UDZ 1/2014 UNTERNEHMEN DER ZUKUNFT - FIR AN DER RWTH AACHEN

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UDZ 1/2014 UNTERNEHMEN DER ZUKUNFT - FIR AN DER RWTH AACHEN
UdZ                                  1/2014
                 Unternehmen der Zukunft
                 Zeitschrift für Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung

ISSN 1439-2585

                        Forschung nutzen. Mehrwert schaffen.
UDZ 1/2014 UNTERNEHMEN DER ZUKUNFT - FIR AN DER RWTH AACHEN
UdZ

      Impressum

      UdZ – Unternehmen der Zukunft
      FIR-Zeitschrift für Betriebsorganisation und
      Unternehmensentwicklung, 15. Jg., Heft 1/2014,
      ISSN 1439-2585
      „UdZ – Unternehmen der Zukunft“ informiert mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen drei Mal im Jahr über die
       wissenschaftlichen Aktivitäten des FIR.

      Herausgeber
      FIR e. V. an der RWTH Aachen
      Campus-Boulevard 55 · 52074 Aachen
      Tel.: +49 241 47705-0 · Fax: +49 241 47705-199
      E‑Mail: info@fir.rwth-aachen.de
      Internet: www.fir.rwth-aachen.de

      Direktor
      Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Günther Schuh

      Geschäftsführer
      Prof. Dr.-Ing. Volker Stich

      Leiter Geschäftsbereich Forschung
      Dr.-Ing. Gerhard Gudergan

      Leiter Geschäftsbereich Industrie
      Dr.-Ing. Carsten Schmidt

      Bereichsleiter
      Produktionsmanagement: Dipl.-Wirt.-Ing. Niklas Hering (inhaltlich verantwortlich für dieses Heft)
      Business-Transformation: Dr.-Ing. Gerhard Gudergan
      Dienstleistungsmanagement: Dipl.-Wirt.-Ing. Christian Fabry
      Informationsmanagement: Dr.-Ing. Matthias Deindl

      Redaktionelle Mitarbeit
      Julia Quack van Wersch, M. A.
      Simone Suchan M.A.                                                                                                Einfach diesen QR-Code mit Ihrem Smartphone
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      Korrektorat/Lektorat
      Simone Suchan M.A.

      Layout, Satz und Bildbearbeitung
      Julia Quack van Wersch, M. A.

      Druck
      AWD Druck + Verlag GmbH

      Copyright
      Kein Teil dieser Publikation darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Herausgebers in irgend­einer Form
      reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

      Bildnachweis
      Titelbild (rechts): © buchachon – Fotolia; Titelbild (links): © christian42 – Fotolia; Soweit nicht anders angegeben: © FIR e. V. an der RWTH Aachen

      Ihr Wegweiser durch die UdZ

      Das FIR-Business-Modell spiegelt den für unser Haus typischen Kreislauf aus Leistungen der Forschung und Erfolgen aus der Praxis wider. In
      Forschungsprojekten werden Problemstellungen bearbeitet und gelöst, die im Rahmen der industriellen Auftragsforschung als wiederkehrende,
      strukturbasierte Probleme identifiziert wurden. Die erarbeiteten Forschungsergebnisse kommen anschließend wieder unseren Kunden zugute. Das in
      diesem Wechselspiel generierte Wissen wird der Öffentlichkeit in Form von Veranstaltungen, Weiterbildungsangeboten, praktischen Hilfsmitteln und
      Standards zur Verfügung gestellt. Diese Struktur findet sich auch wieder in den Rubriken der UdZ.

 2      Unternehmen der Zukunft 1/2014
UDZ 1/2014 UNTERNEHMEN DER ZUKUNFT - FIR AN DER RWTH AACHEN
UdZ

Editorial

Liebe Leser,

nach 60 Jahren hat das FIR seinen ursprünglichen Standort im Herzen der Stadt Aachen am Pontdriesch verlassen und sein
neues Gebäude am Campus-Boulevard bezogen. Mit dem Umzug ist nicht nur ein Ortswechsel verbunden – vielmehr wird
eine weitere Epoche in der Erfolgsgeschichte des Instituts eingeleitet, die völlig neue Möglichkeiten eröffnet. So wird zukünf-
tig im Sinne der Kollaborationsproduktivität noch enger mit Industrieunternehmen und Verbänden zusammengearbeitet, um
anwendungsorientierte Lösungen zielgerichtet bereitstellen zu können. Die Infrastruktur im Campus-Cluster Logistik bietet
dabei Alleinstellungsmerkmale, die so an keinem zweiten Forschungsstandort existieren.

Durch die enge Kooperation mit unseren Partnern sind Impulse für das Produktionsmanagement verbunden, die uns dazu befä-
higen, auch weiterhin Vorreiter in den Themen rund um das Zukunftsprojekt „Industrie 4.0“ und die „Smart Factory“ zu sein.

Eine herausragende Bedeutung nimmt in diesem Zusammenhang das „ERP-Innovation-Lab“ ein, das im Sinne einer Entwicklungs-
und Demonstrationsumgebung das Herzstück für die Produktionsforschung von morgen darstellt. Durch die unmittelbare
Anbindung des Innovationslabors an die im Cluster integrierte Demonstrationsfabrik können reale Stamm- und Bewegungsdaten
für Forschungszwecke genutzt und innovative Lösungen im Simulationssystem realitätsnah entwickelt bzw. validiert werden.

Um Ihnen einen Einblick in unsere aktuellen Schwerpunkte des Bereichs Produktionsmanagement zu vermitteln, finden Sie
auf den folgenden Seiten Berichte zu Forschungs- und Industrieprojekten sowie Veranstaltungen mit dem Fokus Produktion
und Logistik. Wir möchten Ihnen aber ebenso einen Ausblick darauf geben, welche weiteren Aktivitäten im Umfeld des
Produktionsmanagements wir derzeit noch mit Hochdruck verfolgen.

Mit der Lektüre hoffen wir, Interesse am Produktionsmanagement zu wecken und Ihnen wertvolle Denkanstöße für Ihre „Smart
Factory“ geben zu können.

Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und freuen uns auf Ihre Rückmeldung.

                                    Prof. Dr.-Ing. Volker Stich      Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Günther Schuh
          Geschäftsführer des FIR e. V. an der RWTH Aachen           Direktor des FIR e. V. an der RWTH Aachen

                                                                                                        Unternehmen der Zukunft 1/2014   3
UdZ

                   Inhaltsverzeichnis                                     32   SerVa: Beschreibung und Bewertung von
                                                                               Servicevarianten
                                                                               FIR entwickelt ein Beschreibungsmodell für
                   6   Produktionsmanagement im Unternehmen
                       der Zukunft                                             Varianten industrieller
                       Anwendungsorientierte Produktionsforschung              Dienstleistungen
                       und fundierte Unterstützung für die Industrie
                                                                          34   Smart Logistic Grids: Entwicklung eines
                                                                               Risikomanagementsystems
                                                                               Anpassungsfähige multimodale Logistiknetz-
                       FIR-Forschungsprojekte                                  werke durch integrierte Logistikplanung und
                                                                               -regelung
                   9   Smart.NRW
                       Verbesserte Transparenz und Planungsgenau-
                       igkeit durch Erhöhung der Informationsdichte
                                                                          37   Anlaufkonforme Produktionsprogramm-
                                                                               planung
                       und -qualität                                           Anwendung kybernetischer Prinzipien für
                                                                               anlaufintensive Unternehmen
                 12    EUMONIS: Integrativer Ansatz zur Optimie-
                       rung der regenerativen Energieerzeugung
                       Durch einen integrativen Ansatz sind erstmals
                                                                          38   Projektabschluss des BMBF-Forschungs-
                                                                               projekts WInD
                       sämtliche Dienstleister regenerativer Energieer-        Wandlungsfähige Produktionssysteme durch
                       zeugung über eine Plattform vernetzt                    integrierte IT-Strukturen und dezentrale
                                                                               Produktionsplanung und -regelung
                 14    Eco2Production: Ecological and Economical
                       Production
                       Steigerung der Energieeffizienz in
                                                                          40   Projektabschluss des BMWi-Forschungs-
                                                                               projekts SoReMa
                       produzierenden Unternehmen                              Selbstoptimierende Regelung der artikel-
                                                                               bezogenen Materialbeschaffung
                 17    Sense & React: Entwicklung eines IT-Systems
                       zur nutzergerechten und situationsab-
                       hängigen Bereitstellung von Produktions-
                       informationen                                           Campus-Cluster Logistik
                       Intelligentes Management von Produktionsum-
                       gebungen durch den Einsatz von fabrikweiten
                       Sensornetzwerken und neuartigen Mess- und
                       Bewertungsverfahren

                 20    eStep Mittelstand: E-Business-Standards
                       konsolidiert nutzen
                       Komplexe Lieferkettenprozesse werden für
                       kleine und mittlere Unternehmen einfach und
                       günstig umsetzbar

                 22    eBusiness-Lotse Aachen: Einsatz von
                       Informations- und Kommunikations-
                                                                          42   Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen
                                                                               Forschung und Industrie und das Enterprise-
                       technologie                                             Integration-Center Aachen (EICe)
                       Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit lokaler
                       Betriebe durch den Einsatz
                       moderner Informationstechnologien
                                                                          44   Tagebuch des Campus-Clusters Logistik
                                                                               Was bisher geschah...

                 24    SelfOrder: Gestaltung einer selbst-
                       optimierenden Auftragseinlastung in
                                                                          46   Neue Partner im Campus-Cluster Logistik
                                                                               stellen sich vor
                       Überlastsituationen
                       Verbesserung der Fähigkeit zur Bewältigung
                       von kurzfristigen und unvorhersehbaren
                                                                          50   UdZ-Redaktion im Kurzinterview mit
                                                                               Thomas Gartzen (Geschäftsführer
                       Auftragseingängen                                       der Demonstrationsfabrik Aachen GmbH)

                 27    Exzellenzcluster: Was bestimmt die
                       Performance meiner Supply-Chain?                   51   ERP-Innovation-Lab

                       Eine Untersuchung technischer und mensch-
                       licher Einflussfaktoren im Hinblick auf die
                       Effizienz von Lieferketten

                 29    ProSense: Hochauflösende Produktionssteu-
                       erung auf Basis kybernetischer Unterstüt-
                       zungssysteme und intelligenter Sensorik
                       Aufbau eines cyber-physischen Produktions-
                       systems

 4    Unternehmen der Zukunft 1/2014
UdZ

     Industrieprojekte –                                71   Ankündigung: CIRP-Konferenz im Campus-
                                                             Cluster Logistik
     Analysieren und optimieren
                                                             Zweite internationale Anlaufmanagement-
                                                             Konferenz in Aachen
55   Competence-Center Logistik
     Ihr Kompetenzpartner für Fragen rund um die
     Logistik und das Supply-Chain-Management           74   Ankündigung: RWTH-Zertifikatkurs „Chief
                                                             Logistics Manager“
                                                             Anspruchsvolle Zusatzqualifikation für Fach- und
57   Competence-Center IT
     Testen Sie mittels des Business-Performance-            Führungskräfte
     Index, wie gut Ihre
     Unternehmensprozesse mit Ihrer IT verzahnt sind    76   Nachbericht: 5. Aachener
                                                             Informationsmanagement-Tagung
59   Sales- & Operations-Planning: Transformation
     bestehender Planungs- und Abwicklungsprozesse
                                                             Informationsmanagement als strategische
                                                             Erfolgsposition
     Harmonisierung der Vertriebs- und der
     operativen Planung                                 77   Nachbericht: 17. Aachener Dienstleistungsforum
                                                             2014
61   Prozessstandardisierung und
     IT-Anforderungsdefinition
                                                             Datenbasierte Dienstleistungen –
                                                             Mehrwert-Dienstleistungen effizient realisieren
     Unterstützung der Lebenshilfe Aachen Werkstätten
     & Service GmbH bei einer unternehmens-weiten
     Prozessstandardisierung und
     IT-Anforderungsdefinition                               FIR-Netzwerke/FIR intern

64   Auswahl eines integrierten ERP-Systems
     Unterstützung der Alfred Reinecke Metallgießerei   79   Allgäu-Orient-Rallye 2014
                                                             FIR schickt für den guten Zweck sechs Studenten
     GmbH bei der Auswahl eines integrierten ERP-            in die Wüste
     Systems
                                                        80   EDI – aber einfach!
66   Supply-Chain-Management in der
     Kosmetikindustrie
                                                             Electronic-Data-Interchange mit myOpenFactory

     Moderation von SCM-Workshops bei der
     Dr. Babor GmbH & Co. KG                            81   Der FIR Alumni e. V. wächst weiter
                                                             Ehemalige und Aktive profitieren beiderseits vom
                                                             FIR Alumni e. V.

     Weiterbildung und Veranstaltungen
                                                             Studien, Standards und Publikationen

                                                        82   Untersuchung:
                                                             „Produktion am Standort Deutschland“
                                                             Ausgabe 2013
                                                             Zukünftige Produktionssysteme müssen flexibel
                                                             und prozessstabil sein

                                                        84   SCM-Marktspiegel:
                                                             Vorteilhaftigkeit von SCM-Systemen
                                                             SCM-Marktspiegel analysierte die funktionale
67   Ankündigung: 21. Aachener ERP-Tage 2014
     Einblicke in das Unternehmen der Zukunft –
                                                             Abdeckung in SCM-Systemen

     Trends und Innovationen im Bereich der ERP-
     Systeme                                            86   FIR-Edition Forschung „WInD“ erschienen
                                                             Wandlungsfähige Produktionssysteme durch
                                                             integrierte IT-Strukturen und dezentrale
69   Ankündigung: Konsortialbenchmarking
     Ersatzteillogistik
                                                             Produktionsplanung und -regelung

     Lernen Sie von den Besten!
                                                        87   FIR-Edition Forschung „SoReMa“ erschienen
                                                             Selbstoptimierende Regelung der artikelbezogenen
70   Inhouse-Workshop „Prozess- und Logistik-
     management“
                                                             Materialbeschaffung

     Ein Erfolgsmodell für die Managementausbildung
     am FIR                                             87   Jubiläumsband zum 60-jährigen Bestehen des
                                                             Instituts erscheint im Springer Verlag unter
                                                             dem Titel „Enterprise-Integration“

                                                        88   Literatur aus dem FIR

                                                                                     Unternehmen der Zukunft 1/2014   5
UdZ

                                   Produktionsmanagement im Unternehmen
                                   der Zukunft
                                   Anwendungsorientierte Produktionsforschung und
                                   fundierte Unterstützung für die Industrie

                                   T h e m e ns chw e r p unk te d e s F I R - B e re i chs   eine umfassende Methodenlehre, die auf
                                   Produktionsmanagement sind seit über 20                    systemtheoretisch-kybernetischen und expe-
                                   Jahren die Reorganisation und informations-                rimentbasierten Ansätzen basiert. So werden
                                   technische Unterstützung von Produktions-                  im Rahmen der anwendungsorientier ten
                                   und Logistikprozessen. Mit unseren Kern-                   Forschung simulationsbasierte Werkzeuge,
                                   kompetenzen Supply- Chain- Management                      empirische Untersuchungen ( Feldstudien,
                                   sowie Produktionsplanung und -regelung                     Labor- und Feldexperimente) sowie Methoden
                                   bieten wir der produzierenden Industrie indi-              der Engpasstheorie, der Regelungstechnik und
                                   viduelle Lösungen für aktuelle und zukünftige              der Spieltheorie eingesetzt.
                                   logistische Herausforderungen.
                                                                                              Die Auf trags for schung des FI R - Bereichs
                                   Sämtliche Ak tivitäten zur Organis ation,                  widmet sich intensiv der Konzipierung und
                                   Planung, Durchführung und Kontrolle der                    dem Einsatz von komplexitätsreduzierenden
                                   industriellen Wertschöpfungs- und Leistungs-               Maßnahmen im inner- und überbetrieblichen
                                   erstellungsprozesse werden unter dem Begriff               Unternehmenskontext. Der Betrachtungsbereich
                                   des Produktionsmanagements subsumiert. Die                 der Analyse und Reorganisation umfasst dabei
                                   Koordination produzierender Unternehmen ist                häufig die Aufbau- und Ablauforganisation von
                                   mit zahlreichen Herausforderungen verbunden,               Unternehmen bzw. Unternehmensbereichen,
                                   die sich insbesondere aus den vielfältigen                 die Geschäftsprozesse und deren Koordination
                                   logistischen Zielkonflikten, den dynamischen               mittels betrieblicher Anwendungssysteme so-
                                   Einflussgrößen sowie einer systemimmanenten                wie die Prinzipien und Methoden der Planung,
                                   Komplexität ergeben. Folglich zeichnet sich ein            Steuerung und Kontrolle.
                                   erfolgreiches Produktionsmanagement durch
                                   den intelligenten Umgang mit Komplexität                   Um die aktuellen Herausforderungen produzie-
                                   aus – der Produktionsmanager von heute ist                 render Unternehmen – insbesondere auch im
                                   Experte im Komplexitätsmanagement.                         Kontext des Zukunftsprojekts „Industrie 4.0“
                                                                                              – zukünftig noch zielgerichteter zu adressieren,
                                          »Komplexitätsbeherrschung                           hat der FIR-Bereich Produktionsmanagement
                                             ist die Grundlage eines                          im ve rgang e n e n J ahr e in e t h e mat is ch e
                                          erfolgreichen Managements                           Neuausrichtung der Bereichsthemen vorge-
                                         produzierender Unternehmen«                          nommen und diese um neue Aufgabeninhalte
                                                                                              ergänzt.
                                   Vor diesem Hintergrund hat sich der FIR-
                                   Bereich Produktionsmanagement die                            »Die Neuausrichtung des FIR-Bereichs
                                   Beherrschung logistischer Komplexität zur                   erlaubt es, die Herausforderungen pro-
                                   Ker nau fgab e g ema cht. I m R ahm en d er                 duzierender Unternehmen noch zielge-
                                   Konsortialforschung entwickelt der FIR-Bereich                     richteter zu adressieren«
                                   gemeinsam mit Industriepartnern innovative
                                   Ansätze zur Komplexitätsbeherrschung, wel-                 Den Schwerpunkt des FIR-Bereichs bilden drei
                                   che die Entscheider in Unternehmen dazu                    Themenfelder, die die Problemstellungen pro-
                                   befähigen sollen, den Überblick in komplexen               duzierender Unternehmen, sowohl inner- als
                                   Situationen zu behalten und auf Grundlage                  auch überbetrieblich, beinhalten (siehe Bild 1,
                                   bereitgestellter Informationen bestmögliche                S. 7).
                                   logistische Entscheidungen zu treffen. Die
                                   eingeset z te Forschungsmethodik beruht                    Im Themenfeld „Supply-Chain-Management“
                                   hierbei je nach Problemstellung auf unter-                 b e fa s s e n w ir uns mi t L ö sung s ans ät ze n
                                   schiedlichen Ansätzen – situativen Ansätzen,               zur s trategiekonformen Ges t altung von
                                   systemorientierten Ansätzen, entscheidungs-                Wertschöpfungsnetzwerken unter Berück-
                                   orientier ten Ansätzen und Ansätzen des                    sichtigung von SCM - Konzepten und
                                   Scientific-Managements. Für die zielgerechte               Kollaborationsaspekten. Unser Leistungs-
                                   Gestaltung und Entwicklung der betrieblichen               spektrum umfasst hierbei die überbetrieb-
                                   Planungs- und Steuerungssysteme nut z t                    liche Planung und Steuerung pro duzie -
                                   der FIR- Bereich Produktionsmanagement                     render Unternehmen. Hierzu gehören ins-

 6    Unternehmen der Zukunft 1/2014
UdZ

besondere die langfristige Planung und             bei der Auswahl und Optimierung von ERP-                      Bild 1:
Auslegung von Beschaffungs-, Produktions-          Systemlösungen.                                               Expertise des FIR-Bereichs
und Distributionsnetzwerkstrukturen sowie die                                                                    Produktionsmanagement
Optimierung von Transport-, Umschlags- und         D i e P lanungs vo rgab en bild en d en Aus -
Lagerkonzepten. Weiterhin widmen wir uns           g a n g s p u nk t fü r d i e o p e ra t i v e n Ste u e r-
hier intensiv dem Themenfeld der sogenannten       ungsaufgaben eines Unternehmens. Mit dem
Supply-Chain-Collaboration und entwickeln in       Themenfeld „Produktionsregelung“ setzen
diesem Kontext effektive Werkzeuge zur unter-      wir dort an und ergänzen die planerischen
nehmensübergreifenden Koordination im Sinne        Aufgabeninhalte des Produktionsmanagements
der kollaborativen Planung sowie des Störungs-     um wertstromorientierte Methoden, die sich
und Risikomanagements. Wir verfügen über           den Prinzipien der Regelungstechnik und des
umfangreiche Kompetenz in der Auswahl von          Lean-Managements bedienen und diese lö-
SCM- und APS-Systemen.                             sungsorientiert miteinander verknüpfen. Vor
                                                   diesem Hintergrund entwickeln wir innovative,
Die logistischen Herausforderungen produ-          echtzeitfähige Regelungssysteme, welche eine
zierender Unternehmen im innerbetrieblichen        Abkehr von der klassischen (häufig ineffizi-
Aufgabenkontext werden umfassend in den            enten) mittelwertbasierten Planung ermög-
beiden anderen Themenfeldern „Produktions-         lichen. Die Prozesskoordination und -kosten-
planung“ und „Produktionsregelung“ be-             rechnung mittels logistischer Kennzahlen
handelt und er for scht. So liegt der Be -         ist ein weiterer Schwerpunkt. Unsere IT-
trachtungsbereich in der Produktionsplanung        Kompetenz rundet dieses Themenfeld ab und
in der taktischen Auslegung des Produktions-       umfasst sämtliche Fragestellungen rund um
managementsystems.                                 die Optimierung und die Auswahl betrieblicher
                                                   MES-Systeme.
Hier entwickeln wir neue Ansätze des Operations-
Managements mit den Schwerpunkten Ge-              Ergänzt wird das Leistungsspektrum des
schäfts- und Auftragsabwicklungsprozesse,          FIR-Bereichs Produktionsmanagement durch
Sales- and Operations-Planning, Disposition        das Competence - Center Logistik. Dieses
und Working-Capital-Management und gestal-         (siehe S. 55 ) bündelt die gesamte logi-
ten damit die planerischen Grundlagen und mit-     stische Expertise des Instituts im Rahmen der
telfristigen Vorgaben für die Ausführungsebene     Auftragsforschung. Unternehmen, die sich mit
eines Unternehmens. Mit dem Themenfeld             logistischen Herausforderungen unterschied-
„Produktionsplanung“ verfügen wir über             lichster Art konfrontiert sehen, können sich an
langjähriges Er fahrungs- und Fachwissen           das Competence-Center wenden und erhalten

                                                                                                             Unternehmen der Zukunft 1/2014   7
UdZ     FIR-Forschungsprojekte

                                    unternehmensindividuelle Unterstützung und            Die größte Veranstaltung in diesem Zu-
                                    Lösungen.                                             sammenhang sind die jährlich seit 21 Jahren
                                                                                          stattfindenden Aachener ERP-Tage (siehe
                                        »Das Competence-Center Logistik und               S. 69), welche auch im vergangenen Jahr von
                                         das ERP-Innovation-Lab stellen eine              zahlreichen Fachexperten besucht wurden.
                                            hervorragende Ergänzung des                   Der Wissenstransfer wird zudem in Form der
                                         Leistungsspektrums des FIR-Bereichs              Erwachsenenbildung forciert. Neben dem
                                            Produktionsmanagement dar«                    einwöchigen RW TH -Zer tifikatkurs „Chief
                                                                                          Logistics Manager“ (siehe S. 74f.) und den
                                    Unter dem Motto „lnvent the Future of Resource        mehrmals jährlich stattfindenden Kursen
                                    Planning“ können im Rahmen einer einzigartigen        „Dispositionsstrategien in der Praxis“ in
                                    Forschungs- und Demonstrationsinfrastruktur           Kooperation mit der Management Circle AG
                                    komplexe Fragestellungen des Produktions- und         wirkt der FIR-Bereich jedes Jahr maßgeblich
                                    Supply-Chain-Managements beantwortet und              an der Ausbildung von Führungskräften und
                                    Lösungsansätze (weiter-)entwickelt werden. So         Managern mit und verantwortet in diesem
                                    dient das ERP-Innovation-Lab (siehe S. 51ff.) als     Zusammenhang Fachmodule im Rahmen des
                                    Plattform für die experimentbasierte Forschung        „Executive MBA für Technologiemanager" der
                                    und als Dienstleistungsinfrastruktur für Industrie-   RWTH Aachen und der Fraunhofer Technology
                                    unternehmen, die an der Leistungssteigerung           Academy und des „ACIAS Entrepreneurships
                                    betrieblicher Anwendungssof t ware, der               MBA“ der Fachhochschule Aachen.
                                    Identifikation und Realisierung monetärer
                                    Einsparpotenziale sowie an neuartigen Weiter-
                                    bildungskonzepten von Fachexperten und
                                    Führungskräften interessiert sind.

                                    Der FIR- Bereich Produktionsmanagement
                                    gilt national wie international als kom -
                                    petenter Partner in der Produktions- und
                                    Logistikforschung. Der FIR-Bereich hat es sich
                                    zur Kernaufgabe gemacht, den aktiven Transfer
                                    seiner Themenkompetenz in die unternehme-
                                    rische Praxis zu fördern. Neben zahlreichen
                                    Veröffentlichungen in Fachzeitschriften or-           Dipl.-Wirt.-Ing. Niklas Hering
                                    ganisiert der FIR-Bereich deshalb mehrere             FIR, Bereichsleiter Produktionsmanagement
                                    Veranstaltungsformate, die sich an die verschie-      Tel.: +49 241 47705-402
                                    denen Kundengruppen richten.                          E-Mail: Niklas.Hering@fir.rwth-aachen.de

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 8     Unternehmen der Zukunft 1/2014
FIR-Forschungsprojekte       UdZ

Smart.NRW
Verbesserte Transparenz und Planungsgenauigkeit durch Erhöhung der
Informationsdichte und -qualität

Als hochvolatile Branche mit hoher Produktvielfalt, starkem Wettbewerb und großem Kostendruck
bietet die Konsumgüterbranche ein sinnvolles Umfeld für den Einsatz von Radiofrequenzidentifikation      Projekttitel
(RFID). Im Projekt Smart.NRW wird erforscht, wie diesen Herausforderungen durch den Einsatz              Smart.NRW
von RFID-Tags auf Umverpackungsebene (sogenanntem Case-Level-Tagging) begegnet werden
kann. Dafür wurden in einer realen Lieferkette aus fünf Unternehmen Lesepunkte aufgebaut, mit            Projekt-/
denen die Warenbewegungen der einzelnen Verpackungen genau verfolgt werden können. Ziel                  Forschungsträger
des Vorhabens ist es, den Unternehmen Informationen über Warenflüsse und -bestände für ihre              MWEBWV NRW
Planungs- und Steuerungsprozesse zur Verfügung zu stellen. So können Planungsprozesse optimiert,
Warenbestände verringert sowie die Leistungsfähigkeit und die Transparenz von FMCG(fast moving           Förderkennzeichen
sonsumes goods)-Supply-Chains erhöht werden.                                                             LOG2037

Radiofrequenzidentifikation (RFID) gilt als          hohen Hardware- und Systemkosten stellt ein         Projektpartner
Schlüsseltechnologie zur Erhöhung der Infor-         Roll-out im gesamten Wertschöpfungsnetzwerk         ESM GmbH & Co.KG;
mationsdichte innerhalb logistischer Netzwerke.      für alle beteiligten Unternehmen eine stra-         European EPC
Durch das Aufbringen von RFID -Tags auf              tegische Entscheidung dar, die einer validen        Competence Center
Ladungsträger können logistische Objekte             Grundlage bedarf.                                   GmbH; Mars GmbH;
kontaktlos durch Leseeinheiten identifiziert                                                             METRO SYSTEMS
werden. Dadurch können sich bereits erheb-           Im Forschungsprojekt Smart.NRW soll daher           GmbH; METRO Cash
liche Effizienzsteigerungen ergeben, da bei-         der Einsatz von RFID auf Umverpackungsebene         & Carry Deutschland
spielsweise Prozesszeiten verkürzt und Fehler        innerhalb einer FMCG(Fast-Moving-Consumer-          GmbH; Mondi Bad
vermieden werden können. Aktuell wird RFID           Goods) -Supply-Chain erprobt werden, die sich       Rappenau GmbH;
allerdings zumeist nur zur Identifizierung von       von der Herstellung der Umverpackung über die       ELCON Solution Oy
Paletten genutzt. Einzelne Verkaufseinheiten         Produktherstellung und die Kommissionierung
werden dagegen in der Regel nicht mit RFID-          beim Logistikdienstleister bis zum Großmarkt        Ansprechpartner
Tags versehen. Damit herrscht auch keine             erstreckt (siehe Bild 1). Das Vorhaben zielt        Dipl.-Inform.
Transparenz über deren Warenbewegung. Um             auf die Einbringung von Informationen in die        Christian Hocken
hochaufgelöste Informationen entlang der ge-         Planungs- und Steuerungsprozesse der Supply-
samten Lieferkette zu erhalten, muss RFID daher      Chain-Partner ab. Als gemeinsame Zielgröße          Internet
auch auf Einzelverpackungsebene angewendet           hat sich das Konsortium die Reduktion der           www.smartnrw-
werden können. Hierdurch lassen sich Produkte        Bestände in der Supply-Chain bei gleichzei-         projekt.de
über den Prozessschritt der Kommissionierung         tiger Erhöhung der Warenverfügbarkeit für
hinaus bis zur Bereitstellung und dem Verkauf        den Endkunden gesetzt. Zwei Feldversuche,
der Ware im Markt nachverfolgen. Bestände und        die mit RFID-getaggter Ware in der normalen
Durchlaufzeiten können lückenlos erfasst und         Supply-Chain durchgeführt werden, dienen
weitere Potenziale, beispielsweise für logistische   der Validierung der Ergebnisse unter realen
Kooperationen, gehoben werden. Aufgrund der          Bedingungen.

                                                                                                            Bild 1:
                                                                                                            Konsortialstruktur
                                                                                                            von Smart.NRW
                                                                                                            und Aufbau des
                                                                                                            Feldversuchs

                                                                                                  Unternehmen der Zukunft 1/2014   9
UdZ     FIR-Forschungsprojekte

      Bild 2:                       Das Projek t glied er t sich in drei große       Für den aktuell laufenden zweiten Feldversuch
      Tracking & Tracing mit        Arbeitspakete: Im ersten Arbeitspaket soll ein   wurde eine Software entwickelt, welche die
      Case-Level-RFID-Tagging       Verfahren zur automatisierten, produktspe-       RFID-Daten mit Auftragsdaten und Daten aus
                                    zifischen Bestimmung des optimalen RFID-         betrieblichen Systemen zusammenführt und
                                    Transponders und dessen Position entwickelt      aufbereitet. Über eine Webplattform werden
                                    werden. Dieser sogenannte „Optimal-Tag-          die Informationen den Partnern zur Verfügung
                                    Type-and-Position-Evaluator“ (OT TP) wird        gestellt. Durch Verarbeiten der RFID-basierten
                                    vom European-EPC-Competence-Center in            Bewegungsdaten sowie weiterer Informationen
                                    Neuss entwickelt. Im zweiten Arbeitspaket        aus betrieblichen Systemen, beispielsweise
                                    wird ein Fertigungsverfahren erarbeitet, mit     zu Aufträgen, kann die Webplattform effek-
                                    dem Kartonagen für FMCG-Artikel bereits          tiv dazu dienen, die Planungsprozesse in der
                                    während der Kartonagenproduktion mit RFID-       Supply-Chain zu verbessern. Da die Daten
                                    Transpondern versehen werden können. Das         über den Warenfluss nun echtzeitnah zur
                                    dritte Arbeitspaket umfasst die Entwicklung      Verfügung stehen, können die Unternehmen
                                    und Erprobung neuer, echtzeitdatenbasier-        Planabweichungen in der Supply-Chain schnel-
                                    ter Methoden zur Planung und Steuerung in        ler erkennen und hierauf reagieren. So können
                                    der Supply-Chain. Sie sollen die Daten über      Konsumgüterproduzenten beispielsweise ein-
                                    den Warenfluss nutzen, die durch die RFID-       sehen, wie viele Einheiten eines bestimmten
                                    Implementierung neu verfügbar werden.            Artikels mit welcher Resthaltbarkeit in den
                                                                                     Märkten vorhanden sind und wie lange sie
                                    Entwicklung adaptiver Planungs- und              im Durchschnitt dort lagern. Hieraus können
                                    Steuerungsmechanismen                            sie Schlüsse hinsichtlich des Bedarfs ziehen.
                                                                                     Derartige Daten waren vorher nicht verfügbar
                                    Der erste Feldversuch, der von November          oder mussten aufwendig, etwa durch Umfragen,
                                    2012 bis Ende Februar 2013 stattfand, diente     erhoben werden.
                                    vor allem der Verifikation der Ergebnisse der
                                    Arbeitspakete zum Tagging-Verfahren und zum      Um mögliche Ansatzpunkte zur Verbesserung
                                    OTTP. Dafür wurden an verschiedenen Stellen      der Planungsprozesse in der Supply-Chain
                                    entlang der Lieferkette RFID-Lesegates und       zu identifizieren, wurde zunächst eine um-
                                    -Handgeräte installiert (siehe Bild 2).          fassende Analyse der Ist- Prozesse in der

10     Unternehmen der Zukunft 1/2014
FIR-Forschungsprojekte       UdZ

Supply-Chain durchgeführt und in sogenann-             anderen aber auch die Kundenzufriedenheit und
ten Planungs- und Steuerungslandkar ten                das Markenimage gesteigert werden können.
sowie einer Informationsstrukturanalyse do-
kumentiert. Die identifizierten potenziellen           Erkenntnisse und Herausforderungen
Einsatzfelder für die RFID-Informationen lassen
sich in die zwei Teilfelder Planungsprozesse           Auf der Basis von Daten aus dem ersten Feldversuch
und Operative Prozesse unterteilen. Im Bereich         sowie von Prognosen über den Abverkauf wurde
der Planungsprozesse finden sich primär                ein Business-Case berechnet. Deutlich wurde,
Maßnahmen, die zur Verminderung des so-                dass der zentrale Hebel für einen wirtschaftlich
genannten Bullwhip-Effekts beitragen sollen.           vorteilhaften Einsatz von RFID im FMCG-Bereich
So wird beispielsweise durch den Einsatz von           in der Durchdringung des Produktspektrums
RFID auf Umverpackungen möglich, auch                  mit RFID-getaggter Ware liegt, damit sich die
Promotionsware zu identifizieren, die mit der          Investitionskosten und die laufenden Kosten amorti-
gleichen Artikelnummer wie reguläre Ware               sieren. Jedoch kann sich eine RFID-Implementierung
ausgestattet ist. Das ermöglicht es Unternehmen        auch schon bei einem geringen Durchdringungsgrad
beispielsweise, die Verkaufssteigerung durch die       lohnen, denn durch RFID getaggte Waren können
Promotionen oder durch Zweitplatzierungen              Verderb und Schwund reduziert werden. Die
auszuwerten. Weiterhin kann der Lieferant              Investitionskosten für RFID können sich in bestimm-
erkennen, welcher Bestand an Promotionsware            ten Fällen bereits hierdurch amortisieren.
noch vorhanden ist und wann voraussichtlich
wieder reguläre Ware bestellt werden wird.             Neben der Durchdringung mit getaggter Ware
                                                       gibt es auch eine Untergrenze für den Waren-
Dem Bereich der Prozessverbesserungen ist              wert, ab der RFID-Tagging sinnvoll ist. Nimmt
z. B. die erleichterte Rückverfolgbarkeit von Ware,    man beispielsweise an, dass die Kosten für den
sogenanntes Tracking & Tracing, zuzuordnen: Da         Tag allein durch den Mehrverkauf an Ware
der Aufenthaltsort jedes einzelnen Kartons in der      aufgrund höherer Warenverfügbarkeit gedeckt
Supply-Chain jederzeit bekannt ist, können bei-        werden sollen und dass durch RFID-Tagging von
spielsweise Rückrufaktionen effizienter durchge-       Waren auf Umverpackungsebene das Auftreten
führt werden. Gerade bei Lebensmitteln mit ih-         von Schwund und Verderb jeweils um 50 Prozent
ren Anforderungen zur Produktsicherheit ist die-       gemindert wird, ergibt sich, dass bei ca. 0,1 Euro
se Einzelidentifizierbarkeit von Verkaufseinheiten     je Tag ein Mindestgewinn von ca. 3,5 Euro über
ein großer Mehrwert. Da durch eine RFID-               die Supply-Chain erreicht werden muss (Addition
basierte Erfassung des Bestands in der Griffzone       der Gewinne je Stück aller Unternehmen in
automatisiert Nachbefüllungen derselben                der Supply-Chain). Weitere Erkenntnisse wer-
ausgelöst werden können, kann außerdem die             den im laufenden Projekt und im aktuellen
Warenverfügbarkeit gesteigert werden. Der              Feldversuch erwartet, bei dem die Ergebnisse zur
Kunde steht damit seltener vor einem leeren            Verbesserung der Effizienz der Supply-Chain im
Regal, wodurch zum einen die Abverkäufe, zum           Mittelpunkt stehen.

               Dipl.-Wirt.-Ing. Kerem Oflazgil (li.)   Dipl.-Wirtsch.-Ing. Jacob Andreae (2. v. re.)
         FIR, Bereich Produktionsmanagement            Ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter
                Fachgruppe Produktionsregelung         im Bereich Produktionsmanagement
                       Tel.: +49 241 47705-432         am FIR bis April 2014
     E-Mail: Kerem.Oflazgil@fir.rwth-aachen.de
                                                       Dipl.-Wi.-Ing. Theo Lutz (re.)
          Dipl.-Inform. Christian Hocken (2. v. li.)   Ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter
         FIR, Bereich Informationsmanagement           im Bereich Informationsmanagement
Fachgruppe Informationstechnologiemanagement           am FIR bis Mai 2014
                        Tel.: +49 241 47705-503
  E-Mail: Christian.Hocken@fir.rwth-aachen.de

                                                                                                         Unternehmen der Zukunft 1/2014   11
UdZ    FIR-Forschungsprojekte

                                   EUMONIS: Integrativer Ansatz zur Optimierung der
                                   regenerativen Energieerzeugung
                                   Durch einen integrativen Ansatz sind erstmals sämtliche Dienstleister
                                   regenerativer Energieerzeugung über eine Plattform vernetzt
                                   Im Rahmen der Leitinnovation „EUMONIS“ werden Dienstleistungs- und Kooperationskonzepte
       Projekttitel                für den zukünftigen Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien gestaltet
       EUMONIS                     und realisiert. Der innovative und ganzheitliche Ansatz, in dem erstmals in diesem Zusammenhang
                                   die drei Bereiche der Wind-, Solar- und Bioenergie integrativ berücksichtigt werden, ermögli-
       Projekt-/                   cht einen großen Schritt in Richtung der „Energieerzeugungsfabrik der Zukunft“. Im Rahmen
       Forschungsträger            der Projektarbeiten konzentriert sich das FIR zurzeit auf die Gestaltung eines geeigneten
       BMBF; DLR                   Geschäftsmodells für die Plattform, um eine nachhaltige dauerhafte Nutzung sicherzustellen.
                                   Außerdem müssen die Ergebnisse des Forschungsprojekts in Form von Standards für die Wirtschaft
       Förderkennzeichen           nutzbar gemacht werden, weshalb sich das FIR an der Erarbeitung und Veröffentlichung von DIN
       01IS10033C                  SPECs, beispielsweise zur Klassifikation von Dienstleistungen im Bereich der erneuerbaren Energien,
                                   beteiligt. Das Forschungsprojekt EUMONIS mit dem Förderkennzeichen 01|S10033C wird durch
       Projektpartner              das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
       Siemens AG; PSIPENTA
       Software Systems            Zielsetzung des Projekts                               die Darstellung der Dienstleistungsportfolios der am
       AG; SKF Maintenance                                                                Markt agierenden Anbieter starke Unterschiede
       Services GmbH; psm          Im vom BMBF geförderten Projekt „EUMONIS“ wird         aufweist. Es fehlt ein einheitliches Vorgehen zur
       Nature Power Service &      eine hersteller- und systemübergreifende Plattform     Beschreibung und Einordnung der angebotenen
       Management GmbH &           entwickelt, die eine zentrale Überwachung aller        Dienstleistungen. Die objektive Vergleichbarkeit
       Co. KG; bse engineering     Komponenten in den Anlagen ermöglicht und              verschiedener Dienstleistungserbringer wird dem
       Leipzig GmbH; Institut      den Einsatz aller Beteiligten im Fall von Wartungs-    Dienstleistungsnehmer auf diese Weise deutlich er-
       für Angewandte              und Störungsfällen koordiniert, strukturiert und       schwert oder verhindert. Ineffizienzen in Prozessen
       Informatik e. V. an der     optimiert (siehe Bild 1, S. 13). Dieser Ansatz         der Angebotserstellung, Abrechnung oder
       Universität Leipzig;        spiegelt sich auch in der Zusammensetzung des          Auswertung sind daher konkrete Auswirkungen.
       Institut für Informatik     Konsortiums wider, in dem durch das Engagement         Hierbei kommt es immer wieder zu unnötigen
       Abt. Betriebliche           von Komponentenlieferanten, Anlagenherstellern         Rückfragen oder Abstimmungsproblemen. An
       Informationssysteme;        und Energieparkbetreibern verschiedene Stufen          dieser Stelle setzt die DIN SPEC 91310 „Klassifikation
       UV Sachensen GmbH;          des Wertschöpfungsnetzwerks abgebildet                 von Dienstleistungen für die Instandhaltung und
       Provedo GmbH;               sind. Über die Plattform kann sowohl die Be-           technische Betriebsführung von Erneuerbare-
       EnergieCity Leipzig         triebsführung als auch die Instandhaltung, z. B.       Energie-Anlagen“ an. Ziel ist die Beschreibung
       GmbH; TIQ Solutions         einer Bioenergieanlage, von den Herstellern und        eines hierarchischen Klassifikationsschemas.
       GmbH                        Zulieferern anhand entsprechender Schnittstellen       Hierzu werden Dienstleistungen in einen logischen
                                   verwaltet und anschließend mittels einer grafischen    und strukturellen Zusammenhang gebracht. Die
       Ansprechpartner             Benutzeroberfläche von dem Betreiber überwacht         Einordnung erfolgt danach auf verschiedenen
       Dipl.-Wirt.-Ing. Boris      werden. Neben der integrierten Entwicklung             Gliederungsebenen. Zusätzlich müssen die einge-
       Ansorge                     der IT-Plattform wird im Projekt ein branchen-         ordneten Dienstleistungen so definiert werden, dass
                                   spezifisches Geschäftsmodell für die Plattform         ein allgemeingültiges Verständnis über die Inhalte der
       Internet                    erarbeitet, das die Zusammenarbeit der vernetzten      Dienstleistungen herrscht. Mit diesen Ergebnissen
       www.eumonis.org             Unternehmen regelt, die Aufgaben und Ressourcen        wird die Grundlage für eine eindeutige Klassifikation
                                   koordiniert und so zu einer Win-win-Situation für      und Beschreibung von Dienstleistungen ge-
                                   alle Beteiligten führt. Außerdem werden durch das      setzt, die auch die Basis für eine Vereinfachung
                                   Projekt Ansätze für branchentaugliche Standards als    der Interaktionen mit Dienstleistungen bil-
                                   Ergebnis erwartet, welche den Transfer und die zu-     det. Mögliche Anwendungsgebiete für eine
                                   künftige Nutzung der Ergebnisse vereinfachen. Zu       Dienstleistungsklassifikation ergeben sich bei
                                   diesem Zweck ist das Deutsche Institut für Normung     der Beschreibung von Dienstleistungen im
                                   (DIN) in das Projekt eingebunden.                      Zusammenhang mit erneuerbaren Energien in
                                                                                          Ausschreibungen, Angeboten und Verträgen. Die
                                   Erstellung einer DIN SPEC zur Klassifikation           DIN SPEC kann darüber hinaus bei der Entwicklung
                                   von Dienstleistungen                                   von Dienstleistungen und Dienstleistungsportfolien
                                                                                          angewendet werden. In dieser werden die
                                   Die Anzahl wissenschaftlicher Publikationen            Bereiche „Technische Betriebsführung“ und „In-
                                   zu dem hier beschriebenen Thema der Dienst-            standhaltung“ behandelt. Die Sicherstellung des
                                   leistungen für regenerative Energien hält sich         optimalen oder gewünschten Betriebs der Anlage
                                   bisher in Grenzen. Insbesondere fehlen spezifische     sowie die Übernahme diverser Aufgaben der
                                   Klassifikationsansätze für Dienstleistungen sogar in   Steuerung, Überwachung und Organisation wer-
                                   Gänze. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass     den durch die technische Betriebsführung erfüllt.

12    Unternehmen der Zukunft 1/2014
FIR-Forschungsprojekte       UdZ

Die Instandhaltung wird im Kontext der Anlagen
für erneuerbare Energien (EE-Anlage) als die
Durchführung diverser Maßnahmen zur Erhaltung
oder Wiederherstellung eines funktionsfähigen
Zustands in der Nutzungsphase definiert. Diese
EE-Anlagen werden häufig ohne Vor-Ort-Personal
betrieben, was einen gesteigerten Bedarf an
Dienstleistungen externer Anbieter zur Folge hat. Die
Dienstleistungen der technischen Betriebsführung
werden den Bereichen Anlagenmanagement,
Anlagenüberwachung und -steuerung und Daten-
und Informationsmanagement zugeordnet. In der
Instandhaltung erfolgt die Gliederung anhand der
bereits existierenden normativen Vorgehensweise
in Inspektion, Wartung, Instandsetzung und
Verbesserung.

Nachhaltige Realisierung von Potenzialen
durch Geschäftsmodelle                                    nen, recherchiert und zu Dienstleistungspaketen        Bild 1:
                                                          gebündelt. Um einen Abgleich der Dienst-               EUMONIS-Systemlandschaft
Eine dauerhafte und nachhaltige Nutzung der im            leistungspakete mit den im Vorfeld definierten
Forschungsprojekt entwickelten Plattform lässt            Anwendungsfällen zu erzielen, wurden die daraus
sich nur durch die Entwicklung eines kommerzia-           abgeleiteten Zielfunktionen in den jeweiligen
lisierbaren Geschäftsmodells sicherstellen. Hierbei       Dienstleistungen verortet. Daraus wurde ersicht-
liegt die vorrangige Zielsetzung im wirtschaftli-         lich, dass teilweise mehrere Dienstleistungspakete
chen Betrieb der Plattform. Das Geschäftsmodell           notwendig sind, um eine Zielfunktion zu erfüllen.
besteht im Allgemeinen aus vier Teilmodellen für          Basierend auf einer Risiko-Nutzen-Bewertung
das Leistungsangebot, die Leistungserstellung,            sowie der Zuordnung der Zielfunktionen aus den
die Ertragsstruktur sowie die Vermarktung.                Anwendungsfällen, konnte eine Priorisierung der
Im ersten Schritt müssen zur Gestaltung des               zu entwickelnden Dienstleistungen ermittelt und
Leistungsangebots die für die EUMONIS-Plattform           damit eine Grundlage für das Leistungsangebot
relevanten Dienstleistungen identifiziert und             der EUMONIS-Plattform geschaffen werden.
entwickelt werden. Hierzu wurden im Rahmen
von Anwenderkreistreffen alle Betreiberpflichten          Ausblick
nach normativen/juristischen,technischen und
kaufmännischen Gesichtspunkten über den ge-               Die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells bein-
samten Lebenszyklus einer EE-Anlage dokumen-              haltet in den nächsten Schritten insbesondere die
tiert. Korrespondierend mit den identifizierten           Entwicklung und Strukturierung einer geeigneten
Betreiberpflichten, wurden im nächsten Schritt            Ertragsstruktur sowie die Durchführung einer
potenzielle IT-Funktionalitäten, die über die             Investitionsbedarfsanalyse zu Aufbau und Betrieb
EUMONIS-Plattform angeboten werden kön-                   der EUMONIS-Plattform.

                Dipl.-Wi.-Ing. Michael Schenk (li.)       Dipl.-Wirt.-Ing. Philipp Jussen (2. v. re.)
          FIR, Bereich Produktionsmanagement              FIR, Bereich Dienstleistungsmanagement
       Fachgruppenleiter Produktionsregelung              Leiter Fachgruppe Lean Services
                       Tel.: +49 241 47705-421            Tel.: +49 241 47705-228
    E-Mail: Michael.Schenk@fir.rwth-aachen.de             E-Mail: Philipp.Jussen@fir.rwth-aachen.de

         Dipl.-Wirt.-Ing. Christian Starick (2. v. li.)   Dipl.-Wirt.-Ing. Boris Ansorge (re.)
          FIR, Bereich Produktionsmanagement              FIR, Bereich Dienstleistungsmanagement
      Fachgruppe Supply-Chain-Management                  Leiter Fachgruppe Service-Engineering
                        Tel.: +49 241 47705-433           Tel.: +49 241 47705-238
   E-Mail: Christian.Starick@fir.rwth-aachen.de           E-Mail: Boris.Ansorge@fir.rwth-aachen.de

                                                                                                           Unternehmen der Zukunft 1/2014   13
UdZ    FIR-Forschungsprojekte

                                   Eco2Production: Ecological and Economical Production
                                   Steigerung der Energieeffizienz in produzierenden Unternehmen

                                   Das Forschungsprojekt Eco2Produc tion hat als Nachfolgeprojekt von eco2- cut
      Projekttitel                 (Cornet-Projekt, Förderkennzeichen 38 EBG) zum Ziel, Modelle, Methoden und
      Eco2Production               Tools zur Steigerung der Produktivität und der Energieeffizienz in produzierenden
                                   Unternehmen zu entwickeln. Dabei wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, der
      Projekt-/                    die Überwachung und Identifizierung der Energieverbraucher im Unternehmen
      Forschungsträger             sowie die Optimierung des Energieverbrauchs vorsieht. Wesentliche Bestandteile
      BMWi; AiF                    des Projek t s sind die Konzeption und Ins tallation eines ereignisorientier ten
                                   Energiemonitoring-Systems, die Erstellung eines Maschinen- /Prozessbenchmarkings,
      Förderkennzeichen            die Simulation und Optimierung der Produktionsplanung unter Gesichtspunkten der
      93 EN                        Energieeffizienz sowie die Implementierung eines Energiemanagements. Das IGF-
                                   Vorhaben (93 EN) der Forschungsvereinigung FIR e. V. an der RWTH Aachen wird
      Projektpartner               über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemein-
      Daubner Consulting           schaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund
      GmbH; ecoplus.               eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
      Niederösterreichs
      Wirtschaftsagentur           Das Energiekonzept 2050 der Bundesregierung       Entwicklung von Modellen, Methoden und
      GmbH; Institut für           sieht eine komplet te Umges t altung der          Tools zur Steigerung der Energieeffizienz in
      Fertigungstechnik und        deutschen Energieversorgung vor, mit dem          produzierenden Unternehmen, was direkte
      Hochleistungslaser-          Ziel, eine der umwelt schonendsten und            Auswirkungen auf die Produktivität hat. Das
      technik IFT                  energieeffizientesten Volkswirtschaften zu        Projekt wird in einem österreichisch-deutschen
                                   werden. Bis zum Jahre 2020 soll der Anteil        Konsortium bearbeitet, dem neben dem FIR das
      Ansprechpartner              der erneuerbaren Energieträger auf bis zu 35      Institut für Fertigungstechnik der Technischen
      Dipl.-Wirt.-Ing. Niklas      Prozent gesteigert werden [1]. Charakteristisch   Universität Wien als wissenschaftlicher Partner
      Hering                       für diese erneuerbaren Kraftwerkstypen sind       angehört.
                                   eine geringe Flexibilität sowie eine volatile
      Internet                     Erzeugungsleistung. Der Anteil der Nachfrage      Als Ant wor t auf die genannten Heraus-
      forschungsprojekte.          an Energie, der nicht durch erneuerbare           forderungen hat sich das FIR als Teilziel im
      fir.de                       Energien abgedeckt wird, wird als Residuallast    Projekt die Modellierung einer echtzeitfähigen,
                                   bezeichnet. Durch den parallelen Abbau konven-    energieeffizienten Produktionsplanung und
                                   tioneller und regelbarer Kraftwerkskapazitäten    -regelung gesetzt. Dabei wird auf die Analogie
                                   wie Kern- und Kohlekraftwerken ist damit          eines Produktionssystems zum menschli-
                                   die Versorgungssicherheit in Deutschland          chen Organismus zurückgegriffen, der als
                                   zunehmend in Gefahr. Damit ist nicht mehr         Paradebeispiel für die Anpassung an sich dyna-
                                   die Spitzenlast die größte Herausforderung,       misch ändernde Umweltbedingungen angese-
                                   sondern ein Ungleichgewicht von Nachfrage         hen werden kann. In der Managementkybernetik
                                   und Angebot fluktuierender, erneuerbarer          gilt der menschliche Organismus, der sich in
                                   Energien. Diese können, anders als Lastspitzen,   seiner Entwicklung als eines der zuverlässigsten
                                   jederzeit auftreten [2]. Unbestritten ist, dass   und anpassungsfähigsten “Systeme“ erwiesen
                                   die Energieverbraucher ebenfalls einen Beitrag    hat, als ideales Abbild einer funktionierenden,
                                   zum Gelingen der Energiewende leisten müs-        komplexen Organisation.
                                   sen. Auf die Industrie in Deutschland entfällt
                                   ca. 1/3 des Primärenergiebedarfs, somit bietet    Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die idealty-
                                   sich hier großes Potenzial für Maßnahmen zur      pische Steuerung des menschlichen Organismus
                                   Energieeffizienzsteigerung. Im Bereich der        ist sowohl die Existenz reflexartiger als auch
                                   energieintensiven Produktion gibt es bereits      bewusster Koordinationsmechanismen der
                                   technische Lösungen, welche unter dem Begriff     unter schiedlichen Organe, Muskeln und
                                   des L astmanagement s zusammengefasst             Nervenstränge. Der Mensch reagiert somit dif-
                                   werden können. Vielfach nutzen industrielle       ferenziert nach Art der Einwirkung z. B. reflexar-
                                   Verbraucher jedoch ihr Flexibilitätspotenzial     tig auf Hitze oder bewusst durch das Treffen ei-
                                   nicht aus, was vorrangig wirtschaftliche Gründe   ner Entscheidung. Für beide Arten der Reaktion
                                   hat. So ist der Anteil der Energiekosten im       auf dynamische Umweltbedingungen stehen
                                   produzierenden Gewerbe mit ca. 3,3 Prozent        dem zentralen Nervensystem alle relevanten
                                   (Stand 2005) immer noch verschwindend             Informationen über biomechanische oder elek-
                                   gering [3].                                       trische Impulse in Echtzeit zur Verfügung. Der
                                                                                     Mensch passt sich also an Veränderungen an
                                   Vor diesem Hintergrund besteht die Zielsetzung    oder antizipiert Anpassungsnotwendigkeit, da
                                   des Forschungsprojekts Eco2Production in der      ihm ein vielfältiges Repertoire an Handlungen

14    Unternehmen der Zukunft 1/2014
FIR-Forschungsprojekte       UdZ

                                                                                                                Bild 1:
                                                                                                                Kaskadiertes Regelkreis-
                                                                                                                modell für energie-
                                                                                                                effiziente Produktions-
                                                                                                                planung und -regelung

zur Verfügung steht und er somit in der                   größen, welche im energieef fizienten
Lage ist, die adäquate Aktion oder Reaktion               Produktionssystem definiert sind (beispiels-
b ew us s t o d er unb ew us s t auf Basis von            weise Ist-Durchlaufzeit, Ist-Termintreue oder
Echtzeitinformationen auszuüben. Eine ener-               Ist-Energieeffizienz). Auf das Erkennen rele-
gieeffiziente Produktionsplanung und -rege-               vanter Informationen, welche als Ereignisse in-
lung muss daher technisch als ein kaskadiertes            terpretiert werden, folgt die Analyse dieser. Die
Regelkreismodell ausgelegt werden (siehe                  Ereignisverarbeitung erfolgt mit Techniken des
Bild 1) [4].                                              Complex-Event-Processings. Maßgebend hier-
                                                          für ist die formale Beschreibung von relevanten
Das Regelkreismodell sieht vor, dass einer                Ereignissen und den darauf aufbauenden
Prozessleitung bzw. dem Prozessregelzentrum               Mustern und Regeln in einem Ereignismodell.
(z. B. dem Produktionsplaner) Soll-Betriebs-              Innerhalb des Modells einer energieeffizi-
punkte, Prioritäten, Soll- Energieeffizienz               enten Produktionsplanung und -regelung
etc. vorgegeben werden. Dort werden ba-                   erfolgt die Definition der Energieeffizienz
sierend auf diesen Vorgaben beispielweise                 als produktionslogistische Zielgröße. Damit
Programme, Pläne, Reihenfolgen erarbeitet,                g eht die simulative und e x p erim entelle
welche anschließend in die Fertigung überge-              Identifikation der Wechselwirkung mit beste-
ben werden. Hier wiederum ist ein Regelkreis,             henden produktionslogistischen Zielgrößen
bestehend aus dem Meister und einem Werker                einher – die Demonstrationsfabrik im Cluster
als Prozessregelzentrum, vorhanden, der die               Logistik dient hierbei als Experimentier- und
Pläne in eine Feinplanung überführt und diese             Simulationsumgebung. Ziel ist die Ableitung
an den Werker übergibt.                                   einer energieeffizienten Reihenfolgeplanung
                                                          unter Rückgriff auf Echtzeitdaten sowie die
Der elementarste Regelkreis wird vom Werker               Synchronisation von Energieangebot und
und der Maschine gebildet, an der die Aufträge            -nachfrage.
den Vorgaben entsprechend bearbeitet werden.
Die Rückmeldung von Echtzeitinformationen                 Literatur
über den Status des Prozesses in der Fertigung
erfolgt auf Basis von Sensordaten sowie Daten             [1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
aus der Maschinensteuerung, welche direkt im                  und Reaktorsicherheit (BMU): Neues Denken
Produktionsprozess abgegriffen werden. Hierzu                 - Neue Energie: Roadmap Energiepolitik
werden diverse Sensordaten nach entspre-                      2020, zuletzt geprüft am 22.10.2012.
chenden Mustern gefiltert und zu semantisch               [2] Gottstein, M.; Skillings, S.: Kapazitäts-
reichhaltigen, komplexen Ereignissen aggre-                   mechanismen im Kontext der Energie-
giert. Dabei werden die einfachen Ereignisse                  wende. Über Kapazitätsmärkte hinaus
(Sensordaten) aggregiert, korreliert, abstra-                 denken : Flexibilität als Kernelement.
hiert, klassifiziert oder ggf. auch verworfen [5].            In: Kapazitätsmarkt oder strategische
                                                              Reserve: Was ist der nächste Schritt? Eine
D i e ko m p l e xe n Ere ignis s e au f o b e r s te r       Übersicht über die in der Diskussion be-
Aggregationsebene entsprechen den Regel-                      findlichen Modelle zur Gewährleistung der

                                                                                                          Unternehmen der Zukunft 1/2014   15
UdZ      FIR-Forschungsprojekte

                                             Versorgungssicherheit in Deutschland. Hrsg.:                         Produktionsplanung und -regelung. In:
                                             Agora Energiewende. 2013. S. 15 – 27.                                Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb
                                         [3] Roland Berger Strategy Consultants: Der                              (ZWF). 108 (2013) 10, S. 783-786.
                                             Beitrag des Maschinen- und Anlagenbaus                           [5] Bruns, Ralf; Dunkel, Jürgen: Event-Driven
                                             zur Energieeffizienz. Hg. v. VDMA, zuletzt                           Architecture. Softwarearchitektur für ereig-
                                             geprüft am 01.12.2012.                                               nisgesteuerte Geschäftsprozesse. Spriner,
                                         [4] H ering, N iklas ; Brandenburg, Ulrich ;                             Berlin [u. a.] 2010.
                                             K r o p p, S e b a s t i a n : En e r g i e e f f i z i e nt e

                                                            Dipl.-Wirt.-Ing. Niklas Hering (li.)              Dipl.-Ing. Sebastian Kropp (2. v. re.)
                                               FIR, Bereichsleiter Produktionsmanagement                      FIR, Bereich Informationsmanagement
                                                                   Tel.: +49 241 47705-402                    Fachgruppe Informationstechnologiemanagement
                                                 E-Mail: Niklas.Hering@fir.rwth-aachen.de                     Tel.: +49 241 47705-509
                                                                                                              E-Mail: Sebastian.Kropp@fir.rwth-aachen.de
                                               Dipl.-Wirt.-Ing. Ulrich Brandenburg (2. v. li.)
                                                    FIR, Bereich Produktionsmanagement                        Dipl.-Wi.-Ing. Matthias Hauser (re.)
                                                          Fachgruppe Produktionsplanung                       FIR, Bereich Informationsmanagement
                                                                 Tel.: +49 241 47705-436                      Fachgruppe Informationstechnologiemanagement
                                         E-Mail: Ulrich.Brandenburg@fir.rwth-aachen.de                        Tel.: +49 241 47705-517
                                                                                                              E-Mail: Matthias.Hauser@fir.rwth-aachen.de

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        FIR-Solution-Group – Kompetenznetzwerk aus Forschung und Praxis

      Das Kompetenznetzwerk
      Getragen durch zahlreiche herausragende Forschungs- und Projektergebnisse sowie Dissertationen, haben sich wiederholt
      Mitarbeiter des FIR erfolgreich selbständig gemacht. Das FIR unterstützt diese Aktivitäten auf mannigfal­tige Weise. Sie firmieren unter
      dem Titel „FIR-Solution-Group“ (FSG) und einige der Spin-offs sind sogar in direkter räumlicher Nähe des FIR angesiedelt.
      Der Zweck
      Die Spin-offs betreiben aus der Forschung und Entwicklung heraus unter dem Dach der FSG vernetzt partnerschaftlich und an-
      wenderorientiert Produktentwicklung, besetzen nachhaltig komplexe und heterogene Themenfelder und werden durch den
      Interessenverbund noch besser wahrgenommen. Ziel ist die gemeinsame Erschließung und Weiterentwicklung praxisrelevanter
      Themen, das gemeinsame nachhaltige Besetzen relevanter Felder und die Entwicklung vermarktungsfähiger Produkte (Methoden,
      Tools und Vorgehensweisen) aus FuE-Aktivitäten heraus.
      Die Partner
      Im Kompetenznetzwerk der FSG kooperieren neben dem FIR elf Partner miteinander: Abels & Kemmner Gesellschaft für
      Unternehmensberatung mbH, Herzogenrath; code4business Software GmbH, Aachen; Dr. Sander & Associates Software
      GmbH, Gladbeck; Ebcot GmbH, Aachen; GEBRA mbH, Aachen; Ingenieurbüro Richard Schieferdecker, Aachen; knapp:consult,
      Aachen; MUL Systems GmbH, Aachen; myOpenFactory eG, Aachen; OBS – Ingenieurgesellschaft für Betriebsorganisation
      und Systementwicklung mbH, Aachen; Trovarit AG, Aachen.
      Mehr Informationen unter: www.fir.rwth-aachen.de/ueber-uns/unser-netzwerk/fir-solution-group
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   16     Unternehmen der Zukunft 1/2014
FIR-Forschungsprojekte          UdZ

Sense & React: Entwicklung eines IT-Systems zur
nutzergerechten und situationsabhängigen
Bereitstellung von Produktionsinformationen
Intelligentes Management von Produktionsumgebungen durch den
Einsatz von fabrikweiten Sensornetzwerken und neuartigen Mess- und
Bewertungsverfahren

Die heutige Produktionsumgebung wird von einer Vielzahl im Parallelbetrieb befindlicher IKT
(Informations- und Kommunikationstechnik; engl.: ICTs, Information and Communication                          Projekttitel
Technologys) bestimmt. MES-, ERP- und BDE-Systeme, Sensoren, W-LAN und mobile Endgeräte er-                   Sense & React
zeugen eine unüberschaubare Menge von Informationen, die sowohl dem Produktionsmitarbeiter,
Büropersonal, Vertrieb, Management als auch weiteren Entitäten zur Verfügung gestellt wer-                    Projekt-/
den müssen. Diese Datenflut lässt sich nur schwer bündeln und adäquat auf den Endnutzer                       Forschungsträger
zugeschnitten aufbereiten. Dieser Herausforderung stellt sich das im EU-Umfeld entwickelte                    EU Commission
Projekt Sense&React. Im Forschungsprojekt steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich dieser
komplexe Weg von Informationserzeugung, Verarbeitung und adäquater Aufbereitung struk-                        Förderkennzeichen
turieren lässt. Informationen sollen der Situation entsprechend und der spezifischen Rolle an-                314350
gepasst zur Verfügung gestellt werden. Erklärtes Ziel des Vorhabens ist die Beschleunigung von
Produktionsverfahren, schnellere Reaktion auf Fehlverhalten von Mensch und Maschine sowie                     Projektpartner
eine ressourcensparende und energieeffiziente Wertschöpfung in Unternehmen.                                   SAP Deutschland AG &
                                                                                                              Co. AG; University of
Das Themenfeld des von der europäischen             aufzeigt. Die Systemanforderungen lassen sich             Patras;
Kommission geförderten Forschungsprojekts           in die Felder Qualität, Materialbereitstellung,           Electrolux Italia S.P.A.;
lässt sich in den Kontext der „Fabrik der           Wartung und Instandhaltung, Energieeffizienz,             INTRASOFT
Zukunf t“ und der „intelligenten Fabrik“            Lagerbewirtschaftung, Arbeitssicherheit und               INTERNATIONAL SA;
(Smart Factorys) einordnen. Dieser Rahmen           Unterstützung des für die Produktion verant-              EMPHASIS TELEMATICS
wurde von der EU entwickelt, um geeigneten          wortlichen Leiters kategorisieren.                        AE; Högskolan i
Forschungsvorhaben entsprechende Mittel zur                                                                   Skövde; Technische
Verfügung zu stellen, die neuartige, innovative     Ziel des Sense& React-Konzepts ist die Be-                Universität Dresden;
und zukunftsorientierte Methoden und Prozesse       reitstellung der richtigen Information zur rich-          Ascom Holding AG;
beleuchten, welche den Produktionsprozess           tigen Zeit am richtigen Ort der richtigen Person          VOLVO TECHNOLOGY
technologiegestützt (ressourcen-) effizienter       in einer adäquaten Weise (siehe Bild 1, S. 18).           AB; INSTITUTO
gestalten. Im Projekt Sense&React befassen          Dazu kombiniert Sense&React ein fabrikweites,             SUPERIOR TECNICO;
sich die Projektmanager mit exakt diesen            umfassendes Sensornetzwerk mit einem intel-               Estaleiros Navais de
Herausforderungen.                                  ligenten, mobilen, anwenderspezifischen User-             Peniche, S.A.
                                                    Interface und einem adaptiven, auf Echtzeit
Das breit gefächerte, internationale Konsortium     basierenden Produktionsinformationssystem.                Ansprechpartner
umfasst Forschungsinstitute, industrielle           Das System wird als ein geeignetes Hilfsmittel            Dipl.-Wirt.-Ing.
Anwendungs- und Entwicklungspartner. Dabei          für die Produktionsumgebung eines Maschinen-              Christian Starick
stellen die Anwendungspartner sicher, dass die      und Anlagenbauer s ent wickelt, um den
Anwendungsfälle einen breiten Querschnitt           Herausforderungen einer bedarfsgerechten und              Internet
der Industrieinteressen repräsentieren und          spezifischen Visualisierung gerecht zu werden.            www.sense-react.eu
dementsprechend eine hohe Relevanz der              Die benötigte Information soll der individuellen
Forschungsergebnisse gewährleistet ist.             Rolle entsprechend aufbereitet und in einer adä-
                                                    quaten Art und Weise, zum Beispiel in Form von
Der Startpunkt von Sense & React war im             mobilen Endgeräten mit Touchscreen-Funktion
Oktober 2012. Die Einbindung verschiedener          oder flexiblen Bildschirmen, übermittelt werden.
Anwendungspartner aus unterschiedlichen             Die Visualisierung ist so konzipiert, dass nur per-
Branchen (Volvo: Motorenherstellung, ENP:           sonenspezifisch relevante Informationen ange-
Schiffsbau, Electrolux: Hersteller weißer Ware,     zeigt und verarbeitet werden können. Ziel ist die
FIR: Konzept zur energieeffizienten Produktion)     Reduzierung auf die wesentliche Information,
gewährleisten Anwendungsfälle mit breitem           die Vermeidung einer Überforderung des
Industriespektrum. Diese sogenannten Pilot-         Anwenders und daraus resultierend eine situ-
Cases spannen den Rahmen für das weitere            ationsgerechte Reaktion auf die empfangene
Vorgehen im Projekt auf. Auf Grundlage dieser       Information („react“).
Cases wurde ein Katalog erarbeitet, der auf einer
groben Ebene funktionale und nichtfunktionale       Zur Erzeugung dieser Informationen ist das
Anforderungen an die Sense&React-Plattform          Sammeln, Verarbeiten und Bündeln von re-

                                                                                                      Unternehmen der Zukunft 1/2014      17
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