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Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Untersuchungsbericht Identifikation Art des Ereignisses: Unfall Datum: 02.03.2018 Ort: Stuttgart Luftfahrzeug: Flugzeug Hersteller: Diamond Muster: DA 40 NG Personenschaden: 2 Passagiere leicht verletzt Sachschaden: Luftfahrzeug schwer beschädigt Drittschaden: Flughafenzaun Aktenzeichen: BFU18-0211-3X
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Die Untersuchung wurde in Übereinstimmung mit der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Okto- ber 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störun- gen in der Zivilluftfahrt und dem Gesetz über die Untersuchung von Unfäl- len und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall- Untersuchungs-Gesetz - FlUUG) vom 26. August 1998 durchgeführt. Danach ist das alleinige Ziel der Untersuchung die Verhütung künftiger Unfälle und Störungen. Die Untersuchung dient nicht der Feststellung des Verschuldens, der Haftung oder von Ansprüchen. Herausgeber Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung Hermann-Blenk-Str. 16 38108 Braunschweig Telefon 0 531 35 48 - 0 Telefax 0 531 35 48 - 246 Email: box@bfu-web.de Internet: www.bfu-web.de -2-
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Inhalt Seite Identifikation .............................................................................................................. 1 Abkürzungen ............................................................................................................. 5 Kurzdarstellung ......................................................................................................... 7 1. Sachverhalt ................................................................................................... 8 1.1 Ereignisse und Flugverlauf ............................................................................. 8 1.2 Personenschaden ......................................................................................... 11 1.3 Schaden am Luftfahrzeug............................................................................. 12 1.4 Drittschaden ................................................................................................. 12 1.5 Angaben zu Personen .................................................................................. 12 1.6 Angaben zum Luftfahrzeug ........................................................................... 13 1.6.1 Avionik-Ausrüstung ................................................................................... 14 1.6.2 Beschreibung des Automatic Flight Control Systems ............................... 15 1.6.3 Überziehwarnanlage ................................................................................. 16 1.6.4 Angaben im Airplane Flight Manual .......................................................... 17 1.7 Meteorologische Informationen .................................................................... 17 1.7.1 Meteorologische Flugvorbereitung ............................................................ 18 1.7.2 Flugwetterwarnungen ............................................................................... 20 1.7.3 Wetterbedingungen ................................................................................... 21 1.8 Navigationshilfen .......................................................................................... 23 1.9 Funkverkehr .................................................................................................. 23 1.10 Angaben zum Flugplatz ................................................................................ 24 1.11 Flugdatenaufzeichnung ................................................................................ 24 1.12 Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug .......................................... 25 1.13 Medizinische und pathologische Angaben.................................................... 27 1.14 Brand ............................................................................................................ 27 1.15 Überlebensaspekte ....................................................................................... 28 1.16 Versuche und Forschungsergebnisse .......................................................... 28 1.17 Organisationen und deren Verfahren............................................................ 28 1.17.1 Einweisungsprogramm des Flugzeughalters ............................................ 28 1.17.2 Flugsicherungsverfahren........................................................................... 29 1.18 Zusätzliche Informationen............................................................................. 29 1.18.1 Verordnung über die Flugsicherheitsausrüstung....................................... 29 1.18.2 Stabilisierter Anflug ................................................................................... 31 1.18.3 Safety Management System ..................................................................... 32 1.19 Nützliche oder effektive Untersuchungstechniken ........................................ 35 -3-
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 2. Beurteilung ................................................................................................. 40 2.1 Unfallgeschehen .......................................................................................... 40 2.2 Handlungen von Personen ........................................................................... 40 2.2.1 Flugsicherung ........................................................................................... 40 2.2.2 Handlungen des Piloten ........................................................................... 41 2.3 Spezifische Bedingungen ............................................................................. 45 2.4 Sicherheitsmechanismen ............................................................................. 46 2.5 Organisatorische Aspekte ............................................................................ 48 2.5.1 Flugsicherungsverfahren .......................................................................... 48 2.5.2 Verfahren des Luftfahrzeughalters ........................................................... 48 2.5.3 Flugsicherheitsarbeit in der Allgemeinen Luftfahrt .................................... 49 3. Schlussfolgerungen................................................................................... 50 3.1 Befunde ........................................................................................................ 50 3.2 Ursachen ...................................................................................................... 52 4. Sicherheitsempfehlungen ......................................................................... 53 5. Anlagen ....................................................................................................... 54 -4-
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Abkürzungen AAL Above Aerodrome Level AFCS Automated Flight Control System AFM Airplane Flight Manual AGL Above Ground Level AIP Aeronautical Information Publication AMSL Above Mean Sea Level ARP Aerodrome Reference Point BFU Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung CPL Commercial Pilot License DME Distance Measuring Equipment DWD Deutscher Wetterdienst EASA European Aviation Safety Agency FAF Final Approach Fix FAP Final Approach Point FL Flight Level FMS Flight Management System ft feet GPS Global Positioning System GS Glide Slope hPa Hektopascal Hz Hertz IAS Indicated Airspeed IFR Instrument Flight Rules ILS Instrument Landing System IMC Instrument Meteorological Conditions KIAS Knots Indicated Airspeed -5-
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X kt knots LOC Localizer LRU Line Replaceble Unit MFD Multi Function Display NM Nautische Meile PFD Primary Flight Display PPL Privat Pilot License SEP Single Engine Piston SMS Safety Management System SSP State Safety Programme TCDS Type Certificate Data Sheet VFR Visual Flight Rules VMC Visual Meteorological Conditions Vy Geschwindigkeit für die beste Steigrate -6-
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Kurzdarstellung Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) wurde am 02.03.2018 um 20:20 Uhr1 darüber informiert, dass es am Flughafen Stuttgart zu einem Unfall mit ei- nem Flugzeug DA 40 NG gekommen war. Beim Durchstarten kam die DA 40 NG von der Startrichtung ab, kollidierte mit dem Flughafenzaun und prallte auf ein Ackergelände. Der Unfall ist darauf zurückzuführen, dass beim Durchstartmanöver aufgrund von Steuerfehlern des Piloten das Flugzeug die Richtung nicht beibehielt, in den überzo- genen Flugzustand geriet und anschließend mit einem Hindernis kollidierte. Zu dem Unfall beigetragen haben: die fehlerhafte Bedienung des AFCS in Verbindung mit unzureichender Kon- trolle der Systemanzeigen durch den Piloten, die nicht rechtzeitig getroffene Entscheidung zum Durchstarten, ein fehlerhaftes Durchstartverfahren bei falscher Landeklappenstellung und unzureichender Fluggeschwindigkeit, die räumliche Desorientierung des Piloten während des Durchstartens, die Entscheidung des Piloten, den Flug mit einem nicht für IFR-Flüge ausge- rüsteten Flugzeug durchzuführen, die unzureichende meteorologische Flugvorbereitung, das die Möglichkeiten der Entlastung durch Automation im Cockpit nicht aus- geschöpft wurden, ein hoher Stresslevel des Piloten durch Wetterbedingungen, hohe Anflugge- schwindigkeit und Anflugreihenfolge. 1 Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit -7-
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1. Sachverhalt 1.1 Ereignisse und Flugverlauf Das Flugzeug startete um 18:01 Uhr mit dem Piloten und 3 Passagieren an Bord auf der Piste 07 des Flugplatzes Schönhagen zu einem privaten Flug nach Stuttgart. Der Flugplan (Z-Flugplan) sah vor, dass von dem westlich des Startflugplatzes gelegenen Meldepunkts LULUL an, der Flug nach Instrumentenflugregeln (IFR) durchgeführt werden sollte. Das Flugzeug erreichte 14 Minuten nach dem Start die Reiseflughöhe Flugfläche (FL) 80. Der Pilot nahm um 19:38:47 Uhr Funkkontakt mit Langen Radar auf und meldete den Empfang der ATIS Information Q. Um 19:44:18 Uhr forderte der Radarlotse den Pilo- ten auf, sich auf einen Einflug in das LUBURG Holding Pattern vorzubereiten. Der Pi- lot antwortete: „[…] also richtig erfreut sind wir nicht ne, hier schneit‘s überall“. Der Lotse antwortete: „Roger, the runway is closed at the moment for spraying due to the snow. I do my very best to get you in”. Der Pilot bestätigte die Anweisung ins Holding zu fliegen. Knapp 2 Minuten später sprach der Pilot den Radarlotsen an und fragte, ob es hilf- reich wäre, wenn er die Geschwindigkeit reduzieren würde. Der Lotse bezweifelte den Nutzen dieser Maßnahme, stimmte aber zu. Aus der Auswertung der im Avionik- System des Luftfahrzeuges gespeicherten Daten ging hervor, dass sich ab 19:46:17 Uhr die Geschwindigkeit des Flugzeuges innerhalb von 3 Minuten von 124 KIAS auf 93 KIAS verringerte. Um 19:51:38 Uhr forderte der Radarlotse den Piloten auf, die Geschwindigkeit wieder zu erhöhen und teilte ihm mit, dass er als nächster zur Landung vorgesehen sei. Der Pilot antwortete: „Speeding up one two zero“. Um 19:52:14 Uhr nahm der Pilot Funkkontakt mit der Flugsicherungskontrollstelle Stuttgart Director mit den Worten auf: „Director […] direct Luburg flight level eight ze- ro.“ Dieser antwortete: „[…] hallo, identified, I call you back for vectors.“ Um 19:54:05 Uhr, nach Freigabe durch den Radarlotsen, begann das Flugzeug mit dem Sinkflug auf 6 000 ft AMSL. Im Verlauf der nachfolgenden 4 Minuten führte der Lotse das Flugzeug mittels Kursanweisungen in südöstliche Richtung. -8-
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Um 19:58:01 Uhr forderte der Lotse den Piloten auf, auf 5 000 ft AMSL zu sinken. Etwa eine Minute später sagte der Lotse: „[…] report present speed”. Der Pilot an- wortete: „Present speed ah one four seven”. Um 19:59:54 Uhr wies der Radarlotse den Piloten an, nach rechts, auf einen Steuer- kurs von 160°, zu kurven und erteilte danach die Sinkflugfreigabe auf 4 000 ft AMSL. Um 20:00:44 Uhr sagte der Lotse: „[…] turn right heading two three zero, cleared ILS two five.“ Der Pilot bestätigte die Freigabe. Um 20:01:02 Uhr schaltete der Lateral Mode des AFCS von HDG auf LOC. Um 20:01:07 Uhr fragte der Radarlotse: „[…] are you able to keep one four zero knots to five miles?”.Die Antwort des Piloten lautete: „Eh, for the further five miles we’ll keep one four”. Laut der im Avionik-System des Luftfahrzeuges gespeicherten Daten erreichte das Flugzeug ca. 11,5 NM östlich der Schwelle der Piste 25, etwa 3 NM vor dem Final Approach Fix (FAF) UNSER, die Anfluggrundlinie. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Flugzeug noch im Sinkflug auf 4 000 ft AMSL. Als Active Waypoint wurde UNSER angezeigt, der Autopilot war eingeschaltet. Um 20:01:25 Uhr meldete der Pilot: „Established localizer […]“. Eine Minute später sagte der Lotse: „[…] keep your speed and call tower one one eight eight, bye bye”. Der Pilot antwortete: „One one eight eight, keeping speed […] Danke, ade“. Aus den gespeicherten Daten ging hervor, dass um 20:02:30 Uhr am AFCS der Vertikalmode von Vertical Speed (VS) über ALTS auf Altitude Hold (ALT) wechselte. Um 20:02:51 Uhr meldete sich der Pilot auf der Towerfrequenz mit den Worten „[…] established the localizer two five“. Der Beginn der Meldung war durch eine andere Funkübertragung überlagert. Das FAF UNSER wurde um 20:03:12 Uhr in 4 000 ft AMSL überflogen. Der Active Waypoint wechselte von UNSER auf den nächsten programmierten, 9,6 NM entfernten Wegpunkt EDDS. Der Autopilot war eingeschaltet, als lateraler Modus war LOC, als vertikaler Modus ALT aktiv. Der Pilot sprach kurz darauf den Lotsen erneut an: „Stuttgart tower, […] established localizer two five.“ Der Platzverkehrslotse rea- gierte mit den Worten: „[…] tower, guten Abend, keep high speed as long as practi- cable please“. Der Pilot antwortete darauf um 20:03:33 Uhr: „Keeping speed äh und naja, wir probieren‘s”. -9-
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Um 20:04:27 Uhr änderte sich der vertikale Modus des Autopiloten von ALT in VS, und das Flugzeug begann zu sinken. Während des Sinkfluges mit bis zu 720 ft/min nahm die angezeigte Fluggeschwindigkeit (IAS) bis auf 143 kt zu, welche um 20:05:41 Uhr bei einem Abstand von etwa 4 NM zur Schwelle der Piste 25 erreicht wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Flugzeug in einer Höhe von 3 394 ft AMSL. Um 20:05:47 Uhr erteilte der Lotse dem Piloten die Landefreigabe und informierte ihn über den Wind von 140° mit 4 kt. Der Pilot bestätigte um 20:05:52 Uhr die Landefrei- gabe und ergänzte um 20:05:56 Uhr: „And reducing speed now“. Daraufhin begann sich die Geschwindigkeit des Flugzeuges zu verringern. Nachdem der Lotse gesagt hatte: „Sorry say again“ sagte der Pilot: „Ja, […] wir müssen jetzt n bisschen langsa- mer machen, sonst komm mer gar nicht mehr runter, ne“. Der Lotse hatte nach eige- nen Angaben auf seinem Radarmonitor bemerkt, dass die anfliegende DA 40 viel zu hoch war. Er antwortete dem Piloten: „Ja ja na klar, es war ja wie gesagt so lange wie’s halt geht. Wenn Sie langsamer machen müssen, dann machen se langsamer“ und fügte um 20:06:15 Uhr hinzu: „Hinter Ihnen is noch äh reichlich Platz“. Der Pilot antwortete: „Jau Dankeschön, das war die Frage“. Unmittelbar danach meldete sich die Besatzung eines etwa 6 NM hinter der DA 40 im Endanflug befindlichen Ver- kehrsflugzeuges über Funk mit den Worten: „Tower grüß Gott […] established, speed one seventy“. Um 20:06:37 Uhr, bei einer Geschwindigkeit von 125 kt, wurde der Autopilot ausgeschaltet. Um 20:06:48 Uhr erkundigte sich der Lotse, ob der Pilot der DA 40 die Piste in Sicht habe. Die Antwort des Piloten lautete: „Piste in Sicht und wir geben unser Bestes“. Zu diesem Zeitpunkt verringerte sich die Triebwerksleistung auf Leerlauf. Die Sinkrate des Luftfahrzeuges vergrößerte sich innerhalb von 14 Sekunden bis auf etwa 2 500 ft/min. Der Lotse sprach den Piloten erneut an: „Falls nötig, können Sie auch ne lange Landung machen“. Die Geschwindigkeit der DA 40 erreichte um 20:07:03 Uhr ca. 127 kt und das Flugzeug kam kurzzeitig nach links von der Anfluggrundlinie ab. Die DA 40 war dabei noch ca. 1 NM von der Schwelle der Piste 25 entfernt. Ab 20:07:07 Uhr verringerte sich die Geschwindigkeit kontinuierlich. Acht Sekunden später betrug sie 110 KIAS, nach weiteren 15 Sekunden unterschritt sie 98 KIAS. Nach Angaben des Piloten fuhr er die Landeklappen voll aus. Beim Überflug der Schwelle der Piste 25, um 20:07:45 Uhr, erreichte die Geschwindigkeit 82 KIAS. Die Landebahnschwelle wurde in einer Höhe von 1 352 ft AMSL überflogen. Sieben - 10 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Sekunden danach erhöhte sich die bis dahin im Leerlauf befindliche Triebwerksleistung geringfügig. Das Flugzeug setzte um 20:08:05 Uhr etwa 570 m hinter der Landebahnschwelle mit einer Geschwindigkeit von 58 KIAS, einem Längsneigungswinkel von +11° und einer rechten Querneigung von 3,6° im Bereich der Mittellinie der Piste 25 auf. Nach Angaben des Piloten habe er beim Aufsetzen des Flugzeuges mit den Haupt- fahrwerksrädern den Eindruck gehabt, es würde nach rechts ausbrechen. Er habe sofort die Landeklappen vollständig eingefahren, um ein erneutes Aufschweben zu vermeiden, Gas gegeben und mit dem Seitenruder das Luftfahrzeug nach links ge- steuert. Daraufhin habe das Flugzeug sich stark nach links bewegt und die Piste seit- lich verlassen. Der Pilot habe den Steuerknüppel stark gezogen. In der anschließen- den Phase bis zur Kollision habe er das Geschehen „nur noch beobachtet“. Laut den vorliegenden Aufzeichnungen erhöhte sich die Triebwerksleistung unmittel- bar nach dem Aufsetzen von 15% auf 97%. Die Triebwerksleistung blieb bis zur Kol- lision mit dem Zaun konstant. Die Längsneigung verringerte sich innerhalb von 2 Se- kunden nach dem Aufsetzen auf ca. +7° und stieg in den darauffolgenden 5 Sekunden auf +12,5°. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Geschwindigkeit von 61 KIAS auf 64,5 KIAS, die barometrische Höhe stieg um etwa 50 ft an und das Flugzeug nahm eine leichte Querneigung nach links ein. In den darauffolgenden 10 Sekunden verringerte sich die Geschwindigkeit wieder, bis das Luftfahrzeug um 20:08:22 Uhr mit 59 KIAS mit der Flughafenumzäunung kollidierte und anschließend auf ein Ackergelände prallte. Zwei Passagiere wurden leicht verletzt. Die Insassen konnten das schwerbeschädig- te Flugzeug selbstständig verlassen. 1.2 Personenschaden Verletzung Besatzung Passagiere Gesamt im Sonstige Luftfahrzeug Tödlich Schwer Leicht 2 2 Nicht zutreffend Keine 1 1 2 Nicht zutreffend Gesamt 1 3 4 - 11 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1.3 Schaden am Luftfahrzeug Das Flugzeug wurde schwer beschädigt. 1.4 Drittschaden Bei dem Unfall wurde der Flughafenzaun beschädigt. 1.5 Angaben zu Personen Der 58-jährige Pilot war im Besitz einer Berufspilotenlizenz der Europäischen Union (CPL(A)), erstmalig ausgestellt am 30.12.2014 durch das Luftfahrt-Bundesamt. In die Lizenz waren die Berechtigung als verantwortlicher Pilot (PIC) für einmotorige, kol- bengetriebene Landflugzeuge (SEP (land)), gültig bis zum 31.10.2019, die Instru- mentenflugberechtigung (IR), gültig bis zum 31.10.2018 und Sprachkenntnisse Eng- lisch Level 4 eingetragen. Der Pilot besaß nach eigenen Angaben seit dem Jahr 1989 eine Privatpilotenlizenz (PPL) und seit Mitte der 1990er Jahre die CPL mit IR. Sein flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis Klasse 1 war zuletzt am 20.10.2017 ausgestellt worden und bis zum 14.10.2018 gültig. In das Tauglichkeitszeugnis war die Einschränkung Korrektur für eine eingeschränkte Sehschärfe in der Ferne, der Zwischendistanz und der Nähe (VML) eingetragen. Er hatte eine Gesamtflugerfahrung von 801 Stunden, davon 13:40 Stunden auf dem Muster. In den letzten 90 Tagen vor dem Flugunfall war der Pilot insgesamt 13:40 Stunden, bei 32 Landungen, auf dem Muster geflogen. Nach Angaben des Pi- loten betrug seine IFR-Erfahrung mehr als 600 Stunden und seine Nachtflugerfah- rung etwa 50 Stunden. Etwa 6 Wochen vor dem Unfall hatte er die Einweisung für das Muster DA 40 NG begonnen und am 28.01.2018 nach 8:22 Flugstunden abgeschlossen. Am 01.02.2018 flog er mit dem Flugzeug in Begleitung derselben 3 Passagiere wie auf dem späteren Unfallflug von Schönhagen nach Salzburg (Österreich) und am 10.02.2018 wieder zurück. Der Pilot sagte gegenüber der BFU aus, er habe es immer bevorzugt, IFR zu fliegen. Dabei habe er sich sicherer gefühlt, als beim Fliegen nach VFR. Er gab an, dass er nach seiner eigenen Einschätzung mit dem System Garmin G1000 sehr gut und si- - 12 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X cher zurechtgekommen sei. Zu der Frage wie genau er das System für den Anflug programmiert hatte, machte der Pilot widersprüchliche Angaben bzw. konnte sich nicht im Detail erinnern. Der Pilot sagte aus, er habe eine ausgedruckte Karte ge- nutzt und sich die Überflughöhen notiert. Dass das Flugzeug kein DME hatte war dem Piloten bekannt. In der Befragung gab der Pilot weiter an, dass er die durch den Lotsen festgelegte Anflugreihenfolge aufgrund der 6 oder 7 anderen wartenden Flugzeuge als Stresssi- tuation empfand. Er führte weiter aus, dass er lieber als letzter angeflogen wäre. 1.6 Angaben zum Luftfahrzeug Bei dem Flugzeug DA 40 NG handelt es sich um einen viersitzigen einmotorigen Tiefdecker in Kunststoffbauweise mit T-Leitwerk. Das Flugzeug hat ein starres Fahr- werk in Bugfahrwerksanordnung. Laut Type Certificate Data Sheet (TCDS) A.022 der EASA war das Muster DA 40 NG für Flüge nach VFR bei Tag, bei Nacht und für Flüge nach IFR geeignet. Bezüglich Flügen in Vereisungsbedingungen war laut TCDS festgeschrieben: Flight into expec- ted or actual icing conditions is prohibited. Hersteller: Diamond Aircraft Industries GmbH Muster: DA 40 NG Werknummer: 40.N011 Baujahr: 2011 MTOM: 1 280 kg Gesamtbetriebszeit: ca. 969 Stunden Triebwerk: Austro Engine GmbH, E4-A Propeller: MTV-6-R/190-69 Die Bescheinigung über die Prüfung der Lufttüchtigkeit wurde zuletzt am 13.09.2017 ausgestellt. Laut Prüfbericht der elektronischen Ausrüstung vom 21.08.2017 war das Flugzeug für VFR-Flüge bei Tag und bei Nacht ausgestattet. Das Luftfahrzeug verfügte nicht über ein DME. Aus dem Schriftverkehr zwischen dem Halter und dem Flugzeughersteller ging hervor, dass Mitte März 2018 ein sol- ches Gerät eingebaut werden sollte. - 13 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Das Flugzeug war in den beiden Tragflächen mit einem je 15 gal (56,8 l) Kraftstoff fassenden Tank ausgestattet. Jeweils 14 gal (53 l) des Kraftstoffs waren ausfliegbar. Aus dem Wägebericht vom 14.12.2015 ging hervor, dass die Leermasse des Flug- zeuges 949,0 kg betrug und der Leermassenschwerpunkt bei 2,526 m lag. Nach An- gaben des Piloten wogen er und der vorn rechts sitzende Fluggast zusammen 112 kg, die beiden Personen auf den hinteren Sitzen 65 kg. Zu dem mitgeführten persönlichen Gepäck der Insassen lag der BFU keine Masseangabe vor. Zusammen mit etwa 8 kg flugzeugbezogenem Gepäck und 95 kg Kraftstoff betrug die Masse des Flugzeuges beim Abflug in Schönhagen mindestens 1 229 kg. Zur Zeit der Landung lag sie bei mindestens 1 174 kg. Der Flugmassenschwerpunkt des Luftfahrzeuges lag zur Zeit der Landung bei 2,56 m. Die zulässige Schwerpunktlage des Luftfahrzeuges lag zwischen 2,4 m und 2,53 m. 1.6.1 Avionik-Ausrüstung Bei dem Garmin G1000 handelt es sich um ein integriertes System zur Darstellung der Instrumente, sowie von Informationen zu Position, Navigation, Kommunikation und Identifizierung auf großen Bildschirmen. Bei der DA 40 besteht das System aus 2 Bildschirmen, dem Primary Flight Display (PFD) auf der linken Seite sowie dem Multifunction-Display (MFD) auf der rechten Seite, und verschiedenen Line Re- placable Units (LRU), welche die Displays mit Daten versorgen. Zusätzlich ist das System mit einem GFC700 Autopiloten ausgestattet. Die Bedien- einheit ist zwischen den Displays angeordnet. - 14 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Abb. 1: Instrumentenbrett mit PFD und MFD Quelle: Luftfahrzeughalter Das Garmin G1000 kann Daten über den Flugverlauf aufzeichnen. Hierzu muss im oberen SD-Kartenslot des MFD eine SD-Karte installiert sein. 1.6.2 Beschreibung des Automatic Flight Control Systems An der Bedieneinheit des AFCS sind verschiedene laterale und vertikale Modi wähl- bar. Der generelle Ablauf eines ILS-Anfluges mit Nutzung des Autopiloten und unter Ra- darführung des Lotsen erfolgt derart, dass das Flugzeug im vertikalen Modus ALT und im lateralen Modus HDG in Richtung des Endanflugkurses fliegt. Damit das Flugzeug dem Localizer-Signal folgt, muss als weiterer lateraler Modus LOC vorge- wählt sein. Dies kann entweder über die Taste NAV oder die Taste APR am AFCS- Bedienteil erfolgen. Sofern die APR-Taste gedrückt wird, was der Pilot üblicherweise mit Erhalt der Anflugfreigabe ausführt, wird der vertikale Modus GS scharfgeschaltet (Armed). Bei Erreichen des Gleitpfades wird der vertikale Modus GS aktiviert, so dass das Flugzeug weiter lateral dem Localizer und vertikal dem Gleitpfad folgt. - 15 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Abb. 2: AFCS Bedienpanel Quelle: BFU 1.6.3 Überziehwarnanlage Das Flugzeug war mit einer Überziehwarnanlage ausgerüstet. Dabei wird bei einem großen Anstellwinkel mittels des an einer Öffnung an der linken Tragfläche entste- henden Sogs im Cockpit ein Warnton generiert. Die angezeigte Geschwindigkeit bei Aktivierung des Warntones liegt etwa 5 kt über der Überziehgeschwindigkeit. Laut Flughandbuch war die Funktionsüberprüfung der Überziehwarnanlage Bestandteil des vorgeschriebenen sogenannten Walk Around Checks. Im Flughandbuch waren für unterschiedliche Massen des Flugzeuges sowie die ver- schiedenen Landeklappenstellungen und Querneigungen Werte für die Überziehge- schwindigkeit angegeben. Für eine Masse von 1 200 kg und einer Querneigung von 0° betrug die Überziehgeschwindigkeit 64 KIAS (Landeklappenstellung „UP“), 60 KIAS (Landeklappenstellung „T/O“) und 59 KIAS (Landeklappenstellung „LDG“). - 16 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1.6.4 Angaben im Airplane Flight Manual Im Airplane Flight Manual (AFM) waren für eine Flugmasse von 1 200 kg folgende Geschwindigkeiten angegeben: für das Rotieren beim Start (VR) 65 KIAS, für den An- fangssteigflug 70 KIAS und als minimal zulässige Geschwindigkeit für ein Durchstar- ten mit der Klappenstellung T/O 72 KIAS. Die Überziehgeschwindigkeit mit eingefah- renen Landeklappen betrug 64 KIAS. Die Geschwindigkeit für die beste Steigrate (Vy) betrug 72 KIAS. Die höchstzulässige Geschwindigkeit des Flugzeuges mit ausgefahrenen Lande- klappen (VFE) in Landestellung war mit 98 kt und in Startstellung mit 110 kt angege- ben. Das AFM enthielt zudem ein sogenanntes Limitation Placard, welches so auch im Flugzeug unten auf der linken Seite des Instrumentenbretts befestigt war: Abb. 3: Limitation Placard Quelle: Diamond DA 40 NG Airplane Flight Manual 1.7 Meteorologische Informationen Die BFU hat den Deutschen Wetterdienst (DWD) mit der Erstellung eines meteorolo- gischen Gutachtens beauftragt. Die Wetterlage wurde darin wie folgt beschrieben: Am 02.03.2018 herrschte über weiten Teilen Deutschlands abnehmender Hochdru- ckeinfluss. Dabei floss mit einer bodennahen Strömung aus östlichen Richtungen trockene Kaltluft ein. Im Tagesverlauf zog von Südwesten ein Frontensystem nach Deutschland, welches mildere und feuchtere Luft mit sich führte. Am Abend erstreck- - 17 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X te sich das Niederschlagsgebiet der Front von Belgien über Rheinland-Pfalz und dem Stuttgarter Raum bis ins Allgäu. 1.7.1 Meteorologische Flugvorbereitung Nach Angaben des DWD war der Pilot nicht als Kunde für den pc_met Internet Ser- vice registriert. Am Unfalltag wurde keine individuelle Flugwetterberatung für das betreffende Luftfahr- zeug an einer der Luftfahrtberatungszentralen des DWD dokumentiert. Wettervorhersagedaten Nach Angaben des DWD zeigte der GAFOR für 15:00 bis 21:00 UTC, dass für den Zeitraum 17:00 bis 19:00 UTC die Sicht/Ceiling-Bedingungen auf dem ersten Teil der Flugstrecke bis in den Thüringer Wald als Oskar oder Charly, gebietsweise auch Delta, eingestuft waren. Signifikante Wettererscheinungen wurden dort nicht erwartet. Im wei- teren Streckenverlauf wurden Delta- bis Oskar-Bedingungen und für die Gebiete 54 und 55 in den Wettererscheinungen vereinzelt mäßiger Schneefall (ISOL SN) vorher- gesagt. Im Zielbereich (Gebiet 53) wurden die Sichtverhältnisse für den genannten Zeit- raum mit Delta und die Bewölkung mit Mike (M5) eingestuft. Die Beschreibung des Wettergeschehens im GAFOR zeigte, dass auch im Zielgebiet vereinzelt mit mäßigem Schneefall gerechnet werden musste. Ab 19:00 UTC wurde dort auch die Sicht im Mi- ke-Bereich (M8) und als Wettererscheinung gelegentlich mäßiger Schneefall (OCNL SN) prognostiziert. Der Pilot gab gegenüber der BFU an, er habe für die Flugvorbereitung Wetterdaten verwendet, die er am Morgen des Unfalltages über ein Dienstleistungsunternehmen, welches er auch für die Flugplanung nutzte, abrief. Er habe sich Daten über den Wind in den verschiedenen Höhen und die Low Level Significant Weather Chart angesehen. Nach seinem Eintreffen am Flugplatz Schönhagen habe er sich dann am Computer noch einmal über die Wetterbedingungen informiert. - 18 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Abb. 4: Significant Weather Chart (SWC) vom Unfalltag Ausgabezeit 14:00 UTC Quelle: DWD Aus der für 18:00 UTC gültigen SWC geht hervor, dass zwischen dem Berliner Raum und nordöstlich einer Linie Frankfurt/Main-Augsburg keine signifikanten Einschrän- kungen für Instrumentenflüge erwartet wurden (Area B). Im Zielgebiet Stuttgarter Raum (Area C) wurde grundsätzlich starke Schichtbewölkung mit mäßiger Vereisung zwischen 3 000 ft AMSL und FL140 vorhergesagt. Im Bereich der gebietsweise prognostizierten Niederschläge war bei mäßigem Schneefall (SN) der Höhenbereich der mäßigen Vereisung noch größer und bei mäßigem gefrierenden Regen (FZRA) wurde die Vereisungsintensität mit „stark“ angegeben. Der DWD stellte zusätzlich mit dem System ADWICE (Advanced Diagnosis and Warning system for aircraft ICing Environments) Vereisungsprognosen für den euro- päischen Luftraum zur Verfügung. - 19 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Abb. 5: Vorhergesagte mäßige Vereisung im Gebiet um Stuttgart (blauer Kreis) Quelle: DWD/BFU Die Vorhersagekarte der Vereisungsintensität von 17:00 UTC prognostizierte für den Bereich um Stuttgart mäßige Vereisung (Abb. 5). 1.7.2 Flugwetterwarnungen Am Unfalltag gab die Luftfahrtberatungszentrale Mitte des DWD um 16:34 UTC eine Warnung für den Zielflughafen Stuttgart heraus. Die Warnung war von 16:35-22:00 UTC gültig. Sie warnte vor von Südwesten aufkommendem Schneefall mit Bildung einer Schneedecke von 2 cm. - 20 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1.7.3 Wetterbedingungen Wetterbedingungen auf der Flugstrecke Gegen 19:20 Uhr überquerte die Maschine im Bereich zwischen den Flugplätzen Schweinfurt-Süd und Haßfurt-Schweinfurt den Main. Als sich das Flugzeug östlich von Würzburg befand, durchflog es ein Niederschlagsgebiet (Abb. 6) Spätestens zu diesem Zeitpunkt flog das Luftfahrzeug laut DWD sehr wahrscheinlich erstmals in Wolken ein. Die Radarmessung ergab eine Niederschlagsintensität von leicht bis mäßig. Darüber hinaus wurden an der repräsentativen Radiosondenstation Küm- mersbruck etwa -4 °C in 7 300 ft AMSL ermittelt. Folglich gab es innerhalb dieser Bewölkung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Vereisungsintensität von leicht bis mä- ßig. Abb. 6: Karte mit Niederschlagsradar von 19:30 Uhr, Flugstrecke (schwarze Linie), Position des Flugzeuges (roter Kreis) Quelle: DWD - 21 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Auf dem weiteren Flug nach Stuttgart durchquerte der Flugweg einen Bereich nörd- lich und westlich der Flugplätze Schwäbisch Hall und Backnang-Heiningen, wo wie- derholt leichte Niederschläge gemessen wurden. Da die Hauptwolkenuntergrenze in diesem Gebiet und Zeitraum etwa zwischen 4 500 und 5 000 ft AMSL beobachtet wurde, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich das Flugzeug spätestens ab 19:40 Uhr erneut in Wolken befand. Die repräsentative Radiosondenmessung in Idar-Oberstein ermittelte in dem Höhenbereich zwischen 5 000 und 7 300 ft AMSL eine Temperatur von etwa -3 °C. Daher ist es äußerst wahrscheinlich, dass in der niederschlagsträchtigen Bewölkung Vereisung aufgetre- ten ist. Die Intensität der Vereisung lag wahrscheinlich überwiegend bei leicht bis mäßig und gebietsweise bei mäßig. Wetterbedingungen am Zielflughafen In Stuttgart war am Ereignistag um 18:08 Uhr Sonnenuntergang. Zur Zeit des Un- falls, 2 Stunden später, herrschte Dunkelheit. Laut der Routinewettermeldung (METAR) von 19:50 Uhr wurden am Flughafen Stuttgart folgende Wetterbedingungen dokumentiert: Wind: 160°/3 kt (variabel zwischen 130° und 190°) Sicht: 8 000 m mit geringem Schneefall Bewölkung: 1-2 Achtel in 1 400 ft AGL, 5-7 Achtel in 2 500 ft AGL Temperatur: -1 °C Taupunkt: -3 °C Luftdruck (QNH): 997 hPa Die METAR-Meldung beschrieb zudem den Trend eines zeitweiligen Sichtrückgangs auf 4 000 m, bei mäßigem Schneefall und einem Bedeckungsgrad von 5-7 Achtel in 1 400 ft AGL. - 22 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1.8 Navigationshilfen Für den Flughafen Stuttgart waren die folgenden IFR-Anflugverfahren veröffentlicht: LOC/DME RNAV VOR/DME ILS Die Ausgangshöhe für den ILS-Anflug der Piste 25 liegt in 4 000 ft AMSL. Am FAF UNSER (8,8 NM DME ISTW, bzw. 9,5 NM DME SGD) beginnt der 3°-Anflug. Abb. 7: ILS-Anflugprofil Piste 25 Quelle: AIP Für die Piste 25 stand zudem ein Prescision Approach Path Indicator System (PAPI) mit einem 3°-Anflugwinkel zur Verfügung. Die Landebahn war mit Schwellen-, End- und Mittellinien- sowie Rand- und Aufsetz- zonenbefeuerungen ausgestattet. 1.9 Funkverkehr Der Funkverkehr zwischen dem Piloten und den verschiedenen Flugsicherungskon- trollstellen wurde aufgezeichnet und stand der BFU als Tonaufzeichnung und Um- schrift zur Verfügung. - 23 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1.10 Angaben zum Flugplatz Der Flughafen Stuttgart (EDDS) ist ein internationaler Verkehrsflughafen und liegt 7 NM südlich des Stadtzentrums von Stuttgart. Er verfügt über eine in Richtung 072°/252° verlaufende 3 345 m lange und 45 m breite Start- und Landebahn aus Be- ton. Zum Unfallzeitpunkt war die Piste 25 in Betrieb, die eine verfügbare Landestre- cke (LDA) von 3 345 m hatte. Die Landebahnschwelle der Piste 25 hat eine Höhe von 1 181 ft AMSL. Der Flughafenbezugspunkt, der auf der Hälfte der Landebahn- länge, d.h. 0,9 NM hinter der Schwelle der Piste 25 lag, hatte eine Höhe von 1 276 ft AMSL. Aus der Dokumentation der Flugsicherungsorganisation ging hervor, dass aufgrund leichten Schneefalls die Piste zwischen 19:38 Uhr und 19:50 Uhr zum Sprühen ge- schlossen war. Im Anschluss an diese Arbeiten wurde die Braking Action mit good angegeben. 1.11 Flugdatenaufzeichnung Der BFU lagen die Radardaten des Flugsicherungsunternehmens bezüglich des Flugweges und die des Bodenradars am Flughafen Stuttgart zur Auswertung vor. Das Flugzeug war nicht mit einem Flugdatenschreiber (FDR) und einem Cockpit Voice Recorder (CVR) ausgestattet. Diese Aufzeichnungsgeräte waren nicht vorge- schrieben. Der BFU lag eine Speicherkarte des Avionic Systems G 1000, auf der 62 Parameter des Fluges gespeichert waren, zur Auswertung vor. Die Aufzeichnungsrate betrug 1 Hz. Die gespeicherten Parameter beinhalteten unter anderem Positionsdaten, Fluggeschwindigkeiten, Flughöhe, Lagewinkel, Triebwerksdaten und Kraftstoffvorrat. - 24 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1.12 Unfallstelle und Feststellungen am Luftfahrzeug Das Flugzeug war außerhalb des Flughafengeländes etwa 20 m südlich des Flugha- fenzaunes auf einem angrenzenden Acker zum Stillstand gekommen. Der etwa 3 m hohe, parallel zur Landebahn verlaufende, Flughafenzaun war auf einer Länge von etwa 50 m beschädigt. Mehrere metallene Zaunpfähle waren oberhalb des Beton- fundaments gebrochen und in südöstliche Richtung umgeklappt. Abb. 8: Beschädigung des Flughafenzauns und Endlage des Flugzeuges Quelle: BFU Die Rumpfnase des Luftfahrzeuges wies in südöstliche Richtung. Die 3 Propellerblät- ter waren nahe der Nabe abgebrochen, die Nabe zerstört. Die untere Triebwerksver- kleidung war abgerissen. Die 3 Fahrwerksbeine waren abgetrennt und lagen zwischen dem Flughafenzaun und dem Hauptwrack auf dem Acker. - 25 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Abb. 9: Beschädigungen am Flugzeug Quelle: BFU Beide Tragflächen waren schwer beschädigt. An den Vorderkanten der Tragflächen befanden sich 3 etwa senkrecht verlaufende, ca. 20 cm breite Beschädigungen. Die- se reichten bis zum Tragflächenholm. Eine vergleichbare Beschädigung wurde an der Triebwerksverkleidung festgestellt. Der Abstand der Beschädigungen zueinander stimmte mit dem der Zaunpfähle überein. Im äußeren Bereich der rechten Tragfläche hatte sich das Flugzeug an sogenanntem NATO-Draht, der am oberen Ende des Flughafenbegrenzungszaunes montiert war, verfangen. Die Landeklappen des Flug- zeuges befanden sich in vollständig eingefahrener Stellung. Cockpit und Kabine waren intakt. Die Cockpithaube und die seitliche Tür ließen sich problemlos öffnen. Die Anzeige der Höhenrudertrimmung im Cockpit stand in deutlich kopflastiger Stel- lung, etwa 1 cm vor max. NOSE DOWN. - 26 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Abb. 10: Anzeige Höhenrudertrimmung in kopflastiger Position Quelle: BFU Der BFU vorliegende Fotoaufnahmen zeigen, dass sich unmittelbar nach dem Unfall hinter der Sitzreihe der Passagiere mindestens eine Reisetasche oder ein Rucksack befunden hatte. Der BFU lagen keine Informationen über die Masse dieses Gepäcks vor. Die Finne unterhalb des Seitenleitwerks war abgebrochen und wies im Bereich des Bruchs Grasanhaftungen auf. Die Untersuchung des Wracks ergab keine Hinweise auf unfallrelevante technische Mängel. 1.13 Medizinische und pathologische Angaben Nicht betroffen. 1.14 Brand Es entstand kein Brand. - 27 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1.15 Überlebensaspekte Der Pilot und ein Fluggast blieben unverletzt, zwei Passagiere wurden leicht verletzt. Alle Insassen konnten das Luftahrzeug eigenständig verlassen. 1.16 Versuche und Forschungsergebnisse Nicht betroffen. 1.17 Organisationen und deren Verfahren 1.17.1 Einweisungsprogramm des Flugzeughalters Auf der Internetseite des Luftfahrzeughalters wurde das Flugzeug mit der Kurzbe- schreibung DA 40 NG G1000 IFR, Autopilot GFC 700, Synthetic Vision, Flight Direc- tor, WAAS, Klimaanlage beworben. Nach Angaben des Halters wurde bei der Einweisung ein standardisiertes Pro- gramm, das an die Bedürfnisse des jeweiligen Piloten angepasst wurde, angewandt. Datum Blockzeit Landungen Schulungsinhalt 16.01.2018 03:14 h 9 Langsamflug, Aufsetzen und Durchstarten, G1000, A/P, VOR, HSI etc. 24.01.2018 01:10 h 6 Einweisung DA40, W&B etc. 27.01.2018 01:27 h 1 Prüfung der Abläufe, Checkliste, Sicherheit etc. 28.01.2018 01:30 h 10 Geschwindigkeit, Konfiguration, Klappen, tiefer Überflug, Aufsetzen und Durchstar- ten, Durchstartmanöver 28.01.2018 01:01 h 4 Geschwindigkeiten, Verfahren, Sicherheit, Konfiguration Klappen, Aufsetzen und Durchstarten Tab. 1: Umfang und Inhalt der Einweisungsflüge Quelle: Flugzeughalter Die Einweisung des betroffenen Piloten schloss mehrere Flüge mit einem Fluglehrer (Berechtigung VFR, NFQ), einen Flug mit einem erfahrenen Piloten (VFR, NFQ), die Nutzung der verfügbaren Flugzeug- und Ausbildungsunterlagen und eines G1000- - 28 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Avionik Simulators ein. Jeweils vor und nach dem Flug wurde ein ausführliches Brie- fing durchgeführt. Laut Halter hatte der Pilot den G1000 „Full Panel“ Simulator vom 16.01.-19.01.2018 gemietet. Dieser bestand aus PFD, MFD und Autopilot GFC700. 1.17.2 Flugsicherungsverfahren Zu den Mitteln der Flugsicherung, die vorgeschriebenen Staffelung und einen gleichmäßigen Verkehrsfluss zu gewährleisten, zählt z.B. durch Kursanweisungen Anflugwege zu verkürzen oder zu verlängern bzw. Luftfahrzeugen eine höhere An- fluggeschwindigkeit bis etwa 4 NM vor der Landebahnschwelle vorzugeben. Die Betriebsanweisung Flugverkehrskontrolldienst (BA-FVD) des Flugsicherungsun- ternehmens Kapitel Anflug- und Bezirkskontrollverfahren - Geschwindigkeitsregelung - legte unter anderem fest: 471.41 Zwischen 12 NM und 4 NM vom Aufsetzpunkt zugewiesene Geschwindigkei- ten sollen nicht unter 150 KT IAS liegen. Die International Civil Aviation Organization (ICAO) hatte im Doc 8168 PANS-OPS Vol 1 fünf Anflugkategorien für Flugzeuge festgeschrieben. In die Kategorie A gehör- ten Flugzeuge, die im Endanflug eine Geschwindigkeit von 70-110 kt fliegen (zumeist kleine einmotorige Flugzeuge). Kleine mehrmotorige Flugzeuge waren der Kategorie B mit Werten von 85-130 kt, die meisten Verkehrsflugzeuge der Kategorie C mit 115- 160 kt und einige Jets der Kategorie D (130-185 kt) zugeordnet. In die höchste Kate- gorie (E) gehörten Flugzeuge mit einer Endanfluggeschwindigkeit von 155-230 kt (einige Militärflugzeuge). 1.18 Zusätzliche Informationen 1.18.1 Verordnung über die Flugsicherungsausrüstung In der Verordnung über die Flugsicherungsausrüstung der Luftfahrzeuge (FSAV) war unter anderem festgelegt: - 29 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X § 3 FSAV – Flugsicherungsausrüstung für Flüge nach Instrumentenflug- regeln (1) Für Flüge nach Instrumentenflugregeln müssen Luftfahrzeuge ausgerüstet sein mit: 1. zwei UKW-(VHF-)Sende-/Empfangsgeräten (einstellbarer Frequenzbe- reich: 118,000-136,975 MHz) für den Sprechfunkverkehr im bewegli- chen Flugfunkdienst mit den Flugverkehrskontrollstellen, wobei für Flü- ge im oberen Luftraum (oberhalb Flugfläche 245) diese Geräte für den Betrieb im 8,33 kHz-Kanalraster geeignet sein müssen; 2. zwei Empfangsgeräten für die Signale von UKW-Drehfunkfeuern (VOR- Navigations-Empfangsanlagen), die die nach gültigem internationalen Standard geforderte Störfestigkeit gegenüber UKW-Rundfunksendern (FM-Immunity) aufweisen, wobei eines dieser Empfangsgeräte entfallen kann, wenn eine von der VOR-Navigations-Empfangsanlage unabhän- gige funktionsfähige Flächennavigationsausrüstung nach Absatz 1 Nr. 6 vorhanden ist; 3. einem automatischen Funkpeilgerät (ADF), das den Frequenzbereich 200,0 kHz bis 526,5 kHz umfasst und eine Richtungsanzeige und eine Abhörmöglichkeit besitzt, soweit dieses für die Nutzung von An- /Abflugverfahren vorgeschrieben ist; 4. einem Sekundärradar-Antwortgerät (Transponder), das für den Abfra- gemodus A mit 4.096 Antwortcodes und für den Abfragemodus C mit automatischer Höhenübermittlung ausgestattet ist. Spätestens ab dem 31. März 2004 für neue Luftfahrzeuge und ab dem 31. März 2005 für al- le Luftfahrzeuge ist die Mode-S-Technik gemäß dem gültigen internati- onalen Standard (mindestens Level 2 mit Sl Code und Elementa- ry Surveillance ELS Funktionalität) erforderlich. Für alle Luftfahrzeuge, die eine höchstzulässige Startmasse von mehr als 5.700 Kilogramm aufweisen oder mit einer wahren Eigengeschwindigkeit (True Airspeed, TAS) von mehr als 250 Knoten betrieben werden, ist ab dem 31. März 2007 zusätzlich die Funktionalität Enhan- ced Surveillance (EHS) gefordert; 5. einem Funkentfernungsmessgerät (DME-Interrogator); […] - 30 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1.18.2 Stabilisierter Anflug Die Flight Safety Foundation definierte laut Approach and Landing Accident Re- duction (ALAR) Briefing Note 7-1 einen stabilisierten Anflug wie folgt: All flights must be stabilized by 1 000 feet above airport elevation in IMC and 500 feet above airport elevation in VMC. An approach is stabilized when of the follow- ing criteria are met: The Aircraft is on the correct flight path Only small changes in heading/pitch are necessary to maintain the correct flight path The airspeed is not more than VRef + 20 kts indicated speed and not less than VRef The aircraft is in the correct landing configuration Sink rate is no greater than 1 000 feet/minute, if an approach requires a sink rate greater than 1 000 feet/minute a special briefing should be conducted Power setting is appropriate for the aircraft configuration and is not below the minimum power for the approach as defined by the operating manual All briefings and checklists have been conducted An approach that becomes unstabilised below 1 000 feet above airport eleva- tion in IMC or 500 feet above airport elevation in VMC requires an immediate go-around. […] - 31 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 1.18.3 Safety Management System International Civil Aviation Organization Die ICAO hat im Jahr 2013 den Annex 19 Safety Management herausgegeben. Ziel der ICAO war es mit Standards und Empfehlungen die Mitgliedsstaaten dabei zu un- terstützen, Risiken für die Flugsicherheit zu managen. Dabei ging es im Wesentli- chen um den Prozess, eine proaktive Flugsicherheitsstrategie auf Basis der Einfüh- rung eines State Safety Programms zu entwickeln. Der Annex 19 forderte als Standard: 3.1 State safety programme (SSP) 3.1.1 Each State shall establish an SSP for the management of safety in the State, in order to achieve an acceptable level of safety performance in civil aviation. The SSP shall include the following components: a) State safety policy and objectives; b) State safety risk management; c) State safety assurance; and d) State safety promotion. Note 1. The SSP established by the State is commensurate with the size and the complexity of its aviation activities. Note 2. A framework for the implementation and maintenance of an SSP is contained in Attachment A, and guidance on a State safety programme is con- tained in the Safety Management Manual (SMM) (Doc 9859). Das Attachment A Framework for a State Safety Programme (SSP) des Annex 19 machte unter anderem Vorgaben bezüglich der Safety Promotion: 4. State safety promotion 4.1 Internal training, communication and dissemination of safety information The State provides training and fosters awareness and two-way communica- tion of safety-relevant information to support, within the State aviation organi- zations, the development of an organizational culture that fosters an effective and efficient SSP. - 32 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X 4.2 External training, communication and dissemination of safety information The State provides education and promotes awareness of safety risks and two-way communication of safety-relevant information to support, among ser- vice providers, the development of an organizational culture that fosters an ef- fective and efficient SMS. Umsetzung in der Europäischen Union Die Europäische Union hat im Jahr 2015 das Europäische Programm für Flugsicher- heit (European Aviation Safety Programme) herausgegeben. Dieses Programm kor- respondiert mit einem von der ICAO im Annex 19 geforderten State Safety Pro- gramme. Auf dieser Grundlage erarbeitete die EASA einen 5 Jahre umfassenden Europäi- schen Plan für die Flugsicherheit (European Plan for Aviation Safety (EPAS)). Dieser Plan beschrieb die Reduktion der Anzahl der tödlich Verletzten in der allge- meinen Luftfahrt als eine strategische Priorität der EASA und listete unter anderem für den Bereich der General Aviation 5 Bereiche auf, in denen Safety Promotion schwerpunktmäßig erfolgen sollte. Dazu zählten: Systemic Enablers Staying in control Coping with weather Preventing mid-air collisions Managing the flight Unter der Überschrift Managing the flight war folgendes beschrieben: This section addresses subjects such as navigation, fuel management, terrain and obstacle awareness, and forced landings. Most accidents are the result of the pilot’s actions, including decisions made while preparing the flight, or due to changing circumstances during the flight. Pilot decisions, including their abil- ity to prioritize workload, affect safety of the aircraft and survival of its occu- pants. Während der EPAS 2018-2022 für Safety Promotion als Thema Fuel Management for Pilots enthielt, waren in dem EPAS 2019-2023 keine speziellen Aktivitäten be- schrieben. - 33 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland Zur Umsetzung der Forderungen des ICAO Annex 19 und der EU in Deutschland war eine Arbeitsgruppe unter Führung des Bundesministeriums für Verkehr und Digi- tale Infrastruktur gegründet worden. In dieser Arbeitsgruppe befassten sich verschie- dene nationale Luftfahrtorganisationen mit der Erarbeitung der geforderten Doku- mente, d. h. des Luftverkehrssicherheitsprogamms sowie des Deutschen Plan for Aviation Safety (DPAS). Zur Zeit des Unfalls dauerten die Arbeiten an diesen Doku- menten an. Im Februar 2020 veröffentlichte das BMVI das Luftverkehrssicherheitsprogamm der Bundesrepublik Deutschland. Nationale Umsetzung der Verordnung (EU) 376/2014 In den sogenannten Erwägungsgründen zur Verordnung (EU) Nr. 376-2014 war un- ter anderem beschrieben, dass zur Verbesserung der Flugsicherheit, sicherheitsre- levante Informationen aus der Zivilluftfahrt gemeldet, erfasst, gespeichert, geschützt, ausgetauscht, verbreitet und analysiert sowie auf der Grundlage der erfassten Infor- mationen geeignete Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden sollten. Dieser proak- tive und evidenzbasierte Ansatz sollte von den zuständigen Flugsicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten, von Organisationen als Teil ihres Sicherheitsmanagementsys- tems und von der EASA umgesetzt werden. In Deutschland mussten alle Ereignisse und Störungen in der Zivilluftfahrt im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 376-20141 der zuständigen Behörde gemeldet werden. Als zuständige Behörden im Sinne des Artikels 6 der Verordnung sind in Deutschland das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) und das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) benannt. Zu den Aufgaben des LBA gehörten: Erfassung, Verarbeitung, Speicherung, Analyse und Auswertung von Ereig- nismeldungen, die gemäß den Artikeln 4 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 376/2014 gemeldet worden sind Führung der nationalen Datenbank für Ereignismeldungen Weiterleitung von Ereignismeldungen an den europäischen Zentralspeicher (ECR) 2 Die Meldepflicht von Unfällen und Schweren Störungen gemäß EU VO 996-2010 bzw. Flugunfallun- tersuchungsgesetz (FlUUG) bleibt davon unberührt. - 34 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Ansprechstelle für Informationsanfragen aus den nationalen und europäischen Datenbanken in Deutschland Die dem LBA gemeldeten sicherheitsrelevanten Informationen sollten in einer Daten- bank gespeichert und auf sicherheitsrelevante Trends analysiert werden. Nach Aus- kunft des LBA wurde für den Bereich der Allgemeinen Luftfahrt noch keine Trendana- lyse durchgeführt. 1.19 Nützliche oder effektive Untersuchungstechniken Im Rahmen dieser Untersuchung hat die BFU eine Simulation durchgeführt, bei der anhand bestimmter aufgezeichneter Daten, die dem Piloten zur Verfügung stehende Anzeige auf dem PFD nachvollzogen wurde. Diese Simulation wurde mit einem Garmin Perspective Simulator v10 für das Flugzeugmuster Cirrus SR22 durchge- führt. Bei dem Simulator handelte es sich um einen Avionik-Trainer, mit dem am Bo- den das Verhalten des Systems simuliert und somit dessen Bedienung trainiert wer- den konnte. Die Darstellung entsprach dabei im Wesentlichen der Anzeige des G1000 im Cockpit der DA 40 NG. Ziel war es, die Simulation möglichst nahe an den wesentlichen Parametern, die beim Unfallflug aufgezeichnet wurden, zu halten. Als Basis für die Simulation wurde ein Flugplan von Schönhagen nach Stuttgart ein- gegeben, wie er laut den bei dem Unfallflug aufgezeichneten Daten sehr wahrschein- lich programmiert war. Die Daten wiesen darauf hin, dass der Pilot den ILS-Anflug im G1000 nicht geladen hatte. Betrachtet wurden die gewählten Modi und die entsprechenden Anzeigen am PFD in der Phase des Anfluges auf Stuttgart zwischen dem Intercept des Localizers (LOC), über das Erreichen des Glideslope (GS) sowie nach Überflug des FAF UNSER. - 35 -
Untersuchungsbericht BFU18-0211-3X Abb. 11: Simulation des Intercept des Endanflugkurses im Sinkflug auf 4 000 ft AMSL mit Steuerkurs 230°Quelle: Abbildung 11 zeigt die Anzeige des PFD im Simulator in der Phase des Intercept auf den Localizer, der entsprechend der aufgezeichneten Daten bei aktiviertem Autopilo- ten mit einem Steuerkurs von 230° geflogen wurde. Hierbei war als Vertikalmodus VS aktiviert, um auf 4 000 ft AMSL zu sinken, wie das auch bei dem Unfallflug der Fall war. In der AFCS Status Box des PFD werden in weißer Schrift die vorgewählten Modi LOC und ALTS angezeigt. - 36 -
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