STATUSBERICHT UMWELTWIRTSCHAFT - Umwelt.NRW

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STATUSBERICHT UMWELTWIRTSCHAFT - Umwelt.NRW
STATUSBERICHT
UMWELTWIRTSCHAFT
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umweltwirtschaft.nrw.de
STATUSBERICHT UMWELTWIRTSCHAFT - Umwelt.NRW


VORWORT
Sehr geehrte Damen und Herren,

die außergewöhnlich trockenen und heißen Sommer­              Auch kleinere und mittelständische Unternehmen aus
monate der vergangenen Jahre und jüngst die Hochwas­          Nordrhein-Westfalen agieren sehr erfolgreich auf globalen
serkatastrophe haben uns hier in Nordrhein-Westfalen die      Märkten.
Dringlichkeit von effektivem Klimaschutz und vorsorgen­
den Klimaanpassungsmaßnahmen in aller Deutlichkeit            Die Umweltwirtschaft in Nordrhein-Westfalen ist sogar in
vor Augen geführt. Bereits im Jahr 1995 begann mit der        vielerlei Hinsicht bundesweit führend: bei der Anzahl der
ersten UN-Klimakonferenz ein weltweiter Prozess mit           Beschäftigten, bei der Wertschöpfung der Unternehmen
dem Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren        und ganz generell bei der Kombination von Ökonomie und
und so den Klimawandel zu begrenzen. Es folgten zahlrei­      Ökologie in einem einheitlichen wirtschaftspolitischen An­
che nationale und internationale Abkommen zum Klima­          satz. Das Nordrhein-Westfalen-Programm, das zur Bewäl­
schutz. Ein Meilenstein auf diesem Weg bildet bis heute       tigung der Folgen der COVID-19-Pandemie und zur Stär­
das Pariser Klimaabkommen von 2015. Neue Schubkraft           kung der Zukunftsfähigkeit des Landes aufgelegt wurde,
bringt heute der „Green Deal“, mit dem die Europäische        stellt allein im Geschäftsbereich des Umweltministeriums
Union die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null      rund 70 Millionen Euro zur Verfügung. Damit fördern wir
reduzieren will.                                              die Klimaanpassung, die Kreislaufwirtschaft, die Ressour­
                                                              ceneffizienz, die Waldwirtschaft und die Grüne Infrastruk­
Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Entwicklung noch        tur. Fünf Millionen Euro fließen in das „Sofortprogramm
deutlich dynamischer werden. Erste Anzeichen dafür sind       Umweltwirtschaft“.
bereits erkennbar: So startete Anfang 2021 in Deutschland
das Nationale Emissionshandelssystem. Ab dem ersten           Wir sind in den kommenden Jahren auch in der Umwelt­
August greift die auf EU-Ebene beschlossene Clean Vehicle     wirtschaft gefordert, Gutes noch besser zu machen und
Directive mit Mindestvorgaben für die öffentliche Beschaf­    Bewährtes zukunftsfest zu gestalten. Der Umweltwirt­
fung von Pkw und Nutzfahrzeugen.                              schaftsstrategie der Landesregierung kommt dabei eine
                                                              wichtige Rolle zu. Sie hilft, vorhandene Potenziale zu bün­
Ich sehe Nordrhein-Westfalen beim Klimaschutz insgesamt       deln, Innovationen zu fördern und Hemmnisse abzubauen –
bereits gut aufgestellt – trotz der zusätzlichen Herausfor­   zum Wohle der Wirtschaft, der Umwelt, des Klimas und
derungen, die mit dem Ausstieg aus der Kohleverstromung       der Menschen in Nordrhein-Westfalen.
verbunden sind. Die Umweltwirtschaft, die sogenannte
„Green Economy“, ist als große Querschnittsbranche des
Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschutzes in Nordrhein-­
Westfalen besonders vielfältig. Innovative Start-ups sind     Ursula Heinen-Esser
in den Wirtschafts- und Technologiestandorten zwischen        Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und
Eifel, Münsterland, Rhein und Weser ebenso zu finden wie      ­Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
exzellente Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen.
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INHALT

    VORWORT3

    1 EINLEITUNG                                                                                  6

    2 DIE UMWELTWIRTSCHAFT ALS TREIBER DER GREEN ECONOMY                                          8

    3 VORREITER NORDRHEIN-WESTFALEN                                                              10

    4 DIE FORTENTWICKLUNG DER UMWELTWIRTSCHAFTSSTRATEGIE                                         16

    4.1 Umsetzungsstand der Maßnahmen im Masterplan Umweltwirtschaft                             17

    4.2 Zwischenbilanz: Erkenntnisse der bisherigen Umsetzung                                    19

    5 NEUE IMPULSE IN DEN STRATEGISCHEN HANDLUNGSFELDERN                                         20

    5.1 Innovationen fördern                                                                     21
    5.1.1 Förderung von Forschung und Entwicklung                                                23
    5.1.2 Innovationen durch Vernetzung, Wissens- und Technologietransfer                        24

    5.2 Marktentwicklung und Internationalisierung                                               26
    5.2.1 Starthilfe für Neugründungen in der Umweltwirtschaft                                   26
    5.2.2 Internationale Märkte der Umweltwirtschaft erschließen                                 28
    5.2.3 Marktentwicklung in den Teilmärkten der Umweltwirtschaft                               29

    5.3 Vernetzung, Kommunikation und Standortentwicklung                                        31
    5.3.1 Regionale Netzwerke und Standortinitiativen                                            32
    5.3.2 Modellprojekte                                                                         33
    5.3.3 Regionale Thementische                                                                 35
    5.3.4 Kommunikation von Best-­­Practice-Beispielen: Auszeichnung von Innovations-Champions   36

    5.4 Fachkräfte in der Umweltwirtschaft                                                       37
    5.4.1 Interdisziplinäre Zugänge zur Umweltwirtschaft                                         38
    5.4.2 Plattform- und Netzwerkaktivi­täten der Arbeitgeber                                    39
    5.4.3 Ausbildungsberufe in der Umweltwirtschaft: Kooperation mit Partnerländern              40

    5.5 Rahmensetzung und Normung                                                                40

4
STATUSBERICHT UMWELTWIRTSCHAFT - Umwelt.NRW
6 PERSPEKTIVTHEMEN                                   44

6.1 Klimaanpassungs- und Klimaresilienzwirtschaft   45

6.2 Circular Economy                                46

6.3 Digitalisierung in der Umweltwirtschaft         48

7 AUSBLICK                                          50

ENDNOTEN                                             54

IMPRESSUM                                            55

                                                      5
STATUSBERICHT UMWELTWIRTSCHAFT - Umwelt.NRW
Einleitung

1 EINLEITUNG

               Technologiepark Dortmund: Nordrhein-Westfalen
               hat die grüne Transformation der Wirtschaft auf
               die Agenda gesetzt.

6
STATUSBERICHT UMWELTWIRTSCHAFT - Umwelt.NRW
Einleitung

Als die Landesregierung vor vier Jahren mit dem „Koalitions­     welt- und ressourcenschonenden Wirtschaft zum Erfolg
vertrag für Nordrhein-Westfalen 2017–2022“1 die Grund­           zu verhelfen. Auch die strategische Neuordnung der ope­
lage ihrer gemeinsamen Politik formulierte, war die Welt­        rativen ­­Begleitung der Energie- und Klimaschutzpolitik
lage noch eine andere. Sei es der Brexit, wirtschafts- und       Nordrhein-Westfalens durch die Gründung einer eigens
handelspolitische Konflikte oder die weltweiten Folgen der       für Energie und Klimaschutz zuständigen Landesgesell­
COVID-19-Pandemie – was heute die wirtschaftlichen               schaft unterstreicht die Bedeutung, die die Landesregie­
Rahmenbedingungen prägt, war damals unbekannt oder               rung dieser Herausforderung beimisst. Unter dem Namen
zeichnete sich allenfalls in weiter Ferne ab.                    NRW.Energy4Climate wird sie zentrale Treiberin der Um­
                                                                 gestaltung des Energiesystems von den fossilen hin zu
Auch mit Blick auf die Umweltwirtschaft sowie die gesam­         ­erneuerbaren Energien wie auch einer klimafreundlichen
te Transformation der Wirtschaft gab es seitdem zentrale          Transformation sein.
Veränderungen und Weiterentwicklungen. Die Mitglied­
staaten der EU haben sich gemeinsam dazu verpflichtet,
im Vergleich zu 1990 die Treibhausgasemissionen bis 2030                                Für Nordrhein-Westfalen
um 55 % zu senken. Langfristig soll die EU bis zum Jahr                             heißt es, sowohl die Heraus-
2050 klimaneutral werden. Gleiches gilt auch für Nordrhein-­                               forderungen, die diese
Westfalen auf Basis des Entwurfs des neuen NRW-Klima­
                                                                                        ­Transformation mit sich
schutzgesetzes. Nicht nur daraus ergibt sich für den gesam­
ten EU-Raum die Notwendigkeit einer industriepolitischen
                                                                                     bringt, ­anzugehen als auch
Wende, die alle Sektoren umfasst und somit auch über die                              die daraus erwachsenden
sektorspezifische Abgrenzung der Umweltwirtschaft hin­                              Chancen zu antizipieren und
ausgeht. Mit dem im Dezember 2019 vorgelegten „EU Green                                             zu ergreifen.
Deal“ strebt die EU-Kommission diese umfassende Trans­
formation aller Wirtschaftszweige an. Als neue Wachs­
tumsstrategie für eine moderne, ressourceneffiziente und         Die Umweltwirtschaftsstrategie, die eine ausgeprägt diverse
wettbewerbsfähige Wirtschaft richtet sich der „EU Green          Querschnittsbranche adressiert, trägt vor diesem Hinter­
Deal“ insbesondere auch an die stark mit Treibhausgas­           grund in ökologisch-ökonomischer Hinsicht zur Verflech­
emissionen verbundenen Branchen.                                 tung von klima- und umweltpolitischen Handlungssträngen
                                                                 bei. Mit der Verankerung der Umweltwirtschaftsstrategie
Für Nordrhein-Westfalen heißt es, sowohl die Herausfor­          und den anderen genannten Initiativen im Koalitionsver­
derungen, die diese Transformation mit sich bringt, anzu­        trag stellte die Landesregierung 2017 die Weichen, um
gehen als auch die daraus erwachsenden Chancen zu an­            den wachsenden Anforderungen an den Klima- und Um­
tizipieren und zu ergreifen. Nordrhein-Westfalen hat sich        weltschutz gerecht zu werden und zugleich wirtschaftli­
zum Ziel gesetzt, zum Vorreiter der grünen Transformation        che Umbrüche zu meistern.
zu werden.2 Gerade auch im Kontext der Covid-19-Pande­
mie müssen Klimaschutz und Klimaanpassung und auch               Mit dem vorliegenden Bericht werden die zentralen
die Digitalisierung als treibende Kräfte für die wirtschaftli­   Ansätze vorgestellt, die Umweltwirtschaftsstrategie
che Wiederaufbauphase genutzt werden. Die Umweltwirt­            fortzuführen und weiterzuentwickeln. Dazu werden
schaftsstrategie ist als zentraler Baustein dieser Anstren­      fünf strategische Handlungsfelder beleuchtet und in
gungen in den gesamten Transformationsprozess der                den Kontext aktueller strategischer Vorhaben der
Wirtschaft einzubetten. Im Zusammenspiel mit anderen             ­Landesregierung gestellt.
Landesstrategien und Handlungsansätzen der Landes­
regierung – insbesondere zu nennen sind die Außenwirt­           Eine umfassende Darstellung der Maßnahmen, die im
schaftsstrategie, die Bioökonomiestrategie,3 die Wasser­         Rahmen der Umweltwirtschaftsstrategie durchgeführt
stoff Roadmap, die Carbon Management Strategie,4 das             werden, wird derzeit in digitaler Form aufbereitet. Geplant
Handlungskonzept Synthetische Kraftstoffe,5 die Digital­         ist eine Datenbank, die alle Maßnahmen für unterschied­
strategie, die Energieversorgungsstrategie, die Innova­          liche Zielgruppen und Interessenslagen gezielt verfügbar
tionsstrategie,6 die Nachhaltigkeitsstrategie und das            macht. Das Spektrum reicht von der Projekt- und Innova­
Industrie­politische Leitbild – tragen diese gemeinsam zu        tionsförderung über Netzwerke und Plattformen bis hin zu
dem übergeordneten Ziel bei, der industriellen Transfor­         spezifischen Informationsangeboten für einzelne Teilmärkte.
mation und dem Aufbau einer klimaneutralen und um­

Endnoten auf Seite 54

                                                                                                                          7
STATUSBERICHT UMWELTWIRTSCHAFT - Umwelt.NRW
Die Umweltwirtschaft als Treiber der Green Economy

 2 DIE UMWELTWIRTSCHAFT ALS
 TREIBER DER GREEN ECONOMY

Ladesäulen made in NRW werden in ganz Europa
eingesetzt: hier am Standort Bochum.

8
STATUSBERICHT UMWELTWIRTSCHAFT - Umwelt.NRW
Die Umweltwirtschaft als Treiber der Green Economy

Die Umweltwirtschaft hat sich in den vergangenen zehn           das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) be­
Jahren in Nordrhein-Westfalen zu einer facettenreichen          stimmt. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
Innovations- und Transformationsbranche entwickelt. Ihre        und nukleare Sicherheit setzt in diesem Zusammenhang
Unternehmen bieten ressourceneffiziente, klima- und um­         auf den Begriff der GreenTech, der nah am eng fokussier­
weltfreundliche Produkte und Dienstleistungen an. Sie sind      ten deutschen Begriff Umwelttechnik liegt. Das Bundes­
damit Teil einer breiter angelegten ökologischen Transfor­      ministerium für Bildung und Forschung verwendet zumeist
mation der Gesamtwirtschaft hin zu einer Green Economy.         den Begriff Green Economy. Hierbei wird verstärkt auch
Treibende Kräfte dieser Entwicklung sind die Unternehmen,       auf die sozialen Herausforderungen und Aspekte der öko­
die aus den Herausforderungen der Energie- und Verkehrs­        logischen Transformation eingegangen. Die OECD und die
wende sowie der Dekarbonisierung der heimischen Industrie       Weltbank fokussieren vor allem auf den Aspekt Green
einen Wettbewerbsvorteil generieren, um Wertschöpfung           Growth. Damit wird ein besonderer Schwerpunkt auf den
und Arbeitsplätze zu sichern.                                   Wachstumsaspekt gelegt, was der Weltbank ermöglicht,
                                                                ihr wirtschaftspolitisches Konzept für die ökologische
Einem querschnittsorientierten, umfassenden Verständnis         Transformation mit Entwicklungszusammenarbeit mit
entsprechend können acht Teilmärkte zur Umweltwirtschaft        dem globalen Süden zu verknüpfen.
gezählt werden:7 die Nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft,
die Umweltfreundliche Landwirtschaft, die Minderungs-           Die Europäische Kommission nimmt mit dem im Juli 2020
und Schutztechnologien, die Wasserwirtschaft sowie der          von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer
Teilmarkt Materialien, Materialeffizienz und Ressourcen-        beschlossenen Wiederaufbauplan zur Bekämpfung der
wirtschaft Umweltfreundliche Energiewandlung, -transport        Folgen der COVID-19-Pandemie und dem Mehrjährigen
und -speicherung, Umweltfreundliche Mobilität sowie             ­Finanzrahmen 2021–2027 wichtige Zukunftsfelder in den
Energieeffizienz und Energieeinsparung. Gemeinsamer              Blick. Die Europäische Kommission ihrerseits hatte dazu
­definitorischer Nenner der Teilmärkte der Umweltwirt­           mit dem im Dezember 2019 vorgestellten „EU Green Deal“
schaft ist ihr Potenzial als Problemlöser, also effizientere,    wichtige Weichenstellungen für ihre Transformation der
 nachhaltigere, umwelt- und klimafreundlichere Produkte,         Wirtschafts-, Struktur- und Innovationspolitik hin zu einer
 Verfahren und Dienstleistungen in allen Branchen zu ent­        nachhaltigen Zukunft vollzogen. Der Bioökonomie, dem
 wickeln und am Markt zu etablieren. Auf diese Weise ver­        Übergang von fossilen zu biobasierten Rohstoffen, kommt
 bindet die Umweltwirtschaft Nutzen für die Umwelt mit           in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu.
 Wohlstand und Arbeitsplätzen.                                   Nordrhein-Westfalen trägt diesem Aspekt mit der in Aus­
                                                                arbeitung befindlichen Bioökonomiestrategie Rechnung.
Die Umweltwirtschaft weist mit diesem querschnittsorien­        Die Bioökonomiestrategie des Landes NRW fördert die
tierten Ansatz Schnittstellen und Schnittmengen zu ande­        vor allem stoffliche Nutzung von biobasierten Materialien,
ren politischen Handlungsansätzen auf, die umweltorien­         also nachwachsenden Rohstoffen. Das Ziel dieser Strate­
tierte Teilbereiche der Wirtschaft adressieren. Einen eng        gie ist damit der Ersatz fossiler Stoffe in den Produktions-
mit der Umweltwirtschaftsstrategie und dem Ansatz der            und Wertschöpfungsketten.
Green Economy verbundenen, aber in seiner gesellschaft­
lichen Ausrichtung umfassenderen Ansatz verfolgt die            Das übergeordnete Ziel einer EU-weiten klimaneutralen
Landesregierung mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie für          Kreislaufwirtschaft rückt dabei weniger die individuellen
Nordrhein-Westfalen. Diese wurde 2016 erstmals und im           Unternehmen der Umweltwirtschaft in den Fokus, sondern
September 2020 in weiterentwickelter Fassung von der            führt insgesamt dazu, dass sich EU-weit alle Unternehmen
NRW-Landesregierung verabschiedet. Sie ist an der von           und Branchen im Rahmen eines breiten Transformations­
Deutschland im Rahmen der Vereinten Nationen einge­             prozesses an Nachhaltigkeitskriterien und dem Ziel der
gangenen Verpflichtung orientiert, bis 2030 die Ziele für       Klimaneutralität werden ausrichten müssen. Passend
eine Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development           dazu nehmen die Europäischen Strukturfonds, insbeson­
Goals, SDGs) zu erreichen. Ein Kernbereich zur Erreichung       dere der Europäische Fonds für regionale Entwicklung
der Nachhaltigkeitsziele ist die sozial-ökologische Trans­      (EFRE), eine zentrale Rolle dabei ein, das Ziel der Dekar­
formation von Wirtschaft und Gesellschaft hin zu mehr           bonisierung und der Transformation der Wirtschaft zu
Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz. Dieser Prozess            ­unterstützen.
wird im politisch-ökonomischen Diskurs national und in­
ternational von einer Reihe unterschiedlicher Begrifflich­      Wie das folgende Kapitel zeigt, ist die Umweltwirtschaft
keiten beschrieben, die sich in wesentlichen Teilen mit der     NRW in diesem Umfeld gut aufgestellt, um ihren Beitrag
Definition von Umweltwirtschaft decken.                         für mehr Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz und da­
                                                                mit auch zur Erreichung der übergeordneten Ziele der in­
Der Terminus Green Economy hat sich auch auf internatio­        ternationalen bzw. europäischen Strategien und Program­
naler Ebene etabliert und wird dort federführend durch          me zu leisten.

                                                                                                                           9
STATUSBERICHT UMWELTWIRTSCHAFT - Umwelt.NRW
Vorreiter Nordrhein-Westfalen

3 VORREITER
NORDRHEIN-WESTFALEN

                                Stadtquartier auf ehemaligem Zechengelände
                                am Rhein-Herne-Kanal: Die Umweltwirtschaft
                                bietet viele Chancen für einen grünen Struktur­
                                wandel.

10
Vorreiter Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen hat als erstes Bundesland das Kon­         (2017), Digitalisierung (2020) – ein detailliertes Bild. Die
zept einer Umweltwirtschaft als Ansatz eingeführt. Dazu        regelmäßige Berichterstattung mit ihren exakt für ein-
fächerte das Umweltministerium NRW im Rahmen der               zelne Regionen, Teil- und Exportmärkte ermittelten
Umweltwirtschaftsstrategie ein Instrumentarium auf:            Daten zu erzielten Umsätzen, angemeldeten Patenten
Die neu eingeführten regelmäßigen Umweltwirtschafts-           und Beschäftigten trägt dazu bei, die gesteckten Ziele
berichte werden auf Grundlage einer eigens entwickelten        der Umweltwirtschaftsstrategie in Relation zum jewei-
wissenschaftlichen Abgrenzungsmethodik erstellt. Auf           ligen Ist-Stand zu setzen, den Erfolg von Maßnahmen
der Wissensbasis beruht die Ausgestaltung der Maßnah­          zu bewerten und daraus konkrete Handlungsempfeh-
men zur Innovationsförderung, der Unterstützungsange­          lungen für die Landes- und Regionalpolitik abzuleiten.
bote bei der Markterschließung, der Internationalisierung      Neben der Darstellung und Analyse der empirischen Daten
und der Fachkräftesicherung. Vernetzungs- und Kommu­           bietet der Umweltwirtschaftsbericht einen Ausblick auf
nikationsformate unterstützen ferner den Innovations­          die Chancen und Perspektiven, die sich in den jeweiligen
transfer zwischen kleinen und mittleren Unternehmen,           Teilmärkten und in den Regionen Nordrhein-Westfalens
Start-ups und Forschungseinrichtungen.                         bieten.

Von grundlegender Bedeutung ist das Wissen über die            Im Jahr 2018 trug die Umweltwirtschaft allein insgesamt
Entwicklung der zur Umweltwirtschaft zählenden Unter­          5,8 % bzw. 35,8 Milliarden Euro zur Bruttowertschöpfung
nehmen im Bundesland, die sich an verschiedenen wirt­          des Landes bei. Das jährliche Wachstum der Umweltwirt­
schaftlichen Kennzahlen ablesen lässt. Wie viele der neu­      schaft zwischen den Jahren 2010 und 2018 betrug 3,6 %
en Wirtschaftszweige wird die Umweltwirtschaft nicht von       und lag damit um 0,3 Prozentpunkte über dem Vergleichs­
der amtlichen Branchenklassifikation nach Wirtschafts­         wert der Gesamtwirtschaft in NRW (3,3 %). Das jährliche
zweigen und Gütergruppen erfasst, sie bildet eine Quer­        Wachstum fällt in NRW aber deutlich geringer aus als auf
schnittsbranche und die spezifische Aussagekraft der           Bundesebene – hier wurden im gleichen Zeitraum 4,4 %
standardmäßig erhobenen amtlichen Wirtschaftsdaten ist         erzielt.
demzufolge begrenzt. Diese Leerstelle füllt seit 2015 der
regelmäßig fortgeschriebene Umweltwirtschaftsbericht
des Landes Nordrhein-Westfalen.                                                   Nordrhein-Westfalen hat als
                                                                                  erstes Bundesland das Kon-
Der Zustand der Umweltwirtschaft wird darin anhand ei­                            zept einer Umweltwirtschaft
nes kontinuierlich fortentwickelten Abgrenzungsmodells
                                                                                         als Ansatz eingeführt.
erfasst. Die dazu angelegten Kriterien sind, vereinfachend
ausgedrückt, ein „direkter Umweltnutzen“ und die Wir­
kung als „umweltfreundliches Substitut“. Erfüllt ein Pro­      Mit 468.000 Erwerbstätigen (inklusive geringfügig Beschäf­
dukt, ein Verfahren oder eine Dienstleistung eines der         tigter) im Jahr 2019 ist Nordrhein-Westfalen bundesweit
­beiden Kriterien, zählt es zur Umweltwirtschaft. Die          der größte Anbieter von Produkten und Dienstleistungen
 ­Umweltwirtschaft umfasst in dieser Definition dem­           der Umweltwirtschaft. Jeder zwanzigste Erwerbstätige im
  zufolge alle diejenigen Unternehmen, die umwelt-             Bundesland arbeitet in diesem Bereich. Gegenüber dem
  schützende beziehungsweise umweltfreundliche und             Jahr 2010 ist die Anzahl der Beschäftigten in der Umwelt­
  ressourceneffiziente Produkte und Dienstleistungen           wirtschaft um 1,4 % pro Jahr gewachsen, das entspricht
  anbieten. Als Querschnitts­branche vereint sie so Betriebe   rund 52.800 neuen Erwerbstätigen (ohne geringfügig
  der Land- und Forstwirtschaft, der großen industriellen      ­Beschäftigte).
  Schlüsselbranchen sowie technologieorientierter Dienst­
  leistungsbereiche und nimmt damit eine wichtige Rolle in     Ein in der Nachhaltigkeitsstrategie NRW verankertes Ziel
  der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes ein. Die Vor­    der Landesregierung ist es, die Anzahl der Erwerbstätigen
  züge des nordrhein-westfälischen Ansatzes liegen in einer    in der Umweltwirtschaft bis 2030 auf 460.000 (Berech­
  technologisch-gesellschaftlichen Offenheit, die aktuelle     nungsgrundlage ohne geringfügig Beschäftigte) zu stei­
  ökologische Innovations- und Transformationsprozesse         gern. Gerade vor dem Hintergrund der COVID-19-Pande­
  einschließt. Die Umweltwirtschaft bleibt, nach präzise de­   mie und deren negativen wirtschaftlichen Folgen sind
  finierten Kriterien erfasst, nicht auf vorgegebene soziale   Prognosen über die zukünftige Entwicklung der Beschäf­
  oder technologische Innovationen beschränkt, sondern         tigtenzahlen kaum seriös zu ermitteln, obwohl zahlreiche
  zeigt sich als dynamisches Entwicklungsfeld.                 Maßnahmen auf europäischer, Bundes- und Landesebene
                                                               angestoßen wurden, um die Konjunktur zu stützen. Sollte
Die Umweltwirtschaft ist ein Standort- und Wirtschafts­        sich der bisherige positive Trend der letzten Jahre jedoch
faktor in und für NRW. Die vorliegenden Umweltwirt­            mittelfristig fortsetzen, so kann mit einem vorzeitigen
schaftsberichte NRW zeichnen dazu mit unterschiedli­           ­Erreichen des genannten Beschäftigungsziels gerechnet
chen Schwerpunkten – Internationalisierung und Innovation       werden.

                                                                                                                        11
Vorreiter Nordrhein-Westfalen

             2010                              2019

                                                                                          Anteile der Umweltwirtschaft NRW (2019)

                                           468.000
          412.000
                                                                                          4,9%                        18,9%

                                                                                   an der Gesamtwirtschaft      an der Umweltwirtschaft
                                                                                    Nordrhein-Westfalens             Deutschlands

     Abbildung 1: Erwerbstätige der Umweltwirtschaft NRW, 2010 und 2019

     Quelle: Prognos AG auf Basis der Bundesagentur für Arbeit und des Statistischen Bundesamtes

Das jährlich von den nordrhein-westfälischen Unternehmen                    über dem Bundesdurchschnitt von +1,9 % pro Jahr. Der
der Umweltwirtschaft erzielte Exportvolumen ist zwischen                    Anstieg verlief in Nordrhein-Westfalen dagegen schwächer.
2010 und 2019 von 10,2 auf 11,6 Milliarden Euro gestiegen.
Die Steigerung fand jedoch nicht in allen Teilmärkten statt.                Ein ähnliches Bild zeichnet sich auf internationaler Ebene
So stieg das Exportvolumen im Teilmarkt Energieeffizienz                    ab. Deutschland nimmt mit einem Volumen von 68 Milliar­
und Energieeinsparung zwischen 2010 und 2019 von 1,1                        den Euro hinter China mit 82 Milliarden Euro den zweiten
auf 1,8 Milliarden Euro, wohingegen das Exportvolumen im                    Rang der weltweit größten Exporteure von Umweltwirt­
Teilmarkt Materialien, Materialeffizienz und Ressourcen-                    schaftsgütern ein. Das jährliche Wachstum des Export­vo­
wirtschaft von 4,1 auf 3,9 Milliarden Euro sank.                            lumens zwischen den Jahren 2010 und 2018 lag in Deutsch­
                                                                            land bei 2,5 %, war aber z. B. in Polen, Kanada und Mexiko
Gemessen an diesen Kennzahlen nimmt Nordrhein-West­                         mit 6,6 %, 5,8 % bzw. 4,6 % pro Jahr deutlich höher.
falen seit zehn Jahren die bundesweite Spitzenposition als
Anbieter umwelt- und klimaschützender Produkte, Dienst­                     Diese Ergebnisse des Umweltwirtschaftsberichts 2020
leistungen und Technologien ein. Ein Blick auf die deutsch­                 formulieren einen Handlungsauftrag für ganz Nord­
landweiten Entwicklungen zeigt jedoch, dass in anderen                      rhein-­Westfalen. Um die Position als Umweltwirt-
Bundesländern mittlerweile ein gegenüber Nordrhein-­                        schaftsland Nr. 1 zu halten und daraus perspektivisch
Westfalen kräftigeres Wachstum der Umweltwirtschaft zu                      eine Rolle als Vorreiter einer ökologisch-ökonomischen
verzeichnen ist. Betrachtet man die positive Entwicklung                    Transformation der Gesamtwirtschaft zu entwickeln,
bei der Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäf­                  sind intensive Anstrengungen geboten. Die im Fol­
tigten, so lag deren Anstieg beispielsweise in Baden-Würt­                  genden dargelegte Fortentwicklung der Umweltwirt-
temberg, Bayern und Hessen zwischen 2010 und 2019                           schaftsstrategie soll dazu gezielt Impulse setzen.

12
Vorreiter Nordrhein-Westfalen
Auszubildende an Werkzeugmaschine:
Auch in klassischen Schlüsselbranchen
wie der Metallindustrie wächst die
Bedeutung der Umweltwirtschaft.

                                                                  13
Vorreiter Nordrhein-Westfalen

Abbildung 2: Teilmärkte, Marktsegmente und Technologiebereiche der nordrhein-westfälischen Umweltwirtschaft

                                                ULA                              ETS
                                       Umweltfreundliche                Umweltfreundliche
                                        Landwirtschaft                  Energiewandlung,
                                                                            -transport
                                                                         und -speicherung

                                                                                                              EEF
                      NHF
                                                                                                   Energieeffizienz und
           Nachhaltige Holz- und                                                                    Energieeinsparung
              Forstwirtschaft
                                                          Umwelt-
                                                         wirtschaft
                                                            NRW
                                                                                                              MMR
                      MST
                                                                                                       Materialien,
              Minderungs- und
                                                                                                   Materialeffizienz und
             Schutztechnologien
                                                                                                   Ressourcenwirtschaft

                                                WAS                                 UMO
                                         Wasserwirtschaft                  Umweltfreundliche
                                                                              Mobilität

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Vorreiter Nordrhein-Westfalen

Teilmarkt   Marktsegmente                                                    Technologiebereiche
            Erneuerbare Energien                                             Beratung und Forschung
                                                                             Bioenergie
  ETS                                                                        Geothermie
                                                                             Solar
                                                                             Wasserkraft
                                                                             Windenergie
            Intelligente Energiesysteme und Netze                            IKT für Energiesysteme
                                                                             Netzausbau und -betrieb
                                                                             Netztechnik
            Speichertechnologie                                              Elektrochemische Speicherung von Energie
                                                                             Mechanische Speicherung von Energie
                                                                             Thermische Speicherung von Energie
            Energieeffiziente Gebäude                                          Bau- und Installationsleistungen
                                                                             Dämmstoffe
  EEF                                                                        Gebäudetechnik
            Energieeffiziente Produktionsprozesse und Technologien             Abwärmenutzung
                                                                             Druckluft- und Pumpsysteme
                                                                             Installations- und Beratungsleistungen
                                                                             Prozessleit- und MSR-Technik
            Abfallbehandlung und -verwertung                                 Abfallbeseitigung
                                                                             Energetische Verwertung
 MMR                                                                         Stoffliche Verwertung
            Abfallsammlung und -transport                                    Abfallsammlung und -transport
                                                                             Straßenreinigung
            Materialeffiziente Produktionsprozesse und Technologien            Installations-, Reparatur und Beratungsleistungen
                                                                             Materialeffiziente Verfahrenstechnologien
                                                                             Mess-, Steuer- und Regeltechnik
            Nachwachsende Rohstoffe und umweltfreundliche Materialien         Kosmetik und Reinigungsmittel aus nachwachsenden Rohstoffen
                                                                             Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen
            Technik für die Abfallwirtschaft                                 Anlagentechnik
                                                                             Fahrzeugtechnik
                                                                             Sammel- und Transportbehälter
                                                                             Sonstiges
            Intelligente Verkehrsmanagementsysteme und Infrastruktur         Umweltfreundliche Verkehrsinfrastruktur
                                                                             Verkehrsmanagement
 UMO        Umweltfreundliche Logistik- und Mobilitätsdienstleistungen       Öffentlicher Personenverkehr und Sharing-Systeme
                                                                             Umweltfreundliche Logistik
            Umweltfreundliche Mobilitäts- und Antriebstechnologien           Alternative Fahrzeuge
                                                                             Antriebstechnologien
                                                                             Fahrzeugtechnologien
            Monitoring und Analyseverfahren, Wasser- und Abwassermanagement Wasserwirtschaft 4.0 (Messen, Analysieren, Steuern, Regeln)
            Wasser- und Abwasserinfrastruktur                                Wasser- und Abwassernetz
 WAS        Wassergewinnung, -aufbereitung und Abwasserbehandlung            Abwasserbehandlung
                                                                             Wassergewinnung und -aufbereitung
            Bodenschutztechnologien und -sanierung                           Bodensanierung
                                                                             Bodenschutztechnologien
 MST        Lärmminderungs- und Luftreinigungstechnologien                   Abgasrückführungssysteme
                                                                             Filtertechnik und Katalysatoren
                                                                             Lärmschutz in Gebäuden
                                                                             Messtechnik und Dienstleitungen
                                                                             Verkehrlicher Lärmschutz
            Holzbearbeitung und Holzwerkstoffe                                Holzwerkstoffe
                                                                             Sägeindustrie
 NHF        Nachhaltige Forstwirtschaft                                      Forstwirtschaft
            Nachwachsende Holzbaustoffe                                       Holzbaustoffe
            Umweltfreundliche Technologien für die Landwirtschaft            Grüne Agrartechnologien
                                                                             Neue Formen der Landwirtschaft
 ULA                                                                         Umweltfreundliche Tierhaltungstechnologien
            Ökologische und Regionale Landwirtschaft                         Ökologische und Regionale Landwirtschaft                          f
            Agrarumweltmaßnahmen                                             Agrarumweltmaßnahmen

Quelle: Prognos 2020

                                                                                                                                          15
Die Fortentwicklung der Umweltwirtschaftsstrategie

4 DIE FORTENTWICKLUNG DER
UMWELTWIRTSCHAFTSSTRATEGIE

                                                     Standortforum Münsterland im Jahr 2016:
                                                     Von Anfang an ­erfolgte die Ausgestaltung der
                                                     Umweltwirtschaftsstrategie im Dialog.

16
Die Fortentwicklung der Umweltwirtschaftsstrategie

     DIE UMWELTWIRTSCHAFTSSTRATEGIE – EIN LEBENDIGER PROZESS

     Es ist erklärtes Ziel der Landesregierung, die Umwelt-      rund 100 Maßnahmen zur Förderung der nordrhein-­
     wirtschaft in Nordrhein-Westfalen zu einem Impuls-          westfälischen Umweltwirtschaft systematisiert und
     geber auch der globalen Green Economy zu entwickeln         vorgestellt wurden. Die Maßnahmen der Umweltwirt-
     und somit maßgeblich zur Erreichung der Pariser Kli-        schaftsstrategie werden fortwährend aktualisiert und
     maziele und zur Transformation zu einer zukunftsfä-         weiterentwickelt. Der jährliche SUMMIT Umweltwirt-
     higen Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen. Ein          schaft als Taktgeber und eine umfassende Öffentlich-
     umfassendes Set verschiedener Aktivitäten, Instru-          keitsarbeit sorgen für Verstetigung und bilden den
     mente und Maßnahmen mit dieser Zielsetzung wird             Kern einer wachsenden Branchenidentität in Nord-
     unter dem Begriff Umweltwirtschaftsstrategie zu-            rhein-Westfalen.
     sammengefasst. Diese wird federführend durch das
     Umweltministerium NRW koordiniert.                          Von besonderer Bedeutung für die Umweltwirtschaft
                                                                 des Landes ist auch die Netzwerk- und Beratungsar-
     Zu den grundlegenden Elementen der Umweltwirt-              beit des Kompetenznetzwerks Umweltwirtschaft.NRW
     schaftsstrategie zählt der Umweltwirtschaftsbericht         und weiterer Landesagenturen. Ferner werden konti-
     für Nordrhein-Westfalen, der regelmäßig durch das           nuierlich Förderungen und Wettbewerbe ausgeschrie-
     Umweltministerium NRW herausgegeben wird. Die               ben, um Innovationsprozesse zu beschleunigen und
     dort dokumentierten Zahlen, Fakten und Entwicklun-          grüne Gründungen zu erleichtern.
     gen haben maßgeblich dazu beigetragen, die Quer-
     schnittsbranche Umweltwirtschaft in den letzten 10          So zeigt sich die Umweltwirtschaftsstrategie des
     Jahren zu einem eigenen politischen Handlungsfeld           Landes Nordrhein-Westfalen als lebendiger Prozess
     zu entwickeln. Auf diesem Fundament wurde 2016 in           und steter Dialog von Wirtschaft und Gesellschaft,
     einem umfassenden Beteiligungsprozess der Master-           um gemeinsam die grüne Transformation des Landes
     plan Umweltwirtschaft erarbeitet, in dem erstmalig          zu gestalten.

Mit dem Koalitionsvertrag hat sich die nordrhein-westfäli­     terplan setzte auf dem ersten, 2015 veröffentlichten Um­
sche Landesregierung dem Ziel verpflichtet, die Entwicklung    weltwirtschaftsbericht des Landes mit den Daten und Im­
Nordrhein-Westfalens zu einem national und international       pulsen auf. Beide Elemente – fundierte Berichterstattung
führenden Standort für umwelt- und klima­schützende            über die wirtschaftlichen Fakten und gezielte Impulse zur
Produkte und Dienstleistungen, Prozesse und Verfahren          Fortentwicklung der Umweltwirtschaft – haben sich als
voranzutreiben. Hierzu ist es erforderlich, den bereits seit   grundlegend für die Etablierung der Querschnittsbranche
2010 existierenden strategischen Rahmen fortzuentwickeln,      erwiesen.
neue Impulse aus den gemachten Erfahrungen aufzugrei­
fen und die Umweltwirtschaftsstrategie für den Zeitraum        Die Landesregierung setzt auf diesen Vorarbeiten auf und
nach 2020 auszurichten. Hierzu wurde im Rahmen einer           entwickelt diese weiter. Zu diesem Zweck wurden alle im
internen Evaluierung die bisherige Umsetzung der im Jah­       Masterplan enthaltenen Maßnahmen hinsichtlich ihres
re 2016 vereinbarten Maßnahmen (Masterplan Umwelt­             Umsetzungsstands ausgewertet und um neue Impulse
wirtschaft) ausgewertet sowie neue Impulse für die weitere     und Handlungsansätze ergänzt.
Umsetzung abgeleitet.
                                                               Der Masterplan selbst umreißt 108 konkrete Maßnahmen,
                                                               Projektideen und Empfehlungen in fünf Handlungsfeldern:
4.1 UMSETZUNGSSTAND DER                                        Innovationsförderung, Marktentwicklung und Internatio­
MASSNAHMEN IM MASTERPLAN                                       nalisierung, Beratung und Vernetzung, Fachkräfte sowie
                                                               Rahmensetzung und Normung. Darin findet ein landes­
UMWELTWIRTSCHAFT                                               weiter Konsultationsprozess seinen Ausdruck, der in zahl­
                                                               reichen Veranstaltungen mit Expertinnen und Experten
Im Dezember 2016 verabschiedete das NRW-Kabinett mit           sowohl die Potenziale zu Weiterentwicklung der regiona­
dem „Masterplan Umweltwirtschaft für Nordrhein-West­           len Branchenstrukturen auslotete als auch die einzelnen
falen“ ein umfassendes Maßnahmenpaket, das in einem            Teilmärkte der Umweltwirtschaft gezielt in den Blick nahm.
breit angelegten Dialogprozess erarbeitet wurde. Der Mas­

                                                                                                                      17
Die Fortentwicklung der Umweltwirtschaftsstrategie

                Projektideen (noch nicht begonnen)          Implementierungsphase                  Laufende Maßnahmen

                               10                                    15                                   83
                               9%                                    14 %                                 77 %

        Gesamt: 108

     2019
     2017

                               15                                    28                                   65
                               14 %                                 26 %                                  60 %

     Abbildung 3: Umsetzungsstand der im Masterplan Umweltwirtschaft benannten Maßnahmen

     Quelle: Eigene Darstellung MULNV

Die im Masterplan Umweltwirtschaft beschriebenen Maß­              Maßnahmen, Projekte und Ideen zur Förderung der Um­
nahmen haben teilweise einen teilmarktübergreifenden,              weltwirtschaft.
auf die Gesamtheit der Umweltwirtschaft angelegten
­Charakter, wie z. B. der Gründungswettbewerb Umwelt­              Ende 2019 wurden die im Masterplan verankerten Maß­
 wirtschaft, der Leitmarktwettbewerb EnergieUmweltwirt­            nahmen erneut ausgewertet und entsprechend ihres ak­
 schaft.NRW oder Vernetzungsangebote des Kompetenz­                tuellen Umsetzungsstands kategorisiert in Maßnahmen,
 netzwerks Umweltwirtschaft. Zu einem anderen Teil                 die bereits in der Durchführung sind, Maßnahmen, an de­
 handelt es sich auch um regional- und teilmarktspezifi­           ren Umsetzung bereits gearbeitet wird und – zum Teil
sche Maßnahmen, z. B. eine Fachkräfteinitiative Wasser-            neue – Maßnahmen in der erweiterten Planungsphase.
wirtschaft, die Clusterinitiative proHolz.NRW oder das             Fünf Jahre nach Anlauf des Prozesses zeigte sich, dass
Projekt Greentech.Ruhr. Der Masterplan umfasst sowohl              der Großteil der Maßnahmen erfolgreich implementiert ist:
neue als auch im Erscheinungsjahr 2016 bereits laufende            91 % der Projekte (98 von insgesamt 108 Maßnahmen)
                                                                   laufen oder befinden sich aktuell in der konkreten Ausarbei­

IM ÜBERBLICK: DIE MASSNAHMEN DER UMWELTWIRTSCHAFTSSTRATEGIE

Unterstützung für die Umweltwirtschaft: Um alle ent-
sprechenden Angebote der Landesregierung zielge-
richtet darzustellen, wurde die Datenbank „Maßnah-
men der Umweltwirtschaftsstrategie“ konzipiert. Ob
KMU, Forschungsinstitut oder Großunternehmen –
die Datenbank bietet jedem Interessenten passgenau
die richtigen Maßnahmen zur Förderung von Projek-
ten, zur Unterstützung von Netzwerkarbeit oder In-
formation an. Das Webangebot wird regelmäßig aktu-
alisiert.

www.umweltwirtschaft.nrw.de/umweltwirtschaft-nrw/
massnahmennavigator

18
Die Fortentwicklung der Umweltwirtschaftsstrategie

tung. Alle noch ausstehenden Maßnahmen befinden sich          menten, z. B. den EFRE-Fördermaßnahmen, aktiv gestärkt
in der erweiterten Projektierungsphase (s. Abbildung 3).      werden. In der Stärkung nachhaltiger Produktions- und
                                                              Vermarktungsketten spielen zudem regionale Ansätze
Der Masterplan Umweltwirtschaft hat so nicht nur einzel­      eine zunehmend wichtige Rolle. Regionalspezifische An­
ne Projekte angeregt, sondern wird, da die Ergebnisse und     sätze wie etwa Standortentwicklungsprojekte oder regio­
Erkenntnisse in die Fortschreibung der Umweltwirtschafts­     nale Netzwerke sollen daher gestärkt werden.
strategie fließen, auch weiterhin Impulse zur Fortentwick­
lung der Umweltwirtschaft geben können.                       Mehr Synergien, mehr Sichtbarkeit: Eine Vielzahl kon­
                                                              kreter Maßnahmen zur Stärkung der Umweltwirtschaft
                                                              befindet sich unter Beteiligung eines breiten Spektrums
4.2 ZWISCHENBILANZ: ERKENNTNISSE                              an Akteurinnen und Akteuren in der Umsetzung. Um die
DER BISHERIGEN UMSETZUNG                                      Wirksamkeit und Breitenwirkung zu erhöhen, sollen Koope­
                                                              rationen und Synergien noch stärker genutzt und erfolg­
                                                              reiche Initiativen, Projekte und Unternehmen noch stärker
Abgeleitet aus einer Analyse der bisherigen Umsetzung         sichtbar gemacht werden. Die Stärke der nordrhein-west­
der Umweltwirtschaftsstrategie sollen bei der strategi­       fälischen Umweltwirtschaft in allen ihren Facetten – pro­
schen Weiterentwicklung insbesondere folgende Aspekte         minente Vorreiter der Umweltwirtschaft, Hidden Cham­
berücksichtigt werden:                                        pions, herausragende Start-ups – gilt es noch stärker zu
                                                              kommunizieren, zu bewerben und zu honorieren.
Unterstützung intensivieren: Nordrhein-Westfalen ist
weiterhin kontinuierlich bundesweiter Spitzenreiter in der    Mehr Gründerinnen und Gründer: Grüne Gründungen
Herstellung von Umweltwirtschaftsgütern. Dies bekräfti­       und disruptive Technologien können zentrale Hebel bei
gen die aktuellen Zahlen des Umweltwirtschaftsberichts        der Bewältigung der Klimakrise und dem Schutz vor Um­
2020.8 Die Zahlen zeigen jedoch auch, dass die Konkur­        weltbelastungen sein. Nicht nur aufgrund der dramatischen
renz aufholt; die Umweltwirtschaft wächst im Ausland und      Entwicklungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pan­
in anderen Bundesländern im Vergleich zur hiesigen Um­        demie bedürfen Start-ups intensiver Unterstützung, um
weltwirtschaft schneller. Auch ist noch nicht absehbar, in    sich im Markt zu etablieren. Die branchenspezifischen An­
welchem Maße die COVID-19-Pandemie die wirtschaftli­          gebote in NRW haben sich bewährt und sollen daher in­
che Entwicklung der Umweltwirtschaft beeinträchtigen          tensiviert und ausgebaut werden. Hervorzuheben ist in
wird. Um den bisherigen Vorsprung zu halten und auszu­        diesem Zusammenhang KUER.NRW,10 der Gründungs­
bauen, müssen daher die Anstrengungen insgesamt in­           wettbewerb für junge Unternehmerinnen und Unterneh­
tensiviert werden.                                            mer der Umweltwirtschaft.

Spezifischere Innovationsförderung: Die Umweltwirt­           Ganzheitliche Lösungsansätze: Die Transformation von
schaft besitzt als Querschnittsbranche einen gemeinsa­        Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne des Europäischen
men Nenner: Die zugrundeliegenden Technologien sind           Green Deal und der gesetzten Klimaziele erfordert ganz­
High-Tech. Die starke nordrhein-westfälische Position zeigt   heitliche Lösungsansätze. Nur im Zusammenspiel mit
sich daher auch in ihrer Innovationskraft. Instrumente zur    ­­­­vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen der Um­
Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation in        weltwirtschaft, mit der energieintensiven Industrie, mit
Unternehmen wurden – im Rahmen des EU-Strukturför­            Abnehmern von Umwelttechnologien und Verbraucherin­
derprogramms EFRE 2014–2020 ebenso wie im Rahmen              nen und Verbrauchern ist eine umfassende Transformati­
spezifischer Landesförderprogramme – sehr gut ange­           on möglich. Themen wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit,
nommen und sollen fortgeführt und ausgebaut werden.           Klimaschutz und Ressourceneffizienz sind in der Wirtschaft
                                                              insgesamt angekommen und werden durch entsprechen­
Passgenauere Vernetzung und regionale Standortent-            de allgemeine Wirtschaftspolitik adressiert. Diese Schnitt­
wicklung: Vernetzung stiftet Mehrwert, gerade für kleine      stellen und Wechselwirkungen sollen zukünftig verstärkt
und mittelständische Unternehmen. Vernetzungsangebote         auch im Rahmen der Umweltwirtschaftsstrategie adres­
des Kompetenznetzwerks Umweltwirtschaft.NRW (KNUW)9           siert werden. Die teilmarktspezifischen Ansätze werden
haben sich als flexibles, auf aktuelle Herausforderungen      ergänzt um Perspektiven einer Circular Economy und um
und Fragestellungen anpassbares Tool bewährt. Um die          neue Technologiefelder aus der Digitalisierung und der
Wirksamkeit und Breitenwirkung weiter zu erhöhen, soll        Klimaanpassungswirtschaft (Kapitel 6).
die Hebelwirkung von und Verzahnung mit anderen Instru­

                                                                                                                      19
Neue Impulse in den strategischen Handlungsfeldern

5 NEUE IMPULSE IN DEN
STRATEGISCHEN
HANDLUNGSFELDERN

                                                     Hightech im Dienste einer umweltfreundlichen
                                                     Landwirtschaft: Ackerflächen können mit
                                                     Drohnen millimetergenau vermessen werden.

20
Neue Impulse in den strategischen Handlungsfeldern

Die Umsetzung von Maßnahmen zur Stärkung der Um­            5.1 INNOVATIONEN FÖRDERN
weltwirtschaft erfolgt weiterhin in fünf strategischen
Handlungsfeldern:
                                                              ZIELE UND AUFGABEN
❙❙ Innovationen werden auf Produkt-, Prozess- und Tech­       BB Technologische, prozessorientierte und soziale
   nologie- und Dienstleistungsebene gefördert, um für           ­Innovationsprozesse in Unternehmen anregen:
   Wachstum und Beschäftigung in der nordrhein-westfä­            Dazu sollen u. a. Unternehmen bei der Entwick­
   lischen Wirtschaft zu sorgen.                                  lung von Projektideen und der Suche nach Part­
                                                                  nern unterstützt und Innovations-Ökosysteme
❙❙ Unternehmensgründungen sowie kleine und mittlere               ­geschaffen werden.
    Unternehmen werden bei der Markteinführung,               BB Mit neuen Produkten, Dienstleistungen und
   Marktentwicklung und Internationalisierung unter­                Technologien die Wettbewerbsfähigkeit der
   stützt, um den Einstieg und das Wachstum in den                nordrhein-­westfälischen Umweltwirtschaft
   ­dynamischen Märkten der Umweltwirtschaft zu er­               stärken: Dazu sollen Innovationsbedarfe aufge­
   leichtern.                                                     zeigt, die Vernetzung zwischen Unternehmen so­
                                                                  wie mit der Wissenschaft (branchenübergreifend
❙❙ Die Vernetzung, Kommunikation und Standortent-                 und entlang von Wertschöpfungsketten) gefördert
   wicklung dient der gegenseitigen Sichtbarkeit und              sowie die Stärken und Potenziale der FuE-Förde­
   Wahrnehmung der vielfältigen Akteure der Umweltwirt­          rung noch stärker in der Umweltwirtschaft ge­
   schaft. Die Synergieeffekte führen zu Aufbau, Auswei­         nutzt werden.
   tung und Stärkung regionaler Innovationsschwer-            BB Zugang zu Fördermitteln erleichtern: Insbeson­
   punkte und Wertschöpfungsketten.                                 dere kleine und mittelständische Unternehmen
                                                                  sollen eine umfassende Förderberatung erhalten.
❙❙ Um die Wettbewerbsposition der nordrhein-westfäli­             Alle Förderwege (regional, national, europäisch)
   schen Umweltwirtschaft langfristig zu sichern und aus­         sind optimal zu vernetzen. Außerdem heißt es,
   zubauen, wird das Handlungsfeld Ausbildung von                 praxisorientierte bzw. marktnahe Forschung
   Fachkräften als Schlüssel für die Innovations- und             ­(Erprobung, Demonstrationsprojekte) zu ermög­
   Leistungsfähigkeit der Betriebe gezielt gefördert.              lichen.
                                                              BB Potenziale von Industrie 4.0 und Digitalisierung
❙❙ Schließlich ist auch die umweltpolitische Rahmenset-             für die Märkte der Umweltwirtschaft nutzbar
   zung und Normung ein wesentliches Handlungsfeld,                machen
   um einerseits die erforderliche Rechtssicherheit für       BB Talentierte Köpfe für die Umweltwirtschaft
   das Handeln beteiligter Akteure zu geben und anderer­            begeis­tern: Dazu soll etwa die Gründung innova­
   seits Impulse für den Wachstumsmarkt der Umwelt­                tiver Start-ups unterstützt werden.
   wirtschaft zu liefern.                                     BB Informationsvermittlung/Technologietransfer:
                                                                   ­Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung.
Nachfolgend sind zentrale Zielsetzungen und neue Im-
pulse in den Handlungsfeldern sowie eine exemplari-
sche Auswahl an Maßnahmen dargestellt.                      AUSGANGSLAGE

                                                            Die Innovationsfähigkeit der ansässigen Unternehmen ist
                                                            von entscheidender Bedeutung für die Umweltwirtschaft
                                                            in NRW. Innovationen erhöhen die Wertschöpfung und die
                                                            Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, schaffen Arbeits­
                                                            plätze und Einkommen. Als Innovationsstandort ist NRW
                                                            im nationalen wie internationalen Vergleich gut aufgestellt.
                                                            Die technologiegetriebene und vergleichsweise forschungs­
                                                            intensive nordrhein-westfälische Umweltwirtschaft ist da­
                                                            für ein hervorragender Beleg – deutschlandweit melden
                                                            Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen fast jedes fünfte
                                                            und weltweit jedes fünfzigste Patent der Umweltwirt­
                                                            schaft an.

                                                            Dennoch könnte NRW die Potenziale der etablierten Um­
                                                            weltwirtschaft noch stärker nutzen, um neue Perspektiven
                                                            für den Wirtschaftsstandort und seine internationale Posi­

                                                                                                                       21
Neue Impulse in den strategischen Handlungsfeldern

                             Innovationsidee                                         Förderkonzept                Umsetzung

     Innovationsradar        Innovationsforen    Thementische und        Förderberatung          Innovations-     Starthilfe für
                                                    Netzwerke                                    wettbewerbe     Neugründungen

     Abbildung 4: Unterstützungsangebote entlang des gesamten Innovationsprozesses

     Quelle: Eigene Darstellung MULNV

tionierung zu gewinnen. Dazu gilt es, auf den vorhandenen             und Erprobung bis zur Umsetzung am Markt – mit einem
Stärken in Nordrhein-Westfalen aufzubauen und diese ge­               breit gefächerten Angebot an Instrumenten unterstützt
zielt zu unterstützen. Die Nachfrage nach Technologien der            (s. Abbildung 4). Ziel ist es, Innovationsprozesse in Unter­
regenerativen Energieerzeugung, Effizienzdienstleistungen             nehmen anzuregen, mit neuen Produkten, Dienstleistun­
und Umwelttechnologien wächst weltweit stark. Auch inter­             gen und Technologien die Wettbewerbsfähigkeit der nord­
national sind die nordrhein-westfälischen Unternehmen                 rhein-westfälischen Umweltwirtschaft zu stärken und
mit ihren leistungsfähigen Produkten und Dienstleistungen             Unternehmensgründungen zu befördern. Die Instrumente
aus der Umweltwirtschaft gut aufgestellt.                             richten sich an Unternehmen, Gründungsinteressierte,
                                                                      einschlägige Forschungseinrichtungen und Wirtschafts­
Innovative Köpfe und Unternehmen der Umweltwirtschaft                 förderungen.
in Nordrhein-Westfalen werden während des gesamten In­
novationsprozesses – von der Ideenfindung, Erforschung

PERSPEKTIVEN UND HANDLUNGSANSÄTZE 2020+ IM
HANDLUNGSFELD INNOVATIONEN FÖRDERN

❙❙ Das Förderinstrumentarium insgesamt und insbe-                   ❙❙ Zusätzlich zu vielfältigen Innovationen in den Teil-
   sondere EFRE-Förderung wird gut angenommen                          märkten der Umweltwirtschaft sollen vermehrt
   und erzielt gute Ergebnisse. Die Handlungsansätze                   Cross-Innovationen (Entwicklung von Systemlö-
   in der Innovationsförderung haben sich bewährt                      sungen), z. B. in den Bereichen Circular Economy
   und sollen fortgeführt werden.                                      und Digitalisierung, adressiert werden. Auch Inno-
                                                                       vationen für die Klimaanpassung sollen gezielt ge-
❙❙ Der EFRE.NRW 2012–2027 soll genutzt werden,                         fördert werden.
   um Innovationen in der Umweltwirtschaft voranzu-
   treiben – insbesondere die bewährten wettbe-                     ❙❙ Neben der EFRE-Förderung soll auch die Landes-
   werbsbasierten Instrumente sollen fortgeführt                       förderung über eine verstärkte Nutzung der För-
   und weiterentwickelt werden.                                        derrichtlinie Umweltwirtschaft ausgebaut werden.

❙❙ In der Innovationsstrategie des Landes NRW wer-                  ❙❙ Das Kompetenznetzwerk Umweltwirtschaft.NRW
   den zentrale Zukunftsfelder für Innovationsförde-                   (KNUW) setzt neuartige Impulse zur Innovations-
   rung in Nordrhein-Westfalen identifiziert, an denen                 förderung, die Vernetzungsformate sollen noch
   sich u. a. die EFRE-Förderung der Förderperiode                     stärker am Innovationsgeschehen ausgerichtet
   2021–2027 orientieren wird. Umweltwirtschaft und                    und der Technologie- und Innovationstransfer von
   Circular Economy sollen hierin auch zukünftig eine                  Hochschulen zu Unternehmen ausgebaut werden,
   prominente Rolle spielen.                                           um Impulse geben zu können.

22
Neue Impulse in den strategischen Handlungsfeldern

5.1.1 FÖRDERUNG VON FORSCHUNG UND                            ­Enzymen und die Einführung ressourcenschonender Ma­
ENTWICKLUNG                                                  terialien im Hochwasserschutz und in der Landwirtschaft.

Die Umweltwirtschaft war in der Förderperiode 2014–2020      Der Leitmarktwettbewerb EnergieUmweltwirtschaft.NRW
des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE)      gehörte in der laufenden Förderperiode zu den am stärksten
zentral verankert. Zu den wesentlichen Instrumenten zur      nachgefragten Leitmarktwettbewerben. Insgesamt konn­
Förderung von Innovationen in Umweltwirtschaftsunter­        ten 174 Projektpartner unterstützt werden. Unternehmen
nehmen gehörten die Klimaschutzwettbewerbe, der För­         stellen zwei Drittel der an den Leitmarktwettbewerben
deraufruf Ressource.NRW sowie die Leitmarktwettbewerbe.      teilnehmenden Projektpartner, über 50 % der Unterneh­
Die Leitmarktwettbewerbe hatten den Transfer wissenschaft­   men zählen zur Gruppe der KMU. Durch die Leitmarkt­
lichen Know-hows in die Wirtschaft, die Erschließung neuer   wettbewerbe wurden insbesondere junge Kleinstunter­
Märkte, den Abbau von Innovationshemmnissen sowie das        nehmen mit hohem Wachstumspotenzial unterstützt.12
Schließen bestehender Lücken in den Wertschöpfungsket­
ten zum Ziel. Der Förderaufruf Ressource.NRW zielte dar­     Vollständige Listen aller Gewinner unter ­
auf ab, das Up-Scaling von ausentwickelten innovativen,      www.leitmarktagentur.nrw/leitmarktwettbewerbe/
ressourceneffizienten Prozesstechnologien bzw. Recycling­    energieumweltwirtschaft
verfahren zu erleichtern und damit den Stand der Technik
fortzuschreiben.
                                                                                  Zu den wesentlichen Instru-
Die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie von                              menten zur Förderung von
Investitionsvorhaben in dem Zukunftsfeld Umweltwirtschaft                       ­Innovationen in Umweltwirt-
(Green Economy) soll auch im Fokus der neuen, 2021 be­
                                                                                 schaftsunternehmen gehör-
ginnenden EFRE-Förderperiode stehen. In der neuen Inno­
vationsstrategie des Landes, die den strategischen Rahmen
                                                                                  ten die Klimaschutzwettbe-
für Innovationsförderung in der kommenden EFRE-­Förder­                               werbe, der Förderaufruf
periode abbildet,11 nehmen Innovationen in der Umwelt­                              Ressource.NRW sowie die
wirtschaft – Circular Economy, Ressourceneffizienz,                                    Leitmarktwettbewerbe
Klima­­schutz, neue Werkstoffe und digitale Zukunftstech­
nologien – wichtige Schlüsselstellungen ein. Die Fortset­
zung und Weiterentwicklung der bewährten Förderwettbe­       Klimaschutzwettbewerbe
werbe entlang von Zukunftsfeldern sowie die Umsetzung
weiterer Förderinstrumente zur Unterstützung der Umwelt­     Die Klimaschutzwettbewerbe hatten zum Ziel, den Aus­
wirtschaft werden von der Landesregierung NRW ­angestrebt.   bau der Erneuerbaren Energien, die Stabilität der Strom­
                                                             netze und die Steigerung der Energieeffizienz in Unter­
                                                             nehmen durch Vorhaben der umsetzungsorientierten
Leitmarktwettbewerb EnergieUmweltwirtschaft.NRW              Forschung, der experimentellen Entwicklung sowie durch
                                                             Demonstrations- und Pilotvorhaben zu unterstützen. Da­
Mit dem Leitmarktwettbewerb EnergieUmweltwirtschaft.         mit sollten technologische Innovationen, aber auch inno­
NRW verfolgte das Land Nordrhein-Westfalen das Ziel, NRW     vative Verfahren und Dienstleistungen gefördert werden.
als Standort für Effizienz- und Umwelttechnologien und
einer modernen Energiewirtschaft zu stärken sowie die        Die Wettbewerbe richteten sich an eine breite Zielgruppe
dafür relevanten Forschungs- und Entwicklungspotenziale      (Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen,
auszubauen. Im Fokus der Förderung standen Forschungs-       Beratungseinrichtungen, Technologie- und innovations­­
und Entwicklungsprojekte aus den Themen­bereichen            orientierte Kompetenzzentren, Verbände, Kommunen und
Nachhaltige Energieumwandlung, Energie­transport und         öffentliche Einrichtungen), sprachen aber insbesondere
Energiespeicherung, Rohstoff-, Material- und Energieeffi­    kleine und mittlere Unternehmen an. Durch die Förderung
zienz sowie Umwelttechnologien.                              von Verbundprojekten wurden neue Forschungskoopera­
                                                             tionen initiiert. Der anwendungsorientierte Charakter hat­
Mit einem Fördervolumen von insgesamt rund 80 Millio­        te eine schnelle Umsetzung in die Praxis und die Generie­
nen Euro (EU- und Landesmittel) wurden von 2015 bis          rung von Folgeinvestitionen zum Ziel.
2019 in vier Einreichungsrunden 76 Forschungs- und Ent­
wicklungsprojekte in die Förderung gebracht. Die themati­    Insgesamt wurden sieben Klimaschutzwettbewerbe – Erneu­
sche Bandbreite umfasste u. a. innovative Verfahren wie      erbareEnergien.NRW, EnergieeffizienzUnternehmen.NRW,
für das Recycling von carbonfaserverstärkten Kunststof­      EnergieeffizienzRegion.NRW, VirtuelleKraftwerke.NRW,
fen oder zur Abwassernachbehandlung auf Basis von            HydrogenHyway.NRW, KommunalerKlimaschutz.NRW
                                                             und EnergieSektorenkopplung.NRW – durchgeführt. 2018

                                                                                                                    23
Neue Impulse in den strategischen Handlungsfeldern

wurden die bisherigen Themen der Klimaschutzwettbewerbe       Universitäten und Hochschulen). Mit Maßnahmen zur
in den übergreifenden Dachwettbewerb EnergieSystem­           ­Verbesserung des Wissenstransfers, zur Stärkung von
Wandel.NRW gebündelt und in der Folge zwei Calls durch­        Vernetzungen, zur Förderung von Produkt-, Prozess- und
geführt. Aspekte der Digitalisierung der Energiewende          Dienstleistungsinnovationen, zur Sicherung des Fachkräf­
­sowie der Ausbau der Elektromobilität fanden dabei ver­       teangebotes sowie der Erschließung neuer Märkte trägt
stärkt Beachtung. Auf die in den beiden Calls ausgewähl­       die Förderrichtlinie Umweltwirtschaft dazu bei, die Poten­
ten 27 Projekte entfiel eine Gesamtfördersumme von             ziale des Klima- und Umweltschutzes für Wirtschaft und
knapp 31,5 Millionen Euro.                                     Beschäftigung in Nordrhein-Westfalen nutzbar zu machen.
                                                               Im Rahmen einer Novellierung sollen zukünftig neue Inhal­
                                                               te wie die Förderung grüner Gründungen aufgenommen
Förderaufruf Ressource.NRW                                     und das administrative Verfahren für die Antragsteller
                                                               ­vereinfacht werden. Darüber hinaus ist vorgesehen, mit
Der EFRE-Förderaufruf Ressource.NRW (Innovative und             ­einem „Förderaufruf Umweltwirtschaft“ weitere Förder­
Ressourceneffiziente Investitionen) verfolgte mehrere         schwerpunkte wie Circular Economy oder Klimaanpas­
­Ziele. Die Förderung von Investitionen im Bereich Ressour­   sungswirtschaft zu adressieren.
ceneffizienz und Abfallvermeidung setzte konkrete finan­
zielle Anreize für Unternehmen, um innovative und fort­
schrittliche Verfahren zu implementieren. Gleichzeitig        5.1.2 INNOVATIONEN DURCH VERNETZUNG,
wurde die Marktetablierung ausentwickelter, innovativer       WISSENS- UND TECHNOLOGIETRANSFER
und ressourceneffizienter Prozesstechnologien und Recy­
 clingverfahren durch die Förderung sogenannter Up-Sca­       Gerade klein- und mittelständische Unternehmen bedürfen
 ling-Maßnahmen erleichtert. NRW übernimmt hier eine          der Unterstützung, um Innovationspotenziale aufzuspüren,
 Vorreiterrolle bei der Implementierung innovativer res­      branchenübergreifend Kooperationspartner zu gewinnen,
 sourceneffizienter Technologien in allen Branchen der        ihre Innovationen zu erproben und in die Umsetzung zu
 Wirtschaft.                                                  bringen. Die Vernetzung der Akteure, ein passgenaues
                                                              Matching von potenziellen Partnern und praxisorientierte
In den fünf Calls zu Ressource.NRW in der EFRE-Förder­        Informationsvermittlung sind zentrale Wegbereiter für In­
periode 2014–2020 wurden 22 Projekte aus einer großen         novationsprozesse in Unternehmen.
Bandbreite von Branchen in die Förderung gebracht. So
wurden z. B. innovative Verfahren zum Recycling von mine­     Das Kompetenznetzwerk Umweltwirtschaft.NRW (KNUW)
ralischen Baustoffabfällen, zur Separation von Kunststoff­    bringt im Rahmen von Thementischen und Innovationsfo­
abfällen und zur Steigerung der Materialausbeute in Säge­     ren Unternehmen, Hochschulen, Verbände und Verwaltung
werken sowie eine chromoxid-freie ressourceneffiziente        zusammen, um gemeinsam Lösungen für marktnahe Fra­
Vorbehandlung von Kunststoffsubstraten für die Metalli­       gestellungen zu entwickeln, Kooperationen und Vernetzung
sierung gefördert. Insgesamt wurden Investitionen im Be­      anzuregen und so den Wissens- und Technologietransfer
reich Ressourceneffizienz und Abfallvermeidung in Höhe        voranzutreiben. Das KNUW hat seit seiner Gründung im
von ca. 74 Millionen Euro ausgelöst. Darüber hinaus wer­      Jahr 2017 mehr als 50 Vernetzungsveranstaltungen mit
den durch die von Ressource.NRW geförderten Projekte          rund 1.500 Akteuren der Umweltwirtschaft durchgeführt
pro Jahr rund 370.000 t Material und rund 73.500 t CO2        (Stand Ende 2020). Mit jährlich durchgeführten Technolo­
eingespart.                                                   giescreenings in den Teilmärkten der Umweltwirtschaft
                                                              identifiziert das KNUW relevante Forschungs- und Ent­
                                                              wicklungsvorhaben von Hochschulen und Unternehmen
Förderrichtlinie Umweltwirtschaft                             und spielt diese regelmäßig als Innovationsradare in seine
                                                              Vernetzungsveranstaltungen und Thementische ein. In
Die „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für        Zukunft sollen neue Vernetzungsformate noch stärker am
die Umweltwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen“          Innovationsgeschehen ausgerichtet werden und der Tech­
bezweckt die Förderung von Vorhaben, die zur Entwicklung      nologie- und Innovationstransfer von Hochschulen zu Un­
von Gütern, Dienstleistungen, Technologien sowie Verfah­      ternehmen intensiviert werden. Die Arbeiten werden sich
ren des Klima- und Umweltschutzes beitragen. Die Förde­       konzeptionell an den drei Wendethemen Ressourcenwende,
rung richtet sich an Akteure der Umweltwirtschaft (z. B.      Klimawende und Raumwende orientieren (s. Abbildung 5).
Unternehmen, Vereinigungen und Gesellschaften sowie

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