Nachhaltig Mehrwert schaffen - ZWISCHEN NORD- UND OSTSEE - IHK Schleswig-Holstein
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02/2020 · Februar Ausgabe Kiel · 7370 ZWISCHEN NORD- UND OSTSEE Nachhaltig Mehrwert schaffen � Titelthema: Klimaziele im Betrieb � Wirtschaft im Gespräch: Professor Matthias Rehahn � Berufsbildungs gesetz: neue Regeln für die Ausbildung
Editorial �� Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer! I n der Politik stehen 2020 – voraus- sichtlich – keine großen Wahlen an. Bundes- wie Landesregierung kön- nen sich aufs Regieren konzentrieren. Handlungsfelder gibt es reichlich. Auf- trag der IHKs ist es, auf diese hinzuwei- sen und wirtschaftstaugliche Lösungs- ansätze vorzulegen. Genau das werden wir tun – intensiver als bisher. Auf internationaler Ebene stehen Verhandlungen für ein Handelsab- kommen der EU mit dem Vereinigten Königreich ganz oben auf der Agenda, um das Miteinander nach dem Brexit zu regeln. Die IHK-Organisation kämpft Foto: www.guidokollmeier.com für ein Abkommen, das die Abwicklung der Geschäfte für die Unternehmen möglichst einfach macht. Der Federfüh- rer International der IHK Schleswig- Holstein, Werner Koopmann, leitet die Brexit-Taskforce der Landesregierung, die Positionen und Maßnahmen in und für Schleswig-Holstein koordiniert. Rolf-Ejvind Sörensen, Friederike C. Kühn und Klaus-Hinrich Vater (von links) In Deutschland kann die Politik hel- fen, den immer gravierenderen Fachkräftemangel zu mildern, Letztes Must-have ist eine Reform der Unternehmens- etwa durch professionellere und verpflichtende Berufsorientie- steuern. Hier erwarten wir von der Landesregierung Enga- rung an allen Schulen – auch den Gymnasien. Zweitens gilt es, gement auch im Bund. Wichtige Signale, um leistungsfähige die Attraktivität der dualen Ausbildung zu steigern, als Alter- Unternehmen im Land zu halten, wären neben dem Senken native zum Studium. Die IHKs haben sich bei der Reform des der Lasten durch die Körperschaftsteuer das Streichen des Berufsbildungsgesetzes unter anderem erfolgreich dafür ein- Solidaritätszuschlags für alle Unternehmen und das Ab- gesetzt, Abschlüsse der beruflichen Weiterbildung gegenüber schaffen der substanzbesteuernden gewerbesteuerlichen Hochschulabschlüssen zu stärken. Hinzurechnungen. Entlasten kann Politik die Betriebe auch durch eine kon- Für die IHK-Organisation bedeuten diese und weitere The- sequente Entbürokratisierung, die digitale Chancen nutzt. men wie die Verbesserung der Infrastruktur vor allem eines: Beim Umsetzen des Onlinezugangsgesetzes ist zu prüfen, Die Vertretung des wirtschaftspolitischen Gesamtinteresses ob die Digitalisierung nicht auch schlankere Verfahren er- hat 2020 Hochsaison. Dafür benötigen wir einen guten Draht möglicht. Noch kundenorientierter wäre es, die Nutzer in das in Politik und Verwaltung. Den haben wir durch das Mitwir- Modellieren neuer digitaler Prozesse einzubinden, sodass ken in zahlreichen Gremien sowie die Netzwerke unserer eh- künftig möglichst geringe Aufwände entstehen. Die beste ren- und hauptamtlichen Akteure. Entlastung ist, Bürokratie zu vermeiden. Die IHK Schleswig- Ihr unternehmerischer Input aber ist es, der IHK-Stellung- Holstein ist dazu mit der Landespolitik kontinuierlich im nahmen jenen Praxisbezug gibt, durch den die Politik erkennt, Gespräch. wie Gesetze wirken, und der dazu beiträgt, unsere Servicean- Ein relevantes Thema bleibt die Energiewende. Neben den gebote für die Unternehmen praxisnah zu gestalten. Stromtrassen in die Ballungsräume müssen wir das Stromerzeu- Liebe Leserinnen und Leser, gemeinsam wünschen wir gungspotenzial im Norden nutzen und ausbauen, um etwa bei Ihnen im Namen Ihrer IHKs ein gesundes und beruflich wie der Mobilität Alternativen zur batteriebetriebenen E-Technik privat erfolgreiches Jahr 2020. Uns wünschen wir, dass mög- voranzubringen. Mit grünem Wasserstoff könnte Schleswig- lichst viele unserer Mitgliedsunternehmen sich in ihrer IHK Holstein nachhaltig punkten – wenn es politisch gewollt ist. engagieren. �� Rolf-Ejvind Sörensen Klaus-Hinrich Vater Friederike C. Kühn Präsident der IHK zu Flensburg Präsident der IHK zu Kiel Präses der IHK zu Lübeck 02/20 1
�� Wirtschaft im Bild 100 Prozent Ökostrom � Strom, Erdgas, Wärme, Wasser, Telekom- munikation – die Stadtwerke Geesthacht versorgen mehr als 30.000 Kunden im Kreis Herzogtum Lauenburg mit ihren Leistungen. Ihren Foto: Stadtwerke Geesthacht GmbH Ursprung hat die heutige GmbH im Gas- und Wasserwerk Geest- hacht, das 1941 gegründet wurde. Seit 2017 beliefern die Stadtwerke ihre Privatkunden mit 100 Prozent Ökostrom, der zu einem kleinen Teil auch regional in den eigenen Blockheizkraftwerken erzeugt wird. Mit der Aktionsplattform „Mehrwelt“ kooperieren sie mit lo- kalen Unternehmen – und stärken so den Handel vor Ort. Unser Foto zeigt Mitarbeiter Tom Hesse, der prüft, ob am Heizungsverteiler alles in Ordnung ist. 2 02/20
Themen der Wirtschaft �� ZWISCHEN NORD- UND OSTSEE Mein Standpunkt1 Wirtschaft im Bild 2 Neues im Norden Zitat des Monats 4 Köpfe der Wirtschaft 5 Titelthema – Klimaziele im Betrieb Vorreiter im Klimaschutz: nachhaltig Mehrwert schaffen 6 Foto: stock.adobe.com/thodonal Interview: Rabea Schwarz über Nachhaltigkeitskommunikation 8 Alternative Brennstoffe: Wasserstoff in der Praxis 11 IHK-Service: Energie effizient nutzen 12 Nützliche Tools: CO2-Fußabdruck ermitteln Klima-Hackathons: Ideen schmieden 13 14 �6 Wirtschaft im Gespräch Professor Dr. Matthias Rehahn, Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums Geesthacht 16 Klimaziele im Betrieb Unternehmen und Märkte Titelthema Kaum ein Thema sorgt derzeit für so kontroverse Diskussi H.O.Persiehl: edel eingepackt 18 onen wie der Klimaschutz. Ungeachtet dessen müssen Unternehmen Mariscope Meerestechnik: Wo Kapitän Nemo Kunde wäre 19 Entscheidungen treffen, die die Zukunft ihrer Betriebe bestimmen. ancorafilm: von Schleswig bis Hawaii 20 Nachhaltigkeit wird dabei immer wichtiger. Lesen Sie außerdem unter an- Aus dem IHK-Bezirk derem im Titelthema dieser Ausgabe, wie Nachhaltigkeitskommunikation Regionalteile Flensburg, Lübeck (mit Bekanntmachungen) funktioniert, welche Förderungen es beim Thema Energieeffizienz gibt und Kiel 22 und was ein Hackathon zur Nachhaltigkeit beitragen kann. IHK Schleswig-Holstein Weltmarkt- und Technologieführer: 33 Champions aus dem Norden 40 Matthias Rehahn, �� Standort Schleswig-Holstein HZG-Geschäftsführer Projekt „Real Time Ferries“: Echtzeitdaten effizient nutzen 42 Wirtschaft im Gespräch Das Helm �� Impulse und Finanzen holtz-Zentrum Geesthacht ist die größte Immobilienmakler und Wohnimmobilienverwalter: außeruniversitäre Forschungsinstitution Schon an Weiterbildung gedacht? 44 Schleswig-Holsteins. Seit September Tourismuskonjunktur: Fachkräftemangel bleibt Risikofaktor 45 2019 ist Professor Dr. Matthias Rehahn Foto: HZG/Katrin Binner wissenschaftlicher Geschäftsführer. Mit �� Zukunft mit Bildung der Wirtschaft sprach er über die Zu- � 16 Neues Berufsbildungsgesetz: kunft der Kunststoffe, den Wandel des neue Regeln für die Ausbildung 46 Küstenklimas und wie das HZG als motion-center Holger Otto: selber ausbilden! 47 Partner Unternehmen hilft. �� Technik und Trends Weiterbildungsprogramm: Chancen der KI entdecken 48 �� Globale Märkte Neues Berufs Abfallentsorgung Schweden: fossilfrei bis 2045 �� Recht und Steuern 50 bildungsgesetz Zukunft mit Bildung Im Ja- � 46 Betrugsfall: falsche Rechnungen an Markeninhaber 51 nuar ist das neue Berufsbil- Veranstaltungen der IHK 52 dungsmodernisierungsgesetz Die IHK gratuliert 53 ( BBiMoG) in Kraft getreten Foto: iStock.com/Wavebreakmedia und hat das Berufsbildungs- Treffpunkt Wirtschaft gesetz aktualisiert. Es soll die mit Rätsel der Wirtschaft 54 Qualität der Aus- und Weiter- Hart am Wind bildung sichern. In vielen Berei- Buchhandel Petersen, Kolumne 56 chen finden sich die Interessen der Wirtschaft berücksichtigt. Verlagsspecial: Kiel-Wellsee 37 Lesen Sie hier im Überblick, Titelbild: iStock.com/alvarez welche Änderungen es gibt. 02/20 3
�� Neues im Norden Von links: die Bundesbesten Finja Klein, Marzena Smyk und Mamadou Ba (vorne) mit Heike Kummer (DIHK- Bildungsausschuss), DIHK-Präsident Eric Schweitzer und Moderatorin Barbara Schöneberger (hinten) Konkurrenz bei den Verfahrensmechanikern in der Steine- und Erdenindustrie (Fachrichtung Transport- beton) hinter sich. Dr. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Indus- trie- und Handelskammertages, und Bundesbildungs- ministerin Anja Karliczek überreichten den Preisträgern Pokale und Urkunden. Schweitzer dankte der Ministerin für die hervorragende Zusammenarbeit bei der Moder- nisierung des Berufsbildungsgesetzes. Dieses erleichtere unter anderem die Arbeit der Prüferinnen und Prüfer in Bundesbestenehrung der beruflichen Bildung. „Besonders freuen wir uns, dass es gelungen ist, die neuen Begriffe ‚Geprüfter Berufsspezialist‘ sowie Super-Azubis aus ‚Bachelor Professional‘ und ‚Master Professional‘ für die beruflichen Fortbildungsabschlüsse im Gesetz zu verankern. Das war alles an- Schleswig-Holstein dere als einfach, und wir mussten vor allem in den Bundesländern noch viel Überzeugungsarbeit leisten“, so der DIHK-Präsident. Zum 14. Mal fand im Dezember in Berlin die jährliche Ehrung 2019 gab es 206 Bundesbeste in 198 Ausbildungsberufen. der bundesbesten IHK-Azubis statt. Drei von ihnen kommen aus Sechsmal erreichten zwei und einmal sogar drei Beste im gleichen Schleswig-Holstein. Ausbildungsberuf dieselbe Punktzahl. Unter den Besten waren Foto: DIHK/Jens Schicke Finja Klein vom Tierheim Uhlenkrog in Kiel setzte sich bei den 79 Frauen und 127 Männer. red �� Tierpflegerinnen der Fachrichtung Tierheim und Tierpensionen durch, Marzena Smyk von Translogistik Barsbüttel ist die beste Fotos und Videos der Veranstaltung Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice und Mamadou www.ihk-sh.de (Dokument-Nr. 4645540) Ba von der GP Alster Beton GmbH aus Henstedt-Ulzburg ließ die eHighway in Schleswig-Holstein Erkenntnisse über die praktische Um- setzbarkeit der Elektromobilität auch für Freie Fahrt für Hybrid-Lkw schwere Lastwagen. Reale Bedingungen Bis Ende 2022 wird zunächst die Reinfelder Spedition D er eHighway in Schleswig-Hol- ordnungsgemäße Funktion der Anlage Bode die Strecke im täglichen Pendel- stein ist betriebsbereit: Im De- und ihrer Oberleitungsinfrastruktur an betrieb befahren; im Dezember hat sie zember hat das für die Errichtung der A 1 zwischen Reinfeld und dem Au- bereits den ersten oberleitungstaugli- und den Betrieb der Anlage zuständige tobahnkreuz Lübeck bestätigt. chen Hybrid-Lkw von Scania übernom- Forschungs- und Entwicklungszent- Schleswig-Holsteins Verkehrsmi- men. Der Regelbetrieb soll in der ersten rum der Fachhochschule Kiel mit dem nister Dr. Bernd Buchholz und Ener- Jahreshälfte 2020 aufgenommen wer- zuständigen Landesbetrieb Straßenbau giewendeminister Jan Philipp Albrecht den, das zweite Einsatzfahrzeug wird im und Verkehr Schleswig-Holstein die erwarten aus dem Forschungsprojekt Frühjahr erwartet. Das Bundesumweltministerium in- vestiert rund 26 Millionen Euro in den Zitat des Monats Modellversuch, der neben dem Bau und Betrieb der Teststrecke in Schleswig-Hol- stein auch die wissenschaftliche Begleit- „Der Abwärtssog wird schwächer, im Auslandsgeschäft ist sogar schon forschung umfasst. Ziel ist eine techni- eine leichte Aufwärtstendenz erkennbar. Erfahrungsgemäß dauert es sche, ökonomische und ökologische Be- aber im Schnitt etwa fünf Quartale, bis die Industrie eine Rezession wertung des Oberleitungssystems nach wissenschaftlichen Kriterien und unter überwindet und die Kapazitätsauslastung wieder spürbar zulegt. [...] realen Bedingungen. red �� Zunächst kriecht die deutsche Wirtschaft aber in das neue Jahr.“ Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums am Kieler Institut für Weltwirtschaft, Mehr unter im Dezember über die Erholung der deutschen Wirtschaft www.ehighway-sh.de 4 02/20
Neues im Norden �� Fehmarnbelt Days 2020 Köpfe der Wirtschaft Festival für Regions for Future Dr. Arno Probst, Geschäfts- U nter dem Motto „Regions for Fu- Netzwerken oder einfach nur, um sich führender Gesellschafter der ture“ eröffnet Schleswig-Holsteins zu informieren.“ Außer Ministerpräsi- CGU GmbH in Harmsdorf und Ministerpräsident Daniel Günther dent Daniel Günther nehmen Europa- Vicepräses der IHK zu Lü- am Sonntag, den 17. Mai 2020, die zweitä- ministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack, beck, ist neuer Vorsitzender gigen Fehmarnbelt Days im Ferien- und Vertreter der dänischen Regierung so- des Fehmarnbelt Business Freizeitpark Weissenhäuser Strand. Im wie der EU-Koordinator Pat Cox, zu- Council. Er folgt auf Siegbert Mittelpunkt stehen die Perspektiven der ständig für den Verkehrskorridor Skan- Eisenach, der das Amt vier Jahre lang ausgeübt Wachstumsregion zwischen Hamburg dinavien – Mittelmeer, am Festival teil. und die Kooperation der Wirtschaft zwischen und Kopenhagen/Malmö und weiter bis Norddeutschland, Dänemark und Südschwe- Oslo. Die Fehmarnbelt Days werden ein Investitionschancen Um die Chancen den erweitert hat. 2020 werde das FBBC weitere Festival der Begegnung und ein Erlebnis für die Wirtschaft geht es in der Konfe- Möglichkeiten der Kooperation in der Region he- für Jung und Alt. renz am 18. Mai. Rund 600 Unterneh- rausstellen. „Sie sind unbegrenzt, angefangen Der erste Tag steht mit vielen Events mer, Politiker, Vertreter von Verbänden bei einer Zusammenarbeit von Unternehmen bis im Zeichen von Information und Dialog und Wissenschaftler informieren sich zum Know-how-Transfer zwischen Wirtschaft über die Chancen und Herausforderun- über grenzüberschreitende Kooperatio- und Wissenschaft, der unsere Innovationskraft gen der Region. „Das Festival bietet eine nen, Investitionschancen, nachhaltigen steigert”, so Probst. Das Zusammenwachsen Foto: www.guidokollmeier.com Kombination aus Information, Debatte Infrastrukturausbau, grüne Wachstums- der Metropolregionen Hamburg und Kopenha- und lebendiger Zivilgesellschaft“, betont strategien sowie schon existierende Pro- gen eröffne große Chancen, die die Wirtschaft Reinhard Sager, Landrat des Kreises jekte. red �� nutzen wolle. Als Partner der Fehmarnbelt Days Ostholstein. „Unser Ziel ist es, dass Fa- am 17. und 18. Mai 2020 in Weissenhäuser Strand milien teilnehmen, um mit der Politik, Mehr unter werde das FBBC die Vernetzung der Wirtschaft Interessenorganisationen und vielen www.fehmarnbeltdays.com aus den drei Mitgliedsstaaten vorantreiben. �� anderen einen Dialog zu führen – zum 02/20 5
Bild unten: Das Reisebüro Gebeco unterstützt in Namibia die lokale Gemeinschaft der Khwe. Bild oben: eine Trommeltrockneranlage bei Sasol in Brunsbüttel, in der spezielle Tonerdeprodukte getrocknet werden Nachhaltig Mehrwert schaffen Vorreiter im Klimaschutz Kaum ein Thema sorgt derzeit für so kontroverse Diskussionen wie der Klimaschutz. Was ist wirklich nötig? Was ist sinnvoll? Und wie gehen wir am besten vor? Ungeachtet der aktuellen Debatten müssen Unternehmen Entscheidungen treffen, die die Zukunft ihrer Betriebe langfristig bestimmen. Besonders in puncto Nachhaltigkeit bewegt sich einiges, wie drei Unternehmen aus dem Norden zeigen. K limaschutz ist ein Aspekt unseres Engagements, der zu Bernd-Christian Pfennig, Inhaber der Quint Druck + Medi- unserem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz zählt“, be- en GmbH in Pronstorf, bei. „Wer das Klima und die Umwelt richtet Ury Steinweg, Hauptgeschäftsführer der Gebeco schützt, schützt auch die Gesundheit des Menschen. Als Dru- GmbH & Co. KG, eines Reiseanbieters aus Kiel. „Klimaschutz, ckerei hantieren wir mit vielen gesundheitsgefährdenden Stof- Nachhaltigkeit und Völkerverständigung sind seit Gründung fen. Wir versuchen so ressourcenschonend wie möglich zu fester Bestandteil unserer Firmenphilosophie.“ Gebeco engagie- arbeiten.“ Auch der Einsatz von regenerativen Energiequellen re sich nicht nur in Kiel für einen umweltfreundlichen Betrieb, spiele eine große Rolle: Die Druckerei beziehe ihren Strom bei- sondern auch an den Reisezielen sowie in Regionen, in denen nah komplett aus einer eigenen Wind- und Solarkraftanlage. der Klimawandel sich besonders bemerkbar mache. Dass Klimaschutz als Aspekt eines größer angelegten ge- CO2-Fahrplan Das Chemieunternehmen Sasol, gegründet im sellschaftlichen Engagements zu sehen ist, dem pflichtet auch Südafrika der 1950er-Jahre, betreibt in Brunsbüttel ein Werk 6 02/20
Titelthema Klimaziele im Betrieb �� höre aber auch persönliche Überzeugung. Pfennig: „Wir sind eine kleine Druckerei, entsprechend eng ist die Zusammenar- beit. Umweltfreundliches und gesundheitsbewusstes Arbeiten ist bei uns nicht etwas, das ausgeblendet werden kann. Wer bei uns arbeitet, ist davon überzeugt, hier das Richtige zu tun.“ Bei Gebeco spielen die Mitarbeiter ebenfalls eine wichtige Rolle. Hier wird auf Schulungen „Die Investitionen und Sensibilisierung gesetzt, die vor allem beim haben sich alltäglichen Handeln greifen sollen. „Gene- mittlerweile rell“, sagt Steinweg, „ist für alle Mitarbeiter eine Nachhaltigkeitsschulung verpflichtend. In ei- absolut bezahlt ner entsprechenden Arbeitsgruppe arbeiten wir gemacht.“ kontinuierlich daran, uns zu verbessern.“ Und auch Sasol-Geschäftsführer Behrens ist überzeugt: „Umwelt- bewusstsein entwickelt sich, je mehr man dafür sensibilisiert wird. Wir unterstützen unsere Kolleginnen und Kollegen da- bei in ihrer Entwicklung.“ �� Die Druckerei Quint in Pronstorf Autor: Sebastian Winslow IHK-Redaktion Schleswig-Holstein zur Produktion zahlreicher chemischer Stoffe. Die Firma be- winslow@kiel.ihk.de gann in den 1990ern damit, Umweltberichte herauszugeben und so Rechenschaft über das eigene Handeln abzulegen. Zwi- Mehr unter schen 1997 und 2000 wurde innerhalb des Konzerns das Res- www.druckerei-quint.de sort Safety, Health and Environment (Sicherheit, Gesundheit www.gebeco.de und Umwelt) eingeführt und zwischen 2001 und 2005 der ers- www.sasolgermany.de te Sustainable Development Report (Report zu nachhaltigen Entwicklungen) verfasst. Auf etwas verzichten müssen die Unternehmen für den Klimaschutz aber nicht. Norbert Behrens, Geschäftsführer der Sasol Germany GmbH und Senior Vice President Eurasian Operations, sagt: „Für uns steht seit Jahren im Vordergrund, durch eine angemessene und sinnvolle Balance zwischen öko- nomischen, sozialen und ökologischen Bedürfnissen einen hohen Mehrwert für unsere Stakeholder zu erreichen.“ Sasol will für alle Standorte weltweit einen Fahrplan zur CO2-Ver- ringerung erarbeiten, um so seinen Anteil zum Klimaschutz beizutragen. In Brunsbüttel wird insbesondere an der Energie- effizienz des Werks gearbeitet. Auch Bernd-Christian Pfennig will seine Druckerei beim Klimaschutz weiter verbessern. „Das Druckgewerbe hat sich in den letzten 30 Jahren stark verändert. Als wir damals mit der Druckerei angefangen haben, mussten wir uns komplett neu erfinden. Unter Umständen waren wir früher damit dran als andere, so stark auf Umweltverträglichkeit zu setzen. Die Ihre Experten für wirklich Investitionen haben sich mittlerweile aber absolut bezahlt ge- preiswerten Strom Fotos: goXplore with Gebeco, Sasol Germany GmbH, Quint Archiv macht“, sagt er. Dies bedeute aber nicht, dass schon alles getan sei, um beim Klimaschutz vorwegzugehen. Auch in Zukunft werde in Weiterentwicklungen investiert. Senken Sie Ihre Stromkosten dauerhaft Alltägliches Handeln Das unterstreicht auch Ury Steinweg: z.B. um 50 % oder mehr mit einer Photo- Gebeco setze darauf, innovative Transportalternativen für sei- voltaikanlage von pm-energy GmbH. ne Reisen anzubieten. Hinzu komme der Energieverbrauch des Unternehmens. Was am Standort in Kiel an Strombedarf Ihr regionaler Partner mit über 16 Jahren Erfahrung. anfalle, decke das Unternehmen zu einem großen Anteil selbst ab. „Der Umstieg auf Solarenergie vor drei Jahren stellt für uns Rufen Sie uns gerne für ein persönliches Gespräch an. keinen Verzicht dar, sondern ist schlichtweg die bessere Alter- Wir projektieren individuell. native. Was wir nicht selbst abdecken können, beziehen wir aus anderen regenerativen Energiequellen“, sagt Steinweg. pm-energy GmbH Ein weiterer Faktor beim klimabewussten Handeln seien die Mitarbeiter, wie alle drei Unternehmen betonen. Dazu ge- Dorfstraße 2a | 24241 Reesdorf Telefon 04322 8 89 01-0 www.pv-gewerbestrom.de02/20 7
�� Titelthema Klimaziele im Betrieb Bild links: Innenansicht eines Edeka- Markts; unten: Rabea Schwarz Fotos: Edeka/Christian Schmid „Mehr als nur ein Imagefaktor“ Nachhaltigkeit kommunizieren Nachhaltigkeit entwickelt sich zum Faktor der Unternehmenskommunikation. Was sie in der Kommunikation nach außen und innen beachten müssen und welche Herausforderungen auf sie zukommen, erklärt Rabea Schwarz aus der Unternehmenskommunikation von Edeka Nord. Wirtschaft: Was versteht man unter Wirtschaft: Wie erreicht man die heitlicher Aspekte von Lebensmitteln Nachhaltigkeitskommunikation – und Kunden bei Nachhaltigkeitsthemen am sowie des Ressourcenverbrauchs. Hierzu wozu wird sie gebraucht? besten? gehören etwa Themen wie Lebensmit- Rabea Schwarz: Darunter verstehen Schwarz: Wir kommunizieren mit telwertschätzung oder Verpackungen. wir bei Edeka Nord die interne und ex- unseren internen und externen Ziel- Wirtschaft: Richtet sich Nachhaltig- terne Kommunikation unseres ökolo- gruppen über klassische Kommunika- keitskommunikation auch nach innen gischen und sozialen Engagements. Bei tionskanäle, etwa über unsere Intranet- an die Mitarbeiter? der Kommunikation von Nachhaltig- plattform, unser Mitarbeitermagazin, Schwarz: Edeka Nord hat eine gro- keitsmaßnahmen eines Unternehmens unser Kundenmagazin „Mit Liebe“, un- ße unternehmerische Verantwortung, geht es vorrangig um die Schaffung sere Homepage, soziale Netzwerke wie die intern beginnt. Daher spielt die in- von Transparenz Xing oder unseren Handzettel. terne Kommunikation eine zentrale „Nachhaltiges Handeln und damit einher- Wirtschaft: Sind die Kunden kritischer Rolle. Alle Geschäftsbereiche unseres kann nur erfolgreich gehend den Aufbau geworden in Sachen Nachhaltigkeit? Unternehmens haben schließlich auch funktionieren, wenn von Vertrauen und Schwarz: Ja. Das liegt auch in der Berührungspunkte mit dem vielseitigen Glaubwürdigkeit in Digitalisierung und Globalisierung be- Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltiges es unternehmensweit der Gesellschaft und gründet: Wenn die Ware nicht mehr Handeln kann meiner Meinung nach gelebt wird.“ gegenüber den ein- „um die Ecke“ produziert wird, sind nur erfolgreich funktionieren, wenn es zelnen internen und Vertrauen und Transparenz entschei- unternehmensweit gelebt wird und eine externen Anspruchsgruppen. dende Faktoren. Der Kunde möchte entsprechende Kommunikation und Wirtschaft: Ist die Bedeutung der die Möglichkeit haben, sich über einen Interaktion stattfindet. Die Mitarbeiter Nachhaltigkeitskommunikation gestie- Betrieb so zu informieren, als würde er sollen die Möglichkeit haben, sich und gen? ihn persönlich besichtigen. Tierwohl ihre Ideen einzubringen. Nur dann kön- Schwarz: Das Thema Nachhaltigkeit und nachhaltiges Wirtschaften beein- nen wir nach außen glaubwürdig unsere gewinnt zunehmend an Bedeutung und flussen die Kaufentscheidung nicht erst Themen transportieren. �� ist längst viel mehr als ein Imagefaktor. am Point of Sale, mancher Kunde geht Man kann sich dem Thema nicht mehr gezielt nur in den Geschäften einkaufen, Interview: Nathalie Klüver entziehen. Es hat mittlerweile strate- die seiner Vorstellung von Nachhaltig- Freie Journalistin gische und gesellschaftliche Relevanz. keit entsprechen. Aufgrund des großen redaktion@ihk-sh.de Zunehmend treten interessierte Mitar- Angebots und des Online-Handels ist beiter, Endverbraucher und Politiker zu das kein großer Mehraufwand. Hinzu Mehr unter verschiedenen Fragestellungen im Be- kommt das steigende Bewusstsein vieler www.bit.ly/edeka-nachhaltigkeit reich Nachhaltigkeit mit uns in Kontakt. Endverbraucher hinsichtlich gesund- 8 02/20
Titelthema Klimaziele im Betrieb �� Förderprogramme Rückenwind für Klimaschutz Der Countdown läuft: 2050 soll Europa klimaneutral sein. Hier stützung ist, hängt von den Ener- sind auch die Unternehmen in Schleswig-Holstein gefragt. Doch gieausgaben des Unternehmens den Betrieb grün auszurichten, kostet Zeit und vor allem Geld. ab. Sie kann bis zu 80 Prozent Passende Förderprogramme helfen. des Beraterhonorars betragen. Mehr als 70 Förderprogramme und Finanzhilfen zum Thema Bei Bau oder Sanierung von Ge- Energieeffizienz und erneuerbare Energien stehen Schleswig-Hol- bäuden können Firmen ebenfalls steins Unternehmen zur Verfügung – finanziert von Bund und EU. auf Förderprogramme zurückgreifen – etwa auf „Energieeffizien- Auch das Land unterstützt, etwa mit dem „Landesprogramm tes Bauen und Sanieren – Zuschuss für Baubegleitung“ der Kredit- Wirtschaft – Energetische Optimierung von kleinen und mittleren anstalt für Wiederaufbau (KfW). Sie bezuschusst die Planung und Unternehmen“. Das Ziel: bereits ins Rollen gebrachte Maßnahmen Baubegleitung durch einen Experten bei Neubau oder Sanierung voranzubringen und weitere Potenziale zu erschließen. Hier sind von KfW-Effizienzhäusern – also Gebäuden, die den Energiestan- Profis gefragt. Damit kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ei- dards der KfW entsprechen. Auch hier sind bis zu 50 Prozent För- nen Energiemanager beschäftigen können, gibt das Land bis zu 50 derung möglich. Diese und weitere Programme von Land, Bund Prozent Zuschuss. Der Energiemanager kann fest angestellt oder und EU finden Interessierte in der Förderdatenbank des Bundes- als externer Berater tätig sein. Unabhängig davon können Unter- wirtschaftsministeriums. jr �� nehmen die Fördermittel bis zu drei Jahre abrufen. Ansprechpart- ner ist die Investitionsbank Schleswig-Holstein. Mehr unter Auch beim Programm „Energieberatungen im Mittelstand“ des www.foerderdatenbank.de Foto: iStock.com/Petmal Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle können KMU www.ib-sh.de Zuschüsse für Energieberater beantragen. Die Betriebe dürfen www.kfw.de höchstens 250 Mitarbeiter beschäftigen und einen Jahresumsatz www.bafa.de von bis zu 50 Millionen Euro erwirtschaften. Wie hoch die Unter- ZVO-Preis Faire Preise Börsenpreis für Ihr Unternehmen. Zahlen, was das Gas wirklich kostet. Wechseln Sie jetzt zu unserem fairen Gewerbegas 2.0. Denn wie viel Sie zahlen, richtet sich nach dem aktuellen Gas-Börsenkurs. Bei sinkendem Börsenpreis sinkt Ihr Gaspreis automatisch mit! Mehr Informationen telefonisch unter 04561 399-624 oder online auf zvo.com/gewerbegas Energie · Wasser · Abwasser · Entsorgung · Breitband 02/20 9
�� Titelthema Klimaziele im Betrieb E in Hyundai Nexo hält an der Tank- Dienstfahrzeuge und Co. stelle in Brunsbüttel. Jochen Möl- ler, Geschäftsführer der Moeller Alle Zeichen auf Elektro Operating Engineering GmbH (M.O.E.) in Itzehoe, steigt aus, geht an die Zapf- Er gehört zu den drei größten CO2-Verursachern: der Verkehr. Um säule – und tankt grünen Wasserstoff. das zu ändern, hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf auf den Das Brennstoffzellenauto hat die Firma Weg gebracht, der den Kauf von Elektro-Dienstfahrzeugen attraktiver ma- über die Wind to Gas Energy GmbH & chen soll. So gilt etwa für Nutzfahrzeuge eine Sonderabschreibung von 50 Prozent im An- Co. KG in Brunsbüttel geleast. Seit Som- schaffungsjahr – zusätzlich zur regulären Abschreibung. Auch bei der Dienstwagenbesteue- mer 2019 nutzen es die M.O.E.-Mitar- rung tut sich was: Hier halbiert sich die Bemessungsgrundlage für die private Nutzung von beiter als Firmenauto. „Das hat super betrieblichen Elektro- oder extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen. funktioniert, denn der Vorteil ist, dass Unternehmen, die auf öffentliche Verkehrsmittel setzen, profitieren ebenso: Künftig kön- man sich im Tankverhalten nicht um- nen die Ausgaben für Jobtickets mit 25 Prozent pauschal versteuert werden. Dafür entfällt die gewöhnen muss“, erklärt Möller. Eine Anrechnung auf die Entfernungspauschale. Und Fahrräder, die vom Betrieb zur Verfügung Tankfüllung reicht für circa 550 Kilome- gestellt werden, sind bis Ende 2030 von der Steuer befreit. Das gilt sowohl für Elektrofahrrä- ter, eine deutliche Erleichterung gegen- der als auch für klassische Drahtesel. red �� über den E-Autos, die das Unternehmen sechs Jahre lang getestet hat. Mehr unter Tim Brandt, Geschäftsführer von www.bit.ly/e-steuer Wind to Gas Energy, hatte Möller auf das Angebot aufmerksam gemacht und ihm eine Probefahrt angeboten. „Fahr- Europäische Ökodesign-Richtlinie zeuge leasen wir ständig, und als An- bieter von Zertifizierung, Messung und Neue Regeln für strombetriebene Produkte Inspektion der Netzintegration von de- zentralen Energieanlagen beobachten Am 14. November 2019 sind die Verordnungen (EU) 2019/1781, (EU) 2019/1782 und wir natürlich, dass Wasserstoff immer (EU) 2019/1784 in Kraft getreten. Sie definieren neue Anforderungen an strombetriebene bedeutender wird“, so Möller. Produkte im Rahmen der Europäischen Ökodesign-Richtlinie (2009/125/EG). Folgende Damit solche Angebote funktionie- Produkte sind betroffen: ren, braucht es eine gute Infrastruktur: • Elektromotoren und Drehzahlregelungen einschließlich solcher, die in andere Produkte Das ist das Ziel des Projekts eFarm der integriert werden (Verordnung 2019/1781, gilt ab Juli 2021); die Aspekte „Verbot der GP Joule GmbH, das für Versorgungs- Umgehung des Prüfzyklus“ (Artikel 7 Absatz 1) und „Motoren in Umwälzpumpen“ sicherheit mit 100-prozentig grünem, (Artikel 11) gelten seit 14. November 2019 regional erzeugtem Wasserstoff sorgen • externe Netzteile laut Verordnung 2019/1782 (gilt ab April 2020) will. In Nordfriesland sollen fünf Was- Foto: iStock.com/ET-ARTWORKS • mit Netzstrom betriebene Schweißgeräte laut Verordnung 2019/1784 serstoffproduktionsstandorte (Elektro- (gilt ab Januar 2021) Os �� lyseure) installiert sowie zwei Brenn- stoffzellenbusse und fünf -Pkws bereit- IHK-Website – Ökodesign gestellt werden, zudem zwei Wasser- www.ihk-schleswig-holstein.de (Dokument-Nr. 9055) stofftankstellen in Husum und Niebüll. „Bis zum Sommer soll die Infrastruktur komplett stehen“, erklärt André Steinau, Unternehmensberatung Steuerberater und Problemlöser aus Überzeugung und Leidenschaft. Diskret. Pragmatisch. Kompetent. Erfahren. Professionell und sensibel im Umgang mit Klienten und Daten. Flexible Termingestaltung. Unbelastete Entscheidungsunterstützung. Verständnis für emotionale Situationen. Dipl.-Kfm. Michael Gersdorf www.gruenderhilfe.eu vBP a.D. / StB / RB Telefon +49 451 88998463 • Mobil + 49 172 2414287 michael@gersdorf.consulting • www.gersdorf.consulting 830004126079 Gründerhilfe.indd 1 10 02/20 830004193099 18.06.19 15:43 Gersdorf.indd 1 13.08.19 16:06
Titelthema Klimaziele im Betrieb �� Wasserstoff in der Praxis Alternative Brennstoffe Der Energieträger Wasserstoff bietet zahlreiche Möglichkeiten, die Energiewende zu gestalten und CO2-Emissionen zu senken. Drei Beispiele zeigen, wo und wie Wasserstoff als Energieträger in Schleswig-Holstein zum Einsatz kommt. Referent der Unternehmensleitung von GP Joule. Das Besondere: Die Bürger sind unmittelbar in das Projekt einge- bunden. „Zudem ist uns wichtig, die re- gionale Wertschöpfung im Bereich der erneuerbaren Energie voranzutreiben“, so Steinau. Auch für die Sektorenkopplung ist eFarm ein Leuchtturmprojekt. Die PEM-Elektrolyseure der H-Tec Systems GmbH in Braak geben bei der Wasser- stoffproduktion Wärme ab. „Diese wird dann ins Wärmenetz eingespeist“, sagt Steinau. „So gelingt es, 95 Prozent der Energie, die bei der Wasserstoffproduk- Foto: Wind to Gas Energy GmbH & Co. KG tion entsteht, effektiv zu nutzen.“ Recycling Abfall als Quelle für Roh- stoffe – das ist die Mission, der sich die Infinite Fuels GmbH in Borgstedt ver- schrieben hat. Das Start-up hat ein Ver- fahren entwickelt, mit dem sich organi- sche Stoffe aufarbeiten und so in Treib- stoffe und industrielle Gase umwandeln lassen. „Vereinfacht gesagt schreddern wir die Stoffe, etwa Gärreste, Altholz Nachhaltig unterwegs: Jochen Möller tankt Wasserstoff in Brunsbüttel. und bestimmte Kunststoffe. Auch Gülle ist als Eingangsstoff geeignet. Diese Teile Ende 2021 soll die erste Anlage in damit „das Land effektiv von unserem werden dann in einem Pyrolyseprozess Borgstedt in Betrieb gehen. Potenzielle Angebot profitieren kann“. �� zu einem Synthesegas umgewandelt“, Kunden finden sich in der maritimen erklärt Heinz-Peter Schierenbeck, der Wirtschaft, in der Sektorenkopplung Autorin: Jutta Lasner im Unternehmensbeirat beratend tätig und im Mobilitätssektor. Infinite Fuels IHK-Redaktion Schleswig-Holstein ist. Aus diesem Synthesegas kann dann wolle sich zunächst auf Schleswig-Hol- lasner@ihk-luebeck.de etwa Wasserstoff isoliert werden. stein konzentrieren, so Schierenbeck, Saubere Energie aus Abfall und Abwasser. mwelt ! Für Lübeck , für die U Besuchen Sie unsere Website: www.entsorgung.luebeck.de 02/20 11
Energiecoaching Im Rahmen des IHK-Energiecoachings in- formieren wir Sie kostenlos über Möglichkei- ten und Potenziale eines optimierten Energie- einsatzes in Ihrem Unternehmen. Ziel dieser Erstberatung ist es, Unternehmen den Einstieg in das Thema Energieeffizienz zu ermöglichen und über die Einführung eines Energiemanage- mentsystems zu informieren. Das Angebot steht jedem Unternehmen – unabhängig von Größe und Mitarbeiterzahl – offen. Vereinbaren Sie ei- nen Termin unter Foto: iStock.com/danchooalex www.ihk-sh.de (Dokument-Nr. 111451) Energieeffizienznetzwerke Ein Energieeffizienznetzwerk ist ein sys- tematischer, zielgerichteter und unbürokrati- scher Erfahrungs- und Ideenaustausch von Un- ternehmen oder Unternehmensstandorten zur gemeinsamen Steigerung der Energieeffizienz. Energie effizient nutzen Ziel der Netzwerke ist es, dass die Unternehmen dauerhaft eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz und damit potenziell eine spürbare Senkung der Energiekosten errei- chen. Im Rahmen der Initiative Energieeffizienz-Netzwerke der Bundesregierung und führender Verbände sind auch die IHK-Service Die IHKs in Schleswig-Holstein IHKs in Schleswig-Holstein aktiv. unterstützen Unternehmen beim Thema Energieeffizienz www.effizienznetzwerke.org mit verschiedenen Services, Beratungsangeboten und Veranstaltungen. Eine Auswahl. IHK-Energie-Newsletter Aktuelle Energiethemen werden für Unternehmen bedarfs- gerecht aufbereitet und über einen monatlich erscheinenden Information und Überblick Energie-Newsletter der IHK an Interessierte versendet. Ob Die zunehmende Komplexität des Energiemarkts, steigen- neue Fördermöglichkeiten, aktuelle Veranstaltungen in der de Energiepreise und vermehrte gesetzliche Verpflichtungen Region, Best Practice von Unternehmen, Ergebnisse aktueller stellen Unternehmen vor immer größere Herausforderungen. Studien oder technische und rechtliche Neuerungen: All das Zugleich suchen sie nach Einsparpotenzialen sowie neuen findet sich hier. Technologien und Konzepten zum Thema Energieverbrauch. www.ihk-sh.de/newsletter Os �� In Zukunft wird auch das Thema CO2-Reduzierung eine im- mer stärkere Rolle spielen. Die IHKs in Schleswig-Holstein IHK-Ansprechpartner informieren auf ihrer Website umfassend über das Thema www.ihk-schleswig-holstein.de Energieeffizienz. (Dokument-Nr. 3803830) www.ihk-sh.de (Dokument-Nr. 3803830) Patentanwälte Patente · Marken · Design Wallstraße 33a · 23560 Lübeck · www.vhl-patent.de 12 02/20
Titelthema Klimaziele im Betrieb �� Nützliche Tools Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein CO2-Fußabdruck MoorFutures, weniger CO2 ermitteln Durch Innovationen und Energieeffizienzmaßnahmen lässt sich der CO2-Fußabdruck eines Unternehmens deutlich verringern. Was aber D as Klimapaket der Bunderegierung ist verabschiedet, tun, wenn alle Einsparpotenziale ausgereizt sind, Betriebe jedoch das die Bepreisung von CO2 wird sich in allen Wirtschafts- Ziel haben, klimaneutral zu handeln? Für diesen Fall stehen Anbieter zweigen auswirken. Anlass genug für Unternehmen, bereit, die mit Klimaschutzprojekten den CO2-Ausstoß kompensieren. sich mit dem CO2-Ausstoß der eigenen wirtschaftlichen Tätig- Die Projekte sollten transparent sein sowie einen zusätzlichen lokalen keit zu befassen – sowohl für einzelne Produkte (Product Car- Nutzen bieten und die Verifizierung der CO2-Einsparung sollte durch bon Footprint) als auch für das Gesamtunternehmen (Corpo- unabhängige Sachverständige erfolgen. rate Carbon Footprint). Beim Einstieg helfen einige zum Teil Neben Betreibern globaler Kompensationsprojekte wie atmosfair kostenlose Tools im Internet: gGmbH oder myclimate hat auch Schleswig-Holstein hier etwas zu bieten: Die Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein gibt Unternehmen CO2-Rechner von KlimAktiv und Privatpersonen mit den MoorFutures die Möglichkeit, ihre Treib Mit dem CO2-Rechner können alle unmittelbar und mit- hausgasbilanz zu verbessern. telbar verursachten Emissionen gemäß Treibhausgasprotokoll (Scope 1, Scope 2 und Scope 3) sowie ISO-Norm 14064-1 er- Lebensraum retten Mit dem Erwerb der Futures wird die Vernässung fasst, bilanziert und dokumentiert werden. Ergebnis ist der des Königsmoors im Kreis Rendsburg-Eckernförde finanziert. Im Kö- Corporate Carbon Footprint (CCF) des Unternehmens inklu- nigsmoor stehen 68 Hektar mit 39.520 MoorFutures zur Verfügung. Ein sive eines CO2-Berichts. MoorFuture entspricht einer Kompensation von einer Tonne CO2 und www.klimaktiv.de/unternehmen kostet 64 Euro. Mit dem Erwerb engagieren sich Unternehmen nicht nur für Klimaschutz, sondern helfen auch dabei, das einstige Hochmoor wie- Online-Tool ecocockpit der zu einem lebendigen Lebensraum für Pflanzen und Tiere wie Woll- Die Effizienz-Agentur NRW gras, Sonnentau und den Moorfrosch zu machen. Tho �� hat ecocockpit entwickelt, ein Online-Tool zur schnellen und einfachen Erstellung einer CO2- Mehr unter Bilanz für Organisationen. Es www.moorfutures-sh.de ist möglich, sowohl eine Stand- ortbilanz als auch eine Prozess bilanz oder eine Produktbilanz zu erstellen. www.ecocockpit.de Software GaBi Zur Bestimmung des CO2- Fußabdrucks eines Produkts ist die Ökobilanz gemäß der ISO- Norm 14044 (ebenfalls in BSI PAS 2050) die führende und beste Methode. Erst eine Analyse, die den gesamten Lebens- zyklus („cradle to grave“) betrachtet, zeigt den realen Carbon Footprint von Waren und Dienstleistungen. Mit der Soft- warelösung GaBi können alle Treibhausgasemissionen von Produkten systematisch und nachvollziehbar erfasst werden. www.bit.ly/gabi-carbon CO2-Rechner des UBA Auch Privatpersonen können ihre CO2-Bilanz ermitteln. Ein hilfreiches Tool ist der CO2-Rechner des Umweltbundes- Bringen Sie die Foto: iStock.com/MicroStockHub amts (UBA). www.uba.co2-rechner.de �� Zukunft auf die Straßen mit unseren Ladelösungen für E-Autos Autorin: Kathrin Ostertag IHK zu Lübeck, Innovation und Umwelt Powered by Ladesäulen ostertag@ihk-luebeck.de und Wallboxen unter: www.hansewerk.com/ ladelösungen 02/20 13
�� Titelthema Klimaziele im Betrieb Ideen schmieden Klima-Hackathons Wenn ein Abwassertechniker und eine Buchhalterin ein Pendlerportal austüfteln: Der Zweckverband Ostholstein (ZVO) hat in zwei „Hackathon“-Sessions unterschiedliche Kompetenzen im Betrieb und darüber hinaus vernetzt. Entstanden sind Projekte für die Zukunft. Foto: Artyom Tokarev/New Communication Mit Tatendrang voran: Teilnehmer des „Hack the Waterkant“-Hackathons T rockenheit, Stürme, Starkregen – Konzepte für Dienstfahrräder zwischen Waterkant“-Hackathon. Für 24 Stun- der Klimawandel ist längst Reali- den Betriebsstandorten, ökologische Ge- den kamen Computerspezialisten mit tät. Für Holger Kroll hat das Kon- bäudegestaltung oder ein Pendlerportal. Touristikern, Umwelttechnologen mit sequenzen: Er ist Leiter der Stabsstelle Verbandsvorsteherin Gesine Strohmey- Schülern einer Berufsschulklasse zu- Nachhaltigkeit und Kreisläufe beim er moderierte den Prozess: „Wir wollen sammen. Etwa 100 Teilnehmer aus ZVO, verantwortlich für Trinkwasser-, Dinge aus anderer Perspektive betrach- Schleswig-Holstein beschäftigten sich Gas- und Breitbandversorgung sowie ten: Bewährtes übernehmen, Neues in neun Teams mit Fragen zum The- für Abwasser- und Abfallentsorgung. hinzufügen und dann zu Lösungen ma „Digitale Chancen für eine intakte „Wie können wir künftig die Wasserver- kommen, an die man vorher gar nicht Umwelt im ländlichen Küstenraum“. Er- sorgung gewährleisten, wenn es mehr gedacht hat“, so beschreibt sie die Idee. gebnisse waren eine Marketingstrategie trockene und wärmere für das Trinken von Leitungswasser, ein „Bewährtes Sommer und dadurch Zukunftswerkstatt Den Betrieb ohne Armband, das Wassersportler vor dem übernehmen, Neues gleichzeitig mehr Touris- die rund 50 Mitarbeiter aufrechtzuer- Eintritt in Schutzgebiete warnt, und ein hinzufügen und ten gibt?“, fragte er sich halten, die sich angemeldet hatten, sei digitales Tool zum Bienenschutz. zum Beispiel. Schnell schon „eine Herausforderung“ gewesen, Nun werden die Ideen aus den dann zu Lösungen merkte Kroll, dass er die sagt Kroll. Aber die Motivation sei da- Werkstätten umgesetzt: Auf dem ZVO- kommen.“ Antworten nicht alleine nach gestiegen, und „wir entwickeln uns Betriebsgelände sind aus Grünflächen finden kann. als Unternehmen weiter“. Neben den Blühstreifen geworden, unter Dachfirs- Um das Thema Nachhaltigkeit noch konkreten Ergebnissen des Hackathons ten hängen Fledermaus-Nistkästen und stärker im Betrieb zu verankern, lud er hofft er, „dass wir dadurch als inter- auf einer ehemaligen Müllkippe haben alle 520 Mitarbeiter des ZVO und der essanter Arbeitgeber wahrgenommen Insektenhotels eröffnet. Und auch die zwei Tochter-GmbHs zu einem Hacka- werden“. Dazu soll auch die Zukunfts- Teilnehmer haben etwas mitgenommen: thon ein. Das Format, bei dem Teil- werkstatt beitragen, die aus dem Ha- die Erkenntnis, dass wir gegen den Kli- nehmer einen oder mehrere Tage nach ckathon hervorging: Jeder Mitarbeiter mawandel etwas tun können. �� Lösungen für Probleme suchen, stammt soll hier künftig die Möglichkeit haben, aus der Hackerszene; die Wortschöp- einen Tag im Monat für die Erarbeitung Autorin: Friederike Grabitz fung setzt sich aus den Begriffen Ha- von Zukunftsprojekten freigestellt zu Freie Journalistin cking und Marathon zusammen. werden. redaktion@ihk-sh.de So erarbeiteten an einem Freitag im Kroll wollte mehr Fachleute und die April Gärtner, Kläranlagentechniker, Re- Öffentlichkeit in das Thema einbin- Mehr unter cyclingspezialisten, Controller, Vertrieb- den und lud im September in einem www.zvo.com/hackathon ler und Azubis abteilungsübergreifend Neustädter Strandhotel zum „Hack the 14 02/20
Titelthema Klimaziele im Betrieb �� Energie-Scouts nehmen sind, sehen sie viele Arbeitsschritte und Energieverbräu- che, die für andere Mitarbeiter alltäglich sind, mit anderen Augen“, Einsparpotenziale sagt Geschäftsführerin Franziska Leupelt. Die Projektergebnisse helfen nicht nur den Azubis, verantwortlich mit dem Energiever- aufspüren brauch umzugehen. „Auch die Mitarbeiter, die schon lange im Unternehmen sind, lernen, bei ständig steigenden Energiepreisen sparsam und nachhaltig zu arbeiten.“ Mehr als 180 Azubis aus Schleswig-Holstein können sich Energie-Scouts nennen. Denn sie haben am gleichnamigen IHK- 1.650 Projekte Bis heute haben mehr als 6.500 Lehrlinge deutsch- Projekt teilgenommen, das ein ganz besonderes Ziel verfolgt. landweit die Qualifikation mit etwa 1.650 Projekten erfolgreich ab- Energiesparpotenziale im Ausbildungsbetrieb finden, doku- geschlossen. Mit der Umsetzung aller Ideen könnten 148.000 Ton- mentieren und vor allem Verbesserungsvorschläge machen – so nen CO2 eingespart werden. Das entspricht etwa 93.670 Flügen von lautet die Devise der Energie-Scouts. Damit die jungen Männer Berlin nach New York. Das Projekt Energie-Scouts ist Teil der Mit- und Frauen wissen, worauf sie achten sollen, besuchen sie Work- telstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz und wurde vom shop-Module. Hier stehen Themen wie Energieeffizienz, Kommu- Bundeswirtschaftsministerium, dem Bundesumweltministerium, nikation, Projektarbeit und Messtechnik auf dem Stundenplan. dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag sowie dem Zen- Das neue Wissen können die Fachkräfte von morgen gleich in die tralverband des Deutschen Handwerks ins Leben gerufen. �� Praxis umsetzen, denn ein eigenes Energieeffizienzprojekt rundet die Zusatzqualifikation ab. Ihre Ideen diskutieren sie dann mit ih- Autorin: Julia Rojahn rem Ausbildungsleiter oder dem Energieexperten des Unterneh- IHK-Redaktion Schleswig-Holstein mens. julia.rojahn@flensburg.ihk.de Bisher haben mehr als 50 Betriebe in Schleswig-Holstein das kostenfreie Angebot genutzt – darunter das Druckhaus Leupelt Mehr unter aus Weding, Gemeinde Handewitt. Hier sind drei Energie-Scouts www.ihk-sh.de/energie-scouts beschäftigt. „Da wir in unserer Produktion sehr hohe Energieauf- www.mittelstand-energiewende.de wendungen haben und die Auszubildenden noch jung im Unter- Anzeigenschluss für das nächste Schwerpunktthema „Tourismus und Wir planen, entwickeln und bauen mit allen Werkstoffen, aber Gastronomie“ am liebsten mit Holz – nachhaltig, umweltfreundlich und für die Zukunft! Industrie- und Gewerbebau | Logistikimmobilien ist der 06.02.2020. Bürogebäude | Bau- und Verbrauchermärkte gewerblicher Wohnungsbau | Reitanlagen | Hallenbau Von der ersten Idee bis zur schlüsselfertigen Übergabe bieten wir Ihnen als Generalunternehmer qualitativ hochwertige, wirtschaftliche Komplettlösungen für Ihr Bauprojekt. Weitere Informationen unter Kontaktieren Sie uns – wir beraten Sie gerne! 0451/7031-285 oder Besser bauen. bmueller@schmidt-roemhild.com Mit Holz. Gebr. Schütt KG | Tel.: 04858 1800-0 | www.schuett-holzbau.de 02/20 15
�� Wirtschaft im Gespräch „Begeisterung für Start-ups schaffen“ Helmholtz-Zentrum Geesthacht Es ist die größte außeruniversitäre Forschungsinstitution Schleswig- Holsteins: das Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG). Mit den Schwerpunkten Materialforschung sowie Klima- und Küstenforschung arbeitet es an zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Seit September 2019 ist Professor Dr. Matthias Rehahn wissenschaftlicher Geschäftsführer. Mit der Wirtschaft sprach er über die Zukunft der Kunststoffe, den Wandel des Küstenklimas und darüber, wie das HZG Unternehmen hilft. Wirtschaft: Selbsterklärte Aufgabe Unternehmen bei der Anpassung an den Wir müssen allerdings den Einsatz von der Helmholtz-Zentren ist es, „große Klimawandel zu unterstützen. Kunststoffen auf Bereiche beschrän- und drängende Fragen von Wissen- Wirtschaft: Das HZG hat zwei ken, wo sie echte Vorteile bieten, und schaft, Gesellschaft und Wirtschaft zu Schwerpunkte: Werkstoffe und Materi- vermeiden, dass sie unkontrolliert in beantworten“. Welche Meilensteine ha- alien einerseits, Klima- und Küstenfor- die Umwelt gelangen. Das Einsammeln ben Sie in Geesthacht in jüngster Zeit schung andererseits. Welche Bezüge und und Entsorgen der in den Meeren auf- erreicht? Chancen entstehen aus dieser Konstella- gehäuften Plastikberge ist natürlich der Matthias Rehahn: Viele HZG-Inno- tion? Traum jedes verantwortungsvollen Po- vationen haben bereits den Weg in die Rehahn: Nur auf den ersten Blick lymerchemikers, wird aber nicht zeitnah Wirtschaft oder die Gesellschaft gefun- scheinen die beiden Schwerpunkte weit zu realisieren sein. Wir müssen daher den. So haben wir zum Beispiel Füge- entfernt. Gemeinsam dienen sie dem Kunststoffe, die Gefahr laufen, in die technologien für die Flugzeug- und Au- Klima- und Umweltschutz, der Nach- Umwelt zu gelangen, so verändern, dass toindustrie entwickelt, um unterschied- haltigkeit menschlicher Nutzung na- sie schadlos und rasch abgebaut werden. liche Leichtbaumaterialien zu kombi- türlicher Ressourcen und damit dem Parallel müssen wir neue Kunststoffe nieren. Weiterhin haben wir große Fort- künftigen Wohlergehen der Menschheit schaffen, die aufgrund ihrer sinnvollen schritte in der Wasserstofftechnologie auf unserer Erde. Konkrete Synergien in Funktionalitäten viel zu wertvoll sind, erzielt, wo wir Systeme sowohl für die der Forschung ergeben sich etwa bei der um achtlos fortgeworfen zu werden. Erzeugung und Reinigung als auch für massiv fortschreitenden Digitalisierung, Für das HZG sehe ich als Zielfelder in- die Speicherung von Wasserstoff ent- der Bild- und Datenanalyse mittels novativer Polymere die Medizintechnik, wickeln konnten. Schließlich testen wir künstlicher Intelligenz oder der Schaf- Stofftrennverfahren und Energiespei- aktuell innovative Mate- fung energieautarker Beobachtungs- cher, perspektivisch aber auch neue Re- „Wir müssen rialien für die regenerati- plattformen für die Küsten. cyclingverfahren. Kunststoffe so ve Medizin, insbesondere Wirtschaft: Sie sind Chemiker, kom- Wirtschaft: Das Climate Service Cen- verändern, dass sie für die Haut- und Kno- men aus der Werkstoffforschung, insbe- ter Gerics des HZG in Hamburg ist eine chenheilung, aber auch sondere Kunststoffe waren ein wichtiges der bedeutendsten Einrichtungen beim schadlos und rasch die Kardiologie. Thema Ihrer Laufbahn. Bringen Sie ei- Thema Klimawandel. Welche Angebote abgebaut werden.“ In der Küsten- und gene Schwerpunkte mit? Welche Visio- und Chancen bietet es konkret für die Klimaforschung haben nen oder Ziele für das HZG sehen Sie? Unternehmen Schleswig-Holsteins? wir Modelle und Szenarien entwickelt, Rehahn: Trotz der aktuell negati- Rehahn: Klimabedingte Hitzeperio- die heute schon genutzt werden, etwa ven Wahrnehmung von Kunststoffen den oder Extremwetterlagen mit Stür- um die durch Klimawandel und Mee- als Plastikmüll ist unumstritten, dass resspiegelanstieg erforderlichen zusätz- wir ohne sie fundamentale technische, lichen Küstenschutzmaßnahmen festzu- ökologische und humanitäre Heraus- legen. Zudem haben wir wissenschaftli- forderungen nicht bewältigen können. che Methoden etabliert, um Städte und Das HZG-Forschungsschiff Ludwig Prandtl 16 02/20
WWW.BARTRAM-BAUSYSTEM.DE on de r Vi sion V P roje k t. z u m 2800 hacht, Zentrum für Material- und Küstenforschung (HZG). Zuvor war er seit 1999 Professor für makromole- kulare Chemie an der TU Darmstadt. Parallel dazu leitete er das Deutsche Kunststoff-Institut, das er 2012 in das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestig- keit und Systemzuverlässigkeit integ- Referenzen Fotos: HZG/Christian Schmid, HZG/Katrin Binner rierte. Von 2010 bis 2018 war Rehahn Vorsitzender der Gutachtergruppe im Industrie- und Gewerbebau „Werkstoffe“ in der Arbeitsgemein- schaft industrieller Forschungsverei- Zur Person nigungen (AiF), von 2012 bis 2016 zu- dem AiF-Vizepräsident. Von 2017 bis Professor Dr. Matthias Rehahn, zum Amtsantritt beim HZG kümmerte Jahrgang 1961, ist seit September er sich als Vizepräsident der TU Darm- 2019 Wissenschaftlicher Geschäfts- stadt um Wissens- und Technologie- führer des Helmholtz-Zentrums Geest transfer, Alumni und Fundraising. �� men und Überschwemmungen können Wirtschaft: Küstenschutz ist ein die gesamte Wertschöpfungskette von Schwerpunkt des HZG. Was hat nach Unternehmen beeinflussen. Konkret Ihren Erkenntnissen Schleswig-Holstein betrifft dies die Rohstoffbeschaffung, angesichts des Klimawandels zu erwar- die Produktion, die Absatzmärkte oder ten? einzelne Betriebsstandorte gerade auch Rehahn: Globalaussagen zu Zu- im Küstenbereich. kunftsszenarien sind grundsätzlich Vor diesem Hintergrund wurde problematisch. Wir entwickeln daher im Gerics der sogenannte Unterneh- zur Beratung von Politik, Wirtschaft mensbaukasten entwickelt. Dieses und Bevölkerung regional immer feiner wissenschaftlich fundierte Werkzeug auflösende Verfahren zur Modellierung unterstützt die Wirtschaft dabei, Anpas- von Küstenklima und Küstenverände- sungsmaßnahmen an den Klimawandel rungen. Hier können sich interessierte zu identifizieren und zu entwickeln. Die Branchen kompetent informieren las- partnerschaftliche Kooperation mit Un- sen. Heutige Modelle prognostizieren ternehmen stellt sicher, dass die Bera- mehrheitlich, dass Extremereignisse tungen passgenau ihren Anforderungen wie Sturmfluten möglicherweise häu- entsprechen. figer und intensiver auftreten und der Wirtschaft: Welchen Stellenwert wird Wellengang höher werden könnte. Auch künftig die wirtschaftliche Nutzung von ist – je nach Schnelligkeit und Erfolg Forschungsergebnissen haben und wie von Klimaschutzmaßnahmen – ein si- beurteilen Sie insbesondere die Chan- gnifikanter Anstieg des Meeresspiegels Das individuelle Bau-System cen für Ausgründungen und Start-ups? absehbar, der bis zum Jahr 2100 deutlich Rehahn: Das Überführen von Ergeb- mehr als einen Meter betragen kann. Entwurf und Planung nissen der Grundlagenforschung in die Verbesserter Küstenschutz scheint daher wirtschaftliche Nutzung wird künftig sehr wichtig. Umgekehrt werden Hitze- Festpreis eine noch viel größere Bedeutung haben und Trockenperioden im Frühjahr und als heute. Daher arbeiten wir intensiv an Sommer voraussichtlich länger andau- Fixtermin der Identifizierung erfolgversprechender ern als noch vor einigen Jahrzehnten. Gründungsszenarien und an Anreiz- und Das könnte unsere Küsten bei Urlaubern 40 Jahre Erfahrung Supportsystemen für gründungswillige noch beliebter werden lassen. Anderer- Wissenschaftler. Letztlich müssen wir seits werden die Niederschläge im Win- Alles aus einer Hand Begeisterung für Start-ups und hohe ter weiter zunehmen, was insbesondere Wertschätzung für Unternehmensgrün- für die Landwirtschaft Konsequenzen der schaffen. Viele bürokratische und haben wird. �� Wir beraten Sie gern persönlich. mentale Hürden sind zu überwinden, es Dipl.-Ing. Fr. Bartram GmbH & Co. KG findet sich aber eine steigende Zahl en- Interview: Klemens Vogel Ziegeleistraße · 24594 Hohenwestedt gagierter Fürsprecher und Unterstützer. IHK-Redaktion Schleswig-Holstein Das nährt Hoffnung auf einen baldigen vogel@ihk-luebeck.de Tel. +49 (0) 4871 778-0 Kulturwandel auch am HZG. Fax +49 (0) 4871 778-105 info@bartram-bausystem.de 02/20 17 MITGLIED GÜTEGEMEINSCHAFT BETON
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