Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND

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Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND
Unser Klima verändert sich
Folgen – Ausmaß – Strategien

                             AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-
                             WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND

                            Bayerisches Staatsministerium für
                    Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz
Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND
Tanja Gönner                   Dr. Werner Schnappauf                    Wolfgang Kusch
Umweltministerin               Bayerischer Staatsminister für Umwelt,   Präsident des
des Landes Baden-Württemberg   Gesundheit und Verbraucherschutz         Deutschen Wetterdienstes

                               Das Sachverständigen-Gremium „Intergovernmental Panel on Climate Change“ der
                               Vereinten Nationen geht davon aus, dass sich infolge des anthropogen verursach-
                               ten „Treibhauseffektes“ die mittlere globale Temperatur in den nächsten Jahrzehn-
                               ten deutlich erhöhen wird. Damit einhergehen wird eine signifikante Änderung des
                               globalen Klimas. Diese Klimaänderung wird Auswirkungen auf den regionalen Was-
                               serhaushalt haben. Verlässliche Aussagen über die Folgen des Klimawandels auf
                               Länderebene waren bisher jedoch nicht möglich. Es mangelte an Daten und Fak-
                               ten, wie die künftige Entwicklung des Wasserhaushaltes und seiner Komponenten
                               abzuschätzen und zu bewerten ist.

                               Mit dem Kooperationsvorhaben KLIWA haben sich die Länder Baden-Württemberg
                               und Bayern zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst das Ziel gesetzt, mögli-
                               che Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt süddeutscher Fluss-
                               gebiete herauszuarbeiten, Konsequenzen aufzuzeigen und Handlungsempfeh-
                               lungen abzuleiten. Zunächst lieferte die Analyse und Bewertung von meteorologi-
                               schen und hydrologischen Daten des 20. Jahrhunderts die Grundlage für die
                               Abschätzung bereits eingetretener Klimaänderungen. Die Entwicklung neuartiger
                               regionaler Klimaszenarien erlaubte erstmals in Deutschland Aussagen über regiona-
                               le Klimafolgen. Die Übertragung dieser Ergebnisse auf die in den Ländern vorhan-
                               denen Wasserhaushaltsmodelle machen so insbesondere Aussagen über die
                               Entwicklung des Hochwassergeschehens in den nächsten 50 Jahren möglich.

                               Die Länder Baden-Württemberg und Bayern haben damit bundesweit als erste den
                               Klimaänderungsfaktor bei der Bemessung von technischen Hochwasserschutz-
                               einrichtungen eingeführt. So kann bereits bei der Planung die prognostizierte
                               Erhöhung von Hochwasserabflüssen berücksichtigt werden.

                               Mit KLIWA verfolgt die Klimaschutzpolitik in den Ländern Baden-Württemberg und
                               Bayern einen wichtigen Baustein einer vorausschauenden Daseinsvorsorge.
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INHALT                               SEITE

                                                DAS KLIMA
                                          1     DER ERDE                   4

                                                KLIWA – KLIMAVERÄNDERUNG   6
                                          2     UND WASSERKREISLAUF

                                          3     KLIWA – VERÄNDERUNGEN IM
                                                20. JAHRHUNDERT
                                                                           8

                                          4     KLIMAFORSCHUNG
                                                MIT MODELLEN
                                                                           10

                                                WASSERHAUSHALTS-           12
                                          5     MODELLE

                                          6     KLIWA –
                                                UNSER KLIMA VON MORGEN
                                                                           14

                                                ANPASSUNGSSTRATEGIEN       16
                                          7     FÜR DIE ZUKUNFT

IMPRESSUM                                 WEITERE INFORMATIONEN

Herausgeber                               www.kliwa.de
LUBW Landesanstalt für Umwelt,            www.um.baden-wuerttemberg.de
Messungen und Naturschutz                 www.stmugv.bayern.de
Baden-Württemberg                         www.lubw.baden-wuerttemberg.de
Referat 43                                www.bayern.de/lfu
Hydrologie und Hochwasservorhersage       www.dwd.de
Griesbachstr. 1
76185 Karlsruhe

Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)
Referat 81
Klimawandel, Klimafolgen und
Wasserhaushalt
Bürgermeister-Ulrich-Straße 160
86179 Augsburg

im Auftrag des Umweltministeriums
Baden-Württemberg und des
Bayerischen Staatsministeriums für
Umwelt, Gesundheit und Verbraucher-
schutz und des Deutschen Wetterdienstes

Konzept und Realisation
ÖkoMedia PR, Stuttgart

Stand: August 2006
Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND
Spielt das Klima verrückt...

    2002 setzte das Jahrhunderthochwasser an Elbe und Donau weite Landstriche unter Wasser, 2003 folgte der Jahr-
    hundertsommer mit Temperaturen bis zu 40°C. 2005 war weltweit das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeich-
    nungen. Im Winter 2005/2006 lag der Schnee in manchen Regionen so hoch, dass selbst Schneepflüge kapitulierten
    und Hallendächer einstürzten, weil sie den außergewöhnlich hohen Schneemassen nicht standhalten konnten. Ist
    diese Häufung der Wetterextreme Zufall oder ein Hinweis dafür, dass der Klimawandel schon in vollem Gange ist?

                                     ...ODER SIND DAS GANZ NORMALE                    Die historischen Klimaschwankungen sind
                                     WETTERKAPRIOLEN?                                 auf natürliche Ursachen wie eine veränderte
                                                                                      Sonnenaktivität sowie auf die Erdrotation zu-
                                     Im Laufe der Jahrmillionen war das Erdklima      rückzuführen – und spielten sich in Zeiträu-
                                     immer wieder größeren natürlichen Schwan-        men von 10.000 oder 100.000 Jahren ab.
                                     kungen unterworfen. Mal war Europa tro-          Doch seit Beginn der Industrialisierung steigt
                                     pisch, mal lasteten mächtige Eispanzer auf       der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre, der
                                     dem Land. Sedimentbohrkerne, Pollenana-          während des letzten Jahrtausends relativ
    Abweichung der Jahresmit-        lysen und Baumringe geben Aufschluss über        konstant bei etwa 280 ppm (parts per mil-
    teltemperatur (°C ) von der      die frühen Klimaschwankungen der Erde.           lion) lag, an. Mittlerweile (2006) werden 377
    Durchschnittstemperatur aus      Seit etwa 1860 werden Wetterdaten regel-         ppm gemessen, die jährliche Steigerungsrate
    dem langjährigen Mittel          mäßig und systematisch erfasst. Deren Aus-       liegt bei etwa 1,5 ppm. Dieser anthropogene
    1961 – 1990.                     wertung weltweit zeigt, dass sich seit Be-       (vom Menschen verursachte) Treibhauseffekt
    Wie die Grafik zeigt, fand mit   ginn der Klimaaufzeichnungen die globale         lässt die Temperatur der Erde ansteigen. Die
    Beginn des 20. Jahrhunderts
                                     Durchschnittstemperatur um etwa 1 °C er-         Treibhausgasgehalte der Atmosphäre be-
    eine deutliche Klimaerwär-
    mung auf der Nordhalbkugel       höht hat. Das scheint keine große Verände-       einflussen maßgeblich die globale Tempera-
    statt.                           rung zu sein – stimmt aber bedenklich, wenn      tur. Daher ist es für die Vorhersage des Erd-
                                     man in Betracht zieht, dass es während der       klimas wichtig, durch realitätsnahe Annah-
                                     letzten Eiszeit, die vor rund 10.000 Jahren zu   men von Treibhausgaskonzentrationen, die
                                     Ende ging, auf der Erde nur 4–5 °C kühler        Bandbreite der künftigen Globaltemperatur
                                     war als heute.                                   zu kennen.

                                     TREIBHAUS ERDE                                   MENSCH, WAS MACHST DU DENN
                                                                                      FÜR EIN KLIMA!
                                     Die angenehme globale Durchschnittstempe-
                                     ratur von momentan +15 °C haben wir dem          Um die Entwicklung des Erdklimas realis-
                                     natürlichen atmosphärischen Treibhauseffekt      tisch abschätzen zu können, muss daher
                                     zu verdanken. Die Erdatmosphäre, die die         neben den natürlichen Klimafaktoren der
                                     Erde wie eine wärmende Hülle umgibt, be-         „Faktor Mensch” berücksichtigt werden. Da-
                                     steht aus 78 Prozent Stickstoff, 21 Prozent      zu wurden von dem Sachverständigen-Gre-
                                     Sauerstoff und einem Prozent Edelgase. Da-       mium „Intergovernmental Panel on Climate
                                     zu kommen die Gase Wasserdampf, Kohlen-          Change” (IPCC) der Vereinten Nationen
                                     dioxid und Methan, die nur 0,1 Prozent der       sogenannte Emissions-Szenarien entwickelt.
                                     Atmosphäre ausmachen. Diese Spurengase           In diese Szenarien fließt ein, wie sich die
                                     wirken wie die Glasscheiben eines Ge-            Weltbevölkerung entwickeln wird, welchen
                                     wächshauses: Sie lassen die kurzwelligen         Lebensstandard sie anstrebt, welche Ener-
                                     Sonnenstrahlen durch und halten die lang-        gieträger sie verwenden und wieviel Energie
                                     wellige Wärmestrahlung teilweise zurück.         sie verbrauchen wird. Die Szenarien reichen
                                     Deshalb werden sie auch Treibhausgase            von einer „Wir machen weiter wie bisher”-
                                     genannt. Ohne den natürlichen Treibhausef-       Gesellschaft bis zu einer sich vom Materialis-
                                     fekt würde die Durchschnittstemperatur der       mus abkehrenden, umweltbewussten Welt-
                                     Erde bei lebensfeindlichen –18 °C liegen.        bevölkerung.

4
Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND
DAS KLIMA
                                                                                                        DER ERDE          1

ANTHROPOGENE TREIBHAUSGASE UND IHRE WESENTLICHEN EMISSIONSQUELLEN

Kohlendioxid (CO2)                         Verbrennung fossiler Brennstoffe

Methan (CH4)                               Reisanbau, Viehzucht, Müllfäulnis

Distickstoffoxid (N2O)                     Verbrennungsvorgänge, Verkehr

Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW)             Spraydosen, Kühlschränke

IPCC-EMISSIONS-SZENARIEN

                  CO2-Emissionen (Mrd t Kohlenstoff)
            28
                                                                                  ökonomisch
            24

            20                                                           A1 A2
            16                                                global                                   regional

            12
                                                                         B1                 B2
            8
                                                                                  ökologisch

                   2000   2020   2040   2060   2080   2100

     A1     Eine Welt mit schnellem Wirtschaftswachstum             B2         Eine Welt mit Schwerpunkt auf lokale
            und schneller Einführung neuer und effizienter                     Lösungen für ökonomische und ökologische
            Technologien.                                                      Nachhaltigkeit.

     A2     Eine heterogene Welt mit einem Schwerpunkt              IS 92a     „Wir machen so weiter wie bisher”- Szenarium
            auf traditionelle Werte (family values and                         (1992)
            local traditions).

     B1     Eine sich vom Materialismus abkehrende Welt
            und die Einführung sauberer Technologien.

                                                                                                                          5
Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND
Mit KLIWA
     dem süddeutschen Klima auf der Spur
     Aufgrund der Ergebnisse der Klimamodellierung mit unterschiedlichen Modellen und den IPCC-Szenarien gehen die
     führenden Forschungsinstitute von einer globalen Erwärmung von 1,4 °C bis 5,8 °C in den nächsten hundert Jahren
     aus. Dieser Temperaturanstieg wird Auswirkungen auf den Wasserkreislauf haben, was sich in stärkerer Verdunstung,
     vermehrter Wolkenbildung, höheren Niederschlägen und veränderter Wasserführung in den Gewässern äußern kann.

                                  HAT DER KLIMAWANDEL SCHON                       den Zeitraum 2021–2050. Mit den zukünfti-
Das Kooperationsvorhaben          EINGESETZT?                                     gen Klimadaten wurden wiederum engma-
KLIWA ist in mehrere aufein-                                                      schige Modelle für den Wasserhaushalt der
ander aufbauende Bereiche         Angesichts der Häufung von Hochwasser-          einzelnen Flussgebiete gefüttert. Zum Teil
aufgeteilt                        ereignissen in den letzten Jahren stellt sich   werden schon konkrete Handlungsempfeh-
                                  die Frage, ob dies nun schon Vorboten des       lungen ausgesprochen. Zunächst konzentrie-
PROJEKTBEREICHE VON               Klimawandels sind oder nicht. Alles ganz nor-   ren sich die Untersuchungen noch auf die
KLIWA                             mal? Oder werden wir in Zukunft vermehrt        Hochwasserproblematik. Im Weiteren sollen
                                  mit solchen extremen Wetterlagen und            auch andere Auswirkungen auf den Wasser-
Bereich A:                        Hochwassern leben müssen? Wenn ja, kann         haushalt wie Niedrigwasser oder veränderte
Ermittlung bisheriger             man in diesem Fall voraussagen, wie sich        Grundwasserneubildung beleuchtet werden.
Veränderungen des Klimas          das Klima und der Wasserhaushalt bei uns
und des Wasserhaushalts           ändern werden und wie man geeignet darauf       DONNERWETTER, UNSER KLIMA
                                  reagieren kann?
Bereich B:                                                                        Unter Klima versteht man das langjährige
Abschätzung der möglichen         DAS PROJEKT KLIWA                               mittlere Verhalten von meteorologischen
Auswirkungen des Klima-                                                           Größen, insbesondere Temperatur und
wandels auf den Wasser-           Um dieser Frage konkret nachzugehen, ka-        Niederschlag, während mit Wetter der
haushalt                          men die Länder Baden-Württemberg und            aktuell herrschende Zustand dieser meteoro-
                                  Bayern sowie der Deutsche Wetterdienst          logischen Größe gemeint ist. Mit der Wetter-
Bereich C:                        überein, in dem Kooperationsvorhaben            vorhersage wird versucht, das Wetter der
Erfassung künftiger Verände-      „Klimaveränderung und Konsequenzen für          nächsten Tage in seinem zeitlichen Ablauf
rungen des Klimas und des         die Wasserwirtschaft” (KLIWA) längerfristig     möglichst genau vorherzusagen. Die langfris-
Wasserhaushalts                   gebiets- und fachübergreifend zusammenzu-       tige Änderung des Klimas wird dagegen
                                  arbeiten. Ziel von KLIWA ist es, mögliche       durch Klima-Szenarien abgebildet, d.h. hier
Bereich D:                        Auswirkungen der Klimaveränderung auf den       werden möglichst zukünftige Klimazustände
Anpassung des wasserwirt-         Wasserhaushalt süddeutscher Flussgebiete        beschrieben, abhängig von den sie beeinflus-
schaftlichen Handelns             herauszuarbeiten, Konsequenzen aufzuzeigen      senden künftigen gesellschaftlichen, wirt-
                                  und Handlungsempfehlungen zu entwerfen.         schaftlichen und technischen Entwicklungen.
Für gezielte regionale Hoch-                                                      Klima-Szenarien beziehen sich immer auf län-
wasserschutzmaßnahmen             EINFLÜSSE AUF DEN WASSER-                       gere Zeitabschnitte in der Zukunft – mindes-
muss man wissen, welche           HAUSHALT – VORGEHENSWEISE                       tens 30 Jahre.
Flussgebiete besonders hoch-
wassergefährdet sind. Dazu        Inzwischen kann das Projekt KLIWA eine          KLIWA IM WEB
ist auch eine regionale Klima-    Vielzahl von Ergebnissen aufweisen. Zu-
prognose notwendig. Bislang       nächst wurden langjährige meteorologische       Weitere Informationen über das KLIWA-
wurden Klimamodelle jedoch        und hydrologische Messdaten bayerischer         Projekt können auf der Homepage
nur global oder für großräumi-    und baden-württembergischer Wettersta-          www.kliwa.de abgerufen werden. Im
ge Gebiete wie z.B. Nord-         tionen analysiert und Trends ermittelt. Diese   Download-Bereich stehen umfassende
europa erstellt.                  Stationen dienten als Grundlage für die         Berichte und Publikationen über Ergebnisse
                                  Simulation mit regionalen Klimamodellen für     und Arbeitsweisen bereit.

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Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND
K L I WA – K L I M AV E R Ä N D E R U N G
                                                                                               U N D WA S S E R K R E I S L A U F   2

    DER KREISLAUF DES WASSERS

    Die Erdoberfläche ist zu zwei Dritteln mit         Schnee – wieder auf die Erde. Der Nieder-
    Wasser bedeckt. Dieses Wasser ist natürlich        schlag fließt über Gewässer ab oder ver-
    nicht ortsfest, sondern zirkuliert in einem ge-    sickert im Boden und trägt so zur Grund-
    waltigen Kreislauf als Dampf, Flüssigkeit          wasserneubildung bei. Das meiste Wasser
    oder Eis rund um den Globus. Wasser, das           jedoch verdunstet wieder. Die einzelnen
    von der Erdoberfläche verdunstet, steigt als       Komponenten des natürlichen Wasser-
    Wasserdampf auf, kondensiert zu Wolken             kreislaufes werden durch den Klimawandel
    und fällt als Niederschlag – Regen oder            verändert.

                                                           Niederschlag

      Verdunstung v. Pflanzen

                                                      Verdunstung v. Boden
Sickerwasser
                                                                             Oberflächenabfluss

                                                                                                            Verdunstung v. Pflanzen

          Zwischenabfluss

                                                                                                                    Sickerwasser

                                                      Abfluss
                                                                                       kapillarer Wasseraufstieg

                                                Grundwasserabfluss

    Schematische Darstellung von Komponenten des Wasserhaushaltes
    (Nach Wohlrab et al. 1992, verändert)

                                                                                                                                    7
Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND
Im Fokus:
    Das Klima im 20. Jahrhundert
    Der Klimawandel ist keine Zukunftsmusik. Klimawandel hat längst schon begonnen. Um die bisherige Klimaentwicklung
    einschätzen zu können, müssen zuerst die Daten aus der Vergangenheit untersucht werden. Aus der Untersuchung
    langjähriger Messreihen lässt sich die natürliche Schwankungsbreite der Wetterdaten bestimmen und eventuell ein
    Trend ablesen. Für das KLIWA-Projekt wurden Messwerte von über 350 süddeutschen Wetterstationen herangezogen.

                                 ES IST WÄRMER GEWORDEN                         Die Niederschläge haben vor allem im Win-
                                                                                ter in manchen Regionen um bis zu 35 Pro-
                                 Die durchschnittliche Lufttemperatur in Süd-   zent zugenommen. Besonders betroffen sind
                                 deutschland ist im Zeitraum von 1931–2000      in Baden-Württemberg der Schwarzwald und
                                 um 0,5–1,2 °C gestiegen. Dabei ist der         der Nordosten, in Bayern Franken und Teile
                                 stärkste Anstieg ab den 90er Jahren des        des Bayerischen Waldes.
                                 letzten Jahrhunderts zu verzeichnen. Am
                                 ausgeprägtesten war die mittlere monatliche    WESTLAGE ZYKLONAL: DAS
                                 Temperaturzunahme im Monat Dezember            WETTER, DAS DEN REGEN BRINGT
                                 mit 1,8 – 2,7 °C, vor allem im Westen und in
                                 den tieferen Lagen bis 500 m über NN.          Die vermehrten Niederschläge im Winter
                                                                                sind auf die Zunahme bestimmter Groß-
                                 WEISSE WEIHNACHT –                             wetterlagen über Europa zurückzuführen.
                                 ERINNERUNG AUS KINDERTAGEN                     Eine Zeitreihenanalyse von 1881 bis 1989
                                                                                ergab, dass sich besonders in den Monaten
                                 Mildere Winter bedeuten weniger Schnee.        Dezember und Januar die sogenannten
                                 Auch hier ist der Trend aus den langjährigen   zonalen Zirkulationen häuften. Die hydrolo-
                                 Messreihen klar erkennbar. Vor allem in den    gisch bedeutsamste Großwetterlage ist die
                                 tiefer gelegenen Gebieten bis 300 m ü. NN      „Westlage zyklonal”, die von einem Azoren-
                                 und in den westlichen Landesteilen nahm in     hoch und einem Islandtief angetrieben wird.
                                 den Jahren ab 1951/52 die Schneedecken-        Diese vom Atlantik nach Westeuropa rei-
                                 dauer um 30–40 Prozent ab, in den mittleren    chende Strömung bringt oft ergiebige Nie-
                                 Lagen (300–800 m ü. NN) um 10–20 Pro-          derschläge mit sich – im Flachland durch die
                                 zent. Lediglich in den Hochlagen fiel teil-    mildere Meeresluft meist in Form von Re-
                                 weise sogar mehr Schnee. Da Schnee nichts      gen. Zonale Großwetterlagen sind aber auch
                                 anderes ist als zeitweise festgesetztes Was-   für heftige Winterstürme verantwortlich.
                                 ser, ist die Schneebedeckung eine wichtige     Trauriges Beispiel ist der Sturm „Lothar”, der
                                 Größe im Wasserhaushalt, z.B. für die Was-     im Dezember 1999 eine Schneise der Ver-
                                 serführung in den Gewässern.                   wüstung durch Westeuropa schlug.

                                 TROCKENE SOMMER,                               WO FLIESST ALL DER REGEN HIN...
                                 VERREGNETE WINTER
                                                                                ... in der Regel an den Pegel. Die Langzeit-
                                 Die jährliche Niederschlagsmenge ist in den    messungen an ausgewählten Flusspegeln
                                 meisten Gebieten im Untersuchungszeit-         zeigen, dass in den letzten 30 Jahren die
                                 raum etwa gleich geblieben. Verändert hat      Hochwasserereignisse in Baden-Württem-
                                 sich aber die Niederschlagsverteilung: Das     berg und Bayern vor allem im Winterhalbjahr
                                 Winterhalbjahr ist feuchter, das Sommerhalb-   zugenommen haben.
                                 jahr trockener geworden.

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Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND
K L I WA – V E R Ä N D E R U N G E N
                                                       I M 2 0 . J A H R H U N D E RT   3

                            LUFTTEMPERATUR

MittlereTemperaturzunahme
im Monat Dezember im
langjährigen Mittel von
1931–2000.

                            SCHNEEDECKENDAUER

Rückgang der mittleren
Schneedeckendauer im
Zeitraum 1951/52–1995/96.

                                                                                        9
Unser Klima verändert sich - Folgen - Ausmaß - Strategien - AUSWIRKUNGEN AUF DIE WASSER-WIRTSCHAFT IN SÜDDEUTSCHLAND
Instrumente der Klimaforschung

      Fast alle führenden Forschungsinstitute gehen mittlerweile von einem globalen Klimawandel aus. Selbst schnelle
      und effektive Klimaschutzmaßnahmen können die sich abzeichnende Klimaänderung nicht verhindern, denn das
      heute in die Atmosphäre abgegebene Kohlendioxid wird dort noch 30–40 Jahre wirksam sein und zur Erwärmung
      beitragen. Zudem ist es beim derzeitigen Energiehunger der Welt unmöglich, die Emissionen auf Null zu setzen,
      da bei jedem Verbrennungsprozess weiteres CO2 entsteht.

                                   WIE VERLÄUFT DIE FIEBERKURVE?                   DER TEUFEL STECKT IM DETAIL –
                                   GLOBALE KLIMAMODELLE                            REGIONALE KLIMAMODELLE
WETTER – EINE FOLGE
DES KLIMAS
                                   Schon die Wettervorhersage ist oft ein          Die Gitterweite eines globalen Klimamodells
                                   schwieriges Unterfangen. Wer hat nicht          ist für eine regionale Klimaprognose natürlich
... aber nicht nur, denn
                                   schon einmal einen Ausflug geplant und          zu unscharf. Regionale topographische
auch die Beschaffenheit
                                   stand bei prognostiziertem Sonnenschein         Besonderheiten wie kleinere Gebirgszüge
der Erdoberfläche beein-
                                   buchstäblich im Regen? Eine zuverlässige        oder Flussniederungen fallen dabei buchstäb-
flusst das Klima. Einige
                                   Wetterprognose ist mit den heutigen Mitteln     lich durchs Raster.
Beispiele:
                                   für maximal 5–7 Tage möglich. Die langfristi-
                                   ge Vorhersage des Erdklimas ist eine un-        Da es derzeit noch kein optimales Verfahren
  Das für seinen Breiten-
  grad relativ warme Europa        gleich komplexere Aufgabe, da viele Para-       für die Erstellung regionaler Klimaszenarien
  verdankt sein mildes             meter und Größen berücksichtigt werden          aus dem globalen Klimamodell gibt, wurden
  Klima dem Golfstrom,             müssen, die sich gegenseitig beeinflussen.      für KLIWA drei verschiedene Verfahren zur
  einer warmen Meeres-             Das führt zu einer schier unüberschaubaren      Simulation des regionalen Klimas ausge-
  strömung.                        Datenflut und einem Rechenaufwand, der          wählt. Dadurch erhält man eine gewisse
                                   nur von Supercomputern bewältigt werden         Bandbreite denkbarer Entwicklungen und
  Schnee- und Eisflächen           kann.                                           Vergleichsmöglichkeiten.
  sorgen für kühleres Klima,
  da sie das Sonnenlicht           Globale Klimamodelle basieren wie die Wet-      Drei Verfahren zur regionalen
  reflektieren.                    tervorhersage auf einem atmosphärischen         Klimamodellierung
                                   Modell, werden aber durch ein Ozean-, ein          eine statistische Methode
  Regen, der über Waldge-          Schnee- und Eis- sowie ein Vegetationsmo-          ein statistisches dynamisches Verfahren
  bieten niedergeht, ver-          dell ergänzt, da diese Faktoren erheblich auf      ein regionales dynamisches Klimamodell
  dunstet zumeist wieder,          das Klima einwirken. Die anthropogenen
  während Regen auf ver            Einflüsse (der "Faktor Mensch") werden in       Alle drei Verfahren setzen auf dem globalen
  siegelten Flächen wie z.B.       den verschiedenen IPCC-Szenarien be-            Klimamodell ECHAM 4 auf. Der "Faktor
  in Städten hauptsächlich         rücksichtigt.                                   Mensch" ging mit dem Emissions-Szenario
  im Gully verschwindet                                                            B2 – einer kontinuierlich steigenden Weltbe-
  und über die Kanalisation        Für die globale Klimamodellierung wird die      völkerung, die nachhaltige lokale Lösungen
  ins nächste Gewässer             Erde in ein bestimmtes Raster aufgeteilt.       auf ökonomische, soziale und Umwelt-
  geleitet wird.                   Die Rechenleistung der heutigen Computer        probleme findet – mit ein. Damit wurde der
                                   lässt momentan einen Gitterabstand von          Zeitraum 2021–2050 simuliert. Für die weite-
                                   etwa 250 x 250 km2 zu. Durch die Variabilität   ren Abschätzungen wurden dann die Ergeb-
                                   der Faktoren kann ein globales Klimamodell      nisse herangezogen, die sich mit dem statis-
                                   keine festen Werte angeben, sondern nur         tisch dynamischen Verfahren ergeben haben.
                                   eine Bandbreite, in der sich beispielsweise     Dessen Veränderungen des Niederschlags-
                                   die Temperatur oder der Niederschlag be-        geschehens sind nebenstehend für das
                                   wegen. So kommt es auch zu der Aussage,         Sommer- und das Winterhalbjahr dargestellt.
                                   dass bis 2100 die globale Temperatur um
                                   1,4–5,8 °C ansteigen wird.

 10
KLIMAFORSCHUNG
                                                                           MIT MODELLEN   4

                                PROZENTUALE ÄNDERUNG DER MITTLEREN NIEDERSCHLAGSSUMME
                                (MAI – OKT.) SZENARIO ZUKUNFT GEGENÜBER IST-ZUSTAND

Im hydrologischen Sommer-
halbjahr sind nur geringere
Unterschiede in der räum-
lichen Verteilung der Nieder-
schlagsveränderung festzu-
stellen; es treten überwie-
gend kleine Abnahmen des
Niederschlags auf.

                                PROZENTUALE ÄNDERUNG DER MITTLEREN NIEDERSCHLAGSSUMME
                                (NOV. – APR.) SZENARIO ZUKUNFT GEGENÜBER IST-ZUSTAND

Im Winterhalbjahr wird die
jährliche Niederschlags-
summe dagegen deutlich
zunehmen. Davon betroffen
werden vor allem der
Schwarzwald, der Oden-
wald, der Spessart und die
Rhön sein. Mehr Nieder-
schläge wird es auch entlang
der Donau geben.

                                                                                          11
Wasserhaushaltsmodelle
     als Instrument für Abflussprognosen
     Mit globalen und regionalen Klimasimulationen können jedoch noch keine Aussagen über die Auswirkungen des
     Klimawandels auf die Wasserwirtschaft getroffen werden. Deshalb müssen mit den Ergebnissen der regionalen
     Klimamodelle feinrastrige Wasserhaushaltsmodelle gefüttert werden, um die Änderungen der hydrologischen
     Komponenten des Wasserkreislaufes insbesondere die Verschärfung von Hochwasserabflüssen infolge der
     Klimaerwärmung in Süddeutschland zu ermitteln.

                                 AUS DER VERGANGENHEIT LERNEN                   WASSERHAUSHALTSMODELLE
                                 – IN DIE ZUKUNFT SEHEN

                                 Auf der Grundlage der meteorologischen und     Um die Auswirkung der Klimaänderung auf
                                 hydrologischen Messdaten aus den Jahren        den Wasserhaushalt abzuschätzen, wurden
                                 1951 bis 2000 wurden mit allen drei Verfah-    hochaufgelöste Wasserhaushaltsmodelle
                                 ren Klima-Szenarien für den Ist-Zustand und    (WHM) im 1 x 1 km2-Raster für große Teile
                                 Zukunftsszenarien ermittelt. Die Güte der      des KLIWA-Gebiets erstellt. Für Baden-
                                 Simulationen wurde mit den Messdaten von       Württemberg liegen diese Modelle flächen-
                                 1971 bis 2000 geprüft, d.h. die Simulation     deckend vor. In Bayern sind bisher für die
                                 des Ist-Zustands wurde mit den tatsächli-      Flussgebiete nördlich der Donau, insbeson-
                                 chen Wetterdaten verglichen. Dadurch kön-      dere das Main-Gebiet, Wasserhaushalts-
                                 nen systematische Fehler des globalen Klima-   modelle angepasst. Dabei ging es zunächst
                                 modells zum Teil ausgeglichen werden. Die      vor allem darum, die Hochwasserverschär-
                                 so gewonnenen Zukunftsszenarien erstre-        fung zu untersuchen.
                                 cken sich über einen Zeitraum von 2021–2050.
                                                                                Dazu wurden die Ergebnisse der regionalen
                                 Um genaue regionale Daten liefern zu kön-      Klimaszenarien als Eingangsdaten verwen-
                                 nen, wurden die Länder Baden-Württemberg       det. Mit einem Wasserhaushaltsmodell kön-
                                 und Bayern in 33 Untersuchungsgebiete –        nen alle Komponenten des Wasserhaushalts
                                 überwiegend nach topographischen und           berechnet werden.
                                 wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten –
                                 aufgeteilt. Diese Gebiete wurden wiederum      Komponenten des Wasserhaushalts
                                 in neun Regionen zusammengefasst.
                                                                                  Niederschlag
                                                                                  Wasserführung
                                                                                  Verdunstung
                                                                                  Bodenfeuchte
                                                                                  Grundwasserneubildung
                                                                                  Wasseräquivalent der Schneedecke

                                 GANZ KLEIN KARIERT –

12
WA S S E R H A U S H A LT S -
                                                                                                              MODELLE               5

RASTER VON EINEM QUADRATKILOMETER

Wasserhaushaltsmodelle sind mathemati-           den bei einer rasterbasierten Flächenauf-
sche Rechenverfahren zur Beschreibung und        lösung von 1 x 1 km2 der Untersuchungs-
Quantifizierung der räumlichen und zeitlichen    gebiete u.a. folgende hydrologische Teil-
Verteilung wesentlicher Komponenten des          prozesse beschrieben: Blattbenetzung,
Wasserhaushaltes wie Niederschlag, Verduns-      Verdunstung, Schneeanhäufung, -verdich-
tung, Versickerung, Wasserspeicherung und        tung und -schmelze, Bodenwasserspeiche-
Abfluss. Mit ihrer Hilfe können die Wirkun-      rung, Speicherung und Wassertransport in
gen von Veränderungen der eingehenden            der Fläche sowie die Fließbewegung in den
Komponenten auf das Gesamtsystem „Was-           Gerinnen und den Rückhalt in den Seen.
serhaushalt“ dargestellt und beurteilt wer-      Hinzu kommen Verfahren zur Korrektur und
den. In den Wasserhaushaltsmodellen wer-         Umrechnung meteorologischer Messgrößen.

Anwendungsmöglichkeiten von                                           Acker                      großflächig versiegelte Bereiche
Wasserhaushaltsmodellen                                               Brachfläche                baumbestandene Bereiche
                                                                      Extensives Grünland        Laubwald
   Abschätzung der Auswirkungen von Um-                               Intensives Grünland        Mischwald
                                                                      Intensivobstbau            Nadelwald
   weltveränderungen, wie z.B. möglicher
                                                                      Weinbau                    unversiegelte Flächen
   Klimaveränderungen oder Landnutzungsän-                            Siedlung, locker           Feuchtfläche
   derungen auf den Wasserhaushalt (wie                               Siedlung, dicht            Wasserfläche
   Abfluss, Versickerung und Verdunstung),
   kontinuierliche Abflussvorhersage für
   Niedrig-, Mittel-, und Hochwasser im
   operationellen Betrieb als Werkzeug
   des Risikomanagements, u.a. zur Ver-
   besserung der Niedrigwasserbewirt-
   schaftung und zur Verbesse-
   rung der Hochwasservorsorge,
   regionale Untersuchungen
   des Wasserhaushalts auf der
   Basis von Flusseinzugsgebieten
   im Sinne der EU-Wasserrahmen-
   richtlinie,
   Prognosen und Szenarien für die Gewässer-
   entwicklungsplanung,
   Bereitstellung von hydrologischen Eingangs-
   größen für Gewässergüte- und Grundwas-
   sermodelle (z.B. für Wärme- und Sauerstoff-
   haushalt, Grundwasserneubildung usw.).
In Baden-Württemberg liegen für die gesamte
Landesfläche Wasserhaushaltsmodelle vor. Sie
sind auf der Basis von Tageswerten kalibriert
und somit für Prognosen- und Szenarienrech-
nungen einsetzbar. In Bayern liegen bis jetzt
Modelle für das Main-Gebiet und die nördlichen
Donauzuflüsse vor.

                                                                                                                                    13
Das Klima von morgen –
        die Zukunftsszenarien 2021–2050
        Die Ergebnisse der drei Verfahren zur regionalen Klimamodellierung unterscheiden sich zwar mancherorts, aber der
        Trend geht in dieselbe Richtung. Die ermittelten Werte wurden verglichen, auf ihre Plausibilität geprüft und zu regio-
        nalen Klimaszenarien zusammengefasst.

                                      EHER HEISS UND WENIGER EIS                      Doch während es im Sommer gegenüber
                                                                                      jetzt bis zu 10 Prozent weniger regnet, wird
                                      Die Klimasimulationen zeigen, dass die Tem-     es im Winter erheblich mehr Niederschläge
                                      peratur bis 2050 im Durchschnitt um 1,7 °C      geben – in manchen Regionen bis zu 35
                                      zunehmen wird. Im Sommer steigt die mitt-       Prozent. Am meisten bekommen die im
                                      lere Tagestemperatur um 1,4 °C und beträgt      Westen gelegenen Untersuchungsregionen
                                      15 °C. Im Winter fällt die Temperaturzunah-     ab. Absoluter Spitzenreiter in Sachen
                                      me mit 2 °C auf 4,5 °C höher aus. Am            Niederschlag wird der Schwarzwald sein.
                                      stärksten steigt die Temperatur in den Mona-
                                      ten Dezember bis Februar. Erwähnenswert         Zudem werden im Winter die Tage mit star-
                                      in diesem Zusammenhang ist, dass dadurch        ken Niederschlägen (über 25 mm) deutlich
                                      mehr Regen und weniger Schnee fällt. Daher      zunehmen, an manchen Messstationen
                                      kann es vermehrt zu kleineren und mittleren     wird sich die Zahl verdoppeln. Dagegen wird
Extremsommer 2003:                    Hochwassern im Winter kommen.                   es mehr Tage geben, an denen überhaupt
Hitzewelle (in den roten Gebieten)                                                    nichts von oben kommt: Trockenperioden
in Europa                             Die Zahl der Sommertage (Tage über 25 °C)       im Sommer werden länger ausfallen.
                                      wird im Vergleich zu heute an allen Klimasta-
                                      tionen deutlich zunehmen. Die Anzahl der        WEITERHIN WESTLICHE
                                      heißen Tage (über 30 °C) wird sich fast über-   WETTERLAGEN
                                      all verdoppeln. Demgegenüber wird es weni-
                                      ger Frosttage (Tiefsttemperatur unter 0° C)     Die für ergiebige Niederschläge sorgenden
                                      und Eistage (Dauerfrost) geben. Letztere        Westwetterlagen, insbesondere die West-
                                      werden sich zumeist halbieren. Die soge-        lage zyklonal (WZ), werden auch in Zukunft
                                      nannten Eisheiligen werden sich nach vorne      im Winterhalbjahr häufiger unser Wetter
                                      verschieben: Der letzte Spätfrost wird früher   bestimmen. Dadurch steigt die Wahrschein-
                                      kommen, in manchen Regionen können die          lichkeit für Hochwasserereignisse.
                                      Tomaten bis zu zwei Wochen früher ausge-
                                      pflanzt werden.                                 FAZIT :
                                                                                      DER TREND SETZT SICH FORT
                                      MEHR NIEDERSCHLAG IN DEN
                                      WINTERMONATEN                                     Es wird wärmer, vor allem im Winter.
                                                                                        Die Sommer werden etwas trockener,
                                      Je höher die Lufttemperatur desto stärker ist     die Winter dagegen wesentlich feuchter.
                                      die Verdunstung des Wassers. Das wie-             Die Westwetterlagen, die höhere Nieder-
                                      derum beeinflusst das Niederschlagsver-           schläge bringen können, werden zuneh-
                                      halten maßgeblich.                                men. Daraus ist abzusehen, dass die
                                                                                        Hochwassergefahr im Winterhalbjahr
                                      Im Simulationszeitraum wird sich der ge-          steigt. Vor allem die mittleren Hochwas-
                                      fundene Trend mit feuchteren Wintern und          ser werden zunehmen, da sich in den
                                      trockeneren Sommern fortsetzen.                   zukünftig milderen Wintern die Schnee-
                                                                                        decke mehrfach auf- und abbauen kann.

   14
K L I WA – U N S E R K L I M A
                                                     VON MORGEN            6

BADISCHE TOSKANA?
DAS BEISPIEL KARLSRUHE

Die mittlere Durchschnittstemperatur,
die im Zeitraum 1971–2000 bei 15,1°C
lag, wird im Zukunftsszenario 17,4 °C
betragen. Statt 16 wird es 32 heiße
Tage geben. Das bedeutet, dass sich
bei einer Zunahme der Lufttemperatur
um 2,3 °C die Wahrscheinlichkeit des
Auftretens von Temperaturen über
30 °C verdoppelt. Dagegen gibt es nur
noch vier Tage mit Dauerfrost statt wie
bisher elf.

BAYERISCHE WINTER
Auch auf den Bergen friert es weniger
– auf der Zugspitze wird es weniger
als 180 Eistage geben. Bislang waren
es knapp 210 im Jahr.

                                                                           15
Schutz durch die
     "Flexible and no regret"-Strategie
     Auch wenn die Modellkette Globales Modell – Regionale Modelle – Wasserhaushaltsmodelle noch mit einigen
     Unsicherheiten behaftet ist, weisen die Ergebnisse darauf hin, dass in Zukunft vermehrt mit Hochwasserereignissen
     zu rechnen ist. Aus Vorsorgegründen wurde daher eine Hochwasser-Anpassungsstrategie entwickelt. Anpassung
     heißt nicht, dass jetzt überall bei neuen Bauwerken meterhohe Ufermauern errichtet werden. Vielmehr gilt es, die
     Folgen der erwarteten Klimaänderung mit Maßnahmen abzufangen, die langfristig zweckmäßig und relativ kosten-
     günstig anpassbar sind.

                                  DEN KLIMAWANDEL MIT                              So wurde für den Bereich der Oberen Donau
                                  EINRECHNEN:                                      ein Klimaänderungsfaktor von 1,25 ermittelt.
                                  DER KLIMAÄNDERUNGSFAKTOR                         Auch die kleineren und mittleren Hochwas-
                                                                                   ser werden zunehmen. Der Abfluss HQ5 für
                                  Bei der Planung von Hochwasserschutzan-          ein Hochwasserereignis, das heute etwa alle
                                  lagen wird meist der Wert HQ100 zugrunde         fünf Jahre auftritt, steigt an der Oberen
                                  gelegt. HQ100 ist der Hochwasserabfluss,         Donau um 67 Prozent. Für die Zukunft muss
                                  der statistisch betrachtet alle 100 Jahre ein-   also der HQ5-Wert der Oberen Donau mit
                                  mal auftritt. Die auf diesem Wert berechne-      dem Klimaänderungsfaktor 1,67 multipliziert
                                  ten Bauwerke sollen also ein "Jahrhundert-       werden. Am Hochrhein beträgt der Klimaän-
                                  hochwasser" abfangen können. Die Simu-           derungsfaktor für das HQ5 beispielsweise
                                  lationen der Wasserhaushaltsmodelle für die      1,45, am geringsten ist er im Einzugsgebiet
                                  Flussgebiete in Baden-Württemberg und            Oberschwaben-Bodensee mit 1,24.
                                  Bayern zeigen, dass die Hochwasserabflüsse
                                  besonders im Winter an fast allem Pegeln         In Bayern wurde auf der Grundlage der da-
                                  zunehmen werden. Daher wurde in beiden           maligen Untersuchungsergebnisse ebenfalls
                                  Ländern – auch aus Vorsorgeaspekten – fest-      ein Klimaänderungsfaktor von pauschal 15
                                  gelegt, bei der Bemessung neuer wasser-          Prozent auf den statistischen Wert von
                                  wirtschaftlicher Hochwasseranlagen die Aus-      HQ100 eingeführt. Damit werden bereits
                                  wirkungen des Klimawandels durch einen           jetzt die erwarteten Auswirkungen des
                                  Klimaänderungsfaktor zu berücksichtigen.         Klimawandels bei der Planung neuer staat-
                                                                                   licher Hochwasserschutzmaßnahmen in der
                                  Für den Neckar wurde beispielsweise ermit-       Regel berücksichtigt. Die Grundlagen für den
                                  telt, dass die Wasserführung für ein Jahr-       Klimaänderungsfaktor werden durch weitere
                                  hunderthochwasser (HQ100) bis 2050 um            Untersuchungen fortentwickelt. Dies kann
                                  15 Prozent steigt. Daher soll fortan der Wert    auch zu einer regionalen Anpassung führen.
                                  HQ100 mit dem Klimafaktor 1,15 multipliziert
                                  werden, d.h. die Anlagen werden auf einen        WAS BEDEUTET DAS IN DER
                                  um 15 Prozent höheren Abfluss dimensio-          PRAXIS?
                                  niert oder so geplant, dass bei Bedarf nach-
                                  gerüstet werden kann.                            Beispiel Hochwasserdamm: Der Damm
                                  Neuer HQ100-Wert für den Neckar:                 wird gebaut wie geplant, an der Außenseite
                                                                                   wird aber ein Streifen freigehalten, sodass
                                  HQ100 (neu) =1,15 x HQ100(alt)
                                                                                   bei Bedarf der Damm problemlos erhöht
                                                                                   werden kann.
                                  UNTERSCHIEDLICHE KLIMAFOLGEN                     Beispiel Brücke: Bei der Planung einer
                                  UND KLIMAFAKTOREN                                Brücke fließt der regionale Klimaänderungs-
                                                                                   faktor mit ein, da eine nachträgliche Anpas-
                                  In Baden-Württemberg wurden mittlerweile         sung kaum möglich ist.
                                  alle Flussgebiete unter die Lupe genommen.       Beispiel Ufermauer: Bei einer neuen Ufer-
                                  Die regionalen Unterschiede des Klima-           mauer wird die Statik so ausgelegt, dass sie
                                  wandels schlagen sich auch in den zu erwar-      später gegebenenfalls ohne Schwierigkeiten
                                  tenden Hochwasserabflüssen nieder.               erhöht werden kann.
16
A N PA S S U N G S S T R AT E G I E N
                                                                                                         FÜR DIE ZUKUNFT                7

KLIMAÄNDERUNGSFAKTOREN IN BADEN-WÜRTTEMBERG

                                                                            Klimaänderungsfaktoren f(T,K)

                                                               T (Jahre)      1          2           3          4           5

                                                                        2     1,25       1,50        1,75       1,50        1,75

                                                                        5     1,24       1,45        1,65       1,45        1,67

                                                                      10      1,23       1,40        1,55       1,43        1,60

                                                                      20      1,21       1,33        1,42       1,40        1,50

                                                                      50      1,18       1,23        1,25       1,31        1,35

                                                                    100       1,15       1,15        1,15       1,25        1,25

                                                                    200       1,12       1,08        1,07       1,18        1,15

                                                                    500       1,06       1,03        1,00       1,08        1,05

                                                                   1000       1,00       1,00        1,00       1,00        1,00

                                                                   Bemerkung: Für Jährlichkeiten T > 1000 a ist der Faktor gleich 1,0

AUSBLICK

Bisher hat sich KLIWA vor allem der Hoch-      Mit dem gemeinsam mit dem DWD durch-
wasserproblematik angenommen. Aber die         geführten Projekt KLIWA haben die Länder
Klimaänderung hat noch andere Auswirkun-       Baden-Württemberg und Bayern ein wichti-
gen auf den Wasserhaushalt. Die prognosti-     ges Instrument an der Hand, um die Not-
zierten trockeneren und wärmeren Sommer        wendigkeit von Anpassungsmaßnahmen zu
können Niedrigwasser mit sich bringen und      erkennen und so die Auswirkungen des
damit Landwirten und Binnenschiffern Pro-      Klimawandels in regionalem Maßstab abzu-
bleme bereiten. Die veränderte Nieder-         mildern. Doch ebenso wichtig wie die An-
schlagsverteilung hat auch Einfluss auf die    passung der Hochwasserschutzmaßnahmen
Grundwasserneubildung und die für die Ener-    ist die allgemeine Verstärkung des Klima-
giewirtschaft bedeutsame Kraftwerksküh-        schutzes zur Senkung der Treibhausgas-
lung. Ein weiteres Themengebiet ist die Ent-   emissionen. Auch wenn sich aufgrund der
wicklung der Kurzzeitniederschläge (Gewit-     Trägheit des Klimasystems selbst bei einem
ter), die in kurzer Zeit viel Wasser bringen   sofortigen Emissionsstopp der Temperatur-
und damit verstärkt örtliche Überschwem-       anstieg erst einmal fortsetzt, so kann doch
mungen verursachen können. Wichtig ist das     jeder Einzelne dazu beitragen, dass unsere
z.B. für die kommunalen Entwässerungs-         Nachkommen nicht mit noch größeren
netze.                                         Problemen zu kämpfen haben werden.
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