Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen - Universität Hamburg

 
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Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen - Universität Hamburg
Transfer für nachhaltige
Entwicklung an Hochschulen

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Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen - Universität Hamburg
Nachhaltigkeit an Hochschulen: entwickeln – vernetzen – berichten (HOCHN)

Leitfaden
Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen
Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen - Universität Hamburg
Transfer

2   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen - Universität Hamburg
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
April 2021
Eberswalde

Herausgeberin:
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Schicklerstraße 5
D-16225 Eberswalde, Germany

Kontakt:
Benjamin.Noelting@hnee.de
www.hnee.de
www.hnee.de/forschungszentrumNTT

Das Arbeitspaket „Transfer“ wurde im Rahmen des Verbundprojekts „Nachhaltigkeit an Hochschulen: entwickeln – vernetzen – be-
richten“ (HOCHN) von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde bearbeitet. Das Arbeitspaket wurde in der ersten För-
derphase (01/2017-12/2018) vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und in der zweiten
Förderphase (01/2019-10/2020) unter dem Kennzeichnen FKZ13NKE007A vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
im Rahmenprogramm Forschung für nachhaltige Entwicklung (FONA) gefördert.

                                                                                    Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   3
Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen - Universität Hamburg
Leitfaden
                                            Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen

Inhalt
Begrüßung .......................................................................................................................................................................................................... 6
1. Vorstellung des Verbundprojektes ..................................................................................................................................................... 8
  1.1 Nachhaltigkeit als Aufgabe für Hochschulen .............................................................................................................................. 8
  1.2 HOCHN – das Forschungsprojekt ...................................................................................................................................................... 8
  1.3 Ausblick – wie geht es weiter? .......................................................................................................................................................... 10
2. Nachhaltigkeitsverständnis des Verbundprojekts HOCHN ...................................................................................................... 14
  2.1 Hintergrund ............................................................................................................................................................................................... 14
  2.2 Zielgruppe ................................................................................................................................................................................................. 14
  2.3 Grundverständnis von Nachhaltigkeit im Kontext von Hochschulen ............................................................................. 14
3. Hochschulen im gesellschaftlichen Kontext –Transfer als Austausch mit der Praxis ................................................. 18
  3.1 Motivation für Transfer ........................................................................................................................................................................ 18
  3.2 Entwicklung des Transferverständnisses .................................................................................................................................... 19
  3.3 Das Transferverständnis im HOCHN-Projekt .............................................................................................................................. 20
4. Transfer für nachhaltige Entwicklung – Nachhaltigkeitstransfer ......................................................................................... 24
  4.1 Definition von Nachhaltigkeitstransfer ......................................................................................................................................... 24
  4.2 Beschreibungsmerkmale von Nachhaltigkeitstransfer ......................................................................................................... 26
5. Umsetzung von Nachhaltigkeitstransfer im Hochschulalltag ................................................................................................ 36
  5.1 Formate von Nachhaltigkeitstransfer ............................................................................................................................................ 36
  5.2 Phasen von Nachhaltigkeitstransfer ............................................................................................................................................. 38
  5.3 Querschnittsaufgaben bei Nachhaltigkeitstransfer ............................................................................................................... 39
  5.4. Nachhaltigkeitstransfer in der Lehre .......................................................................................................................................... 42
  5.5 Nachhaltigkeitstransfer in der Forschung ................................................................................................................................. 50
6. Zusammenfassung und Fazit: Transfer als ein Treiber für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen? .............. 58
  6.1 Zusammenfassung ................................................................................................................................................................................ 58
  6.2 Potenziale und Grenzen von Nachhaltigkeitstransfer ........................................................................................................... 59
  6.3 Fazit .............................................................................................................................................................................................................. 61
Anlagen ................................................................................................................................................................................................................ 62

4        Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen - Universität Hamburg
Begrüßung

Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   5
Transfer für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen - Universität Hamburg
Begrüßung
Liebe Leser*innen,

In diesem Leitfaden geht es um die Verbindung von         pulse erhalten kann. Weiterhin werden Ansatzpunkte
Transfer und nachhaltiger Entwicklung an Hochschu-        und Hinweise für die Planung, Umsetzung und Weiter-
len. Über Wissens- und Technologietransfer hinaus         entwicklung von Nachhaltigkeitstransfer vorgestellt.
wird Transfer hier in einem breiten Sinne als Austausch   Nach einer kurzen Einführung zu Transfer allgemein
zwischen Akteur*innen der Hochschule und der Praxis       werden die folgenden Fragen behandelt:
verstanden. Solche Praxis-Hochschul-Kooperationen
sind ein möglicher Ansatzpunkt, um eine nachhaltige       • Was ist Nachhaltigkeitstransfer?
Entwicklung an Hochschulen voranzubringen – und in
der Gesellschaft! Im weiteren Verlauf sprechen wir von    • Wie können Transferaktivitäten konzeptionell-ana-
Nachhaltigkeitstransfer.                                    lytisch erfasst werden?

Der Leitfaden richtet sich an diejenigen Mitglieder der   • Auf welche Weise kann die Nachhaltigkeitsausrich-
Hochschule, die Interesse daran haben, Nachhaltigkeit       tung im Transfer verankert werden?
und/oder Transfer in Lehre, Forschung und bei Third
Mission zu integrieren, beides miteinander zu verknüp-    • Was muss bei der Initiierung, Konzeption und Um-
fen, Elemente von Nachhaltigkeitstransfer zu erproben       setzung von Nachhaltigkeitstransfer in Lehre und
oder systematisch auszubauen. Folgende Zielgruppen          Forschung beachtet werden?
sind angesprochen:
                                                          Die fachliche Grundlage für den Leitfaden wurde im For-
• Lehrende und Forschende, die an ihrer Hochschule        schungsprojekt „Nachhaltigkeit an Hochschulen: ent-
  nachhaltige Entwicklung im Austausch mit der Pra-       wickeln – vernetzen – berichten“ (HOCHN) mittels em-
  xis weiterentwickeln möchten: Mittels Transfer          pirischer Forschung und Erprobung der ersten Fassung
  können sie ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten noch         des Leitfadens von 2018 gelegt. Weitere Publikationen
  stärker in der Lebenswelt verankern und Nachhal-        und praktische Arbeitsinstrumente zu Nachhaltigkeits-
  tigkeitsimpulse aus der Gesellschaft für die eigene     transfer finden sich auf der Projekthomepage und im
  Arbeit in Lehre und Forschung aufgreifen.               Wiki von HOCHN.

• Hochschulleitung und -verwaltung wie Transfer-          Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und Freude beim
  stellen, Nachhaltigkeits- und Umweltmanagement:         Ausprobieren von Nachhaltigkeitstransfer!
  Das Thema Transfer gewinn an Bedeutung bei Aus-
  schreibungen oder als Thema in der Lehre (Kom-          Wir freuen uns über kritisch-konstruktive
  petenzorientierung, professionelle Befähigung).         Rückmeldungen!
  Es gibt bereits vielfältige Anknüpfungspunkte für
  Nachhaltigkeitstransfer an den Hochschulen, aber
  dessen Potenzial kann häufig noch viel systemati-
  scher entwickelt und genutzt werden.

• Praxispartner*innen, denn ohne sie gibt es keinen
  Transfer. In diesem Leitfaden erfahren sie, welche
  Rahmenbedingungen für Hochschulen relevant
  sind.

Ziel ist es, den Handelnden eine strategische Orien-
tierung zum Thema Nachhaltigkeitstransfer zu geben.
Der Leitfaden zeigt auf, wie nachhaltige Entwicklung
an Hochschulen durch Transfer gestärkt und wie um-
gekehrt Transfer durch Nachhaltigkeit zusätzliche Im-

6   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
Vorstellung des Verbundprojektes

            Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   7
1. Vorstellung des Verbundprojektes
1.1 Nachhaltigkeit als Aufgabe für Hochschulen

Nachhaltigkeit ist eine drängende gesellschaftliche Ent-    aus dem deutschsprachigen Raum, in dem sich inzwi-
wicklungsaufgabe, die immer mehr in den Fokus rückt.        schen Partner*innen aus circa 140 Hochschulen aus-
Hochschulen sind wie alle anderen gesellschaftlichen        tauschen (Stand August 2020).
Akteur*innen gefordert, sich mit den damit verbunde-
                                      nen Herausforde-      Innerhalb der inzwischen fast vierjährigen Zusammen-
                                      rungen auseinan-      arbeit und mit dem engen bundesweiten Austausch
                                      derzusetzen. Wie      über zahlreiche Veranstaltungsformate wie Praxis-For-
Eine begriffliche Annäherung          kann es komple-       schungssessions, Kollaborationstreffen und Netz-
an das Nachhaltigkeitsver-            xen Organisatio-      werk-Hubs, ist der eigentliche Mehrwert von HOCHN
ständnis im HOCHN-Verbund             nen wie Hoch-         deutlich geworden: die Schaffung eines Transformati-
                                      schulen gelingen,     onsfeldes zwischen Studierenden, (Nachwuchs-) Wis-
findet sich ab Seite 15.
                                      den Prozess einer     senschaftler*innen, Praktiker*innen sowie anderen
                                      nachhaltigen Ent-     Nachhaltigkeitsakteur*innen. Dadurch werden neue
                                      wicklung inner-       Sichtweisen ermöglicht, gegenseitige Wertschätzung
                                      halb der eigenen      unabhängig von Hierarchieebenen entwickelt und ein
Institution anzustoßen, aufrecht zu erhalten und zu         vertrauensvoller Raum für konstruktives Zusammen-
einer dauerhaften Aufgabe zu machen? Wie kann es            wirken geboten.
gelingen, dass sich möglichst viele Akteur*innen für
nachhaltige Entwicklung engagieren? Für diese Fragen
                                                            1.2 HOCHN – das Forschungsprojekt
gibt es kein Patentrezept, keine Handlungsanleitung,
keine Checkliste, die für alle Hochschulen gleicherma-
ßen hilfreich wäre oder von allen gleichermaßen ge-         Ziele von HOCHN
nutzt werden könnte – zu unterschiedlich sind Hoch-
schulen, etwa hinsichtlich ihrer Rechtsform (privat oder    Übergeordnetes Ziel des vom Bundesministerium für
öffentlich), ihres Typs (Universität, Fachhochschule,       Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundpro-
Hochschule für angewandte Wissenschaften), ihrer Lage       jekts Nachhaltigkeit an Hochschulen: entwickeln – ver-
(ländlicher Raum oder Metropolregion) oder Größe            netzen – berichten (HOCHN) ist es, die nachhaltige
(kleine spezialisierte oder große Volluniversität). Dar-    Entwicklung der deutschen Hochschullandschaft zu
über hinaus werden die Hochschulen von externen             fördern. Daraus leiten sich vier Teilziele ab:
Rahmenbedingungen beeinflusst, die je nach Bundes-
land Nachhaltigkeitsthemen mehr oder weniger                1. Etablierung und Verstetigung eines Netzwerks zum
befördern.                                                     Erfahrungsaustausch

In einer ersten zweijährigen Forschungsphase (11/2016-      2. Entwicklung und Reflexion eines gemeinsamen
10/2018) hat sich der HOCHN-Verbund mit den genann-            Nachhaltigkeitsverständnisses
ten Fragen beschäftigt. Der hier vorliegende Leitfaden
ist einer von insgesamt sechs HOCHN-Leitfäden, die          3. Förderung nachhaltiger Hochschulentwicklung durch
zunächst als Betaversionen vorlagen und die Ergeb-             Implementierung von Maßnahmen und Methoden
nisse dieser Arbeit ausschnitthaft darstellen. In der an-
schließenden zweiten Phase des Projektes wurden die         4. Erstellung von Leitfäden zur nachhaltigen Hoch-
Leitfäden durch die elf Verbundpartner*innen an un-            schulentwicklung, Testung und Zusammenführung
terschiedlichsten Hochschulen erprobt. Einige Erkennt-         zu einem integrierten Gesamtleitfaden.
nisse der Erprobungsphase sind in diese zweite und
finale Auflage der Leitfäden eingeflossen. Neben dem        Bis Ende Oktober 2020 ist das Ziel, über HOCHN eine
Forschungsvorhaben der elf deutschen Hochschulen            Roadmap Nachhaltige Hochschulen 2030 als Zukunfts-
des Verbundes besteht das HOCHN-Projekt aus einem           vision einer nachhaltigen Hochschulentwicklung zu
wachsenden Nachhaltigkeitsnetzwerk von Hochschulen          entwerfen.

8   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
Die Teams der elf Verbundhochschulen von HOCHN wei-
Projektaufbau von HOCHN
                                                                       sen einen hohen Anteil an Nachwuchswissenschaft-
                                                                       ler*innen sowie einen breite disziplinäre Themenvielfalt
Elf geförderte Verbundhochschulen sind in den wie
                                                                       auf. Folgende Hochschulen sind im Verbund vertreten:
in Abbildung 1 dargestellten Arbeitskonstellationen
eingebunden.

                                                      Projektstruktur

                               Governance
                                  FU Berlin                   Forschung                     Transfer
                               Team Bormann                                               HNE Eberswalde
                                                              Leuphana Uni
                                 Uni Vechta                     Lüneburg                   Team Nölting
                              Team Rieckmann                   Team Lang
                                                              LMU München
                                                               Team Vogt

                                      Lehre
                                                                                           Betrieb
                                    Uni Bremen                  Gesamt-
                                 Team Müller-Christ           koordination                TU Dresden
                                                                                         Team Günther
                                    Uni Tübingen              Uni Hamburg
       Fachbeirat                  Team Potthast                                        HS Zittau/Görlitz
                                                              Team Bassen &
                                                                                        Team Delakowitz
                                                                 Schmitt

                              Berichterstattung               Vernetzung
                                  Uni Hamburg                 Uni Hamburg
                              Team Bassen & Sassen            Team Schmitt
                                    FU Berlin
                                 Team de Haan                  Uni Bremen
                               Uni Duisburg-Essen                 Team
                                                                                                               Partner*innen
                                 Team Niemann                  Müller-Christ
                                                                                                            Partnerhochschulen
                                                                                     HOCHN-                 Multiplikator*innen
                                                                                    Netzwerk

Abbildung 1: Gesamtstruktur von HOCHN (Universität Hamburg)

•   Freie Universität Berlin                                           für Hochschulentwicklung HIS-HE Kooperationspartner
•   Universität Bremen                                                 im Handlungsfeld Betrieb.
•   Technische Universität Dresden
•   Universität Duisburg-Essen
                                                                       Handlungsfelder
•   Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
•   Universität Hamburg
                                                                       Im Sinne eines die gesamte Hochschulinstitution um-
•   Leuphana Universität Lüneburg
                                                                       fassenden Ansatzes („Whole Institution Approach“) wird
•   Ludwig-Maximilians-Universität München
                                                                       neben den Kernbereichen Lehre und Forschung der Be-
•   Eberhard Karls Universität Tübingen
                                                                       trieb von Hochschulen beleuchtet. Darüber hinaus sind
•   Universität Vechta
                                                                       die Handlungsfelder Nachhaltigkeitsberichterstattung
•   Hochschule Zittau/Görlitz
                                                                       und Governance als Querschnittsthemen sowie Trans-
                                                                       fer Gegenstand der Betrachtung.
Das HOCHN-Projekt wird von einem (inter-) national be-
setzen Beirat begleitet. Darüber hinaus ist das Institut
                                                                        http://www.hoch-n.org/4-partner/fachbeirat.html
                                                                                          Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   9
Leitfäden                                                                                  HOCHN – das Hochschulnetzwerk

Jedes der Arbeitspakete hat sich über den Projektverlauf                                   Unter Federführung der Universitäten Hamburg und
mit einem spezifischen Thema hochschulischer Nach-                                         Bremen wird ein stetig wachsendes Hochschulnetzwerk
haltigkeit beschäftigt: Forschung, Lehre, Betrieb sowie                                    aufgebaut. In diesem sind zum Zeitpunkt der Druck-
Transfer, ergänzt um die Querschnittsthemen Nachhal-                                       legung dieser finalen Auflage der Einzelleitfäden be-
tigkeitsberichterstattung und Governance. Die sechs                                        reits Angehörige aus circa 140 deutschen Hochschu-
HOCHN-Leitfäden lagen zunächst als Betaversionen vor.                                      len vernetzt. Damit können bestehende Erfahrungen
Sie wurden parallel zur Gründungs-, Forschungs- und                                        und Expertisen an den einzelnen Hochschulen sichtbar
Vernetzungstätigkeit der ersten zwei Förderjahre er-                                       gemacht werden, wechselseitiger Austausch angeregt
stellt und in den folgenden zwei Jahren nach Veröffent-                                    und Voneinander-Lernen ermöglicht werden. Auf der
lichung pilotiert und überarbeitet. Sie erheben dennoch                                    HOCHN-Nachhaltigkeitslandkarte können die zustän-
nicht den Anspruch, die Handlungsfelder vollumfänglich                                     digen Personen, Partnerhochschulen sowie Nachhal-
abzubilden, sondern setzen thematische Schlaglichter                                       tigkeitsinitiativen im gesamten deutschen Hochschul-
und fassen die gesammelten und entwickelten Erkennt-                                       raum gefunden werden.
nisse strukturiert zusammen. Damit stellen sie einen
Ausgangspunkt für die Diskussionen im wachsenden
                                                                                           1.3 Ausblick – wie geht es weiter?
HOCHN-Netzwerk dar. Sie sind lebendige Dokumente,
bei denen der gemeinsame Erstellungs- und Austausch-                                       Die separate Betrachtung von Handlungsfeldern stellt
prozess den eigentlichen Mehrwert hervorbringt. Sie ver-                                   einen pragmatischen Ausgangspunkt dar. Zwischen den
deutlichen auch, dass es viele kleine, mitunter unspek-                                    Handlungsfeldern bestehen jedoch starke Interdepen-
takulär erscheinende Schritte sind, die eine Hochschule                                    denzen und ein Whole Institution Approach umfasst
bewegen.                                                                                   auch und insbesondere die Adressierung und Orches-
                                                                                           trierung von Schnittstellen zwischen den einzelnen
Zielgruppen der HOCHN-Leitfäden sind all diejenigen,                                       Handlungs- und Themenfeldern nachhaltiger Entwick-
die in ihrer eigenen Hochschule die nachhaltige Entwick-                                   lung. Diese Schnittstellen zu berücksichtigen, mit Erfah-
lung voranbringen und einen niedrigschwelligen Einstieg                                    rungswissen anzureichern und anhand konkreter Pra-
in die verschiedenen Handlungsfelder erhalten wollen.                                      xisbeispiele offen zu legen, war daher ein Schwerpunkt
Dabei sollen die verschiedenen Grundbedingungen der                                        der zweiten Projektphase (11/2018-10/2020). Neben der
vielseitigen deutschen Hochschullandschaft im Blick be-                                    Pilotierung und Überarbeitung der Einzelleitfäden ist
halten werden, sodass alle Hochschulen Anregungen fin-                                     das Ziel, ein integriertes, digitales Gesamtformat an-
den können. Diesen wichtigen Austausch möchte das                                          zubieten, das zur Anwendung und weiteren Mitgestal-
HOCHN-Netzwerk als bundesweite Plattform in der nach-                                      tung einlädt. Ab Herbst 2020 ist daher als Ergebnis ein
haltigen Hochschulentwicklung befördern. Zudem rich-                                       HOCHN-Wiki verfügbar, eine gemeinsame Online-Platt-
ten sich die Leitfäden an alle Stakeholder von Hochschu-                                   form, die zur Nutzung für alle Interessierten offensteht.
len, da durch die Leitfäden Transparenz darüber erzeugt
wird, welche Rahmenbedingungen und Handlungen für
eine nachhaltige Hochschule erforderlich sind.

                                                                 In HOCHN erlebe ich eine inspirierende
                                                                 Zusammenarbeit mit unglaublich raschem
                                                                 Arbeitsfortschritt: wirklich vorbildlich, nicht nur
                                                                 inhaltlich, sondern auch bezüglich der Organisation
                             Foto: Markus Scholz/scholzfoto.de

                                                                 und Arbeitsweise.

                                                                 Dipl.-Ing. Cornelia Reimoser
                                                                 Zentrale der Fraunhofer-Gesellschaft / Mitglied im Fachbeirat von HOCHN

10   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
Bei HOCHN mitmachen!                                    lich bedanken wir uns insbesondere bei Dr. Karl Eugen
                                                          Huthmacher, Eckart Lilienthal, Florian Frank, Cornelia
  Wir freuen uns auf weitere Hochschulpartner*in-         Möller sowie Dr. Martin Schulte aus der Abteilung 7: Zu-
  nen, die Teil des HOCHN-Netzwerks werden wollen.        kunftsvorsorge – Forschung für Grundlagen und Nach-
  Durch die Teilnahme an unseren Veranstaltungen          haltigkeit des BMBF. Durch ihre wertvolle Unterstützung
  besteht die Möglichkeit, sich in die Prozesse aktiv     sowie die Möglichkeit, in einer zweiten Förderphase
  einzubringen. Weitere Informationen:                    die vielfältigen Erkenntnisse und Ergebnisse zu ver-
                                                          dichten und anwendungsbezogen zu prüfen, haben sie
  
   
   h ttp://www.hoch-n.org/mitmachen
   http://hoch-n.org/landkarte
                                                          wesentlich zur nachhaltigen Entwicklung an Hochschu-
                                                          len beigetragen.
      netzwerk@hoch-n.org
                                                          Unserem Projektträger, dem VDI Technologiezentrum,
Im HOCHN-Wiki    ist neben den Leitfäden und anderen      insbesondere Svetlana Thaller-Honold, Christiane
Materialien auch die Roadmap „Nachhaltige Hochschul-      Ploetz und Helene Leneschmidt sowie Heinz Horsten
landschaft 2030“ verfügbar. Die Roadmap zeigt Perspek-    möchten wir zudem unseren besonderen Dank aus-
tiven, Potenziale und konkrete Umsetzungspfade auf,       sprechen. Als verlässliche Partner*innen tragen sie mit
wie bis 2030 eine Nachhaltigkeitstransformation deut-     ihrem Blick ganz wesentlich zu Perspektivenwechsel in
scher Hochschulen gestärkt und erreicht werden kann.      der Hochschulwelt bei.
Um die in HOCHN begonnenen Aktivitäten und Vernet-
zungen auch über die unmittelbare Projektlaufzeit hin-    Ebenfalls besonderer Dank gebührt den HOCHN-Fach-
aus aufrecht zu erhalten sowie auszubauen, wurde im       beiratsmitgliedern (https://www.hochn.uni-hamburg.
April 2020 die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltigkeit   de/1-projekt/fachbeirat.html), die sich in vielfältiger
an Hochschulen e.V. (DG HochN) ins Leben gerufen. Die     Form beratend und mitgestaltend im HOCHN-Netzwerk
DG HochN bietet die Arena, um das UNESCO-Programm         eingebracht haben.
„Bildung für nachhaltige Entwicklung 2030“ im deut-
schen Hochschulsystem auf Grundlage bisheriger Wir-       Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit
kungen weiter umzusetzen und zu verankern.                den vielen Akteur*innen für eine nachhaltige Hoch-
                                                          schulentwicklung in Deutschland und darüber hinaus.

Danksagung
Ohne das BMBF und seine bundesweite Anschubfinan-
zierung wäre ein Projekt zur nachhaltigen Hochschul-
entwicklung in dieser Form nicht realisierbar. Als ler-
nendes Hochschulnetzwerk liegt die Aufgabe noch vor
uns, dauerhafte Strukturen aufzubauen, bis sich Logi-
ken in den Hochschulen derart verändert haben, dass
Nachhaltigkeitsprozesse als funktionale Daueraufgaben
wertgeschätzt und personell besetzt bleiben. Persön-

Wenn es das Programm nicht schon gäbe,
müsste man so etwas wie HOCHN erfinden.
                                                                                       Foto: H. Thämlitz

Prof. Dr. (mult.) Dr. h.c. (mult.) Walter Leal
HAW Hamburg / Mitglied im Fachbeirat von HOCHN

                                                                            Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   11
12   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
Zugrundeliegendes Nachahaltigkeitsverständnis

                         Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   13
2. Nachhaltigkeitsverständnis des Verbundprojekts HOCHN
2.1 Hintergrund

Viele Akteur*innen an Hochschulen in Deutschland            tet, da Nachhaltigkeit idealerweise auf die jeweiligen
befassen sich in Forschung, Lehre und Betriebspraxis        Kontexte, Rahmenbedingungen und Akteur*innen der
mit dem Themenfeld Nachhaltigkeit. Bislang besteht          Hochschulen Bezug nehmen sollte. Gerade weil es un-
jedoch kein hinreichender Konsens darüber, wie der          terschiedliche Akzente gibt, erfüllt eine begrifflich-kon-
aus gesellschaftlicher Verantwortung begründete An-         zeptionelle Klärung jedoch die wichtige Funktion, In-
spruch von Nachhaltigkeit im Kontext von Hochschulen        terpretationsspielräume, Gemeinsamkeiten und offene
verstanden, ausgestaltet und umgesetzt werden soll.         Fragen kontextuell zu klären und für die Umsetzung zu
Dies zeigt sich beispielsweise in der aktuellen Debatte     konkretisieren.
um die Verhältnisbestimmung von Freiheit und nach-
haltigkeitsbezogener Verantwortung der Wissenschaft.        Das Nachhaltigkeitsverständnis liefert die Basis für
                                                            eine substantielle Implementierung von Maßnahmen
Der Verbund HOCHN hat sich zum Ziel gesetzt, ein im         an Hochschulen, die als unerlässlich für eine große ge-
Rahmen des Verbundprojekts gemeinsames, hoch-               sellschaftliche Transformation sowie zur Umsetzung
schulspezifisches Nachhaltigkeitsverständnis zu ent-        des Nationalen Aktionsplans „Bildung für nachhaltige
wickeln, das in einem partizipatorischen Prozess der        Entwicklung“ (NAP BNE) der Bundesregierung erach-
elf Verbundhochschulen über den gesamten Projekt-           tet werden.
zeitraum entstanden ist. Es basiert auf den Ergebnis-
sen des HOCHN-Verbunds, den jeweiligen Nachhaltig-
                                                            2.2 Zielgruppe
keitsverständnissen der einzelnen Partnerhochschulen
des Verbundprojekts, dem vielfältig in internationalen      Der vorliegende Text richtet sich in erster Linie an
Beschlüssen verankerten Grundverständnis von Nach-          Hochschulangehörige, insbesondere an diejenigen,
haltigkeit sowie der Auswertung relevanter Literatur.       die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander-
                                                            setzen und Veränderungsprozesse gestalten wollen. Zu
Das Nachhaltigkeitsverständnis ist auf konzeptionelle       den internen Anspruchsgruppen gehören z. B. Vertre-
Kohärenz angelegt und versucht die normativen Im-           ter*innen der Hochschulleitungen, Wissenschaftler*in-
plikationen von Nachhaltigkeit im Kontext von Hoch-         nen, Lehrende, Studierende, Verwaltungsmitarbeitende
schulen herauszuarbeiten. Es bietet einen Orientie-         und Nachhaltigkeitsbeauftragte. Als hochschulex-
rungsrahmen zur gesamtinstitutionellen Integration          terne Anspruchsgruppen gelten u. a. Vertreter*innen
und Umsetzung von Nachhaltigkeit als ethisches Prinzip      von Landes- und Bundesministerien, der Hochschul-
in Theorie und Praxis der Handlungsfelder Forschung,        rektoren- und Kultusministerkonferenz, Politik und
Lehre, Betrieb, Governance und Transfer von Hoch-           Zivilgesellschaft.
schulen in Deutschland. Es schließt keineswegs aus,
dass einzelne Hochschulen mit ihren unterschiedli-
                                                            2.3 Grundverständnis von Nachhaltigkeit
chen Schwerpunktsetzungen und Praktiken je eigene
                                                            im Kontext von Hochschulen
Akzente setzen. Vielmehr wird die Vielfalt unterschiedli-
cher Nachhaltigkeitsverständnisse als Gewinn betrach-       Nachhaltigkeit ist als normatives Prinzip der Maßstab
                                                            einer globalen und intergenerationalen Gerechtigkeit,
                                                            die vom gegenwärtigen Wandel des Erdsystems stark
                                                            herausgefordert wird. Nachhaltige Entwicklung ist kein
Die Langfassung des Nachhaltigkeitsver-                    von außen vorgegebenes und festgelegtes Ziel, sondern
     ständnisses mit Ausführungen zu den Hand-              ein offener Suchprozess mit vielfältigen Zielkomponen-
     lungsfeldern Forschung, Lehre, Betrieb,                ten, der sich plural und kulturvariabel gestaltet. Ihr An-
     Governance und Transfer sowie zur verwen-              liegen ist es, die ökologische Tragfähigkeit, die soziale
     deten Literatur finden sich unter:                     Gerechtigkeit und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
     https://www.hochn.uni-hamburg.de/2-hand-               zu sichern. Hierzu zielt sie auf die Stärkung kultureller
     lungsfelder/04-forschung.html                          Kompetenzen der Mitgestaltung des gesellschaftlichen
                                                            Lebens ab. Mit ihrer systemisch integrierten Umsetzung

14   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
wird der Anspruch einer umfassenden gesellschaftli-         der Gesellschaft und zum verantwortungsvollen Um-
chen Transformation verbunden. Kern ist die Trans-          gang mit den Gemeingütern des Planeten Erde leisten.
formation des Verhältnisses des Menschen zur Natur.
                                                            Den Hochschulen kommt aufgrund ihrer ethischen und
Die Aufgabe der Hochschulen besteht darin, sich the-        gesellschaftspolitischen Verantwortung eine undele-
oretisch-konzeptionell, methodisch und reflexiv mit         gierbare Reflexionsaufgabe und Impulsfunktion für eine
den Prozessen und Bedingungen der gesellschaftli-           solche gesellschaftliche Transformation hin zu mehr
chen Transformation auseinanderzusetzen. Gleichzei-         Nachhaltigkeit zu. Hochschulen können dabei empi-
tig geht es auch darum, wie die ethische Dimension in       risches und theoretisches Wissen, Methodenkompe-
der Wissenschaft (in den Handlungsfeldern Forschung,        tenz und Reflexionsfähigkeit als besondere Stärken ein-
Lehre und Betrieb) berücksichtigt und umgesetzt wer-        bringen. Dem normativen Gehalt von Nachhaltigkeit
den kann.                                                   gerecht zu werden bedeutet zum einen, methodisch
                                                            über Problemstellungen in den Gesellschaften nach-
Aufgeklärte Wissenschaft bedarf einer methodisch-kri-       zudenken und sich relevanten Fragen hinsichtlich des
tischen Reflexion zum Stellenwert normativer Perspek-       Verhältnisses von Mensch und Natur zu stellen. Zum
tiven. Deshalb analysiert Ethik die vielfältigen Gründe,    anderen ist in disziplinübergreifenden Zusammenhän-
Ziele, Motivationen und Widerstände guten und gerech-       gen zu denken und konkret zu handeln. Es geht darum,
ten Handelns. Dabei erschöpft sie sich nicht darin, re-     wie tragfähige Lösungen zum Umgang mit den großen
zeptartig fertige Lösungen vorzugeben. Vielmehr will        Herausforderungen unserer Zeit global, national und
sie zunächst zum Nachdenken anregen und dadurch             regional gefunden, umgesetzt und dauerhaft institu-
zur Freiheit befähigen. Die Freiheit der Wissenschaft ist   tionell implementiert werden können. Dabei ist es für
von daher stets als Auftrag zur eigenverantwortlichen       die Ethik konstitutiv, auch Hemmnisse auf dem Weg zur
Reflexion ihrer Ziele im Dienst einer zukunftsfähigen       Nachhaltigkeit systemisch in den Blick zu nehmen. Auf
Gesellschaft zu interpretieren.                             dieser Weise kann sie nicht nur Zielwissen generieren,
                                                            sondern auch Gestaltungs- und Transformationswis-
Der Bedarf an ethischer Reflexion und Orientierung          sen vermitteln.
ergibt sich vor allem in Umbruchsituationen. Eine sol-
che liegt heute angesichts des tiefgreifenden Werte-
wandels sowie der globalen, nationalen und regiona-           Die Akteur*innen des Verbundprojekts sind be-
len Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung (wie           strebt, Nachhaltigkeit in den Handlungsfeldern For-
z.B. Klimawandel) vor. Von daher versteht es das Nach-        schung, Lehre, Betrieb, Governance sowie Transfer
haltigkeitsprinzip sowohl als ökosoziale und ökono-           in ihren eigenen Hochschulen zu verankern. Damit
mische Herausforderung wie auch als Kulturaufgabe,            leisten sie einen Beitrag zur praktischen Umsetzung
die natürlichen Lebensgrundlagen für alle Menschen            der oben genannten Ziele, regen einen kontinuierli-
weltweit einschließlich der nachfolgenden Generatio-          chen Verbesserungsprozess an und versuchen eine
nen zu erhalten (vgl. Brundtland-Kommission; Art. 20a         glaubwürdige Vorbildfunktion einzunehmen. Nach-
GG; SDGs) und die Natur in ihrem Eigenwert mit ihrer          haltige Hochschulentwicklung wird dabei als offe-
biologischen Vielfalt zu achten und zu schützen (vgl.         ner, reflexiver Prozess verstanden, in dem sich die
Bundesnaturschutzgesetz §1).                                  Freiheit der Wissenschaft und ihre gesellschaftli-
                                                              che Verantwortung wechselseitig bedingen.
Hochschulen als zentrale Akteur*innen des gesell-
schaftlichen Diskurses widmen sich dieser Thematik
                                                              Die Akteur*innen des Verbundprojekts verpflichten
an zentraler Stelle. In diesem Kontext, und in Anleh-
                                                              sich, das Verständnis und die Umsetzung von Nach-
nung an die gemeinsame Erklärung der HRK/DUK (2010)
                                                              haltigkeit an ihren Hochschulen zu fördern. So leis-
„Hochschulen für nachhaltige Entwicklung“ sowie die
                                                              ten die Hochschulen ihren Beitrag zum fünfjähri-
Empfehlung der HRK (2018) „Für eine Kultur der Nach-
                                                              gen Weltaktionsprogramm „Bildung für nachhaltige
haltigkeit an Hochschulen“, fassen die Akteur*innen
                                                              Entwicklung“ der Vereinten Nationen (2015-2019,
des Verbundprojekts HOCHN Nachhaltigkeit als pro-
                                                              WAP) sowie zum Programm „Education for Sustai-
filstiftende und verbindende Leitidee auf. Mit diesem
                                                              nable Development: Towards achieving the SDGs“
gemeinsamen Ziel können die Hochschulen ihren je
                                                              (ab 2020), zu dem sich auch Deutschland mit dem
eigenen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Gestaltung

                                                                              Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   15
Nationalen Aktionsplan Bildung für nachhaltige         Die Hochschulen bemühen sich, eine angemes-
     Entwicklung (Nationale Plattform Bildung für nach-     sene in- und externe Transparenz sicherzustel-
     haltige Entwicklung 2017) verpflichtet hat. Dadurch    len, kontinuierliche, offene und reflexive Verbes-
     tragen die Hochschulen zur Wahrnehmung der Sus-        serungsprozesse zu fördern, den Dialog mit den
     tainable Development Goals der UN (SDGs) sowie         verschiedenen Anspruchsgruppen der Hochschu-
     zu deren strategischen Weiterentwicklung und Er-       len zu unterstützen und den Austausch mit der Ge-
     gänzung bei. Dies ist sinnvoll, da die SDGs u.a. auf   sellschaft zu erleichtern. Hierfür kann es sich als
     zentrale globale Herausforderungen (wie z.B. stei-     zielführend erweisen, den Status Quo zu analy-
     gender Ressourcenverbrauch und Bevölkerungs-           sieren, transparente und regelmäßige Informatio-
     wachstum, Externalisierung ökosozialer Kosten          nen zu ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten bereitzu-
     oder Zielkonflikte zwischen Wirtschaftswachstum        stellen und zu kommunizieren. Eine so gestaltete
     und ökologischen Grenzen) unzureichend eingehen.       Nachhaltigkeitsberichterstattung trägt dazu bei,
                                                            das Nachhaltigkeitsverständnis einer Hochschule
                                                            mit ihren konkreten Zielen und Maßnahmen zu re-
                                                            flektieren und darüber in Austausch mit den An-
                                                            spruchsgruppen zu treten.

16     Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
Hochschulen im gesellschaftlichen Kontext –
       Transfer als Austausch mit der Praxis

                       Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   17
3. Hochschulen im gesellschaftlichen Kontext –
Transfer als Austausch mit der Praxis

Die Ansprüche an Hochschulen wandeln sich wie die         für die wissenschaftliche, wirtschaftliche, soziale und
Gesellschaft auch. Dazu gehört, dass sich Hochschu-       kulturelle Entwicklung Deutschlands von entscheiden-
len immer häufiger mit Akteur*innen aus gesellschaft-     der Bedeutung sind.“ (HRK 2017, S. 2)
lichen Bereichen außerhalb der Wissenschaft, die hier
als Praxis bezeichnet werden, austauschen. Ein solcher
                                                          3.1 Motivation für Transfer
Austausch und Praxis-Hochschul-Kooperationen kön-
nen als Transfer bezeichnet werden.                       Transfer eröffnet der Hochschule einerseits Zugänge,
                                                          um in die Praxis hineinzuwirken und ihre Kompeten-
Viele Hochschulakteur*innen engagieren sich in            zen aus Forschung und Lehre in gesellschaftliche Ge-
Lehre, Forschung und Third Mission im Transfer. Bei       staltungsprozesse einzubringen. In der Lehre können
etlichen Hochschulen gehört Transfer inzwischen           Praxis-Hochschul-Kooperationen die Anwendungs-
zum Selbstverständnis. Sie versprechen sich von           orientierung der Studiengänge erhöhen, die berufli-
der Auseinandersetzung mit Akteur*innen aus der           che Qualifikation verbessern und ganz allgemein eine
Praxis, von deren Expertise und Fragen einen Mehr-        umfassende Kompetenzorientierung im Studium un-
wert. Die Praxis tritt mit ihren Ideen, Werten und        terstützen. In der Forschung können Wissenschaft-
Interessen der Wissenschaft als das „wahre Leben“         ler*innen mittels Transfer wissenschaftliche Theorien,
gegenüber, das sich nicht an Fachdisziplinen, Hand-       Modelle und Methoden in der praktischen Anwendung
bücher und Methoden hält, sondern quer dazu liegt.        testen, schärfen, in Frage stellen und gegebenenfalls
Das fordert das wissenschaftliche Denken heraus und       überarbeiten.
bietet Möglichkeiten, Wissenschaft weiterzuentwi-
ckeln, zu vertiefen, neue Akteur*innen einzubezie-        Andererseits erhalten Hochschulen durch diesen Aus-
hen und auf gesellschaftlichen Bedarf zu reagieren.       tausch eine Rückmeldung zur ihrer wissenschaftli-
Dabei geht es um die alte Frage nach dem Verhält-         chen Arbeit. Dies reicht vom Bedarf an Wissen für
nis von Theorie und Praxis und die Herausforderung,       gesellschaftlich relevante Probleme und Fragen, über
wie Wissenschaft durch Forschung und zur Lösung           Impulse für Forschungsfragen, bis hin zu Ideen für
realweltlicher Probleme beitragen kann. Wie kann          neue Verknüpfungen von Disziplinen. An die Lehre
das so genannte „Tal des Todes“ zwischen wissen-          werden Anforderungen herangetragen wie beispiels-
schaftlichem Wissen und praktischer Anwendung             weise die Bildung der Studierenden zu mündigen Bür-
überwunden werden (Van de Ven & Johnson 2006)?            ger*innen oder der Qualifizierungsbedarf von Orga-
In welchem Verhältnis stehen die Referenzsysteme          nisationen und Unternehmen, die Absolvent*innen
Wissenschaft mit ihren Regeln und Erfolgskriterien        einstellen. Dies kann dazu beitragen, die Qualität von
für Forschung und Lehre und andere gesellschaftli-        Studiengängen zu verbessern und die Ziele von Aus-
che Teilsysteme wie Wirtschaft, Politik, Verwaltung,      bildungsprogrammen mit dem gesellschaftlichen Be-
Familie etc. mit ihren jeweiligen Erfolgsmaßstäben?       darf abzustimmen.
Wie lassen sich Kommunikation und Kooperation zwi-
schen jeweils unterschiedlichen Handlungslogiken          Hochschulen betreiben Transfer in den unterschied-
gestalten? Hierbei werden auch Einschränkungen und        lichsten Facetten und mit einer großen Bandbreite an
Grenzen von Transfer deutlich.                            unterschiedlichen Partner*innen aus der Praxis. Ent-
                                                          sprechend vielfältig sind Formen von Transfer wie z.B.
In diesem Sinne kann Transfer zu einem Motor für eine     Technologie- und Wissenstransfer, Weiterbildung, Be-
Weiterentwicklung der Hochschulen werden, die Ant-        ratung, Beteiligung am sozialen und kulturellen Leben,
worten auf gesellschaftliche Trends wie Digitalisierung   Teilnahme an Politikgestaltung, Wissenschaftskommu-
und nachhaltige Entwicklung suchen. „Die Hochschu-        nikation, Verträge mit Unternehmen, öffentlichen Trä-
len entwickeln und definieren ihre zentrale Rolle im      gern und Kommunen etc. (Roessler et al. 2015, S. 13).
steten Dialog mit allen gesellschaftlichen Kräften. In    Angesichts dieser Vielfalt an Aktivitäten und Formen
Ausfüllung dieser Rolle erbringen sie Leistungen, die     handelt es sich bei Transfer um ein offenes, vielleicht

18   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
sogar unscharf abgegrenztes Handlungsfeld. Das Phä-       3.2 Entwicklung des
nomen wird mit unterschiedlichen Begriffen bezeichnet,    Transferverständnisses
neben Transfer sind noch Bezeichnungen wie Third Mis-
sion, Hochschule in gesellschaftlicher Verantwortung,     Der wissenschaftliche Diskurs zu Transfer an Hochschu-
societal impact etc. in der Diskussion (Nölting & Pape    len ist vielfältig und formiert sich gerade (Nölting et
2017). Trencher et al. (2014) wiederum verorten Trans-    al. 2020). Daher wird Transfer nachfolgend über unter-
fer in der Third Mission und beschreiben „co-creation     schiedliche Zugänge beschrieben.
for sustainability“ als eine Hochschulaufgabe, welche
die Kooperation von Hochschulen mit außeruniver-          Eine erste Annäherung bietet ein Blick auf den Wan-
sitären Akteur*innen für eine Nachhaltigkeitstrans-       del des Transferverständnisses. Das traditionelle Ver-
formation beinhaltet. Diese „co-creation for sustai-      ständnis von Transfer stellt den Technologietransfer
nability“ kann demnach als ein Ansatz einer neuen,        aus der Hochschule in die Praxis in den Vordergrund.
sich entwickelnden, vierten Mission von Hochschulen       Hierbei werden in erster Linie ingenieur- und natur-
interpretiert werden.                                     wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Forschung in
                                                          Unternehmen für die konkrete Anwendung im Produk-
Aufgrund der großen Überschneidungen zwischen             tionsprozess transferiert. Gerade Fachhochschulen ver-
Transfer und Third Mission ist eine klare Abgrenzung      fügen traditionell über enge Kontakte zur Wirtschaft
nicht einfach. Dennoch scheint es sinnvoll, Transfer      (Roessler et al. 2015). In der Folge wurde der Begriff
als eigenständigen Bereich zu beschreiben, weil die       auf Wissens- und Forschungstransfer ausgeweitet, wo-
inhaltliche Auseinandersetzung mit Praxisakteur*in-       runter eine Weitergabe von Forschungserkenntnissen
nen im Wesentlichen in Lehre und Forschung erfolgt.       aus allen Wissenschaftsdisziplinen in die Praxis bzw.
Demgegenüber ist Third Mission auf einer anderen          für praktische Anwendungen verstanden wird. Dies um-
Ebene angesiedelt und hebt auf organisatorische           fasst einen Transfer auch in Einrichtungen der öffent-
Rahmenbedingungen und Unterstützungsstrukturen            lichen Hand wie Verwaltungen und Ministerien, z.B. in
für Transfer ab. Third Mission fokussiert Kommuni-        Form von Politikberatung, sowie in die Zivilgesellschaft.
kation(-skanäle), Austauschformate, Netzwerkma-           Schließlich ist die Rolle von Hochschulen im regiona-
nagement und Ressourcenbereitstellung. Dies sind          len Kontext hinzugekommen, sei es als Motor der Re-
wichtige Rahmenbedingungen neben den fachlich-in-         gionalentwicklung, Impulsgeber für Wirtschaftsclus-
haltlichen Grundlagen aus Lehre und Forschung. Des-       ter und Innovationssysteme oder für eine nachhaltige
wegen wird nachfolgend auf Erkenntnisse aus der           Regionalentwicklung (Fritsch et al. 2015; Schiller et al.
Fachdebatte zu Third Mission zurückgegriffen, z.B.        2020; Warnecke 2016).
über deren verschiedene Wirkungsfelder, die Anfor-
derungen an und die Bilanzierung von Third Mission        „Nach meinem Wissen werden ja nicht nur Wissen, Ideen
(vgl. Henke et al. 2016; 2017; Roessler et al. 2015;      und Technologien transferiert, es geht auch um Hand-
Schneidewind 2016).                                       lungen, Vorstellungen, Ansichten und Werte. Also es
                                                          geht um viel mehr als um das Haptische, Greifbare wie
                                                          ‚Ich gestalte eine Maschine.‘ oder ‚Ich erläutere Leuten,
  Lesetipp                                                wie ein Businessplan geschrieben wird.‘“ (Expert*in 01)*

     Henke, Justus, Pasternack, Peer; Schmid, Sarah
  (2016). Third Mission bilanzieren. Die dritte Aufgabe
                                                          *Im Rahmen der wissenschaftlichen Bearbeitung wurden im
                                                          Projekt sechs Interviews mit sieben Expert*innen im Zeit-
  der Hochschulen und ihre öffentliche Kommunika-         raum 04-05/2018 zu den Themen Transfer, Nachhaltigkeits-
  tion (HoF-Handreichungen 8). Halle-Wittenberg, In-      transfer und Third Mission durchgeführt, transkribiert und
  stitut für Hochschulforschung (HoF).                    ausgewertet. Einzelne Zitat werden zur Illustration im Leit-
      Roessler, Isabel; Duong, Sindy; Hachmeister,
  Cort-Denis (2015). Welche Mission haben Hochschu-
                                                          faden verwendet.

  len? Third Mission als Leistung der Fachhochschu-       Einen zweiten Zugang zum Handlungsfeld Transfer
  len für die und mit der Gesellschaft. Gütersloh: CHE    bilden die Erwartungen der Wissenschaftspolitik,
  gemeinnütziges Centrum für Hochschulentwicklung         die in den letzten Jahren verstärkt an die Hochschu-
  (Arbeitspaper 182).                                     len gerichtet wurden. Das Bundesforschungsmi-
                                                          nisterium fordert in seinem Grundsatzpapier zur

                                                                              Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   19
Wissenschaftskommunikation, dass Hochschulen ihr             3.3 Das Transferverständnis
Wissen stärker als bisher allgemeinverständlich und          im HOCHN-Projekt
dialogorientiert kommunizieren und wissenschaftliche
Inhalte außerhalb der Wissenschaft vermitteln sollen         Im Anschluss an die oben genannten Debatten wird
(BMBF 2019). Die Landesministerien schreiben zuneh-          hier ein breites Transferverständnis zugrunde ge-
mend Technologie- und Wissenstransfer als Aufgabe            legt. Der Wissenschaftsrat hat dazu festgehalten,
der Hochschulen in den Hochschulverträgen und in             dass Transfer „in einem breiten Sinne Interaktio-
Landeshochschulgesetzen fest. Das Land Brandenburg           nen wissenschaftlicher Akteure mit Partnern außer-
hat als erstes Bundesland eine Transferstrategie ver-        halb der Wissenschaft aus Gesellschaft, Kultur, Wirt-
abschiedet, um die Zusammenarbeit von Wissenschaft           schaft und Politik“ umfasst (Wissenschaftsrat 2016,
mit Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft zu verbes-     S. 5). Roessler et al. charakterisieren Transfer als
sern. Dort werden die Bereitstellung wissenschaftlicher      Austauschbeziehungen, bei denen Leistungen von
Expertise, Beratung und der klassische Wissens- und          Hochschulen unmittelbar in Gesellschaft und Wirt-
Technologietransfer als wichtige Aufgaben für Hoch-          schaft hineinwirken sowie umgekehrt als Strömun-
schulen benannt (MWFK 2017).                                 gen aus Wirtschaft und Gesellschaft, die sich in der
                                                             Hochschule niederschlagen. Dies führt „im optimalen
Hervorzuheben ist die bundesweite Förderinitiative „In-      Fall zu gesellschaftlicher Weiterentwicklung“ (Roess-
novative Hochschule“ des Bundesministeriums für Bil-         ler et al. 2015, S. 39).
dung und Forschung (BMBF) und der Länder, die 2016
als Pendant zur Exzellenzinitiative gestartet wurde. Ge-     In die gleiche Richtung zielt das Transferverständnis,
fördert werden Beiträge von kleinen und mittleren Uni-       von dem der Stifterverband für die Deutsche Wissen-
versitäten sowie Fachhochschulen zu Transfer und In-         schaft im Rahmen seines Audits ausgeht. Dabei wird
novation im engen und wechselseitigen Austausch mit          „Transfer […] als beidseitiger Austausch von Wissen,
Akteur*innen aus Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft.        Dienstleistungen, Technologien und Personen ver-
Die Förderinitiative soll dazu beitragen, „dass aus Er-      standen. Er umfasst alle Formen der Kooperations-
kenntnissen der Forschung in allen Wissenschafts-            beziehungen in den Bereichen Forschung und Lehre
disziplinen noch effizienter kreative Lösungen für die       zwischen Hochschulen und externen Partnern in Wirt-
drängenden Herausforderungen unserer Zeit werden.“           schaft, Politik, Kultur und öffentlichem Sektor.“ (Stif-
(BMBF o.J.).                                                 terverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.; Heinz
                                                             Nixdorf Stiftung o.J., S. 1)
Einen weiteren Impuls hat das Transfer-Audit gegeben,
das der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft         Auf dieser Basis wird Transfer in diesem Leitfaden wie
seit 2015 durchführt. Es ist gedacht als ein Entwicklungs-   folgt definiert:
instrument für Hochschulen, die ihre Kooperationsstrate-
gie mit externen Partnern weiterentwickeln und Transfer        Unter Transfer verstehen wir den freiwilligen
in ihrer Hochschulentwicklung stärken möchten. Zweck           Austausch von Technologien, Wissen, Ideen
des Audit-Verfahrens, an dem sich bis 2020 knapp 50            und Erfahrungen zwischen Hochschulen und
Hochschulen beteiligt haben, ist es, die Hochschule in         Akteur*innen aus der Praxis. Zur Praxis zählen
der Erreichung ihrer Ziele und dem damit einhergehen-          Wirtschaft, Politik, Verwaltungen, Kommunen,
den Entwicklungsprozess zu unterstützen und zu beraten.        Verbände, Bildungseinrichtungen und weitere
In dem rund einjährigen Prozess werden einem Hoch-             zivilgesellschaftliche Organisationen, Initiativen
schul-Projektteam externe Transfer-Expert*innen zur            und Bürger*innen. Der Austausch dient vorran-
Seite gestellt. Sie analysieren gemeinsam Strukturen,          gig der Bearbeitung praktischer Probleme aus
Prozesse sowie Ergebnisse von Kooperationsbeziehun-            der Gesellschaft.
gen im Verhältnis zu den strategischen und operativen
Zielen der Hochschule (Frank et al. 2020).                   Anders als bei der oben genannten Definition von Third
                                                             Mission bezieht dieses Transferverständnis alle Funk-
                                                             tionen der Hochschule ein: Lehre, Forschung und Third
Link: https://www.stifterverband.org/                       Mission. Denn Lehre und Forschung bilden die Kernkom-
                                                             petenzen der Hochschule, die auch die fachliche Basis
           transfer-audit
                                                             für die Auseinandersetzung mit Praxisakteur*innen dar-

20   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
stellen. Die inhaltliche Grundlage für Transfer wird daher   ellen Arbeitnehmer*innen durch z.B. Praktika und
maßgeblich in Lehre und Forschung gestaltet.                 studentische Projektarbeiten kennen. Dadurch wer-
                                                             den Innovationspotenziale der Branche sichtbar
Zu den Transferakteur*innen zählen auf Seiten der            und nutzbar und der Bedarf der Praxis wird zum
Hochschulen alle Hochschulmitglieder: Forschende,            Gegenstand in der Lehre. In der Zusammenarbeit
Lehrende, Studierende, Hochschulleitung und -ver-            zwischen Unternehmen und Hochschule entstehen
waltung. Auf Seiten der außerhochschulischen Pra-            innovative Lehrkonzepte z.B. forschendes Lernen,
xispartner*innen gehören dazu Unternehmen und                wodurch die Studierenden Einblicke in die reale
Wirtschaftsakteur*innen, Politik, Verwaltungen, Bildungs-    (Öko-)Landwirtschaft und Unternehmen der Wert-
einrichtungen, zivilgesellschaftliche Organisationen und     schöpfungskette erhalten. Die Studierenden wer-
Initiativen sowie Bürger*innen. Transfer wird also je-       den mit Fragestellungen der Praxis konfrontiert
weils von ganz unterschiedlichen Akteur*innen geprägt.       sind, die sie in Kleingruppen und in Teamarbeit
                                                             selbstständig bearbeiten und die Unternehmen er-
                                                             halten auf diese Weise Antworten auf ihre Fragen.
  Transferbeispiel
  „InnoForum Ökolandbau Brandenburg“                         Wissenschaft: Das InnoForum hat seit über zehn
                                                             Jahren Erfahrungen mit on-farm Forschung und
                                                             transdisziplinärer Zusammenarbeit gesammelt.
  Das InnoForum Ökolandbau Brandenburg schafft für
                                                             Durch die Koordinierungsstelle kann transdiszi-
  Akteur*innen der Wirtschaft und Wissenschaft eine
                                                             plinäre und bottom-up Forschung kontinuierlich
  offene Plattform, um sich auszutauschen, neue Lö-
                                                             weiterentwickelt sowie Forschungsergebnisse in
  sungen zu finden und auszuprobieren. Dort sind die
                                                             die Praxis und die Lehre zurückgespiegelt werden.
  Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
                                                             Der Stifterverband und die Hochschulrektorenkon-
  mit den beiden Studiengängen Ökolandbau und Ver-
                                                             ferenz (HRK) haben 2017 dem InnoForum den Ars
  marktung (B.Sc.) und Öko-Agrarmanagement (M.Sc.),
                                                             legendi-Preis für exzellente Hochschullehre zum
  30 Partnerbetriebe aus der Region sowie rund 50
                                                             Thema „Praktika und Praxisbezüge“ verliehen.
  assoziierten Praxispartner*innen entlang der Wert-
  schöpfungskette zusammengeschlossen. Eine eigene
  Koordinierungsstelle an der HNE Eberswalde unter-
  stützt kontinuierlich den formellen und informel-
  len Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis.

  Für eine konstruktive Zusammenarbeit ist Kom-
  munikation auf Augenhöhe besonders wichtig, um
  einen fruchtbaren Ideen- und Erfahrungstransfer
  zu fördern. Gemeinsam schaffen die Akteur*innen
  einen Raum, der Innovations- und Übernahmepro-
  zesse im Ökolandbau Brandenburg entlang der ge-
  samten Wertschöpfungskette ermöglicht.

  Das InnoForum ruht auf drei Säulen:

  Betriebe können den fachlichen Austausch mit
  Kolleg*innen, Wissenschaftler*innen und Studie-
  renden pflegen und dabei vielfältige Interessen
  und Kompetenzen miteinander vernetzen: Neu-
  gründer, Naturschützerin, Quereinsteiger, Gärtne-
  rin, Ackerbauer und Beraterin treffen auf Sozial-
  arbeiter, Käserin, Bäcker, Schafhalterin. Und sie
  lernen Hochschulabsolvent*innen und potenzi-

                                                                            Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   21
22   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
Transfer für nachhaltige Entwicklung –
              Nachhaltigkeitstransfer

                 Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen   23
4. Transfer für nachhaltige Entwicklung – Nachhaltigkeitstransfer

Verknüpft man Transfer und die gesellschaftliche Ver-
antwortung von Hochschulen mit der Herausforderung                         Definition von Nachhaltigkeitstransfer
einer gesamtgesellschaftlichen Nachhaltigkeitstrans-                       Unter Nachhaltigkeitstransfer werden alle Transferak-
formation, entsteht Transfer für nachhaltige Entwick-                      tivitäten verstanden, deren Ziel ein Beitrag zu nach-
lung – kurz Nachhaltigkeitstransfer. In diesem Kapitel                     haltiger Entwicklung in der Gesellschaft ist. Nachhal-
wird eine Definition vorgenommen und anschließend                          tigkeitstransfer ist charakterisiert durch (explizite)
die Merkmale vorgestellt, anhand derer Nachhaltig-                         Nachhaltigkeitsziele der einzelnen Transferaktivitä-
keitstransfer beschrieben und analysiert werden kann.                      ten und eine Beschreibung der jeweils angestrebten
Diese Annäherung an Nachhaltigkeitstransfer erfolgt                        Nachhaltigkeitswirkung. Ergebnisse von Nachhaltig-
aus der Perspektive von Hochschulen bzw. Hochschul-                        keitstransfer sind a) Beiträge zu nachhaltiger Entwick-
akteurinnen, die Perspektive der Praxis im Kontext von                     lung wie Modelle, Projekte, Technologien, Konzepte,
Nachhaltigkeitstransfer bedarf noch einer weiterge-                        Lösungen, Tests oder Diskussionen über Nachhaltig-
henden Erforschung.                                                        keit und b) die Stärkung der Kernkompetenz aller Be-
                                                                           teiligten für nachhaltige Entwicklung durch gemein-
                                                                           same Lernprozesse. (Nölting et al. 2020)
4.1 Definition von Nachhaltigkeitstransfer
In diesem Leitfaden wird Nachhaltigkeitstransfer als                    Das normative Prinzip der Nachhaltigkeit beschreibt
eine spezifische Form von Transfer verstanden, die                      inter- und intragenerationale Gerechtigkeit auf globa-
auf nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist. Es han-                   ler Ebene als Ziel und Handlungsmaßstab. Der dafür
delt sich dabei nicht um ein neues, eigenständiges                      notwendige umfassende gesellschaftliche Wandel ist
Konzept, sondern um eine Spezifizierung von Pra-                        eine sozial-ökologische, ökonomische und kulturelle
xis-Hochschul-Kooperationen in Lehre und Forschung                      Aufgabe, die alle gesellschaftlichen Bereiche umfasst
(vgl. Abbildung 2). Eine konzeptionelle Beschreibung                    (vgl. Kap. 2 Nachhaltigkeitsverständnis von HOCHN). Die
von Nachhaltigkeitstransfer als spezifische Form von                    Ausrichtung von Transfer auf nachhaltige Entwicklung
Transfer findet sich bei Nölting et al. (2020).                         bringt besondere Aufgaben und Herausforderungen mit

                  Abbildung 2: Einbettung von Nachhaltigkeitstransfer in die Funktionen der Hochschule (eigene Darstellung)

24   Nachhaltigkeitstransfer an Hochschulen
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