Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen - BMU
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2 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen Impressum Herausgeber Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) Referat Öffentlichkeitsarbeit, Online-Kommunikation, Social Media · 11055 Berlin E-Mail: buergerinfo@bmu.bund.de · Internet: www.bmu.de Redaktion BMU, Arbeitsgruppe IG I 5 – Umwelt und Verkehr; Elektromobilität Gestaltung wbv Media, Bielefeld, Tatjana Mönnighoff Bildnachweise Siehe Seite 43 Stand März 2021 Download dieser Publikation www.bmu.de/publikationen Hinweis Diese Publikation wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit kostenlos herausgegeben. Sie ist nicht zum Verkauf bestimmt und darf nicht zur Wahlwerbung politischer Parteien oder Gruppen eingesetzt werden. Mehr Informationen unter: www.bmu.de/publikationen
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 3 Inhalt Umwelt und Verkehr: Sind wir auf dem richtigen Weg?.............................................................................................. 4 1 Klimaschutz im Verkehr: Wo stehen wir?.................................................................................................................. 6 2 Mehr als CO2: Schadstoffe im Verkehr.......................................................................................................................... 9 3 Ressourcen und Verkehr.................................................................................................................................................... 12 4 Externe Kosten des Verkehrs........................................................................................................................................... 14 5 Ist das gerecht?....................................................................................................................................................................... 16 6 Mehr Klimaschutz durch öffentlichen Verkehr..................................................................................................... 18 7 Mehr Klimaschutz bei Pkw.............................................................................................................................................. 22 8 Mehr Klimaschutz im Güterverkehr........................................................................................................................... 26 9 Alternative Antriebe im Straßengüterverkehr....................................................................................................... 30 10 Alternative Kraftstoffe ....................................................................................................................................................... 32 11 Klimaschutz im Luftverkehr........................................................................................................................................... 34 12 Digitalisierung – Chance oder Risiko für die Verkehrswende?....................................................................... 36 13 Greifbar mehr Leben: die Mobilität der Zukunft .................................................................................................. 38 Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................................................................................. 41 Quellenverzeichnis....................................................................................................................................................................... 42 Bildnachweise ................................................................................................................................................................................. 43
4 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen Umwelt und Verkehr: Sind wir auf dem richtigen Weg? Treibhausgasemissionen: Externe Kosten: auf den Schultern weiterhin auf hohem Niveau der Allgemeinheit Seit 1990 hat der deutsche Verkehrssektor seine Treibhaus- Allein in Deutschland verursacht der Verkehr jedes Jahr gasemissionen nicht verringert, mit 163,5 Millionen Tonnen externe Kosten in Höhe von weit über 100 Milliarden Kohlendioxid(CO2)-Äquivalenten steht er an dritter Stelle Euro. Dazu gehören Gesundheitskosten durch Luft- der Verursacher von Treibhausgasemissionen. Bis 2030 soll schadstoffe und Lärm ebenso wie Kosten durch Klima- der Verkehr seine Emissionen auf 95 Millionen Tonnen folgeschäden, geschädigte Ökosysteme oder Unfälle. CO2-Äquivalente senken, langfristig muss er treibhausgas- Kosten, die zu großen Teilen von der Allgemeinheit neutral werden. Hierfür gilt es nun, schnell zu handeln, Ver- getragen werden. kehr zu vermeiden und zu verlagern sowie die Emissionen des verbleibenden Verkehrs zu verringern – durch Effizienz- steigerungen etwa über die Elektromobilität. Soziale Perspektive: noch keine Ausgewogenheit Schadstoffe: deutliche Verbesserungen Menschen mit niedrigen Einkommen sind eher Lärm und Luftschadstoffen ausgesetzt. Die Kosten für den Ein vor allem lokales Problem des Verkehrs sind Schad- öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) haben sich in stoffe wie Stickstoffoxide (NOX) und Partikelemissionen, der Vergangenheit stärker erhöht als jene für Autokauf die sich negativ auf Mensch und Umwelt auswirken. Die und -nutzung. Von Regelungen, die aus Umweltsicht Partikel- und NOX-Emissionen konnten zwischen 1990 hinterfragt werden sollten, profitieren vor allem höhere und 2018 schon deutlich gesenkt werden. Maßgeblich war Einkommensgruppen. In städtischen und ländlichen hierfür vor allem die Abgasgesetzgebung, die kontinuier- Regionen ist ÖPNV unterschiedlich verfügbar. Bestehen- lich weiterentwickelt wird, um weitere Verbesserungen de Förderungen können dies nur zum Teil ausgleichen, zu erreichen. Abhängig von der Wirksamkeit der Begren- etwa wenn es um den Erwerb klimafreundlicherer zung der Schadstoffemissionen verbessert sich auch die Fahrzeuge geht. Diese Beispiele zeigen: Es gibt noch viel Luftqualität in deutschen Städten. Nachholbedarf für eine sozial gerechte Verkehrswende, die allen Menschen unabhängig von ihrem Einkom- men und auch unabhängig davon, ob sie auf dem Land Ressourcenverbrauch: vielfältige oder in der Stadt leben, eine klimaverträgliche Mobilität Herausforderungen ermöglicht. Rohöl für den Antrieb von Verbrennungsmotoren. Flächen für Straßen, Parkplätze und Bahnhöfe. Lithium und Kobalt für die Batterien von Elektrofahrzeugen. Der Verkehr braucht nach wie vor viele Ressourcen, deren Nutzung mit schwerwiegenden sozialen und ökologi- schen Konsequenzen verbunden sein kann. Hier gilt es, für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen – zum Beispiel durch Vorgaben zur Herstellung und zum Recycling sowie zur Gewinnung der Rohstoffe.
5 Öffentlicher Verkehr: koordinierte nicht geklärt. Strombasierte Kraftstoffe schneiden Planung, mehr Investitionen aufgrund der hohen Umwandlungsverluste im Straßenverkehr deutlich schlechter ab als elektrische Obwohl öffentliche Verkehrsmittel dem Personenkraft- Fahrzeuge. Sie sollten daher vor allem dort genutzt wagen (Pkw) in Sachen Klimaschutz klar überlegen sind – werden, wo es keine sinnvollen Alternativen gibt – etwa sie verbrauchen pro Personenkilometer weniger Energie im Luft- und Seeverkehr. und stoßen deutlich weniger Treibhausgase aus –, haben sie im Nah- und Fernverkehr insgesamt nur einen Anteil von rund 16 Prozent an der gesamten Verkehrsleistung. Luftverkehr: globaler Sektor, hohe Mehr öffentlicher Verkehr ist unverzichtbar – hierfür Klimawirkung braucht es eine integrierte und koordinierte Planung ebenso wie hohe Investitionen für eine Verbesserung des Kein Verkehrsmittel ist klimaschädlicher als das Angebots. Flugzeug. Insgesamt ist der Luftverkehr für 5,5 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Eine Klimaschutzoption können hier strombasierte Pkw: weg vom herkömmlichen Kraftstoffe sein, die mithilfe erneuerbarer Energien Verbrennungsmotor produziert werden. Doch dies genügt nicht – auch aufgrund begrenzter Mengen. Wichtig ist es daher Pkw verursachen 60 Prozent der Treibhausgasemissio- gleichzeitig, die Effizienz im Luftverkehr weiter zu nen des Straßenverkehrs. Zwar hat sich ihre Effizienz erhöhen, CO2 zu bepreisen, nicht notwendige Flüge zu verbessert, dies wird jedoch unter anderem durch eine vermeiden, auf andere Verkehrsmittel zu verlagern. Steigerung des Pkw-Verkehrs wieder aufgehoben. Gerade der mit fossilen Energien betriebene Verbren- nungsmotor kann langfristig nicht Teil eines zukunfts- Digitalisierung: Chance und Risiko fähigen Straßenverkehrs sein. Hier braucht es den zugleich Elektromotor, die energieeffizienteste Alternative, die keine Luftschadstoffe emittiert und auf Basis erneuer- Digitale Technologien können den öffentlichen barer Energien betrieben werden kann. Verkehr attraktiver machen – so durch mobile Ticket- systeme, eine bessere Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsmittel und Informationen über Abfahrtzeiten. Güterverkehr: Tendenz weiter steigend Aber auch der Pkw-Verkehr profitiert von ihnen, etwa mit Blick auf weniger Staus oder die Freiräume durch Die Treibhausgasemissionen des Straßengüterverkehrs automatisiertes Fahren – was sogar zu mehr Verkehr sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen: Trotz führen kann. Daher sollten die Chancen der Digitalisie- technischer Verbesserungen erhöhten sie sich zwischen rung für eine sicherere und umweltfreundlichere 1995 und 2018 um gut 20 Prozent. Etwa 70 Prozent der Mobilität gezielt genutzt, mögliche Risiken aber Waren werden hierzulande noch immer auf der Straße zugleich minimiert werden. transportiert, dabei sind die Klimawirkungen von Binnenschiffen und der Bahn deutlich geringer. Klimaschutzoptionen könnten hier auch alternative Stadt der Zukunft: mehr Lebensqualität Antriebe wie batterieelektrische oder Oberleitungs- Lastkraftwagen (O-Lkw) bringen. Mehr Klima- und Umweltschutz im Verkehr kann das Leben der Menschen – insbesondere in den Ballungs- räumen – deutlich verbessern. Denn eine Mobilitäts- Alternative Kraftstoffe: Option für wende kann mehr Platz in den Städten schaffen, den den Luft- und Seeverkehr Lärm reduzieren und die Luftqualität verbessern, die Gesundheit von Anwohnerinnen und Anwohnern Fortschrittliche Biokraftstoffe, Wasserstoff und großer Straßen fördern und jedem und jeder Einzelnen strombasierte Kraftstoffe können dazu beitragen, den mehr Zeit und Platz schenken. Klimaschutz im Verkehr voranzubringen. Doch sind viele Fragen etwa mit Blick auf die ökologischen Auswirkungen fortschrittlicher Biokraftstoffe noch
6 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 1 Klimaschutz im Verkehr: Wo stehen wir? Der deutsche Verkehrssektor hat seine Treibhausgasemissionen seit 1990 – das ist das im Klima- schutz maßgebliche Vergleichsjahr – nicht verringert. Sie lagen 2019 mit rund 163,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten etwa auf dem gleichen Niveau. Der Verkehr verursacht damit nach der Energiewirtschaft und der Industrie die drittmeisten Treibhausgasemissionen in Deutsch- land. Dabei sind noch nicht die Emissionen des internationalen Luft- und Seeverkehrs berück- sichtigt – beide sind in der Vergangenheit stark gewachsen. Der Klimaschutzplan 2050 und das Bundes-Klimaschutzgesetz 40 bis 50 Prozent Deutschland muss jedoch bis spätestens Mitte des aller Autofahrten in deutschen Großstädten sind Jahrhunderts treibhausgasneutral werden. Das ist im kürzer als fünf Kilometer – eine perfekte Strecke Pariser Klimaabkommen von 2015 ebenso geregelt wie für das Fahrrad. im 2016 verabschiedeten Klimaschutzplan 2050. Dieser sieht erstmals Klimaziele für einzelne Wirtschaftssektoren vor, die ebenso im Klimaschutzgesetz festgelegt sind – auch für den Verkehr: Er soll seine Treibhausgasemis- sionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 42 Prozent auf 95 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente senken. Lang- fristig muss er treibhausgasneutral werden.
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 7 CO2-Emissionen abhängig von Verkehr lässt sich vermeiden, wenn die Wege durch Gewicht, Leistung und Energiequelle andere Siedlungsstrukturen verkürzt, die Nutzungs- vielfalt in Quartieren erhöht oder Fahrzeuge über Die meisten Treibhausgase des Verkehrs entstehen auf der Fahrgemeinschaften besser ausgelastet werden. Auch Straße. Dort werden derzeit zu 95 Prozent fossile Kraft- beim Güterverkehr lässt sich das Verkehrsaufkommen stoffe genutzt: Benzin und Diesel sowie in kleineren Mengen reduzieren, so durch regionalere Lieferketten oder auch Erdgas und Flüssiggas. Dies alles sind Kohlenwasserstoffe, eine höhere Auslastung von Lkw durch verbesserte bei deren Verbrennung Kohlendioxid, also CO2, frei wird. Logistikprozesse. Der CO2-Ausstoß hängt damit vom Kraftstoffverbrauch der Pkw und Lkw ab – und dieser wiederum davon, wie Die Verkehrsverlagerung setzt auf eine umweltscho- groß, schwer und leistungsstark die Fahrzeuge sind. nendere Fortbewegung, im Personenverkehr zum Beispiel zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Damit Menschen ihr Auto stehen Vermeiden, verlagern, verbessern lassen, müssen der öffentliche und der Schienenver- kehr verbessert werden – so durch eine höhere Taktung Für mehr Klimaschutz im Verkehr gibt es mehrere und eine einfachere Erreichbarkeit. Wichtig ist es auch, Strategien: Verkehr kann vermieden, verlagert und Fahrradinfrastrukturen aus- und Privilegien für Pkw weniger CO2-intensiv gestaltet werden – so etwa durch abzubauen. Im Güterverkehr könnte mehr Verkehr auf mehr Elektrofahrzeuge. die Schiene verlagert werden – hierfür müssen Kapazi- tätsengpässe im Netz behoben, die Schiene muss flexibler und zuverlässiger werden. Abbildung 1: Klimaschutzziele und Maßnahmen Treibhausgasemissionen (Millionen Tonnen CO2-Äquivalente) Mehr Rad-, Fuß- und öffentlicher Verkehr Mehr Güter auf 200 die Schiene E-Pkw 150 Effizienzverbesserung der Fahrzeuge CO2-arme Kraftstoffe 100 Lkw und Busse mit alternativen Antrieben 50 0 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 Nationaler Verkehr Zulässige Jahresemissionsmenge nach Klimaschutzgesetz Quelle: Umweltbundesamt (2020) und Klimaschutzgesetz
8 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen Schließlich gilt es, die Emissionen des verbleibenden Verkehrs zu verringern – durch effizientere Fahrzeuge, Verbesserungen durch sparsamere Fahrzeuge alternative Antriebe und zum Teil auch alternative werden in Deutschland durch ein Mehr an Verkehr Kraftstoffe. Denn der Pkw- und Lkw-Verkehr wird sich wieder aufgehoben – allein der Pkw-Verkehr hat nicht komplett vermeiden oder verlagern lassen. Eine sich zwischen 1995 und 2018 um Schlüsseltechnologie ist hier der Elektromotor. Er ist der energieeffizienteste Antrieb und hat damit einen knapp 14 Prozent erhöht. + 14 % klaren Klimavorteil gegenüber Verbrennern. Dieser wird wachsen, je höher der Anteil erneuerbarer Energien ist. Auch bei Lkw gab es in den vergangenen Jahren große technologische Fortschritte, die eine stärkere Elektrifizie- rung mit Oberleitungen ebenso wie mit Batterien Viele Maßnahmen, wenig Zeit ermöglichen. Bei anderen Verkehrsträgern wie Flugzeu- gen sowie Binnen- und Seeschiffen scheint die direkte Es gibt also vielfältige Maßnahmen für mehr Klima- Stromnutzung bislang technisch nicht möglich. Für sie schutz im Verkehr. Sie unterscheiden sich in ihrer Art sind daher zusätzlich treibhausgasarme Kraftstoffe nötig. und natürlich auch ihrem Potenzial, die Treibhausgas- emissionen zu senken. Manche Maßnahmen setzen auf neue Technologien, einige auf politische Regulierung, andere darauf, Verhaltensänderungen durch positive Anreize zu bewirken. Eins jedoch haben sie alle gemein- sam: Sie müssen schnell umgesetzt werden, sollen die Klimaschutzziele des Verkehrs erreicht werden. Eine Verkehrswende – weg von der Dominanz von Pkw und Lkw – und eine Energiewende im Verkehr – weg von konventionellen, fossilen Antrieben – müssen Hand in Hand gehen. Ein Preis für CO2 Ein CO2-Preis auf Kraftstoffe kann auf vielfältige Weise zu mehr Klimaschutz im Verkehr beitragen. Durch höhere Kraftstoffpreise verändert sich sowohl im Personen- als auch im Straßengüterverkehr die Verkehrsnachfrage. Sie tragen dazu bei, dass Personenverkehr auf den öffentlichen Verkehr verlagert wird; Autofahrerinnen und Autofahrer suchen möglicherweise auch nähere Ziele aus. Im Straßen- güterverkehr entstehen Anreize für eine bessere Fahr- zeugauslastung, die Verlagerung auf die Schiene sowie verbesserte Logistikketten. Und nicht zuletzt fördert ein CO2-Preis auch sauberere Fahrzeuge: Er macht fossile Technologien unattraktiver und neue Technologien werden durch ihn schneller rentabel. Man könnte auch sagen: Wer verschmutzt, bezahlt. Mit dem Brennstoffemissionshandels- gesetz (BEHG) gibt es seit 2021 auch in Deutschland eine Bepreisung von CO2 für die Sektoren Wärme und Verkehr.
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 9 2 Mehr als CO2: Schadstoffe im Verkehr Neben den Treibhausgasemissionen verursacht der Verkehr noch ein weiteres, vor allem lokales Problem: Schadstoffe, die sich negativ auf Mensch und Umwelt auswirken. Während die Treib- hausgasemissionen direkt von der Menge des verbrannten Kraftstoffs abhängen und spritspa- rende Autos daher weniger CO2-Äquivalente emittieren, hängen die Schadstoffemissionen von der Art der Verbrennung und den in den Fahrzeugen eingebauten Abgasreinigungssystemen ab. Besonders relevant sind hier Stickstoffoxide sowie Partikelemissionen, die Atemwegs- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen können und Ökosysteme schädigen. Abbildung 2: Entwicklung der Stickstoffoxidemissionen im Straßenverkehr Stickstoffoxidemissionen in 1.000 Tonnen Pkw und Motorräder 1.400 Straßengüterverkehr 1.200 Busse 1.000 800 600 400 200 0 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 Quelle: Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) 2020
10 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen Stickstoffoxid-Emissionen Stadtluft wird sauberer Stickstoffoxide entstehen vor allem in Verbrennungs- motoren. Zwischen 1990 und 2018 konnten die NOX- Während beim Blick auf Treibhausgase in der Regel die Emissionen des Straßenverkehrs um 64 Prozent gesenkt Emissionen – also die Menge der ausgestoßenen werden: von 1.305 auf 473 Kilotonnen jährlich. Möglich Treibhausgase – im Vordergrund stehen, ist bei Schadstof- wurde dies vor allem durch die Abgasgesetzgebung für fen die sogenannte Immission von noch größerer Pkw und schwere Nutzfahrzeuge sowie in der Folge Bedeutung: ihr Einfluss auf die Umwelt, also auf Lebewe- durch die Weiterentwicklung der Abgasnachbehand- sen, Gewässer oder Böden. Während Emissionen in lung, bessere Motoren und Kraftstoffe. Mengen gemessen werden, sind es bei Immissionen Konzentrationen, so etwa eine Belastung mit Schadstof- Nach wie vor geht mehr als ein Drittel der gesamten fen in Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. NOX-Emissionen auf den Straßenverkehr zurück und hiervon ein hoher Anteil auf ältere Diesel-Pkw. Doch: Immissionswerte erlauben es, die Luftqualität zu Durch die Flottenerneuerung werden ältere Fahrzeuge bewerten. In Deutschland erfolgt dies über die im nach und nach aus dem Fahrzeugbestand verschwinden. Bundesimmissionsschutzrecht festgelegten Grenzwerte, Es wird zudem erwartet, dass die Emissionsmengen die durch die europäische Luftqualitätsrichtlinie vorge- aufgrund der Fortschreibung der Abgasgesetzgebung schrieben werden. So gilt etwa für Stickstoffdioxid (NO2) weiter sinken werden – unter anderem, weil die ein 1-Stunden-Grenzwert von 200 Mikrogramm pro niedrigen Emissionen bei neuen Fahrzeugen im realen Kubikmeter Luft, der pro Kalenderjahr nicht häufiger als Betrieb berücksichtigt werden. Aber auch eine zuneh- 18-mal überschritten werden darf. Im Jahresmittel liegt mende Anzahl von Elektrofahrzeugen wird helfen, die der Grenzwert bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Schadstoffemissionen in Zukunft weiter zu reduzieren. Bund und Länder überwachen seit mehreren Jahrzehnten die in der Luft vorkommenden Schadstoffe. 2019 zeigte Partikelemissionen sich etwa bei Stickstoffdioxid ein weiterer Rückgang der Immissionen: In 25 Städten überschritten die NO2-Kon- Partikel sind Feststoffe, die bei der Kraftstoffverbrennung zentrationen den Luftqualitätsgrenzwert im Jahresmittel, entstehen. Aber auch Reifen- und Bremsenabrieb sowie 2018 war das noch in 57 Städten der Fall. Dieser Rückgang Fahrbahnaufwirbelungen führen zu Partikelemissionen. wird unter anderem auf die Erneuerung der Fahrzeugflot- Je kleiner die Partikel sind, desto gefährlicher sind sie te mit Fahrzeugen, die auch im realen Betrieb niedrige in der Regel für den Menschen. Stickstoffdioxidemissionen aufweisen, Software-Updates bei Diesel-Pkw, innerstädtische Tempolimits und den Einsatz schadstoffärmerer Busse zurückgeführt. Die Feinstaubgrenzwerte wurden 2019 in Deutschland eingehalten.
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 11 Insbesondere durch die Abgasgesetzgebung bei 400.000 schweren Nutzfahrzeugen und den zunehmenden Einsatz von Partikelfiltern in Fahrzeugen gingen die Abgaspartikelemissionen zwischen 1990 und 2018 um 86 Prozent zurück, sie sanken von 51,7 auf 7,4 Kilotonnen Europäerinnen und Europäer jährlich. sterben vorzeitig aufgrund von Luftverschmutzung. Die Kosten der dadurch verursachten Gesundheits- belastung in 432 europäischen Städten belaufen sich auf 166 Milliarden Euro jährlich. Abgasgesetzgebung 1992 wurden im Rahmen der europäischen Abgasgesetz- gebung Grenzwerte für die Schadstoffemissionen von Diesel- und Benzin-Pkw eingeführt. Diese wurden abgebildet werden. Seit 2019 müssen bei der Fahrzeug- seither kontinuierlich weiterentwickelt. Für die Typ- zulassung zudem Schadstoffemissionen im realen genehmigung werden die Emissionswerte der Fahrzeuge Betrieb auf der Straße geprüft werden. Das wird über im Labor auf einem sogenannten Rollenprüfstand mit die sogenannte RDE-Gesetzgebung (Real Driving einem fest definierten Fahrzyklus erhoben. Emissions) geregelt. Als sich zeigte, dass die Emissionen aus dem realen Auch für leichte Nutzfahrzeuge, Lkw und Busse gibt es Fahrzeugbetrieb teilweise deutlich über den Labor- entsprechende Emissionsnormen. Im Unterschied zu werten lagen, wurde im Rahmen der Emissionsnorm Pkw und leichten Nutzfahrzeugen werden bei schweren Euro 6 der Fahrzyklus angepasst. Während früher im Nutzfahrzeugen die Motoremissionen auf dem Motoren- Labor mit dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) prüfstand gemessen, da das gesamte Fahrzeug durch gemessen wurde, wird jetzt die Worldwide harmonized eine Vielzahl unterschiedlicher Aufbauten schwer zu Light vehicles Test Procdure (WLTP) genutzt, sodass die erfassen ist und diese einen Einfluss auf die Emissions- typischen Fahranforderungen des Alltags realitätsnäher mengen haben können. Abbildung 3: Entwicklung der Emissionen von Abgaspartikeln Partikelemissionen in 1.000 Tonnen Pkw und Motorräder 60 Straßengüterverkehr 50 40 Busse 30 20 10 0 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 Quelle: ifeu 2020
12 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 3 Ressourcen und Verkehr Stahl für Autokarosserien und Eisenbahnschienen, Kies für den Straßenbau, Lithium für Batterien – der Verkehr benötigt viele unterschiedliche Rohstoffe, zum Teil auch solche, die unter kritischen Bedingungen abgebaut werden. Zusätzlich belastet der Verkehr die Umwelt durch seinen Flächenbedarf. Hohe Belastung durch Rohöl Verkehr braucht Flächen Die zahllosen Verbrennungsmotoren, die mit Benzin Ein relevanter Faktor für den Ressourcenverbrauch des oder Diesel betrieben werden, verbrauchen große Verkehrs sind auch die Flächen, die durch Straßen, Mengen Rohöl. Die Gewinnung dieses Rohstoffes Schienen und Kanäle, durch Bahnhöfe, Häfen und Park- verursacht in vielen Förderländern erhebliche Umwelt- plätze belegt werden. Ihr Bau verändert Ökosysteme belastungen und zum Teil auch soziale Verwerfungen. oder kann sie zerstören, Flächen werden versiegelt, So etwa in Russland, dem wichtigsten Lieferland für Biodiversität geht verloren. Deutschland: Die Kontamination von 7.000 Quadrat- kilometer Boden wird hier in Verbindung mit der Erdölgewinnung gebracht. Gleichzeitig gefährdet der durch den Treibhauseffekt auftauende Permafrostboden zunehmend die Infrastruktur wie Tanks und Pipelines – und damit ebenso die Umwelt. Auch in anderen wichti- Ein VW Golf besteht zu etwa aus Stahl- und Eisenwerk- 75 stoffen, Kupfer und Aluminium. Prozent gen Lieferländern wie Nigeria oder Libyen sind mit der Erdölgewinnung negative soziale und ökologische Folgen verbunden.
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 13 Im Jahr 2018 lag der tägliche Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland bei 56 Hektar, 2019 belegte der Verkehr in Deutschland eine davon entfielen 16 Hektar auf den Verkehr. Bis 2030 Fläche von 18.056 Quadratkilometern, will die Bundesregierung diesen Wert auf weniger als beinahe die Größe eines Bundeslandes 30 Hektar senken, das integrierte Umweltprogramm des wie Rheinland-Pfalz oder Hessen. + 10 % Bundesumweltministeriums gibt ein Ziel von 20 Hektar Zwischen 1992 und 2019 ist die Verkehrsfläche pro Tag aus. um rund 10 Prozent gestiegen. Rohstoffe für Elektromobilität In der Diskussion über den Ressourcenbedarf des harmonisierte Produktanforderungen und anderer- Verkehrs stehen auch immer wieder Rohstoffe im Fokus, seits die Minimierung der Umweltauswirkungen von die für Elektrofahrzeuge benötigt werden. Denn der Batterien entlang ihrer Wertschöpfungskette abbilden. Abbau von Lithium und Kobalt, die in Fahrzeugbatterien Zuletzt können besonders problematische Rohstoffe eingesetzt werden, wird – jedenfalls bis dato – oft mit manchmal auch ganz ersetzt werden. Zum Beispiel gibt schwerwiegenden ökologischen und sozialen Folgen in es heute Antriebsbatterien, die ganz ohne Kobalt Verbindung gebracht. Wächst die Zahl der Elektrofahr- auskommen und trotz insgesamt geringeren Rohstoff- zeuge, wächst auch der Rohstoffbedarf. bedarfs höhere Reichweiten ermöglichen. Mehr Nachhaltigkeit Wichtige Elemente einer nachhaltigen Rohstoffstrategie Batterierecycling in Krefeld sind es, nachhaltigen Bergbau zu fördern, Produktions- stätten anhand von Nachhaltigkeitsstandards zu zerti- In Krefeld hat die ACCUREC-Recycling GmbH eine fizieren und Kooperationen zwischen Import- und Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien aufge- Produktionsländern zu schließen. baut, die fortlaufend erweitert und optimiert wird. Lithium-Ionen-Batterien sind elektrochemische Zentral ist es darüber hinaus, den Rohstoffbedarf durch Speicher mit hoher Energiedichte, die leicht entflamm- Recycling zu senken – insbesondere von Lithium-Ionen- bare Elektrolyte sowie hohe Konzentrationen von Batterien aus der Elektromobilität. Je Tonne recycelten Halogenen enthalten. Materials können im Vergleich zur Primärförderung hier etwa drei Tonnen CO2 eingespart werden. Auch Umso anspruchsvoller sind das Einsammeln der weitere negative Umweltwirkungen des Abbaus von Batterien, ihre Behandlung und das Recycling. Nach Nickel, Kobalt oder Kupfer können so reduziert werden. mehreren Prozessschritten und einer aufwendigen Deshalb ist es notwendig, die Ressourceneffizienz der Aufbereitung können die Batteriezellen in der Recycling- Batterien zu steigern. Verbindliche und klare Regelungen anlage in wiederverwertbare Metallfraktionen getrennt auf europäischer Ebene sollten daher einerseits werden, damit die Schlüsselrohstoffe wie Kobalt wieder in den Wirtschaftskreislauf eingespeist werden können.
14 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 4 Externe Kosten des Verkehrs Verkehr kostet – nicht nur in seiner direkten Nutzung. Der Verkehr verursacht auch sogenannte externe Kosten, allein in Deutschland fallen hier jedes Jahr weit über 100 Milliarden Euro an. Dazu gehören Gesundheitskosten, die etwa durch Luftschadstoffe und Lärm verursacht werden. Kosten, die durch Unfälle oder Klimafolgeschäden entstehen. Oder auch solche, die auf ge- schädigte Ökosysteme zurückgehen. Kosten entstehen durch die Nutzung von Verkehrsmitteln und die Energiebereitstellung ebenso wie durch Fahrzeuge, Infrastrukturen und den Flächen- verbrauch. Diese Kosten trägt bis dato zu großen Teilen die Allgemeinheit. Umweltkosten im Vergleich Die höchsten Umweltkosten entstehen im Personen- nahverkehr durch Pkw und Motorräder. Der öffentliche Ein großer Teil der externen Kosten sind die sogenann- Verkehr – also Straßen- und U-Bahnen oder auch ten Umweltkosten. Diese berücksichtigen nicht die Nahlinienbusse – liegen nur bei etwa der Hälfte. Die Unfallkosten. Die höchsten Umweltkosten pro zurück- geringsten Kosten fallen bei den klassischen Fahrrädern gelegtem Kilometer im Personenfernverkehr verzeichnet an. dabei der innerdeutsche Luftverkehr, gefolgt von den Pkw-Fahrten. Die Umweltkosten des Schienenfernver- Auch im Güterverkehr verursacht der Luftverkehr pro kehrs sowie von Reise- und Fernlinienbussen liegen Tonnenkilometer besonders hohe Umweltkosten. Aber deutlich niedriger. auch Lkw sind für relevante externe Kosten verant-
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 15 wortlich. Bei ihnen gilt: Je kleiner das Nutzfahrzeug, desto höher die Umweltkosten. Noch einmal deutlich Abbildung 4: Externe Umweltkosten geringer sind die externen Kosten im Schienengüter- im Personenverkehr verkehr sowie bei der Binnenschifffahrt. Flug international Unterschiede bei Schadstoffen Flug national Die externen Kosten von Luftschadstoffen sind sehr Schienenfernverkehr unterschiedlich – so etwa mit Blick auf den Ort, an dem sie anfallen. Darüber hinaus muss zwischen den Fernverkehr Sonstiger Reisebus verschiedenen Schadstoffen unterschieden werden. Bei Stickstoffoxiden etwa liegen die Gesundheitskosten pro Fernlinienbus emittierter Tonne Schadstoff bei rund 15.000 Euro. Es werden aber auch weitere Kosten verursacht, so etwa Pkw Ernteschäden in der Landwirtschaft oder Biodiversitäts- verluste. Diese nicht gesundheitlichen Kosten belaufen Motorrad sich pro Tonne Stickstoffoxid auf etwa 3.500 Euro. Nahlinienbus Schienennahverkehr Nahverkehr Straßen-/Stadt-/U-Bahn Fahrrad Der größte Anteil der externen 41 Kosten des Verkehrs entfällt mit Prozent 0 1 2 3 4 Cent pro Personenkilometer* 5 6 7 8 ¢ auf Unfälle, danach folgen mit 21 Prozent vor- und nachgelagerte Prozesse – also etwa Klimakosten *Berücksichtigt sind Nutzung, Energiebereitstellung, aus der Fahrzeugherstellung – Infrastruktur, Fahrzeug, Fläche, keine Lärmkosten. und mit 18 Prozent Klimakosten. Quelle: ifeu, INFRAS, Öko-Institut 2020
16 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 5 Ist das gerecht? Eine sozial ausgewogene Zugang zu Mobilität Verkehrswende verbessern Eine zukunftsfähige Mobilität soll nicht nur umwelt- Für eine sozial gerechte Verkehrswende ist es wichtig, und klimaverträglich sein, sondern auch sozial gerecht. die Mobilitätsbedürfnisse aller im Blick zu behalten und Hier gibt es noch sehr viel Nachholbedarf. So sind ihnen eine klimaverträgliche Mobilität zu ermöglichen. Menschen mit niedrigen Einkommen eher Lärm und Dazu zählen nicht nur die Pendlerinnen und Pendler, Luftschadstoffen ausgesetzt als jene, die sozial besser- sondern beispielsweise auch Kinder, alte Menschen gestellt sind. Denn Erstere wohnen häufiger an viel oder Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen. befahrenen Straßen. Wie mobil jemand sein kann, hängt vom Einkommen ab, von den persönlichen Möglichkeiten und Einschrän- Die Kosten für den öffentlichen Personennahverkehr kungen, aber auch von den in der Umgebung verfüg- erhöhten sich zuletzt zudem weitaus stärker als jene für baren Möglichkeiten wie der Anbindung an den Kauf und Nutzung von Autos – die von Menschen mit öffentlichen Verkehr und dem Vorhandensein von hohen Einkommen deutlich mehr genutzt werden. So sicheren Rad- und Fußwegen. stiegen die Preise für den öffentlichen Personennah- verkehr zwischen 2000 und 2017 um 79 Prozent, jene für Autokauf und -nutzung nur um 36 Prozent. Auch Falsch parken ist billiger als schwarzfahren: Das von aus Umweltsicht zu hinterfragenden Regelungen Bußgeld für Parken ohne Parkschein kostet für bis wie der Entfernungspauschale, dem Dienstwagenprivileg zu 30 Minuten 20 Euro, wer im öffentlichen oder der Energiesteuervergünstigung für Diesel Verkehr ohne Fahrschein erwischt profitieren vor allem die höheren Einkommensgruppen. wird, zahlt 60 Euro.
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 17 Wahre Preise gehen auch sozialverträglich Menschen mit den niedrigsten Einkommen legen durchschnittlich nur etwa die Unser Verkehr muss also nicht nur umwelt- und Hälfte der Strecke zurück wie jene mit klimaverträglicher werden, sondern auch sozialer. Das sehr hohen Einkommen – und leiden heißt nicht, dass umweltschädliche Verkehrsmittel nicht gleichzeitig stärker unter den verkehrs- teurer werden dürfen. Denn die Preise im Verkehr sollten bedingten Umweltbelastungen. die wahren gesellschaftlichen Kosten besser wider- spiegeln, als dies bisher der Fall ist. Verkehrsmittel mit hohem Ressourcenverbrauch und hohen Treibhausgas- emissionen müssten dazu also teurer werden. Instru- mente wie etwa ein CO2-Preis können sozialverträglich gestaltet werden. So wurden in Deutschland die Investi- tionen in den öffentlichen Verkehr erhöht und die Strompreise gesenkt, als ein CO2-Preis für Verkehr und Gebäude eingeführt wurde. Eine weitere Möglichkeit ist, mit den Einnahmen den Erwerb klimafreundlicher Produkte wie E-Pkw zu fördern. Abbildung 5: Autobesitz und ökonomischer Status Millionen Pkw 12 11,8 10 9,0 8,5 8 7,8 1 Auto 6,1 6 4 2 Autos 2 0 < 1.300 € 1.300 – 1.700 € 1.700 – 2.100 € 2.100 – 2.500 € > 2.500 € 3 Autos und mehr car Einteilung der deutschen Haushalte nach Einkommen* 42 % 20 % 20 % 16 % *Einkommensgruppen entsprechen jeweils 20 Prozent der Haushalte. 13 % kein Auto im Haushalt car Quelle: Öko-Institut 2020
18 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 6 Mehr Klimaschutz durch öffentlichen Verkehr Busse und Bahnen sind Pkw in Sachen Klimaschutz klar überlegen: Sie verbrauchen pro Kilo- meter, die eine Person damit zurücklegt, weniger Energie und stoßen daher deutlich weniger Treibhausgase aus. So verursachen im Nahverkehr Fahrten einer Person in Bussen und Bahnen im Mittel nur ein Drittel bis die Hälfte der Treibhausgasemissionen im Vergleich mit einer Fahrt im Pkw. Im Fernverkehr ist der Vorteil noch deutlicher: Pkw sind hier für eine vier- bis fünffache Menge an emittierten Treibhausgasen verantwortlich. Die höchsten Klimawirkungen haben Flugreisen. Zu den direkten Treibhausgasemissionen des öffentli- Der weitaus größte Teil des Personenverkehrsaufwands bus chen Verkehrs kommen weitere hinzu. So braucht der Schienenverkehr eine deutlich umfangreichere Infra- car geht hierzulande auf den struktur, die ebenfalls mit Emissionen verbunden ist. motorisierten Individual- Busse mit Verbrennungsmotor stoßen Treibhausgase verkehr zurück – und damit 934,8 bei der direkten Nutzung aus, bei elektrisch betriebenen vor allem auf Pkw. Er Verkehrsmitteln entstehen diese im Zuge der Energie- umfasste 2018 insgesamt Milliarden bereitstellung. Die deutlichen Klimaschutzvorteile der Personenkilometer, im öffentlichen Straßen- personenverkehr waren es 78,9 und bei der Eisenbahn öffentlichen Verkehrsmittel bestehen trotz Berücksich- 98,1 Milliarden Personenkilometer. tigung all dieser Aufwände, da viele Personen gleich- zeitig in einem Fahrzeug transportiert werden.
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 19 Mehr öffentlicher Verkehr Bislang hat der öffentliche Nah- und Fernverkehr nur einen Anteil von etwa 16 Prozent an der gesamten Verkehrsleistung. Pkw und Motorräder liegen bei der Verkehrsleistung mit rund 75 Prozent im Jahr 2017 viel höher. Für mehr Klimaschutz im Verkehr ist angesichts seiner deutlich geringeren Treibhausgasemissionen mehr öffentlicher Verkehr unverzichtbar. Das ist jedoch kein Selbstläufer, vielmehr erfordert es mehr Investitionen in ein besseres Angebot. Wichtig sind dabei eine integrierte Planung, Gestaltung, Abstimmung und Koordination von Strategien und Maßnahmen. Dafür zuständig sind vorrangig die Länder und Kommunen, die vom Bund jedoch finanziell umfangreich unterstützt werden. Es gibt viel Potenzial, um den öffentlichen Verkehr zu verbessern und so noch mehr Menschen davon zu Schon 1882 präsentierte Werner von Siemens das überzeugen, Busse und Bahnen zu nutzen. Ziel sollten Elektromote: eine elektromagnetische Droschke eine dichtere Taktung und eine Ausweitung der oder auch den ersten elektrischen Oberleitungs- Angebote auch in Nebenzeiten, nutzerfreundlichere bus. Er war auf einer Versuchsstrecke von etwa Angebote, eine höhere Qualität sowie attraktive Tarife sein. Dies muss allerdings auch finanziert werden. Aber 540 Metern in Berlin-Halensee unterwegs. nicht immer sind die Maßnahmen kostspielig. So können kürzere Reisezeiten beispielsweise durch die innerstädtische Beschleunigung von Bussen und Straßenbahnen erreicht werden, indem der ÖPNV an Ampeln priorisiert wird oder eigene Spuren erhält. snowflake Abbildung 6: Welche Klimawirkung hat der Personennahverkehr? Cloud-Sun snowflake CLOUD-SHOWERS-HEAVY Schienennahverkehr car Pkw MOTORCYCLE Motorrad Sun Straßen-/Stadt-/U-Bahn bus Linienbus (Diesel) Thermometer-half bicycle Pedelec bicycle Fahrrad Cloud-moon Bolt 0 25 50 75 100 125 150 175 200 Treibhausgasemissionen 2017 in Gramm je Personenkilometer* *Berücksichtigt sind Betrieb, Energiebereitstellung, Fahrzeug, Infrastruktur. Quelle: ifeu, INFRAS, Öko-Institut 2020
20 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen Ein positiver Nebeneffekt: Durch eine Beschleunigung Rhein-Main-Verkehrsverbund sowie als landesbedeut- wird es möglich, dass die Busse und Straßenbahnen same Buslinien in Niedersachsen. Sie bieten einen häufiger fahren, ohne dass der Fuhrpark erweitert regelmäßigen Takt, optimierte Anschlüsse und schnelle werden muss. Verbindungen. So konnte im Landkreis Dahme-Spree- wald die Zahl der Fahrgäste bereits deutlich gesteigert werden: Zwischen Lübben und Burg stieg sie zwischen Abgeschnitten auf dem Land? 2017 und 2019 um über 30 Prozent. Gerade im ländlichen Raum, wo viele Menschen nicht auf das eigene Auto verzichten wollen, hat der öffentliche Verkehr viel Aufholbedarf. Der Personennahverkehr Öffentlich elektrisch auf der Schiene ist hier ein wesentliches Element, auch für den Anschluss an die nächstgrößere Stadt. Da es insbesondere im schienengebundenen Verkehr lange In Aachen und Kiel sind sie ebenso unterwegs wie in dauert, zusätzliche Strecken zu schaffen und Kapazitäten Berlin und Leipzig: Elektrobusse. Kein Wunder: Sie auszubauen, muss hier frühzeitig gehandelt werden. machen weniger Lärm, verursachen keine direkten Luftschadstoffe und keine CO2-Emissionen. Eine neue Mobilitätsoption auf dem Land sind landes- weite Busnetze, die die Lücken im Bahnnetz auffüllen Vorgaben zur Förderung sauberer und energieeffizienter und so den öffentlichen Verkehr attraktiver machen. Straßenfahrzeuge macht eine EU-Richtlinie. Sie definiert Als sogenannte Plus-Busse sind sie zum Beispiel in zum einen, wann ein Fahrzeug sauber beziehungsweise Brandenburg, Mittelsachsen und im Vogtland unter- emissionsfrei ist. Als sauber zählen dabei Fahrzeuge, die wegs, als Expressbus in Baden-Württemberg und im Gas oder alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff, Bio- kraftstoff oder Strom nutzen. Emissionsfrei sind im Sinne der Richtlinie quasi nur Busse mit elektrischen Antrieben. Darüber hinaus legt die EU-Richtlinie Mindestquoten fest: So müssen in Deutschland zwischen 2021 und 2025 öffentlich beschaffte Busse zu 45 Prozent sauber und davon mindestens die Hälfte emissionsfrei sein. Zwischen 2026 und 2030 steigt die Quote für saubere Busse auf 65 Prozent und es muss ebenfalls mindestens die Hälfte der Fahrzeuge einen emissionsfreien Antrieb haben.
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22 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 7 Mehr Klimaschutz bei Pkw Knapp 47,7 Millionen Pkw gab es 2019 in Deutschland – Tendenz steigend. Denn zwischen 2009 und 2019 hat sich ihre Zahl um 14 Prozent erhöht. 57 Prozent der Wege und sogar 75 Prozent der von allen Personen zurückgelegten Kilometer wurden 2017 mit dem Pkw gefahren. Pkw sind somit die größten Verursacher von Treibhausgasemissionen im Straßen- verkehr: 60 Prozent der Treibhausgasemissionen gehen auf sie zurück. Zwar haben sich in den vergangenen Jahren im FanFan Durchschnitt die CO2-Emissionen von Fahrzeugen pro Je mehr regenerative Stromquellen, Kilometer verbessert. Dies konnte bislang jedoch nicht desto klimafreundlicher sind Elektro- 65 autos unterwegs. Bis 2030 sollen er- zu einer Minderung der Gesamtemissionen des neuerbare Energien einen Anteil von Prozent Straßenverkehrs beitragen, da gleichzeitig der Pkw- am deutschen Stromverbrauch haben. 2019 lag Verkehr insgesamt zugenommen hat. Auch sind die dieser Wert bei 42 Prozent. Es ist gut möglich, Fortschritte bei den CO2-Emissionen pro Kilometer dass die gesteckten Ziele früher erreicht werden. zum Teil nur theoretisch vorhanden, denn die Lücke zwischen den im gesetzlichen Testverfahren ermittel- ten CO2-Emissionen und jenen im realen Fahrbetrieb hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 23 Abbildung 7: Deutschland, Norwegen, die Niederlande und die EU – wie entwickeln sich die Emissionen neuer Pkw? Durchschnittliche CO2-Emissionen von Pkw in Gramm/Kilometer 175 150 Deutschland 125 EU 100 Niederlande 75 50 Norwegen 25 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Quelle: International Council on Clean Transportation (ICCT) 2019 Standards für weniger CO2 bis 2025 um 15 Prozent und bis 2030 um 30 Prozent gegenüber einem von Juli 2019 bis Juni 2020 ermittel- Für neue Pkw bestehen in der EU seit 2012 verbindliche ten Bezugswert sinken. Eine Überarbeitung dieser Ziele CO2-Standards, um effizientere Fahrzeuge zu fördern. durch die Kommission ist für 2022 vorgesehen. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Automobil- industrie hatte zuvor nicht ausreichend gewirkt. Die CO2- Standards sehen keinen Höchstwert für einzelne Fahr- Neue Technologien ersetzen alte zeuge vor, sondern definieren einen CO2-Zielwert, den jedes Unternehmen im Mittel über alle seine in einem Auch künftig dürften Pkw einen hohen Anteil am Ver- Jahr verkauften Pkw erfüllen muss. CO2-Standards sind kehrsaufkommen haben. Das rückt den Verbrennungs- daher Durchschnittswerte. motor in den Fokus von Bemühungen für mehr Klima- schutz: Auf Basis fossiler Kraftstoffe betrieben kann er – Seit 2021 gilt ein Zielwert von 95 Gramm CO2 pro trotz aller Standards und Effizienzbemühungen – lang- Kilometer. Bis 2025 respektive 2030 sollen die durch- fristig nicht Teil eines zukunftsfähigen Straßenverkehrs schnittlichen CO2-Emissionen von Neuwagen im sein. Auch nachhaltige regenerative Kraftstoffe bieten Vergleich zu 2021 zudem um 15 respektive 37,5 Prozent hier keine langfristige Perspektive, da sie sich kaum sinken. Mitte 2021 wird die Europäische Kommission ökonomisch und ökologisch vertretbar in einem Maß- allerdings im Rahmen des Green Deal voraussichtlich stab produzieren lassen, der die Nachfrage des Verkehrs eine Überarbeitung und Anschärfung dieser Ziele vor- decken könnte. Sie sollten daher Bereichen vorbehalten schlagen. Auch die durchschnittlichen CO2-Emissionen sein, wo sie dringender als beim Pkw gebraucht von Lkw werden über solche Standards geregelt. Sie sollen werden. Weltweit haben deshalb bereits viele Länder
24 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen beschlossen, Verbrennungsmotoren früher oder später gehört auch die Qualifikation und Weiterbildung von nicht mehr zuzulassen. Beschäftigten für eine neue Mobilitätsindustrie, die sich Geschäftsfelder über eine reine Fahrzeugproduktion Der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ist mit hinaus erschließt. Analysen zeigen, dass dieser Wandel einem umfassenden Strukturwandel verbunden, der Chancen bietet und gestaltet werden kann, damit frühzeitig vorbereitet werden muss. Denn die Automo- Deutschland auch auf den Märkten von morgen bilindustrie und ihre Zulieferbetriebe sind in Deutsch- erfolgreich ist. land ein wichtiger Faktor für Wohlstand und Beschäfti- gung. Sie müssen sich mit Blick auf Digitalisierung und Elektrifizierung großen Aufgaben stellen. Gleichzeitig Elektromobilität – effizient wird ihre Entwicklung stark von globalen Entwicklun- und zukunftsfähig gen beeinflusst, da über 75 Prozent der hierzulande hergestellten Fahrzeuge exportiert werden. Zukunfts- Eine zukunftsweisende Strategie braucht den Elektro- weisende Ziele und progressive Unternehmensstrategien motor, die energieeffizienteste Alternative zum sind für die Branche unverzichtbar, wenn sie mit der Verbrenner. Denn er emittiert keine Luftschadstoffe, weltweiten Entwicklung Schritt halten will. Dazu kann auf Basis erneuerbarer Energien betrieben werden und nutzt die eingesetzte Energie direkt und damit ohne Umwandlungsverluste. Daher haben Fahrzeughersteller in den vergangenen Jahren bereits enorme Investitionen in die Elektromobilität getätigt, und zwar besonders an deutschen Standorten. Ein Weg für mehr Klimagerechtigkeit Wichtig ist zudem, den gesamten Lebenszyklus eines auf der Straße Fahrzeugs zu betrachten – also neben der konkreten Nutzung eines Pkw auch jene Emissionen, die etwa bei Emissionsarme und -freie Fahrzeuge sind auf deutschen Straßen bislang noch in der Minderheit. Dies könnten sogenannte Bonus-Malus-Systeme ändern: Sie schaffen Anreize für den Kauf von CO2-ärmeren Pkw wie vor allem Elektrofahrzeugen. In einem solchen System wird der Kauf von emissionsarmen Fahrzeugen gefördert, finanziert wird dies über eine Verteuerung von Pkw mit hohen CO2-Emissionen. Wer das Klima weniger belastet, bekommt also einen Zuschuss, und wer es stärker belastet, muss mehr bezahlen. Solche Bonus-Malus-Systeme gibt es bereits in vielen EU-Ländern. In den Niederlanden und in Norwegen etwa werden für hochemittierende Autos zusätzliche Steuern in vierstelliger Höhe erhoben. In Kombination mit weiteren Maßnahmen wie einem CO2-Preis oder einer Dienstwagenbesteuerung, die nach CO2 differen- ziert ist, und günstigen Voraussetzungen für die Nutzung von E-Pkw ist diesen Ländern damit eine kontinuierliche Senkung der CO2-Emissionen neu zugelassener Pkw gelungen.
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 25 seiner Herstellung und Entsorgung entstehen. Im Vergleich zeigt sich dabei, dass zum Beispiel ein Elektro- Was bringt ein Tempolimit? auto der Kompaktklasse im Vergleich zu einem Benziner im Verlauf des gesamten Lebenswegs etwa 30 Prozent Kein Tempolimit auf Autobahnen? Damit steht Deutsch- weniger Treibhausgase verursacht. Aufgrund des land weltweit ziemlich alleine da. Nur wenige Länder zunehmenden Anteils der erneuerbaren Energien am verzichten auf ein generelles Tempolimit, darunter kein deutschen Strommix wird sich dieser Klimavorteil einziges anderes westliches Industrieland. Dabei wäre weiter erhöhen. Durch einen steigenden Anteil von seine Einführung auf deutschen Autobahnen kurzfristig Elektroautos sinkt zudem der Bedarf an Erdöl, dessen realisierbar und günstig. Es könnte den Energieverbrauch Import kostspielig und dessen Gewinnung häufig mit und damit die Treibhausgas- und Schadstoffemissionen erheblichen ökologischen und sozialen Problemen senken. Denn: je höher die Geschwindigkeit, desto höher verbunden ist. der Luftwiderstand und desto größer die benötigte Menge Diesel oder Benzin. So könnte ein generelles Elektrofahrzeuge steigern ihren Marktanteil rasch: Im Tempolimit von 120 Stundenkilometern für Autobahnen Oktober 2020 waren mehr als 15 Prozent der Neuzulas- jedes Jahr 2,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sungen in Deutschland elektrisch. Sollen sich Elektro- einsparen. fahrzeuge hierzulande noch stärker durchsetzen – das Ziel sind zehn Millionen bis 2030 –, braucht es umfas- Das sind jedoch nicht die einzigen Vorteile eines Tempoli- sende Maßnahmen. Neben dem Ausbau der Ladeinfra- mits. Es kann Lärm verringern und die Verkehrssicherheit struktur gehören dazu auch Instrumente, die Anreize erhöhen. In Brandenburg etwa ging schon durch ab- für den Kauf von Elektrofahrzeugen setzen und im schnittsweise Tempolimits die Zahl der Unfälle um etwa Gegenzug Fahrzeuge mit hohen CO2-Emissionen 25 Prozent zurück. stärker besteuern. Abbildung 8: Kohlenstoffdioxidemissionen über den gesamten Lebenszyklus am Beispiel eines Pkw der Kompaktklasse Gramm pro Fahrzeugkilometer 250 233 212 212 CO2 200 195 162 150 123 Produktion, Wartung, Entsorgung 100 50 0 car car car car 2020 2030 2020 2030 car car 2020 2030 Fahrbetrieb, Energiebereitstellung Benzin Diesel Elektro Quelle: eigene Darstellung auf Basis von Daten des ifeu
26 Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 8 Mehr Klimaschutz im Güterverkehr Immer mehr Güter legen in Deutschland immer weitere Strecken zurück – bedingt durch das Wachstum des internationalen Handels aufgrund einer zunehmenden Spezialisierung und Arbeitsteilung, aber auch durch ein anspruchsvolleres Konsumverhalten. Von 1991 bis 2018 ist der Güterverkehrsaufwand um fast 75 Prozent gestiegen. Und so haben sich die Treibhaus- gasemissionen des Straßengüterverkehrs in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht: Zwischen 1995 und 2018 stiegen sie um gut 20 Prozent, trotz technischer Verbesserungen. Mit rund 50 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten hat der Straßengüterverkehr einen hohen Anteil an den Gesamtemissionen des Verkehrs, Tendenz weiterhin steigend. Große Unterschiede der Regel von Lkw mit hohen spezifischen Treibhaus- in der Klimawirkung gasemissionen dominiert wird. Der weitaus größte Anteil der Waren wird hierzulande Die Verkehrsträger unterscheiden sich stark in ihrer auf der Straße transportiert: etwa 70 Prozent. Nur Klimawirkung. So verursachten Lkw 2017 mit Abstand knapp 20 Prozent des innerdeutschen Güterverkehrs die höchsten Treibhausgasemissionen: Lkw mit einem erfolgen auf der Schiene und etwa sieben Prozent auf Gewicht von über 12 Tonnen beispielsweise 233 dem Binnenschiff. Hier ist der Nahverkehr mit Distan- Gramm pro Tonnenkilometer, wenn neben den zen unter 50 Kilometern nicht berücksichtigt, der in direkten Emissionen auch die Energiebereitstellung,
Umwelt und Verkehr Nachhaltige und zukunftsgerechte Mobilität für Umwelt, Klima und Menschen 27 Seit 2011 gibt es einen regelmäßigen Güterverkehr zwischen China und Deutschland auf der Schiene. Die Zahl der transportierten Container ist stetig gewachsen und lag 2018 bei 80.000 Containern. die Fahrzeugherstellung und die Infrastruktur berück- sichtigt werden. Beim Binnenschiff sind es 53 Gramm, bei der Bahn sogar nur 33 Gramm. Auf die Schiene! Sollen die Emissionen des Güterverkehrs deutlich sinken, braucht es also zum einen alternative Antriebe bei Lkw. Aber es müssen auch mehr Waren auf der Schiene transportiert werden. Denn pro transportierter Tonne und Kilometer liegen die spezifischen Treib- hausgasemissionen hier derzeit bei nur rund 20 Prozent der Emissionen von Lkw. Der Transport auf der Schiene Deutschland investiert deutlich ist meist elektrisch und energieeffizient; je mehr erneuerbare Energien zum Einsatz kommen, umso klimafreundlicher sind die Waren hier unterwegs. weniger in die Schienen- infrastruktur als andere Länder: 2019 waren es Euro76 TrainCOINS pro Kopf. In Österreich waren es 226 Euro, in Doch wie kann es gelingen, mehr Güter auf die Schiene der Schweiz 404 Euro und in Luxemburg Cloud-Sun zu verlagern? Hierfür sind Investitionen notwendig, sogar 448 Euro. das Schienennetz muss ausgebaut werden. Wichtig ist Abbildung 9: Klimawirkung des landgebundenen Güterfernverkehrs snowflakesnowflake Lkw CLOUD-SHOWERS-HEAVY truck 3,5 – 7,5 Tonnen 7,5 t Lkw truck 7,5 – 12 Tonnen 12 t Lkw truck > 12 Tonnen 13 t Sun Last-/Sattelzug Truck-moving 30–40 Tonnen 40 t SHIP Binnenschiff snowflake Thermometer-half Train Schienengüterverkehr 0 100 200 300 400 500 600 Cloud-moon Bolt Treibhausgasemissionen 2017 in Gramm je Personenkilometer* *Berücksichtigt sind Betrieb, Energiebereitstellung, Fahrzeug und Infrastruktur. Quelle: ifeu, INFRAS, Öko-Institut 2020
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