Tendenz: steigend Die Zusammenarbeit der Vereinten Nationen mit Regionalorganisationen in der Friedenssicherung

 
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Griep | Tendenz: steigend

Tendenz: steigend
Die Zusammenarbeit der Vereinten Nationen mit Regionalorganisationen in der Friedenssicherung

Ekkehard Griep

Der frühere UN-Generalsekretär Boutros Boutros-           wenn man sich die von der Weltöffentlichkeit vor al-
Ghali hatte in seiner ›Agenda für den Frieden‹ noch       lem den Vereinten Nationen zugerechneten Fälle de-
eine stärkere Rolle regionaler Organisationen in der      saströsen Scheiterns in der internationalen Friedens-
internationalen Friedens- und Sicherheitspolitik ge-      sicherung der neunziger Jahre, Somalia, Ruanda
fordert. Heute stützt sich mehr als die Hälfte aller      und Srebrenica, noch einmal in Erinnerung ruft.
UN-Friedensoperationen auf die Kooperation mit re-
gionalen Organisationen, in unterschiedlichen Aus-        Somalia
prägungen und mit unterschiedlichem Erfolg. Wäh-          Zwar waren seit dem Jahr 1992 mit der Organisation
rend Afrika im Zentrum künftiger Unterstützungs-          der Afrikanischen Einheit (OAU), der Arabischen Liga
leistungen steht, werden zunehmend die Selbstver-         und der Organisation der Islamischen Konferenz drei
pflichtungen regionaler Organisationen zum politi-        Regionalorganisationen über eine Konsultations-/                          Ekkehard Griep,
schen Maßstab für deren Erfolg.                           Freundesgruppe in die Aktivitäten des UN-General-                         geb. 1960, Oberst-
                                                          sekretärs einbezogen.4 Doch weder auf die eskalieren-                     leutnant i.G.,
In einem der meistbeachteten Handlungsfelder der          de innersomalische Entwicklung noch auf das durch                         Dipl.-Kfm., ist Refe-
Vereinten Nationen, der internationalen Friedenssi-       den UN-Sicherheitsrat autorisierte Vorgehen (UNI-                         rent im Auswärtigen
cherung, haben sich in den vergangenen Jahren die         SOM, UNITAF, UNISOM II) gingen durchgreifend                              Amt und stellvertre-
Rahmenbedingungen und Parameter stetig weiterent-         wirksame, insbesondere konfliktmindernde Impulse                          tender Vorsitzender
wickelt.1 Von außen einwirkende Faktoren, wie die         von den drei Regionalorganisationen aus.5 Regionale                       der Deutschen
ungebrochen starke Nachfrage nach UN-Operatio-            Organisationen, dies wurde offensichtlich, können                         Gesellschaft für die
nen in Afrika oder die zunehmende Bereitschaft der        sich in der internationalen Krisenbewältigung nur auf                     Vereinten Nationen
Volksrepublik China, sich personell stärker an der        der Grundlage eines überzeugenden politisch-diplo-                        (DGVN).
UN-Friedenssicherung zu beteiligen, stehen dabei          matischen und/oder operativen Profils Gehör ver-
Herausforderungen des UN-internen Managements             schaffen.                                                                 Der Beitrag gibt die
gegenüber, wie der Führung und Koordinierung von                                                                                    persönliche Mei-
mehr als 100 000 Soldaten, Polizisten und zivilen Frie-   Ruanda                                                                    nung des Autors
denssicherungskräften sowie der organisatorischen         Die internationale Wahrnehmung wird bis heute ge-                         wieder.
Bewältigung einer neu geschaffenen Hauptabteilung         prägt durch die Rolle der UN-Friedensoperation
im UN-Sekretariat. In diesem Geflecht unterschiedli-      UNAMIR, deren Präsenz den Völkermord von 1994
cher Einflussfaktoren ist die Kooperation der UN mit      nicht verhindert hat. Die Untätigkeit der internatio-
Regionalorganisationen seit dem Ende des Kalten           nalen Gemeinschaft führte zu offiziellen Entschuldi-
Krieges zu einer zunehmend selbstverständlichen           gungen durch UN-Generalsekretär Kofi Annan und
Konstante geworden. Im weltweiten Maßstab ist bei         den amerikanischen Präsidenten Bill Clinton. Doch
der Entsendung von Friedenstruppen der Trend ei-          schon vor Entsendung der UN-Mission spielte die afri-
ner wachsenden regionalen Spezialisierung auszu-          kanische Regionalorganisation OAU eine maßgebli-
machen,2 und die so genannte partnerschaftliche Frie-     che Rolle bei der Absicherung des durch sie vermit-
denssicherung (partnership peacekeeping)3 eröffnet        telten Friedensabkommens von Arusha (4. August
neue Möglichkeiten der Arbeitsteilung zwischen re-        1993); bereits im Jahr zuvor hatte die OAU eine neu-
gionalen Akteuren und den UN. Mehr als die Hälf-          trale militärische Beobachtergruppe nach Ruanda ent-
te der gegenwärtig 17 UN-Friedensoperationen stüt-
zen sich auf die Kooperation mit Regionalorganisa-
tionen, und auch über den Rahmen UN-geführter              1 Vgl. Heiko Nitzschke/Peter Wittig, UN-Friedenssicherung. Heraus-
Missionen hinaus mandatiert der UN-Sicherheitsrat         forderungen an die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik, Vereinte
Friedenseinsätze regionaler Organisationen. Vor die-      Nationen (VN), 3/2007, S. 89–95.
sem Hintergrund scheint ein etwas eingehenderer            2 Vgl. Annual Review of Global Peace Operations 2008, Center on In-
Blick auf Entwicklung und Besonderheiten dieser           ternational Cooperation (New York), London und Boulder (Colorado)
Kooperationsform angemessen.                              2008, S. 4.
                                                           3 Nitzschke/Wittig, a.a.O. (Anm. 1), S. 91.
                                                           4 Vgl. Boutros Boutros-Ghali, Unvanquished: A U.S.-U.N. Saga, Lon-
Aus Erfahrungen lernen
                                                          don und New York 1999, S. 97f.
Schlaglichtartig werden einige der zentralen Heraus-       5 Vgl. Volker Matthies, Zwischen Rettungsaktion und Entmündigung.
forderungen für Regionalorganisationen deutlich,          Das Engagement der Vereinten Nationen in Somalia, VN, 2/1993, S. 45–51.

VEREINTE NATIONEN 4/2008                                                                                                                             147
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                         sandt.6 Allerdings sah sich die OAU nicht in der La-     kreten Beispielen und bricht damit auch möglicher-
                         ge, ihren überschaubaren operativen Beitrag von 55       weise bestehende Vorbehalte auf. Demnach sollten re-
                         Militärbeobachtern und einer Sicherungskompanie          gionale Organisationen im Sinne des Kapitels VIII
                         länger als drei Monate nach dem Friedensschluss be-      der UN-Charta nicht allzu eng definiert werden, son-
  Regionalorganisa-      reitzustellen, so dass deren Ablösung durch die nach-    dern bewusst ein breites Spektrum abdecken, das von
  tionen können auf      folgende UN-Mission UNAMIR für die OAU zu ei-            regionalen Sicherheits- und Verteidigungsbündnissen
ein günstiges politi-    ner Notwendigkeit höchster Dringlichkeit wurde.7         über Organisationen für regionale Entwicklung und
   sches Umfeld hin-     Die Verfügbarkeit angemessener personeller und ma-       wirtschaftliche Zusammenarbeit bis hin zu Staaten-
    wirken, sind aber    terieller Ressourcen, auch dies zeigt Ruanda, ist von    gruppen reicht, die sich auf regionaler Ebene mit spe-
     nicht unbedingt     zentraler Bedeutung für die Fähigkeiten regionaler       ziellen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Fra-
 selbst der maßgeb-      Organisationen zur Konfliktprävention, Friedens-         gen beschäftigen. Sicherheitsrat und Generalversamm-
      liche politische   sicherung und politischen wie operativen Krisen-         lung begrüßten die Agenda und bestätigten damit ei-
              Akteur.    steuerung.                                               ne flexible definitorische Auslegung, die bis heute als
                                                                                  Orientierung dient.
                         Srebrenica                                                  In der aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der
                         Mehr als vier Jahre nach den Massakern an bosni-         Vereinten Nationen im Jahr 1995 vorgelegten Ergän-
                         schen Muslimen in der UN-Schutzzone im Juli 1995         zung zur ›Agenda für den Frieden‹ listet Boutros-
                         stellte UN-Generalsekretär Annan in seinem Unter-        Ghali im Sinne einer ersten Zwischenbilanz fünf
                         suchungsbericht fest, man sei sich der Tatsache be-      grundsätzliche Kooperationsformen zwischen den
                         wusst gewesen, dass »die Drohung mit NATO-Luft-          Vereinten Nationen und regionalen Organisationen
                         schlägen das einzige war, was uns zur Verfügung          auf,11 die – unbeschadet einzelner Abwandlungen –
                         stand, um auf einen Angriff auf die Schutzzonen zu       ebenfalls bis heute als Richtschnur dienen können:
                         antworten«8 Dass dieses durch eine Regionalorgani-       a) Konsultationen zwischen UN und Regionalorga-
                         sation zur Verfügung gestellte Mittel, wie Annan rück-        nisationen vor oder im Verlauf von Bemühungen
                         blickend sagt, nicht in voller Wirksamkeit genutzt            zur Konfliktentschärfung;
                         wurde, macht neben den verheerenden Folgen vor           b) Gegenseitige diplomatische Unterstützung von
                         Ort aber auch deutlich: Die Bereitstellung hochwer-           UN und jener Organisation, die jeweils auf Seiten
                         tiger Ressourcen durch Regionalorganisationen ist             der internationalen Gemeinschaft die Führungs-
                         zwar wesentlich, doch ausschlaggebend für deren Nut-          rolle wahrnimmt;
                         zung bleiben letztlich die jeweiligen politischen Rah-   c) Gegenseitige Unterstützung in der Operations-
                         menbedingungen. Im konkreten Fall fehlte die Frei-            führung (zum Beispiel die Unterstützung der
                         gabe durch die UN. Regionalorganisationen kön-                UNPROFOR-Operation im ehemaligen Jugos-
                         nen – generell und im jeweiligen Einzelfall – auf ein         lawien durch NATO-Luftstreitkräfte);
                         günstiges politisches Umfeld hinwirken, sind aber        d) Arbeitsteilung zwischen UN und Regionalor-
                         unter Umständen nicht unbedingt selbst der maß-               ganisationen bei gleichzeitigen Operationen (co-
                         gebliche politische Akteur.                                   deployment) im gleichen Krisenland; Boutros-
                                                                                       Ghali orientiert sich hier am Modell kleiner UN-
                         Impulsgeber Boutros-Ghali                                     Missionen (wie in Liberia ab 1993 und in Geor-
                                                                                       gien ab 1994), deren Zweck unter anderem dar-
                         Der ehemalige UN-Generalsekretär Boutros Boutros-             in besteht, robuste Operationen regionaler Orga-
                         Ghali hatte sich bereits im Rahmen seiner eigenen             nisationen auf Mandatskonformität zu überprü-
Wegweisend ist ein       wissenschaftlichen Studien viele Jahre vor der Beru-          fen. Es bleibt allerdings fraglich, ob der identifi-
breites Verständnis      fung ins höchste UN-Amt intensiv mit der Rolle re-            zierte Klärungsbedarf zu politischen, operativen
 im Hinblick auf die     gionaler Organisationen auseinandergesetzt. Als er,           und finanziellen Aspekten der Kooperation über-
Frage, wie Regional-     dem durch den Sicherheitsrat erteilten Auftrag fol-           haupt in allgemeinverbindlicher Form vorgege-
  organisationen zu      gend, im Juni 1992 in der ›Agenda für den Frieden‹            ben werden kann – oder nicht besser dem jewei-
     definieren sind.    die künftige Rolle der Vereinten Nationen im Kon-             ligen Einzelfall überlassen bleiben sollte.
                         text der neu beschriebenen Aufgabenfelder von prä-       e) Gemeinsame Operationen; das von Boutros-
                         ventiver Diplomatie, Friedensschaffung, Friedenser-           Ghali herangezogene Beispiel der von UN und der
                         haltung und Friedenskonsolidierung darstellt, wird            Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ab
                         auch den Regionalorganisationen ein eigenes Kapi-             1993 gemeinsam durchgeführten (ausschließlich
                         tel gewidmet.9                                                zivilen) Operation in Haiti ist trotz des ihm zu-
                             Wegweisend ist dabei von Beginn an ein breites            gesprochenen Modellcharakters bisher kein wei-
                         Verständnis im Hinblick auf die in der UN-Charta              teres Mal erfolgreich angewandt worden. Viel-
                         nicht konkret beantwortete Frage, wie Regionalor-             mehr scheint die aktuelle Entwicklung mit Blick
                         ganisationen zu definieren sind. Die allgemein gehal-         auf die problematische Mandaterfüllung der ge-
                         tenen Grundsätze der UN-Charta und insbesondere               meinsamen UN-AU-Mission in Darfur/Sudan die-
                         von deren Kapitel VIII10 füllt Boutros-Ghali mit kon-         ses Modell eher zu diskreditieren.12

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 Teilnehmer am 7. Hochrangigen Treffen des UN-Generalsekretärs mit regionalen und anderen
 zwischenstatlichen Organisationen (2006)
 Afrikanische Union (AU)                                       Organisation der amerikanischen Staaten (OAS)
 Commonwealth                                                  Organisation der Islamischen Konferenz (OIC)
 Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC)          Organisation des Nordatlantikvertrags (NATO)
 Europäische Union (EU)                                        Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (CSTO)
 Europarat (CE)                                                Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW)
 Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder (CPLP)        Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
 Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS)                       (Internationale) Organisation der Frankophonie (OIF)
 Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (INTERPOL)   Pazifikinsel-Forum (PIF)
 Karibische Gemeinschaft (CARICOM)                             Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS)
 Liga der arabischen Staaten (LAS)                             Wirtschaftsgemeinschaft der zentralafrikanischen Staaten (ECCAS)
 Beobachter: Iberoamerikanisches Generalsekretariat (SEGIB)
Quelle: nicht veröffentlichtes UN-Dokument

Schon in den ersten Jahren aktiver Kooperation zwi-            kretärs mit Vertretern regionaler Organisationen zu-
schen UN und regionalen Organisationen leitete Bou-            rück. Am ersten Treffen dieser Art am 1. August
tros-Ghali daraus einige Maßstäbe ab,13 deren Rele-            1994 nahmen Vertreter von zehn Organisationen
vanz sich aber unterschiedlich entwickelte. Als sinn-          teil, mit denen die UN in den zurückliegenden Jah-
volle Orientierung haben sich die folgenden Kriterien          ren in der Friedenssicherung zusammengearbeitet
bestätigt:                                                     hatten. Obwohl – oder gerade weil – von den im Ab-
■   Vereinbarte Konsultationsverfahren; in diesem              stand mehrerer Jahre stattfindenden Hochrangigen
    Sinne fordert auch der Weltgipfel 2005 Vereinba-           Treffen keinerlei Exekutivgewalt ausgeht, hat das
    rungen, die die Kooperation zwischen UN und Re-            auf beiden Seiten vorhandene Interesse, die Koope-
    gionalorganisationen auf planbare, vorhersehbare           ration zu vertiefen, zu einer Verstetigung der Bera-
    Grundlagen stellen.14                                      tungen geführt. Dabei wurden die inhaltliche The-
■   Definierte Arbeitsteilung; ein Effizienzkriterium,         menpalette ausgeweitet und problembezogene Ar-
    das Duplizierungen vermeiden hilft.                        beitsgruppen eingesetzt. Thematisch geht es dabei
Dagegen wurde ein drittes Kriterium in den vergan-             vom Dialog zwischen den Kulturen bis zum Schutz
genen Jahren relativiert:                                      von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten. Die
■   Vorrang der UN; Boutros-Ghali bezog sich vor-              Treffen zwischen den UN und, wie es seit dem Jahr
    wiegend auf die operative Zusammenarbeit und               2005 offiziell heißt, »regionalen und anderen zwi-
    wollte verhindern, dass die UN durch Regional-             schenstaatlichen Organisationen«16 haben über eine
    organisationen in unerwünschte Verpflichtungen             eher informelle Vernetzung der beteiligten Einrich-
    hineingedrängt würden. In Fällen wie Liberia und           tungen zur weiteren Festigung des global-regionalen
    Sierra Leone in den neunziger Jahren hatte hin-            Gefüges beigetragen. Die hohe Zahl von 20 teilneh-
    gegen das lange Zeit zögerliche Verhalten der UN           menden Organisationen am siebten und bislang letz-
    bei der Unterstützung der Wirtschaftsgemeinschaft          ten Hochrangigen Treffen am 22. September 2006
    der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) eine                ist dabei ein Beleg für den Trend hin zu intensivierter
    eher konfliktverlängernde, kontraproduktive Wir-           praktischer Zusammenarbeit, auch in den Krisenge-
    kung. Die Frage der Priorisierung zwischen glo-            bieten vor Ort. Das zunehmende Interesse regionaler
    baler und regionaler Ebene wirkt aber tiefer und
    bekam im Frühjahr 1999 auch erhebliche politi-
    sche Brisanz: Obwohl die Hauptverantwortung                 6 Vgl. Hildegard Schürings, Rwanda: Hintergründe der Katastrophe.
    des UN-Sicherheitsrats allgemein unstrittig war,           Opfer, Täter und die internationale Gemeinschaft, VN, 4/1994, S. 125–133.
    hat die zwar humanitär motivierte, aber nicht               7 Vgl. Roméo Dallaire, Shake Hands with the Devil: The Failure of
    explizit UN-autorisierte Operation ›Allied Force‹          Humanity in Rwanda, Toronto 2003, S. 78f.
    der NATO gegen Jugoslawien höchst grundsätz-                8 UN Doc. A/54/549 v. 15.11.1999, Abs. 483, Übersetzung durch Autor.
    liche völkerrechtliche Diskussionen ausgelöst.15            9 Vgl. UN-Dok. A/47/277–S/24111 v. 17.6.1992, Abs. 60–65.
    Das Bild im Hinblick auf eine bestimmende Rol-             10 Vgl. Art. 52 (1) UN-Charta.
    le der UN ist heute insgesamt gemischt – vor al-           11 Vgl. UN Doc. A/50/60–S/1995/1 v. 3.1.1995, Abs. 86.
    lem auch vor dem Hintergrund der relativ star-             12 Vgl. hierzu Axel W. Krohn, Die Vereinten Nationen und die Afrika-
    ken Stellung, die das Kapitel VIII der UN-Char-            nische Union. Asymmetrische Partnerschaft bei der Krisenbewälti-
    ta regionalen Organisationen zubilligt.                    gung in Afrika, S. 167–180 in diesem Heft.
                                                               13 Vgl. UN Doc. A/50/60–S/1995/1 v. 3.1.1995, Abs. 88.
                                                               14 Vgl. Ergebnisdokument des Weltgipfels 2005, UN-Dok. A/RES/60/1
Hochrangige Treffen
                                                               v. 16.9.2005, Abs. 93.
Schließlich gehen auf die Initiative Boutros-Ghalis            15 Vgl. Johannes Varwick, Die NATO, München 2008, S. 152ff.
auch die Hochrangigen Treffen des UN-Generalse-                16 UN Press Briefing, 26.7.2005.

VEREINTE NATIONEN 4/2008                                                                                                                                149
Griep | Tendenz: steigend

                         Organisationen an dieser Form von Konsultation             stützt die dortige UN-Mission MONUC bei der Re-
                         zeigt jedoch auch die Präferenz für diese eher unver-      form des Sicherheitssektors. In Georgien kooperiert
                         bindliche Form der Zusammenarbeit gegenüber einer          die UN-Mission UNOMIG mit der vorwiegend poli-
                         stärkeren Institutionalisierung. Für das Jahr 2009 ist     tisch und im Menschenrechtsbereich tätigen Organi-
                         die Einladung des UN-Generalsekretärs zum nächs-           sation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Euro-
                         ten Treffen dieser Art zu erwarten.                        pa (OSZE) sowie mit der Gemeinschaft Unabhängi-
                                                                                    ger Staaten (GUS). Letztere ist bemüht, insbesondere
                         Trends bei der Kooperation                                 angesichts jüngster Zuspitzungen um Abchasien mit
                                                                                    Hilfe eigener Friedenstruppen die dortige Situation
                         Zum großen Teil spiegelt sich im Spektrum der gegen-       zu stabilisieren. Dieser Kooperationstyp ist verbrei-
                         wärtigen UN-Friedensmissionen die in den vergange-         tet, da sowohl der regionale Akteur als auch die UN
                         nen beiden Jahrzehnten vollzogene Entwicklung des          ihre jeweilige Identität erhalten und gleichzeitig ihre
            Die Suche    Zusammenwirkens der UN mit Regionalorganisatio-            spezifischen Fähigkeiten einbringen können.
          nach einem     nen wider. Schon angesichts der funktionalen Hetero-
›Standardmodell‹ der     genität und gewachsenen Identität regionaler Organi-       c) Operative Unterstützung des Prozesses
   Kooperation ist ein   sationen wäre dabei aber die Suche nach einem ›Stan-          durch Integration
  recht aussichtsloses   dardmodell‹ der Kooperation ein recht aussichtsloses       Regionalorganisationen wirken hier nicht mehr neben
         Unterfangen.    Unterfangen. Gleichwohl: in der Gesamtbetrachtung          den UN in einer gewissen Unabhängigkeit, sondern
                         aktueller UN-Operationen und deren Kooperation             sind als integraler Bestandteil einer gemeinsamen Ope-
                         mit Regionalorganisationen lassen sich vier allgemei-      ration aufs engste mit deren Erfolg oder Misserfolg
                         ne, teils einander überlappende Trends ausmachen:          verbunden. Diese Form der Kooperation ist für alle
                                                                                    Beteiligten mit hohen Anforderungen verbunden –
                         1. Erhöhte Diversität                                      politisch, organisatorisch und mental.18 Seit dem Jahr
                         Die Beiträge regionaler Organisationen zu UN-Ope-          2008 soll mit der AU erstmals eine Regionalorgani-
                         rationen sind vielfältig; sie können nach unterschied-     sation im Rahmen einer so genannten hybriden, ro-
                         lichen Kriterien kategorisiert werden.17 Die bisheri-      bust mandatierten, mehrdimensionalen Friedensmissi-
                         ge Erfahrung zeigt, dass Regionalorganisationen in         on mit den UN (UNAMID) in Darfur/Sudan gemein-
                         unterschiedlichen Phasen von Friedens- oder Stabi-         sam (integriert) agieren. Zuvor war ein ähnlich inte-
                         lisierungsprozessen unterschiedliche Rollen zu de-         griertes Vorgehen lediglich in den neunziger Jahren in
                         ren Unterstützung übernehmen können:                       Haiti im Rahmen einer allerdings ausschließlich zivilen
                                                                                    Mission (MICIVIH) erfolgt. Mit Blick auf UNAMID
                         a) Herbeiführung politischer Grundlagen für den Prozess    ist die bisherige Entwicklung eher entmutigend.19
                         Regionalorganisationen schaffen hier Voraussetzun-
                         gen, teils im Rahmen einer internationalen Konzep-         2. Erhöhte Komplexität
                         tion, teils aber auch autonom. Ihr politisch-diploma-      Es ist mittlerweile nicht mehr ungewöhnlich, dass die
                         tisches Engagement ermöglicht erst die Entsendung          internationale Krisensteuerung durch bilaterales
                         von Friedensoperationen und kann Weichen für den           staatliches Engagement, durch Beiträge informeller
 Die komplementäre       mittel- bis langfristigen Erfolg des internationalen En-   Freundesgruppen (etwa in Georgien) oder nicht-
      Kooperation ist    gagements stellen. Heute agieren etwa die UN-Mis-          staatlicher Organisationen ergänzt wird. Regional-
verbreitet, da sowohl    sionen in Liberia (UNMIL) und in Sudan (UNMIS) auf         organisationen sind also bei weitem nicht die einzi-
der regionale Akteur     der Grundlage von Friedensverträgen, die durch re-         gen Kooperationspartner der UN. Und auch die Zu-
 als auch die UN ihre    gionale beziehungsweise subregionale Organisatio-          sammenarbeit mit UN-Friedensoperationen erfolgt
   Identität erhalten    nen (ECOWAS beziehungsweise Zwischenstaatliche             nicht mehr ausschließlich durch eine, sondern zuneh-
     und ihre spezifi-   Behörde für Entwicklung – IGAD) vermittelt wur-            mend durch mehrere Regionalorganisationen gleich-
   schen Fähigkeiten     den. Die Fortsetzung des Friedensprozesses in Côte         zeitig. Ein markantes Beispiel dafür ist die komplexe
 einbringen können.      d’Ivoire war möglich, weil der ECOWAS-Vorsit-              Konstellation internationaler Akteure in Kosovo.
                         zende entscheidende politische Impulse gesetzt hat.        Dort wurde infolge der Resolution 1244(1999) die
                                                                                    internationale zivile Präsenz unter Beteiligung zwei-
                         b) Operative Unterstützung des Prozesses durch             er regionaler Organisationen (EU, OSZE) unter ver-
                           komplementäre Kooperation                                antwortlicher Leitung durch die UN-Mission (UN-
                         Regionalorganisationen wirken neben einer UN-              MIK) neben der durch die NATO geführten KFOR-
                         Operation. Deren Tätigkeit wird durch die spezifi-         Friedenstruppe etabliert. Auch hier wirken die re-
                         schen Leistungen regionaler Organisationen ergänzt.        gionalen Organisationen durch ihre jeweiligen kom-
                         In Haiti beispielsweise wird die UN-Mission MINUS-         parativen Kompetenzen, das heißt die EU vorwie-
                         TAH beim Wiederaufbauprozess von der regiona-              gend im wirtschaftlichen Wiederaufbau, die OSZE
                         len OAS und der subregionalen CARICOM unter-               im Menschenrechtsbereich und die NATO als Ga-
                         stützt. Ähnlich engagiert sich die Europäische Union       rant für Sicherheit. Die bisherige Entwicklung seit der
                         in der Demokratischen Republik Kongo: sie unter-           Unabhängigkeitserklärung Kosovos vom 17. Febru-

150                                                                                                            VEREINTE NATIONEN 4/2008
Griep | Tendenz: steigend

ar 2008 lässt mit Blick auf die Entsendung der EU-           Für die absehbare Zukunft ist kaum zu erwarten,
Rechtsstaatsmission EULEX zumindest für eine Über-        dass sich Art und Anzahl internationaler Krisen und
gangsperiode erwarten, dass der Grad der Komple-          Konflikte deutlich verringern werden. Vor diesem Hin-                         Zu einem wesent-
xität eher noch zunimmt. Ein Nebeneffekt derart           tergrund ist es wahrscheinlich, dass im Rahmen des                            lichen Teil wird es
komplexer Konstellationen ist die Vertiefung der Ko-      internationalen Krisenmanagements Regionalorga-                               beim internationalen
operation nicht nur mit den UN, sondern auch zwi-         nisationen weiterhin als Akteure in Erscheinung tre-                          Krisenmanagement
schen verschiedenen Regionalorganisationen, also          ten. Zu einem wesentlichen Teil wird es dabei an den                          an den Regional-
interregionaler Art.                                      Regionalorganisationen liegen, die politischen Wei-                           organisationen lie-
                                                          chen zu stellen. Der Erfolg wird letztlich davon ab-                          gen, die politischen
3. De-Regionalisierung                                    hängen, ob und inwieweit sie nicht nur fähig, sondern                         Weichen zu stellen.
In den vergangenen Jahren ist festzustellen, dass sich    auch bereit sind, eigene Beiträge zu leisten. Dabei ge-
Regionalorganisationen im Rahmen UN-mandatier-            ben in zumindest drei Bereichen jeweils entgegenge-
ter Operationen zunehmend auch außerhalb der ei-          setzte Pole das Handlungsspektrum vor:
genen Region und deren Peripherie betätigen. Dies
betrifft insbesondere die zeitlich begrenzten Einsätze    1. Krisenmanagement ad hoc oder
der EU in der Demokratischen Republik Kongo (2003            institutionalisiert
und 2006) und in Tschad (seit 2007) wie auch das          Die bisherige Zusammenarbeit zwischen UN und Re-
Engagement der NATO in Afghanistan seit dem Jahr          gionalenorganisationen beruht weitgehend auf Ab-
2003. Ob sich hier ein längerfristiger Trend ent-         stimmungen im Einzelfall. In Anbetracht der bisher
wickelt, ist noch nicht abzusehen.                        insgesamt gemischten Ergebnisse wäre es im Interes-
                                                          se eines in seinen Grundzügen berechenbaren Kri-
4. Konzeptionelles ›Herantasten‹ an                       senmanagements sinnvoll, auf verlässliche und von
   neue Herausforderungen                                 Zufälligkeiten unabhängige Verfahren zurückgreifen
Neben dem grundsätzlichen Interesse regionaler Or-        zu können – auf UN- wie auf regionaler Ebene. Eine
ganisationen, ihr Instrumentarium zur Krisenbewäl-        verstärkte Kooperation, etwa im Sinne gemeinsamer
tigung zu optimieren, kann auch der operative Bedarf      Erklärungen nach dem Beispiel von UN/EU oder UN/
zu neuen konzeptionellen Überlegungen führen, die         AU, kann diesen Prozess fördern. In seinem Bericht
später gegebenenfalls eine Anpassung von Mecha-           vom April 2008 über die Zusammenarbeit zwischen
nismen und Verfahren notwendig machen. So hat sich        UN und Regionalorganisationen appelliert der UN-
in der EU zum Beispiel die konzeptionelle Unterschei-     Generalsekretär an die Mitgliedstaaten, mit Blick auf
dung zwischen unterschiedlichen Operationstypen           bessere Planbarkeit auch ein Ende der häufig impro-
durchgesetzt (›bridging‹ versus ›stand-by‹).20 Vor dem    visierten Finanzierungsverfahren anzugehen.22
Hintergrund der konzeptionell entwickelten konti-
nentalen Friedens- und Sicherheitsarchitektur beginnt     2. Begrenzte oder umfassende Beiträge
die AU, sich auch in der Führung UN-mandatierter          Im Sinne umfassender Friedens- und Sicherheitspoli-
Operationen auf subregionale Organisationen zu stüt-      tik wäre es wünschenswert, die Konfliktbearbeitung
zen: Obwohl letztlich ohne Erfolg, hatte in Somalia
im Jahr 2006 zunächst eine durch die IGAD gestell-
te Friedensoperation (IGASOM) die Lage zu stabili-        17 So unterscheiden etwa A. Sarjoh Bah und Bruce D. Jones drei grund-
sieren versucht, bevor die AU diese Herausforde-          sätzliche Typen von Partnerschaften zwischen internationalen Organi-
rung übernahm.                                            sationen (sequential; parallel; integrated), vgl. Bah/Jones, Peace Opera-
                                                          tion Partnerships: Lessons and Issues from Coodination to Hybrid Arran-
                                                          gements, in: Annual Review, a.a.O. (Anm. 2), S. 22ff; anders die Kategori-
                                                          sierung nach fünf Kooperationstypen bei Waheguru Pal Singh Sidhu
Künftige Rolle regionaler Organisationen
                                                          (subcontracting; bridging; joint; integrated; evolving), vgl. Sidhu, Regio-
Wenn die Zeichen nicht trügen, wird sich Zusammen-        nal Groups and Alliances, in: Thomas G. Weiss/Sam Daws (Eds.), The Ox-
arbeit der UN mit regionalen Organisationen – stär-       ford Handbook on the United Nations, New York 2007, S. 222ff.
ker als in der Vergangenheit – auch über die ursprüng-    18 Vgl. Bah/Jones, a.a.O. (Anm. 17), S. 24f.
liche Friedenssicherung hinaus ausweiten. So hat UN-      19 Bis Mitte 2008 war nur etwa ein Drittel der mandatierten Personal-
Generalsekretär Ban Ki-moon zahlreiche Empfehlun-         stärke von 26 000 Soldaten und Polizisten vor Ort. Im Juni 2008 haben die
gen für bestimmte Handlungsfelder vorgelegt, wie bei-     beiden Sondergesandten von UN und AU, Jan Eliasson und Salim Ahmed
spielsweise Abrüstung und Nichtverbreitung, Förde-        Salim, ihre Posten niedergelegt und wurden durch Chefvermittler Djibril
rung der Menschenrechte, humanitäre Hilfe und Frie-       Yipènè Bassolé ersetzt, vgl. UN Press Release SG/A/1143 v. 30.6.2008.
denskonsolidierung in der Konfliktfolgezeit.21 Die erst   20 Vgl. Sven Bernhard Gareis, Partner für den Weltfrieden? Die Zu-
seit wenigen Jahren bestehende Kommission für Frie-       sammenarbeit zwischen EU und UN in der internationalen Krisenbe-
denskonsolidierung entwickelt sich zunehmend auch         wältigung, S. 154–159 in diesem Heft.
zu einem Forum intensivierter Kooperation zwischen        21 Vgl. UN Doc. S/2008/186 v. 7.4.2008, Abs. 44ff.
UN-System und Regionalorganisationen.                     22 Ebd., S. 2.

VEREINTE NATIONEN 4/2008                                                                                                                                151
Griep | Tendenz: steigend

                          in Abstimmung mit den relevanten Akteuren im Kri-          einten Nationen bei der Unterstützung von Post-
                          senland auf ein möglichst breites Instrumentarium zu       Konflikt-Staaten zu verstärken.26 Im Jahr 2006, drei
                          stützen.23 Da aber Regionalorganisationen mit aus-         Jahre nach der Verabschiedung der Europäischen Si-
                          gereiftem, mehrdimensionalem Instrumentarium eher          cherheitsstrategie, war die Entsendung der Mission
  Es ist anzunehmen,      die Ausnahme als die Regel sind, dürften regionale         EUFOR RD Congo auch eine Probe auf die Ernst-
dass das Engagement       Beiträge diejenigen anderer (zum Beispiel bilateral tä-    haftigkeit derartiger europäischer Selbstverpflichtun-
  regionaler Organisa-    tiger) Akteure auch weiterhin ergänzen, statt sie zu       gen. Schließlich formuliert die AU in ihrer Gründungs-
   tionen auch künftig    überlagern oder zu ersetzen. Realistischerweise ist        akte unter anderem auch Kriterien für das Eingreifen
   in den meisten Fäl-    anzunehmen, dass das Engagement regionaler Orga-           in AU-Mitgliedstaaten, wenn dort insbesondere Kriegs-
 len zielgerichtet und    nisationen auch künftig in den meisten Fällen zielge-      verbrechen, Völkermord oder Verbrechen gegen die
     auf wenige Hand-     richtet und auf wenige Handlungsfelder begrenzt er-        Menschlichkeit begangen werden.27 Das Handeln oder
lungsfelder begrenzt      folgen wird (etwa durch die OSZE in der Menschen-          Nichthandeln der AU angesichts massiver Menschen-
         erfolgen wird.   rechtsdimension oder durch die NATO in der Sicher-         rechtsverletzungen wie in Darfur/Sudan führt zwangs-
                          heitsdimension).                                           läufig zu Fragen nach der politischen Glaubwürdig-
                                                                                     keit der afrikanischen Regionalorganisation.
                          3. Afrika: politische oder praktische Unterstützung            Schon in der Vergangenheit haben sich Regional-
                          Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Afrika mittelfri-        organisationen trotz mancher Defizite in der Umset-
                          stig der Kontinent mit den meisten Konflikten blei-        zung einzelner Friedensoperationen (zum Beispiel
                          ben. Ebenso wahrscheinlich werden die Appelle zur          durch die AU) häufig als wichtige, teils unentbehrli-
                          Unterstützung afrikanischer Konfliktbewältigung            che Partner für die Vereinten Nationen erwiesen: Als
                          (insbesondere durch die AU) eher zu- als abnehmen.         politische Impulsgeber in Friedensprozessen (zum Bei-
                          Daher wird sich auch für außerafrikanische, leistungs-     spiel ECOWAS) ebenso wie als Bereitsteller materiel-
                          fähige Regionalorganisationen künftig verstärkt die        ler Ressourcen in Art und Umfang, die das Vermö-
                          Frage stellen, ob das im Rahmen des Weltgipfels 2005       gen der Vereinten Nationen übersteigen (zum Bei-
                          abgegebene politische Bekenntnis der UN-Mitglied-          spiel EU). Vor allem tragen Regionalorganisationen
                          staaten zur prioritären Unterstützung der AU (etwa         durch ihr vielfach wiederholtes Bekenntnis zur zen-
                          bei der Entwicklung und Umsetzung eines Zehnjah-           tralen Rolle der Vereinten Nationen in der interna-
                          resplans für den Aufbau afrikanischer Kapazitäten24)       tionalen Friedens- und Sicherheitspolitik dazu bei,
                          als Positionsbestimmung ausreicht; oder, ob politi-        das kollektive UN-Sicherheitssystem im Sinne der
                          sche Solidaritätsbekundungen durch praktische Un-          Charta zu stärken.28 Letztlich aber zählen nicht Wor-
 Es wird auch für die     terstützungsleistungen untermauert werden können –         te, sondern Taten. Deswegen wird es auch für die
       Zukunft darauf     entsprechende Kooperationsbereitschaft auf afrika-         Zukunft darauf ankommen, jene Regionalorganisa-
     ankommen, jene       nischer Seite vorausgesetzt. Erste zielgerichtete Bei-     tionen, die über ein leistungsfähiges Instrumentari-
   Regionalorganisa-      träge seitens EU und NATO während der Sudan/               um verfügen, für ihr konstruktives Engagement zu
 tionen, die über ein     Darfur-Krise der vergangenen Jahre deuten in diese         gewinnen – fallweise, zielgerichtet und in der prak-
     leistungsfähiges     Richtung.                                                  tischen Umsetzung konsequent. Schließlich sollte
    Instrumentarium                                                                  nicht vergessen werden, dass die Mitgliedstaaten re-
     verfügen, für ihr
                          Selbstverpflichtungen als Erfolgsmaßstab                   gionaler Organisationen gleichzeitig auch Mitglieder
         konstruktives                                                               der Vereinten Nationen sind und sich den Grundsät-
      Engagement zu       Nicht zuletzt sind es die Regionalorganisationen selbst,   zen der Charta verpflichtet haben. Dieser gemeinsame
           gewinnen.      die zu einem wesentlichen Teil den Maßstab für die         Nenner bietet eine Vielzahl von Chancen, die Koope-
                          Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit ihrer Beiträge in          ration weiter auszugestalten.
                          der internationalen Friedenssicherung liefern. Die zu-
                          nehmenden Selbstverpflichtungen und Absichtser-
                          klärungen auf regionaler Ebene führen zu einem ge-
                          wissen Handlungsdruck innerhalb der jeweiligen Or-
                          ganisation, der politischen Rhetorik auch konkretes        23 Dies entspricht etwa der Zielsetzung des Aktionsplans Zivile Krisen-
                          Handeln folgen zu lassen. Als evidentes Beispiel kann      prävention der Bundesregierung.
                          hier die Erklärung von Santiago zum Schutz der De-         24 Vgl. UN-Dok. A/RES/60/1 v. 16.9.2005, Abs. 93 (b).
                          mokratie durch die OAS-Mitgliedstaaten wenige Mo-          25 Vgl. David M. Malone/Sebastian von Einsiedel, Haiti, in: Mats Ber-
                          nate vor dem Sturz des gewählten haitianischen Prä-        dal/Spyros Economides, United Nations Interventionism, 1991–2004,
                          sidenten Jean-Bertrand Aristide 1991 gelten. Nach          Cambridge 2007, S. 170.
                          dem Staatsstreich sah sich die OAS zu unverzüglichen,      26 Vgl. Europäische Sicherheitsstrategie, 12.12.2003, S. 11.
                          zunächst politischen Reaktionen veranlasst, denen die      27 Vgl. Gründungsakte der Afrikanischen Union, 11.7.2000, Art. 4 (h).
                          UN später mit eigenen Maßnahmen folgte.25 Auch             28 So erklärte etwa NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer auf
                          die EU hat mit ihrer Europäischen Sicherheitsstrate-       einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats, die Verantwortung regionaler
                          gie Maßstäbe gesetzt. Sie hat sich darin zum Beispiel      Organisationen bestehe in der Unterstützung der UN, vgl. UN Press
                          dazu verpflichtet, die Zusammenarbeit mit den Ver-         Release SC/8834 v. 20.9.2006.

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