UNERHÖRT! - JAHRES BERICHT 2018 - Diakonisches Werk im Evangelischen Kirchenkreis Tecklenburg e.V - Diakonisches Werk im Evangelischen ...

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Diakonisches Werk im Evangelischen
Kirchenkreis Tecklenburg e.V.

                                     UNERHÖRT!

                                     JAHRES
                                     BERICHT
                                     2018
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JAHRESBERICHT
2018

INHALTS-
VERZEICHNIS

03 Vorwort                                                        12 Frauenberatungsstelle

04 Unerhört! Kampagne der Diakonie                                13 Frauenhaus Rheine

05 Diakoniestationen                                              14 Jugendmigrationsdienst

06 Beratung bei Trennung                                          15 Offene Ganztagsgrundschule
   und Scheidung
                                                                  16 Beratungsstelle für Schwangerschaft,
07 Diakonischer Betreuungsverein                                     Schwangerschaftskonflikte,
                                                                     Familienplanung und Sexualität
08 Beratungsstelle für Eltern,
   Kinder und Jugendliche                                         17 Tagespflege Ibbenbüren

09 Bahnhofsmission Rheine                                         18 Beratungsstelle Sucht

10 Ferienwerk                                                     19 Wohngruppe in Rheine

11 Flüchtlingsberatung                                            20 Zahlen und Daten

IMPRESSUM
Herausgeber
Diakonisches Werk im Evangelischen Kirchenkreis Tecklenburg e.V.
Sonnenwinkel 1
49545 Tecklenburg
Telefon 0 54 82 / 68 - 0
Telefax 0 54 82 / 68 - 160

Gestaltung
KonzeptMe Werbeagentur
www.konzeptme.de

Fotonachweise
Seite 01: Arthimedes / Shutterstock.com       Seite 14: Franz Pfluegl / stock.adobe.com
Seite 04: Diakonie / Kathrin Harms            Seite 15: drubig-photo / stock.adobe.com
Seite 06: motorradcbr / stock.adobe.com       Seite 16: Photographee.eu / stock.adobe.com
Seite 07: Photographee.eu / stock.adobe.com   Seite 17: pressmaster / stock.adobe.com
Seite 09: Monkey Business / stock.adobe.com   Seite 18: m.mphoto / stock.adobe.com
Seite 11: Thomas Reimer / stock.adobe.com     Seite 19: pressmaster / stock.adobe.com
Seite 13: yupachingping / stock.adobe.com
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VORWORT DES
VORSTANDES
Wir freuen uns, Ihnen den Jahresbericht 2018
des Diakonischen Werkes überreichen zu können.

Am Anfang des Vorwortes steht der Dank. Wir danken         Auf ihrer Homepage (www.diakonie.de) heißt es dazu:
allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Diako-         „Viele Menschen haben heute das Gefühl, nicht gehört
nischen Werkes in den vielfältigen Arbeitsbereichen        zu werden. Sie fühlen sich an den Rand gedrängt in
für ihr engagiertes Wirken. Dieses Wirken steht vor        einer immer unübersichtlicheren Welt, in der das Tempo
allem anderen für das Ansehen der Diakonie in der          steigt und Gerechtigkeit auf der Strecke zu bleiben
Gesellschaft. In den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern     droht. Doch jede Lebensgeschichte hat ein Recht da-
begegnen die Menschen dem Diakonischen Werk, in            rauf, gehört zu werden. Die Kampagne… will wachrüt-
ihnen wird Diakonie sicht- und, im wahrsten Sinne des      teln und zugleich aufzeigen, dass die Diakonie zuhört,
Wortes, z.B. in der Pflege, spürbar. Wir sind froh, dass   Lösungen bereithält und eintritt für eine offene und
sich so viele Menschen bewusst dafür entschieden           vielfältige Gesellschaft. Die Diakonie will diese Diskussi-
haben, beim Diakonischen Werk zu arbeiten. Sie sind        on anstoßen und führen als Plattform für einen Diskurs
Diakonie.                                                  rund um soziale Teilhabe.“

Das aber ist auch eine Stelle, die uns an Grenzen kom-     „Unerhörtes“ finden Sie deshalb auch in diesem Jah-
men lässt. Auf der einen Seite wächst das Diakonische      resbericht.
Werk immer weiter. In Bereichen der Beratungsdienste,
insbesondere in der Pflege und der hauswirtschaft-         Mit einem Dank soll das Vorwort auch schließen. Wir
lichen Betreuung kann den Anfragen kaum noch nach-         danken allen, die an der Erstellung dieses Jahresbe-
gekommen werden. Wenn es danach ginge, könnten             richtes mitgewirkt haben. Wir danken allen, die sich
wir noch viel mehr Menschen erreichen. Auf der ande-       dem Diakonischen Werk anvertraut haben und sich von
ren Seite fehlen uns aber leider die Mitarbeitenden, um    uns auf unterschiedliche Weise haben begleiten lassen.
diese Aufgaben erfüllen zu können. Der vielzitierte und    Wir danken allen, die unsere Arbeit im vergangenen
in allen Sparten spürbare Fachkräftemangel ist auch bei    Jahr wieder auf vielfältige Weise unterstützt haben. Das
uns ein großes Thema.                                      Motto der Diakonie lautet „Diakonie – stark für andere“.
                                                           Gemeinsam werden wir diesen Weg auch in der Zukunft
Ein großes gemeinsames Thema, das Vorstand und             weiter gehen.
MAV noch einmal gemeinsam angegangen sind, ist der
Bereich „Betriebliches Gesundheitsmanagement“. Viele
neue Angebote konnten aufgenommen werden, einiges
davon wird erst in diesem Jahr noch starten. Weitere
Ideen stehen bereits an.

Die Planungen für die neue Fachberatungsstelle gegen
sexualisierte Gewalt hat uns im letzten Jahr intensiv
beschäftigt. In diesem Jahr kann es endlich losgehen.

Beim Abend der Diakonie am 19. September 2018 hat
uns Prof. Dr. Farid Vatanparast in einem eindrucksvollen
Vortrag mit dem Titel „Durchboxen – ist das der Weg
zur Integration?“ in sein Projekt „DurchIntegrationbo-
xen“ mithineingenommen. Mehr dazu erfahren Sie über
einen Link auf unserer Homepage www.dw-te.de.

Dieses Thema führt uns zum Jahresthema der Diakonie,
das uns von 2018 bis 2020 begleitet. Wer aufmerksam
z.B. durch Ibbenbüren fährt, wird große Plakatwände
entdecken, z.B. mit der Aufschrift: „UNERHÖRT! Diese            PFARRER JÜRGEN NASS          STEFAN ZIMMERMANN
Migrantenkinder“. Mit der Kampagne „UNERHÖRT!“                  Theologischer Vorstand       Kaufmännischer Vorstand
wirbt die Diakonie in Deutschland für eine offene Ge-
sellschaft.                                                                                                     2–3
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JAHRESBERICHT
2018

UNERHÖRT
ZUHÖREN STATT VERURTEILEN

Viele Menschen haben heute das Gefühl, nicht gehört zu werden. Sie fühlen sich an
den Rand gedrängt in einer immer unübersichtlicheren Welt, in der das Tempo steigt
und Gerechtigkeit auf der Strecke zu bleiben droht. Doch jede Lebensgeschichte hat
ein Recht darauf, gehört zu werden.

Die Kampagne will wachrütteln und zugleich aufzeigen, dass die Diakonie zuhört,
Lösungen bereithält und eintritt für eine offene und vielfältige Gesellschaft. Die
Diakonie will diese Diskussion anstoßen und führen als Plattform für einen Diskurs
rund um soziale Teilhabe.

   „Nur wer zuhört, kann ins Gespräch kommen und Antworten geben. Um die
   Verlassenen wieder in die Gesellschaft zu integrieren, müssen wir ihnen zuhören.”
   Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland

Weitere Informationen und alle Geschichten von Unerhörten finden Sie im Internet:
www.diakonie.de/unerhoert.
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DIAKONIESTATIONEN
Auch 2018 war in den Diakoniestationen ein Jahr der         unterstützen werden. Pflegefachkräfte zu gewinnen
Veränderung.                                                wird immer schwieriger. Deshalb brauchen wir für die
                                                            Fachkräfte entlastende Unterstützung.
UNERHÖRT! sind viele Menschen, die in ihrer häus-           UNERHÖRT! blieb auch nicht die Kritik aller Leistungs-
lichen Umgebung Hilfe brauchen. Vermehrt nehmen wir         erbringer, dass die Menge der Dokumentation erdrü-
in der Arbeit wahr, dass Menschen sich der Herausfor-       ckend ist. Wir konnten in allen Diakoniestationen nun
derung nachlassender Kräfte alleine stellen müssen.         das neue Dokumentationssystem „SIS – Strukturierte
Viele der Menschen, die uns alltäglich in der Arbeit        Informationssammmlung“ einführen. Dabei geht es im
begegnen, bräuchten mehr Hilfe aus ihrem Umfeld, sei        Wesentlichen darum, dass man mit den Menschen ins
es direkte Nachbarschaft oder auch ehrenamtliche Hilfe      Gespräch kommt und daraus einen umfassenden Plan
aus den Kirchengemeinden. Oft braucht es nur eine           erstellt. Nicht nur, dass die Pflegeversicherungen für
helfende Hand oder ein wenig Zeit, um hilfreich zu sein.    das wichtige Erstgespräch mehr Zeit zugestehen. Nein,
                                                            tatsächlich konnte der Dokumentationsaufwand für alle
Wir freuen uns, wenn sich Kirchengemeinden verstärkt        spürbar reduziert werden.
dieser Frage widmen und entweder gut funktionierende
Besuchsdienste haben oder sich auf den Weg machen.          UNERHÖRT! bleibt scheinbar, dass die Vergütungen
                                                            für Mitarbeiter*innen in der Pflege deutlich besser sind
UNERHÖRT! Das kann man vom Themenbereich Pflege             als ihr Ruf. Na ja, stimmt ja leider auch nicht überall.
nicht direkt sagen. In der Gesellschaft ist angekommen,     Während Verdi für die Pflege einen Stundensatz von
dass wir ein gesamtgesellschaftliches Problem ha-           aktuell 16 € fordert, sind wir sehr stolz darauf, wenn
ben, das nur mit Hilfe vieler Akteure und vor allem viel    wir feststellen, dass examinierte Mitarbeitende in der
Phantasie gemeistert werden kann. Ob die Maßnahmen          Pflege in der Diakonie über 20 € bekommen und dazu
ausreichen, die derzeit in der Politik diskutiert werden?   noch besondere Sozialleistungen, wie z.B. kirchliche
                                                            Zusatzversorgung, ein wichtiger Beitrag für die spätere
Von vielen unbemerkt sind in 2018 Leistungskomplexe         Rente. Pflege verdient zweifellos viel mehr Anerken-
in der Pflegeversicherung eingeführt worden, die unsere     nung. Sowohl gesellschaftlich als auch finanziell. Aber
Arbeit wesentlich weiter gestalten helfen. Während es       mit den Vergütungen in der Diakonie können wir uns im
früher immer nicht ganz leicht war, Zeit für ein Ge-        Vergleich mit den meisten dreijährigen Ausbildungen in
spräch oder organisatorische Fragen im Haushalt zu          anderen Berufszweigen durchaus gut messen.
haben, kann dies nun ganz leicht vereinbart werden. Ein
wichtiger Schritt, auf diesem Weg mehr Zeit für Men-        Pflege ist nicht UNERHÖRT! Manchmal hat man al-
schen in der Pflege zu haben.                               lerdings das Gefühl, dass man unterschiedliche Spra-
Wir werden dabei in Zukunft verstärkt auch Mitarbei-        chen spricht. Wir müssen miteinander auf Augenhöhe
ter*innen beschäftigen, die über Schulungen und gute        sprechen und aufmerksam machen. Nur so kann ein
und qualifizierte Einarbeitung die Pflegefachkräfte         gelingendes Miteinander geschaffen werden.       4–5
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JAHRESBERICHT
2018

BERATUNG BEI TRENNUNG UND SCHEIDUNG
Das Diakonische Werk Tecklenburg ist im Auftrag des Kreisjugendamtes Steinfurt
tätig, welches die Aufgabe der Trennungs- und Scheidungsberatung an das
Diakonische Werk übertragen hat.
Die BTS kooperiert fachlich eng mit der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche.
Unser Zuständigkeitsbereich umfasst die Gemeinden Lengerich, Lienen, Lotte, Tecklenburg und Westerkappeln

Unsere Aufgabengebiete:
1. Beratung in Fragen der Trennung und Scheidung (§ 17 KJHG)
2. Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts (§ 18 KJHG)
3. Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50 KJHG i. V. mit dem FamFG)
4. Begleiteter Umgang

Zu uns kommen Paare, die sich in Trennung befinden.      zum Wohl der Kinder zu treffen. Dabei beziehen wir
Es geht um den Aufenthalt, den Umgang und das            auch die Kinder ein und geben diesen die Möglichkeit,
Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder. Das Scheitern     gegenüber einer neutralen Person ihre Sichtweisen und
der Beziehung ist mit Kränkungen, Verletzungen und       Wünsche zu äußern.
Schuldgefühlen bei den Eltern gegenüber den Kindern
verbunden. Oft geraten die Kinder dabei aus dem Blick.   Besonders Familiengerichtsverfahren ziehen häufig
Wir bieten den Eltern einen Rahmen, um wieder mit-       längere Beratungsprozesse nach sich. Bei Bedarf be-
einander ins Gespräch zu kommen, vom Gegenüber           gleiten wir auch einzelne Umgangskontakte zwischen
wieder gehört zu werden und Probleme zu klären. Wir      Eltern und Kind. Die Eltern sollen in die Lage versetzt
helfen ihnen, die Bedürfnisse und Gefühle ihrer Kinder   werden, selbstständig den gemeinsamen Umgang zu
wahrzunehmen und einzuordnen, erarbeiten mit ihnen       pflegen und konflikthafte Situationen eigenständig zu
Lösungsmöglichkeiten und unterstützen sie, eigenver-     lösen.
antwortlich tragfähige und gütliche Vereinbarungen

Anzahl der beratenen Familien aufgeschlüsselt nach Aufgabenbereich in 2018
Mitwirkung bei Gerichtsverfahren nach § 50 KJHG   163 Familien
Beratung nach § 17/18 KJHG (Selbstmelder)		       129 Familien
Beratungsangebote nach § 17.3 KJHG			              65 Familien

Friedrich Thoss
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DIAKONISCHER BETREUUNGSVEREIN
So lasst uns das unerhörte hören,       Egal in welcher Lage die oder der       familiäre und außerfamiliäre Betreu-
den Unerhörten zuhören und uns          Betreute ist, über deren Kopf hin-      er*innen durch den Betreuungsver-
fragen: was sagst Du dazu?              weg darf nicht gehandelt werden.        ein gefunden. Der Betreuungsverein
                                        Es ist der Anspruch und die Ver-        konnte den ehrenamtlichen Be-
Es kann jedem passieren.                pflichtung der drei Mitarbeiter*innen   treuern*innen im vergangenen Jahr
                                        des Diakonischen Betreuungsver-         jeweils umfangreiche Fortbildungen
Aufgrund von Krankheit oder             eins, die Selbstbestimmung zu wah-      und Erfahrungsaustausche anbie-
Behinderung können eigene Ange-         ren und zu fördern, die Betreuten       ten, um in allen Bereichen mögliche
legenheiten nicht mehr ohne Hilfe       „anzuhören“ und möglichst bei einer     Hilfsangebote zu vermitteln und die
geregelt weden. Dazu gehören            Entscheidungsfindung zu unterstüt-      Vorstellungen und Wünsche der
finanzielle oder gesundheitliche        zen. Rechtliche Fürsorge innerhalb      Betroffenen, mit ihrem Fachwissen
Belange. Vertretung der Interessen      eines definierten Aufgabenkreises       über soziale Hilfen, zu unterstützen.
gegenüber Behörden und Gerich-          soll dem psychisch kranken oder         In vielen Einzelgesprächen wurden
ten. Auch die engsten Angehörigen       seelisch behinderten Menschen           ehrenamtliche Betreuer*innen durch
wie Ehepartner und Kinder haben         die Selbstbestimmung so weit wie        die Mitarbeite*innen des Diako-
dann kein automatisches Vertre-         möglich erhalten. Der Diakonische       nischen Betreuungsvereins beraten.
tungsrecht.                             Betreuungsverein „hört zu“.
                                                                                Eine weiterhin vom Gesetzgeber
Von wem werden diese Menschen           Der Diakonische Betreuungsver-          geforderte Tätigkeit innerhalb der
erhört? Hat der Einzelne vorgesorgt     ein Rheine ist ebenso Dreh- und         Querschnittsarbeit des Betreu-
mit einer Vorsorgevollmacht, dann       Angelpunkt für die vielen ehren-        ungsvereins ist die Information zu
gibt es einen Vertreter, der alle       amtlich tätigen Betreuer*innen. Der     Vorsorgevollmachten. Hierbei infor-
Angelegenheiten regeln kann. Was        grundlegenden Idee von Selbstbe-        mieren und beraten Mitarbeite*innen
ist mit den „unerhörten“ Menschen       stimmung folgen auch diese, dem         jeden Interessierten über Vorsor-
unserer Gesellschaft? Wer trifft für    Diakonischen Betreuungsverein           gevollmachten sowie die mögliche
sie rechtlich wirksame Entschei-        zugehörigen, 109 ehrenamtlich           Vollmachtsbeglaubigung. Auch
dungen?                                 bestellten Betreuer*innen. Es sind      halten die hauptamtlich Tätigen
                                        meist Betreuungen in der eigenen        entsprechende öffentliche Vorträge
Das zuständige Amtsgericht be-          Familie, die von den Ehrenamtlichen     zu Vorsorgevollmachten und Be-
stellt nach sorgfältiger Prüfung, ob    übernommen werden.                      treuungsverfügungen.
im Einzelfall für einen „Unerhörten“
ein gesetzlicher Betreuer bestellt      Im Zuge der Querschnittsaufgaben        Interessierte an der Führung dieses
werden muss. Braucht jemand             kommt dem Diakonischen Betreu-          wertvollen Ehrenamtes, etwas für
eine rechtliche Betreuung oder gibt     ungsverein eine weitere Rolle zu. Es    die „Unerhörten“ unserer Gesell-
es noch andere Hilfen im Sozial-        obliegt ihm die Aufgabe die plan-       schaft zu tun, oder die Fragen zur
system? Im Vorfeld wird in jedem        mäßige Gewinnung nicht familiäre        Vorsorgevollmachten haben, steht
Einzelfall die persönliche, gesund-     ehrenamtlicher Betreuer*innen und       der Diakonische Betreuungsverein
heitliche und soziale Situation des     Beratung und Fortbildung aller eh-      gerne zur Verfügung.
Betroffenen sowie die Erforderlich-     renamtlichen Betreuer*innen durch-
keit einer Betreuung geprüft.           zuführen.                               Stefanie Otten
                                                                                Friedhelm Jenny
Kommt es zur Einrichtung einer          Im vergangenen Jahr wurden durch
rechtlichen Betreuung ist eines klar:   Gewinnungsveranstaltungen neue                                         6–7
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JAHRESBERICHT
2018

BERATUNGSSTELLE FÜR
ELTERN, KINDER UND JUGENDLICHE

Unsere Beratungsstelle soll ein sicherer und verlässlicher Ort sein, wo Kinder,
Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte „Gehör“ finden, um ihre
individuellen und familienbezogenen Fragestellungen zu klären und zu bewältigen.
Sie sollen bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Schei-
dung unterstützt werden.

Kinder und Jugendliche verschaffen sich bisweilen          Unsere Angebote in diesen Zeitraum sind:
durch sogenanntes „unerhörtes“ Verhalten Aufmerk-
samkeit, um wieder beachtet werden. Vergessen wer-         •   FIPS, unsere Säuglings-Kleinkind-Elternberatung
den dabei die „stillen und zurückgezogenen“ Kinder.        •   Familienhebammenarbeit direkt vor Ort zu Hause
So wurde im Jahr 2018 das Trainingsprogramm „Mutig         •   Unterstützung durch Ehrenamtliche: wellcome für
werden mit Til Tiger“ in der Beratungsstelle in 3 Grup-        Familien mit Säuglingen und Familienpaten für El-
pen mit insgesamt 18 Kindern angeboten. Dieses bietet          tern mit Kindern von 1 bis zu 10 Jahren.
schüchternen und ängstlichen Kindern im Alter von 5
bis 8 Jahren, die Möglichkeit in kleinen Schritten Neues   Doch die Fragen werden nicht weniger: ob Eintritt in die
auszuprobieren und mutiger zu werden. In angenehmer        Kita, der Übergang in die Grund- oder weiterführende
und ungezwungener Umgebung soll das Selbstvertrau-         Schule, die turbulente Zeit der Pubertät. Es sind immer
en der Kinder gesteigert werden. Sie lernen, selbst-       wieder neue Entwicklungsaufgaben für die Kinder und
bewusster mit anderen Kindern umzugehen und auch           Jugendlichen sowie neue Erziehungsherausforderungen
mal „nein“ zu sagen. Vermeidungstendenzen sollen           für die Eltern zu leisten.
abgebaut und neue praktische Handlungsstrategien
eingeübt werden. Sie lernen, sich in angemessener          Häufig steht eine Paarberatung im Vordergrund. Und
Art und Weise mit ihren Belangen wieder „Gehör“ zu         zwar dann, wenn die Beziehung der Eltern unter den
verschaffen.                                               hohen Anforderungen und Ansprüchen des Alltags in
                                                           Gefahr gerät oder gar scheitert.
Ein besonderer Schwerpunkt ist seit bald zwei Jahr-
zehnten die Unterstützung von Eltern mit Säuglingen        Aus folgenden Gründen suchten Ratssuchende unsere
und Kleinkindern.                                          Beratungsstelle auf:

        Beratungsanlässe nach Kategorien                                                         Anteil
        Schulische/berufliche Probleme des jungen Menschen                                      5,54 %
        Belastung des jungen Menschen durch familiäre Konflikte                                25,90 %
        Auffälligkeiten im soz. Verhalten d. jung. Menschen                                     7,82 %
        Entwicklungsauffälligkeiten/seelische Probleme d. jung. Menschen                       17,26 %
        Belastung des jungen Menschen durch Problemlage der Eltern                             10,91 %
        Eingeschränkte Erziehungskompetenz der Eltern / Personensorgeberechtigten              29,80 %
        Gefährdung des Kindeswohls                                                              1,96 %
        Unzureichende Förderung / Betreuung / Versorgung des jungen Menschen                    0,65 %
        Unversorgtheit des jungen Menschen                                                      0,16 %

Beratung findet nicht nur bei uns im Beratungszentrum statt, sondern wir gehen auch direkt in die Schulen, Fami-
lienzentren und Kindertagesstätten. In Kooperation mit den Lehrkräften, Erzieher*innen, Eltern und je nach Alter
auch mit den Kindern suchen wir nach Wegen für gute Entwicklungsmöglichkeiten.

Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen, wird für unsere Ratsuchenden immer selbstverständlicher. So fanden
im Jahr 2018 11,8 % mehr Personen den Weg in die Beratungsstelle.
UNERHÖRT! - JAHRES BERICHT 2018 - Diakonisches Werk im Evangelischen Kirchenkreis Tecklenburg e.V - Diakonisches Werk im Evangelischen ...
Unsere Klienten werden von uns einzeln, als Paar, Familie oder Gruppe betreut.

Für professionelle Kräfte bieten wir Fortbildungen wie „Gesprächsführung“, „Entwicklung unterstützen, Beziehung
fördern bei Kindern von 0 bis 3 Jahren“, „Kollegiale Beratung“ sowie Fallsupervisionen an. Zuständig sind wir auch
für die Beratung nach §8a/b bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung für alle, die beruflich mit Kindern und Ju-
gendlichen tätig sind.

Friedrich Thoss

BAHNHOFSMISSION RHEINE
EIN ORT, WO „UNERHÖRTE“ GEHÖR FINDEN.

UNERHÖRT!, dass Menschen auf dem Bahnhof Fla-             nischen Bahnhofsmission Rheine, dessen Träger das
schen sammeln.                                            Diakonische Werk Tecklenburg und die Caritas Rheine
UNERHÖRT!, dass Obdachlose die wenigen Sitzgele-          sind. Dabei begegnen den Mitarbeiter*innen auch
genheiten auf dem Bahnhof besetzen.                       häufig Personen mit den unterschiedlichsten Problem-
UNERHÖRT!, dass junge Menschen schon am frühen            feldern und so Mancher erlebt sich als Randfigur der
Morgen sich stundenlang im Bahnhof aufhalten.             Gesellschaft. Oft reicht nur ein offenes Ohr oder ein
UNERHÖRT!, die Leute mit ihren Bierflaschen in der        tröstendes Wort, damit diese Personen sich wieder
Hand.                                                     als Mensch und vollwertiges Mitglied der Gesellschaft
Solche oder ähnliche Kommentare hören die Mitarbei-       wahrgenommen fühlen. Manchmal gelingt es auch,
tenden der Bahnhofsmission häufiger.                      Stolpersteine für diese Menschen aus dem Weg zu räu-
Ja, es ist UNERHÖRT!, wenn alte Menschen im Müll          men, so dass wieder eine Perspektive entsteht.
herum wühlen müssen, weil ihre Rente nicht reicht.
Es ist UNERHÖRT!, wenn Menschen, gerade in der            Im Jahr 2018 hatten die Mitarbeiter*innen der Bahn-
Winterzeit, kein Obdach haben und einfach nur ein         hofsmission über 4.500 Kontakte: Angefangen von
warmes Plätzchen suchen.                                  Auskünften geben, Menschen mit Handicaps durch Ein-
Es ist UNERHÖRT!, wenn junge Leute, die häufig schon      / Aus- und Umstiegshilfen unterstützen, Hilfestellung
einen langen Leidensweg hinter sich haben, abgestem-      Reisender im Bahnverkehr über Vermittlung an andere
pelt werden.                                              soziale Einrichtungen, Erste Hilfe leisten bis hin zu den
Es ist UNERHÖRT!, wenn gebrochene Lebensläufe in          vielen Einzel- und Seelsorgegesprächen, und nicht zu-
Aussichtslosigkeit und Alkoholismus führen.               letzt, den „den Unerhörten Gehör zu verleihen“.

Menschen im Bahnhof mit Rat und Tat zur Seite zu
stehen ist Aufgabe der Mitarbeitenden in der ökume-       Helena Buschmann
                                                                                                             8–9
UNERHÖRT! - JAHRES BERICHT 2018 - Diakonisches Werk im Evangelischen Kirchenkreis Tecklenburg e.V - Diakonisches Werk im Evangelischen ...
JAHRESBERICHT
2018

FERIENWERK
An der südfranzösischen Atlantikküste liegt, etwa 30 km von Biarritz entfernt, der
Badeort Vieux-Boucau. Hier hat das Diakonische Werk inmitten des größten
Pinienwaldes Europas ein Feriencamp aufgeschlagen, in dem Jugendliche im Alter
von 13 - 18 Jahren in den Sommerferien Fun und Sun genießen.

2018 sind fast 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie rund 40 weibliche und männliche Teamer & Begleiter in
Südfrankreich gewesen. Das Camp des Diakonischen Werkes erfreut sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit.
Spiel- und Sportangebote, Spaß und Spannung und vor allen Dingen eine tolle Gemeinschaft. Das zeichnet die
Camps aus, die auch in 2018 bei genialem Wetter stattfanden und einen tristen Sommer in Deutschland schnell
vergessen machten. Weit abseits vom Alltag gab es für die Jugendlichen viele Anregungen und Angebote in der
Gruppe zusammenzuwachsen und gemeinsam spannende, neue Erfahrungen zu sammeln. Dabei wurden viele
neue Kontakte geknüpft und Freundschaften geschlossen. „Im nächsten Jahr komme ich wieder“, war ein Satz,
den die kompetenten Teamer des Diakonischen Werkes am Schluss oft hören durften.
FLÜCHTLINGSBERATUNG
UNERHÖRT! – dieses Wort kann in zweifacher Weise          ner entdeckt werden, fliehen sie, da in Bangladesh
gedeutet werden. Zum einen meint es: eine Tatsa-          Haftstrafen von 14 Jahren bis lebenslänglich drohen.
che ist „UNERHÖRT!“, das heißt, empörend, zum             Nach verschiedenen Fluchtstationen kommen beide
Aufregen. Auf der anderen Seite heißt es aber auch,       schließlich in Deutschland an und er stellt hier einen
dass bestimmte Tatsachen oder Menschen und                Asylantrag. Obwohl er bei seiner Anhörung vorm BAMF
Schicksale einfach nicht gehört werden. Sie bleiben       seine Homosexualität angibt, taucht das im Protokoll
UNERHÖRT!, ihre Sorgen und Ängste werden nicht            nicht auf und sein Asylantrag wird abgelehnt. In der
wahrgenommen oder ignoriert.                              Begründung wird mit keinem Wort auf seine sexuelle
                                                          Ausrichtung eingegangen. Er klagt dagegen. In der
In der Flüchtlingsberatung haben wir mit beiden Ausle-    Beratung wurden dann Argumente gesammelt, wobei
gungen des Öfteren zu tun. Wenn wir uns anschauen,        auch sein Partner und ein ehrenamtlicher Helfer mitge-
wie Behörden teilweise mit Geflüchteten umgehen,          holfen haben. Er und sein Partner leben an verschie-
wie Gesetze verschärft und immer restriktiver ausge-      denen Orten in Deutschland, also stellt er einen Antrag,
legt werden, wie Menschen in Länder wie Afghanistan       um zu ihm ziehen zu können, mit der Begründung, dass
abgeschoben werden oder wie Rassismus sich weiter         sie eine Beziehung führen. Dem wird stattgegeben. Von
ausbreitet und fast schon wieder gesellschaftsfähig       da an leben sie zusammen und erkundigen sich beim
wird, so ist das UNERHÖRT! Wenn bestimmte Perso-          Standesamt nach den Voraussetzungen, um heiraten zu
nengruppen bis zu zwei Jahre in zentralen Unterbrin-      können. Bei der später folgenden Gerichtsverhandlung
gungseinrichtungen verbringen sollen, ohne Zugang zu      sagt sogar sein Partner als Zeuge aus, trotzdem wird
Sprachförderung, zum Arbeitsmarkt, teilweise auch zur     ihm seine Homosexualität nicht geglaubt und seine Kla-
Schule und mit eingeschränkter medizinischer Versor-      ge negativ beschieden, er blieb im wahrsten Sinne des
gung, so ist das UNERHÖRT!                                Wortes UNERHÖRT!

Ein Beispiel dafür, welches sich auch auf die Bera-       Die Angebote der Beratungsstelle sind im Wesentlichen
tungssituation auswirkt, sind die seit 2018 im großen     dieselben geblieben wie im Vorjahr. Hinzugekommen ist
Stil stattfindenden Widerrufsverfahren. Das Bundesamt     zweimal im Monat eine offene Sprechstunde in Lad-
für Migration und Flucht (BAMF) hat 2018 mehr Wider-      bergen, die nach kleinen Startschwierigkeiten sehr gut
rufsverfahren als Asylverfahren betrieben. Es wurden      angenommen wird. Die Anzahl der Klienten (Einzelper-
192.664 Verfahren eingeleitet und davon 85.052 bereits    sonen, Paare, Familien) hat sich gegenüber dem Vorjahr
entschieden. In nur knapp einem Prozent der Fälle wur-    um circa 1/3 erhöht. Auch bei den Beratungen von
de der Schutzstatus tatsächlich widerrufen oder herun-    Ehrenamtlichen gab es nochmals einen Anstieg.
tergesetzt! Trotzdem wird diese Praxis beibehalten und
sogar noch ausgeweitet. Das führt bei den Menschen,       Abschließend bleibt zu sagen, dass die Beratungsstelle
die sich hier sicher glaubten, zu einer großen Verunsi-   weiterhin sehr gut angenommen wird, wobei bei den
cherung und erhöhtem Stress, insbesondere, da sie seit    Themenschwerpunkten Verschiebungen stattgefun-
dem 12.12.2018 verpflichtet sind, bei diesen Verfahren    den haben. Da immer mehr Menschen inzwischen ihre
mitzuwirken. Das heißt, erneute Anhörungen, die sie       Familien nachkommen lassen dürfen, ist Familiennach-
zwingen, sich ihre Fluchtgeschichte erneut vor Augen      zug ein wichtiger Beratungsschwerpunkt geworden.
zu führen, was die Gefahr einer Retraumatisierung bein-   Während weniger Menschen neu kommen, die noch im
halten kann. Für die Flüchtlingsberatung bedeutet das,    Asylverfahren sind, steigt die Anzahl derer, die einen
eine Vielzahl verunsicherter Klienten und zahlreiche      Aufenthaltstitel haben und eher Fragen zu Arbeit, Aus-
Vorbereitungen auf die erneuten Anhörungen.               bildung, Anerkennung von ausländischen Schul- und
                                                          Berufsqualifikationen und ähnlichem haben.
Ein junger Mann aus Bangladesh ist homosexuell
und lebt das im Verborgenen. Als er und sein Part-        Saskia Münch

                                                                                                         10 – 11
JAHRESBERICHT
2018

FRAUENBERATUNGSSTELLE
UNERHÖRT! DIESE FRAUEN, DIESE KINDER

Jede Lebensgeschichte hat ein Recht darauf, gehört zu werden. Die Lebensgeschichte, der
• Frau, die gewürgt wurde und die Kinder anwesend waren…
• Frau, die mit dem Tode bedroht wurde…
• Frau, die nach einer Trennung (bei einem Umgangskontakt) grundlos ins Gesicht geschlagen wurde…
(Diese Beispiele sind aus den Benachrichtigungen der Polizei [nach Interventionsfällen häuslicher Gewalt] ent-
nommen, welche wir als Mitarbeiterinnen der Frauenberatungsstelle erhalten. Die Beschuldigten sind Ehemänner,
Partner, Ex-Partner…)

Viele Opfer schämen sich, fühlen sich oft allein gelassen, andauernde häusliche Gewalt zwingt Betroffene zu einem
Leben in ständiger Angst vor dem nächsten, unkalkulierbaren Gewaltausbruch.
Wir Mitarbeiterinnen der Frauenberatungsstelle hören zu, setzen uns für Frauen und Kinder ein. Wir wollen Frauen
Mut machen, mit ihren Ängsten und Problemen nicht allein zu bleiben. Wir bieten professionelle, spezialisierte Bera-
tung zu häuslicher Gewalt an.

Bei der individuellen Unterstützung betroffener Frauen liegt der Fokus schwerpunktmäßig auf folgenden Aspekten:
• Information							 • Entscheidungsfindung
• Entmystifizierung des Täters und der Lebenssituation              • Wegbegleitung
• Planung von Schutzmaßnahmen

Durch ressourcenorientierte, konkrete, aktive Beratungs- und Unterstützungsarbeit soll es den Frauen ermöglicht
werden, die Kontrolle über ihr eigenes Leben wieder zu erlangen und ihren ganz persönlichen Weg zu finden.
Unter diesen Voraussetzungen sind im Jahr 2018 über 400 Frauen/Beteiligte beraten und begleitet worden. Diese
Frauen waren von physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt betroffen oder bedroht, sie hatten gesundheit-
liche Probleme und/oder befanden sich in Krisensituationen. Durch die Unterstützung ist es Frauen gelungen, ein
selbstbestimmtes Lebens zu führen und den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Erhört und unterstützt wurde
unserer Antrag auf Erweiterung der Frauenberatungsstelle um eine Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt.

Am 01.04.2019 wird diese neue Fachberatungsstelle ihre Tätigkeit aufnehmen und die bisherigen Aufgaben der
Frauenberatungsstelle ergänzen und unterstützen. Die Mitarbeiterinnen werden konkrete Hilfen für Frauen nach
sexualisierter Gewalt anbieten, und zwar durch akute Krisenintervention, psychosoziale Beratung, Begleitung zu
Ärztinnen und Ärzten, Polizei, Gerichten und anderen Einrichtungen sowie Präventionsarbeit leisten.

Agnes Denkler
Ursula Stadelmayer
FRAUENHAUS RHEINE
Die Not der misshandelten Frauen und Kinder blieb im     raum war extrem schwierig und die Konkurrenz groß.
Jahr 2018 auf breiter gesellschaftlicher Ebene immer     Die Anmietung von Wohnraum gelang nur in Einzelfäl-
seltener UNERHÖRT! Grund dafür ist die über Jahr-        len. Bei der Wohnraumfrage blieb die Not der Frauen-
zehnte gewachsene Zusammenarbeit zwischen Frauen-        hausbewohnerinnen oftmals UNERHÖRT! Die Situation
haus und Polizei, Frauenberatungsstelle, runder Tische   auf dem Wohnungsmarkt macht alle hilflos und letztlich
gegen häusliche Gewalt Kreis Steinfurt, Jugendämtern,    ist das Ende dieser strukturellen Misere auch in den
Institutionen des Gesundheitswesens, des Bildungs-       nächsten Jahren nicht in Sicht.
systems etc. Langjährige Kooperationsbündnisse
haben den Blick für die Misshandlung geschärft und       Auch wenn die Arbeit im Frauenhaus sich immer weiter
die Zusammenarbeit mit dem Frauenhaus verbessert.        verdichtet und viele Rahmenbedingungen die Hilfe für
Frauenhausarbeit ist nach 31 Betriebsjahren ein fester   die Opfer von Gewalt schwieriger machen, darf die
Bestandteil des sozialen Hilfesystems des Kreises        Dankbarkeit der Frauen und Kinder für unsere Un-
Steinfurt.                                               terstützung nicht vergessen werden. Die Frauen und
                                                         Kinder reden immer wieder von ihren mit uns erlebten
Auch wir Mitarbeiterinnen des Frauenhauses ließen        positiven Momenten, davon, dass sie nach langjähriger
2018 die Not der Frauen und Kinder nicht UNERHÖRT!       Schlaflosigkeit zum ersten Mal im Frauenhaus wieder
Wir waren Tag und Nacht in der Bereitschaft für ihre     schlafen konnten, von der Möglichkeit, wieder essen zu
Krisensituationen. 41 Frauen und 50 Kinder schützten     können, wieder Gemeinschaft und Solidarität erleben
sich im Frauenhaus. Die Einrichtung war über das ge-     zu dürfen. Sie schätzen die Gespräche, die erhaltene
samte Jahr zu 89 % belegt.                               Hilfe, den Trost und unser Engagement. Diese Rück-
                                                         meldungen und die sich u.a. durch die Spendenbereit-
16 Frauen nutzten das Frauenhaus eine kurze Zeit         schaft ausdrückende Wertschätzung der Öffentlichkeit
und kehrten mit Aufenthaltszeiten unter 1 Monat in die   tragen immer wieder zu unserer Motivation bei.
Misshandlungsbeziehung zurück. Erfahrungen zei-
gen, dass ein kurzfristiger Frauenhausaufenthalt die     Ganz praktisch sind wir dankbar für die im Jahr 2018
Misshandlungsspirale nicht durchbricht. So ist davon     durch viele Spenden mögliche Anschaffung eines neu-
auszugehen, dass diese Frauen wiederholt Zuflucht in     en Dienstwagens, der uns noch viele Jahre verlässlich
Frauenhäusern suchen oder wenn die Kraft nicht reicht,   zu allen Terminen und Außenangeboten begleiten wird.
ein Leben mit Gewalt verbringen.
                                                         So blieb auch unser Engagement im Jahr 2018 nicht
Die restlichen 24 Familien kämpften um ihre Unabhän-     UNERHÖRT!
gigkeit und ein Leben ohne partnerschaftliche Gewalt.
Bei ihnen waren die Aufenthaltszeiten im Jahr 2018       Sabine Fischediek
länger als üblich. Die Suche nach preiswertem Wohn-

                                                                                                       12 – 13
JAHRESBERICHT
2018

JUGENDMIGRATIONSDIENST
Die Diakonie will den Menschen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden.
Migranten haben keine oder eine sehr leise Stimme. Im Mittelpunkt der JMD-Bera-
tung stehen junge Menschen mit Migrationsgeschichte, die auf ihrem Weg in ein
eigenständiges Leben besondere Hilfe und Unterstützung am Übergang Schule-Be-
ruf und auf dem Weg in eine Ausbildung brauchen. Der JMD hört diesen Menschen
zu, begleitet und unterstützt sie bei der Findung der Problemlösung.

Die Jugendliche, die nach Deutschland kommen, sind           z.B. Fördermöglichkeiten, hinsichtlich des Lernens
eine sehr heterogene Gruppe. Die Bandbreite reicht           oder der Finanzierung der Ausbildung. Letzteres betrifft
von Analphabet*innen, die noch nie die Schule besucht        diejenigen, die noch keine Anerkennung haben, also
haben, bis zu jungen Erwachsenen, die ein Studium            hauptsächlich junge Menschen aus Afghanistan und
begonnen oder sogar abgeschlossen haben. Einige              afrikanischen Ländern. Die ausbildungsbegleitende Hilfe
Jugendliche sind gut angekommen und bereits in Aus-          wird nur denjenigen mit Aufenthaltserlaubnis gewährt.
bildung. Sie kommen in der Regel in den Betrieben gut        Hier müsste eine Öffnung für alle stattfinden.
klar. Aber unter ihnen haben viele Probleme in der Be-
rufsschule, vor allem, wenn sie im Herkunftsland wenig       Der JMD wird auch mit vielen anderen Fragen, die
Schulbildung genossen haben. Der Berufsschulunter-           nichts mit schulischer oder beruflicher Perspektive
richt findet auf einem so hohen Niveau statt, dass einige    zu tun haben, konfrontiert. Viele junge Menschen und
dem Unterricht nicht folgen können und letztendlich die      Familien sind auf Wohnungssuche, was sich als äußerst
Ausbildung abbrechen.                                        schwierig gestaltet, da der Wohnraum auch im länd-
                                                             lichen Bereich, sehr knapp ist. Einige junge Menschen
Ein großes Problem stellt das Fehlen der Bildungsmög-        sind traumatisiert, weshalb sie häufig große Probleme in
lichkeiten für nicht mehr Schulpflichtige, die im Asylver-   der Schule oder in der Ausbildung haben. Einige haben
fahren oder in der Duldung sind. Das Gleiche gilt auch       finanzielle Probleme oder sind bereits verschuldet.
für EU-Bürger*innen. Die Integrationskurse müssen von
ihnen bezahlt werden.                                        Im Jahr 2018 hat der JMD 192 Jugendliche beraten und
                                                             begleitet. Viele sind als Geflüchtete vor einigen Jahren
Nach wie vor benötigen viele der neu Zugewanderten           nach Deutschland gekommen. Sie kamen aus 32 Län-
Unterstützung. Dies betrifft schulische Fragen, Fra-         dern, die meisten aus Syrien aber auch aus EU-Länder.
gen nach Anerkennung von Schulzeugnissen aus dem
Herkunftsland, Suche nach Ausbildungen oder Studien-
möglichkeiten und vieles, was damit zusammenhängt,           Valentina Stelmach
OFFENE GANZTAGSGRUNDSCHULE
UNERHÖRT! DIESE KINDER

Mit dem Eintritt in die Grundschule beginnt für die Kin-   der. Ihnen werden Werte vermittelt und ein wertschät-
der der Start ins Schulleben. Die Grundschule ist eine     zender Umgang mit anderen gelehrt. Wäre das nicht
gemeinsame Schule für alle Kinder. Hier begegnen sich      ein ideales Feld um auch Kinder mit Förderbedarf in
Kinder mit individuellen Begabungen, unterschiedlichen     den Ganztag zu nehmen? Eine echte Chance – im
sozialen, ethnischen Hintergründen und unterschied-        Kleinen anfangen zu verstehen. Eigentlich sollte diese
licher religiöser Überzeugung. Die Grundschule möchte      Betreuung in der OGS von allen Kindern in Anspruch
diese Vielfalt als Chance nutzen für das gemeinsame        genommen werden können. Die Realität sieht anders
Lernen, für das Lernen von- und miteinander. Miteinan-     aus. Integrationshelfer werden nur im Vormittagsbe-
der lernen schafft in besonderem Maße gegenseitiges        reich eingesetzt. Hier findet eine 1:1 Betreuung statt. Im
Verständnis.                                               Ganztag wäre das Kind alleine. Wir betreuen in diesem
                                                           Schuljahr ein gehbehindertes Kind – weil wir eine Eh-
Auch Kinder mit formal festgestelltem Bedarf an            renamtliche gefunden haben, die mit dem Schüler nach
sonderpädagogischer Unterstützung (dies betrifft           dem Mittagessen die Hausaufgaben macht und danach
insbesondere Kinder mit einer Sinnesbehinderung,           holen ihn seine Eltern ab. Ist das Teilhabe am norma-
Körperbehinderung oder geistigen Behinderung), haben       len Schulleben? Ein Schulkind mit einer emotionalen
Anspruch auf Aufnahme in die von der Schulaufsicht         Störung wird auf Wunsch der Eltern bei uns betreut.
vorgeschlagene wohnortnächste Schule der gewünsch-         Der Hauptwunsch ist Kontakte zu „normalen“ Kindern
ten Schulart, an der gemeinsames Lernen eingerichtet       herzustellen und das Erlernen sozialer Spielregeln.
ist. Eine sehr gute Idee, auch politisch und menschlich    Der Versuch scheitert – zu groß ist der Aufwand in der
gewollt. Die zuständige Schulaufsicht bietet den Eltern    Betreuung des Kindes. Ohne Integrationshelfer ist keine
von Kindern mit sonderpädagogischem Unterstüt-             Betreuung möglich.
zungsbedarf mindestens eine geeignete allgemeine
Schule an. Auch die Grundschule Lienen ist eine Schule     UNERHÖRT! sind die Wünsche der Kinder mit Förder-
des gemeinsamen Lernens.                                   bedarf und des pädagogischen Personals nach zusätz-
                                                           lichen Betreuungskräften um die Betreuung von allen
Der Aufbau sozialer Kontakte, das Erlernen von ange-       Kindern möglich zu machen.
messenem Verhalten in Gruppen und die Befolgung
erforderlichen Regeln im Miteinander ist ein wichtiges     Margret Peters
Ziel in der OGS. Die Kinder lernen soziales Miteinan-
                                                                                                            14 – 15
JAHRESBERICHT
2018

BERATUNGSSTELLE FÜR SCHWANGERSCHAFT,
SCHWANGERSCHAFTSKONFLIKTE,
FAMILIENPLANUNG UND SEXUALITÄT
Zuhören statt verurteilen – dies ist das Motto der Kam-      Gruppen zu sexualpädagogischen Themen arbeiten.
pagne UNERHÖRT! der Diakonie Deutschland und unter           Es fällt Eltern, Multiplikatoren und Jugendliche häufig
dieser Überschrift steht ebenfalls die Arbeit der Berate-    schwer, im öffentlichen Raum über Sexualität zu spre-
rinnen in der Schwangerenberatungsstelle in Lengerich.       chen. Die Beraterinnen vermuten, dass dies zum Einem
                                                             daran liegt, dass das Sprechen über Sexualität nur
Häufig kommen Menschen in die Beratungsstelle, denen         selten geübt wird und zum anderen die Sorge vor einer
es nicht leichtfällt, über ihre Probleme zu sprechen. Sie    Verurteilung besteht. Jugendliche haben beispielswei-
haben Anliegen, die schambesetzt sind oder ihre Auf-         se Angst, sich mit ihren Fragen zu Sexualität und den
fassung von Normalität in Frage stellen. Und manchmal        körperlichen und psychosozialen Veränderungen in der
finden sie hierfür zunächst kein Gegenüber, mit dem sie      Pubertät vor den Anderen zu blamieren. Sie schaffen es
ihre Sorgen teilen können. Wenn Klient*innen beispiels-      jedoch oft, ihre Unsicherheit zu überwinden, wenn sie
weise in eine finanzielle Notsituation geraten und einen     merken, dass ihnen im Rahmen der Gruppenarbeit mit
Antrag auf Bundesstiftungsgelder stellen müssen, sie         Respekt und Ernsthaftigkeit begegnet wird. Und auch
vor der Entscheidung stehen, ihre Schwangerschaft            Eltern müssen auf Elternveranstaltungen zum Thema
nicht fortsetzen zu können oder wenn ihre geschlecht-        „Kindliche Sexualität“ zunächst ihre Scheu verlieren.
liche Identität nicht mit dem biologischen Geschlecht        Die dann stattfindenden Diskussionen und Auseinander-
übereinstimmt, dann braucht es eine einfühlsame und          setzungen unter einander ermöglichen in den Gruppen-
möglichst urteilsfreie Sprache. Es wird ein geschützter      veranstaltungen sowohl mit Jugendlichen als auch mit
Raum benötigt, um nach passenden und wirksamen               Erwachsenen einen Zugang zum Thema „Sexualität“,
Hilfen zu suchen.                                            der u.a. von Wertschätzung, aber auch Leichtigkeit und
                                                             Humor getragen wird.
In der Beratung nach § 2/2a SchKG wurden 2018
insgesamt 116 Klient*innen mit ihren Partnern oder           Im Jahr 2018 haben die Beraterinnen insgesamt 9
Angehörigen erreicht. Die Themen in den insgesamt            sexualpädagogische Veranstaltungen angeboten.
327 Beratungen und 167 Infokontakten reichten von der        Darunter finden sich ein Elternabend zum Thema
Bearbeitung von Krisen und Konflikten, über Fragen zu        „Kindliche Sexualität und Sexualerziehung“, eine Mul-
Schwangerschaft und Geburt, Elterngeld und Elternzeit        tiplikatoren-Schulung für Fachberater*innen aus den
bis hin zu der Beantragung von Geldern aus öffentlichen      Bereichen Erziehungs- und Schwangerenberatung
und privaten Hilfefonds.                                     sowie ein großes Projekt über 7 Wochen, in dem sich
                                                             Jugendliche des 7. Jahrgangs mit dem Thema „Liebe,
Der überwiegende Teil der ratsuchenden Frauen befand         Freundschaft, Pubertät“ auseinandergesetzt haben.
sich 2018 im Alter zwischen 27 und 34 Jahren (40,5           Die Rückmeldungen der Teilnehmenden macht dem
Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil der Kli-   Team der Beratungsstelle immer wieder die Sinnhaftig-
ent*innen mit einer anderen Staatsangehörigkeit nahezu       keit der sexualpädagogischen Veranstaltungen deutlich
gleichgeblieben (45,8 % im Jahr 2017 zu 45,7 %).             und ermutigt zum Ausbau der bestehenden Angebote.

Ähnlich wie in den Beratungen, in denen sich die Bera-       Inga Heinemann
terinnen um eine achtsame und wertschätzende Haltung         Sofia Pein
bemühen, verhält es sich, wenn die Mitarbeiterinnen in
TAGESPFLEGE IBBENBÜREN

Die Nachfrage bezüglich Unterstützung im häuslichen Bereich wird immer größer.
Die Möglichkeiten diese Unterstützung, sei es Pflege, Hauswirtschaft oder Betreu-
ung zu finanzieren, sind deutlich besser geworden. Manchmal hören wir in der Ta-
gespflege bei Beratungsgesprächen „Ja, aber die Kasse zahlt das doch!“ Richtig,
Vieles wird von der Pflegekasse anerkannt und die Kosten werden übernommen.
Das Problem liegt darin, freie Kapazitäten zu finden.

Als Einrichtung freuen wir uns darüber, vielen Men-          Problematisch wird es, wenn ein Kranker Pflegehilfs-
schen das Angebot der Tagespflege möglich machen             mittel benötigt. Es gilt ein kompliziertes Verfahren zu
zu können. Die Tagespflege Ibbenbüren an der Post-           durchlaufen von der Verordnung, über die Bewilligung
straße wurde 2018 monatlich von mehr als 50 Men-             bis zur Auslieferung. UNERHÖRT! ist die Frage „Wer ist
schen genutzt. Dabei waren alle Pflegegrade vertreten.       denn hier zuständig?“. Es kostet Zeit und Kraft.
Die meisten Menschen waren jedoch den Pflegegraden
2 und 3 zugeordnet. Ca. 50 % der Tagesgäste sind             Problematisch wird es für viele ältere pflegende Ange-
mehr oder weniger schwer an einer Demenz erkrankt.           hörige. Durch die Pflegereformen sind deutlich mehr
                                                             finanzielle Möglichkeiten geschaffen worden, jedoch ist
Viele Angehörige oder auch Tagesgäste berichten, wie         die Finanzierung von Pflege- und Betreuungsangeboten
positiv sich die Anregung und Gesellschaft auf das           nach wie vor ein kleiner Dschungel, den es zu durch-
Wohlbefinden und sogar auf die Entwicklung mancher           schauen gilt. Ohne begleitende Dienste bleiben die
Erkrankungen auswirken. Tagespflege kann sowohl für          Fragen Vieler UNERHÖRT!
den Tagesgast als auch für die Angehörigen eine große
Bereicherung im Leben sein.                                  Entbürokratisierung in der Pflege wird vorangetrieben,
                                                             täte jedoch auch den Verwaltungsfragen gut. Angebote
Problematisch wird es, wenn unvorhergesehen ein              für Akutsituationen werden dringend benötigt, ebenso
größerer Hilfebedarf erforderlich wird, z.B. da die pfle-    darf man für die nächste Pflegereform auf eine über-
gende Person selbst erkrankt oder ein Tagesgast, der         sichtliche und flexible Struktur hoffen.
allein in seiner Wohnung lebt, durch ein akutes Ereignis
nicht allein in seiner Häuslichkeit bleiben kann. Die Not-
lagen dieser Familien scheinen UNERHÖRT! Kurzzeit-           Maria Wulfert
pflegeplätze sind ohnehin knapp und schon gar nicht
kurzfristig zu bekommen.

                                                                                                            16 – 17
JAHRESBERICHT
2018

BERATUNGSSTELLE SUCHT
Das Team der Beratungsstelle Sucht betreut Er-             Änderungen in der Betäubungsmittelverschreibungsord-
wachsene, Jugendliche und Kinder, die von Sucht-           nung im Jahr 2017 ist eine Inanspruchnahme der PsB für
gefährdung oder Suchterkrankung und deren                  Substituierte nicht mehr verpflichtend. Diese Regelung,
individuellen sowie sozialen Folgen betroffen sind.        die Substituierten einerseits ein größeres Selbstbestim-
Familien, Paare oder Einzelpersonen, Betroffene und        mungsrecht übermittelt, bringt andererseits Schwierig-
Mitbetroffene werden beraten oder befinden sich in         keiten in der Suchtbegleitung dieser Klientel mit sich.
ambulanter Behandlung.                                     Eine gute Kooperation interdisziplinärer Fachkräfte ist
                                                           an dieser Stelle gefragt und unbedingt angezeigt, um
Die Beratungsstelle führt darüber hinaus eine Vielzahl     den Kontakt zu substituierten Klienten adäquat auf-
von Präventionsmaßnahmen mit Kindern, Jugendlichen         rechterhalten zu können. Die von Jahr zu Jahr, vor allem
und jungen Erwachsenen durch. Wir begleiten Men-           in der PsB, relativ stark schwankenden Zahlen sind der
schen auch dann, wenn sie nicht abstinent leben kön-       Besonderheit der Klientel sowie den Bedingungen eines
nen oder wollen, damit sie sozial, körperlich und psy-     Flächenkreises geschuldet.
chisch trotz der Erkrankung weitgehend stabil bleiben.
                                                           Damit es gar nicht erst zu zum Missbrauch oder zum
Mit den Selbsthilfegruppen des Blauen Kreuzes in der       süchtigen Gebrauch kommt, unterstützen wir Kinder,
Evangelischen Kirche (BKE), unabhängigen Selbsthilfe-      Jugendliche und junge Erwachsene u.a. in den Schulen
gruppen in Westerkappeln und Lotte sowie den Ano-          und Jugendverbänden bei der Ausbildung der notwen-
nymen Alkoholikern (AA), den AL Anon (Angehörige) und      digen Stärken in der Persönlichkeit, um z.B. zur rechten
der russischsprachigen SHG arbeiten wir eng zusam-         Zeit „NEIN“ zu sagen. Die Prophylaxe gliedert sich auf
men.                                                       in die universelle Prävention (allgemeine Bevölkerung;
                                                           Förderung der Lebenskompetenzen), der selektiven
Unsere Angebote gliedern sich auf in Grundversorgung,      Prävention (gefährdete Risikogruppen), der indizierten
Prophylaxe, Psychosoziale Begleitung Substituierter        Prävention (Personen mit ersten Anzeichen einer Ab-
(PsB), niedrigschwelliger Angebote wie dem „Café mit       hängigkeitserkrankung) und der strukturellen Prävention
Aussicht“ und dem „Offenen Wohnzimmer“ sowie der           (z.B. Aufklärung und Vernetzung sozialer Partner).
Ambulanten Rehabilitation Sucht (ARS). Um die Bera-
tung weitgehend niedrigschwellig gestalten zu können,      Über das „Café mit Aussicht“ und das „Offene Wohn-
bieten wir Sprechstunden in den örtlichen Kliniken         zimmer“ erreichen wir Frauen und Männer, die keine
sowie Außensprechstunden in Westerkappeln, Lotte und       Beratung oder Therapie möchten. Indem wir dies
Wersen sowie in Einzelfällen auch Hausbesuche an.          respektieren, kommen jedes Jahr doch auch Einzelne
                                                           aufgrund eigener Motivation und über die Hilfe der Mit-
Die Psychosoziale Begleitung (PsB) richtet sich an Men-    arbeiter*innen im Café und Wohnzimmer in die Bera-
schen, die mit einem Ersatzmittel, z.B. Methadon, sub-     tung. Umgekehrt ist es auch so, dass wir kontaktscheue
stituiert werden und in verschiedenen Lebensbereichen      Menschen immer wieder in diese niedrigschwelligen
Beratung oder sozialarbeiterische Hilfe anfragen. Im       Angebote leiten.
Rahmen der praktischen Durchführung der Psychoso-
zialen Begleitung für Substituierte ergeben sich für die   Heinrich Ahlers-Kremer
Suchtberatung stetig neue Herausforderungen. Durch
WOHNGRUPPE „AN DER BASILIKA“ IN RHEINE
Wir sind eine ambulant betreute Wohngruppe und bieten Platz für
11 Mieter*innen mit einer eingeschränkten Alltagskompetenz. Ein
neues Zuhause – es fühlt sich an wie in einer Großfamilie.

Angehörige haben es nicht immer leicht mit ihrer Ent-       •   Freunde/Bekannte ziehen sich zurück, man isoliert
scheidung, ihren zu pflegenden Angehörigen in eine              sich gesellschaftlich
Pflegeeinrichtung zu geben. UNERHÖRT! von den An-           •   Ekel überwinden. Es ist nicht einfach der Mutter
gehörigen - jetzt wird der alte Mensch in eine Pflegeein-       oder dem Vater beim Toilettengang zu helfen oder
richtung abgeschoben, der arme „Kerl“/die arme „Frau“.          sie zu „säubern“
                                                            •   Schwieriger Umgang mit Demenzkranken: Verwirrt-
Der Druck aus der Gesellschaft, vielleicht sogar aus der        heitszustände, Stimmungsschwankungen oder gar
eigenen Verwandtschaft, ist oft für die pflegenden An-          Aggressivität treten auf, die geistigen Fähigkeiten
gehörigen so groß, dass man bis an seine psychischen            lassen nach, können ihren Alltag nicht mehr selbst-
und physischen Grenzen geht, bevor man sich dafür               ständig regeln, man kann sie nicht alleine lassen,
entscheidet, seinem an Demenz erkrankten Angehö-                24-Std.-Betreuung wird erforderlich
rigen eine andere Versorgungsform zu ermöglichen.
Schauen wir also mal auf die Probleme/Auswirkungen,         Sich seine eigenen Defizite in der Versorgung eines
die sich für den pflegenden Angehörigen aus der inten-      demenzkranken Menschen einzugestehen und zu sagen
siven Pflege ergeben.                                       „ich kann nicht mehr“ erfordert also viel Mut.

•   Oft ist die Pflegeperson selbst schon erkrankt, wenn    Sich frühzeitig um eine passende Versorgungssituation
    man das Durchschnittsalter der Pflegenden berück-       zu kümmern, die man sich gemeinsam aussucht, mit
    sichtigt – es beläuft sich auf ein Durchschnittsalter   der man sich identifizieren kann, in der man professio-
    von 60 Jahren                                           nelle Hilfe bekommt, sorgt für Entlastung und wenn man
•   Berufliche Tätigkeit muss eingeschränkt werden,         seinem demenzkranken Ehepartner, Elternteil begegnet,
    weniger Verdienst, vielleicht daraus resultierender     dann in einer entspannten Atmosphäre und die gemein-
    Geldmangel und Unzufriedenheit                          same Zeit ist da, um sie zu genießen.
•   Das Familienleben leidet, es kommt zu Spannungen
•   Hobbies/Freizeitaktivitäten kommen zu kurz oder
    müssen ganz aufgeben werden                             Birgit Wanjek
                                                                                                           18 – 19
JAHRESBERICHT
2018

ZAHLEN UND DATEN
Der aktuelle Stand unserer Arbeit im Jahr 2018 (Vorjahreszahlen in Klammern). Wie immer erhalten Sie die Zahlen in
der Kurzfassung zur Schnellinformation.

Diakoniestationen Ibbenbüren, Lengerich, Lienen, Rheine, Westerkappeln
Ambulante Kranken- und Altenpflege

                                                                                                  Patient*innen
Ibbenbüren                                                                                         324        (285)
Lengerich                                                                                          317        (305)
Lienen                                                                                             274        (262)
Rheine                                                                                             138        (119)
Westerkappeln                                                                                     290         (272)

Bahnhofsmission Rheine

 Kontakt zu Hilfesuchenden                                              weiblich                   männlich
 unter 18 Jahre                                                         163         (188)          191        (237)
 bis 27 Jahre                                                           350         (486)          310        (428)
 bis 65 Jahre                                                           956         (897)          995        (990)
 über 65 Jahre                                                          760         (928)          852        (822)

Beratung bei Trennung und Scheidung

Schwerpunkte: Beratungen insbesondere zu Fragen der elterlichen Sorge und des Umgangs, Mitwirkung in
familiengerichtlichen Verfahren.

                                                                              Familien             Fälle
Beratung/Mitwirkung bei Gerichtsverfahren nach § 50 KJHG                      163        (167)
Beratung nach § 17/18 KJHG (Selbstmelder)                                     129        (127)
Beratungsangebote nach § 17.3 (Scheidungsantrag)                                                    65         (64)

Hausnotruf

Kunden am 01.01.2018                                                                               600        (556)
Kunden am 31.12.2018                                                                               703       (600)
Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche

Für Familien mit Kindern im Alter von 0-21 Jahren haben wir folgende Angebote:
       Erziehungsberatung, Einzel-, Paar- und Familienberatung/-therapie
Für Familien mit Säuglingen und Kleinkindern sind im Angebot:
       FIPS entwicklungspsychologische Beratung (0-3 Jahre), Familienhebammen
       (von der Schwangerschaft bis zum vollendeten Lebensjahr)
Ehrenamtliche als Unterstützung für Familien werden vermittelt:
       „Wellcome“ (Kinder bis zu 1 Jahr), „Familienpaten“ (für Kinder von 1 bis 10 Jahre)

                                                                                                   Einbezogene
                                                                                                   Fachleute von
                                                                    Alle                           Kindergärten,
                                                                    beratende                      Schulen,
                                                                    Personen                       Jugendamt etc.
Ladbergen                                                            100           (93)               13            (24)
Lengerich                                                            540          (426)              102         (100)
Lienen / Kattenvenne                                                 152          (173)               26            (51)
Lotte / Wersen                                                       152          (175)               45            (68)
Tecklenburg (einschl. Ledde, Leeden, Brochterbeck)                   222          (185)               46            (33)
Westerkappeln                                                        313          (266)               80            (99)
Sonstige (u.a. FIPS, Familienhebammenprojekt)                        155          (148)               79            (82)

Über präventive Veranstaltungen wurden zusätzlich ca. 727 (1.200) Personen erreicht.

Frauenhaus

                                                                                  Frauen                   Kinder
Emsdetten                                                                           4        (3)             3       (4)
Hörstel                                                                             1        (0)             2       (0)
Hopsten                                                                             1        (0)             0       (0)
Ibbenbüren                                                                          5        (3)            10       (4)
Nordwalde                                                                           1        (1)             1       (3)
Ochtrup                                                                             3        (1)             5       (2)
Rheine                                                                             12       (17)            15      (21)
Steinfurt                                                                           1        (1)             2       (0)
Andere                                                                             13       (21)            12      (20)

                                                                                                             20 – 21
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