UNTERNEHMERBRIEF - ROCHUS MUMMERT

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UNTERNEHMERBRIEF - ROCHUS MUMMERT
» 03 | 2018
    UnternehmerBrief

                   Fremdgeschäftsführung im
                     Familienunternehmen
             Welche Strukturen braucht es für erfolgreiches Fremdmanagement?

Vergütung                      Fremdmanager-Interview                      Next Generation
Entlohnung von                 Ralph Siegel, langjähriger CEO beim         Nils Beckmann über den neuen
Fremdgeschäftsführern          Schweizer Chocolatier Läderach, berichtet   Strategieprozess bei Delta Pronatura
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UNTERNEHMERBRIEF - ROCHUS MUMMERT
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                                                                                                                                                                                                                                                                      VON SABINE STRICK

Wort der Herausgeber                                        Inhalt
                                                            Systemwechsel
                                                                                                                                                  Systemwechsel
                                                            Warum die Umstellung auf eine Fremdgeschäftsführung
                                                            so kompliziert ist                                                               3
Liebe Leserinnen und Leser!                                                                                                                       Wenn Familienunternehmen von der Inhaberführung auf eine Fremdgeschäftsführung
                                                            Ausgestaltung eines kontrollierenden Beirats                                     5    umstellen, ändert sich mehr als die Person an der Spitze. Es ist ein kompletter, meist
Wir feiern Jubiläum: 20 Jahre INTES und 20 Jahre
INTES+PwC. Mit Stolz und Dankbarkeit blicken wir            Onboarding
                                                                                                                                                  kolossal unterschätzter Systemwechsel.
auf viele spannende Projekte mit Familienunternehmen        Worauf es bei der Eingliederung von neuen Führungskräften
und Unternehmerfamilien zurück. Einige davon dür-           ankommt                                                                          6
fen wir auf dem Cover dieser Jubiläumsausgabe zeigen.
Eine Ausgabe, die anlässlich des Jubiläums einen kur-
zen Blick zurückwirft, vor allem aber auf die nächsten
                                                            Vergütung
                                                            Was bei der Entlohnung von Fremdgeschäftsführern
                                                                                                                                                                        Bei Oetker hat es 126 Jahre gedauert, bevor im
                                                                                                                                                                         Jahr 2017 erstmals ein Nicht-Familienmit-
                                                                                                                                                                     glied die Geschicke des Familienunternehmens
                                                                                                                                                                                                                         den vielen Erfolgsbeispielen gehen nicht selten zahllose „verschlis-
                                                                                                                                                                                                                         sene“ Fremdmanager voraus. Zwei bis drei Vorstandsvorsitzende
                                                                                                                                                                                                                         innerhalb der beiden ersten Jahre nach Rücktritt des Familien-CEOs
20 Jahre schaut.                                            zu beachten ist                                                                  8                       leiten durfte. Bei Vorwerk waren es 122 Jahre       sind keine Seltenheit. 50 Prozent aller Fremdmanager in Familien-
                                                                                                                                                                     bis zum ersten Fremd-CEO. Kaffeeröster Arthur       unternehmen erwiesen sich als Fehlbesetzung, fand eine Studie
Den Blick zurück liefert einer der ersten INTES-Kunden.     Die Sicht des Fremdmanagers                                                                                Darboven will im hohen Alter von 82 Jahren        des Instituts für Mittelstandsforschung 2012 heraus. Dass der erste
Markus Hankammer, geschäftsführender Gesellschaf-           Der langjährige CEO des Schweizer Chocolatiers Läderach                                                     den 54-jährigen Multiunternehmer Andreas         Fremdmanager, der den Patriarchen an der Spitze ablöst, auf Dauer
ter der Brita-Gruppe, gibt einen seltenen Einblick in den   im Interview                                                                   10                           Jacobs adoptieren, damit doch noch ein „Fa-      bleibt, ist in der Tat eher selten.
nicht ganz einfachen Generationswechsel (ab Seite 8).                                                                                                                   milienmitglied“ die Führung von Darboven

             Folgt
Den Blick nach vorne richtet unsere Titelgeschichte (ab     Das Next-Generation-Interview                                                                          übernehmen kann, nachdem seine leiblichen Kin-
Seite 3) und unsere neue Initiative „Next 20 Years“:        Wie Nils Beckmann beim Fleckenteufel-Hersteller Delta Pronatura                                         der für ihn als Nachfolger nicht infrage kommen.      Ohne einen transparenten Strategieprozess
Gemeinsam mit Vordenkern aus Wirtschaft, Wissen-            die Strategie umbaut                                                           12                       Und so manch anderes Familienunternehmen                                   wird es nicht gehen.
schaft und Gesellschaft erörtern wir, wie sich Urbani-                                                                                                               drängt immer noch – bewusst oder unbewusst
sierung, Robotisierung und andere Megatrends auf Fa-        Schöne neue Welt                                                                                               – den semi-gewillten oder semi-geeigneten
milienunternehmen auswirken werden. Diese Debatte           Mittelstandsfinanzierung im Wandel                                             14                              Sprössling in das Top-Amt. Das Argument:      Diese Erfahrung musste jetzt auch Fressnapf-Gründer Torsten Töl-
haben wir im Frühjahr gestartet. Laufend neue Ergeb-                                                                                                                     Der Faktor „familyness“, also das Denken in     ler machen. Er hatte sich weise vorausplanend schon mit Anfang 50
nisse gibt es auf: www.pwc.de/next20years und natür-        Finanzierung + Digitalisierung                                                 15     Generationen, das Herzblut und die unbestrittenen Vorteile, wenn       im Jahr 2016 aus dem operativen Geschäft zurückgezo-
lich beim Unternehmer-Erfolgsforum am 15. November.                                                                                               Eigentum und Führung in einer Person vereint sind, wiege eine          gen. Nach nur zwei Jahren trennte er sich im Frühjahr
                                                            Namen und Würdigungen                                                          18     eventuell subobtimale fachliche Qualifikation schon auf.               2018 wieder von seinem CEO Alfred Glander und führt
Außerdem finden Sie in diesem Heft mit Daniel Bossard                                                                                                                                                                    aktuell wieder zwei operative Bereiche selbst. Nur vo-
(Bossard Gruppe) und Lena Sinnack (Sinnack Backwa-          Familienunternehmen NEXT 20 YEARS                                              20     Aller Anfang ist schwer                                                rübergehend, wie er betont.
ren) zwei spannende Stories über junge Unternehmer                                                                                                Warum nur tun sich diese Familienunternehmer mit dem Thema
der nächsten Generation.                                    Wissenschaft                                                                   21     „Fremdmanager als CEO“ so schwer? Dabei ist eine aus Familien-         Strategie und Führungskultur sind der
                                                                                                                                                  mitgliedern und Fremdmanagern bestehende gemischte Geschäfts-          Schlüssel
Viel Spaß bei der Lektüre.                                  Lesetipps                                                                      22     führung ab einer bestimmten Unternehmensgröße ohnehin unum-            Doch warum scheitert der Übergang immer wie-
                                                                                                                                                  gänglich und längst gang und gäbe.                                     der? Zahlreiche Studien und Experten für Fami-
                                                            Veranstaltungen                                                                23                                                                            lienunternehmen machen dafür vor allem die
                                                                                                                                                  Eine gemischte Geschäftsführung sei eine Sache, ein familienfrem-      mangelnde Professionalität bei der Auswahl und
                                                                                                                                                  der CEO jedoch eine ganz andere Sache, sagen die Skeptiker einer       die kulturellen Unterschiede zwischen Familien-
                                                                                                                                                  Fremdgeschäftsführung. Aber warum eigentlich? Den für die ak-          unternehmen und Unternehmen anderen Typus
                                                            INTES UnternehmerBrief                                                                tuelle Herausforderung passendsten Top-Manager für die Führung         verantwortlich. Aber das ist zu kurz gesprungen.
                                                            ISSN: 2199-5273 | 16. Jahrgang, September 2018
                                                            Erscheinungsweise: viermal jährlich                                                   des eigenen Familienunternehmens am Markt einzukaufen ist doch         Die typischerweise auftretenden Reibungspunk-
                                                            Preis Jahresabonnement: EUR 90,– zzgl. MwSt. | AZ-Spiegel auf Anfrage                 durchaus ein Erfolgsmodell, wie viele Beispiele zeigen: Der Hei-       te beim ersten Übergang von der Familienfüh-
                                                            Herausgeber: Prof. Dr. Peter May und Dr. Peter Bartels
                                                            Verleger: Dr. Dominik von Au und Gerold Rieder,
                                                                                                                                                  denheimer Mischkonzern Voith wird seit den 1970er-Jahren von           rung zur Fremdgeschäftsführung haben nur
                                                            INTES Akademie für Familienunternehmen                                                Familienfremden geführt. Die Unternehmen Freudenberg, Haniel,          vordergründig etwas mit mangelnder Sorg-
                                                            Redaktion: Axel Gloger, Christina Müller, Sabine Strick (verantw.)                    Bertelsmann, Springer, Aldi, Würth oder Kärcher ähnlich lange und      falt bei der Auswahl, fehlender Chemie oder
                                                            Design: Hanauer Grafik Design, Frankfurt am Main
                                                                                                                                                  keines davon deswegen weniger erfolgreich.                             kulturellen Divergenzen zu tun. Eher sind
Peter May                           Peter Bartels           Abonnements, Anzeigen und Kontakt zur Redaktion                                                                                                              sie dem dann erstmals auftretenden Princi-
                                                            über die INTES Akademie für Familienunternehmen • Kronprinzenstraße 31 •
                                                            53173 Bonn-Bad Godesberg • Tel. 0228/36780-62 • Fax 0228/36780-69 •
                                                                                                                                                  Gründe für die Skepsis sind die Angst vor dem Kontrollverlust aber     pal-Agent-Konflikt und dem fundamentalen
                                                            E-Mail info@intes-akademie.de • www.intes-akademie.de                                 auch das Unbehagen beim Management des Systemwechsels. Denn            Systemwandel geschuldet.
UNTERNEHMERBRIEF - ROCHUS MUMMERT
4   TITELTHEMA FREMDMANAGEMENT IM FAMILIENUNTERNEHMEN                                                                   UnternehmerBrief | INTES   INTES | UnternehmerBrief                                        TITELTHEMA FREMDMANAGEMENT IM FAMILIENUNTERNEHMEN                        5

                                                                                                                                                                                                                                                                  VON KARSTEN SCHWEEN

   Eine entscheidende Rolle spielt die Entwicklung, Anpassung
und Umsetzung der Unternehmensstrategie. Beim Eigentümer-CEO
war Strategie, was der Chef will. Beim Fremd-CEO geht es ohne
                                                                       ße und oftmals risikobehaftete Umgestaltungen vornehmen, denn
                                                                       auch Familienunternehmen sind nicht gefeit vor der Dynamik der
                                                                       sich radikal verändernden Märkte. Damit einhergehende Mitarbei-
                                                                                                                                                   Auf den Beirat kommt es an
eine systematische, klare strategische Planung nicht. Nur so kann      terfluktuationen oder gar vorübergehende geschäftliche Einbrü-
gewährleistet werden, dass alle Gesellschafter die Entwicklung         che auszuhalten, ohne einzugreifen, ist für viele ehemalige Un-             Im fremdgeführten Familienunternehmen hat der Beirat eine Schlüsselrolle.
mittragen und mitfinanzieren, dass es klare Arbeitsaufträge und        ternehmer, die sich eigentlich zurückziehen wollten, ein Ding der
                                                                                                                                                   Wie müssen kontrollierender Beiräte ausgestaltet sein?
Ziele für Beirat, Geschäftsführung und Mitarbeiter gibt, dass die      Unmöglichkeit. Angesichts all dieser Faktoren ist das Misserfolgsri-
                                                                               siko beim Übergang zum Fremdmanagement naturgemäß

Fremdmanager als Interimslösung ermöglichen
                                                                               hoch.
                                                                                                                                                   I st ein Familienunternehmen ohne Famili-
                                                                                                                                                     engesellschafter in der Geschäftsführung
                                                                                                                                                                                                     schafterkreis nicht vorhanden ist, kann
                                                                                                                                                                                                     dies zur teilweise durch die Gewinnung
                                                                                                                                                                                                                                                • L eistungsbeurteilung: Jedes erfolgrei-
                                                                                                                                                                                                                                                   che Team braucht regelmäßige Feed-
Nachfolgern eine echte Wahlfreiheit.                                           Aber viele Familienunternehmen haben gar keine andere               überhaupt noch ein Familienunternehmen?           entsprechend kompetenter externer             backprozesse, um effektiv und effizient
                                                                               Wahl, als auf eine Fremdgeschäftsführung zu setzen, wenn            Die Antwort lautet eindeutig „ja“, solange        Beiratsmitglieder ausgeglichen werden.        zu arbeiten und permanent besser zu
                                                                               sie den dynastischen Gedanken fortsetzen wollen. Unter-             die Inhaberfamilie ihrer aus dem Eigentum         Parallel sollten sich die Familienbeiräte     werden. Beiräte dürfen da keine Aus-
                                                                               nehmer bekommen immer später Kinder. Der hohe Alter-                                                                                                                                   nahme bilden. Eine
Führungsstruktur angemessen weiterentwickelt und dass die rich-        sunterschied und die längeren Ausbildungs- und Selbstfindungs-                                                                                                                                 ehrliche, offene Dis-
tigen Anforderungsprofile und Anreizsysteme für die beteiligten        phasen machen direkte Übergaben vom Vater auf den Sohn oder                 Genau wie bei allen anderen Arbeitsprozessen im Familienunternehmen kussion im Beiratsteam
Führungskräfte etabliert werden. Wenn dem Unternehmen hier die         von der Mutter auf die Tochter seltener. „Wenn meine Kinder alt                                                                                                                                und auch zwischen
                                                                                                                                                   fällt gute Leistung nicht vom Himmel.
Erfahrung fehlt, ist ein solcher Strategiefindungsprozess allerdings   genug sind, ein 12.000-Mitarbeiter-Unternehmen zu führen, gehe                                                                                                                                 Beirat, Gesellschaftern
zeitaufwendig und konfliktträchtig. Denn plötzlich werden unter-       ich am Rollator durch die Firma“, kommentierte Fressnapf-Gründer                                                                                                                               und Geschäftsführung
nehmerische Fragen von großer Tragweite erstmals in größeren           Torsten Toeller unlängst in einem Interview mit dem „wir“-Maga-             abgeleiteten unternehmerischen Gestal-            entsprechend qualifizieren.                   ist einfach zu organisieren und in aller
Gremien mit neuen Beteiligten diskutiert, die der Eigentümer-CEO               zin.                                                                tungspflicht auch wirklich nachkommt. Das      • Arbeitsmodus: Sitzungen, die dem Vor-         Regel deutlich erfolgreicher als kompli-
vorher im Zweifel nur mit sich selbst ausgemacht hat. Er hat sich                                                                                  tun viele Familien über einen kontrollieren-      lesen von Vergangenheitszahlen aus der        zierte externe Assessments oder Scoring
vielleicht beraten lassen, entschieden hat er allerdings allein.                 Das muss nicht schlecht sein. Manchmal entwickelt sich            den Beirat. Aber wie gestaltet man diesen         Gewinn- und Verlustrechnung dienen,           Modelle. Auch wenn dies naheliegend
                                                                                 das, was als Interimslösung anfing, zum echten Top-Füh-           so, dass die Familie nah am Geschehen ist,        sind in aller Regel Zeitverschwendung.        klingt. In der Praxis sind solche Feed-
Von der Interims- zur Dauerlösung                                               rungsduo, wie zum Beispiel die Führungsspitzen bei Kat-            zugleich aber der externen Geschäftsfüh-          Wichtiger ist die inhaltliche Auseinan-       backprozesse, die in der Regel einmal
Zum anderen spielt die richtige Führungsstruktur eine                                 jes (Tobias Bachmüller und Bastian Fassin) oder              rung genug Handlungsspielraum lässt?              dersetzung mit den Gründen von Ab-            pro Jahr durchgeführt werden sollten,
große Rolle. Bei einem Generationswechsel wird in der                                  bei Knauf Gips (Manfred Grundke und Alexander                                                                 weichungen zur Planung und der Auf-           kaum verbreitet.
Regel nicht nur die Top-Position neu besetzt, sondern                                   Knauf) zeigen.                                             Folgende Erfolgsfaktoren lassen sich in           stellung  und  Nachverfolgung   wichtiger  •  Vergütung: Auch wenn Beiräte ihre Rol-
meist auch die Führungsmannschaft ergänzt, wenn                                                                                                    der Praxis beobachten:                            Erfolgsfaktoren   für das Geschäft, sowie      len nicht vorrangig wegen der Vergütung
nicht sogar komplett umgebaut – besonders bei schnell                                    Fremdmanager als Interimslösung haben auch                • Aufgabenspektrum: Neben klassischen            der Blick nach  vorne auf künftige Risiken     anstreben sollten und nicht finanziell
wachsenden Unternehmen. Denn es geht nicht dar-                                          den Charme, dass Unternehmer ihren Kindern da-               Kontroll- und Beratungsaufgaben muss           und Chancen. Zudem sind gute Vorbe-            von ihr abhängig sein dürfen, ist die Ver-
um, den scheidenden Patriarchen zu ersetzen. Die                                         mit ermöglichen, sich frei für oder gegen eine Füh-          das Gremium der Geschäftsführung               reitung der Sitzungen, straffes Zeitma-        gütung in der Praxis ein wichtiger „Hy-
Frage ist vielmehr: Welches Talent, welche Fähigkei-                                     rungsrolle im Unternehmen zu entscheiden. Dies               klare strategische Leitplanken vor-            nagement und Verbindlichkeit in der            gienefaktor“. Der Grundsatz sollte lau-
ten verteilt auf wie viele Köpfe braucht das Unterneh-                                   ist aber nur dann eine echte Freiheit, wenn es den           geben, sich aktiv in den Prozess der           Umsetzung der getroffenen Beschlüsse           ten „gute Leistung gegen angemessene
men, um zukünftig erfolgreich zu sein?                                                   Interimsmanager nicht nur als theoretisches Alter-           Strategieentwicklung einbringen und            wichtig.                                       Bezahlung“. Erstere ergibt sich aus dem
                                                                                         nativkonzept gibt, sondern er gelebte Realität ist.          seine Personalverantwortung für die         • Auswahlprozess: Beiräte müssen ge-             laufenden Feedback, letztere lässt sich
Und diese neue Führungsmannschaft muss dann                                             Nicht selten entdecken Unternehmerkinder dann,                Führungsmannschaft in vollem Umfang            nauso sorgfältig ausgewählt werden             leicht ermitteln, in dem die Zahl der zu
für vieles klare Spielregeln aufstellen, was vorher                                     dass sie im bzw. am Familienunternehmen auch                  wahrnehmen.                                    wie Geschäftsführer. Notwendig sind            erwarteten Arbeitstage für die Beiratstä-
durch die jahrelang vorgelebte Führungskultur                                          anders gestalterisch tätig sein können als in der           • Zusammensetzung: Idealerweise findet           klare Anforderungsprofile, ein struktu-        tigkeit (inklusive Reisezeit und Vor- und
des Inhabers implizit klar war. Es braucht neue                                      CEO-Rolle. Das funktioniert zum Beispiel auch aus                sich ein geeignetes Familienmitglied, das      rierter Suchprozess und professionelle         Nachbereitung von Sitzungen, Telefon-
Reportingstrukturen – vor allem aber neue                                        einer Beiratsposition heraus. Entscheidungen, wie die von            den Vorsitz des Beirates übernimmt. Ge-        Auswahl­gespräche und Entscheidungs-           konferenzen, etc.) mit dem üblichen Ta-
Kommunikations- und Umgangsregeln, die bespro-                                   Gunnar Rauffus bei Rügenwalder Mühle oder Tobias Ro-                 lingt dies nicht, so gilt es einen Externen    prozesse. Ist die richtige Person gefun-       gesverdienst der Beiräte in Ihrem Haupt-
chen, umgesetzt und geübt werden wollen. Das gilt für                            senthal bei Baerlocher (siehe auch Next-Gen-Interviews               zu finden, der die Rolle im Sinne eines        den, so ist sie Im Vergleich zu externen       betätigungsfeld multipliziert wird.
die Kommunikation innerhalb der Führungsmannschaft,                             auf www.intes-akademie.de/newsroom), die beide trotz                  „unternehmerischen Treuhänders“ für            Geschäftsführern oft noch schwieriger      Genau wie bei allen anderen Arbeitspro-
aber auch zwischen Geschäftsführung und Eigentümern                             exzellenter Ausbildung und fachlicher Qualifikation ihre              die Familie ausübt. In jedem Falle sollten     für das Unternehmen zu gewinnen, denn      zessen im Familienunternehmen fällt gute
oder Beirat.                                                                   Rolle im eigenen Familienunternehmen bislang eher im                   mehrere Inhaber dem Gremium angehö-            sie braucht in aller Regel keine weiteren  Leistung nicht vom Himmel, sondern ist das
                                                                               Beirat als in der Geschäftsführung sehen, wären vor zehn               ren und eine entsprechend aktive Rolle         Zusatzaufgaben zu Ihrer Hauptbetäti-       Ergebnis eines langen Lernprozesses mit
Neben dem Systemwechsel bei Strategie und Struktur gehen                       Jahren vielleicht noch misstrauisch beäugt worden. Heute               einnehmen.                                     gung. Umso wichtiger sind eine professi-   entsprechender kontinuierlicher Verbes-
mit der Übergabe an einen Fremdmanager weitere Verän-                          ist das bei den Vertretern der Next Generation durchaus             • Kompetenz: Wenn die erforderliche              onelle Steuerung des Auswahlprozesses      serung. Je früher man damit anfängt und
derungen einher: Die jüngere Managergeneration hat einen                      akzeptiert und anerkannt und auch aus Unternehmenssicht                 Fachkompetenz zur Wahrnehmung                  und ein angemessener Dialog auf Augen-     je konsequenter man daran arbeitet, desto
anderen Arbeitsstil. Zudem muss (!) der neue CEO oft gro-                      mitunter die beste Lösung.                                             einer aktiven Beiratsrolle im Gesell-          höhe.                                      besser wird das Ergebnis.
UNTERNEHMERBRIEF - ROCHUS MUMMERT
6   TITELTHEMA FREMDMANAGEMENT IM FAMILIENUNTERNEHMEN                                                                  UnternehmerBrief | INTES   INTES | UnternehmerBrief                                                                                                                       7

 VON HANS SCHLIPAT UND PETER HORNDASCH

                                                                                                                                                       Checkliste Onboarding
                                                                                                                                                       Vermeiden Sie unklare oder falsche Erwartungen                     Onboarding ist abgeschlossen, wenn der Kandidat seine Rolle
                                                                                                                                                       Seien Sie zu jedem Zeitpunkt offen, klar und berechenbar. Korri-   eigenständig, verantwortlich und im Einklang mit den Unterneh-
                                                                                                                                                       gieren Sie Fehleinschätzungen sofort. Vereinbaren Sie Ziele und    menswerten ausübt.
                                                                                                                                                       Meilensteine und halten Sie nach.                                  Definieren Sie Aufgaben und Projekte mit breiter Kotaktfläche

 Das richtige Onboarding                                                                                                                               Definieren und kommunizieren Sie den Zeitpunkt der „Sta-
                                                                                                                                                       bübergabe“ zweifelsfrei
                                                                                                                                                       Verstehen Sie diesen Termin als verbindlichen Meilenstein, aber
                                                                                                                                                                                                                          Eine zeitlich und inhaltlich begrenzte Projektarbeit ist ideal für
                                                                                                                                                                                                                          das Kennenlernen der Organisation, ohne in der Zielrolle schon
                                                                                                                                                                                                                          vollwertig agieren zu müssen.
                                                                                                                                                       handhaben Sie ihn flexibel, wenn die Situation es erfordert.       Vertrauensvorschuss, Respekt, Wertschätzung und wohlwoll-
                                                                                                                                                       Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation                        endkritischer Dialog
 Die kluge Heranführung von Geschäftsführern in Familienunternehmen                                                                                    Nutzen Sie alle Möglichkeiten der formalen und informellen Kom-    Seien Sie mutig. Sprechen Sie über fachliche wie persönliche
 ist ein vielfach unterschätzter Erfolgsfaktor.                                                                                                        munikation. Geben Sie ehrliches, konstruktives und zeitnahes       Erwartungen, aber auch Beobachtungen. Sprechen Sie offen
                                                                                                                                                       Feedback. Arbeiten Sie aktiv mit in- und externen „Paten“ und      über Feedback aus der Organisation, insbesondere über das der
                                                                                                                                                       „Mentoren“, die Neutralität und Sachverstand einbringen.           „Traditionalisten“.
                                                                                                                                                       Geben Sie dem Kandidaten und der Organisation die Zeit,            Achten Sie auf die private Situation des Kandidaten

 A    us der traditionellen „Einarbeitung“ von neuen Geschäftsfüh-
      rern ist heute ein „Onboarding“ oder „Inplacement“ geworden.
 Inhaltlich geht es nach wie vor darum, die neue Führungspersön-
                                                                        der in partizipativen Umfeldern sozialisierte und dort erfolgreiche
                                                                        Geschäftsführer nicht funktioniert. Wer nach 100 Tagen erste gro-
                                                                        ße Erfolge erwartet, darf keinen auf Nachhaltigkeit ausgerichteten
                                                                                                                                                       die es braucht
                                                                                                                                                       Ehrgeiz, Brechstange und 100-Tage-Mantra sind zweifelhafte
                                                                                                                                                       Instrumente. Sorgen Sie für Sachkenntnis und kulturell akzep-
                                                                                                                                                                                                                          Helfen Sie, neben dem beruflichen auch den privaten Start für
                                                                                                                                                                                                                          Kandidat und Familie erfolgreich zu gestalten. Interessieren Sie
                                                                                                                                                                                                                          sich, bieten Sie Unterstützung an, binden Sie die Familie in ad-
 lichkeit möglichst schnell und reibungsfrei produktiv werden und       Manager rekrutieren.                                                           tiertes Verhalten als Grundlage für wertige Entscheidungen. Das    äquater Weise ein.
 in der Organisation ankommen zu lassen. Dabei kommt es auch auf
 den Lebenszyklus des Unternehmens an. In Wachstums- oder Res-          Wohlwollen, Respekt, Vertrauensvorschuss
 trukturierungsphasen wird ein Einarbeitungsplan anders aussehen        Beim Onboarding geht es darum, dass sich der neue Geschäfts-
 als in der geregelten ertragsstarken Nachfolgebesetzung. Es gibt       führer und das Familienunternehmen aneinander gewöhnen. Dies
 keine für alle passende Blaupause mit Erfolgsgarantie. Ein systema-    setzt bei allen Beteiligten ein klares gemeinsames Verständnis der         die Trennungssituation. Um diese Herausforderung wissend, muss         in mittelständischen Unternehmen deutlich zunehmen. Weil das
 tischer Onboarding-Prozess kann auch für interne Führungskräfte,       Ausgangssituation, der Zielsetzungen sowie der „Gos und No-Gos“            das Onboarding professioneller angegangen werden als derzeit in        Geschäft immer komplexer wird, entsteht immer mehr die Notwen-
 die in eine Geschäftsführungsrolle wechseln, sinnvoll sein. Zwar       ebenso voraus wie Wohlwollen, Vertrauensvorschuss, Respekt und             den meisten Unternehmen der Fall. Aber wie kann das gehen?             digkeit, Führungskräfte aus größeren Unternehmen aufzunehmen.
 kennen diese das Unternehmen schon, aber neue Rollen bedingen          Wertschätzung im Tagesgeschäft und darüber hinaus. Das Familien-                                                                                  Die kulturelle Assimilationsfähigkeit wird damit zum Lackmustest
 neues Denken und neue Verhaltensmuster im bekannten sozialen           unternehmen sollte den Assimilationsprozess nicht nur unterstüt-           In der Praxis finden sich unterschiedliche Philosophien. Sie reichen   für die Überlebensfähigkeit mancher Organisation.
 Biotop. Niemand kann die Leistung eines Menschen in einer für ihn      zen, sondern auch die Andersartigkeit des neuen Geschäftsführers           vom Sprung ins kalte Wasser bis zu einem detailliert geplanten,
 neuen Rolle vorhersagen.                                               als Chance für die eigene Weiterentwicklung nutzen.                        ausgerollten und nachgehaltenen Programm. Jede Organisation
                                                                                                                                                   muss ihren eigenen Weg zum Erfolg finden. Christian Wallstabe,                 Dr. Hans Schlipat und Dr. Peter Horndasch sind beide Managing
                                                                                                                                                                                                                                  Partner bei Rochus Mummert.
                                                                        Natürlich funktioniert das nicht ohne Reibung. Schlimmstenfalls            geschäftsführender Gesellschafter der Wallstabe & Schneider-Grup-
„53 Prozent der Führungskräfte empfinden                               trifft die „Wir haben das schon immer sehr erfolgreich so ge-              pe, hat gute Erfahrungen mit dem Patensystem gemacht, in dem
  Ihre Einarbeitung als mangelhaft.“                                    macht“-Einstellung des Familienunternehmens auf die „In mei-               Manager der gleichen Hierarchieebene ihre neuen Kollegen beglei-
                                                                        nem alten Unternehmen war alles professioneller“-Haltung des               ten. Kai Kruse, geschäftsführender Gesellschafter von Henry Kru-
                                                                        Geschäftsführers, gefolgt von Sprachlosigkeit auf beiden Seiten            se und Vorstandsvorsitzender des igefa-Verbundes, setzt auf eine
 Auf der Zeitachse beginnt der Onboarding-Prozess bereits mit der       und einer stillen Eskalation.                                              gründliche, tiefe sechsmonatige Einarbeitung seiner Geschäftsfüh-

                                                                                                                                                                                                                                   Hier könnte
 detaillierten Besetzungs- bzw. Rekrutierungsplanung. Dazu gehört                                                                                  rer: „Wie kann ein Geschäftsführer ohne solide Sachkenntnis ver-
 im Kandidatenkontakt die offene, ehrliche Schilderung der Unter-       Eine Untersuchung von Rochus Mummert, bei der 350 Führungs-                antwortungsvolle Entscheidungen treffen und in der Organisation

                                                                                                                                                                                                                               Ihre Werbung stehen
 nehmenssituation sowie der Ziele und Erwartungen. Spätestens mit       kräfte, 130 Personalmanager und 85 Auftraggeber (Gesellschafter,           respektiert werden?“, fragt Kruse. Kathrin McKenna, Sprecherin
 der Unterschrift unter den Dienstvertrag beginnt der formale On-       Aufsichtsräte und Geschäftsführungen) über ihre Onboarding-Er-             der Gesellschafter und Geschäftsführerin der Henke-Sass, Wolf
 boarding-Prozess, der erst dann endet, wenn nach Meinung beider        fahrungen befragt wurden, zeigt, dass 53 Prozent der Führungs-             GmbH, legt Wert auf die intensive Einbindung der Gesellschafter
 Parteien die vorgesehene Rolle inhaltlich und persönlich ausgefüllt    kräfte ihre Einarbeitung als mangelhaft empfanden. Sie nannten             und aller Geschäftsführungskollegen in den Einarbeitungsprozess
 wird und die erwarteten Leistungsbeiträge stabil erbracht werden.      unklare/wechselnde Ziele, mangelndes ehrliches und zeitnahes               des „Neuen“. „Gemeinsames Diskutieren (Workshops) und Erleben
 Das kann nach wenigen Monaten sein, in Einzelfällen und in Ab-         Feedback, dominantes Tagesgeschäft, fehlende Offenheit in der              (Kundenbesuche) verbindet“, erklärt McKenna.
 hängigkeit von der Unternehmenssituation auch erst nach einigen        Kommunikation, mangelnde Wertschätzung und eine anders als
 Jahren.                                                                in den Vorgesprächen dargestellte Unternehmenssituation als we-            Markus Benz, Familiengesellschafter und CEO der Walter Knoll
                                                                        sentliche Kritikpunkte. Im Gegensatz dazu waren 64 Prozent der             AG & Co. KG, ergänzt: „Für mich ist die Zusammenarbeit im Füh-
 Die Gründe für das Scheitern bei der Eingliederung neuer Füh-          Auftraggeber mit dem Onboarding-Prozess völlig oder mit vertret-           rungsteam und die Übereinstimmung in Grundwerten von großer
 rungskräfte sind vielfältig, selten jedoch fachlicher Natur. Wesent-   baren Einschränkungen zufrieden.                                           Bedeutung. Die Integration eines neuen Mitglieds stellt hohe An-              Sie sind ein B2B-Unternehmen und wollen andere
 lich für das Gelingen ist die unmissverständliche Formulierung von                                                                                forderungen an die Auswahl, aber auch an den gemeinsamen Ein-                         Familienunternehmen ansprechen?
 Erwartungshaltungen. Wenn die „blühenden Wiesen“ sich nach             Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass nach einer vier- bis            gliederungsprozess, der durchaus ein Jahr dauern kann. Hier sehe             Der UnternehmerBrief erreicht 11.000 Unternehmer
                                                                                                                                                                                                                                   und Geschäftsführer in Familienunternehmen
 dem Eintritt des Geschäftsführers als „braune Steppe“ erweisen,        sechsmonatigen Honeymoon-Phase, in der manches schöngedacht                ich mich auch selbst als Unternehmer und CEO gefordert.“
                                                                                                                                                                                                                                    in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
 dann ist erfolgreiches Onboarding kein leichtes Unterfangen. Oder      und -geredet wird, oftmals Ernüchterung eintritt, mit der die Betei-
 wer beispielsweise eine patriarchalische Top-down-Kultur als ko-       ligten konstruktiv umgehen sollten. Unspezifische kulturelle Diffe-        In welcher Form und Ausprägung auch immer, die Bedeutung ei-                            Rufen Sie uns an: 0228 367 80 62
 operativ oder partizipativ verkauft, darf sich nicht wundern, wenn     renzen führen hier über schwer handhabbare Eskalationsmuster in            nes professionell gestalteten Onboarding-Prozesses wird gerade
8   TITELTHEMA FREMDMANAGEMENT IM FAMILIENUNTERNEHMEN                                                                     UnternehmerBrief | INTES   INTES | UnternehmerBrief                                                                                                                   9

VON AXEL GLOGER

Eine Frage der Vergütung                                                                                                                             nen guten Grund: „Die angestellten Spitzenmanager sollen nicht
                                                                                                                                                     für ihren Bonus entscheiden, sondern für das Unternehmen“, sagt
                                                                                                                                                     Hans Schlipat. Die meisten Eigentümerfamilien wollen keinen
                                                                                                                                                                                                                             eine Priorität, kann diese in den Zielkatalog aufgenommen werden
                                                                                                                                                                                                                             (Beispiel für einen KPI: Anteil des mit digitalen Produkten erzielten
                                                                                                                                                                                                                             Umsatzes am Gesamtgeschäft). In anderen Fällen mag der Schwer-
                                                                                                                                                     Kandidaten, der sich nur deshalb streckt, weil eine Wurst an der        punkt eher auf internationaler Expansion liegen (KPI: neuer Aus-
                                                                                                                                                     Decke hängt.                                                            landsumsatz oder Zahl der bearbeiteten Länder), und auch Themen
Steigt ein Externer ins Familienunternehmen ein, ist das Gehalt wichtig, aber nicht nur.                                                                                                                                     wie die Innovationskraft lassen sich über KPIs abbilden (KPI: Zahl
                                                                                                                                                     Die Wohnsitz-Frage                                                      der anerkannten Produkte, die nicht älter sind als drei Jahre).
Erst wenn das Gesamtpaket stimmt, sind die Weichen für das Gelingen gestellt.
                                                                                                                                                     Ein weiterer Fixpunkt in den Verhandlungen mit Fremdmanagern
                                                                                                                                                     ist die Wohnsitzwahl. Eigentümer schätzen es, wenn der Top-Mann
                                                                                                                                                     oder die Top-Frau an den Sitz des Unternehmens zieht. Das soll         „Die variablen Komponenten sollten
V    erhandlungen über das Gehalt gehen manchmal so: Der Unter-
     nehmer stellt sich hin und beschreibt seine Linie. In der Provinz
bei uns, sagt er, sei ein anständiges Haus mit 2.000 Quadratmetern
                                                                          Weil ihn das in die Rolle des Mitinhabers schlüpfen ließe, wäre
                                                                          damit der Knecht zum Herren erhoben – somit der klassische Prin-
                                                                          cipal-Agent-Konflikt neutralisiert.
                                                                                                                                                     ein Commitment gegenüber dem Unternehmen und seiner Region
                                                                                                                                                     sein, zudem wird Nähe zum Geschehen in der Firma gewünscht.
                                                                                                                                                     Die Mitarbeiter sollen eine Identifikationsfigur auch dann haben,
                                                                                                                                                                                                                              so gewählt sein, dass sie den strategischen
                                                                                                                                                                                                                              Willen der Familie abbilden.“
Garten für nur 240.000 Euro zu bekommen. Und überhaupt, setzt                                                                                        wenn kein Familienmitglied führt. Deshalb, so weiß Rochus-Mum-          Dr. Jörg Ritter, Egon Zehnder
er fort, die Lebenshaltungskosten seien ja so viel niedriger als in der   Aber das ist oft nur schöne Theorie, wie Erfahrungen der Prak-             mert-Mann Schlipat zu berichten, bauen sich in Verhandlungen oft
Stadt. Kandidaten, die über einen Job als familienfremder Spitzen-        tiker zeigen: „In jedem Familienunternehmen, das nur einen ei-             Fronten auf. „Die Bereitschaft zum Umzug sinkt“, fasst er zusam-
manager verhandeln, frustriert diese Haltung. „Wer als Unterneh-          nigermaßen hohen Unternehmenswert auf die Straße bringt,                   men, „besonders wenn Familien schulpflichtige Kinder im Gymna-          Freilich gilt generell die Empfehlung, das variable Paket nicht zu
mer solche Argumente in Gehaltsverhandlungen nutzt, macht den             wäre der Beteiligungserwerb für einen Familienfremden nicht                siumsalter haben und der Ehepartner berufstätig ist.“ Der Externe       unübersichtlich zu machen. Klarheit über Ziele ist für Familienun-
Job schon unattraktiv“, warnt Jörg Ritter.                                zu stemmen“, sagt Hans Schlipat, auf Familienunternehmen                   will dann eine Viertagespräsenz als möblierter Herr mit der Opti-       ternehmen, die einen familienfremden CEO über zehn oder mehr
Der Personalberater kennt die Gestaltungsmöglichkeiten im Ge-             spezialisierter Partner bei der Personalberatung Rochus Mum-               on, vom Homeoffice aus zu arbeiten. Die Inhaberfamilie aber will        Jahre einsetzen wollen, wichtiger als ein Set von KPIs, das den
haltsgefüge sehr genau – und hält nichts davon, eine Spitzenkraft         mert. Hier liefen schnell hohe Millionenbeträge als Kauf-                  sichtbare Präsenz am Ort. Wenn keine der beiden Seiten nachgibt,        Chefcontroller glücklich macht. Je mehr KPIs es gibt, desto größer
nur deshalb unter Marktniveau zu entlohnen, weil das Leben auf            preis auf. Das durch eine Kleinstbeteiligung zu umgehen, da-               platzen Verhandlungen. „Den Familienunternehmen geht so man-            ist zudem das Risiko, dass sie veralten und unwirksam werden.
dem Land so billig ist. „Kandidaten für eine Position als familien-       von hält Schlipat wenig – ein 0,5-Prozent-Anteil am Kapital                cher gute Kandidat verloren“, sagt Schlipat. Besonders wenn die         „Die Veränderungen sind derzeit so stark, dass wenige, verlässli-
fremder CEO haben ein feines Gespür für das, was                                        eines Familienunternehmens mit einer halben Milliar-         Firma ihren Sitz in der Provinz hat, kann das ein Nachteil sein. In     che Kennzahlen besser funktionieren als ein großes Bündel, mit
angemessen ist“, berichtet Ritter, auf Familien-                                             de Euro Umsatz würde seine Wirkung verfehlen.           solchen Fällen ist es für Inhaber ratsam, eine Pendel-Existenz ihres    dem versucht wird, jedes erdenkliche Spezialthema abzubilden“,
unternehmen spezialisierter Partner bei Egon                                                                                                         CEO zu akzeptieren.                                                     sagt Jörg Ritter. Zudem ist es ratsam, dem Familienfremden über
Zehnder. Im Klartext: Preisdrückerei in Ge-                                                   Wer Familienfremde aus der Gesellschaf-                                                                                        eine passende Gestaltung des Gehalts den Blick für einen langen
haltsverhandlungen kann dazu führen, dass                                                     ter-Rolle heraus hält, sichert sich zudem noch         Für die konkrete Gestaltung der variablen Vergütung gibt es be-         Zeithorizont zu öffnen, der dem der Eigentümerfamilie möglichst
der Kandidat das Gespräch abbricht, auch                                                      andere Vorteile: Die Familie bleibt auf der            währte Vorgehensweisen. Dazu gehören vor allem zwei Regeln:             nahekommt. Dazu ergeht von Hans Schlipat der Vorschlag, eine
wenn sonst alles passt. „Gute Leute                                                                  Gesellschafterversammlung unter sich.           Der Erfolgsanteil sollte an einfachen und langfristig wirkenden         Bonus-Bank einzurichten. Diese funktioniert so: Der Langfrist-Bo-
haben immer Alternativen“, sagt                                                                          Beim Ausscheiden des Familien-              Kennzahlen festgemacht werden. „Zudem sollten die Eigentümer            nus, der 60 Prozent vom gesamten variablen Anteil umfassen kann,
Ritter.                                                                                                   fremden gibt es keine Streitereien         die variablen Komponenten so wählen, dass sie den strategischen         wird auf ein Treuhandkonto eingezahlt. Die dort angesammelten
                                                                                                           über die abzugeltende Wertstei-           Willen der Familie abbilden“, empfiehlt Jörg Ritter.                    Guthaben bleiben für eine Mindestzeit von zum Beispiel vier Jah-
Managementbeteiligung?                                                                                     gerung der Anteile, die von der                                                                                   ren liegen, bevor der Fremdmanager darüber verfügen kann. Wäh-
Das ist nur ein Indiz dafür, dass die                                                                      Familie zurückgekauft werden.                                                                                     renddessen werden sie mit dem EBIT verzinst. „Das ist langfristig
Gestaltung der Gehälter von fami-                                                                                                                    „Die Manager sollen nicht für ihren Bonus                              attraktiv. Wenn der CEO 10 bis 15 Jahre dabeibleibt, kann er am
                                                                                                         Fixum und variabler Anteil
lienfremden Spitzenmanagern gut                                                                                                                        entscheiden sondern für das Unternehmen.“                             Ende seiner Wirkungszeit über einen anständigen siebenstelligen
durchdacht werden will. „In Zeiten                                                                      Wichtig für die Gestaltung des Ge-                                                                                   Betrag verfügen.“
des Wettlaufs um die Besten sollten                                                                     halts von Fremdmanagern im Fa-               Dr. Hans Schlipat, Rochus Mummert
nicht nur die berechtigten Interessen                                                                  milienunternehmen ist das richtige                                                                                    Generell raten die Personalberater den Familienunternehmen
der Eigentümerfamilie berücksichtigt                                                                  Verhältnis von Fixgehalt und variabler         Welche Kennzahlen sollten also einbezogen werden? „Bewährt              dazu, bei der Gestaltung der Pakete für familienfremde Spitzen-
werden“, sagt Fabian Kienbaum, Chef                                                                  Vergütung. Dabei sind aufgeregte Ver-           haben sich KPIs wie EBIT, Return on Capital Employed, Umsatz            leute in ihrer Liga zu bleiben – also mittelständisch, bodenständig
der Unternehmensberatung Kienbaum                                                                  gütungskonzepte wie bei den Start-ups             mit Produkten, die nicht älter sind als zwei Jahre, und DB4 und         und angemessen. „Lieber eine E-Klasse oder einen 5er BMW als
Consultants, „auch die Ansprüche der Kan-                                                       in Berlin-Mitte out. Hohe variable Anteile           DB5“, erklärt Alexander von Preen, Partner und Kollege von Fabian       Geschäftswagen – und nicht die S-Klasse oder den A8“, beschreibt
didaten zählen.“                                                                                passen nicht zum Familienunternehmen.                Kienbaum und seit vielen Jahren Experte für Vergütungsfragen.           Jörg Ritter seine Empfehlung. Zwar zahlen in Größe und Ausrich-
                                                                                                      „Früher galt die Faustregel fifty-fifty        Eine ganz ähnliche Sichtweise kommt von Egon Zehnder: Jörg Rit-         tung vergleichbare börsennotierte Mittelständler im Schnitt höhere
Das ist zum Beispiel beim Thema                                                                          für das Verhältnis zwischen Fixum           ter nennt Umsatzentwicklung, EBIT und Marktanteil als mögliche          Gehälter als Familienunternehmen. Aber das Rennen müssen Fa-
einer Beteiligung so. In der ide-                                                                         und Erfolgsanteil. Heute wird der          Kennziffern für die Basis des variablen Anteils.                        milienunternehmen nicht mitmachen. Sie können auf dem Arbeit-
alen Welt wäre es ein schöner                                                                             fest gezahlte Anteil eher bei 60 bis                                                                               gebermarkt mit anderen Pfunden wuchern – Gestaltungsfreiheit
Gedanke, dem Familienfremden                                                                              70 Prozent angesiedelt“, berichtet         Überdies können Eigentümer weitere KPIs hinzunehmen, die spe-           und eine echte Unternehmer-Rolle. Diese Vorteile sind nicht in Geld
zum Mitgesellschafter zu machen.                                                                         Zehnder-Partner Ritter. Das hat ei-         zielle Ziele des Unternehmens bedienen. Ist etwa Digitalisierung        aufzuwiegen.
10 TITELTHEMA FREMDMANAGEMENT IM FAMILIENUNTERNEHMEN                                                                  UnternehmerBrief | INTES   INTES | UnternehmerBrief                                                                                                                      11

VON AXEL GLOGER

                                                                                                                                                 und das war gut so. Familienunternehmen                                                               ne Legitimation als Chef hatte ich nach
                                                                                                                                                 ist mehr als nur die Firma. Der Top-Ma-                                                               einem Jahr. Dann haben die Mitarbeiter
                                                                                                                                                 nager, der von außerhalb kommt, hat im-                                                               gemerkt: Der bleibt, da ist einer, dem wir
                                                                                                                                                 mer auch die Aufgabe, sich auf das Tempo                                                              vertrauen können, der es ernst nimmt
                                                                                                                                                 einzustellen, das die Familie bereit ist zu                                                           mit dem weiteren Ausbau des Geschäfts.
                                                                                                                                                 gehen.                                                                                                Beide Seiten, Inhaber wie externer CEO,
                                                                                                                                                    Dazu noch das: Der Externe hat immer                                                               sollten diese langsame Integration und

„Im Familienunternehmen hat                                                                                                                     eine wichtige Brückenrolle – er schützt das
                                                                                                                                                 Unternehmen bei Bedarf vor der Familie
                                                                                                                                                 und umgekehrt. Erst das erlaubt Fokus.
                                                                                                                                                                                                                                                       die Eigenheiten der Personen aushalten.
                                                                                                                                                                                                                                                       Dazu gehören auch gelegentliche Schmer-
                                                                                                                                                                                                                                                       zen des Wandels. Nicht jeder, der in der

  Eigentum ein Gesicht!“                                                                                                                         Unternehmen und Marke sind nicht das
                                                                                                                                                 Gleiche und doch hängt alles zusammen.
                                                                                                                                                 Das ist manchmal aus dem Blickwinkel der
                                                                                                                                                                                                                                                       Linie mit dem alten Chef gearbeitet hat,
                                                                                                                                                                                                                                                       ist mit dem neuen Chef kompatibel. Dieses
                                                                                                                                                                                                                                                       Thema solle man zulassen und respektvoll
                                                                                                                                                 Familie schwer zu verstehen, da hat es ein                                                            damit umgehen – im Übrigen ist so etwas
                                                                                                                                                 Externer einfacher.                                                                                   ganz normal, das ist kein Spezifikum des
Was macht eigentlich ein Familienunternehmen für einen externen CEO attraktiv? Für Ralph P. Siegl,                                                                                                                                                     Familienunternehmens.
langjähriger CEO des Schweizer Chocolatiers Läderach, sind es viele Aspekte.                                                                     Nun wurden Sie ja auch geholt, weil
                                                                                                                                                 Sie reichlich Erfahrung im Konsumgü-                                                                  Also ist Toleranz eine wichtige Zutat
                                                                                                                                                 ter-Marketing erworben hatten. Dafür                                                                  für den Erfolg des Familienfremden an

 A   nfang des Jahres die drei süddeutschen Automobilzulieferer
     Hirschvogel, Hoerbiger und Max Aicher gemeinsam unter dem
Namen FastTrack gegründet. Sie laden ausgewählte Start-ups für
                                                                     heuer spannend und divers. In meinem Vorleben war ich in der Rolle
                                                                     des „Korporals“. Am neuen Ort wurde ich unternehmerischer Ma-
                                                                     nager. Es gab keine präformatierten Prozesse, keine vorgegebenen
                                                                                                                                                 stand Ihre Karriere bei Nestlé.
                                                                                                                                                 Ja, mein Auftrag lautete: das Konsumen-
                                                                                                                                                 tengeschäft stärken, die Marke „Läderach
                                                                                                                                                                                                                                                       der Spitze?
                                                                                                                                                                                                                                                       Auf jeden Fall. Das heißt auch, mit der
                                                                                                                                                                                                                                                       Polarität der Rolle umgehen zu können.
ein dreimonatiges Accelerator-Programm ins eigene Unternehmen        Best Practices, keine Horden von Controllern, die einem jeden Tag           Chocolatier Suisse“ kreieren und mit Le-                                                              Auf der einen Seite bin ich als CEO verant-
ein. Die Start-ups erhalten Zugang zu Technologie- und Produkti-     sagen, wie das Leben zu sein hat. Ich habe das als sehr freiheitlich        ben füllen, für eine klare Positionierung      Seine erste Karriere absolvierte Ralph P. Siegl beim   wortlich für das Geschäft. Auf der anderen
onswissen, internationalen Märkten und Kunden. Die Familienun-       empfunden, schließlich war das auch genau das, was ich wollte:              im oberen Marktsegment sorgen. Das alles       Nahrungsmittel-Multi Nestlé, wo er von 1996 bis        Seite bin ich nicht der Eigentümer. Ich bin
ternehmen lernen die Start-ups und vor allem deren Innovationen      nicht mehr Stunden und Tage mit Innenpolitik des Konzerns ver-              haben wir in meiner Wirkungszeit gemein-       2006 in leitenden Funktionen weltweit im Export-       also, um ein Bild aus der bäuerlichen Welt
                                                                                                                                                                                                geschäft tätig war. Im Anschluss daran führte er
kennen bzw. integrieren deren neuartige digitale Produkte und        bringen, sondern „mehr Pulverdampf riechen“ – eben die typische             sam gut hinbekommen. Wir konnten das           bis März 2018 als erster externer CEO das Famili-
                                                                                                                                                                                                                                                       zu verwenden, Chef und Knecht gleichzei-
Services in ihre eigene Wertschöpfungskette.                         Welt des Eigentümer-Unternehmens mitleben und -gestalten.                   Geschäft kräftig ausweiten, sicher auch        enunternehmen Läderach. Schon während dieser           tig. Als familienfremder CEO bist du im-
                                                                                                                                                 deshalb, weil ich reiche fachliche Erfah-      Zeit übernahm er Mandate als Verwaltungsrat.           mer dem Eigentümer verpflichtet – und
Bei Läderach fehlte ein Nachfolger aus der Familie. Senior Jürg      Läderach war zuvor während zweier Generationen von einem                    rung auf diesem Gebiet einbringen konn-        Heute ist er als Trusted Advisor tätig.                musst dir gleichzeitig selbst treu bleiben.
Läderach wollte aus der Rolle des operativen Geschäftsführers he-    Mitglied der Familie Läderach geführt worden. Wie kam es zur                te, die ich während meiner Zeit bei Nestlé
raus und in den Vorsitz des Verwaltungsrats wechseln. Das gelang     Umstellung des Führungsformats?                                             erworben hatte.                                                            Aber im Konzern haben Sie sich ja auch dem Eigentümer
dem Unternehmer des 1962 gegründeten Familienunternehmens,           Der Unternehmer hat sechs Kinder. Der älteste Sohn, Johannes                                                                                           verpflichtet …
indem er einen Familienfremden für das Amt an der Firmenspitze       Läderach, war damals 19 Jahre alt, also definitiv noch zu jung für          Neue CEOs in Konzernen starten ja gern mit einem Big Bang.                 … klar, aber ein Multi gehört meist der Börse, das ist eine Vielzahl
gewann: Ralph P. Siegl. Dieser hatte einen erfolgreichen Weg bei     den Schritt an die Firmenspitze. Deshalb sah sich der Familienun-           Wie sind Sie das angegangen?                                               von Aktionären. Im Familienunternehmen hingegen hat Eigentum
einem Food-Multi hinter sich – und stieg vor zwölf Jahren bei der    ternehmer auf dem externen Markt nach einem CEO um, den er in               Das Problem mit neuen CEOs ist, dass sie oft alles neu erfinden            ein Gesicht. Ich stehe einer konkreten Person, einer konkreten Fa-
handwerksgeprägten Praliné- und Schokoladenmarke Läderach            das Amt so lange einsetzen konnte, bis sich ein Mitglied der dritten        wollen. Im Falle einer Sanierung mag das angezeigt sein, aber be-          milie gegenüber. Die ist in 30 Jahren immer noch da. Das speist das
ein. Im Gespräch mit dem „UnternehmerBrief“ berichtet Siegl, wie     Generation für die Verantwortung empfiehlt.                                 stimmt nicht in einem gut laufenden Familienunternehmen. Dieses            Denken in Generationen – der erfolgreichen Familie ist nicht nur
                                                                                                                                                 hat seine bewährte DNA, hier ist alles schon da, das sollte, nein: das     wichtig, dass es über das Jahr gut läuft, sondern dass das Geschäft
                                                                     Blicken wir kurz auf Ihren Einstieg: Wie haben Sie es als Kon-              muss man respektieren. Wer sich beim Schritt an die Spitze eines           über Dekaden beständig ist. Jeder Firmenchef, ganz gleich ob er aus
„Im Familienunternehmen ist der CEO Chef                          zernmann geschafft, sich auf die Gegebenheiten des Familien-                Familienunternehmens als Feldherr oder Besserwisser aufstellt,             der Familie kommt oder von extern, sollte das zum Leitmotiv seines
    und Knecht zugleich.“                                            unternehmens einzustellen?                                                  wird scheitern.                                                            Tuns zu machen. Die Aufgabe lautet: treuhänderische Verwaltung
                                                                     Im Rückblick würde ich sagen: Das wichtigste ist Demut – und                                                                                           und Entwicklung des Familienunternehmens im Auftrag der nächs-
                                                                     zwar auf beiden Seiten. Als Neuankömmling sollte man mit sehr               Also ist ein sanfter Übergang der Weg der Wahl?                            ten Generation, die den Laden dereinst erben wird!
                                                                     viel Respekt vor den Vorgängern reingehen. Das bedeutet vor allem           Auf jeden Fall. Sanft, aber bestimmt. Das dauert, und beide Seiten
er das Geschäft des Schweizer Traditionshauses weiterentwickelte,    am Anfang: sehr viel zuhören. Mehr Fragen stellen, als schnelle             sollten sich die Zeit geben. Mancher Nachfolger aus der Familie            Im Frühjahr 2018 haben Sie ein bestelltes Haus an ihren Nach-
was er beim Umgang mit der Inhaberfamilie lernte – und welche        Antworten geben. Es geht darum, den Sinn und das Warum aufsei-              ist in und mit der Firma aufgewachsen. Ich hingegen musste mir             folger Johannes Läderach übergeben. Neben dem „Mission
Fallstricke ein CEO, der von außen kommt, auf jeden Fall beachten    ten der Eigentümer herauszufinden. Man braucht Antworten auf                die Welt von Läderach erst einmal erschließen und erspüren. Mei-           complete“-Vermerk – wie lautet die persönliche Bilanz Ihres
sollte. Im Frühjahr 2018 beendete Siegl planmäßig seinen Einsatz,    zwei Schlüsselfragen: „Was sind die Werte der Familie?“ und: „Was                                                                                      Wirkens an der Spitze der Läderach AG?
ein Mitglied der Familie Läderach aus der dritten Generation führt   treibt die Familie an?“ Das spielt sich alles jenseits von Umsatz- und                                                                                 Für mich war das ein Downsizing im Beruf, aber persönlich und be-
seither die Geschäfte.                                               Renditezielen ab. Natürlich müssen auch im Familienunternehmen                  Über die Läderach AG                                                   ruflich ein Upsizing. Im Familienunternehmen fand ich überschau-
                                                                     am Ende die Zahlen stimmen. Aber man muss als Fremdmanager                                                                                             bare Strukturen und ein humanes Format vor, das auf den Menschen
Herr Siegl, Sie kamen aus einem Großkonzern und stiegen              primär herausfinden, was die nichtökonomischen Ziele der Familie                Die Confiseur Läderach AG wurde im Jahr 1962 in Ennenda                statt auf die Funktion achtet – und eine echte Unternehmerrolle,
dann um. Ihr neues Wirkungsfeld wurde ein Familienunter-             sind.                                                                           (Kanton Glarus, Ostschweiz) von Rudolf Läderach gegründet.             die mich wunderbar ausgefüllt hat. Plötzlich sprichst du persönlich
nehmen, der Umsatz ein Promille so groß wie der des Multis.                                                                                          Der Schokoladen- und Praliné-Spezialist mit 800 Mitarbeitern           mit Kunden, die seit Jahrzehnten mit den Produkten vertraut sind,
Worüber haben Sie beim Umstieg gestaunt?                             Wie haben Sie das praktisch umgesetzt?                                          und geschätzten 100 Mio. Euro Umsatz wird heute in dritter             mit Mitarbeitern, für die Treue, Expertise und Freude am Gelingen
RALPH P. SIEGL: Über die Vielfalt in diesem Kosmos des Chocola-      Wichtig waren die Gespräche in unterschiedlichen Settings. Das                  Generation von Johannes Läderach geführt.                              mehr zählen als schnelle Karriere und Job-Rotation. Ich blicke auf
tiers Läderach. Das empfand ich gleich beim ersten Blick als unge-   ging teilweise am Küchentisch bei der Inhaberfamilie zu Hause,                                                                                         zwölf gute und reiche Jahre zurück!
12 NEXT GENERATION                                                                                                                         UnternehmerBrief | INTES   INTES | UnternehmerBrief                                                                                                                      13

NILS BECKMANN IM GESPRÄCH MIT DOMINIK VON AU

                                                                                                                                                                      rung –, haben wir uns dann für Letzteres
                                                                                                                                                                      entschieden. Dazu haben wir uns auf eine
                                                                                                                                                                      dreijährige Übergabephase verständigt und
                                                                                                                                                                      das auch schriftlich festgehalten. Ende des
                                                                                                                                                                      Jahres geht die Komplementärstellung mei-
                                                                                                                                                                      nes Vaters dann auf mich über.

Strategie XXL                                                                                                                                                         Wie teil ihr euch die Aufgaben auf?
                                                                                                                                                                      Wir haben eine genaue Ressortaufteilung.
                                                                                                                                                                      Marketing und Vertrieb liegen zum Beispiel
                                                                                                                                                                      bei mir, Finanzen, Produktion und Logistik
                                                                                                                                                                      weiterhin bei Gerhard Krauss. In der Ver-
Nils Beckmann, vierte Generation beim Fleckenteufel-Macher Delta Pronatura                                                                                            gangenheit war die Ressortzuteilung weni-
Dr. Krauss & Dr. Beckmann KG, hat gemeinsam mit den Familiengeschäftsführern der                                                                                      ger klar, aber bei dem starken Wachstum
                                                                                                                                                                      wird es in Zukunft kaum möglich sein, sich
dritten Generation einen umfassenden Strategieprozess angestoßen.
                                                                                                                                                                      auf Detailebene weiterhin so eng abzustim-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Foto: Delta Pronatura
                                                                                                                                                                      men, wie das Gerhard Krauss und mein Va-
                                                                                                                                                                      ter getan haben.
Wann und wie reifte bei dir der Entschluss, als                                                              naler Vertrieb zusammengearbeitet. Dr. Wolff war
Mitglied der vierten Generation ins Familien-                                                                uns damals in manchen Themen wie Professiona-            Das Unternehmen hat seinen Umsatz in
unternehmen einzusteigen?                                                                                    lisierung des Markenauftritts oder Digitalisierung       den vergangenen sieben Jahren verdop-         Der Fleckenteufel ist auch im Ausland stark nachgefragt.
NILS BECKMANN: Mir war immer bewusst, dass                                                                   einen Schritt voraus. Dadurch habe ich viele Ideen       pelt. In den nächsten sieben Jahren soll
mein Vater sich schon sehr wünschte, ich wür-                                                                bekommen, was man bei Delta Pronatura umset-             sich der Umsatz noch einmal verdoppeln? Wie macht ihr das?              Ein so umfangreiches Strategiekonzept klingt nach viel
de in das Unternehmen einsteigen, obwohl er                                                                  zen könnte. Gleichzeitig habe ich durch die di-          Vieles geht auf unser neues Strategiemodell zurück. Wir haben vor       Unruhe im Unternehmen. Wie finden dein Vater und Gerhard
mir natürlich immer gesagt hat: „Nils, du kannst                                                             rekte Arbeit mit den Gesellschaftern gesehen, wie        einigen Jahren ein sehr umfassendes Strategieprojekt gestartet. Wir     Krauss das?
machen, was du willst.“ Ich habe dann eine Aus-                                                              schnell man aus dieser Position Projekte auf- und        haben uns ganz konkret gefragt, was wir jetzt richtig machen müs-     Sie waren von Anfang an begeistert. Sonst hätte das auch nicht funk-
bildung als Industriekaufmann gemacht und                                                                    umsetzen kann. Das hat mich angespornt, schnell          sen, damit wir auch morgen noch erfolgreich sind, und viele The-      tioniert. Aber natürlich besteht die große Herausforderung darin,
BWL studiert. Ein Schlüsselmoment bei der Ent-                                                               zurück nach Egelsbach zu gehen.                          menfelder identifiziert. In diesen Strategieprozess war am Anfang     die Mitarbeiter mitzunehmen. Aber das gelingt uns ganz gut. Wir
                                                                                     Foto: Delta Pronatura

scheidungsfindung war der Masterstudiengang                                                                                                                           nur die Geschäftsführung involviert, später immer mehr Mitarbeiter    haben auch einige Leuchtturmprojekte, die zeigen, wie positiv die
„Family Entrepreneurship“ der Zeppelin Univer-                                           Gab es weitere Familienmitglieder, die für eine                              auf den unterschiedlichsten Ebenen. Wir haben mittlerweile 30 Pro-    Veränderungen wirken.
sität, den ich gemeinsam mit zwölf anderen jun-                                          Nachfolge infrage gekommen wären?                                            jekte definiert, die wiederum Unterprojekte haben.
gen Familienunternehmern gemacht habe. Der                                               Das Unternehmen gehört jeweils zu 50 Prozent                                                                                                       Abgesehen vom E-Commerce, auf welchen Ebenen treibt ihr
Austausch in der Gruppe, in der einige aus erster  Nils Beckmann, vierte Generation      den Familien Beckmann und Krauss. Da meine                                                                                                         die Digitalisierung des Unternehmens noch voran?
                                                   bei Delta Pronatura.
Hand von ihren Erfahrungen im Familienunter-                                             Schwester einen ganz anderen Berufsweg ge-                                   „Ich habe gesehen, wie schnell man                                   Wir digitalisieren verschiedene Geschäftsprozesse. Unsere Etiket-
nehmen berichten konnten, hat die Chancen, die man im eigenen         wählt hat, war die Nachfolge von unserer Seite aus klar. Wer auf-                                                                                                     tenherstellung haben wir zum Beispiel komplett über ein Tool digi-
Unternehmen hat, noch einmal aufgezeigt. Parallel habe ich im         seiten der Familie Krauss die Nachfolge von Gerhard Krauss antreten                               im eigenen Familienunternehmen Projekte                             talisiert. Auch unser Dokumentenmanagement erfolgt jetzt papier-
Praxisteil des Studiengangs im internationalen Vertrieb bei Delta     wird, steht noch nicht fest. Beide Familien haben aber festgelegt,                                auf- und umsetzen kann.“                                            los. Außerdem sind wir endlich ans Glasfasernetz angeschlossen
Pronatura gearbeitet. Danach war für mich sehr klar, dass ich das     dass auf jeder Seite nur eine Person die Gesellschafteranteile über-                                                                                                  und setzen erste Projekte in der Cloud um.
machen will.                                                          nehmen wird.
                                                                                                                                                                                                                                            An welchen anderen Unternehmen orientierst du dich, wenn
Du bist dann aber nicht sofort eingestiegen?                          Wie sah der Plan für deinen Einstieg aus?                                                       Was ist der Kern dieser neuen Strategie?                              du über Zukunftsthemen bei Delta Pronatura nachdenkst?
Ich wollte unbedingt noch externe Erfahrung sammeln und war           Wir haben im Sparring mit der Unternehmensberatung Weissman                                     Das auf wenige Aussagen zu reduzieren ist schwierig. Ein Element      Silicon-Valley-Firmen oder eher andere Mittelständler?
dann zwei Jahre bei dem Bielefelder Familienunternehmen Dr.           & Cie. einen Fahrplan ausgearbeitet. Nachdem wir verschiedene                                   ist eine klarere Markenstrategie, ein weiteres das Thema Innovati-    Beides. Das Silicon Valley ist schon sehr inspirierend. Von der
Wolff, das unter anderem Alpecin und Plantur herstellt. Dort habe     Optionen geprüft haben – von der Führung eines Bereichs oder einer                              on. Es geht darum, dass wir Innovationen viel schneller entwickeln    INTES-/PwC-Reise bin ich recht geflasht zurückgekommen. Aber
ich sehr unmittelbar mit einem der Inhaber im Bereich Internatio-     Auslandstochter bis hin zum direkten Einstieg in die Geschäftsfüh-                              und umsetzen müssen und dazu vor allem auch Mitarbeiter aus           was von den vielen Ideen aus dem Silicon Valley dann im eigenen
                                                                                                                                                                      unseren internationalen Niederlassungen stärker einbinden müs-        Unternehmen umsetzbar ist, steht auf einem anderen Blatt.
                                                                                                                                                                      sen. Dass alles Gute in Deutschland erfunden wird, gilt schon lange
                                                                                                                                                                      nicht mehr. Und ein weiterer wesentlicher Bestandteil ist die Aus-    Eure Produkte kennt fast jeder. Als Familienunternehmen
   Über die Delta Pronatura Dr. Krauss & Dr. Beckmann KG                                                                                                              weitung unserer Absatzkanäle. Wir planen die Erschließung neuer       kennt man euch eher selten ...
   Das 1934 gegründete Unternehmen hat sich auf die Bereiche Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittel sowie Health- & Beauty-Care spe-                                    Regionen über internationales Wachstum, aber auch ein Wachstum        Bisher haben wir in unserer Unternehmenskommunikation nur auf
   zialisiert. Zu den bekanntesten Marken gehören in Deutschland „Dr. Beckmann“ mit dem bekannten Reiniger „Fleckenteufel“ oder „Origi-                               in bestehenden Märkten über neue Absatzkanäle.                        die Produktmarken gesetzt, aber für das Employer-Branding ist es
   nal Bullrich Salz.“ Mit 350 Mitarbeitern erzielt die Gruppe mit Sitz im hessischen Egelsbach weltweit einen Umsatz von rund 165 Mio.                                                                                                     durchaus sinnvoll, auch mehr über Delta Pronatura als Unterneh-
   Euro, davon 60 Prozent im Ausland. Gerade wurde die vegane Wasch- und Reinigungsserie „Dr. Theo Krauss“ auf den Markt gebracht.                                    Über E-Commerce?                                                      men zu sprechen.
   Sie ist benannt nach dem Sohn des Firmengründers, einem Apotheker und ausgesprochenem Naturliebhaber.                                                              Auch, aber nicht nur. Unsere Distributionskanäle verändern sich
   Das Unternehmen gehört zu jeweils 50 Prozent den Familien Beckmann und Krauss. Nils Beckmann (34 Jahre, vierte Generation) leitet                                  gerade sehr stark. E-Commerce ist da nur ein Thema, aber ein wich-
   das Unternehmen aktuell in einer Übergangsphase gemeinsam mit seinem Vater Heiner Beckmann und dessen Cousin Gerhard Krauss.                                       tiges. In China machen wir bereits ein Drittel des Umsatzes mit               Dr. Dominik von Au ist Geschäftsführer der INTES Akademie für
                                                                                                                                                                                                                                                    Familienunternehmen und Partner bei PwC.
   Ende 2018 wird Heiner Beckmann aus der Geschäftsführung ausscheiden.                                                                                               E-Shops. In anderen Ländern, wie zum Beispiel in Deutschland,
                                                                                                                                                                      bleibt es schwierig, Drogerieartikel online zu verkaufen.
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