STUDIENAUFTRAG "STIIG-UM" - SYNTHESEBERICHT
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BEURTEILUNGSGREMIUM STIIG-UM (Hrsg.) STUDIENAUFTRAG "STIIG-UM" SYNTHESEBERICHT Fachliche Basis für Umsetzungskonzept § 13 Umweltschutzgesetz Basel, 23. April 2013 STIIG-UM_SYNTHESE_STUDIENAUFTRAG_FINAL.DOCX INFRAS MÜHLEMATTSTRASSE 45 CH-3007 BERN t +41 31 370 19 19 f +41 31 370 19 10 BERN@INFRAS.CH BINZSTRASSE 23 CH-8045 ZÜRICH WWW.INFRAS.CH
2| INHALT Zusammenfassung ___________________________________________________ 4 1. Einleitung ____________________________________________________ 7 1.1. Ausgangslage und Ziele ___________________________________________ 7 1.2. Projektorganisation und Stellenwert Synthesebericht _____________________ 8 1.3. Studienauftrag___________________________________________________ 9 2. Zielbeiträge geplante Massnahmen ______________________________ 12 2.1. Team Basler&Hofmann / IRAP _____________________________________ 12 2.2. Team ewp / Scholl+Signer ________________________________________ 15 2.3. Team Metron___________________________________________________ 18 2.4. Synopsis ______________________________________________________ 22 3. Kohärenz der Basler Verkehrspolitik _____________________________ 24 4. Zielbeiträge ergänzende Massnahmen____________________________ 26 4.1. Team Basler&Hofmann / IRAP _____________________________________ 26 4.2. Team ewp / Scholl+Signer ________________________________________ 27 4.3. Team Metron___________________________________________________ 29 4.4. Synopsis ______________________________________________________ 32 4.4.1. Wirkungsabschätzung ____________________________________________ 32 4.4.2. Massnahmenpriorisierung _________________________________________ 36 5. Optimiertes Massnahmenpaket _________________________________ 40 5.1. Strategische Grundsätze__________________________________________ 40 5.2. Massnahmenpakete _____________________________________________ 41 6. Würdigung und Ausblick _______________________________________ 49 6.1. Würdigung geplanter Massnahmen _________________________________ 49 6.2. Würdigung ergänzende Massnahmen _______________________________ 50 6.3. Zielerreichung und Fazit __________________________________________ 52 6.4. Ausblick Umsetzungskonzept ______________________________________ 54 Annex ___________________________________________________________ 55 Anhang 1: Massnahmenkatalog Referenzentwicklung _________________________ 56 Anhang 2: Team Basler&Hofmann ________________________________________ 59 Anhang 3: Team ewp __________________________________________________ 61 Anhang 4: Team Metron ________________________________________________ 63 Glossar ___________________________________________________________ 65 Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Inhalt
STUDIENAUFTRAG "STIIG-UM" SYNTHESEBERICHT im Auftrag: Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt Synthesebericht, Basel, 23. April 2013 Beurteilungsgremium (Hrsg.) Auer Barbara Amt für Mobilität Egeler Christian Rapp Trans Fellmann Andy Tiefbauamt Stadt Zürich Fischer Susanne Planungsamt Hammer Antje Amt für Mobilität Jermann Jörg Tiefbauamt Basel-Landschaft Kettner Simon Amt für Mobilität (Projektleitung) Vallée Dirk Prof. Dr. Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr, RWTH Aachen Begleitung und Synthese (INFRAS) Roman Frick Benjamin Belart Teams Studienauftrag Basler & Hofmann / IRAP HSR Hochschule Rapperswil (Leitung: Ulrike Huwer) ewp / Scholl+Signer (Leitung: Stephan Erne) Metron (Leitung: Peter Schoop)
4| ZUSAMMENFASSUNG Als Gegenvorschlag zu einer Volksinitiative zur Förderung des öffentlichen Verkehrs, Fuss- und Veloverkehrs (Städte-Initiative) wurde im November 2010 eine Änderung des Umweltschutzge- setzes Basel-Stadt in einer Volksabstimmung gutgeheissen. Der neue Gesetzesartikel verlangt insbesondere, dass die Gesamtverkehrsleistung des privaten Motorfahrzeugverkehrs auf dem Kantonsgebiet gegenüber heute langfristig abnimmt, bis zum Jahr 2020 um mindestens 10%. Bis im Herbst 2013 ist dazu ein Umsetzungskonzept zu erarbeiten (nachfolgend kurz „Stiig-um“: Städteinitiative Gegenvorschlag - Umsetzungskonzept). Als Grundlage für ein Umsetzungskonzept „Stiig-um“ haben drei unabhängige Experten- teams in einem Studienauftrag abgeschätzt, ob die bisher geplanten Massnahmen zur Zielerrei- chung ausreichen und mit der Basler Verkehrspolitik kohärent sind. Gleichzeitig haben sie auf- gezeigt, in welchen Bereichen weitergehende Massnahmen notwendig sind. Der Studienauftrag wurde von Vertreterinnen und Vertretern der Verbände begleitet und vom Beurteilungsgremium beurteilt. Der vorliegende Synthesebericht fasst die Team-Resultate zusammen, würdigt sie und skizziert darauf basierend ein optimiertes Massnahmenpaket. Es handelt sich um einen Fachbe- richt des Beurteilungsgremiums. Der Bericht der Verwaltung respektive das Umsetzungskonzept wird nach einer Mitwirkungsphase von Frühsommer bis Ende 2013 erstellt. Die Teams kommen übereinstimmend zur Ansicht, dass mit den bisher geplanten Mass- nahmen im Maximum das prognostizierte Referenzwachstum des motorisierten Individualver- kehrs (MIV) bis 2020 unterdrückt werden kann. Die grössten Einzelbeiträge können in der Refe- renzentwicklung vom ÖV-Ausbau erwartet werden (vor allem Tramnetzausbau). Ein weiterer gewichtiger Wirkungsbeitrag wird in der geplanten Parkraumbewirtschaftung gesehen (Um- wandlung von weissen in blaue Zonen sowie erhöhte Tarife für Kurzzeitparkieren). Auf der Basis von Potenzialanalysen machen die Teams Vorschläge für ergänzende Mass- nahmen: Alle drei Teams kommen zum Schluss, dass eine Reduktion des bestehenden Verkehrs und entsprechende Verhaltensänderungen direkt auf den MIV wirkende Massnahmen erfordern. Entsprechend sehen die Teams im Verkehrsmanagement sowie der Parkraumpolitik den grössten zusätzlichen Zielbeitrag. Bei den weiteren Massnahmenbereichen werden je nach Team unter- schiedliche Akzente gesetzt (ÖV-Ausbau, Velo- und Fussverkehr, Mobilitätsmanagement, Stadt- logistik und raumplanerische Massnahmen). Das Beurteilungsgremium hat darauf basierend ein optimiertes Bündel von 7 Massnahmen- paketen geschnürt. Es sind dies: Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Einleitung
|5 1. Städtisches und regionales Verkehrsmanagement 2. Umfassende städtische und regionale Parkraumbewirtschaftung 3. Optimierte grenzüberschreitende Information und Tarifierung im ÖV 4. Breite Veloförderung und attraktives gesamtregionales Veloroutennetz 5. Weitere Verkehrsberuhigung in den Quartieren und Aufwertung der Quartierzentren 6. Aktive Mobilitätsberatung und –information 7. Stadtlogistik – stadtverträgliche Abwicklung des Güterverkehrs Das Massnahmenpaket wird hinsichtlich Kosten-Wirksamkeit, Umsetzungshemmnissen, regio- naler Abstimmungsnotwendigkeit und weiteren Aspekten gewürdigt. Darauf basierend zieht das Beurteilungsgremium folgende Schlussfolgerungen: Zielhorizont 2020 › Mit einer konsequenten Umsetzung der bisher geplanten Massnahmen kann der sonst dro- hende Mehrverkehr zwischen 2010 und 2020 auf dem Niveau von 2010 stabilisiert werden. Bereits die Umsetzung der geplanten Massnahmen ist aber kein Selbstläufer. Insbesondere die Finanzierung der Tramausbauten und die planerische Umsetzung einzelner Verkehrsberuhi- gungsmassnahmen erfordern grosse Anstrengungen. › Mit dem vorgeschlagenen Bündel von sieben ergänzenden Massnahmenpaketen ist eine 10%-ige Reduktion gegenüber dem Niveau 2010 grundsätzlich erreichbar. Die Umsetzung ist aber sehr anspruchsvoll und nicht ohne spürbare Einschränkungen im motorisierten Individu- alverkehr zu erreichen. › Die regionale Abstimmung der Massnahmenpakete ist zwingend, insbesondere bezüglich Verkehrsmanagement und Parkraumpolitik, aber auch beim Veloroutennetz und der Stadtlogis- tik. Infolge aufwändiger regionaler Prozesse muss Basel-Stadt mit Blick auf den ambitionier- ten „Stiig-um“-Zielhorizont daher auch den eigenen Handlungsspielraum konsequent nutzen. › Die Umsetzung von „Stiig-um“ erfordert ein räumlich und fachlich abgestimmtes Gesamtpa- ket. Neben den direkt auf den MIV wirkenden Verkehrsmanagement- und Parkraummassnah- men sind auch die bisherigen Anstrengungen zur Verbesserung der alternativen Angebote im öffentlichen, Fuss- und Veloverkehr zu verstärken. Letztere alleine genügen aber klar nicht. Längerfristig über 2020 hinaus In einer längerfristigen Optik über den Zeithorizont 2020 hinaus ist insbesondere die Raumpla- nung gefordert. Geplante Wohn- und Arbeitsplatzschwerpunkte mit sehr guter ÖV- Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Einleitung
6| Erschliessung sind konsequent umzusetzen und neue innovative Siedlungsformen für eine nach- haltigere Mobilität der kurzen Wege sind zu unterstützen. Die seit längerem verfolgte Politik von Entwicklungsschwerpunkten (Arbeiten und Wohnen) gilt es sowohl in Basel-Stadt als auch in Abstimmung mit den entsprechenden Bemühungen des Agglomerationsprogramms konse- quent weiterzuverfolgen. Mittel- bis längerfristig sehr wichtig ist der weitere Ausbau der Regio-S-Bahn Basel. Die MIV-Verlagerungspotenziale sind im regionalen Verkehr bedeutend höher als im Basel- Städtischen Binnenverkehr. Der bahnseitige Handlungsspielraum ist aber von übergeordneten Planungen abhängig. Der städtische Güterverkehr dürfte bis 2020 kaum hinreichend zu verlagern sein, verfügt aber über bedeutende Reduktionspotenziale. Dieses Handlungsfeld gilt es somit vor allem in langfristiger Sicht anzugehen. Erst nach 2020 wird mutmasslich auch der „Stiig-um“-Gesetzespassus relevant, wonach Aus- und Neubauten auf den Hochleistungsstrassen (HLS-Strassen, namentlich Osttangente und Anschluss-City / Gundeli-Tunnel) auf dem übrigen Streckennetz zu kompensieren sind. Falls diese Ausbauten mit geeigneten flankierenden Massnahmen begleitet werden (Kapazitäts- abbau im umliegenden Stadtstrassennetz, Zugangsbeschränkungen in den Quartieren etc.), soll- ten die Entlastungseffekte solcher Vorhaben für das untergeordnete Strassennetz deutlich grös- ser sein als die induzierten (und zu kompensierenden) Neuverkehre. Letztere sind aber ebenfalls zu erwarten. Und schliesslich bleibt auch Road-Pricing längerfristig ein Thema: Zum Erreichen der 10% MIV-Reduktion sind teilweise einschränkende Massnahmen notwendig. Reduktionen von ähnli- chem Ausmass lassen sich grundsätzlich über Road- respektive Mobility Pricing-Modelle eben- falls erreichen. Sind solche Modelle national abgestimmt, sinken auch die dazu notwendigen Kosten. Kurz- bis mittelfristig stellt Road-Pricing im basel-städtischen Alleingang aber keine sinnvolle Option dar (Grenzlage von Basel-Stadt, Wettbewerbsnachteile, u.a.m.) Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Einleitung
|7 1. EINLEITUNG 1.1. AUSGANGSLAGE UND ZIELE Als Gegenvorschlag zu einer Volksinitiative zur Förderung des öffentlichen Verkehrs, Fuss- und Veloverkehrs (Städte-Initiative) wurde im November 2010 eine Änderung des Umweltschutz- gesetzes Basel-Stadt in einer Volksabstimmung gutgeheissen, die unter anderem folgendes be- stimmt (§ 13 Abs 2 USG BS): „Der Kanton sorgt dafür, dass die Gesamtverkehrsleistung des privaten Motorfahrzeugver- kehrs auf dem Kantonsgebiet gegenüber heute langfristig abnimmt, bis zum Jahr 2020 um min- destens 10%. Die Verkehrsleistung auf den Hochleistungsstrassen ist davon ausgenommen. Eine Verkehrszunahme durch Aus- und Neubau von Hochleistungsstrassen muss auf dem übrigen Streckennetz auch nach dem Jahr 2020 durch flankierende Massnahmen im gleichen Masse kompensiert werden.“ Basis zur Konkretisierung ist ein Umsetzungskonzept, welches der Regierungsrat bis Ende 2013 in die Vernehmlassung schicken wird (nachfolgend kurz „Stiig-um“: Städteinitiative Gegenvor- schlag - Umsetzungskonzept). Das 10%-MIV-Reduktionsziel von „Stiig-um“ ist nicht Selbstzweck, sondern soll die bishe- rigen rechtlich verankerten Grundsätze für eine hohe Lebensqualität in Basel-Stadt unterstüt- zen. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt richtet seine Verkehrspolitik an den folgenden in der Kantonsverfassung festgeschriebenen Grundsätzen aus: § 30. Abs 1: Der Staat ermöglicht und koordiniert eine sichere, wirtschaftliche, umweltge- rechte und energiesparende Mobilität. Der öffentliche Verkehr geniesst Vorrang. Abs. 2: Der Staat setzt sich für einen attraktiven Agglomerationsverkehr, für rasche Verbin- dungen zu den schweizerischen Zentren und für den Anschluss an die internationalen Verkehrs- achsen auf Schiene, Strasse sowie auf Luft- und Wasserwegen ein. In weiteren Bestimmungen der Kantonsverfassung lassen sich indirekt Vorgaben für eine Ver- kehrspolitik ableiten, so sorgt der Staat: › mit günstigen Rahmenbedingungen für die Entwicklung einer leistungsfähigen und struk- turell ausgewogenen Wirtschaft. (§ 29) › für Massnahmen zur Reinhaltung von Erde, Luft und Wasser. (§ 33, Abs. 1) › für den Schutz der Menschen und der Umwelt vor Lärm und sonstigen lästigen und schäd- lichen Einflüssen. (§ 33, Abs. 4) Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Einleitung
8| › für die zweckmässige und umweltschonende Nutzung des Bodens im Rahmen einer auf die grenzüberschreitende Agglomeration abgestimmten Siedlungsentwicklung. Er wahrt und fördert die Wohnlichkeit wie auch die städtebauliche Qualität. (§ 34, Abs. 1) 1.2. PROJEKTORGANISATION UND STELLENWERT SYNTHESEBERICHT Als Grundlage für ein Umsetzungskonzept „Stiig-um“ haben drei unabhängige Expertenteams in einem Studienauftrag aufgrund ihres Fachwissens und ihrer Beurteilung der lokalen Situation abgeschätzt, ob die bisher geplanten Massnahmen zur Zielerreichung ausreichen. Gleichzeitig haben sie im Studienauftrag grob aufgezeigt, in welchen Bereichen weitergehende Massnahmen denkbar respektive notwendig sind. Figur 1 zeigt die Projektorganisation des Studienauftrags. ORGANISATION STUDIENAUFTRAG Projektsteuerung HP Wessels, DV BVD A. Groff, Leiter Mobilität M. Sandtner, Leiter Planungsamt R. Reinauer, Leiter Tiefbauamt Fachleute BS Gesamtprojektleitung (Startworkshop und Auskünfte) :=Beurteilungsgremium Begleitgruppe M. Weibel, Mob-VT S. Kettner, Mob-S Fussverkehr Region Basel B. Jurt, Mob-P A. Hammer, Mob-S ProVelo beider Basel B. Heiniger, Mob-P B. Auer, Mob-P VCS beider Basel F. Mathys, Mob-P S. Fischer, S&A-P IGöV NWCH M. Dolleschel, Mob-S UmverkehR Region Basel P. Altherr, TBA J. Jermann, Leiter Mobilität TBA BL ACS Sektion beider Basel B. Frey-Jäggi, JSD A. Fellmann, Leiter Mobilität Zürich TCS Sektion beider Basel C. Heinzer, PD Prof. D. Vallée, Universität Aachen Gewerbeverband Basel-Stadt J. Hahn, S&A-GSV Chr. Egeler, Rapp Trans Handelskammer beider Basel Verkehrskommission der NQV Team Synthese/ Kommunikation / Mitwirkung Projektleitung Umsetzungskonzept J. Fürstenberger S. Kettner, Mob-S R. Frick, Infras evtl. ext. Unterstützung R. Frick, Infras B. Belart, Infras L. Ickert, Infras Testplanungsteam 1 Testplanungsteam 2 Testplanungsteam 3 Basler&Hofmann ewp, Ingenieure Metron IRAP Hochschule Rapperswil Scholl+Signer (U. Huwer) (St. Erne) (P. Schoop) Figur 1 Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Einleitung
|9 Der vorliegende Synthesebericht fasst die Ergebnisse des Studienauftrags zusammen, würdigt diese und präsentiert in groben Zügen ein optimiertes Massnahmenpaket. Der Bericht ist vom „Stiig-um“ Beurteilungsgremium mit Unterstützung des prozessbegleitenden Büros INFRAS verfasst worden. Er stellt somit eine Diskussionsgrundlage dar für den weiteren Prozess, einer- seits extern mit den in der Begleitgruppe beteiligten Verbänden, andererseits intern für die Ver- waltung (siehe Ausblick, Kapitel 6.4). Der eigentliche Verwaltungsbericht im Sinne des Umset- zungskonzepts folgt im Herbst 2013. 1.3. STUDIENAUFTRAG Mit dem Studienauftrag mussten die Teams Antworten auf die folgenden Teilfragen geben: 1. Beurteilung Kohärenz Verkehrspolitik › Ist die gegenwärtige Verkehrspolitik des Kantons Basel-Stadt geeignet, um eine hohe Wohnqualität bei einer guten Erreichbarkeit des Wohn- und Wirtschaftsstandortes zu ge- währleisten? › Wird die in der Kantonsverfassung, dem Umweltschutzgesetz und dem Richtplan festge- schriebene Verkehrspolitik mit den geplanten Massnahmen in die Realität umgesetzt oder besteht eine Diskrepanz zwischen Zielvorstellungen und konkreten Projekten? 2. Abschätzung Zielerreichung (geplante Massnahmen) › Wie gross fällt die Reduktion der Verkehrsleistung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) mit den zurzeit geplanten Massnahmen bis zum Jahre 2020 aus bzw. wie gross ist die Differenz zwischen dem angestrebten Ziel und der erreichten Verkehrsreduktion? › Welchen der zurzeit geplanten Massnahmen bzw. Massnahmenpakete kommt für die Ziel- erreichung eine besonders grosse Bedeutung zu? › Auf welche der zurzeit geplanten Massnahmen bzw. Massnahmenpaketen könnte verzich- tet werden, ohne die Zielerreichung massgebend zu verringern? 3. Neue Massnahmen › Welche weiteren bis 2020 umsetzbaren Massnahmen bzw. Massnahmenpakete braucht es, um das Reduktionsziel wirklich zu erreichen? › Welche weiteren Massnahmen sind über den Zeitpunkt 2020 hinaus geeignet, zu einer we- sentlichen Reduktion des MIV beizutragen? Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Einleitung
10| Die Teams konnten die Methodik zur Wirkungsanalyse grundsätzlich selber wählen. Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten wurden jedoch einige Vorgaben gemacht: › Für die Zielerreichung im Jahre 2020 wird eine quantitative Aussage erwartet1. Diese soll auf eigenen Abschätzungen und nicht auf detaillierten Modellberechnungen beruhen. Als Informa- tionsgrundlage erhielten die Teams Wunschlinienmatrizen aus dem Basler Gesamtverkehrs- modell (GVM), inklusive dahinter stehender Strukturdaten (Bevölkerung, Arbeitsplätze). Die GVM-Modellierung gilt aber nicht als feste Annahme, sondern kann kritisch hinterfragt wer- den. › Hinsichtlich geplanter Massnahmen haben die kantonalen Fachleute Annahmen getroffen, was bis 2020 mutmasslich umgesetzt werden dürfte (siehe Anhang 1). › Die Überlegungen zur Übertragbarkeit andernorts umgesetzter Massnahmen auf den Kanton Basel-Stadt sollen die politischen, topographischen, raumstrukturellen und kulturellen Beson- derheiten sowie das konkrete heute vorhandene Verkehrsgeschehen berücksichtigen. › Die Wirkungsabschätzungen müssen pro Massnahmenbereich und Stossrichtung erfolgen (sie- he Anhang 1). Die weitergehende Paketbildung von Massnahmen ist aber grundsätzlich frei. › Wechselwirkungen zwischen einzelnen Massnahmen sind bei der Abschätzung der Gesamt- wirkung zu berücksichtigen. › Neben der Beurteilung der Zielerreichung 2020 gilt es auch einen qualitativen Blick darüber hinaus zu machen. Wie ist die Zielrichtung? Bis wann ist mit den geplanten Massnahmen eine Zielerreichung denkbar? › Für alle Massnahmen werden zudem qualitative Aussagen zu den relevanten Auswirkungen im Umland erwartet. Entstehen dort Probleme aufgrund von Massnahmen, die rein aus Sicht Ba- sel-Stadt günstig bewertet werden? › Road-Pricing wird als Massnahme im Studienauftrag explizit ausgeklammert. Vorabklärungen und politische Beschlüsse haben gezeigt, dass sich der Kanton Basel-Stadt aufgrund seiner Grenzlage nicht für entsprechende Pilotversuche eignet. Langfristig bleibt eine Umsetzung aber denkbar (vgl. auch Kapitel 6.3). Basisgerüst sind folgende Kennziffern zur Verkehrsleistung aus dem Gesamtverkehrsmodell. Um das „Stiig-um“ Ziel von 10% Verkehrsreduktion bis 2020 gegenüber 2010 zu erreichen, muss unter der Annahme eines (modellierten) Mehrverkehrs zwischen 2010 und 2020 von 7% eine Reduktion von insgesamt rund 16% erzielt werden. Feste Rahmengrösse ist aber lediglich 1 Zielgrösse ist die Reduktion der Verkehrsleistung im MIV [Fahrzeugkilometer] auf dem Gebiet des Kantons Basel- Stadt gegenüber 2010 (ausserhalb der Hochleistungsstrassen). Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Einleitung
|11 die Verkehrsleistung 2010 und das 10% Reduktionsziel davon. Das modellierte Referenzwachs- tum bis 2020 konnten die Teams kritisch hinterfragen.2 REFERENZENTWICKLUNG UND ZIELGRÖSSE STIIG-UM FzKm 1’306’000 Ref-Zustand 2020 Zustand 2010 1’216’000 -10% -16% Ziel 2020 1’094’400 Figur 2 Trend- resp. Referenzentwicklung und Zielgrösse als Grundlage für die Teamschätzungen (Zahlenge- rüst: GVM Basel). Neben dem ‚harten‘ „Stiig-um“ Ziel der 10%-igen Reduktion bis 2020 ist auch die weiche For- mulierung zu beachten wonach „der Kanton für eine langfristig abnehmende Gesamtverkehrs- leistung des MIV sorgt“. Das Verkehrsreduktionsziel ist nicht Selbstzweck, sondern dient der generellen Verbesserung der städtischen Lebensqualität. „Stiig-um“ zielt somit auf ein breites politisches Zielsystem mit allen drei Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung (Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft). 2 Die hinterlegten Verkehrsinfrastrukturen und ÖV-Angebote in der Referenzmodellierung entsprechen in grosser Annäherung den Annahmen zu den geplanten Massnahmen gemäss Anhang 1. Diese gehen bei den ‚weichen‘ Massnahmen jedoch weiter. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Einleitung
12| 2. ZIELBEITRÄGE GEPLANTE MASSNAHMEN 2.1. TEAM BASLER&HOFMANN / IRAP Methodik und Mengengerüste Die aktuellen Verkehrsleistungen werden auf der Datengrundlage des Gesamtverkehrsmodells (GVM Basel) sowie des Mikrozensus Verkehrsverhalten 2010 nach Verkehrstyp (Binnen-, Ziel- /Quell-, Transitverkehr), Verkehrszweck (Pendler-, Freizeit-, Einkaufs-, Geschäftsverkehr) so- wie verhaltensspezifischen Gruppen (Erwerbstätige, Rentner, Jugendliche, Familien) segmen- tiert. Das Team schätzt sodann die Wirkungen jedes Massnahmenpaketes pro Verkehrssegment. Dies ergibt drei unabhängige Schätzungen, welche verglichen, plausibilisiert und letztlich zu einer Gesamtschätzung aggregiert werden. Bei dieser werden Wechselwirkungen zwischen den Massnahmen berücksichtigt, d.h. die jeweiligen Totale sind nicht additiv zu den Einzelwirkun- gen! Die spezifische Wirkungsabschätzung erfolgt auf Basis von Referenzliteratur (v.a. Studien anderer Städte) sowie qualitativer Einschätzung des internen Expertenteams. Die differenzierten Verkehrsmengengerüste zeigen auf, wo die grössten Reduktionspotenziale liegen. Diese Grund- lage ist vor allem auch für die Herleitung der ergänzenden Massnahmen entscheidend (Kapi- tel 3). › Auffallend bei der Kilometerleistung der verschiedenen Verkehrstypen ist namentlich der hohe Anteil des Güterverkehrs (26%). › Der Quell-/Zielverkehr ist mit 38% deutlich höher als der Binnenverkehr mit 29%. Der Durch- gangsverkehr (exkl. Autobahnnetz) ist mit 5% klein. › Bei den Leistungen der städtischen Bewohner fällt auf, dass der Freizeitverkehr einen grossen Anteil hat. Aber auch beim Pendeln fallen noch viele Kilometer an. Die mengenmässig zwar geringe Anzahl Begleitwege (von Kindern, Betagten, etc.) scheinen jedoch vorwiegend mit dem Auto gemacht zu werden und erzeugen so ebenfalls einen nennenswerten Anteil an der MIV-Kilometerleistung. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
|13 SEGMENTIERUNG DER FAHRLEISTUNGEN 2020 gefahrene Km in der Stadt gefahrene Km der Einwohner der Stadt Verkehrstyp Verkehrszweck (nur EW BS) Durchgangsverkehr Quell-/Zielverkehr Geschäftsfahrten Pendlerverkehr Binnenverkehr Güterverkehr Begleitwege Ausbildung Personen Freizeit Einkauf Sum me: Sum me: Leistung (MIV km) 2020 absolut 391'425 346'546 500'000 68'029 1'306'000 150'000 59'400 29'700 232'300 97'900 84'500 653'800 Verkehrstyp Verkehrszw eck Durch- gangs- verkehr Begleit- 5% Binnen- wege Pendler verkehr -verkehr 29% Quell-/ Einkauf Ziel- Personenverkehr verkehr Aus- 38% bildung Ge- schäfts- Güter- Freizeit fahrten verkehr 28% Figur 3 Segmentierung der Fahrleistungen 2020 (Quelle: B&H / IRAP 2012, S. 6). Zielerreichung Im Anhang sind die nach Verkehrssegmenten differenzierten Wirkungsabschätzungen abgebil- det. Die Übersicht nach den Massnahmenbereichen gemäss Arbeitsprogramm zeigt Figur 4. Der Abgleich der nach Segmenten differenzierten Verlagerungseffekte führt zu der Ein- schätzung, dass die geplanten Massnahmen die Fahrleistung auf dem städtischen Strassennetz um insgesamt rund 6% reduzieren. Die geplanten Massnahmen vermögen somit nur knapp den prognostizierten Mehrverkehr bis 2020 aufzufangen. Die Analyse zeigt die Begrenztheit der Massnahmen auf das Stadtgebiet und die fehlende Beeinflussung des Verkehrs aus der Agglo- meration. Im Zusammenspiel der Massnahmen auf die verschiedenen Verkehrssegmente zeigen sich die folgenden Erkenntnisse: › In Basel ist ein gutes Alternativangebot zum MIV vorhanden, aber der Druck für einen Um- stieg ist zu wenig stark: Push-Massnahmen3 fehlen. › Der Umbau des HVS-Netzes bietet erste Ansätze, aber Steuerung und Lenkung sind noch zu schwach (konsequente Priorisierung ÖV, Grünangebot und Wartezeit für Fussgänger, Dosie- rung etc.). 3 Push-Massnahmen zielen direkt auf die Beeinflussung des MIV, wohingegen Pull-Massnahmen alternative Ver- kehrsmittel fördern (ÖV, Fuss- und Veloverkehr) oder anderweitige Anreize zur Verkehrsverlagerung oder – reduktion setzen. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
14| › Das Parkraummanagement (Angebot und Kosten) wirkt noch zu schwach. › Der Güterverkehr hat einen sehr hohen Anteil am Gesamtverkehr und wird durch Massnahmen nicht tangiert. › Auch Basel hat einen hohen Anteil Freizeitverkehr, welcher mit den geplanten Massnahmen kaum tangiert wird. WIRKUNG GEPLANTER MASSNAHMEN (B&H / IRAP) Strassenverkehr Verkehrs- Öffentlicher Fuss- und Mobilitäts- Gesamttotal management Verkehr Veloverkehr management Gesamttotal (keine Summe!) Mobilitätsmanagement MIV Kampagnen MobVerhalten Ausbau Fussverkehrsnetz Velo und öV / Bike & Ride Finanzpolit. Massnahmen Parkraumbewirtschaftung Ausbau Veloroutennetz Velo-Dienstleistungen Verkehrsberuhigung Verkehrssteuerung Aus-/ Umbau HVS Ausbau Tramnetz Ausbau Bahnnetz Betriebliches MM Ausbau Busnetz Total Fuss/Velo Total Strasse Total MM Total VM Total ÖV Referenz 2020 0% Reduktion der Verkehrsleistung 2020 auf dem Strassennetz BS -2% -16% -4% -6% Zustand 2010 -8% -10% -10% -12% -14% Ziel 2020 -16% Figur 4 Wirkungen geplanter Massnahmen (Quelle: B&H / IRAP 2012, S. 20). Zu beachten: Es dürfen keine Summen der Einzel-Wirkungen vorgenommen werden. Eine Aggregation der Wirkung findet einerseits inner- halb der einzelnen Massnahmenbereiche statt, andererseits als Gesamtwirkung unter Berücksichtigung von Wechselbeziehungen. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
|15 2.2. TEAM EWP / SCHOLL+SIGNER Methodik und Mengengerüste Für die Analyse der Wirkungen hat das Team ewp die Nachfragematrizen aus dem kantonalen Verkehrsmodell nach verschiedenen Segmenten differenziert. Darauf basierend wurden die mas- snahmenspezifischen Wirkungen geschätzt, anhand von Referenzliteratur, Pivot-Point- Analysen4 sowie eigenen qualitativen Expertenschätzungen. Als weitere Grundlagen hat das Team Potenzialanalysen vorgenommen, einerseits bezüglich Ausgangslage im Städtevergleich, andererseits indem das Gesamt-Reduktionsziel ins Verhältnis gesetzt wird zu einzelnen Verkehrssegmenten in Basel-Stadt. Folgende Verkehrspotenziale wer- den ausgewiesen: › Die Agglomeration Basel (Schweizer Teil) weist bereits heute mit 17.4 km pro Person und Tag die geringste MIV-Verkehrsleistung aller schweizerischen Agglomerationen auf. › Insbesondere der Binnenpendlerverkehr weist heute einen sehr tiefen MIV-Anteil auf, dadurch ist das Reduktionsvolumen begrenzt. › Beim regionalen Pendlerverkehr sind Volumen und heutiger MIV-Anteil höher. Die Qualität der ÖV-Verbindungen ist dank der S-Bahn heute aber auch auf einem hohen Niveau. › Der Freizeit- und Einkaufsverkehr bewegt sich sowohl innerhalb des Kantons Basel-Stadt als auch von und in die Nachbarkantone sowohl bezüglich Volumen als auch bezüglich heutigem MIV-Anteil im mittleren Bereich. Potenzial besteht insbesondere bei der Steuerung und Be- wirtschaftung des Parkraums. › Im (landes-) grenzquerenden Verkehr ist das Potenzial angesichts des heute hohen MIV- Anteils bei allen Verkehrszwecken gross. Aus nachfolgender Darstellung ist ersichtlich, wie stark die Veränderung an verschiedenen Stellschrauben ceteris paribus sein müsste, um das 10% Ziel abzudecken. So müsste beispiels- weise der heutige MIV-Binnenverkehr um mehr als einen Drittel reduziert werden. Der MIV- Pendlerverkehr müsste halbiert werden. Soll die gesamte Reduktion durch Verlagerung auf den ÖV erreicht werden, müsste das Fahrgastaufkommen des ÖV um knapp ein Drittel erhöht wer- den. Die Übersicht zeigt, dass die Anstrengung bei Betätigung einer einzigen Stellschraube er- heblich ist. Die Konzentration auf einen einzelnen Ansatz wäre nicht effizient, da die Grenznut- 4 Modellunterstützte Analyse der Nachfragewirkung ausgewählter Infrastrukturmassnahmen (unter Verwendung ausgewählter Parameter aus Verkehrsmodellen sowie Elastizitäten). Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
16| zen bei so grossen Verschiebungen abnehmen. Zudem wäre mit unerwünschten Nebenwirkun- gen (z.B. abnehmende Standortattraktivität) zu rechnen. REDUKTIONSZIEL BEZOGEN AUF EINZELSEGMENTE Figur 5 Illustration, was das 10%-ige Reduktionspotenzial bezogen auf Einzelsegmente bedeuten würde (Quel- le: ewp / Scholl+Signer 2012, S. 9). Zielerreichung Im Anhang sind die nach Verkehrssegmenten differenzierten Wirkungsabschätzungen abgebil- det. Die Übersicht nach den Massnahmenbereichen gemäss Arbeitsprogramm zeigt Figur 6. Das Team ewp kommt zum Ergebnis, dass die geplanten Massnahmen die Fahrleistung auf dem städtischen Strassennetz um insgesamt rund 7.4% reduzieren. Die vorgeschlagenen Mass- nahmen vermögen also in etwa den prognostizierten Mehrverkehr bis 2020 aufzufangen. Zu beachten: Das Team ewp betont die Verbundoptik der Wirkungszusammenhänge. Sie weisen als einziges Team die Gesamtwirkungen additiv aus! D.h. die Gesamtwirkung ist metho- disch vergleichbar mit den anderen Teams, die ausgewiesenen Einzelwirkungen hingegen sind konservativer eingeschätzt. Die grössten Wirkungen werden folgenden Stossrichtungen zugewiesen: › Ausbau des Tramnetzes: Insbesondere aufgrund der geplanten grenzüberschreitenden Relatio- nen resp. Linienverlängerungen (Weil a.R., Saint-Louis) mit heute noch hohen MIV-Anteilen. › Parkraumbewirtschaftung: relativ grosses Wirkungspotenzial, weil 12‘000 Parkplätze (12%) heute noch nicht bewirtschaftet sind und bei den Kurzzeitparkplätzen beträchtliches Gebüh- renerhöhungspotenzial besteht (Annahme 50%). › Individuelles und betriebliche Mobilitätsmanagement: Zeigt mittlere Wirkung, insbesondere die Informationsmassnahmen für Neuzuzüger und das betriebliche Mobilitätsmanagement. Bei letzterem wird angenommen, dass über die nächsten 10 Jahre 40 Unternehmen (oder jedes Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
|17 Fünfte mit mehr als 100 Mitarbeitenden) angesprochen werden können, womit sich knapp 10% der Beschäftigten mit ihrer Mobilität auseinandersetzen. › Verkehrsmanagement: Zeigt ebenfalls nur eine mittlere Wirkung unter der Annahme, dass mit der geplanten LSA-(Lichtsignalanlage)Strategie bis 2020 erst bei einem Drittel der Anlagen jeweils nur ein Drittel der MIV-Beziehungen längere Verlustzeiten in Kauf nehmen müssen. WIRKUNG GEPLANTER MASSNAHMEN (EWP) Strassenverkehr Verkehrs- Öffentlicher Fuss- und Mobilitäts- Gesamttotal management Verkehr Veloverkehr management Mobilitätsmanagement MIV Kampagnen MobVerhalten Ausbau Fussverkehrsnetz Velo und öV / Bike & Ride Finanzpolit. Massnahmen Parkraumbewirtschaftung Ausbau Veloroutennetz Velo-Dienstleistungen Verkehrsberuhigung Verkehrssteuerung Aus-/ Umbau HVS Ausbau Tramnetz Ausbau Bahnnetz Betriebliches MM Ausbau Busnetz Total Fuss/Velo Total Strasse Gesamttotal Total MM Total VM Total ÖV Referenz 2020 0% Reduktion der Verkehrsleistung 2020 auf dem Strassennetz BS -2% -16% -4% -6% Zustand 2010 -8% -10% -10% -12% -14% Ziel 2020 -16% Figur 6 Wirkungen geplanter Massnahmen (Quelle: ewp 2012, S. 13). Zu beachten: Im Gegensatz zu den anderen Teams sind die Totale pro Massnahmenbereich sowie die Gesamtsumme beim Team ewp kumulativ. D.h. umgekehrt, dass die Einzel-Wirkungen (als Teil der Verbundwirkung pro Massnahmenbereich) etwas zurückhaltender geschätzt wurden. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
18| 2.3. TEAM METRON Methodik und Mengengerüste Das Team Metron macht zunächst Analysen zur aktuellen Verkehrszusammensetzung und zu den Dynamiken. Folgende Erkenntnisse mit Blick auf die Reduktionspotenziale werden daraus gezogen: › Beinahe die Hälfte des Basler Verkehrs ist Freizeitverkehr. Dieser weist mit Abstand den grössten MIV-Anteil auf. › Innerhalb einzelner Verkehrssegmente dominiert der MIV im Durchgangsverkehr (90%), ge- folgt vom Quell-/Zielverkehr (60%). Der ÖV dominiert einzig innerhalb des Binnenverkehrs (60%). › Der Motorisierungsgrad ist in Frankreich deutlich höher als im schweizerischen und deutschen Teil der Agglomeration Basel. In Basel-Stadt stagniert der Motorisierungsgrad seit ca. 2004 (Figur 7Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). › Die Verkehrsmengen auf dem Hauptverkehrsstrassen-Netz stagnieren in Basel-Stadt seit rund 10 Jahren oder nehmen tendenziell sogar leicht ab (Figur 8). Figur 7 Motorisierungsgrad im Dreiländereck (Metron 2012: Quelle: Statistisches Amt Kanton Basel-Stadt 2010). Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
|19 Figur 8 Verkehrsbelastung (DTV) auf wichtigen Hauptachsen (Quelle: Metron 2012 S.14; Datenquelle: Ver- kehrszählungen Kt. BS). Auf dem Hintergrund der stagnierenden Verkehrsentwicklung der vergangenen 5-10 Jahre und der Tatsache, dass vielerorts die Kapazitätsgrenzen erreicht sind, hinterfragt Metron das im GVM modellierte Strassenverkehrswachstum von +7% zwischen 2010 und 2020. Zusammen mit der Annahme eines konsequenten Ausbaustopps (HLS und HVS) wird ein Nullwachstum ange- nommen, womit sich das Reduktionsziel auf die 10% gegenüber dem Verkehr 2010 beschränkt. Basierend auf dieser Annahme und den untersuchten Mengengerüsten nimmt das Team Metron für die Wirkungsbeurteilung qualitative Expertenschätzungen vor, teilweise gestützt auf Referenzliteratur, teilweise in eigener Einschätzung. Bei ausgewählten Massnahmen (v.a. Dosie- rungsmassnahmen) werden allgemeine Kapazitätsfunktionen verwendet. Bei der qualitativen Wirkungsbeurteilung differenziert das Team nach den funktionalen Mechanismen ‚verzichten‘, ‚dosieren‘, ‚beheben‘ und ‚anbieten‘. Am Schluss der Analysearbeiten formuliert das Team die folgenden sechs Thesen: 1. Der Stau bleibt immer gleich: Gewonnene Reisezeiten durch Strassenausbau führen zu län- geren Wegen, die Verkehrsleistung insgesamt nimmt zu. 2. Die Erreichbarkeit muss im Ganzen verbessert werden: Reduzierte MIV-Erreichbarkeit führt nicht zu einer Attraktivitätsminderung des Stadtzentrums. ÖV und Langsamverkehr gewähr- leisten die Erreichbarkeit. 3. Eine Reduktion der Verkehrsleistungen muss primär mit MIV-Massnahmen erreicht wer- den: Vor allem über Kapazitätsreduktion des MIV-Netzes (Verkehrssteuerung, Spurabbau) und Geschwindigkeitsbeschränkungen.. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
20| 4. Lücken und Mängel im ÖV und Fussgänger-/Veloverkehr stehen einer stärkeren Nutzung im Weg: Die schwächste Stelle auf einer Verbindung entscheidet über die Verkehrsmittel- wahl. 5. Verkehr ist kein statisches System: Nachfragebeeinflussung ist möglich. 6. Es braucht nicht nur Ausbauten, sondern auch Entscheide, etwas nicht zu tun: insbesondere konsequenter Verzicht auf Ausbau der MIV-Kapazitäten. Zielerreichung Im Anhang sind die nach Verkehrssegmenten differenzierten Wirkungsabschätzungen abgebil- det. Die Übersicht nach den Massnahmenbereichen gemäss Arbeitsprogramm zeigt Figur 9. Metron geht davon aus, dass nur die Wirkungen von Massnahmen quantifiziert werden dür- fen, die nachhaltig den MIV reduzieren, d.h. die MIV-Kapazitäten vermindern („Push- Massnahmen“). Ausbaumassnahmen bei den alternativen Verkehrsträgern und übrige „Pull- Massnahmen“ (z.B. Mobilitätsmanagement) führen nicht zu einer nennenswerten MIV- Reduktion (sondern zu zeitlichen und räumlichen Verlagerungen sowie zu Neuverkehr). Wie oben erläutert setzt Metron die Reduktionspotenziale in Bezug zur Verkehrsmenge 2010 (und nicht zum modellierten Referenzzustand 2020 wie die beiden anderen Teams), da gemäss Metron infolge des konsequenten Verzichts auf Kapazitätsausbauten beim MIV bis da- hin die Verkehrsleistung nicht mehr weiter wachsen würde. Nachhaltige Wirkung bei den geplanten Massnahmen haben gemäss Metron: › Einschränkungen des Strassenverkehrs (z.B. Sperrung Elisabethenstrasse) › Parkraumbewirtschaftung › Verkehrssteuerung/-lenkung (LSA-Strategie) › Verkehrsberuhigung (Konzept Innenstadt) › Tram-/Busnetzausbau (nur soweit damit auch die Strassenkapazität reduziert wird, d.h. durch LSA-Priorisierung, Spurabbau, etc.) Mit den bisher geplanten Massnahmen kann auch gemäss Metron das Reduktionsziel 2020 nicht erreicht werden. Die Gesamtwirkung mit Bezug auf den Zustand 2010 beträgt 2.5% bis 3%. Ergänzende Massnahmen sind somit unabdingbar. Als einziges Team gibt Metron auch Hinweise, welche der bereits geplanten Massnahmen nicht zielführend sind. Dazu zählen insbesondere die Anwohner-Parkkarte (zu tiefer Preis) und die Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
|21 Pendler-Parkkarte (trotz höherem Preis besteht das Risiko, dass Wirkung der übrigen Parkraum- bewirtschaftung abgeschwächt wird). WIRKUNG GEPLANTER MASSNAHMEN (METRON) Strassenverkehr Verkehrs- Öffentlicher Fuss- und Mobilitäts- Gesamttotal management Verkehr Veloverkehr management Ausbau Veloabstellplätze inkl B&R Verzicht MIV-Infrastrukturausbau Finanzpolitische Massnahmen Mobilitätsmanagement MIV Kampagnen MobVerhalten Parkraumbewirtschaftung Ausbau Fussverkehrsnetz Ausbau Veloroutennetz Total Strassenverkehr Verkehrsberuhigung Verkehrssteuerung Aus-/ Umbau HVS Betriebliches MM Aus-/ Umbau HLS Ausbau Bahnnetz Ausbau Tramnetz Ausbau Busnetz Gesamtwirkung Total Fuss/Velo Total MM Total ÖV Referenz 2020 0.0% Reduktion der Verkehrsleistung 2020 auf dem Strassennetz BS -2.0% -16% -4.0% -6.0% Zustand 2010 -8.0% -10% -10.0% -12.0% -14.0% Ziel 2020 -16.0% Figur 9 Wirkungen geplanter Massnahmen (Quelle: Metron 2012, S. 25). Zu beachten: Metron hat eine zu den anderen Teams leicht abweichende Skalierung vorgenommen. Die Wirkungsabschätzungen der Einzelmass- nahmen erfolgen bezüglich dem Zustand 2010. Dies in der Annahme dass durch Ausbaustopp im Strassennetz kein Verkehrswachstum bis 2020 erfolgt. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
22| 2.4. SYNOPSIS Die Ergebnisse zur Wirksamkeit der geplanten Massnahmen lassen sich folgendermassen zu- sammenfassen: › Die Teams kommen überstimmend zur Ansicht, dass mit den geplanten Massnahmen das prognostizierte MIV-Referenzwachstum bis 2020 unterdrückt werden kann. Eine Reduktion des bestehenden Verkehrs und entsprechende Verhaltensänderungen erfordern jedoch weiter- gehende, direkt auf den MIV wirkende Massnahmen (Push-Massnahmen). Demgegenüber ha- ben die geplanten Massnahmen eher Pull-Charakter, d.h. bieten zum MIV alternative Angebo- te oder setzen Anreize. › Die Höhe der Einzelbeträge variiert teilweise beträchtlich. Das ist einerseits auf methodische Unterschiede zurückzuführen (z.B. hat ewp eine additive Wirkungsschätzung vorgenommen), andererseits auf unterschiedliche Experteneinschätzungen. › Die grössten Einzelbeiträge können in der Referenzentwicklung vom ÖV-Ausbau erwartet werden, zumindest gemäss Einschätzungen von zwei Teams (ewp und B&H). Der Tramnetz- ausbau liefert dabei den weitaus grössten Teilbeitrag. Ein substanzieller Bahn-seitiger Beitrag kann hingegen infolge aktueller Kapazitätsengpässe erst nach 2020 erwartet werden (Ausbau Ostkopf Basel SBB, ¼h-Takt Regio S-Bahn im inneren Agglomerationsperimeter sowie Herz- stück). › Ein weiterer gewichtiger Wirkungsbeitrag wird (von allen Teams) in der geplanten Park- raumbewirtschaftung gesehen (v.a. Umwandlung von weissen in blaue Zonen sowie erhöhte Tarife für Kurzzeitparkieren). › Die bisher geplanten Verkehrssteuerungsmassnahmen (LSA-Strategie) wirken gemäss Ein- schätzungen der Teams noch zu wenig, vor allem weil diese noch nicht flächendeckend anset- zen und an den Einfallsachen den Verkehr zu wenig konsequent dosieren (nur punktuelle räumlich-zeitliche Verlagerungen). › Bei den Wirkungen der bisher geplanten Massnahmen im Fuss- und Veloverkehr sind sich die Teams nicht einig: Zwei von drei Teams sind sehr zurückhaltend (ewp und Metron), wo- hingegen B&H einen bedeutenden Zielbeitrag von knapp -4% postulieren. › Schliesslich sind die Teams bei den (auf Information und Sensibilisierung ausgerichteten) Wirkungen im Bereich Mobilitätsmanagement etwas zurückhaltend, trotz geplanter zahlrei- cher neuer Initiativen. Dies vor allem auf dem Hintergrund, dass das bestehende Basler Ver- kehrsangebot im ÖV, Fuss- und Veloverkehr und deren Nutzung (Modal Split) grundsätzlich bereits auf einem hohen Niveau ist. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
|23 › Hinsichtlich Verkehrssegmenten liegen die höchsten MIV-Anteile und grössten Reduktionspo- tenzial beim (regionalen) Ziel-/Quellverkehr sowie beim städtischen Güterverkehr. Das macht deutlich, dass die Massnahmen des Kantons Basel-Stadt im Kontext „Stiig-um“ gesamt- regional abgestimmt sein müssen. › Grösste Herausforderung bei den Verkehrszwecken ist der im Vergleich zum Pendlerverkehr schlecht kanalisierbare Freizeitverkehr mit sehr hohen MIV-Anteilen. Beim Pendlerverkehr liegen primär noch im grenzquerenden Verkehr mit Frankreich bedeutende Potenziale. Würdigung Beurteilungsgremium: Die Gesamteinschätzung wird geteilt, wonach mit den geplanten Mass- nahmen der Verkehr insgesamt stabilisiert resp. der zusätzliche Verkehr auf ÖV und Fuss-/Veloverkehr gelenkt, nicht aber der bestehende Stras- senverkehr merklich gesenkt werden kann. Als Schlüsselmassnahmen der Referenzentwicklung sieht auch das Beurteilungsgremium den geplanten Tramausbau und die Parkraumpolitik. Subsidiär wirken Verkehrsberuhi- gung / Strassengestaltung, Velonetzausbau und die Ansätze des Mobili- tätsmanagement. Letztere sind vergleichsweise kostengünstige Mass- nahmen und in Basel noch nicht ausgeschöpft. Die sehr grossen Wir- kungsbeiträge des Teams B&H in den Bereichen öffentlicher, Fuss- und Velo-Verkehr werden kritisch hinterfragt. Die Annahme von Metron eines rigorosen Ausbaustopps im Strassennetz gilt es zu relativieren: Zumindest in den Referenzannahmen gemäss Ar- beitsprogramm sind in Basel-Stadt keine MIV-Ausbauten bis 2020 unter- stellt (weder auf dem HLS- noch auf dem untergeordneten Strassennetz). Dass die in den Verkehrsmodellen prognostizierte Verkehrszunahme zwi- schen 2010 und 2020 geringer ausfallen wird, ist denkbar. Dies ist aber nicht ausschliesslich auf mangelnde Kapazitäten zurückzuführen, sondern bei konsequenter Umsetzung auch den bereits geplanten Massnahmen zuzuschreiben. Die Stagnation der letzten Jahre auf dem untergeordneten Netz ist zudem auch darauf zurückzuführen, dass auf dem HLS-Netz Ka- pazitäten geschaffen wurden (v.a. mit der Nordtangente). Die HLS- Kapazitäten werden aber immer knapper (insbesondere auf der Osttan- gente) und der Druck auf das untergeordnete Netz wird dadurch grösser. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge geplante Massnahmen
24| 3. KOHÄRENZ DER BASLER VERKEHRSPOLITIK Die Vorgaben für die Basler Verkehrspolitik lassen sich in erster Linie aus Artikel 30 der Kan- tonsverfassung ableiten, wonach „Der Staat eine sichere, wirtschaftliche, umweltgerechte und energiesparende Mobilität ermöglicht und koordiniert. Der öffentliche Verkehr geniesst Vor- rang. Der Staat setzt sich für einen attraktiven Agglomerationsverkehr, für rasche Verbindungen zu den schweizerischen Zentren und für den Anschluss an die internationalen Verkehrsachsen auf Schiene, Strasse sowie auf Luft- und Wasserwegen ein.“ In weiteren Verfassungsartikeln sind indirekte Bezüge zur Verkehrspolitik ableitbar (insbe- sondere Art. 29, 33 und 34). Die verfassungsrechtlichen Grundsätze werden in verschiedenen Gesetzesartikeln konkretisiert, insbesondere im Gesetz über den öffentlichen Verkehr und im Umweltschutzgesetz. Hinzu kommen Leitsätze des Kantonalen Richtplans. Mit dem Gegenvor- schlag zur Städteinitiative wird nun erstmalig eine quantitative Zielgrösse im Umweltschutzge- setz verankert. Die Teams haben die Kohärenz zwischen den geplanten Massnahmen und den verkehrspoli- tischen Grundlagen (inklusiver neuer quantitativer Zielvorstellungen von „Stiig-um“) unter- sucht. Sie kommen zu folgenden Schlüssen: › Die Förderung des öffentlichen, Fuss- und Veloverkehr (Verkehrsmittel des Umweltverbun- des) ist aus sämtlichen Grundlagen direkt oder indirekt ableitbar und deckt sich mit den Zielen von „Stiig-um“. › Im MIV (HLS- und städtisches Netz) sind bis 2020 grundsätzlich keine Netzausbauten resp. – ergänzungen vorgesehen. Das Ziel ist die Sicherstellung der heutigen Kapazitäten. Auch dies ist grundsätzlich kohärent zu den verkehrspolitischen Grundsätzen. › Die weiteren Massnahmen, vor allem Umgestaltungsmassnahmen zur Aufwertung der Wohn- und Arbeitsqualität (namentlich im Bereich Verkehrsberuhigung), sind kohärent mit der Basler Verkehrspolitik. › Alle Teams betonen, dass die bisherigen Massnahmen primär Pull-Charakter aufweisen, d.h. neue Angebote oder Anreize beim ÖV und Fuss-/Veloverkehr setzen zur Verlagerung des MIV. › Hingegen fehlen stärker restriktive, direkt auf eine MIV-Reduktion zielende Massnahmen. Nur damit lässt sich der neue Umweltgesetzesartikel gemäss „Stiig-um“ hinreichend umsetzen. › Metron weist zudem darauf hin, dass im Kantonalen Richtplan Massnahmen zum Kapazitäts- ausbau auf dem HLS-Netz hohe Priorität geniessen und umgekehrt die flankierenden Mass- Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Kohärenz der Basler Verkehrspolitik
|25 nahmen auf dem untergeordneten Netz nur vage formuliert sind. Letzteres ist aber absolut ent- scheidend, um das Reduktionziel von „Stiig-um“ zu erreichen. › Im gleichen Sinne werden einzelne der geplanten Massnahmen zwar nicht als inkohärent, aber ungenügend beurteilt mit Blick auf das „Stiig-um“ Reduktionsziel: Insbesondere die bisherige LSA-Praxis, weil sie die Maximierung der Leistungsfähigkeit für den MIV postuliert und nicht den Kapazitätsabbau, aber auch die Parkraumpolitik (zu niedrige Tarife von Anwohner- und Pendlerparkkarten) oder die fehlende Zonierung des Umweltschutz-Abonnements. Würdigung Beurteilungsgremium: Auch das Beurteilungsgremium kommt zum Schluss, dass die bisherige Basler Verkehrspolitik insgesamt sehr kohärent ist. Die neue Rechts- grundlage mit dem quantitativen MIV-Reduktionsziel von „Stiig-um“ erfor- dert aber zusätzliche Massnahmen. Es genügt folglich nicht, Alternativen zum MIV in Form verbesserter An- gebote im öffentlichen, Fuss- und Veloverkehr zu schaffen. Vielmehr gilt, mit gezielten Massnahmen auch den MIV direkt zu beeinflussen, entwe- der in Richtung Verlagerung auf alternative Verkehrsmittel oder in Rich- tung Fahrtenverzicht. Eine rein zeitliche Verlagerung ist nicht zielführend. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass Mehrverkehr durch Aus- oder Neubau von Hochleistungsstrassen auf dem übrigen Strassennetz kompensiert werden muss. Dies dürfte nach heutigem Planungsstand zwar erst nach 2020 eintreten, erfordert aber grosse Anstrengungen hin- sichtlich flankierender Massnahmen (zusätzlich zu einem kurzfristigen „Stiig-um“-Massnahmenpaket). Zur Umsetzung von „Stiig-um“ braucht es ein Gesamtpaket, das wirksam, kosteneffizient und vor allem regional abgestimmt ist, um Ziel- und Quell- verkehre beeinflussen zu können. Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Kohärenz der Basler Verkehrspolitik
26| 4. ZIELBEITRÄGE ERGÄNZENDE MASSNAHMEN 4.1. TEAM BASLER&HOFMANN / IRAP Auf Basis der nach Verkehrssegmenten differenzierten Potenzialanalyse konstatiert das Team B&H, dass die bisherigen Massnahmen sich hauptsächlich auf die Bereiche Infrastruktur und Angebot wie auch ergänzende Pull-Massnahmen beziehen. Sehr schwach wirken bisher die Push-Massnahmen. Ergänzende Massnahmen müssen daher vor allem aus diesem Bereich kommen. Das Team leitet sechs prioritäre Stossrichtungen ab: › Verkehrsmanagement – umfassende Dosierung und Steuerung des MIV › Parkierung – Parkraumbewirtschaftung ausweiten › Fuss- und Veloverkehr – gewonnene Freiräume nutzen › ÖV – Tramnetzausbauten nutzen für Angebotsverbesserungen › Mobilitätskultur – Umstieg thematisieren & kommunizieren › Stadtlogistik – stadtverträgliche Abwicklung des Güterverkehrs Die folgende Tabelle fasst die damit verbundenen Massnahmenpakete und deren Wirkungsab- schätzung zusammen. ERGÄNZENDE MASSNAHMEN (B&H / IRAP) Stossrichtung Teilmassnahmen Wirkung Red.[FzKm] 1. Verkehrsmanage- › Verkehrssteuerung und Verkehrslenkung: Zufahrtsdosierungen 5.5% ment sowie Koordination der Lenkungsmassnahmen im Rahmen und er- gänzend zur LSA-Strategie. Abstimmung der Pförtneranlagen mit den Gemeinden des Agglomerationsgürtel, insbesondere in Richtung Allschwil und Birstal › Verkehrsberuhigung in Quartieren: Weitere Ausdehnung der Tempo- 0.9% 30-Zonen (als Übergangslösung nur nachts) sowie temporäre Sper- rungen von Abschnitten, die von Schleichverkehren (infolge der VM- Massnahmen) besonders betroffen sind › Umbau von Hauptverkehrsstrassen: Weitere Umverteilung von Flä- 1.3% chen (Fahrstreifenreduktion) zugunsten des ÖV, Fuss- und Velover- kehrs › Zeitliche Bewirtschaftung von Strassen: Tageszeitliche Nachfrage- k.A. steuerung (Sonntags-Fahrverbote, Parkierungsregeln, Signalpro- gramme, Nachtverbot Schwerverkehr, Anlieferungen, etc.) 2. Parkierung › Weitere Anpassungen Parkplatzverordnung: Reduktion Parkplätze 5.8% bei Neunutzungen, Preiserhöhung Anwohner-Parkkarten, Abschaf- fung Pendler-Parkkarte, Preiserhöhung öffentlicher Parkplätze (min- destens aufs Niveau anderer Schweizer Städte) › Reduktion öffentlicher Parkplätze (zG von Velospuren resp. – abstellplätzen) sowie Umsetzung Quartierparkhäuser (gemäss Pend- lerfonds). Studienauftrag „Stiig-Um“ - Synthese | 23. April 2013 | Zielbeiträge ergänzende Massnahmen
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