Take Care: Kunst und Medizin Yoko Ono. This Room moves at the same Speed as the Clouds Alexandra Bachzetsis. 2020 : Obscene
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
MAGAZIN 1 · JANUAR 2022 CHF 8.– Take Care: Kunst und Medizin Seite 8 Yoko Ono. This Room moves at the same Speed as the Clouds Seite 18 Alexandra Bachzetsis. 2020 : Obscene Seite 22
JAN BRUEGHEL d. Ä. Hafenszene mit Fischmarkt. 1605. Öl auf Kupfer. Signiert und datiert. 17,4 × 27,3 cm. (Auktion Alte Meister, 1. April 2022) Einlieferungen für unsere zahlreichen Auktionen 2022 nehmen wir gerne entgegen. ALTE UND MODERNE KUNST · SCHMUCK · ARMBANDUHREN ASIATICA · DECORATIVE ARTS · BÜCHER · PHOTOGRAPHIE Koller Auktionen · Hardturmstrasse 102 · 8031 Zürich Tel. +41 44 445 63 63 · office@kollerauktionen.ch www.kollerauktionen.ch
EDITORIAL 3 Liebe Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft Wir freuen uns mit Ihnen über den überwältigenden Zulauf von mehr als 100 000 kunstbegeisterten Besucherinnen und Besuchern, die das Kunsthaus in den Wochen nach der Eröffnung des viel bewunderten Chipperfield-Baus gesehen haben und die unsere Angebote überaus rege nutzen – bis Ende des Jahres wurden zum Beispiel mehr als 500 Führungen gebucht, und dies trotz der noch immer schwierigen Corona-Bedingungen… Danke für die vielen positiven, ja begeis terten Rückmeldungen. Auch freuen wir uns sehr über fast tausend neue Mitglieder in der Kunstgesellschaft innerhalb weniger Wochen – seien Sie alle herzlich willkommen! Die Sammlung Emil Bührle hat in der Presse ein nationales und internationales Echo ausgelöst. Wir bedauern, dass die Debatte teilweise polemisch geführt wurde. Dass die Geschichte dieser herausragenden Kunstsammlung erneut hohe Wellen schlagen würde, war zu erwarten, vor allem angesichts der nun breit und ernsthaft geführten Diskussion um die Thematik Raubkunst / Fluchtkunst. Die Geschichte der Sammlung und die Herkunft aller Kunstwerke wurden vor dem Einzug in das öffentliche Kunsthaus gründlich erforscht. Diese Informationen sind vollumfänglich und transparent in gedruckter und elektronischer Form zugänglich, ebenso wie das komplette Archiv der Stiftung im Kunsthaus ohne Einschränkung für die Forschung zur Verfügung steht. Einer Überprüfung durch ein unabhängiges Expertengremium stehen sowohl die Zürcher Kunstgesellschaft wie auch die Stiftung Sammlung E. G. Bührle positiv gegenüber. Insbesondere das zentrale Thema Fluchtkunst bedarf nach Einschätzung des Kunst- hauses und einer Reihe von Expertinnen und Experten und Interessengruppen einer vertieften Diskussion von Fachleuten und Juristen sowie auf politischer Ebene. Wir be- grüssen diese Entwicklung ausdrücklich und werden sie nach Kräften unterstützen und aktiv fördern. Sie ist notwendig zur grundsätzlichen Klärung offener Fragen, nicht zuletzt um künftig eine verlässliche juristische Grundlage bei Rechtsfällen und gege benenfalls bei Restitutionen zu erhalten. Das Kunsthaus Zürich verfügt über eine eigene Forschungsstelle für Provenienzen. Es ist selbstverständlich, dass die Forschungen weitergeführt und intensiviert werden und neue Erkenntnisse zu Provenienzen transparent vermittelt werden. Und natürlich wird die Kontextualisierung um neue, historisch abgesicherte Erkenntnisse ergänzt. Wenn Sie mehr wissen möchten, dann empfehlen wir Ihnen als Einstieg das Digitorial «Die Sammlung Emil Bührle im Kunsthaus Zürich» unter buehrle.kunsthaus.ch. Foto © Franca Candrian, Kunsthaus Zürich Herzlichen Dank für Ihr Interesse: Im neuen Kunsthaus sind alle willkommen! Mit sehr freundlichen Grüssen, im Namen des ganzen Kunsthaus-Teams, Ihr Christoph Becker
4 GUT ZU WISSEN MITGLIEDER ZKO-Wandelkonzert Roy Lichtenstein, Baked Potato, 1962 Kunsthaus Zürich, Sammlung Erna und Curt Burgauer, 1976 An diesem besonderen Abend können Sie © Estate of Roy Lichtenstein / 2022, ProLitteris, Zurich nach der regulären Öffnungszeit mit dem Zürcher Kammerorchester die visuellen Eindrücke der Sammlung in Kombination KULTURNEWS N E U! mit musikalischen Beiträgen erleben. In «Kunst-Stück» verschiedenen Räumen und unterschiedli chen Konstellationen präsentiert das ZKO ein Programm, das – wie die Gäste – musika Amerikanische Kunst lisch zwischen den Kunstepochen wandelt. Fr 18. März ab 19.30 Uhr (Moser- und Müller-Bau) Spezialpreis für Mitglieder: CHF 32.– (anstatt 40.–) Das «Kunst-Stück» erhält einen weiteren Vertiefungskurs. www.zko.ch/events/wandelkonzert-22 Bei diesem Angebot erhalten Sie einen Einblick in die Strömungen der amerikanischen Kunst der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach einem Einführungsreferat lernen Sie in einem geführten Rundgang die unterschiedlichen Kunstrichtungen – Pop-Art, Abstrakter Expressionismus, Minimal-Art und Konzeptkunst – anhand der Werke in unserer Sammlung kennen. Do 17.3. / 15.9. / 8.12.2022, 18–19.45 Uhr Spezialpreis für Mitglieder: CHF 29.– (anstatt 39.–) www.kunsthaus.ch/agenda SHOP Tragbare Skulpturen Im neuen Kunsthaus-Shop finden Sie ein wechselndes Sortiment an jungen wie auch bekannten Schmucklabels, Artist Marta Botas, Foto: Lucia Gorostegui wie zum Beispiel die einzigartigen Schmuckstücke von Helena Rohner aus Madrid. Ihr Arbeitsprozess zeichnet sich durch den spielerischen Umgang mit Materialien, klaren Linien und einfachen Formen aus. Es entstehen kleine, tragbare Skulpturen, die das Licht einfangen und strahlend wiedergeben. Wechselndes Sortiment Mitglieder 10 % / Mitglieder PLUS 20 %
GUT ZU WISSEN 5 KULTURNEWS Kulturzüri Wie möchten Sie nach Ihrem Kulturbesuch nach Hause gehen? Lachend, weinend, mit rauchendem Kopf oder mit Gänsehaut? Oder doch mit rasendem Puls, tiefenent spannt, beglückt oder gar mit weltverbesserischen Absichten? Mit den neuen Filtern auf Kulturzüri finden Sie die passende Veranstaltung oder Ausstellung für Ihre Stimmung. Kulturscouts bedienen in ihren redaktionellen Beiträgen eine Bandbreite an Kulturgeschmack und geben für Sie Empfehlungen ab. Lassen Sie sich inspirieren! kulturzüri.ch KULTURNEWS «Nachtaktiv» – ein Museumsabend für Jugendliche Das CreativeLabZ, eine Initiative OBJEKT DER BEGIERDE der Universitäten Zürich und Basel Dada Pocket Guide sowie der ETH Zürich, organisiert einmal im Monat eine Abendveran staltung für Jugendliche im Museum. Am 31. März gastiert «Nachtaktiv» Der «Dada Stadt Zürich Pocket Guide» (D/E) ist das nützliche im Rahmen der Ausstellung von Handbuch, um den Dadaisten und Dadaistinnen in der Stadt Zürich Yoko Ono im Chipperfield-Bau. auf die Spur zu kommen. Das auf die Dada-Wanderkarte Kuratorin Mirjam Varadinis führt in des Jubiläumsjahres 2016 beruhende, stark erweiterte und über die Ausstellung ein und stellt sich den Fragen von Christoph Stuehn zu hundertseitige Bändchen lokalisiert auf sechs detailreichen Karten den Hintergründen der Ausstellung. über siebzig Adressen, an welchen Dada-Protagonistinnen und -Protagonisten Geschichte schrieben. Den von Cabaret Voltaire und Kunsthaus co-editierten Guide können Sie auch in Stadtrundgängen mit Salome Hohl und Cathérine Hug real vertiefen. Der Pocket Guide ist am Kunsthaus-Shop für CHF 7.– erhältlich (Mitglieder CHF 6.50). Für Jugendliche von 16 bis 25 Jahren. Mit DJ und Barbetrieb. Eintritt frei. Infos: nachtaktiv.live
AUKTIONEN 2022 IN BASEL WIR FREUEN UNS AUF IHRE EINLIEFERUNGEN. kostenfreie und unverbindliche Schätzungen nach Terminvereinbarung 23. MÄRZ SCHWEIZER KUNST UND INTERNATIONALE KUNST VOR 1900 22. JUNI MODERNE UND ZEITGENÖSSISCHE KUNST FERDINAND HODLER Piz Corvatsch, 1907 Schwarzwaldallee 171 4058 Basel | 061 312 32 00 | info@bbw-auktionen.com | www.bbw-auktionen.com
8 AUSSTELLUNGEN TAKE KUNST CARE UND MEDIZIN Ausgehend von den Sammlungsbeständen des Kunsthauses und ergänzt durch 180 Leihgaben, wird das produktive Wechselspiel von Krankheit und Schmerz, Medizin, Pflege und Heilung anhand von rund 300 Exponaten in sechs Kapiteln nachgezeichnet. 8. April – 17. Juli 2022 KURATORIN Cathérine Hug
AUSSTELLUNGEN 9 Michelle Miles, hand model, 2018 Video, Farbe, Ton, Dauer 1'46'' Courtesy of the artist, © Michelle Miles
10 AUSSTELLUNGEN E s begegnet uns heute ein Klima, in wel- chem der Themenkomplex Gesundheit neben denjenigen von Sicherheit und in- dividueller Freiheit den wichtigsten Platz einnimmt. Künstlerinnen und Künstler, deren Körper als Instru- ment für die Schaffung ihrer Werke dient, befassen sich in einer bestimmten Phase ihrer Laufbahn häufig mit der Befindlichkeit ihrer Physis oder Psyche. Wie kunsthistorisch einschlägige Beispiele zeigen, machen die Betroffenen ihre Krankheit zum Thema genialischer Werke, etwa Paul Klee mit seinem Haut- leiden Sklerodermie und dem daran inspirierten neuartigen Umgang mit Bildkompositionen und -tex- turen; General Ideas lautstarke und werbewirksame Ästhetik im Kampf gegen die Diskriminierung von AIDS-Kranken; Anna Halprins Ausdruckstanz beim Heilungsprozess anlässlich ihrer Krebserkrankung oder jüngst bei den filmisch wie in einem Renais- sance-Stillleben inszenierten atrophierten Händen der an den Rollstuhl gebundenen Michelle Miles. Mit der Corona-Pandemie, die seit nunmehr zwei 1 Jahren weltweit die Medien beherrscht, hat das Thema Gesundheit nochmals eine ganz andere Dring- lichkeit im Bewusstsein der Menschen bekommen. Kaum jemand, der oder die sich nicht dazu geäussert hätte. Noch nie zuvor hat sich eine ansteckende Krankheit in so kurzer Zeit global verbreitet. Dadurch Mittelalters zurück: Mit dem Anspruch, neben Wis- werden viele bis dahin nicht hinterfragte Werte in ein sen auch Schönheit zu vermitteln, stellten Persönlich- kritisches Licht gestellt und Grundsatzfragen aufge- keiten wie Hildegard von Bingen, Leonardo da Vinci worfen: «Wie stehen individuelle Freiheit und kollek- oder Andreas Vesalius als Erste das Innere des tive Gesundheit im Verhältnis zueinander?»; «Was hat menschlichen Körpers dar. Sichtbarmachen und In- in einer demokratisch verfassten Gesellschaft Priori- terpretieren sind seit jeher Absichten, die Künstler tät?»; «Welches Leben wollen wir leben?»; «Ist Nor- und Medizinerinnen verbinden. malität in Bezug auf den Körper überhaupt noch ein zeitgemässes Konzept?». HISTORISCHER EXKURS Lange wurde der Medizin nicht der Stellenwert bei- SICHTBARMACHEN UND INTERPRETIEREN gemessen, welchen sie heute geniesst – und der Kunst Der offensichtlichste Aspekt, der Mediziner und in der Medizin wird heute noch nicht die Bedeutung Künstlerinnen verbindet, ist die Bedeutung, welche zugeschrieben, die sie dort vielleicht haben sollte. Die beide Gruppen Bildern beimessen. Bildgebende Ver- Kirche war den Naturwissenschaften im Allgemeinen fahren haben die Medizin seit der Entdeckung der und der medizinischen Forschung im Besonderen Röntgenstrahlen vor über einem Jahrhundert revolu- feindlich gesinnt, da letztere mit ihrem evolutions- tioniert. Ferner finden sich in der jüngeren Wissen- theoretischen Ansatz «avant la lettre» die höhere, schaftsgeschichte Beispiele, die zeigen, wie ästheti- gottgewollte Weltordnung in Frage stellte. Eine akri- sche Kriterien naturwissenschaftliche Forschungsar- bisch zusammengestellte, viel mehr exemplarische beit massgeblich mitbestimmen können. So erfolgte denn repräsentative Auswahl von Objekten ab dem die Entwicklung der Doppelhelix der DNS, für die der 19. Jahrhundert, dem «Goldenen Zeitalter der Medi- Physiker Maurice Wilkins und die Molekularbiologen zin» (Ronald D. Gerste; Erwin Ackerknecht), mit Francis Crick und James Watson 1962 den Nobelpreis grossen Konvoluten aus der Medizinischen Samm- für Medizin erhielten, gleichermassen nach wissen- lung des Instituts für Evolutionäre Medizin (UZH), schaftlichen wie visuellen Kriterien. Somit ist ein der Graphischen Sammlung der ETH und dem Musée gewisser künstlerischer Gestaltungswille den Wis- de l’Assistance Publique – Hôpitaux de Paris, zeigen senschaften inhärent. Dieser Anspruch reicht bis in ästhetisch faszinierende Meilensteine, aber auch Irr- die Renaissance und sogar in die Stundenbücher des wege der Medizingeschichte. Realien, also nicht per
AUSSTELLUNGEN 11 1 Damien Hirst, 3-Hydroxy-4-Methoxyphenethylamine, 1993 Glänzende Haushaltsfarbe auf Leinwand, 275 × 275 cm Sammlung Bischofberger, Männedorf-Zurich, © Damien Hirst and Science Ltd. All rights reserved / 2022, ProLitteris, Zurich 2 Martin Kippenberger, Junger progressiver Arzt bei der Betrachtung von Unrat, 1985 Öl auf Leinwand, 180 × 150 cm Privatbesitz, Foto: Lothar Schnepf, © Estate of Martin Kippenberger, Galerie Gisela Capitain, Cologne KÜNSTLER/INNEN Mit der Beteiligung von rund 50 Künstle- rinnen und Künstler der Gegenwart bis zurück ins 19. Jahrhundert, darunter Panteha Abareshi, Ilit Azoulay, Jean-Michel Basquiat, Judith Bernstein, Joseph Beuys, 2 Louise Bourgeois, Rachal Bradley, Stefan Burger, Sophie Calle, Sabina Carraro, Georges Chicotot, Honoré Daumier, Jean Dubuffet, Albrecht Dürer, Max Ernst, Adolf Fleischmann, General Idea, Michael Günzburger, Anna Halprin und Ruedi Gerber, Barbara Hammer, Christoph Hänsli, Duane Hanson, Lynn Hershman Leeson, Damien Hirst, Ferdinand Hodler, Andreas Hofer, Hanspeter Hofmann, huber. huber, Anna Jermolaewa, Hennric Jokeit, Fritz Kahn, Martin Kippenberger, Paul Klee, Herlinde Koelbl, Bruce Nauman, MANON, Michelle Miles, Shana Moulton, 2 Thomas Müllenbach, Matt Mullican, Meret Oppenheim, Uriel Orlow, Herbert Ploberger, Maria Pomiansky, Marc Quinn, Arnulf Rainer, RELAX chiarenza & hauser & co, Pipilotti Rist, Ana Roldán, Pamela Rosenkranz, Corinne L. Rusch, Talaya Schmid, Kiki Smith, Veronika Spierenburg, Jules Spinatsch, Lucy Stein, Daniel Spoerri, Rosemarie Trockel, Luc Tuymans, Varlin, Andreas Vesalius, Lotte Luise Volger, Christine Tien Wang, Nives Widauer.
12 AUSSTELLUNGEN 3 se als Kunst deklarierte Geschichtszeugen, werden in (1964, beide Sammlung Speck, Köln). Aufgrund von einen assoziativen Dialog mit Kunstwerken gesetzt. verbesserten hygienischen Bedingungen, einem aus- Symbolträchtig für das Zusammenspiel von Kunst gewogeneren Verhältnis von Arbeit und Freizeit, aber und Medizin ist sicherlich, wenn Arzt und Künstler auch dank Forschungsvorstössen in der Pharmabran- sich in einer Person vereinen, wie das bei dem in die- che und einem breiteren Zugang zu Medikamenten ser Ausstellung vertretenen Radiologen Georges ist die Lebenserwartung von 64 Jahren für Männer Chicotot (1908) und dem Ophtamologen Herbert und 68 für Frauen im Jahr 1949 auf 76 und 81 im Jahr Ploberger (1928) der Fall ist. 2002 gestiegen. Damien Hirst hat sich bei seinen Medikamentenverpackungs-Displays und «Spot Pain- ZUKUNFTSDRANG UND INNOVATION tings» eingehend mit der Nomenklatur lebensverbes- Im 19. Jahrhundert überschlugen sich die Innovatio- sernder und -erhaltender Faktoren und besonders mit nen nicht allein in den Bereichen der Industrie, Mo- deren Warencharakter auseinandergesetzt. Titel wie bilität und Kommunikation, auch die Medizin setzte «3-Hydroxy-4-Methoxyphenethylamine» stammen Meilensteine in der Antisepsis, der Anästhesie und aus dem Produktekatalog «Biochemicals for Research damit einhergehend in der Chirurgie, der Epidemio- and Diagnostic Reagents». Medizinische Technologie logie, der Prophylaxe und der Diagnostik. 1883 wurde ersetzt christliche Theologie, die Gnosis wird Dia- auch die weltweit erste allgemeine Kranken- und gnosis. Kein Werk versinnbildlicht dieses Symbol der Unfallversicherung im Deutschen Kaiserreich einge- «Halbgötter in Weiss» anschaulicher als Duane führt. Im Verlauf technischer Entwicklungen began- Hansons täuschend echt erscheinendes Abbild eines nen sich Künstlerinnen und Künstler immer mehr für Arztes bei einer Sprechstunde. die technisch induzierten bildgebenden Verfahren der Medizin zu interessieren: Als ikonisches Ausgangsbild KRANKHEIT ALS KREATIVITÄTSFAKTOR für dieses Interesse stehen die Schädelröntgenbilder In jüngerer Zeit bedienen sich Kunstschaffende der von Claire und Yvan Goll (1927) oder auch Joseph Medizin als integrales Gestaltungselement, sozusa- Beuys’ EKG in «Notfalls leben wir auch ohne Herz» gen als physiologischem «Pinsel der Empfindung».
AUSSTELLUNGEN 13 4 3 Sabian Baumann, 4bein, 2011 Grafitstift auf Papier (vélin), 93 × 150,5 cm Kunsthaus Zürich, 2015, © Sabian Baumann 4 Stirnkühler gegen Kopfschmerzen und emaillierte Werbeplakette des Herstellers PSYGMA, per 4.5.1919 patentiert Leihgabe Universität Zürich, Institut für Evolutionäre Medizin (IEM), © Institut für Evolutionäre Medizin 5 Georges Chicotot, Premiers essais du traitement du cancer par rayons X, 1908 Öl auf Leinwand, 119 × 95,7 cm Musée de l'Assistance Publique – Hôpitaux de Paris, Foto: AP-HP / musée – F. Marin 5
14 AUSSTELLUNGEN Am spektakulärsten ist die «Medizin als Pinsel» Der Philosoph Paul B. Preciado beobachtet in gewiss im Zusammenspiel mit den Bereichen der unserer Zeit, die sowohl durch eine globale Gesund- plastischen Chirurgie. Künstlerinnen machen ihren heitskrise als auch durch wissenschaftliche Errungen- Körper zum eigentlichen Kunstwerk bzw. nehmen an schaften geprägt ist, ein tiefgreifendes Bedürfnis nach ihm bewusste Veränderungen vor, die nur durch einer neuartigen Ästhetik des Begehrens. Die Künst- medizinische Eingriffe möglich sind. Ferner themati- lerinnen und Künstler dieser Ausstellung nehmen uns sieren und hinterfragen Künstlerinnen und Künstler auf eine Erkundungsreise von Leiblichkeit, Krankheit, wie Panteha Abareshi, Sabian Baumann, Martin Schmerz und Heilung mit. Oder um es in den Worten Kippenberger, MANON und Veronika Spierenburg der teilnehmenden, selbst von Krankheit betroffenen zum einen den Klinikalltag aus der Perspektive von Künstlerin Anna Halprin zu sagen: «The body is living sogenannt «Betroffenen», zum anderen hinsichtlich art. Your movement through time and space is art. A des Gesellschaftsdruckes eines «normalen» bzw. ide- painter has brushes. You have your body.» alen Körperbildes. In MANONS «Selbstporträt in Gold» (2014) oder Sabian Baumanns «4bein» (2011) Unterstützt von der Privatklinik Bethanien wird dieser Diskriminierung eine positive, auch mit Humor besetzte Geste der Selbstermächtigung ent- gegengesetzt. FORTSCHRITT STELLT UNS VOR NEUE FRAGEN Besonders ethische Fragen sind ins Zentrum der medialen Aufmerksamkeit gerückt, wie der weltweite Aufschrei rund um die durch den Biophysiker He Jiankui missbrauchte Crispr-Cas9-Methode (Gen- KATALOG UND VERANSTALTUNGEN schere) zeigt. Emmanuelle Charpentier und Jennifer Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit neuen Beiträgen von Vincent Doudna, die von der in dieser Ausstellung vertretenen Barras, Christoph Becker, Flurin Condrau, Georges Didi-Huberman, Fotografin Herlinde Koelbl porträtiert worden sind, Cathérine Hug, Adina Kamien, Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, haben für Crispr-Cas9 2020 den Nobelpreis für Che- Muriel Pic, Linda Schädler, Martin Trachsel, Agnès Virolle und Nicola von Lutterotti. Rahmenprogramm u.a. mit dem Institut für Evolutionäre mie erhalten. Skulpturen naturgrosser Körper von Medizin (IEM) der UZH, der Forschungsgruppe «Rethinking Art Marc Quinn nahestehenden Personen, wie z. B. sei- History through Disability» der UZH und dem Unispital Zürich. Unter nem eigenen Kind, bestehen unter der Beimischung Mitwirkung u.a. von Sabian Baumann, Günter Burg, Sabina Carraro, von teils schier endlos erscheinenden Namenslisten Damian Christinger, Monika Dommann, Michael Geiges, Ruedi Gerber, Charlotte Matter, Michael Murrell, Edwin Ramirez, Talaya Schmid chemischer Substanzen von Medikamenten, die eben mit Laura Lazura, Claudia Spinelli, Jakob Tanner und Martin Trachsel. diese Dargestellten täglich einnehmen müssen. Mit Details ab April auf unserer Ausstellungswebsite. dem Titel «Chemical Life Support» werfen sie Grund- satzfragen über lebenserhaltende Massnahmen auf. SINNLICH-ASSOZIATIVER STREIFZUG Ausgehend von den Sammlungsbeständen des Kunst- hauses und ergänzt durch über 180 Leihgaben, wird das produktive Wechselspiel von Krankheit und Schmerz, Medizin, Pflege und Heilung anhand von rund 300 Exponaten in sechs Kapiteln nachgezeich- net. Sämtliche Medien von Zeichnung und Malerei über Skulptur bis Video, Rauminstallation und Performance sind in dieser asynchron-assoziativen Abfolge wiederzufinden. Es werden ausschliesslich Kunstwerke berücksichtigt, die körperliche Gebre- chen (auch seelischen Ursprungs) thematisieren. Die sechs Themenbereiche drehen sich um das «goldene Zeitalter» der Medizin; Pandemien; Prophylaxe, Kom- plementärmedizin und Selbstheilung; der diagnosti- sche Blick und das System Spital und Pflege; Medika- tion und Forschung und schliesslich Betroffene am Scheideweg vom normalen zum singulären Körper. 6
AUSSTELLUNGEN 15 7 6 Lotte Luise Volger, Lupus vulgaris. Lupus erythematodes, undatiert Moulage; Wachsmischung, Stoff auf Holz, 18,4 × 23,5 × 11 cm Moulagenmuseum des Universitätsspitals und der Universität Zürich 7 Kiki Smith, Untitled, 1992 Graphit auf Metho-Zellulose und handgefärbtes Nepalpapier, 160 × 47 × 138 cm D. Daskalopoulos Collection, © Kiki Smith
16 ANZEIGEN Featured Artists: Gabi Veit Tim Carson Featured Featured Artist: Artist: Nicole Nicole Schuste Schuste Hanna Kim www.foc.ch BERATEN | SCHÄTZEN NACHLÄSSE AUFLÖSEN VERSTEIGERN Kontaktieren Sie unser Expertenteam Augustin Théodule Ribot Tel. 043 399 70 63 «Cabaret normand», 1875 info@schulerauktionen.ch Öl auf Leinwand, 98 x 130 cm www.schulerauktionen.ch verkauft für CHF 80’000.- Schöne und seltene Bücher Oberdorfstrasse 10, 8001 Zürich, www.finebooks.ch, 043 222 4 888 Dienstag bis Freitag 11.30–18 h, Samstag 11–16 h 210413_KHZ_Fine Books.indd 1 13.04.21 16:44
Your open mind Our engagement Inspiration by art Art inspires. Art stimulates. Art engages. That’s why Swiss Re collects art, commissions artists and builds bridges between art and architecture, between business and institutions, between employees and their work spaces. Art connects people – every day. Let’s be smarter together. www.swissre.com
18 AUSSTELLUNGEN 1 YOKO ONO THIS ROOM MOVES AT THE SAME SPEED AS THE CLOUDS 4. März – 29. Mai 2022 KURATORIN Mirjam Varadinis
AUSSTELLUNGEN 19 Yoko Ono (*1933) gehört zu den einflussreichsten Künstlerinnen unserer Zeit. Ihre Performances und Aktionen der 1960er- und 1970er-Jahre haben Kultstatus erreicht und laden sich gerade aus heutiger Perspektive mit neuer Aktualität auf. Yoko Ono hat sich seit Beginn ihrer Karri- Büchlein «Grapefruit» veröffentlicht. Die- ere mit wichtigen gesellschaftspolitischen ses kleine grosse Werk der Konzeptkunst Themen auseinandergesetzt, die auch enthält Handlungsanweisungen für einfa- heute noch von grosser Relevanz sind. Sie che Aktionen, die jede/r ausführen kann engagiert sich seit jeher für den Frieden und die ganz alltägliche Verrichtungen in auf der Welt und setzt sich für feministi- Performances verwandeln. Was dabei sche Anliegen ein. Ideen spielen dabei im- allerdings zählt ist die Imagination, die mer die zentrale Rolle. Mal formuliert sie Fantasie. Das Kunstwerk entsteht im Kopf diese auf spielerisch-humorvolle Weise, und muss nicht zwingend aufgeführt wer- mal ganz radikal, dann wiederum sehr den. Yoko Ono war eine der ersten, die poetisch – und einige verwandelt sie in solche «Event Scores» verfasste und damit Objekte, andere lässt sie immateriell. den Kunstbegriff radikal veränderte und Dementsprechend vielfältig ist das künst- nachhaltig erweiterte. Den Titel «Grape- lerische Werk von Yoko Ono und umfasst fruit» wählte die Künstlerin, weil sie die Skulpturen, Arbeiten auf Papier, Installa- Grapefruit als Hybrid verstand, als Mi- tionen, Performances, Film und Musik. schung zwischen Orange und Zitrone. Sie selbst empfand sich genauso als Hybrid – HANDLUNGSANWEISUNGEN zwischen Japan und Amerika, zwischen ZWISCHEN LYRIK, KONZEPT- UND Ost und West, zwischen bildender Kunst, PERFORMANCEKUNST Musik und Performance. Ausgangspunkt der meisten Werke sind sogenannte «Event Scores» oder «Instruc- AKTUALITÄT VON tions». Viele davon hat Yoko Ono 1964 YOKO ONOS SCHAFFEN erstmals in dem berühmten quadratischen Diese vielfältige künstlerische Praxis ist es, die Yoko Ono aktueller macht denn je. Wir leben in Zeiten, in denen sich die Grenzen zwischen den künstlerischen 1 Disziplinen immer mehr auflösen und die Yoko Ono, Cut Piece, 1964 / 65 Performance Carnegie Recital Hall, Idee des Publikums als Performer bzw. die New York City, 21. März 1965 Foto: Minory Niizuma, © Yoko Ono Inszenierung des Individuums im Alltag aufgrund von Social Media zentrale Be- 2 Yoko Ono, Film No. 4 ('Bottoms'), [Fluxfilm No 16], 1966 deutung erlangt hat. Die Ausstellung im Filmstrip‘, © Yoko Ono Kunsthaus Zürich setzt genau bei dieser 2
20 AUSSTELLUNGEN 3 Aktualität von Yoko Onos Schaffen an und Einzelausstellung einer internationalen zeigt eine Auswahl von rund 60 zentralen Künstlerin im neu eröffneten Chipper- Werken aus allen Schaffensperioden, mit field-Bau. Begleitend zur Ausstellung ist einem Schwerpunkt auf dem Frühwerk. ein vielfältiges Performance-Programm Die Präsentation will keine klassische Re- geplant, bei dem wichtige Werke von Yoko trospektive sein, sondern das über fünf- Ono reinszeniert werden (siehe www. zigjährige künstlerische Schaffen mit kunsthaus.ch, ab März). In einem erwei- einem frischen Blick aus dem Heute neu terten Programmheft in Englisch und beleben und die Zuschauerinnen und Deutsch werden diese Performances und Zuschauer auf vielfältige Weise mitinvol- zentrale Themen von Yoko Onos Schaffen vieren. Yoko Ono ist an der Konzeption mit Texten verschiedener Autorinnen be- der Ausstellung persönlich beteiligt, und leuchtet, u.a. mit Beiträgen von RoseLee die Werkauswahl geschieht gemeinsam Goldberg, Catherine Morris, Patti Smith, mit ihr und ihrem langjährigen Kurator Dorothee Richter, Fanny Wissler und und Freund Jon Hendricks. Emma McCormick-Goodheart. ERSTE EINZELAUSSTELLUNG Unterstützt von IM CHIPPERFIELD-BAU Die Ausstellung «THIS ROOM MOVES AT THE SAME SPEED AS THE CLOUDS» von Yoko Ono ist die erste Präsentation der Künstlerin in einem grossen Schwei- zer Museum und gleichzeitig die erste Albers & Co AG
AUSSTELLUNGEN 21 4 5 3 Yoko Ono, Wish Tree, 1996 / 2013 Ausstellungsansicht, YOKO ONO: HALF-A-WIND SHOW - A RETROSPECTIVE, Louisiana Museum of Modern Art, 2013, Foto: Bjarke Ørsted, © Yoko Ono 4 Yoko Ono and John Lennon, War is over! If you want it (Love and Peace from John & Yoko), 1969 Original-Poster, © Yoko Ono 5 Yoko Ono, Apple, 1966 Ausstellungsansicht, UNFINISHED PAINTINGS & OBJECTS BY YOKO ONO, Indica Gallery, London, 1966 Foto: Iain Macmillan, © Yoko Ono 6 Yoko Ono, Sky Piece to Jesus Christ, 1965 / 2013 Performance in Zusammenarbeit mit YOKO ONO: HALF-A-WIND SHOW – A RETROSPECTIVE, Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk, 2013 Foto: Bjarke Ørsted, Courtesy of Louisiana Museum of Modern Art, © Yoko Ono 6
22 AUSSTELLUNGEN Alexandra Bachzetsis 2020: OBSCENE 25. März – 1. Mai 2022 KURATORIN Mirjam Varadinis ihr neustes Werk «2020: Obscene» bei uns in der Museumsfassung Premiere feiert. Darin erforscht die Künstlerin performativ die Abhängigkeiten zwischen der «Szene» – also dem Spielen und dem Inszenieren – und dem «Obszönen». Diese Beziehung hat eine lange und inspirierende Geschichte in der Sprachphi- losophie, Soziologie sowie der Kultur- und Kunst- theorie. Jean Baudrillard verwendet das Obszöne als kulturkritischen Terminus, um unsere globale Gesell- schaft zu beschreiben, die der Mediatisierung voll- kommen unterworfen und in der die Medialität zur Realität geworden ist. Gemeinsam mit drei Co-Performerinnen und -Per- Alexandra Bachzetsis (*1974) ist Choreografin und formern konzentriert sich Bachzetsis in «2020: bildende Künstlerin und lebt und arbeitet in Zürich. Obscene» auf das Verhältnis der Inszenierung des Ihre künstlerische Praxis entfaltet sich an der Schnitt- exzessiven Körpers und dessen Verzehr durch den stelle von Tanz, Performance, bildender Kunst und begehrenden Blick. Die Arbeit untersucht einerseits Theater. Viele ihrer Arbeiten beschäftigen sich mit die Problematik des Theaters als Manipulationsma- Choreografien des Körpers und insbesondere mit der schine im Hinblick auf Verführung, Anziehung und Frage, auf welche Weise wir uns Gesten, Ausdrucks- Spiele der sexuellen Identität, andererseits den dar- weisen, Identifikationsmuster und Fantasien aus der stellenden Körper selbst als Ort der Entfremdung und Popkultur aneignen, wenn wir unsere Körper im- Begrenzung des menschlichen Seins. Die Performer/ merzu neu entwerfen und definieren. Dabei interes- innen werden mit ihrer eigenen Körperlichkeit kon- siert sich Bachzetsis für den wechselseitigen Einfluss frontiert – mit den Widersprüchen zwischen Intui- zwischen «populär-kommerziellen» Medien (Social tion und Geste, Licht und Dunkel, Partitur und Skript Media, Videoclips oder Fernsehen) und der «Kunst» sowie Norm und Form. (Ballett, moderner und zeitgenössischer Tanz, Per- formance und bildende Kunst). Unterstützt von der Dr. Georg und Josi Guggenheim-Stiftung INSZENIERUNG DES EXZESSIVEN KÖRPERS Alexandra Bachzetsis’ Arbeiten wurden weltweit in wichtigen Museen und Theatern sowie Biennalen und Festivals gezeigt. Mit dem Kunsthaus Zürich verbin- det die Künstlerin, die 2018 mit dem Kunstpreis der Stadt Zürich ausgezeichnet wurde, schon eine längere Geschichte. Bereits 2008 wurde hier eine frühe Arbeit von ihr gezeigt, und im Laufe der Jahre folgten weitere Performances. Wir freuen uns daher sehr, dass nun
AUSSTELLUNGEN 23 AUSSTELLUNG UND LIVE-PERFORMANCE «2020: Obscene» von Alexandra Bachzetsis ist sowohl Ausstellung wie auch Live-Performance. Im Ausstellungsmodus werden die Bühnenelemente zu Projek- tionsflächen für eine dreiteilige Videoprojektion, und am 1. / 2. April wird die Performance live im Vortragssaal aufgeführt. Nicht verpassen! Weitere Informationen sowie Reservation ab Anfang März unter: www.kunsthaus.ch/agenda Fotos © Melanie Hofmann; Porträt © Peggy June
24 ANZEIGEN WIR PFLEGEN NOCH DIE KUNST DER DISKRETEN UND KOMPETENTEN OBJEKTVERMITTLUNG. www.fsp.immo 044 915 46 00 FEINE SCHWEIZER IMMOBILIEN Talaya Schmid Radical Soft bis 12.02.2022 Galerie Birmensdorferstrasse 299 8055 Zürich www.koenigbuero.ch
SAMMLUNG 25 DIGITALER RAUM IM FOKUS Der Name ist Programm: Das «Kunsthaus Digilab» ist ein Raum zum Experimentieren, Ausprobieren und auch kritischen Nachdenken über den digitalen Raum. Zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler werden eingeladen, in regelmässigen Abständen neue Kunst- werke zu realisieren, die online erfahrbar sind und Themen wie Big Data, Überwachung oder den Zugang zu Information reflektieren. Das erste Projekt «Re- fuse to be Human – Die Baidu Ausgabe» der !Mediengruppe Bitnik lud beispielsweise dazu ein, das Internet aus der Perspektive eines Bots zu erkunden – also eine Umkehr des im Netz üblichen Mechanis- mus, der die User dazu auffordert zu bestätigen, dass sie keine Roboter sind. Mit Hilfe einer von Bitnik pro- grammierten Browsererweiterung wurde der Zugang auf Websites und Archive eröffnet, die üblicherweise hinter einer Paywall liegen. Das Werk hinterfragte die politischen und kommerziellen Kontrollmechanis- men, die das Netz und damit auch unseren Zugang zu Information bestimmen. Ab Mitte März wird eine neue Arbeit von Nora Turato (*1991) im Digilab zu sehen sein, die sich mit der Sprache der online zirkulieren- den Nachrichtenflut und Texthysterie beschäftigt. AUSSTELLUNGSGESCHICHTE Kunsthaus ONLINE ZUGÄNGLICH Gleichzeitig bietet das «Kunsthaus Digilab» die Mög- lichkeit, in die Geschichte des Hauses einzutauchen und mehr über die über hundertjährige Ausstellungs- Digilab geschichte zu erfahren. Das Kunsthaus Zürich, das 1910 im Moser-Bau am Heimplatz 1 eingezogen ist, kann auf über tausend Ausstellungen zurückblicken. Die durch den persönlichen Einsatz der beteiligten Künstlerinnen und Künstler und Kuratorinnen und TEXT Mirjam Varadinis und Cathérine Hug Kuratoren geprägte Vielfalt und Qualität verleiht dem Kunsthaus sein einmaliges Gesicht im internationa- len Ausstellungsbetrieb. Um diese Projekte, die phy- sisch gut im Archiv der Bibliothek dokumentiert sind, Wer sich gefragt hat, was es mit dem «Refuse to be einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, Human»-Sticker auf sich hatte, der dem letzten sind nun alle Ausstellungen im «Kunsthaus Digilab» Kunsthaus-Magazin beilag, findet hier nun die Auflö- aufgelistet. Zu einer Auswahl, die als Work in Progress sung. Die Aktion fand nämlich im Zusammenhang mit ständig wachsen soll, wurden retrospektiv Texte unserem neu lancierten «Kunsthaus Digilab» (digilab. verfasst und ergänzende Materialien digitalisiert. kunsthaus.ch) statt. Dies ist eine digitale Plattform, Diese Form der Kontextualisierung ist einmalig und die die Menschen in Zeiten der Pandemie auf innova- neu. In anderen Institutionen wird meist auf beste- tive Weise zu Hause vor ihren Bildschirmen abholt hende «Werbetexte» zurückgegriffen oder einfach ein und sie für neue Formen der Kunst begeistert. Das Zeitstrahl online gestellt. Foto © Sara Nenzi, Kunsthaus Zürich «Kunsthaus Digilab» ergänzt den kürzlich eröffneten Auf kleiner Flamme gestartet, soll das Projekt in Chipperfield-Bau und erweitert den neu gebauten den kommenden Monaten und Jahren weiterwach- physischen Raum im Virtuellen. Damit sollen sowohl sen. Dabei steht nicht ein im Voraus definierter geografisch wie auch gesellschaftlich neue Besucher- Masterplan im Vordergrund, der digitale Raum soll gruppen angesprochen und fürs Museum gewonnen vielmehr prozesshaft und modular gebaut werden – werden. entsprechend der Idee eines «Labs».
26 SAMMLUNG Konfiskation und Verfolgung Die Fluchtgut-Debatte als Prüfstein für die Schweiz TEXT Joachim Sieber Die Provenienzforschung steht in der ak- Akten sorgfältig untersucht und publi- Besitzer mit Referenzdaten versehen, die tuellen Debatte um den Einzug der Samm- ziert. Seit 2017 ist am Kunsthaus ein wis- eine eindeutige Identifizierung ermögli- lung Emil Bührle in den neu eröffneten senschaftlicher Mitarbeiter eingestellt, chen und die Kontextualisierung erleich- Erweiterungsbau des Kunsthaus Zürich an der sich ausschliesslich der Erforschung tern. prominenter Stelle. Sie befasst sich mit der Provenienzen widmet. Anhand meh- den historischen Erwerbungskontexten rerer vom Bundesamt für Kultur kofinan- WANN WIRD FLUCHTGUT von Artefakten und Sammlungen. Dazu zierter Projekte wird im Haus eine syste- ZU RAUBKUNST: DER KONTEXT IST zählen die Untersuchung der Schweizer matische Provenienzforschung der ENTSCHEIDEND Kulturpolitik, von Erwerbungen für pri- Sammlungsbestände betrieben. Dabei Die Kontextualisierung der Erwerbsum- vate und öffentliche Sammlungen sowie werden nebst den zentralen Zugängen stände ist insbesondere deswegen zentral, von transnationalen Verflechtungen des zwischen 1933 und 1945 auch die späteren als die aktuelle Debatte sich um den Be- Kulturgütertransfers, insbesondere in Un- Ankäufe, Schenkungen und Legate fort- griff des sogenannten Fluchtguts dreht. rechtskontexten von Kolonialherrschaft laufend untersucht. Im Zuge dieser Pro- Der Begriff wurde von der 1996 von der oder dem NS-Regime. Provenienzfor- jekte konnten diverse Archivbestände Schweizer Regierung eingesetzten «Unab- schung ist heute aus Museen nicht mehr erschlossen und digitalisiert, sowie For- hängigen Expertenkommission Schweiz wegzudenken. Denn ein aktueller und schungsstrukturen aufgebaut werden. – Zweiter Weltkrieg» («Bergier-Kommis- transparenter Umgang mit den histori- Dank dieser Grundlagen auf dem aktuel- sion») als «Kulturgüter, die von den ( jüdi- schen Objektgeschichten der gezeigten len Forschungsstand kann die Überfüh- schen) Eigentümern selbst in oder über Kunstwerke ist ein wichtiger Pfeiler der rung der Provenienzangaben der Samm- die Schweiz ins Exil verbracht wurden» Verantwortung, die ein Museum als Ge- lung Emil Bührle in die Sammlungsdaten- definiert. Ausgehend von der Sammlung dächtnisinstitution gegenüber der Gesell- bank des Kunsthaus Zürich angegangen Emil Bührle entzündet sich aktuell die schaft wahrnehmen muss. werden. Das Ziel dabei wird sein, die um- Debatte, wie in der Schweiz mit Kulturgü- fangreichen Provenienzrecherchen der tern umgegangen werden soll, die auf- PROVENIENZFORSCHUNG Stiftung E. G. Bührle strukturell zu über- grund der politischen und kriegerischen AM MUSEUM: INFRASTRUKTUR UND arbeiten und punktuell zu überprüfen und Entwicklungen aufgrund des NS-Regimes ARCHIVKENNTNISSE anzupassen. Bestehen in den Provenienz- in Deutschland und den besetzten Gebie- Bereits im Kontext der Erstellung des angaben zu einem Werk aufgrund nicht ten in die Schweiz gebracht und hier ver- 2007 erschienenen Sammlungskatalogs vorhandener Dokumente Wissenslücken, kauft wurden. der Gemälde, Skulpturen und Installatio- so werden diese gemäss den musealen Die grundlegende Problematik dieser nen wurden die Provenienzen der Samm- Standards nun explizit ausgewiesen. wichtigen (kultur-)politischen Diskus- lungswerke aufgrund der bestehenden Ebenso werden frühere Besitzerinnen und sion, welche bereits seit längerem auch auf
SAMMLUNG 27 internationaler Ebene läuft, besteht darin, nander vernetzt und erarbeiten wichtige Schweizer Museen zeitgemässe Lösung zu dass die Richtlinien der Washingtoner Grundlagen für eine faire und gerechte finden. Prinzipien (1998) und der Erklärung von Bearbeitung von Provenienzfragen in der Damit eine Meinungsbildung zu spezi- Terezín (2009) von Staat zu Staat unter- Schweiz. Doch sind sie nicht allein, wich- fischen Werkgeschichten stattfinden schiedlich ausgelegt und umgesetzt wur- tige Player sind auch der Kunsthandel, kann, schaltete das Kunsthaus Mitte Ja- den. So hat sich für die Bundesrepublik Archive sowie private Sammlungen. Mit- nuar 2022 eine neue Sammlung Online Deutschland – im Gegensatz zur Schweiz telfristig dürfte es sich als unvermeidlich auf. Dort werden Provenienzangaben in- Rechtsnachfolger des NS-Staats – der Be- erweisen, dass auf Bundesebene zeitge- klusive Quellennachweise zugänglich ge- griff der «NS-verfolgungsbedingt entzoge- mässe Richtlinien betreffend den Umgang macht. Neu werden die bisherigen Prove- nen Kulturgüter» etabliert. Dieser Begriff mit Provenienzfragen definiert werden. nienzangaben in relevanten Fällen zudem wird für die Beurteilung beigezogen, ob Dabei müssten in angemessener Weise durch erläuternde Kurztexte ergänzt, in ein Werk Raubkunst ist oder nicht. In der sowohl internationale wie auch spezifisch denen die Objektgeschichte der Werke in Schweiz hingegen ist für den Bund für die schweizerische Aspekte Berücksichtigung den historischen Kontext eingeordnet Beurteilung, ob ein Werk als Raubkunst finden. Das Kunsthaus verfolgt die De- wird. Dies wird fortlaufend auch für die gilt, die Frage entscheidend, ob ein Trans- batte aufmerksam und beteiligt sich am Werke der Sammlung Bührle so gehandhabt fer oder Handwechsel zwischen 1933 und Diskurs, um in Zukunft eine für die werden (vgl. collection.kunsthaus.ch). 1945 in seiner Wirkung konfiskatorisch war. In anderen Worten, ob ein Werk auf- grund einer Beschlagnahme von Gütern oder Vermögen seitens des NS-Regimes transferiert oder verkauft wurde. Der «verfolgungsbedingte Entzug» findet nur am Rande Erwähnung, da er in seiner Form konfiskatorisch gewesen sein musste. Der grundlegende Unterschied der bei- den ausgeführten Auslegungen besteht also darin, dass in der Schweiz aktuell die Verfolgung alleine nicht dafür ausreicht, dass ein Fluchtgut-Werk als Raubkunst eingestuft wird. Dies ist für die Schweizer Museen ein wichtiger Punkt. Gerade das Kunsthaus Zürich verfügt über Fluchtgut- Werke, bei denen nachgezeichnet werden kann, dass sie mit viel Umsicht und Res- pekt gegenüber den Eigentümerinnen und Eigentümern in die Sammlung gelangten. Das Kunsthaus stand nicht selten in na- hem, langjährigem Kontakt zu betroffenen Sammlern und unterstützte diese auf viel- fältige Weise. Provenienzforschung on display: Der Interventionsraum Provenienz forschung mit dem Neuankauf für die Kunsthaus-Sammlung 2021: Raphaël Denis, La Loi normale des erreurs: les transactions KLÄRUNG STRITTIGER PUNKTE Göring-Rochlitz, 2021, Kunsthaus Zürich, 2021, © Raphaël Denis Die Provenienzforscherinnen und Prove- nienzforscher der Schweiz sind gut mitei-
Amar Kanwar, Such a Morning, 2017. Video, Farbe, mit Ton, 85’. Courtesy of the artist and Marian Goodman Gallery, Paris 15.5.2022 18.2.2022 – LAUSANNE mcba.ch Résister, encore DES BEAUX-ARTS MUSÉE CANTONAL
ANDERNORTS 29 Ins Licht gezeichnet Scheibenrisse von Amman bis Füssli TEXT Jonas Beyer 2 1 Christoph Murer, Scheibenriss mit Herkules am Scheideweg und Wappen Hirzel, 1595 Feder in Schwarz und Braun, grau laviert, 30,4 × 20,4 cm Kunsthaus Zürich 2 Lux Zeiner zugeschrieben, Scheibenriss mit Wappen und Jagdszenen, um 1480 (?) Feder in Dunkelbraun, Durchmesser 29,8 cm 1 ETH-Bibliothek Zürich, Graphische Sammlung Eine breitere Öffentlichkeit wurde mit der ausreichend gewürdigt, dass Scheiben- in Arbeiten etwa von Gotthard Ringgli, Kunstform des Scheibenrisses erst in risse neben ihrer dienenden Funktion oft Christoph Murer oder Jost Amman nie- jüngster Zeit durch einschlägige Ausstel- genug von hohem künstlerischen Wert derschlägt, so sind die Scheibenrisse zum lungen in der Staatlichen Kunsthalle sind. anderen auch in ihrer kulturgeschichtli- Karlsruhe (2009) oder im Kunstmuseum Diesem Desiderat soll nun mit einer chen Aussagekraft von herausragendem Basel (2020) vertraut gemacht. Scheiben- Ausstellung begegnet werden, in der gleich Wert: Szenen aus dem Alltag oder aus der risse sind Entwurfszeichnungen für Glas- vier Zürcher Institutionen, namentlich die Berufswelt, moralisierende Sinnbilder malereien. Die kleinformatigen Glasge- Zentralbibliothek Zürich, das Kunsthaus und religiöse Sujets gewähren einen rei- mälde gelten als schweizerische und Zürich, die Graphische Sammlung der chen Einblick in die Gedankenwelt und süddeutsche Eigenheit, die im 16. und ETH Zürich und das Schweizerische Nati- das Leben der damaligen Zeit. 17. Jahrhundert durch den Brauch der onalmuseum, ihre Bestände in einer ge- Rund sechzig Zeichnungen aus den vier Wappen- und Fensterschenkungen eine meinsamen Kooperation ans Licht der Zürcher Sammlungen werden ab 18. März Hochblüte erlebten. Obwohl Zürich da- Öffentlichkeit befördern. Alle vier Häuser bis 2. Juli 2022 in der Schatzkammer der mals als ein Zentrum der Glasmalerei in besitzen auf dem Feld der Scheibenrisse Zentralbibliothek Zürich zu sehen sein. der Schweiz galt, sind Scheibenrisse seit bedeutende historische Bestände, in de- Begleitet wird die Schau durch einen reich fast achtzig Jahren nicht mehr in einer auf nen sämtliche wichtigen Künstler ihrer illustrierten Katalog mit Beiträgen aus der dieses Thema konzentrierten Ausstellung Zeit mit prominenten Blättern vertreten aktuellen Forschung. zu sehen gewesen. Wirklich überraschend sind. Überzeugen die Blätter zum einen in scheint das nicht, denn nur selten wird ihrer zeichnerischen Virtuosität, die sich
30 ERWEITERUNG ERÖFFNUNG 04. OKT Feier für Mitarbeitende und am Bau Beteiligte DIE TEXT Björn Quellenberg
ERWEITERUNG 31 06. OKT Director’s Preview & Party 05. OKT Vorbesichtigung für Donatorinnen und Kunstfreunde Fotos © Caroline Minjolle
32 ERWEITERUNG 08. OKT Eröffnung für Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft 07. OKT Politischer Festakt
ERWEITERUNG 33 IN BILDERN «Museums-Check» 09.-10. OKT Fünf Tage lang nahm ein TV-Team des Südwestrundfunks das erweiterte Kunsthaus unter die Lupe. Das Ergebnis wurde am 19. Dezember um 18.30 Uhr Tage der offenen Tür in einem halbstündigen Beitrag auf 3sat ausgestrahlt: Museums-Check mit Am 9. und 10. Oktober öffnete das Kunsthaus gratis. Markus Brock – Kunsthaus Zürich – 3sat- Der Samstag begann mit einem symbolischen Akt. Mediathek. Sehen Sie selbst, aus welcher Bis Sonntag strömten über 15 000 Besucherinnen und Perspektive die Journalisten aus dem Besucher ins Kunsthaus. Nachbarland das Kunsthaus betrachten. Mit Christoph Becker und Mirjam Varadinis. «Das Publikum» Im letzten Film unserer Reihe zur Kunst haus-Erweiterung hat das Publikum das Wort. Was die ersten Besucherinnen und Besucher über die Architektur, die Sammlung und die Ausstellungen denken, erfahren Sie hier: www.kunsthaus.ch/ museum/ueber-uns/erweiterung
34 ERWEITERUNG IN WORTEN «Grosszügige und helle Räume: Der «Viele der hier gezeigten 170 Bilder Neubau ist nicht nur sind Weltklasse, in jedem der vielen Säle staunt man aufs Neue über wegen der Kunst, sondern auch wegen längst ikonisch gewordene Bilder von Manet, Cézanne, Monet, Signac, Pissaro, Gauguin und van Gogh. der Architektur In einem regelmässigen Rhythmus, nicht zu eng, nicht zu luftig ge hängt, führen sie die Besucherin nen und Besucher durch den französischen Impressionismus, dass es eine Lust ist. Und die einen Besuch wert.» Geschichte? Über die wird man Pascal Turin, «Züriberg / Neumünster Post» 14. Oktober 2021 umfassend und kompetent im Dokumentationsraum informiert.» Christoph Heim, «Tages-Anzeiger» 7. Oktober 2021 «Ich habe das Museum besucht und war Fakten oder Kampagnen? überwältigt. Von der Qualität der Meister- Im letzten Magazin hatten wir die «CH Media» einem Faktencheck unterzogen. Diesmal müssen wir die «Republik» korrigieren. Redaktor Daniel Binswanger werke, aber auch davon, behauptete, Christoph Becker sei der erste familienfremde Stiftungsrat in der Stiftung Sammlung E. G. Bührle gewesen. Dies ist falsch. Bereits sein Vorgänger dass das Kunsthaus Felix Baumann hatte im Stiftungsrat Einsitz. Und dies nicht aus Eitelkeit oder Machstreben, wie die «Republik» der Kunsthaus-Leitung unterstellt, sondern einen ganzen Saal mit von der Stiftung aufgrund einer Bestimmung in den Statuten gewählt, welche der historischen besagt, dass im Stiftungsrat unter anderem jeweils ein Vertreter einer Behörde der Stadt Zürich, wie z. B. ein Mitglied des Stadtrates, oder ein Vertreter einer Aufarbeitung der Sam- kunsthistorischen Institution, ein Professor der Kunstgeschichte oder ein Konservator des Landesmuseums oder ein Mitglied der Zürcher Kunstgesell meltätigkeit Bührles schaft sein soll. Im Übrigen gab es auch weitere Mitglieder, die nicht zur Familie belegt hat. Einmalig!» gehörten, wie z. B. Prof. Franz Zelger oder Dr. Roger Fayet. Diese Wahrheit hätte nicht in die Kampagne gepasst, die die «Republik» gegen das Kunsthaus führt. Peter Rothenbühler, «Weltwoche» 17. November 2021
ERWEITERUNG 35 IN ZAHLEN 87,5 Das Digitorial buehrle.kunsthaus.ch erzielt Bestnoten. 87,5 % der Leserinnen und Leser bescheinigen diesem digitalen Produkt einen hohen bis sehr hohen Erkenntnis 240’000 wert. Die redaktionelle Haltung wird mehrheitlich als «objektiv» bewertet, die Bedienbarkeit als 900 «einfach» und «intuitiv» gelobt. Unserem Verein haben sich seit der Der erste digitale Besucherguide Eröffnung des Chipperfield-Baus mit seinem Museumsplan, den Zwei Drittel der Nutzenden bewer 900 neue Mitglieder angeschlossen. Tipps und Touren, der Künstlersu ten die Text- und Bildelemente als Das ist der grösste Zuwachs in der che und den Quicklinks ist in den gut verständlich und nicht abstrakt. über zweihundertjährigen Geschichte ersten acht Wochen nach der der Zürcher Kunstgesellschaft innert so kurzer Zeit. Eröffnung bereits von 240'000 Nutzerinnen und Nutzern aufgeru fen worden. Die Macher und die Umwelt freuts, denn der gedruckte 52 2 Lageplan kann in geringeren Auflagen produziert werden. Werner Merzbacher teilt seine Passion. Auch 2022 wird jede Woche ein frischer Strauss Blumen die Besucherinnen und Besucher seiner Sammlung im Chipper Das Archiv der Stiftung Sammlung field-Bau empfangen. Emil Bührle wurde in den sechs Wochen nach seiner öffentlichen Zugänglichkeit in der Kunsthaus- Bibliothek von nur zwei externen Personen konsultiert. Dies steht in krassem Gegensatz zur Vielzahl 218’631’025 derjenigen, die öffentlich neue Forschung reklamieren, aber die Quellen selber nicht nutzen. Nie wurde mehr über das Kunsthaus geschrieben. Das ist die Reichweite aller Presseclippings, die wir national und aus dem umliegenden Ausland erfassen konnten. Radio und Fernsehen sowie Online-Plattformen ohne Reichweiteangaben nicht eingerechnet. Zu kurz kamen die Positionen von Künstlerinnen, die endlich mit mehr Werken präsent sind, die Kunst aussereuropäischer Länder, das neue Dada-Kabinett, die Kolonialismus- Debatte und das Digilab, denen sich die Redaktionen nur in wenigen Fällen zuwandten. Denn für Schlagzeilen, mehr Clicks und höhere Auflagen eignete sich die Causa Bührle besser.
36 ANZEIGEN «das perfekte weisse T-shirt unter den Sofas» Yusuf Sert handmade in Padua einzigartig modular kompakt cubell von digiulia interior atelier sert oberdorfstrasse 19 Zürich +41 79 221 26 38 Winter Group Show RückblicK auf 2021 & Vorschau auf 2022 bis Ende Febuar mit Garda Alexander, Lucia Coray, Maria Eitle-Vozar, Meike Entemann, RT Anna Handick, Dieter Kränzlein, Patrizia Kränzlein, Gabriela Morschett, JUNGI A E O6 ·F8001 Zürich Mahroo Movahedi, Eberhard Ross, Hans Schnorf, Hans Thomann und Maja Vieli-Bisig GALER C IE IN É ART mistrasse 4 00 D Aktuelle Informationen zu den Ausstellungen finden Sie immer auf www.utebarth.com Rä 44 261 6 ART FORUM UTE BARTH +41 . j u n g i . c o m www jungi.com Galerie für Moderne & Zeitgenössische Kunst www.utebarth.com i n fo @ Kartausstrasse 8 CH-8008 Zürich T +41 44 3802711 info@utebarth.com Jungi_AnzB_KunsthMag_c_89x122_V04.indd 1 11.02.21 15:44 aum entwicklungsr Giovanni Giacometti EINLIEFERUNG ZUR FRÜHJAHRSAUKTION GEMÄLDE • GRAFIK • PLAKATE • SCHWEIZER KUNST ANTIQUITÄTEN • SCHMUCK DOBIASCHOFSKY AUKTIONEN AG Monbijoustrasse 30/32 Tel. 031 560 10 60 www.dobiaschofsky.com CH-3011 Bern Fax 031 560 10 70 info@dobiaschofsky.com Kunsthaus Zuerich_133_89x122mm_Einlieferung.indd 1 23.11.21 10:17
INTERN 37 Es war ein strahlender Sommernachmittag im August des Eine vergangenen Jahres. Zahlreiche Besucherinnen und Be- sucher fanden sich im Garten der Kunst unter freiem Himmel zusammen, um mitten im neuen Park einer Erinnerung Podiumsdiskussion zu lauschen, wie erfolgverspre- chende Innovationen unsere Natur und die Erde vor der schneller werdenden Zerstörung bewahren können. Der Diskurs war lebhaft und von positiver Neugier getrieben und wir waren glücklich, wie gut alles klappte. Wenig später ging es unter dem Titel «Die essbare Stadt» um die Sensibilisierung für den scheinbaren Wildwuchs der Natur, der sich nicht nur als nützlich, sondern als er- staunlich geniessbar erwies, denn da wurde tatsächlich für alle gekocht, mitten im Garten der Kunst. Diese Mitte, um die wir uns fast wie von selbst versammeln können, ist das Rondell, ein kleines, aber markantes Bauwerk aus konzentrischen Kreissegmenten, das für diese unter- Rondell: Foto © Caroline Minjolle; Anne Keller Dubach: Foto © Florian Kalotay schiedlichen Aufgaben errichtet wurde. Die Idee, einen Ort zu schaffen für den Dialog über Kunst, Kultur, Natur, entstand an einem Esstisch mit Blick aufs Meer, als ein Funke übersprang: Anne Keller und David Chipperfield Anne Keller Dubach und eine allererste Skizze, die schon verriet, dass dies ein ganz besonderer Ort für das grosse neue Kunsthaus sein 1956 – 2021 würde. Das Rondell im Garten der Kunst haben wir ge- baut. Es ist ein Geschenk der D&K DubachKeller-Stiftung Anne Keller Dubach, unsere weitblickende und an das Kunsthaus und an uns alle. Und immer, wenn wir grosszügige Präsidentin und gute Freundin, ist für uns alle viel zu früh am 22. September 2021 in unserem schönen Garten sind, wenn wir bei dem Ron- nach kurzer, schwerer Krankheit in Zürich gestorben. dell sitzen und zuhören, diskutieren oder zusammen feiern, können wir uns erinnern. TEXT Christoph Becker
Sie können auch lesen