UTOPIA TEODOR CURRENTZIS - OKTOBER 2022 LAEISZHALLE GROSSER SA AL - Elbphilharmonie
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MODERNE KULTUR IN EINZIGARTIGER GESTALT. WELCHE VISION MÖCHTEN SIE VERWIRKLICHEN? PRINCIPAL SPONSOR Julius Bär ist Principal Sponsor der Elbphilharmonie Hamburg. juliusbaer.com
Mi, 5. Oktober 2022 | 20 Uhr | Laeiszhalle Großer Saal UTOPIA DIRIGENT TEODOR CURRENTZIS Igor Strawinsky (1882–1971) L’oiseau de feu (Der Feuervogel) / Konzertsuite (1911/1945) Introduktion Der Feuervogel und sein Tanz Pantomime I Pas de deux Pantomime II Scherzo: Reigen der Prinzessinnen Pantomime III Rundtanz der Prinzessinnen Höllentanz des Zauberers Kaschtschej Wiegenlied Finale ca. 30 Min. Pause Maurice Ravel (1875–1937) Daphnis et Chloé / Konzertsuite Nr. 2 (1913) Lever du jour Pantomime Danse générale ca. 15 Min. Maurice Ravel La valse / Poème chorégraphique für Orchester (1919) ca. 15 Min.
KAMMERMUSIK IN DER LAEISZHALLE 13.11. 2022 MARTIN FRÖST | ANTOINE TAMESTIT | SHAI WOSNER 14.01.2023 EMMANUEL PAHUD | AMIHAI GROSZ | ANNELEEN LENAERTS 23.04.2023 SCHUMANN QUARTETT | ANNA VINNITSKAYA © Gilda Fernández-Wiencken LAEISZHALLE KLEINER SAAL | 20 UHR TICKETS 040 357 666 66 WWW.ELBPHILHARMONIE.DE Projektförderer
WILLKOMMEN »Ein lang gehegter Traum wird wahr – nicht nur für mich, sondern für eine große Gruppe grandiose Musiker aus der ganzen Welt, die gemeinsam ohne Kompromisse den perfekten Klang suchen«, schwärmt der griechische Dirigent Teodor Currentzis von seinem neuen Orchester »Utopia«. Mehr als 100 Musikerinnen und Musiker aus 30 Nationen hat er dafür zusammen gebracht. Dass er die altehrwürdige Laeisz halle als eine der ersten Tournee-Stationen ausgesucht hat, darf als Ausweis seiner engen Beziehung zu Hamburg gelten. Auf dem »Utopia«-Programm stehen drei der raffiniertesten Orchesterwerke des frühen 20. Jahrhunderts, entstanden für die legendären »Ballets Russes« in Paris.
DIE MUSIK IN DER EINGANGSHALLE DES RUHMES Igor Strawinsky: L’oiseau de feu Allmählich wurde es Igor Strawinsky zu dumm. Natürlich war es eine Ehre für den gerade 26-jährigen Jungkomponisten, vom berühmten Impresario Sergej Diaghilew eingeladen zu werden. Aber nun saß er bereits seit 20 Mi nuten in der Eingangshalle von dessen Sankt Petersburger Domizil und war tete vergeblich darauf, vorgelassen zu werden. »Ich stand also auf und ging zum Ausgang«, berichtete er später. »Als ich die Hand auf die Klinke legte, hörte ich hinter mir eine Stimme: ›Strawinsky, kommen Sie herein!‹ Wissen Sie, ich habe mich oft gefragt, wenn ich mich nicht umgedreht hätte, ob ich jemals Le sacre du printemps geschrieben hätte.« Nun, bis zum Sacre war es noch ein weiter Weg, aber tatsächlich sollte sich diese allererste Begegnung zwischen Strawinsky und Diaghilew als wegwei send herausstellen. Schon seit einigen Jahren hatte der rührige Impresario in Paris russische Kulturevents veranstaltet. Sein letzter Clou war es gewe sen, den großen Fjodor Schaljapin an die Pariser Oper zu locken. Nun musste ein neues Zugpferd her – Ballett! Der gewiefte Diaghilew verpflichtete also die Stars des Petersburger Mariinski-Theaters für ein Paris-Gastspiel un ter dem Titel »Ballets Russes« und sah sich während seines Aufenthaltes in Sankt Petersburg auch gleich nach dem passenden Komponisten für sein Projekt um. Anfang 1909 hörte er im Sinfoniekonzert zufällig Igor Strawins kys Scherzo fantastique. Diaghilew war begeistert. Spritzig, effektvoll, jung – so stellte er sich seinen Ballettkomponisten vor. Diaghilew bat Strawinsky zunächst testweise um Orchester-Arrange ments einiger Chopin-Klavierstücke und gab für die nächste Spielzeit ein ausgewachsenes Ballett bei ihm in Auftrag: den Feuervogel. Begeistert ließ Strawinsky die Partitur der Oper Die Nachtigall fallen, an der er gerade feilte (sie wurde erst sechs Jahre später aufgeführt), und stürzte sich in die Arbeit.
DIE MUSIK Ohnehin hatte er ein Faible für das Ballett – an seinen Lehrer Rimski-Korsa kow schrieb er einmal: »Du nennst das Ballett die geringste der szenischen Künste. Ich sehe das ganz anders. Ich liebe das Ballett mehr als alles an dere. Und es ist meine Überzeugung, dass, wenn heute eine Art Michelangelo lebte – dieser Gedanke kam mir, als ich seine Fresken der Sixtinischen Ka pelle sah – dann wäre die einzige Sache, die er sich zu eigen machen würde, die Choreografie.« Im Falle des Feuervogels hieß dieser »Michelangelo« Michel Fokine. Bei den Ballets Russes fungierte er als Startänzer, Choreograf und Dramaturg in einer Person. Auch das Libretto des Feuervogels stammte von ihm. Fokine kombinierte hier zwei bekannte russische Märchen: die Geschichte vom bö sen Zauberer Kaschtschej und die vom wunderbaren Feuervogel, den der edle Prinz Iwan fängt und dann doch wieder freilässt. (Die Rolle des Iwan übernahm Fokine gleich selbst.) Schon einige Monate später stand Stra winsky auch vor Fokines Tür, unter dem Arm einen Stapel Notenpapier. Fo kine erinnert sich: »Strawinsky spielte mir seine Skizzen am Flügel vor, und ich demonstrierte die Szenen. Ich kletterte auf den Flügel, sprang herunter, kroch unter ihm hindurch und blickte mit Iwans schreckgeweiteten Augen in meinem Wohnzimmer umher.« Dass Fokine seine Fantasie so spielen lassen konnte, liegt nicht zuletzt an der ungeheuer bildhaften Musik Strawinskys. Noch weit von den wüsten Welten des Sacre entfernt, klingen im Feuervogel die Einflüsse von Strawins kys Lehrern und Vorbildern unüberhörbar durch: die »russische« Melodik in der Tradition Piotr Tschaikowskys, die Harmonik von Claude Debussy und die Tonsprache von Rimski-Korsakow. In der Verbindung dieser Elemente aber, in der pfeilschnellen Musik des Feuervogels selbst, zeigt sich das Ge nie Strawinskys, der und von hier seinen Siegeszug durch die Welt antreten sollte. »Seht ihn Euch an! Er ist ein Mann am Vorabend seines Ruhmes«, rief Diaghilew vor der Premiere am 25. Juni 1910 seiner Compagnie zu. Er sollte Recht behalten. Nach dem überwältigenden Erfolg des Balletts lag es nahe, die Musik in Form einer sinfonischen Suite für den Konzertsaal aufzubereiten. Strawinsky erstellte sie bereits wenige Monate nach der geglückten Premiere; später legte er zwei weitere Fassungen nach, die sich – aus pragmatischen Grün den der jeweiligen Aufführungssituation – in Dauer und Orchesterbesetzung unterscheiden. Dabei gelang es ihm, durch die geschickte Zusammenstel lung einzelner Ballettnummern ein musikalisch schlüssiges Konzertstück zu schaffen, ohne mit der Handlung zu brechen.
»Juckend sagt mein Daumen mir: Et was Böses naht sich hier« – mit diesem Shakespeare-Zitat ließe sich die Ein leitung zum Feuervogel beschreiben. Dunkle Klangfarben und gruselige Ef fekte künden von unheilvollem Schick sal und der schwarzen Magie des un sterblichen Zauberers Kaschtschej. Dreizehn Prinzessinnen hält er in sei nem Garten gefangen, in dem ein Baum mit goldenen Äpfeln wächst. Und schon viele Helden sind bei dem Versuch, die Schönen zu retten, von ihm zu Stein verwandelt worden. Igor Strawinsky Prinz Iwan jagt derweil den Feuer vogel. Flirrende Streicher- und Flöten- kl änge und das Rauschen s einer (Harfen-)Flügel stellen das märchenhafte Geschöpf musikalisch dar. Zu über schäumenden Bläserfiguren braust er durch die Baumw ipfel, bis es Iwan gelingt, ihn zu fangen. Mit einem klagenden Geigensolo bittet der Vogel um Erbarmen. Schließlich lässt sich der Prinz erweichen und öffnet die Käfigtür; der Feuervogel schwirrt hinaus. Als Dank verspricht er Iwan seine Dienste – und die kann der Nachwuchsheld gut gebrauchen. Alsbald nämlich kommt er zu Kaschtschejs Garten, wo die gefangenen Prinzessinnen kichernd mit den goldenen Äpfeln spielen. Mit einem eleganten Hornsolo stellt er sich den Damen vor, die ihn in ihren Rundtanz einbeziehen (zu Harfen- und Streicher begleitung treten nacheinander Oboe, Cello, Klarinette und Fagott solistisch in Erscheinung). Dann macht Iwan sich auf, in Kaschtschejs Palast einzudringen. Doch der böse Zauberer ist nicht so einfach zu überrumpeln und schickt Iwan in einem Höllentanz seine Blechblas-Monster entgegen. Da kommt ihm der Feuer vogel zu Hilfe und versetzt die Ungeheuer mit einem Wiegenlied in tiefen Schlaf. Iwan findet in einer Höhle ein Ei, in dem die Seele Kaschtschejs ver steckt ist, zerstört es und besiegt so den Magier. Mit einem Hornruf tritt er danach zurück ans Licht: Der Zauber ist gebrochen, Iwan und die dreizehn Prinzessinnen sind frei. Allgemeiner Jubel. CLEMENS MATUSCHEK
Daphnis et Chloé: Bühnenbild von Leon Bakst MUSIKALISCHE ZAUBERWELTEN Maurice Ravel: Daphnis et Chloé & La valse In Paris lösten Sergej Diaghilews Ballets Russes und Igor Strawinskys Mu sik eine wahre »Russomanie« aus. Ein Jahr nach dem rauschenden Triumph des Feuer vogels brachte die Truppe seine Puppentheater-Fabel Petruschka heraus, 1912 dann gleich eine Doppel-Premiere: eine neue Choreografie zu Debussys älterem Prélude à l’après-midi d’un faune und ein komplett neues Ballett von Maurice Ravel: Daphnis et Chloé. HIRTENTRÄUME: DAPHNIS ET CHLOÉ Wieder stammte die Idee vom Tänzer und Choreografen Michael Fokine. Schon 1904 hatte er in einer Buchhandlung in seiner Geburtsstadt Sankt Petersburg eine Ausgabe des Hirtenromans entdeckt, verfasst im 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr. vom spätantiken Dichter Longos. In mehreren An
DIE MUSIK läufen konnte er Diaghilew von seinem Plan überzeugen, ihn als Ballett auf die Bühne zu bringen und dafür Ravel zu ver pflichten. Und der Komponist, der von jeher ein ausgepräg tes Sehnsuchtsbild eines idealisierten Arkadien pflegte, griff sofort zu. Das Ballett erzählt die dramatische Liebesgeschichte der beiden Titelhelden: Chloé, die Braut des Ziegenhirten Daph nis, wird von Piraten entführt. Mit Hilfe des Hirtengottes Pan kann er sie retten – wobei es sich aber eigentlich nur um eine Vision des emotional etwas überforderten Daphnis handelt, die anzeigt, dass die Ehe den Segen der Götter hat. Die Kon zertsuite des heutigen Abends umfasst die drei Abschnitte des letzten Aktes: den Anbruch des Tages, als Daphnis aus seinem Traum erwacht, eine Pantomine, in der Daphnis und Chloé die mythische Geschichte von Pan und Syrinx nach spielen, und den bacchantischen Abschlusstanz. Um die Handlung ging es Ravel aber sowieso nicht, wie er später einräumte. Vielmehr »war es meine Absicht, ein gro ßes musikalisches Fresko zu komponieren, weniger auf Ar chaik bedacht als auf die Treue zu dem Griechenland meiner Träume, wie es die französischen Künstler imaginiert ha ben. Das Werk ist sinfonisch gebaut, nach einem strengen tonalen Plan und mittels einer kleinen Anzahl von Motiven, die die musikalische Einheit sichern.« Statt eines konventio nellen Nummernballetts in möglichst authentischen Kostü men schwebte Ravel eine »symphonie choréographique« (so der Untertitel) vor, eine choreografierte Sinfonie also, die mit klanglichem Raffinement in eine eher lose an der Antike ori entierte Traumwelt entführt. Spitzentanz auf Ledersandalen: Diese Sichtweise löste bei Fokine jedoch wenig Begeiste Michel Fokine als Daphnis. Am Ende übernahm Start änzer rung aus. Schließlich hatte dieser sich in den Kopf gesetzt, Vaslav Nijinsky den Part den Hirtenroman historisierend und in Anlehnung an jene klassisch-hellenistischen Abbildungen umzusetzen, wie sie etwa auf antiken Vasen zu finden sind. Kein Wunder, dass die beiden selbstbewussten Charakterköpfe Ravel und Fokine immer wieder aneinandergerieten. »Was die Dinge verkom pliziert, ist die Tatsache, dass Fokine kein Wort Französisch kann«, so Ravel einmal über die gemeinsamen Proben, »ich aber kann auf Russisch nur fluchen.«
DIE MUSIK Aber nicht nur solche Streitereien ließen ihn verzweifeln. Hinzu kamen hitzige Diskussionen mit Diaghilew über die Tantiemen. Auch zwischen Fokine und dem Start änzer Vaslav Nijinsky, der den Daphnis verköperte, krachte es, weil beide um die Gunst Diaghilews buhlten. Der beleidigte Fokine verließ die Compagnie und kehrte erst zurück, als N ijinsky heiratete und daraufhin seinerseits vom eifersüchtigen Diaghilew geschasst wurde. Und auch un ter den anderen Tänzern rumorte es, da manche die Musik als zu schwierig empfanden. »Die Musik zu Daphnis et Chloé barg in sich eine Menge Unter wasserriffs«, erklärte die Primaballerina Tamara Karsawina – die erste Chloé – später, »klangvoll, erhaben und transparent, einem kristallreinen Quell vergleichbar, war sie gleichzeitig überreich an heimtückischen Fallen.« Schon erstaunlich, dass dieselbe Truppe, die nur ein Jahr später Strawinskys barbarisch schweren Coup Le sacre du printemps furios meistern sollte, jetzt beim 5/4-Takt im finalen Danse générale ihre Mühen hatte. Immerhin wusste Ravel Rat und erklärte den Tänzern, bei den Proben einfach rhythmisch den Namen »Ser–gej–Dia–ghi–lew« zu skandieren. Bei der Premiere am 8. Juni 1912 im Théâtre du Châtelet, ausverkauft bis auf den letzten Platz, zeigte sich Ravel Zeitzeugen zufolge dennoch erstaun lich entspannt. Obwohl die Aufführung bereits im vollen Gange war, unter hielt er sich hinter der Bühne angeregt mit einer alten Freundin. Eine knappe Stunde später – so lange dauert das komplette Ballett – verspürte Monsieur wenig Lust, sich zusammen mit den Tänzern dem mäßigen Applaus zu stel len. Und als der Direktor der Pariser Opéra einige Monate später ein neues Bühnenwerk bei ihm bestellen wollte, antwortete Ravel ihm: »Daphnis et Chloé war eine so ununterbrochene Tortur für mich, dass mir vorerst jede Lust auf ein ähnliches Unternehmen vergangen ist.« WALZERTRÄUME: LA VALSE Volle sieben Jahre dauerte es, bis sich Diaghilew wieder mit einer derart um fangreichen Anfrage an Ravel herantraute. Doch als er den Komponisten 1919 mit einem Ballett über Wien und seine Walzer beauftragte, war die Welt eine andere. Der Erste Weltkrieg hatte die politische Landkarte Europas verän dert; ganze Gesellschaftsordnungen zerfielen, an die Stelle der alten Monar chien traten Demokratien (und in Russland der Kommunismus). Zudem hin terließen der allgegenwärte technische Fortschritt und die Zerstörungen der industrialisierten Kriegsführung tiefe Spuren in der Lebenswirklichkeit und der Psyche der Menschen. Ravel, der sich in der anfänglichen allgemeinen
Kriegseuphorie freiwillig zur Armee gemeldet hatte und als Lastwagenfah rer eingesetzt wurde, erlebte das am eigenen Leibe. Und nun sollte er ein hoffnungslos auf Retro-Idylle gepoltes Ballett kom ponieren, eine Hommage an Johann Strauß und den Wiener Walzer? Den konnte Richard Strauss in seiner Oper Der Rosenkavalier vielleicht noch fei ern, aber die war ja auch vor dem Krieg entstanden. Andererseits hatte Ravel selbst noch ältere Skizzen für ein sol ches Projekt in der Schublade, und so sagte er zu. Wie schon bei Daphnis und Chloé entzog er sich gleichzeitig der Vorgabe und schuf mit La Valse kein Maurice Ravel Ballett im klassischen Sinne, sondern ein »poème choréographique«. Auf den ersten Blick liest sich seine Beschreibung im Vorwort der Partitur zwar recht konkret: »Wie durch Wolkenschleier sind Walzer tanzende Paare zu erkennen. Allmählich lichtet sich der Nebel und gibt den Blick frei auf ei nen Festsaal mit einer wirbelnden Menschenmenge. Kronleuchter verströ men helles Licht. Ein Kaiserhof um 1855.« Doch die Musik, die Elemente des Wiener Walzers aufgreift und durch impressionistische Stilmittel erweitert, spricht eine andere Sprache. Nach und nach weicht die Walzerseligkeit ver zerrten Rhythmen und dissonanten Harmonien; das Stück mündet in Chaos und Gewalt. Die Maske der heilen alten Welt fällt. Sergej Diaghilew, wen wundert’s, war nicht zufrieden. Für ihn sei dies kein Ballett, sondern bloß das »Porträt eines Balletts«, schimpfte er. Ravel zuckte mit den Schultern und brachte La Valse eben zunächst als reines Orchester werk zur Uraufführung. Eine Choreografie konzipierte Bronislava Nijinska, die ebenfalls in Diaghilews Truppe engagierte Schwester von Vaslav Nijinsky, erst 1928 – im selben Jahr, in dem sich der Ballett-Skeptiker Ravel mit seinem Boléro endgültig in die Geschichtsbücher des Balletts eintrug. GUIDO FISCHER / CLEMENS MATUSCHEK
BIOGR AFIEN TEODOR CURRENTZIS DIRIGENT Teodor Currentzis hat sich weltweit einen Namen als dynamischer Dirigent und furioser Erneuerer der klassischen Musik gemacht. Sein außergewöhn lich breit angelegtes Repertoire reicht von mittelalterlicher Musik bis zu ein drücklichen Uraufführungen zeitgenössischer Komponisten. Auftritte führen ihn regelmäßig in wichtige Konzert- und Opernhäuser wie die Berliner Phil harmonie, die Philharmonie de Paris und das Festspielhaus Baden-B aden, die Mailänder Scala, Bayerische Staatsoper und das Moskauer Bolschoi- Theater sowie zu den Salzburger Festspielen und dem Lucerne Festival. Mit Hamburg verbindet ihn eine besonders enge Beziehung: In Laeiszhalle und Elbphilharmonie war er in den vergangenen sechs Jahren 20 Mal zu Gast. 1972 in Griechenland geboren, zog Currentzis Anfang der 1990er Jahre nach Sankt Petersburg, um beim legendären Ilya Musin Dirigieren zu studie ren. 2004 gründete er das Orchester musicAeterna, das er bis heute leitet. Neben Residenzen in Nowosibirsk und Perm gastierte er mit dem Ensemble auf allen bedeutenden Bühnen der internationalen Musikwelt. Für seine Pro duktionen arbeitete er mit so renommierten Regisseuren wie Robert Wilson, Romeo Castellucci und Peter Sellars zusammen. Seit der S aison 2018/2019 hat Currentzis zusätzlich das Amt des Chef dirigenten beim SWR Symphonieorchester inne. Seit 2012 kuratiert er das renommierte Diaghilew-Festival in Perm. Bereits einige Jahre zuvor war er einer der Gründer des Territory-Festivals für moderne Kunst in Moskau. 2017 kürte das Musikmagazin Opernwelt Currentzis zum Dirigenten des Jahres. Viele seiner CDs sind mit internationalen Preisen ausgezeichnet worden, darunter der BBC Music Magazine Award in der Kategorie Oper, ein Edison Klassiek, ein Echo Klassik und ein J apanese Record Academy Award.
UTOPIA »Ein lang gehegter Traum wird wahr – nicht nur für mich, sondern für eine große Gruppe grandioser Musiker aus der ganzen Welt, die gemeinsam ohne Kompromisse den perfekten Klang suchen«, schwärmt Teodor Currentzis von seinem neuen Orchesterprojekt Utopia. »Es ist der Versuch, den Rah men jener respektablen altehrwürdigen Institutionen zu verlassen, der ein Segen sein kann, aber auch ein Fluch, weil er einen gewissen internationalen Standard-Sound erzeugt. Wir dagegen begeben uns auf ein experimentelles Feld, um gemeinsam mit vollem Einsatz den perfekten Klang zu suchen. Da für möchten wir die Intimität und Intensität der Kammermusik auf ein großes Sinfonieorchester übertragen. Also lassen wir hinter uns, was wir kennen, und wagen den Sprung ins Ungewisse. Natürlich ist das eine utopische Idee. Aber Träume werden nur wahr, wenn man wagt, das Undenkbare zu denken.« Für diese Vision hat Currentzis 116 Musiker:innen aus 30 Ländern der Welt zusammengetrommelt: aus West- und Osteuropa, Nord- und Südamerika, Australien, Ostasien und dem Mittelmeerraum. Sie spielen fest in den re nommiertesten Orchestern oder Kammermusikformationen oder sind in der freien Szene aktiv. Kontrabassist Rick Stotijn formuliert es so: »In einer aus einanderdriftenden Welt wollen wir einen Raum schaffen, der verbindet an statt zu trennen, der hilft, einen Dialog zu schaffen. Wir möchten zeigen, dass Hoffnung und Licht stärker sind als alle widrigen Umstände.« Utopia hat kei nen festen Stammsitz; die Musiker:innen kommen für jedes neue Projekt ei gens zusammen.
BIOGR A FIEN Die Idee zum Projekt entstand bereits vor einigen Jahren. Ausgangspunkt war die Tatsache, dass das Bedürfnis von Musiker:innen, sich intensiv mit den Werken auseinander zusetzen und einen gemeinsamen Klang zu finden, ebenso wichtig zum Erreichen visionärer künstlerischer Ziele ist wie musikalische Expertise. Utopia ist also weniger ein Orches ter im herkömmlichen Sinne des Wortes, sondern vielmehr eine besondere kreative Gemeinschaft; ein Team von Gleich Im Rahmen seiner aktuellen gesinnten mit einer gemeinsamen Vision. Sie schließen sich Gründungs-Tournee gastiert das Orchester noch in Berlin und zusammen, um kompromisslos zu gestalten, um ihre musi Wien. Im Juni 2023 folgt eine kalischen Vorstellungen zusammenzubringen, um den bes weitere Reihe von Konzerten mit ten Klang zu erzielen. Es ist der idealistische Versuch, eine Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 3. Herangehensweise zu entw ickeln, mit der die innere Essenz eines musikalischen Textes erreicht wird. Utopia versucht, die besten Musiker:innen aus der gan zen Welt zusammenzubringen und gleichzeitig strukturell, finanziell und organisatorisch unabhängig von Institutionen zu bleiben. Das Orchester finanziert sich aus Konzerterlösen und wird von der Kunst und Kultur DM Privatstiftung und ver schiedenen anderen europäischen Förderern unterstützt.
VIOLINE I VIOLA Ji Yoon Lee (Konzertmeisterin) Gilad Karni Olga Volkova Hayaka Komatsu Nikita Boriso-Glebsky Orhan Celebi Julia Igonina Mikhail Kovalkov Stephanie Baubin Riikka Repo Anna Matz Alexander Akimov Lea Schwamm Gerald Kakoum Alexandra Preucil Florian Peelman Kseniia Gamaris Héloïse Houzé Mathias Hochweber Elizaveta Zolotova Evegenia Pavlova Natanael Ferreira dos Santos Giuseppe Mengoli Maya Tal Martina De Luca Rumen Cvetkov Sornitza Rieß Nail Bakiev Andreas Neufeld Giulia Wechsler Arsenis Selalmazidis Alejandro Regueira Irina Chepizhnaya Esther Augusti VIOLONCELLO Konstantin Pfiz VIOLINE II Cyrille Lacrouts Christoph Koncz Alexey Zhilin Michael Dinnebier Miriam Prandi Anastasia Strelnikova Flurin Cuonz Silke Meyer-Eggen Kaori Yamagami Ludovica Nardone Lev Sivkov Margarita Sikoeva Yibai Chen Christian Heubes Thomas Ruge Lina Vartanova Teodor Rusu Federica Giani Dmitry Silvian Maxime Michaluk Christophe Morin Julia Roudine-Turnovsky Angela Park Nazeli Arsenyan Noel Wilde Nanni Malm Ivan Sendetskiy Roberta Verna Simyon Gavrikov KONTRABASS Martina De Luca Rick Stotijn Nicola Bruzzo Lorraine Campet Artem Chirkov Antal Racz
BESE TZUNG Jaquin Arrabal HORN Hayk Khachatryan Abel Pereira Hugh Kluger Michael Armbruster William Cravy Leonid Voznesensky Tobias Heimann FLÖTE Clément Dufour TROMPETE Anna Komarova (Piccolo) Thomas Hammes Fanny Morel (Piccolo) Matthew Sadler Vicent Morello Benedikt Neumann Pavel Kurdakov OBOE Nora Cismondi POSAUNE Johanna Stier (Oboe d’amore) Lars Karlin Jamie Williams ENGLISCHHORN Tomer Maschkowski Michael Rosenberg TUBA KLARINETTE Jozsef Bazsinka Spyridon Mourikis Vicente Alberola Ferrando PAUKEN Raymond Curfs ES-KLARINETTE Manuel Martinez SCHLAGWERK Jean-Baptiste Leclère BASSKLARINETTE Claudio Estay Renaud Guy-Rousseau Carlos Vera Larrucea Ulf Breuer FAGOTT Rosa Montanes Talgat Sarsembaev Dirk Wucherpfennig Mor Biron Marcel Morikawa Jesus Villa Ordóñez Giacomo Bacchio Edoardo Giachino KONTRAFAGOTT Hans Agreda HARFE Noelia Cotuna SAXOFON Gaël Gandino Christoph Enzel Ties Mellema KLAVIER / CELESTA Olga Pashchenko
DAS ALTE WERK 21.11.2022 L’ACHÉRON / VOX LUMINIS »REQUIEM« 10.02.2023 ENSEMBLE PYGMALION / RAPHAËL PICHON »WEGE ZU BACH: BACHS MEISTER« 21.03.2023 LA CETRA BAROCKORCHESTER BASEL »DER FRANZÖSISCHE CORELLI« 06.04.2023 MUSICAETERNA / TEODOR CURRENTZIS BACH: MESSE H-MOLL 09.05.2023 IL POMO D’ORO / JAKUB JÓZEF ORLIŃSKI HÄNDEL: TOLOMEO, RÈ DI EGITTO © Sophie Wolter ELBPHILHARMONIE & LAEISZHALLE ELPHI.ME/DASALTEWERK Projektförderer
TIPP WOLFGANG RIHM ZUM 70. Als der Komponist Wolfgang Rihm Mitte der 1970er-Jahre auf die Bühne trat, sorgte er für großes Erstaunen: So viel Aus druck, so starke Emotionen waren in der zeitgenössischen Musik eigentlich verpönt. Zum Glück haben sich die Zeiten geändert – und Rihm zählt mit seinen mehr als 600 Werken zu den renommiertesten und produktivsten Komponisten der Gegenwart. Im März feierte der gebürtige Karlsruher seinen 70. Geburtstag, zu dem viele Künstler über das Jahr hinweg klingend gratulieren. So etwa das Ensemble Modern, eine allseits verehrte Institution der Szene, das unter der Leitung von Rihms Kollegen Enno Poppe sein »Concerto Séraphin« in die Elbphilharmonie bringt: ursprünglich eine Art instru mentales Theaterstück, nun für den Konzertsaal adaptiert. Auch der Bariton Georg Nigl, der Rihm in einen romantischen Liederabend einbettet, schließt sich den Feierlichkeiten an. Sa, 22.10.2022 | 20:00 Uhr | Ensemble Modern Mo, 24.10.2022 | 19:30 Uhr | Georg Nigl / Olga Pashchenko Es ist nicht gestattet, während des Konzerts zu filmen oder zu fotografieren. IMPRESSUM Herausgeber: HamburgMusik gGmbH Geschäftsführung: Christoph Lieben-Seutter (Generalintendant), Jochen Margedant Redaktion: Clemens Matuschek, Simon Chlosta, Laura Etspüler, François Kremer, Julika von Werder, Dominik Bach, Juliane Weigel-Krämer, Janna B. Heider, Nina van Ryn Lektorat: Reinhard Helling Gestaltung: breeder design Druck: Flyer-Druck.de Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier Anzeigen: Antje Sievert, +49 40 450 698 03, antje.sievert@kultur-anzeigen.com BILDNACHWEIS Tamara Karsawina und Michel Fokine (unbezeichnet); Igor Strawinsky (unbezeichnet); Daphnis et Chloé: Bühnenbild von Leon Bakst (The Red List); Michel Fokine (The Red List); Maurice Ravel (private Sammlung); Teodor Currentzis (Nikita Chuntomov); Wolfgang Rihm (Eric Marinitsch / Universal Edition)
WIR DANKEN UNSEREN PARTNERN PRINCIPAL SPONSORS CLASSIC SPONSORS FÖRDERSTIFTUNGEN SAP Aurubis Claussen-Simon-Stiftung Kühne-Stiftung Bankhaus Berenberg Cyril & Jutta A. Palmer Stiftung Julius Bär Commerzbank AG Ernst von Siemens Musikstiftung Deutsche Telekom Dr. Wolff Group G. u. L. Powalla Bunny’s Stiftung Porsche DZ HYP Hans-Otto und Rolex Edekabank Engelke Schümann Stiftung GALENpharma Haspa Musik Stiftung Hamburg Commercial Bank Hubertus Wald Stiftung Hamburger Feuerkasse Körber-Stiftung HanseMerkur Mara & Holger Cassens Stiftung KRAVAG-Versicherungen Wall GmbH M.M.Warburg & CO STIFTUNG ELBPHILHARMONIE PRODUCT SPONSORS Coca-Cola FREUNDESKREIS Hawesko ELBPHILHARMONIE Melitta LAEISZHALLE E.V. Ricola Störtebeker ELBPHILHARMONIE CIRCLE
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