TROPENMEDIZINISCH RELEVANTE INSEKTEN - ROLF GARMS - WARNSIGNAL KLIMA

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TROPENMEDIZINISCH RELEVANTE INSEKTEN - ROLF GARMS - WARNSIGNAL KLIMA
3 Aktuelle und potenzielle Gefahren für die Gesundheit

3.2.5           Tropenmedizinisch relevante Insekten
                Rolf Garms
 Tropenmedizinisch relevante Insekten: Mehr als eine Million Insektenarten wurden bisher beschrieben. Etwa
 20.000 Arten entwickelten eine parasitische Lebensweise, sie wurden zu Blutsaugern, viele zu Plageerregern von
 Mensch und Tier, zu Krankheitserregern oder Vektoren von Krankheitserregern. Blutsaugertum hat sich in vier
 Insektenordnungen entwickelt, den Läusen (Anoplura), Wanzen (Heteroptera), Zweiflüglern (Diptera) und den
 Flöhen (Siphonaptera). Die Bedeutung dieser Insekten als Überträger von Tropenkrankheiten verursacht durch
 Arboviren (Dengue, Gelbfieber u.a.), Bakterien (Pest, Borrelliosen, Bartonellosen, Rickettsiosen), Protozoen (Ma-
 laria, Leishmaniosen, Schlafkrankheit, Chagas-Krankheit) und Nematoden (Filarien) wird kurz zusammengefasst.
 Insects relevant for human diseases in the tropics: Insects relevant for human diseases in the tropics:
 Of the more than one million described species of insects it is only a small number of some 20,000
 which have adapted to a bloodsucking mode of life. Some of them became important biting pests, causes
 of diseases and vectors of disease pathogens, in particular of tropical diseases. Haematophagy has
 evolved in four orders of insects, the lice (Anoplura), the bugs (Heteroptera), the true flies (Diptera)
 and the fleas (Siphonaptera). An overview is given of their importance as vectors of diseases caused
 by arboviruses (Dengue, Yellow Fever etc.), bacteria (rickettsioses, plague, borrelioses, bartonel-
 loses), protozoa (malaria, leishmanioses, sleeping sickness, Chagas disease) or nematodes (filaria).

V    on den mehr als eine Million wissenschaftlich
     beschriebenen Insektenarten ist es nur eine kleine
Anzahl von etwa 20.000 Arten, die sich an eine Blut
                                                          ursachen. Humanmedizinisch wichtig ist vor allem die
                                                          biologische oder zyklische Übertragung, bei der sich
                                                          der Krankheitserreger (Viren, Bakterien, Protozoen,
saugende Lebensweise angepasst hat. Vor allem diese       Helminthen) im Vektor entwickelt oder vermehrt. Zwi­
sind es, die als Plageerreger, Krankheitserreger und      schen Mensch und Vektor kommt es zu einem Wirts­
Überträger von Krankheitserregern medizinisch wich­       wechsel des Parasiten, der auch zum Parasiten des
tig wurden. Es sind vor allem die Erreger wichtigster     Überträgers wird. Aufgenommen wird der Erreger im­
Tropenkrankheiten wie die der Malaria, der Leishmanio­    mer mit der Nahrung, meist bei der Blutmahlzeit. Die
sen, der Schlafkrankheit, der Filariosen, und Arboviro­   Zeit, die zwischen seiner Aufnahme und Infektionsreife
sen wie Gelb- und Denguefieber, die nur durch ganz        vergeht, bezeichnet man als äußere Inkubation.
bestimmte Insekten übertragen werden können.                   Im Folgenden soll auf die tropenmedizinische Be­
    Ein Blutsaugertum hat sich in vier Insektenor­        deutung der wichtigsten Vertreter dieser vier Insekten­
dungen entwickelt, den Läusen (Anoplura), Wanzen          ordnungen eingegangen werden. Nicht zu den Insekten
(Heteroptera), Zweiflüglern mit den Mücken und Flie­      zählen die Milben und Zecken (s.Kap. 3.2.12 - Kahl &
gen (Diptera) und den Flöhen (Siphonaptera). Alle stel­   Dautel - in diesem Band).
len wichtige Überträger von Tropenkrankheiten. Läuse      Läuse (Anoplura) sind stationäre Ektoparasiten von
und Wanzen gehören zu den hemimetabolen Insekten          Säugetieren, ernähren sich ausschließlich von Blut und
mit unvollständiger Metamorphose, bei denen die Lar­      sind extrem wirtspezifisch. Drei Arten parasitieren am
venstadien den Erwachsenen sehr ähnlich sehen, nur        Menschen, die Kleiderlaus (Pediculus humanus), die
kleiner, nicht geschlechtsreif und noch nicht flugfähig   Kopflaus (P. capitis) und die Filzlaus (Pthirus pubis).
sind. Epidemiologisch wichtig ist, dass Larven und Er­    Es sind kleine (1,5–4 mm) flügellose, dorsoventral ab­
wachsene Blutsauger sind und während ihres gesamten       geflachte Insekten von gelblicher oder grauer Färbung.
Lebens Krankheitserreger aufnehmen und übertragen         Auffallend sind die kurzen Beine mit kräftigen Klauen,
können. Zweiflügler und Flöhe sind dagegen holome­        mit denen sie sich in der Behaarung oder der Kleidung
tabole Insekten mit vollständiger Verwandlung, bei        ihrer Wirte festhalten. Die Stechborsten sind in der
denen in die Entwicklung ein Puppenstadium einge­         Ruhe in die Kopfkapsel zurückgezogen.
schaltet ist, in dem die Umwandlung in das erwachsene          Alle drei Arten können durch ihr Blutsaugertum
Insekt erfolgt. Bei ihnen sehen die Larven ganz anders    intensiven Juckreiz verursachen. Kratzen führt zu Se­
aus als die Erwachsenen, besiedeln unterschiedliche       kundärinfektionen wie nässenden Ekzemen (Pediculo­
Habitate und ernähren sich unterschiedlich. Blutsauger    sis, Phthiriasis). Nur die Kleiderlaus (Abb. 3.2.5-1) hat
sind fast immer nur die ausgewachsenen Insekten. Eine     eine Bedeutung als Krankheitsüberträger. Sie überträgt
Ausnahme bilden einige höhere Fliegen, bei denen sich     das klassische Fleckfieber (Rickettsia prowazekii), das
die Larven an eine parasitische Lebensweise angepasst     Wolhynische Fieber (Bartonella quintana) und das
haben und eine Myiasis (Fliegenmadenkrankheit) ver­       Läuserückfallfieber (Borrelia recurrentis). Rickettsia

                                                                                                                 
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3.2.5    R. Garms

prowazekii entwickelt sich intrazellulär in den Darm­     endemisch ist. Geschätzte 7–8 Mio. Menschen sind
zellen, B. quintana extrazellulär. Beide werden mit dem   infiziert (WHO 2014a). Die Trypanosomen werden bei
in feinen Tröpfchen ausgeschiedenen Kot übertragen,       der Blutmahlzeit der nachts aktiven Wanzen aufgenom­
wenn dieser z.B. auf Schleimhäute gelangt. Borrelia       men, entwickeln und vermehren sich im Darmtrakt und
recurrentis vermehrt sich in der Leibeshöhle der Laus     werden später mit dem flüssigen Wanzenkot übertra­
und wird übertragen, wenn die Laus verletzt oder zer­     gen, wenn dieser auf Schleimhäute (Augen) oder Haut­
quetscht wird. Schwere Epidemien dieser Krankheiten       verletzungen (Stichstelle) gelangt.
traten nach starker Vermehrung der Kleiderläuse vor            Große Anstrengungen werden unternommen, die
allem in Not- und Kriegszeiten, wie in den beiden         Übertragung der Trypanosomen durch Bekämpfung der
Weltkriegen, auf. Obwohl im eigentlichen Sinne keine      Überträgerwanzen zu unterbrechen. Wichtigste Metho­
Tropenkrankheiten sind Fleckfieber und Läuserückfall­     den sind die Bekämpfung der domestischen Triatomen
fieber augenblicklich fast nur noch in Gebirgsgegenden    durch Aussprühen der Häuser mit Insektiziden und der
Ost- und Zentralafrikas sowie in Anden-Gebieten Süd­      Bau wanzensicherer Häuser, in denen die nächtlich ak­
amerikas verbreitet. Der größte Ausbruch des Fleckfie­    tiven Wanzen keine Versteckmöglichkeiten finden. Da
bers seit 50 Jahren wurde 1997 in Burundi mit 45.558      die Infektion eine Zoonose ist, die in Naturherden exis­
klinisch diagnostizierten Fällen registriert (Raoult et   tiert, ist eine endgültige Ausrottung kaum möglich.
al. 1998).                                                     Bettwanzen (Abb. 3.2.5-3) sind ein weltweit ver­
Wanzen (Heteroptera): Blutsaugende und humanme­           breitetes, nachtaktives Wohnungsungeziefer. Die Stiche
dizinisch wichtige Arten stellen die Familien der Bett­   können stark juckende Hautreaktionen verursachen.
wanzen (Cimicidae) und Raubwanzen (Reduviidae,            Als Krankheitsüberträger haben Bettwanzen keine Be­
Unterfamilie Triatominae). Nur die Triatomen (Abb.        deutung.
3.2.5-2) haben eine Bedeutung als Krankheitsüberträ­      Zweiflügler (Diptera): Von den mehr als 130.000 Arten
ger. Ihre Verbreitung beschränkt sich weitgehend auf      sind etwa 11.000 Blutsauger. Gefährliche Krankheitsü­
die Neue Welt (105 der 118 Arten). Es sind große (20–     berträger finden sich in den Unterordnungen der Nema­
30 mm), geflügelte, oft bunt gezeichnete Wanzen mit       tocera (Mücken, niedere Zweiflügler) und Brachycera
zwischen den Fühlern schnauzenförmig verlängertem         (Fliegen, höhere Zweiflügler).
Kopf. Der gerade Stechrüssel wird in der Ruhe unter            Mücken (Nematocera): Vier Familien enthalten
den Kopf geschlagen.                                      blutsaugende Arten mit teilweise erheblicher tropen­
     Triatomen übertragen in Mittel- und Südamerika       medizinischer Bedeutung. Bei allen Nematoceren sau­
Trypanosoma cruzi, den Erreger der Chagas-Krankheit       gen nur die Weibchen Blut.
(amerikanische Trypanosomiasis), die in 21 Ländern             Stechmücken (Culicidae): Stechmücken (ca. 3.500

Abb. 3.2.5-1: Kleiderlaus. Mikrosko-
pisches Präparat.
                                                                            Abb. 3.2.5-3: Bettwanze (Cimex lectu-
                                                                            larius).
                                       Abb. 3.2.5-2: Raubwanze Rhodnius
                                       prolixus bei der Blutmahlzeit.


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3 Aktuelle und potenzielle Gefahren für die Gesundheit

Arten) haben als Überträger der Malaria, der lympha­      tragungsmechanismus. Die Entwicklung in der Mücke
tischen Filariasis und zahlreicher Arbovirosen unter      (äußere Inkubation) ist temperaturabhängig: bei 24 °C
den Insekten die größte medizinische Bedeutung.           P. falciparum in 11, P. vivax in 9, P. malariae in 24 Ta­
Besonders wichtig sind nur die Gattungen Anopheles        gen. Auf die Möglichkeiten der Wiederausbreitung in
(Unterfamilien Anophelinae) (Abb. 3.2.5-4) und Culex      Europa und Deutschland wird in Kap. 3.2.3 - Kampen
(Unterfamilie Culicinae) (Abb. 3.2.5-5). Alle Stechmü­    - in diesem Band eingegangen.
cken entwickeln sich aquatisch in unterschiedlichen,           Lymphatische Filariasis (Elefantiasis): Die Erre­
meist stagnierenden Gewässern. Dort durchlaufen sie       ger sind Wuchereria bancrofti, Brugia malayi, B. ti-
4 Larven- und ein Puppenstadium. Die meisten Stech­       mori. Mehr als 120 Mio. Menschen in 71 Ländern vor
mückenarten sind dämmerungs- und nachtaktiv. Eine         allem in Asien und Afrika sind infiziert, 40 Millionen
Ausnahme bilden die Aedes-Arten, die am Tage zum          mit schweren Behinderungen (WHO 2014d). Vektoren
Blutsaugen kommen.                                        sind Arten der Gattungen Anopheles, Culex, Aedes,
     Malaria: Trotz intensiver Gegenmaßnahmen bleibt      Mansonia. Die periodisch, meist um Mitternacht, im
die Malaria die wichtigste Tropenkrankheit, die in etwa   peripheren Blut auftretenden Wurmlarven (Mikrofilari­
100 Ländern endemisch ist. Nach letzten Schätzungen       en, Länge 0,2 bis 0,3 mm) werden mit der Blutmahlzeit
erkrankten 2012 etwa 207 Millionen Menschen,              aufgenommen, durchdringen die Darmwandung und
627.000 starben an der Infektion, vor allem Kinder in     entwickeln sich in der Flugmuskulatur der Mücken.
Afrika (WHO 2014b). Alleinige Überträger der vier         Dort häuten sie sich zum 2. und 3. Stadium. Nach etwa
Malariaplasmodien des Menschen (Plasmodium fal-           10–14 Tagen (temperaturabhängig) wandern die Infek­
ciparum, P. vivax, P. ovale, P. malariae) und des in      tionslarven (Länge ca. 1,5 mm) in den Stechrüssel, aus
Südostasien gelegentlich beim Menschen auftretenden       dem sie bei der Blutmahlzeit ausbrechen, auf die Haut
Affenplasmodiums P. knowlesi sind ausschließlich An-      gelangen und durch den Stichkanal in den Wirt eindrin­
opheles-Arten. Von den ca. 500 Arten sind etwa 70 Ma­     gen. Eine Vermehrung des Parasiten in der Mücke fin­
laria-Überträger, nur etwa 20 sind besonders wichtig.     det nicht statt, sondern nur eine Weiterentwicklung.Im
Am wichtigsten ist A. gambiae (Abb. 3.2.5-4) in Afrika.   Global Programme to Eliminate Lymphatic Filariasis
Nach Aufnahme der Geschlechtsformen der Malaria           werden seit dem Jahr 2000 große Anstrengungen unter­
kommt es in den Überträgern zu einer starken Vermeh­      nommen, die Infektion durch Behandlung der Bevölke­
rung der Parasiten. Die infektiösen Erreger, die Spo­     rung mit filariziden Medikamenten zu bekämpfen. Ziel
rozoiten, wandern in die Speicheldrüsen des Überträ­      ist es, die Krankheit bis 2020 zu eliminieren.
gers und werden beim Stich mit dem ausgeschiedenen             Arboviren (»arthropod borne viruses«): Mehr als
Speichel übertragen. Dies ist ein sehr sicherer Über­     200 Arboviren wurden aus Stechmücken isoliert, etwa

                                       Abb. 3.2.5-5: Culex. Typische Körper-
                                       haltung.

Abb. 3.2.5-4: Anopheles gambiae. Ty-                                           Abb. 3.2.5-6: Gelbfiebermücke Aedes ae-
pische Körperhaltung.                                                          gypti (Stegomyia aegypti), Blutmahlzeit.

                                                                                                                    
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100 infizieren den Menschen. Die Viren werden von          behaart. Typische Flügelhaltung (Abb. 3.2.5-7). Die
den Mücken bei der Blutmahlzeit aufgenommen. Sie           schma­len lanzettförmigen Flügel werden aufrecht und
vermehren sich in Darmzellen und Speicheldrüsen der        abgewinkelt getragen (»Engelsflügelhaltung«). Sand­
Mücke und werden temperaturabhängig nach 5–30 Ta­          mücken sind dämmerungs- und nachtaktiv. Im Unter­
gen (meist 10–15 Tage) infektiös. Eine transovarielle      schied zu Stechmücken entwickeln sich Sandmücken
Übertragung von Generation zu Generation ist bei eini­     terrestrisch benötigen aber eine hohe Luftfeuchtigkeit.
gen Viren möglich. Der Vektor kann dann zum Reser­         Bruthabitate können sehr unterschiedlich sein und sind
voir des Virus werden.                                     meist schwer zu finden. Wichtige Überträgerarten sind
     Die wichtigsten durch Stechmücken übertragenen        oft eng mit ihren Reservoirwirten assoziiert und entwi­
Arboviren sind die Erreger des Gelb- und des Den­          ckeln sich z.B. in Tierställen, Nagetierbauten, Klipp­
guefiebers, beides sind Flaviviren, mit Aedes aegypti      schlieferhöhlen.
(= Stegomyia aegypti) (Abb. 3.2.5-6) als Hauptüberträ­         Gebietsweise sind die Phlebotomen Plageerreger,
ger (s. Kap. 3.2.4 - Krüger - in diesem Band). Weitere     deren Stiche heftige Hautreaktionen verursachen kön­
wichtige durch Stechmücken übertragene Arbovirosen         nen. Wichtiger sind sie als obligatorische Überträger
sind die Japanische Enzephalitis (Flavivirus), eine Zo­    aller Leishmaniosen des Menschen (viszerale, kutane,
onose bei Vögeln (Reihern). Der Mensch ist Zufalls­        mukokutane, s. Kap. 3.2.11 - Lozán et al - in diesem
wirt. Überträger ist die Stechmücke Culex tritaenio-       Band). Sie übertragen außerdem verschiedene Arbovi­
rhynchus. Epidemiologisch wichtig sind der Reisanbau       ren (Pappatacifieber) und eine Bartonellose (Carrions­
(Brutplätze) und die Schweinehaltung (Verstärkerwirt,      che Krankheit).
»Amplifying host« für das Virus). Weiterer Beispiele für       Leishmaniosen: Von den fast 30 Leishmania-Arten
Arboviren sind das West-Nil-Fieber (Flavivirus – Afri­     sind etwa 20 für den Menschen pathogen. Geschätzt
ka, Asien, Europa, seit 1999 in den USA – Vektor Cu-       werden 1,3 Millionen Neuinfektionen pro Jahr und
lex), St. Louis-Enzephalitis (Flavivirus – USA, Mexi­      20.000–30.000 Todesfälle (WHO 2014d). Leishmanio­
ko – Culex), Chikungunya (Alphavirus – Afrika, Asien,      sen fehlen in Südostasien und Australien. Die meisten
Italien – Aedes), O’nyong-Nyong (Alphavirus – Afrika       Leishmaniosen sind Zoonosen, bei denen die Reser­
– Anopheles), Pferdeenzephalitiden (Alphavirus) in         voire Wildtiere (vor allem Nagetiere), peridomestisch
der Neuen Welt (Culex u.a.), Rifttalfieber (Bunyavirus     lebende Säugetiere oder auch Haustiere, vor allem der
– Afrika – Aedes, Culex).                                  Hund, des Menschen sein können, und der Mensch nur
     Zahlreiche Arboviren haben ihre natürlichen Re­       ein Zufallswirt ist. Nur wenige sind Anthroponosen, bei
servoirwirte in Vögeln. Sie können daher leicht mit        denen der Mensch das Reservoir bildet. Das Vorkom­
Zugvögeln verschleppt werden, neue Verbreitungsge­         men der einzelnen Leishmania-Arten ist oft fokal und
biete erreichen und dort auf den Menschen übertragen       abhängig vom Vorhandensein geeigneter Vektoren und
werden, wenn geeignete Klimabedingungen und Über­          Reservoirwirte und deren ökologischen Ansprüchen.
träger angetroffen werden (z.B. Einschleppung von          Leishmanien entwickeln und vermehren sich im Darm
West-Nil-Fieber in die U.S.A.) (s. Kap. 3.2.9 - Bair-      der Mücke und werden bei der Blutmahlzeit übertra­
lein & Metzger - in diesem Band). Eine Besonderheit        gen.
der wichtigen Überträger A. aegypti und A. albopictus          Sandmücken sind auch Überträger einer größeren
(=Stegomyia) ist es, dass sie sich in kleinsten mit Was­   Anzahl von Arboviren (mehr als 50) der Gattung Phle-
ser gefüllten Behältern entwickeln können und ihre         bovirus (Familie Bunyaviridae), unter denen das im
Eier über Monate trockenresistent sind. So konnten         Mittelmeergebiet, aber auch im vorderen Orient, Pa­
diese Arten z.B. mit gebrauchten Autoreifen oder Be­       kistan, Teilen von Indien, Nordafrika, Ägypten, Sudan
hältern mit Zierpflanzen weltweit verschleppt werden       verbreitete Pappatacifieber (Phlebotomus-Fieber, Drei­
und neue Gebiete besiedeln (s. Kap. 3.2.11).               tagefieber) am bekanntesten ist. Übertragen werden
     Sandmücken, Phlebotomen (Familie Psychodidae).        die Viren bei der Blutmahlzeit mit dem Speichel der
Blutsauger nur in der Unterfamilie Phlebotominae, die      Sandmücken. Die Phlebotomen selbst sind wahrschein­
weltweit in Tropen und Subtropen verbreitet ist. Zwei      lich das Reservoir der Infektion, die transovariell von
Arten kommen auch in Süddeutschland vor (s. Kap.           Generation zu Generation weitergegeben wird.
3.2.11 - Lozán et al - in diesem Band). Bekannt sind           Sandmücken sind die einzigen Mücken, die Er­
bisher etwa 1.000 Arten, etwa 70 Arten der Gattungen       reger einer bakteriellen Erkrankung übertragen. Die
Phlebotomus (Alte Welt) und Lutzomyia (Neue Welt)          durch Bartonella bacilliformis verursachte Carrionsche
haben eine humanmedizinische Bedeutung.                    Krankheit (Oroya Fieber, Peruknoten, Verruga Perua­
     Phlebotomen sind kleine, sehr zarte, 2 bis 3.5        na) ist auf Herde in Hochandengebieten hauptsächlich
mm messende Mücken. Körper und Flügel sind stark           von Peru, aber auch von Kolumbien und Ekuador be­


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3 Aktuelle und potenzielle Gefahren für die Gesundheit

schränkt. In den letzten Jahren wurde vermutlich im         Mikrofilarien von O. volvulus auf. Diese durchdringen
Zusammenhang mit dem »El Niño-Phänomen« über                die Magenwandung und entwickeln sich in der Flug­
die Ausbreitung des Oroya Fiebers auch in küstennahen       muskulatur in etwa 7–10 Tagen nach zwei Häutungen
Gebieten Perus berichtet.                                   zum infektiösen Stadium. Die infektiöse Larve wandert
    Kriebelmücken (Simuliidae) sind mit etwa 2.000          in die Mundwerkzeuge der Mücke und gelangt bei ei­
Arten kosmopolitisch und kommen in allen zoogeogra-         ner weiteren Blutmahlzeit in den Endwirt. Ein Tierre-
phischen Regionen vor. Es sind kleine (1,5 bis 4 mm),       servoir ist für die Onchozerkose nicht bekannt.
gedrungen gebaute Mücken von fliegenähnlichem                   Gegen die Arten vom Simulium damnosum-Kom­
Habitus (s. Kap. 3.2.10 - Werner & Grunewald - in           plex (vor allem die Savannenarten S. damnosum und
diesem Band). Auffallend der aufgewölbte Thorax und         S. stirbanum) wurde von 1974 bis 2002 in den am
die kurzen, hornförmigen Fühler (Abb. 3.2.5-8). Krie­       schwersten durch Flussblindheit betroffenen Ländern
belmücken sind die einzigen medizinisch wichtigen In­       Westafrikas das bisher größte Vektorbekämpfungspro­
sekten, die sich in fließenden Gewässern entwickeln, je     jekt durchgeführt (Onchocerciasis Control Programme
nach Art in Flüssen, Bächen, Rinnsalen, in Wasserfäl­       in West Africa der WHO, WHO 2002b). Seit etwa 1990
len, Stromschnellen, langsamer, reißender Strömung.         werden weltweit in den Onchozerkose-Herden Mas­
Sie sind tagaktiv und saugen nur im Freien.                 senbehandlungen der Bevölkerung mit dem mikrofila­
    Weltweit sind sie gefürchtete Plageerreger, die         riziden Medikament Ivermectin durchgeführt.
heftige Hautreaktionen und bei Weidetieren, auch bei            Außer O. volvulus übertragen Kriebelmücken, auch
uns in Deutschland, Simulientoxikosen mit Todesfällen       in den gemäßigten Klimaten, eine Anzahl weiterer Fila-
durch anaphylaktischen Schock verursachen können.           rienarten, die bei Tieren parasitieren.
Ihre größte humanmedizinische Bedeutung haben sie               Gnitzen (Ceratopogonidae) (weltweit mehr als
als Überträger des Fadenwurms Onchocerca volvulus,          5.000 Arten) sind die kleinsten blutsaugenden Insek­
dem Erreger der Onchozerkose, die Hautkrankheiten           ten (meist nur 1–2 mm) und auf der Haut mit bloßem
und Augenschäden bis zur Erblindung (Flussblindheit)        Auge oft kaum zu sehen (»no-see-ums«). Sie kommen
verursacht. Hauptverbreitungsgebiet der Infektion ist       nachts- oder auch tagsüber zum Blutsaugen. Medizi­
das tropische Afrika, kleinere Herde gibt es auf der ara­   nisch am wichtigsten ist die Gattung Culicoides (Abb.
bischen Halbinsel (Jemen), in Mittel- und Südamerika        3.2.5-9).
(Mexiko, Guatemala, Brasilien, Kolumbien, Ekuador,              Gnitzen entwickeln sich in unterschiedlichen Brut­
Venezuela). Es wird geschätzt, dass etwa 37 Mio. Men­       plätzen im Grenzbereich zwischen aquatischen und
schen infiziert sind, davon 99% in Afrika, und mindes­      terrestrischen Habitaten, die oft schwer zu identifizie­
tens 500.000 schwere Augenschäden haben (Basáñez            ren sind: Ränder stehender Gewässer, Seen, Schlamm,
et al. 2006). Bei der Blutmahlzeit nehmen die Über­         Mangroven, Sandstrand an Meeresküsten, Kompost,
trägermücken die in der Haut des Menschen lebenden          faulendes Laub, rottende Bananenstümpfe, Baumhöh­

                                                                              Abb. 3.2.5-9: Lichtmikroskopische
                                                                              Aufnahme einer Gnitze der Gattung
                                                                              Culicoides.
Abb. 3.2.5-7: Sandmücke (Lutzomyia), Abb. 3.2.5-8: Kriebelmücke (Simulium
Blutmahlzeit (Foto: T. F. Kruppa).   damnosum), Blutmahlzeit.

                                                                                                                  
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3.2.5    R. Garms

len und unter Rinde (s. Kap. 3.2.16 - Kampen & Werner    Abb. 3.2.5-12) als Erreger einer Beulenmyiasis.
- in diesem Buch).                                           Bremsen (Tabanidae): Die weltweit mit etwa 4.000
     Gnitzen sind gefürchtete Plageerreger, die oft in   Arten verbreiteten Tabaniden sind mittelgroße bis sehr
gewaltigen Mengen (»biting pests«) auftreten und den     große Fliegen (6–30 mm) mit großem, halbkreisför­
Aufenthalt im Freien zur Qual machen können mit Aus­     migem oder dreieckigem Kopf mit großen Augen und
wirkungen auf Tourismus, Land- und Forstwirtschaft.      kräftigem, herabhängendem Stechrüssel.
Stiche können heftige Hautreaktionen verursachen,            Die Entwicklung erfolgt im Wasser oder unter­
auch bei Haustieren (Pferden). Arten der Gattung Cu-     schiedlichen Feuchthabitaten: Bodenschlamm in Ufer­
licoides übertragen beim Menschen Fadenwürmer der        nähe, in feuchten Wiesenböden, Viehweiden, Rinder­
Gattung Mansonella: M. perstans, tropisches Afrika,      krals oder sumpfigen Waldböden. Die meisten Arten
Mexiko, Karibik; M. streptocerca, tropisches Afrika;     sind tagaktiv und saugen im Freien. Wie bei den Mü­
M. ozzardi, Mittelamerika, Karibik und Süd­amerika.      cken saugen nur die Weibchen Blut.
Mansonella-Arten gelten allgemein als nicht beson­           Weltweit können Bremsen wegen ihrer schmerz­
ders pathogen. Culicoides paraensis überträgt das Oro­   haften Stiche als Plageerreger auftreten. Eine tropen­
pouche Virus in Brasilien. Veterinärmedizinisch sind     medizinische Bedeutung haben Arten der Gattung
Gnitzen wichtig als Überträger verschiedener Arbo­       Chrysops (Abb. 3.2.5-10), die in Waldgebieten West-
viren, z.B. der Afrikanischen Pferdesterbe, der Blau­    und Zentralafrikas, von Benin bis Uganda, den Fa­
zunge bei Schafen und Rindern, die ab 2006 auch in       denwurm Loa loa, Erreger der Loiasis (Wanderfilarie,
Deutschland zum Problem wurde und neuerdings das         Calabar- oder Kamerun-Schwellungen, afrikanischer
Schmallenberg Virus (s. Kap. 3.2.18 - Mehlhorn - in      Augenwurm) übertragen. Schätzungsweise 13 Millio­
diesem Band).                                            nen. Menschen sind infiziert. Wahrscheinlich ist die
Fliegen (Brachycera). Als Blutsauger und Krankheits­     Loiasis eine reine Anthroponose.
überträger haben nur Bremsen (Tabanidae) und Tsetse­         Tsetsefliegen (Glossinidae): Gattung Glossina mit
fliegen (Glossinidae) eine größere humanmedizinische     31 Arten und Unterarten. Verbreitungsgebiet nur das
Bedeutung. Verschiedene synanthrope Fliegen, wie die     tropischen Afrika (10°–14° N, 20°–29° S). Große (6–
Stubenfliege, können als mechanische Überträger von      15 mm) gelbliche oder braune Fliegen mit kräftigem,
Krankheitserregern fungieren (intestinale Infektionen,   nach vorn gerichtetem Stechrüssel. Flügel werden in
Trachom). Arten aus mehreren Familien parasitieren       der Ruhe übereinander gelegt (Abb. 3.2.5-11). Beide
im Larvenstadium. Am bekanntesten sind die afrika­       Geschlechter ernähren sich ausschließlich von Blut.
nische Tumbufliege (Cordylobia anthropophaga) und        Sie sind nur tagsüber aktiv. Tsetsefliegen sind lebend
die amerikanische Dasselfliege (Dermatobia hominis,      gebärend. Nach einer Trächtigkeitsdauer von ca. 10 Ta­

Abb. 3.2.5-10: Bremse (Chrysops).

Abb. 3.2.5-12: Larve (Stadium 2) der Abb.3.2.5-11: Tsetsefliege (Glossina).
amerikanischen Dasselfliege (Derma- Blutmahlzeit.
tobia hominis).                                                         →


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3 Aktuelle und potenzielle Gefahren für die Gesundheit

gen wird jeweils eine einzelne, ausgewachsene Larve       men in allen Klimazonen einschließlich der arktischen
abgesetzt, die sich im Erdboden verpuppt.                 Gebiete vor. Es sind kleine, flügellose, seitlich abge­
     Tsetsefliegen sind die alleinigen Überträger der     flachte Insekten, mit kräftigen zum Springen einge­
menschlichen Schlafkrankheit, die in 36 afrikanischen     richteten Beinen. Beide Geschlechter ernähren sich
Ländern endemisch ist. Es wird geschätzt, dass au­        ausschließlich von Blut (Säugetiere, Vögel). Die Lar­
genblicklich noch 20.000 Neuerkrankungen pro Jahr         ven entwickeln sich in Nestern, Bauten ihrer Wirte und
auftreten, 1998 waren es noch 300.000 bis 500.000         ernähren sich von organischem Material.
(WHO 2014). Trypanosoma brucei gambiense (zurzeit              Einige Arten wie der Katzenfloh (Ctenocephalides
98% der gemeldeten Fälle) ist der Erreger der chro­       felis) oder der Menschenfloh (Pulex irritans) sind welt­
nisch verlaufenden westafrikanischen Schlafkrankheit      weit lästige Blutsauger. Ihre größte Bedeutung haben
(West- und Zentralafrika, Senegal bis Sudan, im Süden     die Flöhe als Überträger der Pest (Yersinia pestis), einer
bis Angola und Zaire), die als Anthroponose angesehen     Zoonose, die in zahlreichen Naturherden in Asien, Afri­
wird. Trypanosoma b. rhodesiense verursacht in Sa­        ka und Amerika bei Nagetieren (etwa 220 Arten) meist
vannengebieten in Ost- und im südlichen Zentralafrika     enzootisch auftritt und durch zahlreiche Arten von Na­
die akut und schnell ablaufende ostafrikanische Schlaf­   getierflöhen übertragen wird. Zu Pestausbrüchen beim
krankheit. Diese ist eine Zoonose, die ihr Reservoir in   Menschen (Siedlungspest, Stadtpest, »urban plague«)
wildlebenden Säugetieren hat (z.B. Buschbock). Rin­       kommt es, wenn sich nach Kontakt mit infizierten
der sind ein wichtiges sekundäres Reservoir. Außer als    Wildnagern die Pest in Hausnagerpopulationen (Wan­
Überträger der Schlafkrankheit haben Glossinen eine       derratte Rattus norvegicus oder Hausratte R. rattus)
überragende wirtschaftliche Bedeutung als Überträger      epizootisch ausbreitet, die hungrigen Rattenflöhe die
tierpathogener Trypanosomen, den Erregern der Nagana.     toten Tiere verlassen, am Menschen Blut saugen und
Die mit der Blutmahlzeit aufgenommenen humanpatho­        die Infektion als Beulenpest auf den Menschen übertra­
genen Trypanosomen vermehren sich unter Formverän­        gen. Die Übertragung der Lungenpest von Mensch zu
derungen im Mitteldarm der Fliege, wandern in deren       Mensch verläuft ohne Beteiligung der Flöhe. Menschen
Speicheldrüsen, wo sie infektiös werden und nach 3 bis    können sich auch in Naturherden infizieren, wenn sie
5 Wochen weiter übertragen werden können.                 dort von infizierten Flöhen gestochen werden oder als
     Da alle Glossinen-Arten sehr eng an ganz bestimm­    Jäger erkrankte Tiere häuten. Wichtigster Überträger
te ökologische Bedingungen (Vegetation, Temperatur,       der Pest auf den Menschen ist der tropische Rattenfloh
Luftfeuchte, Wirtstiere) angepasst sind, ist eine Aus­    (Abb. 3.2.5-13). Weltweit wurden von 1984 bis 2003
breitung nach Klimaerwärmung nicht zu erwarten.           der WHO ca. 43.800 Pestfälle (3.500 Tote) gemeldet,
Flöhe (Siphonaptera). Flöhe (etwa 2.500 Arten) kom­       davon 35.000 (79,8%) mit 2.950 (8,4%) Toten in Afri­

Abb. 3.2.5-13: Pestfloh (Xenopsylla cheopis). Wichtigster Abb. 3.2.5-14: Sandfloh (Tunga penetrans), reifes Weib-
Überträger der Pest. Mikroskopisches Präparat.            chen aus der Haut.

                                                                                                                  
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3.2.5     R. Garms

ka. Zurzeit werden etwa 2000 Pestfälle pro Jahr regis­       Literatur
triert (WHO 2004).                                           BASÁÑEZ M.-G., S.D.S PION, T.S. CHURCHER,
     Flöhe sind außerdem Überträger des murinen               L.P. BREITLING, M.P. LITTLE & M. BOUSSIN­
Fleckfiebers (Rickettsia typhi, »endemic, murine, flea-       ESQ (2006): River Blindness: A Success Story under
borne, shop typhus«), einer bei domestischen Ratten in        Threat? PLoS Medicine 3, e371.
Tropen und Subtropen weit verbreiteten Rickettsiose.         RAOULT, D., J. B. NDIHOKUBWAYO, H. TIS­
Katzenflöhe übertragen R. felis (flea-borne spotted           SOT-DUPONT H, V. ROUX, B. FAUGERE, R.
fever, cat flea typhus) zwischen Opossum, Hauskatze           ABEGBINNI & R. J. BIRTLES (1998): Outbreak
und Bartonella henselae, den Erreger der Katzenkratz­         of epidemic typhus associated with trench fever in
                                                              Burundi. Lancet 352, 353-358.
krankheit.                                                   WHO (2002): Control of Chagas disease. Second Re­
     Der Sandfloh (Tunga penetrans, Abb. 3.2.5-14) hat        port of the WHO Expert Committee. WHO Techni­
sich an eine stationär parasitische Lebensweise ange­         cal Report Series 905, World Health Organization,
passt. Die weiblichen Flöhe bohren sich in die Haut,          Geneva, 109 pp.
meist der Füße, ein und verursachen eine Hautkrank­          WHO (2002): Success in Africa: The Onchocercia­
heit, die Tungiasis (Südamerika, tropisches Afrika).          sis Control Programme in West Africa, 1974-2002.
                                                              World Health Organization, Geneva, 72 pp.
                                                             WHO (2004): Human plague in 2002 and 2003. WHO
Schlussfolgerungen                                            Weekly Epidemiological Record. 79, 301-306.
Wenn über die mögliche Ausbreitung der durch Insek­          WHO (2006): Global programme to eliminate lymphat­
ten übertragenen Tropenkrankheiten nachgedacht wird,          ic filariasis. WHO Weekly Epidemiological Record,
ist zu berücksichtigen, dass es sich nur bei wenigen der      81, 221-232.
Infektionen um reine Anthroponosen handelt, für die          WHO (2006): Human African trypanosomiasis (sleep­
der Mensch das alleinige Reservoir ist. Hierher gehö­         ing sickness): epidemiological update. WHO Weeklly
ren vor allem die Malaria, fast alle Filariosen, die durch    Epidemiological Record, 81, 71-80.
                                                             WHO (2014a): Chagas disease (American trypano­
Läuse übertragenen bakterielle Krankheiten und, meist         somiasis). Fact sheet N°340. Updated March 2014.
sekundär, einige Arbovirosen. Die Mehrzahl sind Zoo­          http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs340/
nosen, die natürlicherweise bei Tieren auftreten, oft von     en/
speziellen Reservoirwirten abhängig sind und meist nur       WHO (2014b): Malaria. Fact sheet N°94. Updated
zufällig durch die Überträger auf den Menschen gelan­         March 2014. http://www.who.int/mediacentre/fact­
gen. So sind Nagetiere die natürlichen Reservoire für         sheets/fs094/en/
den Erreger der Pest (Yersinia pestis) und einiger Leish­    WHO (2014c): Lymphatic filariasis. Fact sheet N°102.
manien. Der Erreger der Chagas-Krankheit (Trypanoso-          Updated March 2014. http://www.who.int/media­
                                                              centre/factsheets/fs102/en/
ma cruzi) kommt in einer Vielzahl von Säugetieren vor.
                                                             WHO (2014d): Leishmaniasis. Fact sheet N°375. Up­
Vögel sind Reservoirwirte zahlreicher Arboviren. Oft          dated January 2014. http://www.who.int/mediacen­
gelangen die Infektionen erst auf den Menschen, wenn          tre/factsheets/fs375/en/
dieser in die Ökosysteme (Naturherde) des Erregers           WHO (2014e): Trypanosomiasis, human African
und seiner Überträger eindringt. Unter bestimmten Be­         (sleeping sickness). Fact sheet N°259. Updated
dingungen können Zoonosen auch zu Anthroponosen               March 2014. http://www.who.int/mediacentre/fact­
werden, wenn mit dem Menschen zusammenlebende                 sheets/fs259/en/
(synanthrope) Vektoren die Übertragung übernehmen
(z.B. Gelbfiebermücke Aedes aegypti als Überträger
von Stadtgelbfieber und Dengue-Fieber).
     Da Insekten wechselwarme Tiere sind, hängt nicht
nur die Dauer ihrer Entwicklung sondern auch die Dau­
                                                             Kontakt:
er der Entwicklung der Krankheitserreger im Insekt von       Dr. Rolf Garms
der Außentemperatur ab. Die globale Klimaerwärmung           Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg
kann daher wesentlich zur Ausbreitung durch Insekten         garms@bni-hamburg.de
übertragener Krankheiten beitragen.

Garms, R. (2014): Tropenmedizinisch relevante Insekten. In: Lozán, J.L., Grassl, H., Karbe, L. & G. Jendritzky
(Hrsg.). Warnsignal Klima: Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. 2. Auflage. Elektronische Veröffentlichung
(Kap. 3.2.5) - www.warnsignale.uni-hamburg.de.


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