Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz

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Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz
Untervazer Burgenverein Untervaz

       Texte zur Dorfgeschichte
            von Untervaz

                                                   1986

                     Die Königshöfe im Churer Rheintal
                             anno 800 - 1800
Email: dorfgeschichte@burgenverein-untervaz.ch. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter
http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter
http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.
Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz
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1986   Die Königshöfe im Churer Rheintal anno 800 - 1800        Joh. Ulrich Meng
       Weihnachtsgabe der historischen Vereinigung Unter-Landquart 1986

                   Historische Vorgeschichte zu den Königshöfen

Die Bündner Pässe müssen entsprechend der Herkunft der bei Funden zutage
geförderten Gegenstände seit uralten Zeiten als Handelsverbindungen gedient haben.
Die Räter selber dürften einen bescheidenen Warenaustausch betrieben haben. Sie
lieferten in den Süden Käse, Honig, Bienenwachs und Felle und brachten dafür Korn
und Wein heim. Kaiser Augustus baute Alpenübergänge aus und richtete
Postverbindungen ein. (theodosianisches Gesetzbuch im 4. Jahrhundert) Dieses
Wegnetz benutzten auch die römischen Kaufleute.
Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz
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Durch das Churer-Rheintal führte ein Römerweg von Chur an der östlichen Talseite zur
Klus über die Landquart nach Malans - Jenins - Maienfeld - Luziensteig.

Curia wurde zu einer Garnisonenstadt mit Bischofssitz. Zizers und Maienfeld waren als
Höfe und Herrensitze mit Gerichten bekannt. Die Talleute hatten die römische Sprache
(Latein) und den Verhältnissen entsprechend die römische Kultur übernommen.

Im 5. Jahrhundert drangen die Alemannen in das Rheintal und die Alpenübergänge vor
und vertrieben die Römer, damit ging die 400 jährige römische Herrschaft verloren. Zu
halten vermochte sich in Churrätia die römische Sprache, das Christentum und die
Verkehrseinrichtungen im rätischen Bergland.

Im 5. und 6. Jahrhundert herrschten im Churerrheintal die Ostgoten unter Theodorich
dem Grossen. Rätien war ein wichtiges Bollwerk. Die Verkehrswege und die von den
Römern eingerichtete Reichspost blieben bestehen, damit auch unsere Stationen Zizers
und Maienfeld. Anno 536 mussten die Ostgoten dem Germanenstamm der Franken aus
Rätien weichen. Der merowingische Herrscher Theudebert gewährte Churrätien die
politische Selbstständigkeit, denn die friedliche Benützung der Bündner Pässe war von
grosser strategischer Bedeutung.

Im 7. Jahrhundert wurde das Frankenreich stark und damit die fränkische Reichskirche.
Eine wichtige Rolle spielte das Kloster Disentis, das vom Bischof Tello von Chur anno
750 reichlichen Güterbesitz erhielt. Die "Mönchsstrasse" über den Lukmanier war zur
Zeit der bedeutenste Alpenübergang.

Die weltliche und geistliche Dynastie der Viktoriden in Chur erfreute sich während des
ganzen 8. Jahrhunderts grösster Selbständigkeit. Erst die Karolinger waren wieder auf
eine Einbeziehung Rätiens in die Reichsorganisation bedacht.

Nach dem Tode von Bischof Remedius ergriff Kaiser Karl der Grosse im Jahre 806 die
Gelegenheit, nun auch in Rätien die karolingische Grafschaftsverfassung einzuführen.
Damit gelangte die bisherige weltliche Macht des Bischofs von

Chur an einen auswärtigen Grafen. Zudem wurde das Reichsgut vom geistlichen Besitz
des Bischofs ausgeschieden.

Das durch eine Abschrift von Aegidius Tschudi teilweise überlieferte Urbar des
Reichsgutes um die Mitte des 9. Jahrhunderts ist für die Bündner Verkehrsgeschichte
von grosser Bedeutung.
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Es erschienen darin verschiedene Auflagen zu Zoll- und Zinsabgaben. So der Zins von
der Fähre in Maienfeld über den Rhein zum Anschluss an die Route Bodensee-Chur.
Auch die Zinse der Herbergen und Zölle an den Brücken der Königsstrassen
(Oberbrugg) sind in Dokumenten aufgeführt.

Damit gewinnen die Königshöfe im Churer-Rheintal an Bedeutung. Wir werden zwei
Königshöfe, die über Jahrhunderte Bestand hatten, kennen lernen.

             Karl der Grosse (742-
                             (742-814), ein
                                        ein Kaiser des Mittelalters

Biographie
Nach dem Tode seines Vaters, Pippins des Kurzen, und seines Bruders Karlmann wird
Karl im Jahre 768 Alleinherrscher über das Frankenreich. 772 beginnt er eine Reihe von
Feldzügen gegen die Sachsen, die seine Länder im Nordosten bedrohen. Auf Bitten des
Papstes Hadrian I. unterwirft Karl in den Jahren 773/74 das Langobardenreich in Italien,
und 778 unternimmt er einen ersten, allerdings erfolglosen Feldzug gegen die Araber in
Spanien.
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Am Hofe Karls des Grossen, der Pfalz in Aachen, gründet der angelsächsische Gelehrte
Alkuin im Jahre 782 eine Schule. Sie bleibt zwei Generationen lang Bildungszentrum
des Reiches. An Weihnachten 800 krönt Papst Leo III. Karl den Grossen in Rom zum
Kaiser. Dieser beherrscht nun den grössten Teil des christlichen Abendlandes. Zum
ersten Mal sind jetzt auch alle deutschen Stämme im gleichen, gut verwalteten Staat
vereinigt. Karl stirbt im Jahre 814. Nur wenige Jahrzehnte später bricht das Reich
auseinander, weil es nun einer starken Herrscherpersönlichkeit entbehrt.

Karl der Grosse im Urteil des Zeitgenossen Einhard
Er kleidete sich nach vaterländischer, nämlich fränkischer Weise. Auf dem Leib trug er
ein leinenes Hemd und leinene Unterhosen, darüber ein Wams, das mit seidenen
Streifen verbrämt war, und Hosen; sodann bedeckte er die Beine mit Binden und die
Füsse mit Schuhen und schützte mit einem aus Fischotter- und Zobelpelz verfertigten
Rock im Winter Schultern und Brust; endlich trug er einen blauen Mantel und beständig
das Schwert an der Seite, dessen Griff und Gehänge von Gold oder Silber war.
Bisweilen benützte er auch ein mit Edelsteinen verziertes Schwert, dies jedoch nur bei
besonderen Festlichkeiten oder wenn die Gesandten fremder Völker vor ihm erschienen.
Ausländische Kleidung jedoch wies er zurück, mochte sie auch noch so schön sein, und
liess sie sich niemals anlegen. Bei festlichen Gelegenheiten schritt er einher in einem
mit Gold durchwirkten Kleide und in mit Edelsteinen besetzten Schuhen, den Mantel
durch eine goldene Spange zusammengehalten, auf dem Haupt ein mit Gold und
Edelsteinen verziertes Diadem; an andern Tagen unterschied sich seine Kleidung wenig
von der gemeinen Volkstracht.

Er erbaute sich auch zu Aachen (... eine prächtige Pfalz) und wohnte in seinen letzten
Lebensjahren bis zu seinem Tode beständig darin. Und er lud nicht bloss seine Söhne,
sondern auch die Vornehmen und seine Freunde, nicht selten auch sein Gefolge und
seine Leibwächter zum Bade, so dass bisweilen hundert und mehr Menschen mit ihm
badeten. Während er Schuhe und Kleider anzog, liess er nicht allein seine Freunde vor,
sondern wenn der Pfalzgraf von einem Rechtsstreite sprach, der nicht ohne seinen
Ausspruch entschieden werden könne, so hiess er die streitenden Parteien sofort
hereinführen und sprach nach Untersuchung des Falles das Urteil, als sässe er auf dem
Richterstuhl. Was es für diesen Tag an Geschäften zu tun und einem seiner Diener
aufzutragen gab, das besorgte er zu dieser Stunde.
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Reich und sicher floss ihm die Rede vom Munde, und was er wollte, konnte er leicht
und klar ausdrücken. Es genügte ihm jedoch nicht an seiner Muttersprache, sondern er
lernte fleissig Sprachen. Im lateinischen brachte er es so weit, dass er es wie seine
Muttersprache beherrschte; das Griechische aber konnte er besser verstehen als selber
sprechen. Er erforschte mit emsigem Fleiss und grosser Wissbegierde den Lauf der
Gestirne. Auch zu schreiben versuchte er und pflegte deswegen Tafel und Büchlein im
Bett unter dem Kopfkissen bei sich zu führen, um seine Hand an das Nachmachen von
Buchstaben zu gewöhnen.

                                               Königshof und Feudalherrensitz (curtis
                                               Lupinis) Burg Maienfeld (Schloss
                                               Brandis)

                                               Die schriftliche Überlieferung weist auf
                                               einen karolingischen Königshof als
                                               Siedlungskern hin (curtis Lupinis); zu
                                               dem auch ein Fährbetrieb über den Rhein
                                               bei Fläsch (Flasco) gehört hat. Die
                                               Gründung der Burg im 13. Jahrhundert
                                               erfolgte im Bereich eines
                                               hochmittelalterlichen Dorfes, das sich um
                                               diesen alten Königshof gebildet haben
                                               dürfte.

                 Karolingische Königshöfe im Churer Rheintal

Wenn man das umfangreiche Urkundenmaterial aus der Zeit der Karolinger, der
Ottonen und der Hohenstaufen bearbeitet, stellt man fest, wie alle diese Landesfürsten
sich zum Ziele setzten, den sonnigen Süden jenseits der Alpen, nicht nur gelegentlich zu
besuchen, sondern "über der Mauer" wie die Römer den Alpenwall nannten, als
Territorialherren zu besitzen.
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Der Weg aus ihrer nordischen Heimat war aber weit, beschwerlich und mit
mannigfaltigen Gefahren verbunden. Um solchen Hindernissen auszuweichen, liessen
sie gangbare Wege (Karrenwege) über die Alpen erstellen und unterhalten. Wo möglich
benutzten und verbesserten sie die bestehenden Alpen-Übergänge der Römer und
Goten. An geeigneten Orten errichteten sie Etappen und Raststätten mit den
dazugehörenden Höfen und Susten. Diese Anlagen wurden Königshöfe genannt. Sie
verpflanzten sogar eigene Dienstleute als Zöllner und Zinseintreiber an diese Routen.

Wir besuchen zwei solcher Königshöfe im Churer Rheintal
Im oberrätischen Land, am südlichen Fuss des Fläscherberges führte ein Karrenweg
über die St. Luziensteig in die im Sonnenlicht badende Landschaft, ins Churer Rheintal.
Einer jener Landesherren entschloss sich hier in der herrlichen, voralpinen Landschaft
einen Etappenort erstellen zu lassen. So kamen die römischen Siedlungen Lupinis
(Maienfeld) und Flasco (Fläsch) zu nicht geringer Bedeutung.
Hier werden wohl schon die ersten feudalherrlichen Welschlandfahrer wie .Kaiser
Rotbart und andere berühmte Monarchen gerastet haben. Wer als erster Bauherr des
Königshofes Fläsch-Maienfeld genannt werden darf, lässt sich urkundlich nicht
ermitteln. Im Reichsurbar von 831 ist dieser Königshof als wertvoller Grundbesitz mit
vielen Rechten ausgestattet, beschrieben. Welchen Umfang der Königshof besass,
kommt im Reichsurbar zum Ausdruck.
Die Lehensherren und Eigenleute zinsten jährlich gemeinsam 576 Scheffel Saatgut
(675,5 Zentner), 140 Fuder Heu, 100 Fuder Wein (1470 ltr.). Zu diesem Königshof
gehörten 3 Alpen und 27 Hub (44 Ha) Wies und Ackerland nordwärts der Luziensteig.

Über den bei Fläsch talwärts strömenden Rhein führte eine dauernd bemannte Fähre
talwärts in das Saargebiet hinüber, als Verbindungsweg zum Walensee. Wer diese Fähre
benützte, musste entsprechend Fährgeld bezahlen. Diese Gebühr musste dem Meier des
Königshofes abgeliefert werden. Der Rhein diente als Wasserstrasse. Alle Transporte
nach beiden Fahrrichtungen waren dem Königshof zollpflichtig.

Eine eigene Mühle klapperte bei Fläsch, die noch am Anfang des laufenden
Jahrhunderts im Betrieb war. So diente der Königshof während mehr als 300 Jahren als
Raststätte den Feudalherren, den Kaufleuten aus Nord und Süd, den kirchlichen
Obrigkeiten, den Rompilgern, den Militärs, aber auch den Malefizen aus Nah und Fern.
In späteren Jahrhunderten bildeten die Standorte der Königshöfe die Grundlage für
Burgen und Schlösser. (Schloss Brandis).
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Aus den Dokumenten jener Zeit gehen nebst Zins und Zollforderungen, Rechten und
Pflichten auch interessante Begebenheiten hervor. Man weiss, dass der Rhein während
mehr als 1000 Jahren als Wasserstrasse benutzt wurde. Die Flösser transportierten auf
ihren wackligen Flössen(zusammengebundene Baumstämme 4-6m lang) Reisende,
Tiere und Waren. In einzelnen Talschaften des Vorderrheintales betrieben die
Gemeinden einen ausgesprochenen Raubbau an den Waldungen. Die Behörden
verkauften ganze Hochwaldbestände (man denke an die heutige Waldarmut im Lugnez)
den organisierten Flössern. Diese zeichneten die gekauften Stämme mit besonderen
Marken. Beim Zusammenfluss der beiden Rheine wurden die mit Eisenklammern,
Ketten und Hanfseilen verbundenen Stämme mit anderen Flössen gekoppelt. Die
Flössermannschaft, mit langen hölzernen Stangen ausgerüstet, steuerte die Flösse durch
die reissenden Fluten. Es ist überliefert, dass noch Ende der sechziger Jahre des 18.
Jahrhunderts Personentransporte ausgeführt wurden. So wurde ein Rekrutenkontingent
für den holländischen Kriegsdienst bei Felsberg auf ein Doppelfloss verladen. Da der
Rhein Hochwasser führte, hatten die Flösser grosse Mühe das schwere Floss zu lenken.
Im engen Flussbett zwischen dem Fläscher Ellhorn und dem Schollberg prallte das
Floss gegen den vorspringenden Felsen des Ellhornes, wo es zertrümmert wurde. Dabei
kamen 30 Mann und die Mannschaft ums Leben. Ein weiters Dokument bezeugt, dass
in den "Hungerjahren 1770/71" die Textilfirma Zellweger in Trogen, zur Versorgung
der Belegschaft mit dem lebensnotwendigen Brotgetreide, eine Trägerkolonne über die
Alpen nach Como aufbot. 140 selbst unterernährte Träger schleppten das Getreide über
den Monte Spluga bis nach Felsberg.

                                         Ein Pfau Ofen
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Dort wurde die kostbare Fracht auf Flösse verladen und ohne Zwischenfall nach
Rheineck befördert. Der junge Rhein wurde auch vom Bodensee aufwärts als
Wasserstrasse benutzt. Bezeugt wird ein Transport von Kacheln für den Bau von
"Pfauenöfen" aus Winterthur. Vorerst auf dem Wasserweg an den Bodensee, dann auf
des Rheines Fluten bis nach Maienfeld. Diese "Eilsendung" nahm allerdings 3 Jahre in
Anspruch.

                                  Königshof und Feudalherrensitz (Fridow)
                                  Burg Friedau in Zizers (Pfandschaft Zutzers)

                                  Die Burg Fridau ist vermutlich auf dem Areal eines
                                  frühmittelalterlichen Herrenhofes erbaut worden, der
                                  1056 von Otto dem Grossen als Königshof dem
                                  Bischof von Chur geschenkt wurde. Die
                                  Umwandlung des Hofes zur Burg erfolgte um die
                                  Mitte des 13. Jahrhunderts.

Kaum 12 km südlich des Könighofes Fläsch/Maienfeld finden wir den nächsten
Königshof. Der Etappenort Zizers am alten Römerweg gelegen, wurde von dem
Karolingern und Ottonen als Königshof ausgebaut. Im Banngebiet dieser Ortschaft
besassen die fränkischen Dynasten grosse und zahlreiche Güter, bestehend aus
Ackerland, Wiesen, Rebbergen, Mühlen, Jagdräumen und Fischereigewässern. Diese
umfassten die Region Trimmis, Zizers (Zizuris) und Eyis (Igis). Dieses kostbare
Kulturland wurde im Mittelalter dem Bistum Chur vergabt, da das bischöfliche "Gstift"
durch den räuberischen Überfall der Sarazenen grossen Schaden erlitten hatte. Der
Königshof Fridow, genannt Friedau, muss weniger als Raststätte benutzt worden sein,
da ja der Bischofsitz Chur, ganz in der Nähe, den Feudalherren und Kaufleuten mehr
Bequemlichkeiten bieten konnte. Am 3. August 956 dokumentiert König Otto 1. an
Bischof Hartbert von Chur die Schenkung des Könighofes Zizers unter Aufzählung
allen Zubehörs, darunter der Weinberge in Trimmis und Malans, sowie des
gebräuchlichen Zolls. (Bischöfliches Archiv in Chur) 2 Jahre später am 16. Januar 958
schenkt König Otto 1. der bischöflichen Kirche Chur die halbe Stadt Chur samt Zoll
und Münze in Chur. Im Gegenrecht zu diesen Schenkungen an die bischöfliche Kurie
stand sicher das freie Gastrecht und der sichere Weg über die Alpenpässe.
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Der Unterhalt und Schutz dieser wichtigen Transitwege war für die Franken von
grösster Bedeutung. Um den Königshof und die dazugehörigen Güter und Rechte
zweckmässiger verwalten zu können, entschloss. sich Bischof Volkard in Zizers eine
stattliche Burg bauen zu lassen. Er setzte den Grundstein. Sein Nachfolger Bischof
Heinrich von Montfort vollendete des Werk.

Der vierstöckige Bau als Palas, trug ein Pyramidendach. Er stand am Rande der
Landstrasse, die jederzeit abgeriegelt und kontrolliert werden konnte. Die ganze Anlage
wurde von einem tiefen Wall und Graben umzogen. Der Zugang zum Innern der Veste
führte über eine Holztreppe, die mechanisch hochgezogen werden konnte, um in das 3.
Stockwerk zu gelangen.

Die Fridow (später Friedau), wie die Veste genannt wurde, wechselte öfters den
Besitzer durch Verkauf oder als Pfandobjekt. So war die ältere Tochter des Freiherrn
Donat von Vaz, Gräfin Kunigunde Gemahlin von Graf Rudolf dem V. von Toggenburg
Pfandgläubigerin der Friedau. Nachdem das Bistum Chur die Pfandsumme erstattete,
fiel das Objekt wieder an das Gstift zurück. Diese verkaufte die Burg im Jahr 1449 an
die Hochgerichtsgemeinde IV Dörfer. Diese baute die Innenräume zweckdienlich aus.
Vor allem dienten diese dem jeweiligen Amtsitz. Die Landamänner wurden mit dem
Gerichtsweibel verpflichtet, wenn sie auch nur ein Jahr ihr Amt bekleideten, in der
Fridau zu wohnen. Das Erdgeschoss, ein fensterloses, von dicken Mauern
eingeschlossenes Verliess, diente als Gerichtsgefängnis. Die Rechtsbrecher wurden an
einem langen Seil vom obersten Firstboden in die Tiefe versenkt. Es war deshalb nicht
wunderlich, wenn der Volksmund die Königsburg Friedau zum "Schelmenturm"
degradierte. Diese Veste "beherbergte" im Verlauf vieler Jahrhunderte Schuldige, aber
auch Unschuldige, wie wir später erfahren werden.

Wenn man die Gerichtsprotokolle des Hochgerichts IV Dörfer durchblättert, findet man
Urteile über Rechtsbrecher, Landsleute und Ausländer wie der Hanikel aus dem
Schwabenland. Er war ein Dieb und Galgenvogel. Einen breiteren Raum hier wollen
wir dem Gerichts-Urteil über den Mörder Sauter geben. Dieses Urteil fällte der
Malefitz-Richter des Standesgerichtes zu Zizers, Hauptmann Sebastian Meng 1716. Er
war Ein Urahne unseres Historikers und Verfassers dieser Arbeit, Hanueli Mengs von
Trimmis. Er wollte zwar dieses Urteil nicht veröffentlicht wissen, denn es ist grauenhaft
und unrühmlich. Aber es ist ein Dokument und es entspricht der damaligen
Gerichtsbarkeit.
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Wir fügen dieses "Malefitz Urthel" als Original-Kopie und in der handschriftlichen
Nachfassung von Hanueli Meng unserer Abschrift bei. Zur Tat: Der Mörder Jürg
Sauter, der im "Mörderhüsli" an der Alten Strasse eine ganze Familie, mit Ausnahme
eines 4-jährigen Kindes, umbrachte, wurde vom zuständigen Standesgericht verurteilt
und hingerichtet. Wertvolle Dokumente bezeugen, dass auch unschuldig Angeklagte
schier unerträgliche Stunden im Verlies der Fridau überleben mussten.

Die österreichisch gesinnten Landsleute waren gegen Endes des 18. Jahrhunderts die
Herren auf dem ehemaligen Königshof Fridau, dem Hochgericht IV Dörfer. Im März
1799 wurden statt Verbrecher eine Anzahl angesehener Amtsmänner zwangsmässig in
das Verlies der Fridau eingekerkert. Wir verfolgen gedanklich deren Schicksal und
betreten damit einen langen Weg, den französische und österreichische Geiseln aus
Bünden in die Gefangenschaft einerseits nach Salins anderseits nach Graz gehen
mussten.

Nachdem im Winter 1799 napoleonische Heereseinheiten die ganze Nordwestschweiz
und auch Nid- und Obwalden überflutet hatten, drang General Massena von Zürich aus
durch das Gasterland bis Sargans vor. Bei Trübbach überschritt er mit 30'000 Mann
aller Waffengattungen den Rhein, überrumpelte auf der Luziensteig die schwache
Besatzung. Einer riesigen Flutwelle gleich drangen die Franzosen durch sämtliche Täler
beider Rheine vor, besetzten jede Ortschaft, jeden Weiler mit Fusstruppen, Kavallerie
und Artillerie und Tross. Die Haus- und Grundbesitzer mussten sich verpflichten, die
ihnen zugewiesenen Mannschaften zu verpflegen und ebenso für sämtliches Futter für
Reit- und Zugpferde aufzukommen. Um diesen Zwangsmassnahmen Nachdruck zu
verleihen, wurden prominente Amtsmänner ohne Unterschied auf Alter und
Herkommen verhaftet und als Geiseln aufgeführt. Die Liste dieser österreichischen
gesinnten Opfer nennt deren 61. Wir legen dieses Verzeichnis hier bei.

Die Verhaftungen wurden im ganzen Gebiet der drei Bünde schonungslos durchgeführt.
Die Reise begann in Davos. Da damals keine fahrbaren Transportmittel zur Verfügung
standen, mussten die Geiseln den 60 km langen Weg nach Chur durch das Prättigau zu
Fuss zurück legen. Im östlichen Landesteil hatten es die Franzosen auf den Landes-
Adel, die Herren von Salis und Planta abgesehen. Sämtliche Junker von Salis in Grüsch,
Seewis, Malans, Maienfeld und Marschlins wurden als Geiseln deportiert. Auffallend
war es auch, dass nahezu ein Dutzend reformierte Pfarrherren der Gefangennahme und
Deportation zum Opfer fielen.
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Carl Ulysses von Salis, Sohn des berühmten französischen Geschäftsträgers Minister
Ulysses, Philanthrop im Schloss Marschlins, schrieb in seinen Memoiren: "Ich will
mich nicht aufhalten bei den Lebensgefahren, den Plünderungen, den Misshandlungen,
die ich und meine ganze Familie in den ersten Tagen des Einmarsches der Franken in
Bünden ausgestanden haben, auch nicht den Verlust berechnen, den ich durch die
unaufhörliche Einquartierung erlitten habe. Allein als ich hoffen durfte, das
Schrecklichste überstanden zu haben, hub erst die grosse Verfolgung an."

"Am 29. März 1799 erschien der Präfekt (der höchste von Massena eingesetzte Beamte
des Freistaates) mit drei anderen Personen, worunter sich auch der Bürger Jost von
Zizers (ein Franzosenfreund) befand. Er zeigte mir einen Befehl der provisorischen
durch General Massena eingesetzten Regierung Bündens vor, das Vermögen meines
Oheims (General Anton von Salis) und das Meinige zu sequestieren. Auch kein Wort
stand darin warum. Ich war weder angeklagt, verhört oder überwiesen worden. Alle
meine Bücher und Schriften wurden weggenommen, mein Silberzeug weggeführt, sogar
die Victualien, Kleidungsstücke und Mobilien investiert und versiegelt. Nur was meiner
Frau gehörte sollte übriggelassen werden. Doch auch von ihren Sachen und
Kostbarkeiten wurde Verschiedenes weggeführt, obwohl man es gleich anzeigte. Mit
Mühe erhielt man soviel von den Viktualien zurück, als eine starke Familie mit grosser
Einquartierung überladen war, bedurfte. Am 2. April abends um 16.00 Uhr kommt der
in meinem Haus einquartierte Hauptmann zu mir und kündigt mir meinen Arrest an,
und dass ich unverzüglich nach Zizers transportiert werde."

Wir begleiten Carl Ulysses von Salis auf seinem verhängnisvollen "Canossagang". Eine
Eskorte Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett führten Salis von Marschlins durch Igis
nach Zizers in den "Schelmenturm". An den Strassenrändern standen und grölten
zahlreiche Dorfgenossen und überschütteten den Unschuldigen mit abscheulichen
Schmähungen und Drohungen. Die Geiseln aus dem Prättigau, die teils schon seit dem
frühen Morgen unterwegs waren, hatten moralisch und physisch soviel erlitten, dass
einige in Zizers entkräftet liegen blieben. Im Verlies der Friedau mussten sie ohne
Verpflegung und Decken nächtigen. Jene kummervolle Nacht in der Finsternis des
Kerkers wird den Hilflosen und Gequälten als "Verirrung" einer Zeitepoche sich
eingeprägt haben. Am folgenden Tag liess man die durchfrorenen 13 Häftlinge über die
22-sprössige Leiter empor steigen. Unter Trommelwirbel und Hohngelächter der
Dorfbewohner schleppten die Geiselnehmer ihre Opfer nach Chur in das Rathaus. Dort
befanden sich viele weitere Prominente aus allen Gegenden Bündens. Ein
mannigfaltiges Sprachengewirr erfüllte den mächtigen Raum.
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Von Chur aus wurden die 61 Gefangenen auf Leiterwagen an den Walensee zum
Zürichsee nach Aarburg gebracht. Die Transportkosten mussten die Geiseln selbst
bezahlen. Wer das Fahrgeld nicht aufbringen konnte, musste den weiten Weg zu Fuss
zurücklegen. In Zürich konnte Landamann Florian Planta bei der Filiale des
Handelshauses Thomas Massner von Chur einen Check seines Betriebes auswechseln.
Mit diesem Bargeld wurde es dem edlen Engadiner möglich seinen mittellosen
Leidensgenossen das Notwendigste an Kleidung zu beschaffen. Die Gefangenschaft in
Aarburg dauerte einen vollen Monat. Die Franzosen befürchteten, die Geiseln in
Aarburg könnten befreit werden. Solange diese aber in französischer Gewalt standen,
konnten sie als Pfand und Druckmittel wertvoll sein. So kam es, dass die 61 Geiseln am
13. Mai 1799 den Marsch über Basel nach Belfort antreten mussten. Hier verbrachten
sie unter Schmähungen und Drohungen in dürftigen Verhältnissen wieder einen Monat.
Am 14. Juni erreichten sie nach einigen Etappen ihr Gefangenenziel Salins.

Nach kaum 2-monatiger Besetzung Bündens durch die französischen Truppen, hatte
sich ein militärisch und politischer Wechsel vollzogen. Massena und seine Unterführer
hatten das Feld räumen müssen. Die fränkische Regierung wurde aufgelöst. Die
Österreicher waren wieder im Land und am Ruder. Schon Mitte März 1799 hatten die
helvetisch gesinnten Patrioten den österreichischen Kaiser Franz Josef gebeten mit
seinen Truppen die Bündner und damit die Alpenübergänge von den französischen
Besetzern zu befreien. Dieser "Einladung" kamen die Österreicher in ihrem eigenen
Interesse sofort nach.

General Hotze drang über die Luziensteig vor und General Auffenberg überstieg mit
seinen Truppen die Jöcher des Rätikon und vertrieben in einer Zangenbewegung die
französischen Militärs ohne grosse Opfer aus Bünden, und verfolgten den geschlagenen
Massena bis nach Zürich. An die Spitze der bündnerischen Staatsgeschäfte wurde der
österreichtreue Vikar Anton von Salis gestellt. Nun ging das Kesseltreiben gegen die
französisch gesinnten Patrioten los. Man glaubte Gegenrecht üben zu müssen. 89
helvetisch gesinnte Bürger, vorwiegend Pfarrherren, Aerzte, frühere Amtsmänner und
Verwandte von Emigranten liess man festnehmen. Die Geiseln aus dem Prättigau
wurden im Schloss Marschlins gesammelt und andere wieder in der Burg Friedau
gefangen gehalten. Wieder begleitete Hohn und Gespött der Bevölkerung die Geiseln
ins Rathaus Chur. Die im beiliegenden Verzeichnis erfassten Geiseln mussten in langen
Fussmärschen über Feldkirch und den Arlberg nach Innsbruck und schliesslich nach
Graz überführt werden.
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So befanden sich zur gleichen Zeit die Elite Bündens in französischer und
österreichischer Gefangenschaft, in Verbannung entrechtet und geächtet. Eine Schmach
sondergleichen für die "freien Bündner".

Die Geiseln in Salins fanden zwar menschenwürdige Behandlung. Teils versuchten sie
in ihre Heimat zu fliehen, teils baten sie um Entlassung. Am 7. Mai 1800 beauftragten
die Gefangenen die Geiseln Planta von Sils und Svarz von Chur mit einer Mission den
1. Konsul General Bonaparte um Gnade zu bitten. Das kurze Gespräch bei einem
Pferdewechsel in Belfort wurde durch einen Meldeläufer unterbrochen. Die Bemerkung
Bonapartes: "Eh bien, je verai", war das Resultat. Endlich am 16. Februar 1801 konnte
Carl Ulysses mit anderen Geiseln im Austausch mit Geiseln von Graz nach Marschlins
zurückkehren.

         Verzeichnis der nach Innsbruck deportierten bündnerischen Geisel,
                    Angehörige der helvetisch gesinnten Patrioten

1. Allemann Martin, Chur                     21. Columberg Joh. Jo.
2. Ardüser Johann, Chur                      22. Camenisch Georg
3. Arpagaus Johann, Somvix                   23. Caprez Anton, Trun
4. Bassoli Daniel                            24. Casutt Peter, Fellers
5. Bavier Christian, Chur                    25. Clajüna Johann, Bauer, Ardez
6. Bavier Johann, Oberzunftm, Chur           26. Conradi Matheus, ref. Pfarrer, Andeer
7. Bavier Baptista, Chur                     27. Coray Benedikt, Sagens
8. Bazigher Joh., Podestat, Vicosoprano      28. Coray Ulrich, Waltensburg
9. Bavier Nikolaus, Chur                     29. Corvi Simon, ref. Pfarrer, Engadin
10. Bergamin Johann                          30. Fischer Joh. Jak. Ratsherr, Chur
11. Bernhard Paul                            31. Florin Peter, Klosters
12. Bernhard Johann '                        32. Flugi Benedikt, St. Moritz
13. Birani Niklaus, Ponte                    33. Flütsch Caspar, Pany
14. Blumenthal Julius, Lugnetz               34. Flugi Constantin, St. Moritz
15. Boner Bernhard Dr. med., Chur            35. Fratschöl Nikl., Engadin
16. Buol Otto Paul, Bergün                   36. Fritzoni Johann, Celerina
17. Bisch (Büsch), Davos                     37. Fuchs Johann, Landamm., Trimmis
18. Cabrin Christian                         38. Gadinas Anton, Cassacia
19. Castelberg Theodolus, Ruis               39.
20. Cagienard Joh. Ant., Rabius              40. Callina Ambrosi, Hptm.
- 15 -

41. Wolf Caspar Untervaz                     68. Sohatz Christian

46. Jörg Thomas, Ems                         69. Schwarz Joh. Bürgermeister, Chur

47. Keller Johann Heinrich                   70. Sigron Franz

48. Könz Ulrich, ref. Pfarrer, Engadin       71. Spargniapani, Hauptmann

49. Laurer Alex, Kaufm. Triest               72. Steinhauser Rud. Sagens

50. Luzius Joh. ref. Pfarrer, Pontresina     73. Stuppan Casp. ref.Pfar. Engadin

51. Marti Heinrich, ref. Pfarrer             74. Tanner Joh. Ulrich, Maienfeld

52. Marx Anton, ref. Pfarrer                 75. Tanner Thobias, Maienfeld

53. Von Moos Christian                       76. Thomas. ref. Pfarrer, Klosters

54. Mündl (Mündli) Andreas                   77. Trepp Martin Bauer, Splügen

55. Nadig Johann Josua                       78. Trippel Georg, Chur

56. Nessemann, Prof., Chur                   79. Tscharner Joh. Bapt. Bürgerm. Chur

57. Palmi Niklaus, reif. Pfarrer, Davos      80. Valentin Jakob, ref. Pfar. Trins

58. Piccoli Christ., Landamann, Andeer       81. Vieli Georg Anton, Präs. Cumbels

59. Planta Gaudenz, Gesandter, Chur          82. Wecker Georg, Andest

60. Planta Albert, General, Chur             83. Willi Johann Ems

61. Planta Peter, Chur                       84. Wieland Johann, Syndicator, Engadin

62. Plon Joachim                             85 Berthold Joh. Buchdrucker Marschlins

63. Pohl Luzius, ref. Pfarrer, Grüsch        86. Jacquelin Anton

64. Raschein Johann, Malix                   87. Jörimann Melch, Tamins

65. Raschein Florean, Malis                  88. Johanni Andreas, Jenins

66. Risch Paul, jung, Chur                   89. Spescha Placidus, Pater, Disentis

67. Risch Paul, älter, Chur

Vorstehende Liste enthält die Aufwendungen für jeden Deportierten einzeln. Die ganze
Summe, die durch die sogn. Cameral-Kasse verbucht wurde betrug 21'086 Gulden und
wurde durch die k.k. Regierung à Fond perdue abgeschrieben
- 16 -

         Verzeichnis der im Frühling 1799 von den Franzosen auf Aarburg und

                             Salins (Burgund) deportierten Geiseln

1. Transport:
   Transport: am 19. März 1799 in Aarburg ankommenden Geiseln.

Name:                                    Wohnort:            Alter:   Konfess:
1. Präs. Ant. v. Salis                   Chur                62       ref.
2. Präs. Hironimus v. Salis              Chur                57       ref.
3. Obrist. Bapt. v. Salis                Chur                58       ref.
4. Vicar. Rud. v. Salis                  Chur                52       ref.
5. Obristzftm. A. v. Salis               Chur                37       ref.
6. Landrat Theo v. Castelberg            Disentis            51       kath.
7. Bürgm. Luz Troll                      Chur                76       ref.
8. Stadtvogt Luz. Cadenat                Chur                66       ref.
9. Stadtam. Alex Heim                    Chur                57       ref.
10. Ratsherr Sim. Willi                  Chur                69       ref.
11. Ratsherr J. Bapt. de Dalp            Chur                56       ref.
12. Luz Türr                             Chur                42       ref.
13. Zunftm J. Braun                      Chur                63       ref.
14. Israel Fifel                         Chur                62       ref.
15. Hptm. Otto Svarz                     Chur                39       ref.
16. Pod. Mart. Marin                     Zizers              55       ref.
17. B'1andam. G. Gengel                  Chur                28       ref.
18. Pod. Joh. Vasali                     Chur                26       ref.
19. Oberst. Amb. Perini                  Chur                26       ref.
20. Hptm. J. J. Köhl                     Chur                36       ref.
21. Z'meist. Sim. Heim                   Chur                38       ref.
22. Z'meist. Otto Cantieni               Chur                48       ref.
23. Obrist Ant. Michel                   Seewis              62       ref.
- 17 -
2. Transport: Ankunft in Aarburg am 12. April 1799
24. L'am. Carl Ulys. v. Salis-Marschlins                  ref.
25. Lieut. Gubt. Salis               Malans          30   ref.
26. Pod. Herkl. v. Salis             Malans          29   ref.
27. Hptm. Jak. v. Salis              Jenins          58   ref.
28. B'Landam. Luzi v. Salis          Maienfeld       53   ref.
29. L'am. Andr. Sprecher             Luzein          55   ref.
30. L'am. G. Gengel                  Churwalden      66   ref.
31. B'statth. Rud. Roffler           Schiers         56   ref.
32.
33. B'schrb. Peter Dönz              Schiers         38   ref.
34. Oberst Mathis Walser             Seewis          53   ref.
35. Bundschr. Cl. Senti              Jenins          43   ref.
36. Landam. Bapt. Dolf               Igis            67   ref.
37. L'amm. Ulr. Engler               Zizers          65   kath.
38. Wtm. Luzi Philipp                Untervaz        39   kath.
39. Wtm. Christ. Krättli             Untervaz        66   kath.
40. B'landam. Jos. Schatz            St. Peter       70
41. L'amm. Franz Zarn                Ems             49   kath.

3. Transport: Ankunft in Aarburg am 18. April 1799

42. Präs.Vinc. v. Salis              Sils/D          39   ref.
43. Geschw. Hiro. v. Salis           Grüsch               ref.
44. Hptm. Fidel Blumenthal           Zizers               kath.
45. Landrichter Bed. Caprez          Truns           58   kath.
46. Lt. Ant. Blumental               Zizers          38   kath.
47. Lt. Ludw. Balett                 Brigels         38   kath.
48. L'am. Florean Planta             Samaden         38   ref.
49. B'statth. Cadonau                Waltensburg     59   ref.
50. Werkm. Chr. Pfister              Ilanz           28   ref.
51. L'am. Simon Engel                St. Antönien    56   ref.
52. Pod. Joh. Durizzi                Puschlav        46   kath.
53. Lt. Heinr. Risch                 Fläsch          39   ref.
54. Amm. Johann Flisch               Scheid          59   ref.
55. Lda. Kasp. Gansner               Luzein          40   ref.
- 18 -
56. Geschw. Georg Engler                  Zizers                  58         kath.
57. Am. Joh. Christoffel                  Scheid                  59         ref.
58. B'major Major Ch. Toggenburg
59. L'am. Seb. Curtin                     Sils/Eng                49         ref.
60. Geschw. Chr. Vonwald                  Trimmis                 47         ref.
61. Geschw. Hans Schrofer                 Trimmis                 58         kath.

Ergänzung:
Nicht erwähnt in diesen Listen ist Crispinus Joos von Untervaz, er war 1798-1801 Gemeindeamann und
als Gegner der französischen Besatzungsmacht wurde er zusammen mit Chr. Krättli, genannt der "grosse
Krättli", Ammann H. Wolf, und Luzi Philipp im März 1799 abgefasst und als Geisel nach Frankreich
geführt. Die erste Nacht verbrachten sie im Zizerser Schelmenturm (Friedau), während daheim in
Untervaz die Anhänger der Besatzungsmacht auf dem Dorfplatze einen Freiheitsbaum errichteten. (siehe
Anno Domini 1991)

                                              -----

Die Geiseln von Graz betraten auch im Austausch bei Nauders heimatlichen Boden.
Was die Heimkehrer in der Drangsal zweier langer Jahre zu Hause antrafen, spiegelt
sich in wenigen Sätzen von den Betroffenen: "Wir sind fast mit allem ausgekommen
von den so vielen Plünderungen und Einquartierungen, man sauget uns das Blut aus mit
Schatzungen ". An anderer Stelle schreibt Carl Ulysses von Salis Marschlins wie seine
Hochgerichtsgenossen, sieben an der Zahl, dermassen ausgepowert waren, dass er für
alle aufkommen musste, da niemand für sie gut sprechen wollte.

So sah es in jenen Unglücksjahren aus im Land der grauen Puren. Der Dichter sagt
dazu: Der schrecklichste aller Schrecken ist der Krieg, er schlägt den Hirten und die
Herde.

Der stolze Königshof, die Burg Friedau, seit bald hundert Jahren nur von Krähen und
Fledermäusen bewohnt, wurde beim grossen Dorfbrand von Zizers 1897 vollständig
ausgeglüht. Heute ist die Ruine dachlos dem Zahn der Zeit ausgesetzt.

Die Herren der Königshöfe im Churer Rheintal, die Karolinger, die Ottonen, die
Freiherren von Vaz, die Grafen von Toggenburg, die Brandis, die Landamänner des
Hochgerichtes haben neben ihrer geschichtlichen Existenz viele Dokumente
hinterlassen. Diese sind Zeugen ihres Tun und Lassen. Alle diese feudalherrlichen
Fürsten und Amtsmänner haben zu ihrer Zeit unserer schönen und wertvollen Heimat
Leben und Tod gebracht. Vieles haben sie der rätischen Bevölkerung gegeben und
Vieles genommen. Geblieben aber sind bis zum heutigen Tag die Berge und die Täler,
die geschaffenen Grundlagen zu unseren Alpenstrassen, die heimatlichen Traditionen
und Kulturen, die Vielfalt der Sprachen, die noch heute weiter bestehen, leben und
gelebt werden.
- 19 -

Stilvolle Schlösser, Burgen und Häuser zeugen von einer reichen Vergangenheit, aber
auch die überlieferten Grabplatten, Ruinen und verlassenen Dörfer sind Zeugen einer
harten und schweren Zeit, die unsere Ahnen als Leibeigene und Söldner erleben
mussten.

 Das Kriegselend im September 1798. Einem Bauern wird die letzte Kuh aus dem Stall
                       getrieben. Im Hintergrund Frondienst.

Malefitz Urthel über Jörg Sauter gebürtig von Altendorf

Anno 1716 den 3/14 Jenner sind Ihro Weisheit, Ihro Herren Hauptmann Sebastian
Meng, Malefitzrichter des löblichen Standgerichtes allhier zu Zizers an gewöhnlichem
Ort versumbt, wegen der Armen verstrickten Person, Jörg Sauter von Altendorf in
werdenberger Herrschaft gebürtig.

Auff die gethane Trefte Klag des verordneten Klegers H. Amann Jörg Battälia, wie
durch Sein erlaubten Vorspräch Herren Amman Johann Früe und darüber dess
Malefikanten Vogt Herren Samuel Göpfert und sein (des Malefikanten) verordneten
Vorspräch Herr Hauptmann Christan Zinssli erfolgten Antworth nach abbüssung des
Process und seiner Vergichten, welche Er vor undt nach der Tortur und nach heütigess
Tags gestehet und bekennet, so in reuigste Betrachtung und überlegung gezogen undt
befunden worden,
- 20 -
dass   Selbiger   durch   seine   begangne        unmenschliche,   erschröckhliche   undt
Rachschreiende Missethaten den Allmächtigen undt gerechten Gott Höchstenss erzürnet
mit entsetzlicher grausamkheit gegen Seinen Nechsten und Näbendmenschen verfahren,
und hiemit die gebotte Gottes undt scherpfste gesetz der Menschen Vilfaltig übertretten
auch derowegen die grausenlichste Zeitliche Straf verdient.
Also ist mit Urthel und Rächt ernstlich erkennt und aussgesprochen worden, dass dieser
Arm Selige Maleficant Jörg Sauter durch den Landtweibel solle dem Scharfrichter an
die Hand gestellt, von welchem soll Ihme auf dem Platz mit glüenden Zangen ein Griff
an die Rächte Brust gegeben, durch die gewohnliche Landstrass ausgeführt biss zum
Ende des Dorfes, allwo Ihme der andre Griff mit glüender Zange an die Linkhe Brust
undt alsdann durch die Reichsstrass muss geführt werden, biss auff die gewohnliche
Richtstatt, allwo ihme mit einem Instrument die Rechte Handt soll abgeschnitten,
Alssdann geradtbrächet und am rächten Fuoss der erste Stoss geschehen und jedes
gliedt mit dem Radt 2 mal gebrochen undt zerstossen. Hernach aber lebendig auff das
Rad geflochten und auf eine Säul aufgericht undt versorget werden soll, dass ander Leüt
noch Vieh kein Schaden von Ihm Empfangen, Aldorten soll Er Ligen bliben, biss der
Körper verfaulet und verwessen ist. Undt die abgeschnitten Handt solle an die Eych
nechst bei dem Haus, darin die Mordthaten geschehen, menniglichen zu einem
abscheüenden angehefft und versorget werden.
Nach deme disse Urthel durch den Herrn Vorspräch verständtlich aussgesprochen, also
hat der Arme Maleficant, deme solche Straf Redt schwer vorkomme durch verordneten
Herren Vogt, auch anderen hoher Interposition, Ihro Weissheiten Herren Malefiz
Richter und Lobliches Stands Grichts um Vätterliche Gnad, Barmherzigkeit undt
Verziehung demütigst und Härtz inniglich angeflehet undt gebetten hat. Also Ist
Endtlichen Ihro Weissheit Herr Malefiz Richter undt Lobliches Malefiz Gricht zu Einer
anderen Urthel geschriten. Undt durch Urthel Redt erkent, dass dem Armen Sünder die
2 Griff mit glüenden Zangen zu geben, sollend unterlassen werden, und dann ihme auf
der Richtstatt die glieder laut der Ersten Urthel gebrochen, soll Ihme alsdann der Härz
Stoss gegeben werden.
Am vorbemelten Tag nach vollender Execution Ist von Ihro Weissheiten Herren
Malefiz Richter undt Löblichem Gricht durch ein Urthel erkennt worden, dass dieser
Malefizische Actus einem ganzen Hochlöbl. Malefiz Gricht sodan denen Schreibern,
Schirmern, wie auch denen Handwerksleüthen undt alle die Jenige so in dissem Malefiz
Handel Seindt braucht worden. Jetz und zu allen Zeiten unaufheblich und
ohnerweisslich sein solle. Undt das bey Buoss eines Lobl. Hoch Grichts Erkenntnis.
- 21 -

Diese Malefiz-Urteil fällte anno 1716 der Malefiz-Richter Hauptmann Sebastian Meng,
eine Urahne unseres Ehrenmitgliedes J. U. Meng, im Hochgericht IV Dörfer mit Sitz in
der Friedau zu Zizers. Laut Gerichtsprotokoll Buch 3 im Archiv des Kreisgerichtes V
Dörfer.

Grund der Verurteilung: Der Mörder Jörg Sauter hatte im "Mörderhüsli" (das Haus
stand noch bis vor wenigen Jahren an der Alten Strasse) eine ganze Familie mit
Ausnahme eines 4-jährigen Kindes aus Raubgier umgebracht. Das Kind meldete den
Vorfall in Trimmis, worauf der Mörder gefangen und in der Friedau eingekerkert und
verurteilt wurde.

Anmerkung:          Vorliegendes Protokoll des "Malefitz Urthel" konnten wir aus dem
                    Original Protokollbuch des Jahres 1716, gefällt durch das Hochgericht
                    IV Dörfer, kopieren.
                    J. U. Meng hat das in deutscher Schrift geschriebene Protokoll
                    originalgetreu in lateinische Schrift übertragen.
                    Ein Holzschnitt aus jener Zeit zeigt den Tatort jenes Verbrechens.
- 22 -

Lieber Hanueli,
Es war eine schöne und wertvolle Zeit mit Dir zusammen in der heimeligen Trimmiser
Stube die "Königshöfe" und das "Drum und Dran" anhand Deiner Arbeiten und Deinem
umfassenden Wissen zu erarbeiten. Du hast mir gezeigt, was einst gelebte Historie
bedeutet, wie unsere Ahnen Geschichte machten und was wir daraus lernen können.

Ich glaube im Namen aller Mitglieder unserer Vereinigung Dir herzlich danken zu
dürfen für diese Arbeit, aber auch für alles was Du uns seit der Gründung der
historischen Vereinigung gegeben hast.

Herzlichen Dank für Deine liebe Freundschaft.

Redigiert und gestaltet von Leo Weibel, Malans nach Manuskripten, Vorlagen und
Dokumenten unseres Ehrenmitgliedes J. U. Meng, Trimmis

Vorgeschichte der Königshöfe nach dem Dokumentarwerk von Stadtarchivar Werner
Schnyder, Schulthess Verlag Zürich.

Daten und Bilder aus der Schweizer Geschichte von Peter Dürrenmatt.

Kulturwege im Churer-Rheintal nach Erhard Meier VVG.

Internet-Bearbeitung: K. J.                                           Version 01/2008
                                      ---------
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