazu der Schiersch, Eva Tamim und Sabine Fiedler – für ihre zählen vor allem die Vertreterinnen und Vertreter der exzellente Arbeit und Unterstützung. 4
Zusammenfassung 1. Investitionsschwäche in Deutschland: Auch die private Investitionstätigkeit hat sich in Deutsch- Bestandsaufnahme land in den vergangenen Jahren schwach entwickelt. Priva- te Nettoanlageinvestitionen waren zwischen den Jahren 1990 und 2005 stark rückläufig und bewegen sich seitdem Investitionen sind das Fundament für Wachstum und auf einem niedrigen Niveau von etwa zwei Prozent des Beschäftigung einer Volkswirtschaft. Ein moderner Kapi- Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Modernität des deut- talstock ist die Grundlage für technologischen Fortschritt, schen Kapitalstocks ist im Vergleich zu anderen großen sichert die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, bildet die Volkswirtschaften gering und muss verbessert werden. Grundlage für unternehmerischen Erfolg sowie den nach- haltigen Aufbau hochqualifizierter Beschäftigung und Die Überwindung dieser Investitionslücke erfordert einen ermöglicht ein intaktes und qualitativ hochwertiges Ge breiten Ansatz. Der Bericht konzentriert sich zunächst auf meinwesen. Damit der „Standort Deutschland“ auch für die Analyse und Handlungsempfehlungen im Bereich kommende Generationen Wohlstand und Beschäftigung öffentlicher Infrastrukturinvestitionen, insbesondere auf bieten kann, müssen heute die erforderlichen Investitio- kommunaler Ebene, und im Bereich der Bundesfernstra- nen für morgen getätigt werden. ßen. Zudem ist es Aufgabe des Staates, adäquate Rahmen- bedingungen für private Investitionen zu schaffen. Ziel Deutschland weist heute eine signifikante Investitions- muss es sein, das Funktionieren von Märkten sicherzustel- schwäche auf, sowohl im öffentlichen wie im privaten len und zu verbessern. Die Expertenkommission unter- Bereich. Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag streicht die hohe Komplementarität zwischen öffentlichen das Ziel gesetzt, Deutschlands Investitionsrückstand zum und privaten Investitionen. Beschäftigung, Wirtschafts- OECD-Durchschnitt, der sich im Jahr 2013 auf drei Prozent wachstum und Wohlstand hängen von einer dynamischen, der Wirtschaftsleistung belief, auszugleichen. Die Exper- innovativen Wirtschaft ab, die wiederum eine leistungs tenkommission hält eine Stärkung der Investitionen in den fähige öffentliche Infrastruktur und entsprechende Rah- kommenden Jahren für dringend erforderlich. Dem Staat menbedingungen voraussetzt. kommt die Aufgabe zu, durch öffentliche Investitionen den Erhalt und die Entwicklung der technischen und der sozi- Zu den Rahmenbedingungen gehören eine stabil hohe alen Infrastruktur zu sichern, gesellschaftliche Bedarfe zu Binnennachfrage, eine adäquate Regulierung und Anreiz- decken sowie adäquate Rahmenbedingungen für private strukturen für in- und ausländische Unternehmen in Investitionen und Wirtschaftswachstum zu schaffen. Der Deutschland. Konkret geht es beispielsweise um eine Ver- bevorstehende demografische Wandel stellt Deutschland besserung der Rahmenbedingungen im Energiesektor und in den kommenden Jahrzehnten vor große Herausforde- im Bereich digitaler Netze. Auch ein effizientes, anreizkom- rungen. Während eine sinkende Anzahl der Erwerbsperso- patibles Steuersystem ist wichtig, um private Investitionen nen eine Anpassung des Kapitalbestands bedingt, erfordert in Deutschland zu erhöhen. Entscheidend sind dabei nicht es gleichzeitig spezifische und umfangreiche Investitionen, nur deutlich höhere Investitionen in Sachanlagen, sondern um den sich ändernden Verhältnissen in einer alternden vor allem in „Köpfe“ und in ein intaktes und leistungsfähi- Gesellschaft zu begegnen. ges Gemeinwesen. Innovationsfähigkeit ist von zentraler Bedeutung, um den Wirtschaftsstandort Deutschland und Eine zentrale Schwäche in Deutschland ist die fehlende seine globale Führungsposition in vielen Bereichen in den Erhaltung der öffentlichen Infrastruktur in den vergange- kommenden Jahren und Jahrzehnten zu behaupten. nen Jahren und Jahrzehnten. Da insbesondere Städte und Gemeinden mit geringer Wirtschaftskraft ihre Investi Die Investitionsschwäche ist bei weitem kein rein deut- tionsbudgets in den vergangenen Jahren erheblich redu- sches Phänomen. Viele andere Länder in Europa weisen ziert haben, zeichnet sich gerade auf kommunaler Ebene gegenwärtig ein zu geringes Niveau öffentlicher und priva- ein zunehmender Investitionsbedarf, etwa in den Berei- ter Investitionen auf. Strategien für mehr Investitionen in chen Verkehr, Bildung und soziale Infrastruktur, ab. Einer Deutschland sollten daher eingebunden sein in eine der zentralen Gründe hierfür liegt in der unzureichenden gesamteuropäische Investitionsinitiative wie den Jun- Finanzausstattung vieler Kommunen. Eine Behebung der cker-Plan. öffentlichen Investitionsschwäche erfordert deshalb neue Impulse, um Kommunen zu helfen, neue Handlungsmög- lichkeiten zu erlangen. 5
ZUSAMMENFA SSUNG 2. Mechanismen zur Sicherung nach verfügen, die kurzfristig nicht oder nur schwer reversi- haltiger öffentlicher Investitionen bel ist. Beispielhaft hierfür ist eine öffentliche Infra- strukturgesellschaft für Bundesfernstraßen, wie sie in Kapitel 3.B vorgeschlagen wird. Viele Gebietskörperschaften haben in den vergangenen Jahrzehnten einen Anstieg ihrer Schuldenquote und eine deutliche Verlagerung von öffentlichen Investitionen hin 3. Bereitstellung öffentlicher zu höheren öffentlichen Konsumausgaben erfahren. Die Infrastruktur Einführung der Schuldenbremse im Jahr 2009 und das haushaltspolitische Ziel der „Schwarzen Null“ für den Bun- deshaushalt zielen darauf ab, dem Trend einer höheren A. Wege zur Stärkung kommunaler Infrastruktur öffentlichen Verschuldung entgegenzuwirken, um der Ver- schiebung von Lasten auf künftige Generationen zu begeg- Von zentraler wirtschaftspolitischer Bedeutung ist die Stär nen. Da staatlichen Transferausgaben oft eine höhere Prio- kung der Investitionen in den Städten, Gemeinden und rität eingeräumt wird, diese aber zumindest kurzfristig Landkreisen. Doch ausgerechnet die Kommunen in nicht disponibel sind, wirkt sich der entstehende Konsoli- Deutschland haben in den vergangenen Jahren einen gro- dierungsdruck überproportional auf öffentliche Investitio- ßen Investitionsstau aufgebaut. Rechnerisch hat sich das nen aus. Dies belastet künftige Generationen besonders Nettoanlagevermögen der Kommunen in den Jahren 2003 stark, etwa durch die Unterlassung von erforderlichen bis 2013 um 46 Mrd. Euro verringert. Nach Schätzungen Erhaltungsinvestitionen. Deshalb schlägt die Experten- des KfW-Kommunalpanels beläuft sich der gesamte kom- kommission zur Sicherung nachhaltiger Investitionen eine munale Investitionsrückstand mittlerweile auf 118 Mrd. stärkere Selbstbindung der öffentlichen Hand vor. Dies Euro. kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden: Deshalb ist die Stärkung der kommunalen Investitionen →→ Prüfung der Einrichtung einer haushaltsrechtlichen von zentraler Bedeutung. Bei jeder Investitionsentschei- Verpflichtung zu öffentlichen Investitionen in einer dung sind gesellschaftliche Bedarfe sowie die Wirtschaft- Höhe, die zumindest die Abschreibungen auf das Ver- lichkeit, wie in den Landesverfassungen und vom Bundes- mögen der öffentlichen Hand kompensiert. Eine solche finanzministerium dargelegt, zu berücksichtigen. Dabei Haushaltsregel erfordert die Erfassung von Vermögen sollen Investitionen im Interesse des Gemeinwesens güns- und Abschreibungen, was wiederum die Einführung tig finanziert, effizient und hochwertig umgesetzt und die einer doppelten Buchführung (Doppik) voraussetzt. Ein möglichen Risiken bedacht und minimiert werden. Finan- Großteil der Kommunen hat die Doppik bereits über- zierung, Effizienz und Risiken müssen in einem angemes- nommen. Der Bund und viele Länder haben dies bisher senen Verhältnis zueinander stehen. Die Expertenkommis- noch nicht getan, sollten die Doppik jedoch zügig ein- sion unterstreicht, dass der deutsche Staat aufgrund der führen. aktuell guten Konjunkturlage heute über einen ausrei- chend hohen finanziellen Spielraum verfügt, um der Inves- →→ Eine haushaltsrechtliche Festlegung auf Bundesebene, titionslücke im öffentlichen Bereich bei Bund, Ländern unerwartete Überschüsse im Haushalt prioritär für und Kommunen entgegenzuwirken. Dies gilt auch für die höhere öffentliche Investitionen zu verwenden. Auf finanzschwachen Kommunen, wenn sie ausreichende diese Weise würde die symmetrische Behandlung von Unterstützung vom Bund und ihren Ländern erhalten. Die öffentlichen Investitionen wiederhergestellt: So wie Herausforderung liegt vor allem in der hohen Heterogeni- unter der Schuldenbremse unerwartet niedrige Einnah- tät zwischen den Kommunen: Viele Kommunen verfügen men häufig zu Investitionsrückgängen führen, sollten über ausreichende Spielräume, andere wiederum nicht. von einer unerwartet guten Haushaltslage in erster Finanzschwache Kommunen wollen Anstrengungen Linie Investitionen profitieren. unternehmen und Verantwortung für öffentliche Investiti- onen übernehmen, benötigen jedoch Unterstützung in →→ Die Schaffung spezialisierter Institutionen, die öffent- Form höherer Eigenmittel für Investitionen oder logisti- liche Gebietskörperschaften bei Neuinvestitionen und scher Unterstützung, um knappe Ressourcen effizient ein- Instandhaltung in bestimmten Infrastrukturkategorien zusetzen. unterstützen können. Diese Institutionen sollten über eine nachhaltige, verlässliche finanzielle Ausstattung 6
ZUSAMMENFA SSUNG Zur Erweiterung finanzieller Spielräume für Kommunen sucht werden, bevor sich eine Kommune dafür ent- schlägt die Expertenkommission folgende Maßnahmen vor: scheidet. Existierende öffentliche Kooperationen soll- ten evaluiert werden, um festzustellen, ob sie eine sinn- →→ Schaffung eines „Nationalen Investitionspakts für volle Ergänzung zur konventionellen Beschaffungsvari- Kommunen“ (NIK), der eine Erhöhung kommunaler ante sein können. Investitionen mindestens in Höhe des rechnerischen kommunalen Substanzverzehrs der letzten drei Jahre Die Expertenkommission unterstreicht, dass diese Elemen- (15 Mrd. Euro) über die nächsten drei Jahre ermöglichen te – der Nationale Investitionspakt, die kommunalen Infra- soll. Zusätzlich zu dem jüngst von der Bundesregierung strukturgesellschaften und die Weiterentwicklung von angekündigten Sondervermögen von 3,5 Mrd. Euro für Projekt- und Beschaffungsvarianten – unabhängig vonein- bestimmte Investitionszwecke, sollte der NIK ein zwei- ander agieren und funktionieren können. Ziel dieser tes Instrument umfassen, das zeitlich nicht begrenzt ist Elemente ist es, die Kommunen in die Lage zu versetzen, und flexibler – etwa für die Instandhaltung oder Erwei- notwendige Investitionen zu tätigen, und dies effizient, terung kommunaler Verkehrswege – eingesetzt werden nachhaltig und dennoch für den Steuerzahler und die kann. Förderwürdige Kommunen könnten durch die Kommunen günstiger zu tun. bewährte Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Ver- besserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) identifiziert werden. Um ebenfalls rasch wachsende B. Verkehrsinfrastruktur auf Bundesebene Kommunen zu erfassen, sollten dabei die grundsätzlich förderfähigen Gebiete so erweitert werden, dass sie Der Verkehrsträger Straße ist und bleibt für den Frachtver- einen größeren Teil der deutschen Bevölkerung ein- kehr und für den Personenverkehr von überragender schließen. Der kommunale Eigenanteil sollte spürbar, Bedeutung. Daher ist der Erhalt und Ausbau insbesondere aber gering sein (zehn bis 30 Prozent). der überregionalen Straßen von zentraler Bedeutung für die Funktions- und Leistungsfähigkeit des deutschen Ver- →→ Die Stärkung kommunaler Kapazitäten, um Projekte so kehrssystems. Eine besondere Herausforderung ist dabei wirtschaftlich wie möglich zu planen und durchzufüh- der über die vergangenen Jahre aufgestaute Bedarf an ren. Sofern dies nicht mehr der Fall ist, sollten ausrei- Erhaltungsinvestitionen im Bestand. Als langfristige chende Kapazitäten (wieder) aufgebaut werden. Außer- Lösung zur Sicherung der Investitionen in Bundesfernstra- dem sollte die Schaffung einer von Bund und Ländern ßen spricht sich die Expertenkommission dafür aus, die getragenen „Infrastrukturgesellschaft für Kommu- Einrichtung einer öffentlichen Infrastrukturgesellschaft nen“ (IfK) oder alternativ mehrerer regionaler oder für die Bundesfernstraßen (Verkehrsinfrastrukturgesell- infrastrukturspezifischer Infrastrukturgesellschaften schaft) zu prüfen, welche folgende Eigenschaften erfüllt: geprüft werden. Diese sollen den Kommunen helfen, von den verschiedenen Projekt- und Beschaffungsvari- →→ Bau, Instandhaltung und Betrieb der Bundesfernstra- anten die für sie beste und wirtschaftlichste Alternative ßen „aus einer Hand“ nach dem Lebenszyklusansatz. auszuwählen, und den Planungs- und Umsetzungspro- zess zu stärken. Die Entscheidungsgewalt sollte dabei →→ Finanzierung überwiegend oder ausschließlich aus bei den Kommunen verbleiben. Alle Kommunen, unab- Nutzungsentgelten, ohne zu einer Mehrbelastung der hängig von ihrer Finanzkraft, Größe und ihren Kapazi- PKW-Nutzerinnen und -Nutzer zu führen. täten, sollten Zugang zu dieser kommunalen Infra strukturgesellschaft haben. →→ Eigene Kreditaufnahmekapazität ohne staatliche Garantie, um eine klare Abgrenzung zum Staatssektor →→ Prüfung und gegebenenfalls Weiterentwicklung von zu gewährleisten. „Öffentlichen Kooperationen“ (ÖfK) – Beschaffungs- modelle, bei denen öffentliche Unternehmen und inter- →→ Wahrung der öffentlichen Kontrolle, das heißt insbe- kommunale Kooperation im Vordergrund stehen. Diese sondere keine „Privatisierung“ der Bundesfernstraßen können eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung zu in jeglicher Form. existierenden Beschaffungsvarianten sein, die gegen- über einer konventionellen Realisierung und ÖPP Die Gestaltung einer solchen Gesellschaft sollte Gegen- bestimmte Vorteile bieten. Auch diese Variante sollte stand einer sorgfältigen Prüfung durch die Bundesregie- selbstverständlich auf ihre Wirtschaftlichkeit hin unter- rung sein. Von grundsätzlicher Natur ist die Entscheidung 7
ZUSAMMENFA SSUNG über die Besitzverhältnisse einer Infrastrukturgesellschaft, →→ Zur Förderung der Bürgerbeteiligung einen „Bürger- aus denen sich unter den beschriebenen Rahmenbedin- fonds“ als Sammelstelle für Infrastrukturfinanzierung gungen deren Aufgaben und Kompetenzen ableiten lassen. durch individuelle Sparerinnen und Sparer. Dieser Die Expertenkommission ist sich einig, dass diese Infra- würde Bürgerinnen und Bürgern eine neue Anlageform strukturgesellschaft zumindest mehrheitlich in öffentli- bieten, die bei vertretbarem Risiko bessere Renditen cher Hand sein sollte; einige Mitglieder befürworten sogar ermöglichen würde als Anlagealternativen wie etwa einen vollständigen Besitz in öffentlicher Hand. Die Exper- Spar- und Sichteinlagen oder Staatsanleihen, und könn- tenkommission empfiehlt, bei der Konkretisierung und te darüber hinaus einen gesellschaftlichen Beitrag leis- Detaillierung Erfahrungen anderer Länder mit verschiede- ten. nen Organisationsmodellen, wie Österreich, Frankreich und der Schweiz, zu nutzen. Bürgerbeteiligungen sollten nach dem Vermögensbil- dungsgesetz (Arbeitnehmersparzulage) gefördert werden. Um die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit den C. M obilisierung zusätzlicher privater von ihnen finanzierten Investitionen zu stärken, sollten Infrastrukturfinanzierung u. a. im Anlegerschutzgesetz besondere Transparenz- und Informationspflichten für die Beteiligungsformen an Inf- Die große Mehrheit der Infrastrukturprojekte in Deutsch- rastruktur eingefordert werden, die sicherstellen, dass sich land wird heute „konventionell“ realisiert, sodass Planung, Bürgerinnen und Bürger beispielsweise über den Projekt- Bau und Betrieb von Projekten zum Teil durch den öffent- fortschritt oder Kennzahlen zur Nutzung der Infrastruktur lichen Auftraggeber vergeben oder erbracht und aus Eigen- informieren können. mitteln, Bankkrediten oder festverzinslichen Anleihen gedeckt werden. Bei diesem Beschaffungsmodell verblei- ben jedoch fast alle Risiken bei der öffentlichen Hand, was 4. Rahmenbedingungen für private vor allem kleinere Kommunen vor große finanzielle Investitionen Schwierigkeiten stellen und ihre Handlungsfähigkeit ein- schränken kann. Alternativ werden Projekte über ÖPP rea- lisiert, bei denen private Investoren finanzieren und für A. Übergeordnete Maßnahmen Fehler bei Bau und Betrieb oder für andere Risiken haften sollen. In Konsequenz muss allerdings der öffentliche Auf- Ein zentraler Grund für die hohe Wettbewerbsfähigkeit der traggeber für diese Risikoübertragung durch höhere Finan- deutschen Volkswirtschaft ist der außergewöhnliche Mix zierungskosten bezahlen. Außerdem gelingt die Risiko- aus großen Unternehmen, einer hohen Anzahl von Klein- übertragung nicht in allen Fällen. unternehmen und Selbstständigen sowie einem breiten Mittelstand. Jedoch sind die Investitionen deutscher Unter- Die Expertenkommission spricht sich dafür aus, zusätzli- nehmen im Inland in den vergangenen Jahrzehnten deut- che Beschaffungs- und Finanzierungsstrukturen zu prüfen. lich zurückgegangen. Sie sind zu gering, um einen moder- Konkret schlägt sie die Prüfung zweier Modelle vor: nen Kapitalstock zu bewahren und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Wirtschafts- →→ Ein öffentlicher Infrastrukturfonds des Bundes und standorts Deutschland zu sichern. Diese private Investi der Länder, der ähnliche Aufgaben übernehmen würde tionsschwäche in Deutschland ist das Resultat unzurei- wie ein privater Infrastrukturfonds. Private institutio- chender Rahmenbedingungen in vielen Bereichen. nelle Investoren hätten die Möglichkeit, auf eigenes Risiko in diesen Fonds zu investieren. Gleichzeitig Die Expertenkommission sieht deshalb dringenden Hand- würde sichergestellt, dass nur Projekte finanziert wer- lungsbedarf in einer Reihe von Tätigkeitsfeldern. Vor allem den, bei denen sich dadurch Vorteile gegenüber kon- im Hinblick auf den demografischen Wandel und den wirt- ventioneller Beschaffung ergäben und eine angemesse- schaftlichen Strukturwandel muss die Politik viel stärker ne Risikoteilung stattfände. Durch die Bündelung vieler als bisher in die Qualifikation und Ausbildung der Bürge- Projekte würde Risiko gestreut und der dadurch erzeug- rinnen und Bürger investieren und die Verfügbarkeit von te Effizienzgewinn zwischen öffentlichen Auftragge- qualifizierten Fachkräften sicherstellen. Sie muss die hohe bern und Investoren geteilt. Gegebenenfalls könnten Zahl der Menschen ohne Schul- bzw. Berufsabschluss sen- Geschäftsmodelle existierender Förderbanken in diese ken, ihnen insgesamt ein höheres Qualifikationsniveau Richtung erweitert werden. ermöglichen, die Allianz für Aus- und Weiterbildung ver- 8
ZUSAMMENFA SSUNG stetigen und ausbauen und für die berufliche Aufstiegsfort- Planungssicherheit von Investitionsentscheidungen auch bildung ein System der Qualitätssicherung schaffen. Da im Ausland zu erhöhen. Auslandsinvestitionen ersetzen aber inländische Potenziale nicht ausreichen, erhält die nicht heimische Investitionen oder Innovationen; in vielen Zuwanderung ausländischer Fachkräfte als ein Weg zur Fällen ergänzen sie diese vielmehr. Zudem sollte die Han- Fachkräftesicherung einen deutlich höheren Stellenwert. delspolitik auf hohen ökologischen und sozialen Standards beruhen, die Souveränität der Parlamente erhalten, kom- Die Politik sollte der Verbesserung der Erwerbsbeteiligung munale Selbstverwaltung und Aufgabenerfüllung gewähr- und -chancen von Frauen eine höhere Priorität einräumen. leisten und Transparenz in globalen Wertschöpfungsketten Familienpolitische Maßnahmen, die dieses Ziel konterka- erhöhen. rieren, sollten daher auf den Prüfstand gestellt werden. Maßnahmen, die dieses Ziel fördern, müssen gestärkt und ausgebaut werden. Neben einem bedarfsgerechten Ange- B. Rahmenbedingungen für Innovationen bot an Kinderbetreuungsplätzen müssen die Investitionen in den Ausbau der Ganztagsschulen deutlich forciert wer- Eine wichtige Voraussetzung für private wie öffentliche den, was bis zum Jahr 2020 erreicht werden sollte. Innovationen in Deutschland ist eine Innovationspolitik, die im internationalen Wettbewerb um Forscherinnen und Ein möglicher Hebel zur Investitionsförderung ist die Ver- Forscher und um Investitionen von forschungsintensiven meidung unnötiger Bürokratie. So wichtig klare staatliche Unternehmen bestehen kann. Eine zukunftsfähige Innova- Regeln für die Rechtssicherheit sind, so wichtig ist eine tionspolitik sollte darüber hinaus Fördermaßnahmen angemessene Balance, die den Erfüllungsaufwand für die effektiv gestalten und evaluieren. Wie innovationsfreund- Unternehmen in den Blick nimmt. Eine Verbesserung der lich die Rahmenbedingungen sind, wird nicht zuletzt Rechtssicherheit, eine geringere Komplexität und höhere durch die Offenheit und Akzeptanz der Gesellschaft für das Praxistauglichkeit des Steuerrechts sowie eine effiziente Eingehen von Risiken bestimmt, ohne die kein unterneh- Verwaltung sind prioritär für den Innovationsstandort merisches Handeln und keine Innovationsprozesse mög- Deutschland. lich sind. Um langfristig zu den führenden Innovationsna- tionen aufzuschließen, sollte Deutschland sich in Zukunft Ein weiterer Faktor ist die langfristige Finanzierung priva- nicht am Drei-Prozent-Ziel, sondern an der Forschungs- ter Investitionen. Die Erfahrungen aus der Finanzkrise und Entwicklungs-(FuE)intensität der weltweiten Spitzen- haben zu einer strengeren Finanzmarktregulierung gruppe orientieren und ein ehrgeizigeres Ziel von 3,5 Pro- geführt. Wünschenswert wäre, die Regulierung des Finanz- zent der Wirtschaftsleistung für FuE anstreben. systems in Zukunft enger mit den Anliegen der Realwirt- schaft abzustimmen. Die Expertenkommission empfiehlt eine deutliche Verbes- serung der Rahmenbedingungen für Innovationen in vier Für die Investitionstätigkeit der privaten Wirtschaft spielt Bereichen. neben einer stabilen Inlandsnachfrage auch die Auslands- nachfrage eine wichtige Rolle. Deshalb sind für die export →→ Erstens muss der Zugang zu externer Finanzierung, orientierte Volkswirtschaft Deutschlands die Aufrechter- insbesondere zur Beteiligungsfinanzierung, in Deutsch- haltung offener Märkte und die Stärkung von land deutlich verbessert werden. Die Expertenkommis- Handelsbeziehungen von zentraler Bedeutung. Die Stand- sion spricht sich deshalb für eine Kapitalbesteuerung ortattraktivität bei Investitionsentscheidungen wird in aus, bei der Fremdkapital und Selbstfinanzierung nicht Zeiten globaler Wertschöpfungsketten zunehmend von gegenüber Eigenkapitalfinanzierung bevorzugt werden. Handels- und spezifischen Investitionsabkommen beein- Ein möglicher Ansatzpunkt dafür wäre der steuerliche flusst. Deshalb ist der Ansatz der Europäischen Kommis Abzug einer kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung sion, angesichts ausbleibender Fortschritte im Rahmen der als Bestandteil einer aufkommensneutralen Steuerre- WTO vermehrt bilaterale Handelsabkommen mit strate- form. Zudem sollte das kapitalmarkt- und aufsichts- gisch wichtigen Partnern zu verhandeln, prinzipiell richtig. rechtliche Umfeld attraktiver gestaltet werden, um Die Festlegung allgemeiner Handelsregeln sowie Vereinba- potenzielle institutionelle Investoren nicht durch Regu- rungen zur Förderung nachhaltigen Handels, z. B. durch lierung zu stark einzuschränken. beiderseitiges Hinwirken auf die Umsetzung internationa- ler Abkommen zu Arbeits-, Umwelt- und Klimaschutz, tra- →→ Zweitens muss einem Fachkräftemangel vorgebeugt gen dazu bei, ein „level playing field“ zu schaffen und die werden, vor allem durch eine frühzeitige Förderung von 9
ZUSAMMENFA SSUNG Fächern in den Bereichen Mathematik, Informatik, Natur- Die Expertenkommission empfiehlt daher, die regulatori- wissenschaft und Technik (sog. MINT-Fächern) bereits im schen Rahmenbedingungen für Investitionen in Breit- Schulsystem. Die Beteiligung von Frauen und Zuwande- bandnetze zu verbessern. Eine mögliche Option dafür ist rern im Innovationssystem sollte erhöht werden. die Vergabe von Konzessionen mit regulatorischen Aufla- gen und, falls notwendig, zusätzliche staatliche Subventio- →→ Drittens sollte sich die Innovationspolitik stärker an nen. dem Ziel ausrichten, ausländische Investitionen in Forschung und Entwicklung in Deutschland zu Die Expertenkommission begrüßt eine ausführliche Ausei- erleichtern und den Abfluss von Know-how zu verhin- nandersetzung mit dem Thema Netzneutralität und ihrer dern. Um international wettbewerbsfähige Rahmenbe- Auswirkung auf die Investitionsanreize von Netz- und dingungen für FuE-Tätigkeiten von Unternehmen zu Dienstanbietern. Zur Steigerung der Investitionsanreize schaffen, sollte die Einführung einer steuerlichen auf Ebene der Netzanbieter sollte eine innovationsfreund- FuE-Förderung in Erwägung gezogen werden. Ziel sollte liche Definition der Netzneutralität, wie sie vom Minister- es sein, dass die anschließende Wertschöpfung in rat der Europäischen Union vorgeschlagen wurde, geprüft Deutschland getätigt wird. werden. Eine solche Auslegung muss jedoch mit klaren Rahmenbedingungen einhergehen, die die Spielräume der →→ Viertens sollte eine systematische Evaluation von inno- Netzanbieter bei der Preis- und Qualitätsdifferenzierung vationspolitischen Fördermaßnahmen in Deutschland klar begrenzen. Diese sollten sowohl Maßnahmen zur Fest- entwickelt und umgesetzt werden. Die Einführung von legung eines Mindeststandards des Best-Effort-Internets modernen Evaluierungsverfahren ist gerade für innova- enthalten, als auch deutliche Anforderungen an das „traffic tionspolitische Fördermaßnahmen dringend geboten, management“ setzen. um deren Wirksamkeit sicherzustellen und die Mittel- vergabe aus öffentlichen Geldern effektiv zu gestalten. Staatliche Fördermaßnahmen für die Entwicklung neuer Anwendungen und die Durchführung von Pilotprojekten, Eine große Herausforderung für erfolgreiche Innovations- wie etwa im Rahmen von Smart Grids oder zur Forcierung politik besteht darin, wichtige Zukunftsthemen frühzeitig von Industrie 4.0, werden die Investitionsbereitschaft von zu erkennen und aufzugreifen. Um Innovationen in Unternehmen steigern. Das Gleiche gilt für anwendungs- Zukunftsfeldern – wie etwa mit Blick auf die digitale Wirt- nahe Forschung in diesen Bereichen. Die positiven Rück- schaft und Gesellschaft – voranzutreiben und die internati- wirkungen auf Investitionen in neue Netze sollten als wei- onale Wettbewerbsfähigkeit des Innovationsstandorts tere Instrumente zur Förderung des Infrastrukturausbaus Deutschland langfristig zu erhalten, ist eine aktive Innova- berücksichtigt werden. tionspolitik notwendig. Die Innovationspolitik muss dabei so ausgestaltet werden, dass sie die Wettbewerbspolitik komplementiert und Innovationen fördert. B. Energie Die Energiewende und die Vertiefung des Energiebinnen- 5. Private Infrastruktur markts erfordern hohe Investitionen – bis zum Jahr 2020 von insgesamt geschätzten 31 bis 38 Mrd. Euro pro Jahr – , um die energiepolitischen Ziele der Versorgungssicherheit, A. Digitale Infrastruktur Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit sowie der gesell- schaftlichen Akzeptanz zu erreichen. Investitionen sind in Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss Deutschland in sei- fast allen Bereichen des Energiesystems notwendig: Netz ne digitale Infrastruktur investieren. Digitale Infrastruktur infrastruktur, Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, bezieht sich dabei auf Breitbandnetze, digitale Dienstleis- konventionelle Erzeugung, Energieeffizienz, Kraft-Wär- tungen (z. B. in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Ener- me-Kopplung, Lastmanagement und Speichertechnologi- gie, Verwaltung) und daraus entstehende Innovationen. Es en. Ein Teil der Investitionen betrifft öffentliche Haushalte, müssen vorrangig Investitionen auf der Ebene der Breit- der überwiegende Teil muss jedoch privatwirtschaftlich bandnetze getätigt werden, da deren Verfügbarkeit und getätigt werden. Die Investitionsanreize können zumeist Leistungsfähigkeit in Deutschland im internationalen Ver- nur indirekt beeinflusst werden, durch die Ausgestaltung gleich unterdurchschnittlich ist und sich diese digitale der rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen und Lücke zu Wettbewerbern vergrößert. Anreizsetzungen oder durch gezielte Förderprogramme. 10
ZUSAMMENFA SSUNG Um die Investitionstätigkeit im Energiesektor zu stärken und einen geeigneten Ansatz zu identifizieren, sollte und in die richtige Richtung zu lenken, identifiziert die externe Expertise eingebunden werden. Expertenkommission eine Reihe von Prioritäten für die Politik: C. Junge Unternehmen →→ Netz- und Erzeugungsinvestitionen stärker an der Systemdienlichkeit ausrichten. Die Rahmenbedingun- Die Rahmenbedingungen für und Förderung von jungen gen sollten für eine effiziente Koordination von Netz- Unternehmen sind wichtige Aufgaben der Wirtschaftspoli- ausbau und Erzeugungszubau sorgen. Die so induzier- tik, denn es sind gerade diese Unternehmen, die einen ten Anreize zum Bau und zur Standortwahl für Erzeu- wichtigen Beitrag zur Innovationskraft und Wettbewerbs- ger sollten mittelfristig auch für erneuerbare Energien fähigkeit der deutschen Wirtschaft leisten. Gründungen im greifen. Dafür ist es notwendig, deren Marktintegration Bereich der Hochtechnologie und wissensintensiven entschieden voranzutreiben. Dienstleistungen weisen eine überdurchschnittliche Inno- vationsneigung auf, sind jedoch im internationalen Ver- →→ Investitionen in Energieeffizienz stärken. Die Entwick gleich gering und waren in den vergangenen Jahren weiter lung neuer Finanzierungsinstrumente sollte geprüft rückläufig. Die Gestaltung gründungsfreundlicher Rah- werden, um über eine Bündelung vergleichbarer Pro- menbedingungen ist deswegen nicht nur für die Beschäfti- jekte Informations- und Transaktionskosten des Einzel- gungspolitik wichtig, sie stellt eine wichtige Voraussetzung nen zu senken und durch Synergieeffekte die individu- für eine erfolgreiche Innovationspolitik dar. ellen Kosten der Umsetzung zu reduzieren. Die Expertenkommission hebt vor allem die folgenden →→ Regulatorische Unsicherheit senken. Rahmenbedin- Empfehlungen zur Stärkung der Rahmenbedingungen und gungen, die dem Ziel der Wirtschaftlichkeit möglichst Förderung junger Unternehmen in Deutschland hervor: nahe kommen und gut mit europäischen Rahmenbe- dingungen harmonieren, versprechen eine höhere →→ Verbesserung der Rahmenbedingungen für Gründun- Akzeptanz und haben eine längere Halbwertzeit. gen: Ein Abbau von bürokratischen Hürden für Unter- Dadurch verringern sie das regulatorische Risiko, eines nehmensgründungen sowie eine Senkung der regulato- der zurzeit zentralen Investitionshemmnisse. Um geeig- rischen Anforderungen für Existenzgründerinnen und nete Maßnahmen treffen zu können, wird nahegelegt, -gründer sowie junge Unternehmen sind hierfür not- das subjektiv wahrgenommene regulatorische Risiko wendig. entscheidender Akteure zu erfassen, z. B. mit Hilfe eines geeigneten Index. →→ Finanzierungshemmnisse abbauen: Hierfür sollten steuerliche Hemmnisse für private Investitionen in →→ Akzeptanz stärken. Die Ziele Wirtschaftlichkeit und Ver- Beteiligungskapital abgebaut werden. Die Einführung sorgungssicherheit müssen – neben der Umweltverträg- eines europäischen Börsensegments für junge Unter- lichkeit und der Akzeptanz vor Ort – klar in den Blick nehmen könnte dem Fehlen von Anschlussfinanzierun- genommen werden. Niedrige Energiepreise und -kosten gen entgegenwirken und private Wagniskapital-Investi- bei Einhaltung der Ziele der Energiewende sind Voraus- tionen fördern. setzungen für die Akzeptanz in der Bevölkerung und der Wirtschaft und erhalten die Wettbewerbsfähigkeit des →→ Informationen zu Schutzrechten besser vernetzen: Industriestandorts. Pro und Contra verschiedener Maß- Die Einführung des Europäischen Patents mit einheitli- nahmen sollten mit Blick auf die Akzeptanz in transpa- cher Wirkung in allen EU-Mitgliedstaaten sowie die renten Prozessen kommuniziert und diskutiert werden. Errichtung eines europäischen Patentgerichts werden begrüßt. Sie haben das Potenzial, die Kosten für Anmel- →→ Zielerreichung messbar machen. Um eine klare Orien- dung und Durchsetzung internationaler Patente zu tierung am Ziel der Wirtschaftlichkeit zu ermöglichen, reduzieren und damit die Nutzung für kleine und mitt- sollte es besser messbar gemacht werden. Vorausset- lere Unternehmen (KMU) zu erleichtern. zung ist die Bereitstellung geeigneter Daten, die eine Approximierung von Effizienzgewinnen durch ener- giepolitische Maßnahmen mit Hilfe von Modellen ermöglicht. Um verschiedene Ansätze zu evaluieren 11
Z U S A M M E N FA S S U N G 6. Europa: Deutschlands Beitrag zu Die im Juncker-Plan vorgeschlagenen Investitionsfelder Europas Investitionsagenda sind für Europas Zukunft von strategischer Bedeutung. Ein solcher europäischer Investitionsplan wird die Koopera tion zwischen den europäischen Ländern verbessern, da Europa befindet sich nach wie vor in einer tiefen wirt- die gewaltigen Herausforderungen von Zukunftsgestal- schaftlichen und finanziellen Krise. Viele EU-Mitgliedstaa- tung und Krisenmanagement nur gemeinsam bewältigt ten haben bereits jetzt ein verlorenes Jahrzehnt hinzuneh- werden können. Vor diesem Hintergrund sollten vor allem men. Das Risiko weiterer Jahre von Stagnation und hoher strategische Investitionen in Breitbandnetze, eine europäi- Arbeitslosigkeit ist enorm. Wie Deutschland hat auch sche Energiewende, Bildung, Inklusion sowie KMU und Europa eine private und öffentliche Investitionsschwäche. Mid-Cap-Unternehmen gefördert werden. In Europa werden heute 430 Mrd. Euro weniger investiert als noch im Jahr 2007 und deutlich weniger als in den ver- gangenen 20 Jahren. Dies wirkt sich nachteilig auf die Konjunktur, die Schaffung von Arbeitsplätzen, das lang- fristige Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit Europas aus. Viele Krisenstaaten müssen notwendige Reformen umset- zen. Sie benötigen jedoch auch Unterstützung, um wettbe- werbs- und zukunftsfest zu werden, auf einen stabilen Wachstumspfad zurückzukehren und ihre Volkswirtschaf- ten sozial ausgeglichen zu gestalten. Der Schlüssel für eine nachhaltige Erholung Europas liegt in einem stärkeren Wachstum, das vor allem durch eine gemeinsame Investi- tions- und Modernisierungsoffensive unterstützt werden muss. Ausschließlich auf Sparpolitik ausgerichtete Refor- men können nicht erfolgreich sein. Die Expertenkommission begrüßt den Juncker-Plan zur Einbindung privaten Kapitals in Zukunftsinvestitionen. Sie schlägt vor, eine dauerhafte Einrichtung des Juncker-Plans für Europa zu prüfen, wenn sich dieser als erfolgreich erweist. Dafür müsste der dem Plan zugrunde liegende Europäische Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) einerseits mit höheren Mitteln ausgestattet werden und andererseits ein Mechanismus geschaffen werden, um ihn in Zukunft – falls notwendig – zu rekapitalisieren oder zu erweitern. Dies erfordert jedoch eine Entscheidungsstruk- tur, die das Kapital des EFSI schützt und sicherstellt, dass die Möglichkeit einer zukünftigen Rekapitalisierung nicht zu unvorsichtigem Umgang mit den jetzigen Geldern führt. Die Governance des EFSI sollte imstande sein, ökonomisch sinnvolle Projekte zu fördern und mit der Übernahme höherer Risiken private Investitionen zu mobilisieren. Die einfache und unbürokratische Bereitstellung von EFSI-Ga- rantien ist sicherzustellen. 12
Ergänzende und abweichende Positionen der in der Kommission vertretenen Gewerkschaften (IGM, ver.di, IG BCE, IG BAU und DGB) Deutschland leidet seit Jahren unter einem massiven Inves- →→ Zusätzlich wäre angesichts eines historisch einmaligen titionsstau. Vor allem öffentliche, insbesondere kommu Niedrigzinsumfeldes von nur 0,2 Prozent für langfristi- nale, Investitionen wurden in der Vergangenheit zurückge- ge Bundesschulden eine Kreditfinanzierung – gerade fahren. Der Grund: Steuersenkungen der vergangenen im Interesse der künftigen Generationen – ein günsti- Jahre haben bei Bund, Ländern und Kommunen Steuer- ger Weg, die Infrastruktur zu modernisieren. Allein im mindereinnahmen von jährlich 45 Mrd. Euro verursacht. Jahr 2014 hätte der Staat einen Verschuldungsspiel- Zudem hat die fiskalische Konsolidierung im Rahmen der raum von etwa 35 Mrd. Euro ausschöpfen können, ohne Schuldenbremse und der „Schwarzen Null“ zu einer Priori- gegen die gesetzlichen Vorgaben der Schuldenbremse sierung des Schuldenabbaus vor Investitionen geführt. Das zu verstoßen. Für das Jahr 2015 werden es schätzungs- Ergebnis ist verheerend: Öffentliche Ausgaben wurden weise 18,6, für das Jahr 2016 17,8 und für das Jahr 2017 gekürzt, viele öffentliche Dienstleistungen sind dem Rot- 13,1 Mrd. Euro sein.1a Außerdem ist es sinnvoll, den Vor- stift zum Opfer gefallen oder wurden privatisiert, Gebüh- schlag des Sachverständigenrates (SVR) umzusetzen ren wurden angehoben und Nutzerentgelte eingeführt. und öffentliche Investitionen in die Infrastruktur von Viele öffentliche Dienstleistungen wurden dadurch für der Schuldenbremse auszunehmen. Geringverdiener unerschwinglich. Kurzum: Deutschland hat vom Investitions- zum Sparmodus umgeschaltet. Der →→ Zusätzlich und erst dann, wenn alle diese Finanzie- Schuldenbremse folgte eine faktische Investitionsbremse. rungsoptionen ausgeschöpft sind, sollten die in diesem Das muss sich im Interesse der Zukunft unseres Landes Bericht vorgeschlagenen neuen Finanzierungsinstru- ändern. Deshalb muss Deutschland wieder in seine Zukunft mente wie ein öffentlicher Infrastrukturfonds für Kom- und für eine wettbewerbsfähige, innovative Wirtschaft munen oder ein Bürgerfonds geprüft werden. Auch und für ein intaktes, soziales und grünes Gemeinwesen dann gilt: Die private Finanzierung darf nicht wesent- investieren. Die Investitionen von heute sind Arbeitsplätze lich teurer sein als eine direkte Kreditaufnahme durch und Wohlstand von morgen. Deren Finanzierung muss den Staat. Die private Finanzierung ist im Vergleich zu gerecht und in einem historisch einmaligen Niedrigzins- den oben genannten Alternativen immer teurer. Um umfeld auch günstig erfolgen, um gerade den künftigen diesen Nachteil zu minimieren, schlagen wir vor: Der Generationen beides zu hinterlassen: eine moderne und Infrastrukturfinanzierungsfonds oder ein Bürgerfonds intakte Wirtschaft, Infrastruktur und Gesellschaft, die aber sollten vollständig im öffentlichen Besitz bleiben und gleichzeitig öffentliche Haushalte langfristig nicht stark mit ausreichendem Eigenkapital, einer Staatsgarantie belastet. Deshalb schlagen wir zur Stärkung der Investitio- und mit eigenen Einnahmen ausgestattet werden. Der nen in Deutschland einen „Pakt zur gerechten Finanzie- Fonds begibt Anleihen, die über Auktionen am Markt rung und Umsetzung öffentlicher Investitionen“ vor, der in platziert und von institutionellen Anlegern wie Banken den folgenden Punkten eine abweichende Position dar- und Versicherungen, aber auch von privaten Haushal- stellt. ten und kleinen Sparern erworben werden können. Die Refinanzierung der Kredite kann wahlweise durch die Ein Pakt zur gerechten Finanzierung öffentlicher Investi künftigen Einnahmen aus der geplanten Finanztrans- tionen soll diese Priorisierung beinhalten: aktionssteuer oder aus den Haushaltsmitteln und Nutzerentgelten wie z. B. einer Maut erfolgen. →→ Öffentliche Investitionen müssen vorrangig aus Steuer- mitteln finanziert werden. Um die Lasten gerecht zu →→ Um einen zielgerichteten Einsatz von Haushaltsmitteln verteilen, sollten die bisherigen Steuerprivilegien für für Infrastrukturinvestitionen zu bewirken, wäre eine sehr hohe Vermögen, Einkommen und Erbschaften Prüfung der Einrichtung einer haushaltsrechtlichen wieder rückgängig gemacht und mit den erzielten Mehr Verpflichtung zu öffentlichen Investitionen in einer einnahmen öffentliche Investitionen bereitgestellt wer- bestimmten Höhe, die zumindest die Abschreibungen den. auf das Vermögen der öffentlichen Hand kompensiert, 1a Vgl. BMF (2015). 13
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