"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon

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"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon
Gemeindemagazin für Hombrechtikon und Feldbach   Ausgabe 5/2022

«versteckt»
"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon
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2   Ährenpost 5/2022
"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon
EDITORIAL

Liebe Leserin, lieber Leser

Mit der vorliegenden und der nächsten Aus-       zufällig erscheint in dieser Ausgabe ein anderer
gabe 6/22 der «Ährenpost» geht eine Ära mit      Artikel über versteckte «Energiefresser». Über
dem Verlag IEB-Medien, aber auch mit dem         das im Verborgenen liegende, Geheimnisvolle
bestehenden Redaktionsteam in dieser Kon-        führt uns ein weiterer Beitrag in das Schöne,
stellation zu Ende. Was noch bis zur Ausgabe     aber auch Vergangene in unserer Gegend. Von
3/22 durch ein fünfköpfiges und fest ange-        Menschen ohne Papiere und über versteckte
stelltes Team erledigt wurde, wird nun noch      Armut in unserem Dorf erfahren Sie aus einem
bis zur letzten Ausgabe in diesem Jahr durch     bewegenden Bericht, der zum Nachdenken
eine Ad-interim-Redaktion erledigt – teilweise   anregt. Selbstverständlich finden Sie auch in
bis an die Grenzen des Machbaren. Wie es mit     dieser Ausgabe Einladungen und Mitteilun-
der «Ährenpost» ab 2023 weitergeht – und es      gen von unseren Vereinen und Institutionen.
wird weitergehen –, wird in der Ausgabe 6/22     Gerade für diese Verfassenden war es in der
durch den Gemeindeschreiber an dieser Stelle     Vergangenheit fast unmöglich, die richtigen
bekanntgegeben.                                  Ansprechpartner seitens Verlag und Redaktion
Trotzdem finden Sie in dieser Ausgabe sehr        auf Anhieb zu finden – weil schlicht und einfach
interessante und informative Beiträge, die       die Adressen fehlten. Das wollen wir ab dieser
hauptsächlich von meinen Kollegen Heinz          Ausgabe ein für alle Mal aus der Welt schaffen.
Brunner-Buchli, Rolf Bezjak, Markus Thürig und   Sie finden nun jeweils im Impressum die gül-
mir verfasst wurden. Illustriert werden diese    tigen Mailadressen für die Redaktion und für
Berichte mehrheitlich von Andreas Dändliker,     die Inserate und Publireportagen. Denken Sie
der über einen immensen Fundus an Bildern        daran, dass Sie Ihre elektronische Post mit
aus seiner eigenen privaten Sammlung verfügt.    einer Empfangsbestätigung versehen, entwe-
Für diese Ausgabe wurde bereits Anfang Jahr      der elektronisch (Win) oder mit einer Auffor-
das Thema «versteckt» festgelegt. So soll ein    derung im Klartext (Mac).
Bericht über die versteckte Friedhofskunst
an das künstlerische Schaffen des gebürtigen      Wir wünschen Ihnen viel Informatives und
Hombrechtikers und Bildhauers Paul Speck         Unterhaltendes beim Lesen dieser Ausgabe.
erinnern, das leider wenig bekannt ist und
unsere Aufmerksamkeit verdient. Nicht ganz       Hans J. Tobler, Redaktionsleiter ad interim

                                                                                                    Redaktionssitzung des
                                                                                                    Ad-interim-Teams, v.l. Rolf
                                                                                                    Bezjak, Hans Tobler, Markus
                                                                                                    Thürig. Auf dem Bild fehlen:
                                                                                                    Heinz Brunner-Buchli und
                                                                                                    natürlich der Fotograf
                                                                                                    Andreas Dändliker.

                                                                                                                    Editorial      3
"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon
INHALTSVERZEICHNIS
Oktober-Ausgabe 5/2022

Editorial                                            3   Gewerbe, Kirche, Kultur und Vereine
                                                         StäfART 2022 Gastgemeinde Hombrechtikon                 36
Thema «versteckt»                                        Verein Kinderkrippe: Wir suchen Vorstandsmitglieder     37
Versteckt ist ein Wort mit vielerlei Bedeutung       5   Veranstaltungskalender                                  39
Sans-Papiers                                         7   Ref. Kirche: Die Band N.B.A. / CH spielt                40
Versteckte Armut                                    10   Ref. Kirche: Konzert Orchester Stäfa-Ürikon             41
Versteckte Friedhofskunst                           13   Winterbörse Hombi-Skifest: Endlich wieder Winterbörse   43
Versteckte Energiefresser                           19   Turnverein TVH: Herbstzeit – Chränzlizeit               45
Versteckte Impressionen                             22   Gewerbeverein GVH: Das Gewerbe sucht dich               47
Versteckte Impressionen, Fortsetzung                50
                                                         Wettbewerb 50-Franken-Bild                              53
Gemeinde und Schule                                      Publireportagen / Verlagsreportagen
Der Gemeinderat informiert                          25   Solarsys, erneuerbare Energie aus Hombrechtikon         24
Würdigungen                                              10 Jahre Hörspezialist von Kameke, mit Toni Vescoli     44
André Gerber, Urs Bachmann und Dr. Klaus Dorn       26   Florhof Getränke, wo Genuss im Vordergrund steht        46
Sportbox                                            29   Vinothek Wäspi, 25 Jahre Zeit für Genuss                49
Schule: Gemeindeumgang der 5. Klasse                30
MOJUGA: Wie Jugendliche die Gemeinde prägen         32   Notfallnummern / Impressum
Bibliothek mit ProSpecieRara: Saatgut-Workshop      35   (Achtung: neue Adressen)                                54

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4   Ährenpost 5/2022
"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon
VERSTECKT IST EIN WORT MIT VIELERLEI BEDEUTUNG
Das Geheimnisvolle liegt im Verborgenen – mit vielen Facetten

Nun komme ich mir vor wie der ehema-            Geheimnisvolle Erinnerungen
lige Viertklässler in der Schule Feldbach.      Rückblickend auf die frühere Kindheit stecken
Der Lehrer spricht mit klarer Stimme:           Erlebnisse tief in bleibender Erinnerung. Da
«Hefte hervornehmen, wir schreiben              kam, wie jedes Jahr, der «Samichlaus». Das
einen Aufsatz.» Thema: «Mein schönster          Geheimnis war, wer versteckte sich wohl unter
Ferientag». Einige hätten sich wohl lieber      dem langen weissen Bart und unter der roten
unter dem Pult versteckt.                       Zipfelmütze? Wir Kinder hatten unsere Vermu-
                                                tungen, aber im Vordergrund stand bei aller
Kauen am Schreibgerät half auch nicht, die      Ehrfurcht der Inhalt des mitgebrachten Sacks.
Seiten wollten sich nicht füllen. Dafür sind    Nur zu schnell haben sich die schönsten Kind-
diese Schüler in der Mathe gut gewesen und      heitserinnerungen an den Samichlaus, das
zeigten dort ihre Stärke. Schon damals moch-    Christkind und den Osterhasen vom versteck-
te ein Schüler gewisse Schwächen nicht gerne    ten Geheimnisvollen zu gängigen Gewohnhei-
zeigen. Das liess sich aber nicht gut vermei-   ten gewandelt. Die Wünsche und Ansprüche
                                                                                                 Heinz Brunner-Buchli.
den. In Feldbach wurde noch parallel in zwei    für Geschenkartikel haben sich ebenfalls stark
Dreijahrgangsklassen unterrichtet. Ein abso-    geändert. Damals wurden meist praktische
luter pädagogischer Höhepunkt war, wenn es      Sachen mit schönem, buntem Papier und mit
hiess: «Alle aufstehen … kopfrechnen!» Nach     viel Geschick kunstvoll eingepackt. Darin fand
schnellstem Nennen des richtigen Resultats      sich manchmal, etwas versteckt und geheim-
durfte man sich wieder hinsetzen. Der klei-     nisvoll, ein spezieller Gruss mit einem gern
ner werdende Kreis im «Ständerat» hätte sich    gesehenen Zustupf von der Gotte oder vom
aber lieber in ein Mausloch verkrochen. Zum     Götti. Heute erkennt man geschenkte Artikel
Glück läutete bald die sehnlichst erwartete     bereits in der durchsichtigen Wegwerfver-
Pausenglocke. Draussen an der frischen Luft     packung. Kaum ist eine absolut neue Errun-
lösten sich die trockenen, verwirrenden Zah-    genschaft im Handel erschienen, gibt es kurz
lengebilde schnell wieder auf.                  darauf wieder etwas Neues, noch Besseres.        Naturschönheit.

                                                                                                                   Thema   5
"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon
Auch Erinnerungen dürfen hervorgeholt wer-       thologische Verein. Trotz intensiver Bautätig-
                              den. Diese sind sofort wieder gegenwärtig,       keit in unserem Dorf, das einwohnermässig
                              geprägt vom Leben mit guten und schweren         bald Stadtgrösse erreichen wird, ist sein ein-
                              Zeiten. Dabei sollten am Ende immer die Zu-      zigartiger und ländlicher Stil bewahrt geblie-
                              friedenheit und ein wohltuendes Wertgefühl       ben. Das Naherholungsgebiet vom Lützelsee
                              bleiben. Vielleicht erinnert man sich im spä-    bis zum Zürichsee, umgeben von einem ein-
                              teren Alter mit leiser, heimlicher Wehmut an     drücklichen, herrlichen Alpenpanorama, ist
                              das ungezwungene Spielen im Freien. Wäl-         unbeschreiblich schön. Im abendlichen Son-
                              der, Hecken und alte Hochbaumbestände            nenschein leuchten die glühenden Berge und
                              boten genügend geheime Verstecke. In und         in versteckten Gedanken strahlen sie Ruhe,
                              um die noch vorhandenen Scheunen, Gar-           Zufriedenheit und Sicherheit aus. Mit den
                              tenhäuschen und Schuppen gab es so vie-          Fotos soll den Naturschönheiten besonde-
                              le Möglichkeiten. Der weite Freiraum zeigte      re Beachtung geschenkt werden. Mit einem
                              praktisch keine Grenzen. Beliebt war früher      achtsamen Blick entdeckt man weitere, zahl-
                              das Versteckspiel, leider ist es heute nicht     reiche verborgene Idyllen in der Natur.
                              mehr so aktuell. Das suchende Kind musste
                              sich, am sogenannten Ziel, mit geschlossenen     Verschwunden, unauffindbar
                              Augen – ohne zu blinzeln und laut zählend bis    Ungewollt oder auch absichtlich hat man
                              50, seiner Aufgabe stellen. Die letzten Worte    schnell etwas verlegt oder versteckt und
                              lauteten jeweils «1, 2, 3, ich chume!». Danach   es lässt sich einfach nicht mehr finden. Da
                              konnte die Suche beginnen. Der oder die          können sich Frust und Ärger einstellen. Alte
                              erste «Entdeckte», die das Ziel nicht vor dem    Geschichten erzählen gar von Geldnoten, die
                              Spielmacher erreichen konnte, war die nächs-     manchmal unter den Matratzen verschwun-
                              te Suchende. Diese und ähnliche Spielarten       den und versteckt wurden. Ja gut, im Bank-
                              bildeten damals schon eine wichtige Sozial-      tresor wäre das Geld besser aufgehoben.
                              komponente und stellten eine gesunde kör-        Etwas würde aber keine grosse Rolle spielen:
                              perliche und geistige Herausforderung dar.       Es schlummert heute, auch dort ohne grosse
                                                                               Wertvermehrung, vor sich hin. Meist sind es
                              Versteckte Spazierwege und Pfade                 alltägliche Gebrauchsgegenstände die plötz-
                              Ob in der Freizeit oder beim Abendspazier-       lich unerklärbar und unauffindbar vom Erdbo-
                              gang, sind die Wälder in unserer Gegend          den verschwinden. Wie verhext, da hat man
                              willkommene Erholungsorte. Versteckte            doch den Haus- oder Autoschlüssel, die Brille,
                              Fuchshöhlen verraten nach gründlicher Un-        den Postizettel gerade noch in den Händen
                              tersuchung, ob da kürzlich noch jemand ge-       gehabt. Dafür gibt es leider noch keine Han-
                              wohnt hat. Nicht nur die noch heimischen         dy-App, wo einfach der Name oder Code des
                              Waldtiere lassen sich auf offenem und freiem      Gegenstands eingegeben werden kann und
                              Feld beobachten. Um den Weiterbestand der        schon tönt es aus dem Versteck: «Da bin ich!»
                              Insekten, Igel, Kriechtiere und Vögel kümmert
                              sich pro Natura und der ortsansässige orni-      Heinz Brunner-Buchli

             Gut versteckt.

6   Ährenpost 5/2022
"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon
SANS-PAPIERS …
Menschen im Versteck

Stellen Sie sich vor: Sie sind ein «anstän-      gung griff auf die Westschweiz über, Kirchen
diger» Mensch. Sie haben sich nie etwas          boten Asyl an. Das Problem wurde lautstark
zuschulden kommen lassen. Sie gehen              öffentlich, parlamentarische Vorstösse folg-
einer regelmässigen Arbeit nach. Sie fal-        ten. Allerdings alle praktisch ohne Erfolg. Aber
len nie ungewöhnlich auf. Im Gegenteil:          die sozialpolitische Diskussion in weiten Teilen
Sie achten darauf, ihr Leben möglichst           der Gesellschaft war angestossen. Es gab eine
unauffällig zu gestalten. Und dennoch:            Sensibilisierung für die Umstände, unter de-
Sie leben in der ständigen Angst, «ent-          nen die «Arbeitsmigrantinnen und -migran-
deckt» zu werden …                               ten» bei uns in der Schweiz leben müssen.
                                                 (Aktuell: Die Staatspolitische Kommission
Schätzungsweise 100 000 (wahrscheinlich viel     des Nationalrats stimmte Anfang Juni 2022
mehr) Menschen leben so in der Schweiz, da-      einem Vorschlag zu, der bewirken soll, dass
von 19 000 (wahrscheinlich viel mehr) bei uns    den Sans-Papiers ein besserer Zugang zur Be-
im Kanton Zürich. Hauptsächlich in der Stadt,    rufsausbildung gewährt wird. Die unhaltbare
                                                                                                    Rolf Bezjak.
aber auch auf dem Land. Vielleicht auch bei      Situation für die betroffenen Menschen ist
uns in Hombrechtikon: die «Sans-Papiers».        offensichtlich. Mal sehen, was diesmal dabei
Ein Leben in Angst!                              rauskommt …)

Anfang der 2000er-Jahre konnte ich als           Ohne Papiere – geht das?
Seelsorger in einer Pfarrei (nicht in Hom-       Wer nun sind diese «Sans-Papiers»? Es sind,
brechtikon) mit der dort seit Jahren tätigen     wie der Name sagt, Menschen «ohne Papie-
«Fremdsprachigengruppe» zum jährlichen           re». Gemeint ist dabei nicht in jedem Fall, dass
Ausländerfest einen Anlass planen, zu dem        sie sich nicht ausweisen könnten, um ihre
wir «Sans-Papiers» als Gäste einluden. Sie       herkunftsstaatliche Identität nachzuweisen,
sollten über ihre Erfahrungen und ihr Leben      vielmehr haben sie keinen geregelten und an-
bei uns berichten. Glauben Sie mir: Das war      erkannten Aufenthaltsstatus in der Schweiz
eine sehr interessante, spannende, auch auf-     und deshalb keine Papiere, die sie berechti-
regende Erfahrung.                               gen würden, bei uns zu leben.

Interessant, weil ich bis dahin wenig bis        Nicht zuletzt einst willkommen geheissene
nichts von den Menschen wusste, die in un-       ehemalige «Saisonniers» gehören dazu, die          Menschen am Bellevue.
serer Gesellschaft vor lauter Angst, entdeckt    vor 25 Jahren keine Arbeitserlaubnis mehr          Foto: Reto Schlatter.
zu werden, «versteckt» (siehe Thema dieser
«Ährenpost»!) leben müssen. Spannend,
weil ihre Geschichten von der Einreise in die
Schweiz und dem Alltag in unserem Land für
Aussenstehende (wie mich) mehr als aben-
teuerlich klangen. Und aufregend, weil wir als
Veranstalter damit rechnen mussten, dass
der Anlass – der ja der Pfarreiöffentlichkeit
zugänglich war – vielleicht denunziert würde
und unsere Gäste grosse Nachteile, bis hin
zu Ausschaffung, gewärtigen mussten. Mein
Risiko als Pfarreileiter war dagegen mehr als
klein. Es ging gut!

Erst wenige Jahre zuvor, 2001, war die Situa-
tion dieser Menschen bei uns in der Schweiz
zu einem öffentlich diskutierten Thema ge-
worden, dies, nachdem in Frankreich bereits
1996 «Sans-Papiers» für Anerkennung und
mehr Rechte protestiert hatten. Die Bewe-

                                                                                                                   Thema    7
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                                                                                                                                                       Unser Angebot umfasst den sämtlichen Innen- und
                                                                                                                                                             Aussenbereich des Malerhandwerks.
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                                                                                                                                                       •
                                                                                                                                                           Anthroposophisch erweiterte Pflege
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                                                                                                                                                       •   konstante Bezugspersonen
                                                                                                                                                       •   Krankenkassen anerkannt

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8     Ährenpost 5/2022
"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon
erhalten hatten. Wir erinnern uns: 1997 wa-
ren die letzten Aufenthaltsbewilligungen von
«Saisonniers» abgelaufen. Demnach durften
Arbeitskräfte pro Kalenderjahr nur neun Mo-
nate in der Schweiz arbeiten, dies getrennt von
den Familien, ihren Frauen und Kindern. Der
Wirtschaft zugute, der Würde und den Men-
schenrechten zuwider. Manche, die treu Jahr
für Jahr zur Arbeit angereist waren, sind da-
mals dann geblieben – auch ohne Bewilligung.

Menschen, die einst legal in die Schweiz ge-
kommen waren, deren Aufenthaltsberechti-
gung aber irgendwann nicht mehr verlängert
wurde, wurden so zu «Sans-Papiers», oder
Asylsuchende mit einem Negativentscheid,
die aber in ihr Heimatland nicht zurückkehren
können – aus welchen Gründen auch immer.
Und nicht zuletzt: Alle hier geborenen Kinder
aus diesen Familien.

Nun leben sie bei uns, mitten unter uns. Sie       vention), andererseits auch die in der Bun-
                                                                                                    SPAZ-Beratung.
arbeiten, sie gehen zur Schule, sie treffen         desverfassung verankerten Grundrechte, die       Foto: zvg.
sich im Bekanntenkreis – immer unter dem           für alle Menschen, die in der Schweiz leben,
Damoklesschwert, dass die Behörden von             gelten. Dazu gehören Arbeitsrechte, wie an-
ihrer Existenz keine Kenntnis haben und sie        gemessener Lohn und Arbeitsbedingungen,
als «Sans-Papiers» entdeckt werden könnten.        ebenso das Recht auf Sozial-, Unfall- und
Mit der Konsequenz, ausgewiesen zu werden          Krankenversicherung. Kinder von «Sans-Pa-
– oder: erneut untertauchen zu müssen. Wie         piers», manche hier geboren und nie woan-
schwer es ist, bei uns ein «Dach über dem          ders gelebt, haben gemäss Bundesverfas-
Kopf» zu finden, zumal ohne finanziellen Rück-       sung das Recht auf Bildung, das heisst auf
halt, das wissen wir alle. So lese ich auch in     den obligatorischen Schulbesuch. Die Kampa-
einem Bericht: «Eine der grössten Schwierig-       gne «Kein Kind ist illegal» (wer von uns würde
keiten von Sans-Papiers in der Schweiz ist das     das bestreiten?) hat in besonderer Weise auf
Wohnen.»                                           dieses Problem hingewiesen. Entsprechend
                                                   hat auch die Erziehungsdirektorenkonferenz
Die «Sans-Papiers» arbeiten, wie sie leben: im     (EDK) mehrfach in Empfehlungen den Schul-
Versteckten. Dort sind sie – wie beim Woh-         behörden mitgeteilt, dass alle in der Schweiz
nen – auf den Goodwill ihrer «Unterstützer»        lebenden Kinder, unabhängig vom Aufent-
angewiesen, besser: ihnen ausgeliefert. Denn       haltsstatus, in den öffentlichen Schulbetrieb
nicht alle Wohnungs- und Arbeitgeber sind          integriert werden sollen. Die Schulbehörden
menschenfreundlich. Manche nützen die              und Lehrerinnen und Lehrer sind angewiesen,
schwache Position der «Sans-Papiers» aus:          dies vertraulich zu behandeln. Laut Berichten
Von schlechter Bezahlung, gar Verweigerung         geschieht dies in der Regel, aber nicht immer!
des Lohns bis hin zu übergriffiger Behandlung        Hier sind sie wieder, die Abhängigkeit und die
ist die Rede.                                      Ängste, «entdeckt» zu werden… was macht
                                                   das mit Kindern?
Die Drohung, die abhängigen Mitbewohner
oder Angestellten von jetzt auf nachher zu         In zehn Kantonen finden sich Beratungs-
entlassen, sie unverzüglich aus der Wohnung        stellen für «Sans-Papiers». Der Zürcher An-
zu weisen oder den Behörden zu melden, ist         laufstelle verdanke ich im Wesentlichen die
übermächtig. Der Status, der keiner ist, liefert   Informationen für diesen Bericht. Wer mehr
aus!                                               wissen möchte, kann sich unter www.sans-pa-
                                                   piers.ch informieren. Meine Empfehlung: Bitte
Alle Menschen haben Rechte!                        tun Sie das! Es gilt, allen Menschen, die bei
Dennoch: Auch «Sans-Papiers» haben Rechte!         und mit uns leben, die ihnen eigene Würde
Einerseits die völkerrechtlich abgesicherten       zuzugestehen.
(abgeleitet aus der Europäischen Menschen-
rechtskovention und der Kinderrechtskon-           Rolf Bezjak

                                                                                                                     Thema   9
"versteckt" Ausgabe 5/2022 - Gemeinde Hombrechtikon
VERSTECKTE ARMUT …
auch in Hombrechtikon!

                     «Es liegt nicht in unseren Händen, wie viel wir haben.     KOSTBAR
                   Aber wir können beeinflussen, was wir damit machen.»          Der Reihe nach: Warum Lebensmittel aus Vol-
                                                                                ketswil? Ich ging vor meinem Besuch davon
                               Dieser Satz findet sich auf der Homepage der      aus, dass die Hombrechtiker Detailhandelsge-
                               Vineyard-Kirche in Hombrechtikon unter dem       schäfte die KOSTBAR-Tafel mit Nahrung ver-
                               Titel: «KOSTBAR – ein Gemeinschaftswerk der      sorgen würden. Die Organisatoren von KOST-
                               Kirchen in Hombrechtikon».                       BAR dachten das ursprünglich wohl auch
                                                                                und fragten dort nach. Offensichtlich aber
                               Jeden Montagnachmittag – ausser an Feier-        sind Migros, Coop und Denner gehalten, die
                               tagen – werden aus Volketswil Lebensmittel,      überschüssigen Waren an ihre Zentralstellen
                               insbesondere Obst und Gemüse, nach Hom-          oder an von diesen festgelegte Destinationen
                               brechtikon gebracht. Fleissige Hände sortie-     zurückzugeben. Einzig zur Rütner Bäckerei
                               ren die Ware und legen sie übersichtlich auf     Voland kann jeweils am Montagabend nach
                               den bereitgestellten Tischen aus. Und am         18.30 Uhr ein KOSTBAR-Freiwilliger fahren
                               frühen Abend, gegen 19 Uhr, kommt richtig        und die im Laden übriggebliebenen Backwa-
                               Leben in den Gemeinschaftsraum der Vine-         ren holen, damit sie verteilt werden können.
                               yard-Kirche. Menschen, die dankbar sind, zum
                Rolf Bezjak.
                               bescheidenen Beitrag von 5 Franken für sich      Der Verein Remar (REhabilitation MARgina-
                               und ihre Familie Nahrungsmittel zu erhal-        lisierter Menschen), der sich nach eigenen
                               ten, finden sich ein. Viele Migrantinnen und      Angaben für Menschen einsetzt, «die von
                               Migranten sind darunter, aber – wenn auch        der Gesellschaft übersehen werden oder be-
                               wenige – Schweizer, die bei uns in Hombrech-     reits aufgegeben wurden», hat sich auf das
                               tikon leben.                                     Sammeln übrig gebliebener – nicht alter oder
                                                                                verdorbener! – Waren spezialisiert und belie-
                               Bevor die Waren eintreffen und die ersten         fert darum die KOSTBAR-Tafel in Hombrechti-
                               Kunden kommen, treffe ich mich mit Barbara        kon von seinem Lagerort Volketswil aus. Was
                               und Daniel Egli. Beide leiten das Projekt, das   heisst «beliefert», auch hier: Freiwillige holen
                               im Februar 2021 gestartet wurde und sich         die Lebensmittel mit ihren Privatautos. Über-
                               inzwischen, trotz (oder gerade auch wegen?)      haupt kann der Betrieb nur durch den Einsatz
                               Coronazeiten, herumgesprochen und für viele      von Freiwilligen bewerkstelligt werden. Etwa
    Barbara und Daniel Egli.   Menschen grosse Bedeutung hat.                   zwei Dutzend Frauen und Männer haben die
                                                                                Eglis auf ihrer Liste zum Helfen, einige zusätz-
                                                                                lich, die sie spontan anfragen können. Es dürf-
                                                                                ten gerne mehr sein, denn pro Ausgabetag
                                                                                braucht es etwa 12 bis 14 Helferinnen und
                                                                                Helfer.

                                                                                Und wie das so ist: Manche können es sich
                                                                                fast jeden Montag einrichten, andere nur ein-
                                                                                oder zweimal im Monat. Aber: Jeder Einsatz
                                                                                wird geschätzt!

                                                                                Wer nun sind die Kunden? Es sind Menschen,
                                                                                die für diese Form der Lebensmittelabgabe
                                                                                sehr dankbar sind, da sie mit einem knappen
                                                                                Budget leben müssen und Sozialhilfe oder
                                                                                Ergänzungsleistungen erhalten. Eine Unter-
                                                                                suchung vom Februar dieses Jahres zeigt auf,
                                                                                dass bei uns in der Schweiz fast eine Drei-
                                                                                viertelmillion Menschen von Armut betroffen
                                                                                sind. Das heisst: jede elfte Person. Und noch-
                                                                                mals mehr als eine halbe Million leben an der

10 Ährenpost 5/2022
nicht leisten können und die man ihnen so
                                                                                                   Die Ware wird bereitgestellt.
                                                   sehr gönnt.

                                                   Ich bin tief beeindruckt von diesem Angebot,
                                                   das Barbara und Daniel Egli gemeinsam mit
                                                   ihrem sichtlich hochmotivierten Team in den
                                                   Räumlichkeiten ihrer Vineyard-Kirche jede
                                                   Woche auf die Beine stellen. Hier leisten die
                                                   Hombrechtiker Kirchen einen wesentlichen
                                                   Beitrag an der Gesellschaft: Als Christen si-
                                                   cher zunächst einem Auftrag des Evangeliums
                                                   folgend, aber als Staatsbürger nicht weniger
                                                   in der Verantwortung gegenüber den Mit-
                                                   menschen, die bei uns leben – ob Schweizer
                                                   oder nicht. Wie heisst es in der Präambel der
Armutsgrenze. Wie hoch ist die Dunkelziffer?        Bundesverfassung der Schweizerischen Eid-
Bei uns in der Schweiz sind die Schamgrenze        genossenschaft: (es ist) «gewiss … dass die
und die Angst vor Stigmatisierung so gross,        Stärke des Volkes sich misst am Wohl der
dass viele Menschen, die berechtigt wären,         Schwachen …»
schon gar nicht erst Sozialleistungen bean-
tragen.                                            Rolf Bezjak

… bis das Los sie aufruft                          P.S. Die erwähnten 5 Franken, die pro Einkauf
Wer zur Lebensmittelabgabe bei KOSTBAR             zu zahlen sind, gehen vollumfänglich an den
kommt, bringt die Bestätigung mit, dass sie/er     Verein Remar. Das KOSTBAR-Team arbeitet
zum Bezug der angebotenen Ware berechtigt          unentgeltlich. Es ist auf die Unterstützung
ist. Beim ersten Besuch wird der Antrag für        der Kirchen und insbesondere auf Spenden
die Bezugskarte abgegeben. Liegt das Kärt-         angewiesen.
chen vor, kann der «Einkauf» beginnen. Von                                                         Reich gedeckter Tisch.
einer Helferin oder einem Helfer begleitet,
kann aus den vorhandenen Lebensmitteln ge-
wählt werden. Die Menge richtet sich nach der
Anzahl Berechtigter. Eine Familie mit Kindern
erhält einsichtigerweise mehr als eine Einzel-
person. Die Reihenfolge der Bedienung wird
ausgelost, da nicht alle Bezüger die Möglich-
keit haben, schon lange vor der Öffnung der
Ausgabe um 19 Uhr da zu sein. Wer dran ist,
geht Schritt für Schritt, begleitet von einem
KOSTBAR-Teammitglied, an den Tischen mit
den «gluschtig» präsentierten Waren entlang
und wählt seinen Bedarf. Immer streng nach
vorgegebener Menge, damit alle zum Zug
kommen.

Ich empfinde die Stimmung als ruhig und
freundlich, ja fast besinnlich – trotz rechtem
Andrang. Und im Vorraum des «Verkaufs-             Früchte und Gemüse in Hülle und Fülle
lokals» warten Eltern, auch Männer, geduldig
mit ihren Kindern, bis das Los sie aufruft.        Ich treffe bei dem Anlass Heidi. Sie ist – wie auch zwei Frauen aus der
                                                   Ukraine – Bezügerin und Helferin zugleich. Sie kommt aus Deutschland,
Es ist Ende September, Erntezeit: Ein grosses      lebt seit vielen Jahren in der Schweiz und seit 2015 in Hombrechtikon.
Angebot an Früchten und Gemüse ist aufge-          Krankheitshalber kann sie nicht voll und regelmässig arbeiten, zum Leben
tischt. Aber auch die Bäckerei Voland hat mit      reicht es knapp. Sie suche den Kontakt mit Menschen, sagt sie mir. Kaum
den vom Verkaufstag übrigen frischen Back-         nach Hombrechtikon umgezogen, habe sie sich in der Brocki engagiert,
waren aus ihrer Rütner Filiale den Gabentisch      seit Anfang des Jahres hilft sie beim KOSTBAR mit. Das gebe ihrem Leben
reicht bestückt: Brot, Sandwiches, viele Gipfeli   nicht nur eine Struktur, sondern diese Aufgabe erfülle sie mit Dankbarkeit
und Patisserie – verlockende Köstlichkeiten,       und mache Sinn. So möchte Heidi etwas an die Gesellschaft zurückgeben.
die sich die Menschen, die gekommen sind,

                                                                                                                     Thema     11
Coaching und Beratung                                               Kein Aufwand und trotzdem
               Beatrix Kollmann                                        ein volles Portemonnaie.
                         Dipl.-Psychologin,
                Cert. Coach, Aromaexpertin
                                                                       Wir vermieten nach gemeinsam
                                                                       festgelegten Vorgaben.
       Möchtest Du Dein Inneres besser verstehen,
   Deine Ängste, Ärger, Wünsche und auch Blockaden?
       Geht es mit Deiner Karriere, Deinem Leben
            nicht voran? Ständig im Stress?                            GafnerImmo.ch – Stäfa                              Immobilien Vermarktung

   Dann gönne Dir die Zeit für ein Coaching.
   In einer Auszeit wo Du zur Ruhe kommen kannst, lernst Du,
   auf Dein Inneres zu hören und Deine Ängste, Wünsche und
   Widerstände zu benennen, egal ob privat oder beruflich.
   Im Rahmen eines Walk und Talk - Coachings um den Lützelsee
                                                                                 Machen Sie
   oder auch in aller Stille in meinen Räumen üben wir uns in
   Selbstwahrnehmung, tauchen ein in die Selbsterforschung und
                                                                               was Sie wollen ...
   lernen unseren Themen zu begegnen.
   Du lernst Deine Zukunft zu gestalten und zu verändern. Sei dabei.                                                 seit
   Ich freue mich auf Dich.                                                                      ... wir machen it
                                                                                                              s, w as m
                                                                                                 1963 alle               -
                                                                                                        tr o- G eb äu de
                                                                                                  Elek                    t.
                                                                                                                 tu n ha
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                                                                                                                          Telefon 055 244 10 03
                                                                                                                           www.hairsaloon.ch

                                                                       Wochenmarkt Rapperswil
                                                                       Freitags 7.30 bis 11.00 Uhr

                                                                       Wochenmarkt Stäfa
                                                                       Samstags 8.00 bis 12.00 Uhr

                                                                       Hofladen:
                                                                       Hof Breitlen, 8634 Hombrechtikon
    Sonderausstellung                                                  www.demeterhof.ch
    13.08. bis 31.10.2022
    und 01.04. bis 31.10.2023                                          Jürgen Käfer, Biogemüse
                                                                       Hof Breitlen 5, 8634 Hombrechtikon
                                                                       Tel. 055 244 34 00, j.kaefer@bluewin.ch

12 Ährenpost 5/2022
VERSTECKTE FRIEDHOFSKUNST
Der gebürtige Hombrechtiker Bildhauer Paul Speck
hat für Hombrechtikon ein Kunstwerk geschaffen,
das wenig bekannt ist und unsere Aufmerksamkeit verdient.

                                                Der einfache, aber stimmige Bau gefällt mir.
                                                Über den mit kleinen runden Bollensteinen
                                                besetzten Boden schweift mein Blick weiter
                                                über den grünen Rasen, vorbei an steinernen
                                                Skulpturen, prächtigen Bäumen zu den un-
                                                terhalb gelegenen Gräbern. Meine Aufmerk-
                                                samkeit jedoch gilt den Steinskulpturen gleich
                                                vor dem Unterstand. Durch die hohen Bäume
                                                und die Verlegung des neuen Friedhofs auf
                                                die andere Seite scheinen die Skulpturen «Lie-
                                                gender Engel» und «Mädchen mit Kalb» etwas
                                                verloren und vergessen. Das Gesicht des auf
                                                Sockeln liegenden Engels mit geschlossenen
                                                Augen wirkt sehr friedlich und entspannt und
                                                                                                 Markus Thürig.
                                                er bildet mit seinen Armen eine umfassende
                                                Umarmung. Er scheint zu schweben und wirkt
                                                vergeistigt. Engel verstehen wir als Botschaf-
                                                ter einer höheren Wirklichkeit. Sie vermitteln
                                                Liebe und Geborgenheit. Beim zweiten Werk
                                                ist der Stein zwischen dem Mädchen und den
                                                Hinterbeinen des Kalbs durchbrochen. Diese
                                                Skulptur vermittelt etwas Naturverbundenes,
                                                Bodenständiges. Eventuell ein Symbol für das
                                                Irdische? Kaum jemand ahnt, welch bedeu-         «Liegender Engel»
                                                tendes Kunstwerk da vor uns steht. Und es        und «Mädchen mit Kalb».
                                                braucht wohl etwas Hintergrundwissen, um
An einem sonnigen Sommervormittag führt         diese Kunstwerke gebührend würdigen zu
                                                                                                 Ruhehäuschen
mich mein Weg auf den Friedhof Hombrech-        können. Dies möchte ich gerne mit diesen         mit Skulpturen.
tikon. Gemütlich schlendere ich den Kiesweg     Zeilen versuchen.                                Fotos: Andreas Dändliker.
entlang. Der stahlblaue Himmel, nur von
einigen zarten Federwolken verziert, die dun-
kelgrünen mächtigen Tannen und die bunten
Farben des Grabschmucks erfreuen das Auge,
wirken beruhigend, gar etwas meditativ. Wei-
ter vorne, unterhalb der reformierten Kirche,
erblicke ich im Schatten der Bäume, etwas
versteckt und vergessen ein kleines Gebäude.
Aus der Nähe erkenne ich, dass es sich um ei-
nen Unterstand handelt, da er auf zwei Seiten
offen ist und den Ausblick auf den Friedhof
frei gibt. Durch einen bogenförmigen Durch-
gang gelange ich ins Innere des Baus und bli-
cke um mich. Das ziegelbedeckte Giebeldach
mit Sichtbalken, das den Besucher vor der
Witterung schützt, wird getragen von einem
Sichtmauerwerk aus verschiedenfarbigen Na-
tursteinen unterschiedlicher Grösse. Heute
an diesem warmen Sommermorgen genies-
se ich die Kühle, die dieser Raum abstrahlt.

                                                                                                                  Thema 13
Wie kam Hombrechtikon zu diesem
Paul Speck in seinem Zürcher
 Atelier Mitte der 30er-Jahre.   Kunstwerk?
           Foto entnommen.       (gemäss Protokoll Nr. 1791 der Regierungs-
                                 ratssitzung aus dem Jahr 1944 im Zürcher
                                 Staatsarchiv)

                                 – 1944 stellte der Gemeinderat Hombrechti-
                                   kon ein Gesuch um Subvention einer Brun-
                                   nenanlage auf dem Friedhof nach dem Ent-
                                   wurf des Bildhauers Paul Speck.
                                 – Die kantonale Natur- und Heimatschutz-
                                   kommission hob die ausserordentlich ho-
                                   hen Qualitäten des Projekts hervor.
                                 – Die eidgenössische Kunstkommission
                                   schloss sich dieser Meinung an und stellte
                                   eine Bundessubvention in Aussicht.
                                 – Die Kosten für das Projekt wurden vom Kan-
                                   tonsbaumeister auf Fr. 14 500 geschätzt.
                                   Die Gemeindeversammlung bewilligte am
                                   11. Juni 1944 einen Beitrag von Fr. 3000. Der
                                   Bund stellte denselben Betrag an Subven-
                                   tionen in Aussicht und freiwillige Spender in   unserem Dorf. Als 18-Jähriger reiste er nach
                                   Hombrechtikon steuerten weitere Fr. 5500        München, wo er als Schüler des Malers Sta-
                                   dazu bei. Die Restfinanzierung erfolgte          nislaus Stückgold (ein Schüler von Henri Ma-
                                   durch einen Staatsbeitrag, aufgrund des         tisse) lernte. Circa zwei Jahre später begann
                                   hohen künstlerischen Werts des Projekts.        er eine Ausbildung zum Keramiker in den
                                 – Die NZZ schrieb am 17. August 1949: «Eine       «Münchner Werkstätten». Nach Abschluss der
                                   wagemutige Schöpfung der Steinplastik ist       Meisterprüfung übernahm er die Leitung der
                                   nun am 14. August in Hombrechtikon der          Fachklasse und war 1919 Mitbegründer ei-
                                   Öffentlichkeit übergeben worden … Nach-          ner eigenen keramischen Werkstätte. In einer
                                   dem Pfarrer Bäumle, Dr. Peter Meyer und         Gedächtnisschrift schrieb Hans Curjel: «Un-
                                   der Künstler selbst das Ihrige zur Deutung      vergessen bleiben seine einfach geformten
                                   des gar nicht monumental aus der Um-            Gefässe und Platten … Nähme man sie heute
                                   gebung herausgehobenen, sondern har-            zur Hand, man wäre betroffen von der hand-
                                   monisch in die Grünanlage eingegliederten       werklichen Poesie.» Bereits ein Jahr später
                                   Bildwerks beigetragen hatten, fand auf dem      wurde er Leiter der baukeramischen Abteilung
                                   Friedhof die Übergabe der Skulptur an den       der «Grossherzoglichen Majolika Manufaktur
                                   Gemeindepräsidenten E. Kunz statt.»             Karlsruhe». Mehr und mehr wandte sich Paul
                                                                                   Speck der Bildhauerei zu. Im Zuge dieser Ent-
                                 Wer ist Paul Speck?                               wicklung wurde er vorerst als Lehrbeauftrag-
      Elisabeth Leuenberger.
     Foto: Andreas Dändliker.    Paul Speck, geboren am 10. Juni 1896 in Hom-      ter für Bildhauerei an die Landeskunstschule
                                 brechtikon, verbrachte seine Jugendjahre in       Karlsruhe berufen und erhielt dort 1929 eine
                                                                                   Professur für dekorative Plastik. 1933 kün-
                                                                                   digte das Naziregime den Dienstvertrag des
                                                                                   Freidenkers Paul Speck (wie vielen anderen
                                                                                   auch) und vertrieb ihn. Zuflucht fand er in
                                                                                   seiner Geburtsgemeinde Hombrechtikon,
                                                                                   wo er bald wieder Arbeiten in Angriff nahm.
                                                                                   Später wirkte er als Künstler in Zürich und zu-
                                                                                   sammen mit seinem Bildhauerkollegen Pier-
                                                                                   ino Selmoni in Tegna TI. Beide Orte wurden
                                                                                   seine Schaffens- und Lebensheimat. Diese
                                                                                   Zeit widmete er der Kunst im öffentlichen
                                                                                   Raum. Er schuf zahlreiche Werke für Brunnen
                                                                                   und Gartenanlagen (siehe Kasten). Darunter
                                                                                   die Plastiken im Friedhof Hombrechtikon, den
                                                                                   Forel-Brunnen beim Hauptportal des Univer-
Teedose 1924 von Paul Speck
 kreiert (Karlsruher Majolika)                                                     sitätsspitals Zürich, ein Werk im Schulhaus
            Foto entnommen.                                                        Rämibühl und viele mehr.

14 Ährenpost 5/2022
In den 60er-Jahren ging Speck dazu über,
nichtfigurative Werke zu schaffen. Gegen-              Paul Speck – Werke (Auswahl)
ständliche Motive und Symbole des mensch-               1937 Antonius-Altar in der Altarnische auf der Ostseite der St. Karls-Kirche
lichen Körpers fanden in einer neuen freien                  Luzern, (Keramik-Relief)
                                                     1937–39 Kongresshaus-Garten, Zürich
Schaffensweise Form in seinen plastischen
                                                     1938–40 Friedhofanlage Oberkulm
Arbeiten. Speck sagte schon früher: «Figur           1944–49 Friedhofanlage Hombrechtikon
und reine Form sind dasselbe.» Jetzt setzte             1949 Forel-Brunnen vor dem Universitätsspital Zürich
er es in seinen Werken konsequent um. Hans           1952–54 Gartenanlage im Stadtspital Waid, Zürich
Curjel formulierte es in einer Würdigung so:         1952–54 Brunnenanlage Friedhof Seuzach
«Specks Weg von der Figur über eine Abs-                1955 Altar der St. Martins-Kirche, Zuchwil
traktion, welche die Freude am Gegenstand               1959 «Stapel» am See während der Gartenbau-Ausstellung Zürich
nie verlor, zur durchgeistigten, geläuterten            1960 «Pane e Vino», Schulhaus Gutschick Winterthur
                                                     1960–62 «Camino» im Treppenaufgang Schulhaus Rämibühl, Zürich
Figürlichkeit ist persönlich und einmalig. Er
                                                     1961–62 Altar und Vortragkreuz in der St. Johannis-Kirche Döttingen
war beseelt von der Tendenz, ins Herz der Din-
                                                        1962 Eingang mit Brunnen für die Kantonalbank, Zürich
ge, des Wesens, der Vorgänge zu dringen. Er             1965 Grabstätte der Familie Grosse, Pforzheim
hat mit seinen Werken schwer gerungen, sich
immer wieder neue künstlerische Bereiche
erarbeitet und am Schluss in voller Freiheit        Lob…» Über die Beiträge der anderen Redner
über jedes Format, jedes Material und jede          an dieser Feier schrieb er später Folgendes:
Möglichkeit der Gestaltung verfügt. Durch sein      «Die drei Vorredner haben jeder in seiner Wei-
Schaffen stellte Paul Speck die künstlerische        se gut und vorzüglich geredet, aber keiner
Gestalt der Erkenntnis zur Verfügung.»              hat das Wesentliche gesagt, nämlich dass wir
                                                    in erschreckenden Zeiten stehen, aus noch
Sein Name und sein Renommee in der Kunst-           erschreckenderen kommen und in Not sind.
welt strahlten weit über die Schweizer Grenze       Dass wir nicht aus Kunstsinn oder sonstigem
hinaus und ermöglichten ihm Ausstellungen           Übermut zu diesen Figuren kamen, sondern
im Kunsthaus Zürich, an der Biennale in Vene-       aus Kummer.»
dig, im Musée Rodin in Paris und zahlreichen
                                                                                                         «Pane et vino», 1957;
anderen Orten, die lediglich ausgewiesenen          Was sagten die Kritiker? (Eduard Briner              Schulhaus Gutschick,
Künstlern zugänglich waren.                         1949; Zeitschrift «Kunst und Volk»)                  Winterthur.
                                                    «Paul Speck plante einen skulptural ge-              Foto entnommen.
Was meinte der Künstler                             schmückten Ruheplatz für Friedhofsbesucher,
zu seinem Werk?                                     die nicht selten bis zu einer Stunde Weg zu-
«Es ist ein grosses Stück Arbeit mit diesen Stei-   rücklegen mussten, wenn sie das Grab ihrer
nen. Ursprünglich ist der Plan dazu vielleicht      Verwandten aufsuchen wollten. Sechs Jahre
aus Heimatliebe gefasst worden, aber die Aus-       dauerte die Planungsphase bis zur Realisie-
dauer, die die Arbeit dafür forderte, scheint       rung des Projekts. Paul Speck wünschte eine
mir, hat den Grund mehr im tiefen Kummer            offene Anlage mit intimer Ruhehalle. In einer
unserer Zeit.» Tatsächlich war Paul Speck tief      Nische hat Hans Stocker ein kleines Fresko
erschüttert und geprägt vom Elend, der Not          (Pietà) gemalt. Die drei Gestalten der Skulp-
und dem Leid, die der Zweite Weltkrieg der
Menschheit bescherte. «Dem Kummer, dieser
                                                     Paul Speck – Ausstellungen
tiefen Kammer», wie Paul Speck es nannte.
                                                     Kunsthalle Mannheim 1929
An der Einweihungsfeier am 14. August 1949
                                                     Kunsthalle Bern 1935, 1946
sagte er Folgendes: « …Während der Arbeit bin
                                                     Schweizerische Nationale Kunstausstellung 1936, 1956
ich mir oft vorgekommen wie eine Hausfrau,           Schweizerische Landesausstellung 1939
die alles für ein Essen schön herrichtet, so         Kunsthaus Zürich 1940,1949/1950, 1951, 1954
dass es den Gästen recht wohl sein solle und         Plastik im Freien, Biel 1954, 1958
damit sie lange bleiben mögen. Nun haben wir         XXVII. Biennale Venedig 1954
es gerade so gemacht mit der Hütte da unten          XXXI. Biennale Venedig 1962
                                                     Helmhaus Zürich 1955
bei den Figuren. Ich habe versucht, alles schön
                                                     Galleria La Citadella Ascona 1962
herzurichten. Und nun, liebe Zuhörer, das darf
                                                     Musée Rodin Paris 1963
ich sagen, das Plätzchen ist gut geworden, und       Kunsthaus Zürich 1970
ihr dürft dort schon – ob die Figuren euch zu-       Badisches Landesmuseum Karlsruhe 1997
nächst gefallen oder nicht – hie und da etwas        1974 erschien im Nachgang zur Ausstellung 1970 im Kunsthaus Zürich die
länger hocken bleiben. Von den Figuren dürft         Künstler-Monographie «Paul Speck» bei NZN Buchverlag AG Zürich.
ihr sagen, alles, was gut ist daran, hat er abge-
                                                     1997 erschien in der Arnoldschen Verlagsanstalt Stuttgart der Katalog zur
schaut, und alles was schlecht ist daran, hat er     Ausstellung in Karlsruhe «Paul Speck und die Karlsruher Majolika».
selbst gemacht. Ja, das wäre kein schlechtes

                                                                                                                          Thema 15
SCHOTANUS
                                                                                Haus und            Lebensmittel        Exklusive Weine,
                                                                                Garten              Käsespezialitäten   Biere und Spirituosen
                                                                                Pflanzen            Frisches aus der    Haus- und
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16 Ährenpost 5/2022
turen versinnbildlichen das Zusammenspiel         Steinfiguren versinnbildlichte, verständlich zu
der unbewussten Natur, des ahnungsvollen          machen. In kurzen Aufsätzen haben die Kinder
Menschenwesens und der leisen Macht des           das Geschaute festgehalten. Dabei schien es,
Geistigen. Das Skulpturwerk ist harmonisch        als würden Kinder und Künstler einander in ih-
in die herrliche Landschaft eingebettet und       rem Wesen nahestehen, indem beiden die an-
lädt zum Verweilen ein. Von hervorragender        deutende Form schon genügt, um ihr inneres
Schönheit ist auch die Steinbearbeitung, die      Erleben wach werden zu lassen.» Auszüge aus
geglättete und raue Flächen nebeneinander         den Aufsätzen: «Wir sahen den Engel schwe-
setzt, einzelne Formen nur andeutet und den       bend liegen. Er behütet die Hirten und das
Charakter der Steinblöcke naturhaft mitspre-      Kälbchen. Durch das Loch des Engelsflügels
chen lässt.»                                      sieht man den blauen Himmel. Das Kälbchen
                                                  hat die Hirten sehr lieb, es lehnt sich zutraulich
Der Kunstkritiker Fritz Laufer meinte zur Figu-   an sie an.» «Wenn man mit dem Finger auf den
rengruppe in Hombrechtikon: «Es geht Paul         Engelsflügel klopft, gibt es einen leisen Klang.
Speck nicht um ein gewaltsames Verarbeiten        Das Friedhofsmonument gefällt mir gut und
und Umarbeiten des Steines. Es genügt ihm,        ich werde noch viele Male hingehen.»
den Stein aus seiner Stummheit zu erlösen
und ihm eine Sprache zu verleihen, die man        Wie geht es weiter?
fast wieder als ein beredtes Schweigen be-        Noch immer sitze ich im Ruhehäuschen, be-
zeichnen kann.»                                   trachte Paul Specks Steinskulpturen und folge
                                                  meinen inneren Bildern und Gedanken. In den
Im Schweizer «Familien-Wochenblatt» vom           Jahren nach der Einweihung wurde der Unter-
19. November 1949 erschien auch ein Bei-          stand, in dem ich nun sitze, bei schlechtem
trag zur Einweihung der Skulpturen: «Es ist       Wetter auch als «Abdankungshalle» benutzt.
nicht immer leicht, sich beim Betrachten eines    Nachdem vormittags die Familie mit den engs-
Kunstwerkes in die Gedanken des Künstlers         ten Verwandten in der Kirche vom Verstorbe-
hineinzufühlen. Viele Dorfbewohner fan-           nen Abschied genommen hatten, traf sich am
den keinen rechten Kontakt mit dem neuen          frühen Nachmittag die ganze Trauergemeinde
                                                                                                       Skizze von Paul Speck
Bildwerk. Umso bemerkenswerter war der            beim Wohnort des Verstorbenen. Mit Pferd
                                                                                                       zur Friedhofsanlage
Versuch eines Primarlehrers, seinen Dritt-        und Wagen fuhren die Friedhofswärter den             Hombrechtikon, um 1945,
klässlern das, was der Bildhauer mit seinen       Sarg zum Friedhof, zu Fuss gefolgt von der           Tempera. Foto entnommen.

                                                                                                                      Thema 17
ganzen Trauergemeinde, die dem Verstorbe-        geschieht mit den Skulpturen und dem Ruhe-
                                 nen die letzte Ehre erweisen wollte. Schliess-   häuschen, die uns Hombrechtikern gehören
                                 lich versammelten sich die Trauernden um das     und in der Verantwortung der Gemeinde sind?
                                 Grab, oder bei schlechtem Wetter hier beim       Denn sie hat das Projekt in Auftrag gegeben
                                 Unterstand, wo der Pfarrer noch tröstende        und für die Finanzierung gesorgt, wie wir oben
                                 Worte an die Trauergemeinde richtete, bevor      erfahren haben. Im Wissen um die Bedeutung
                                 der Sarg ins Erdreich eingelassen wurde. Im      dieser «Hütte mit den Figuren» (Paul Specks
                                 Laufe der 70er-Jahre wurde dann aufgrund         Worte) erscheint es mir wichtig, diesem Ort die
                                 des aufkommenden Verkehrs auf das Geleit         Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die ihm
                                 verzichtet und Abdankungsfeier und Bestat-       gebührt. Ich hoffe darum und vertraue darauf,
                                 tung zusammengelegt.                             dass für die Pflege der Steinfiguren und den
                                                                                  Unterhalt des Ruhehäuschens gesorgt wird,
                                 Bald ist auch die Grabesruhe der verbleiben-     auf dass der Ort den ursprünglichen Sinn und
                                 den Gräber auf dieser Seite des Friedhofs        Zweck, ein einladender Platz zu sein, der zum
                                 abgelaufen und sie werden aufgehoben. Die        Verweilen einlädt, weiterhin erfüllen kann.
                                 Gemeinde, in derer Zuständigkeit der Fried-
                                 hof ist, wird das Grundstück wieder an die       Elisabeth Leuenberger
                                 reformierte Kirche zurückgeben. Doch was         Markus Thürig

Zeichnung des neunjährigen
Koni Witzig (langjähriger Arzt
          in Hombrechtikon).
            Foto entnommen

           TRA
      EC           Seit 1973                                                           Öffnungszeiten

                   ELECTRA AG
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18 Ährenpost 5/2022
VERSTECKTE ENERGIEFRESSER
Energie ist wie Wasser – kostbar – einfach anders

Wie warm wir uns für den kommenden                sächlich darum geht, den Energie- und Res-
Winter anziehen müssen, steht noch in             sourcenverbrauch zu reduzieren, befasste ich
den Sternen. Dass wir Energie sparen              mich vertieft mit dieser Problematik. Dabei
sollten, war uns aber noch nie so klar            kamen die Ursachen zu Tage, wo die Verwal-
wie jetzt: beim Tanken an der Zapfsäu-            tung am meisten Energie verbraucht und
le, womit die Abhängigkeit von fossilen           damit die Umwelt belastet: Dienstreisen und
Energieträgern in Zusammenhang steht.             Stromverbrauch stehen nach wie vor an ers-
Auch die steigenden Strompreise zeigen            ter Stelle. Das Betreiben von Rechenzentren
uns, dass wir um ein Umdenken im Um-              ist unwahrscheinlich stromintensiv, aber auch
gang mit diesen Quellen nicht mehr he-            dort sind Einsparungen möglich, und zwar
rumkommen.                                        nicht wenige. Auch das Reisen mit der Bahn
                                                  hat sich beim Bund mittlerweile nicht nur he-
Wir haben neben dem Energieverbrauch              rumgesprochen, sondern wird mehrheitlich
noch ein weiteres Problem zu lösen: Bis 2050      konsequent umgesetzt.
                                                                                                     Hans Tobler.
müssen wir unsere Treibhausgasemissionen
auf Netto null reduzieren, wenn wir die not-      Bleiben wir beim Stromverbrauch
wendigen Klimaziele erreichen wollen, um          Wissen Sie, wie viel Strom Sie für ihren Haus-
damit die Klimaerwärmung einigermassen in         halt verbrauchen? Wenn Sie diese Frage mit
den Griff zu bekommen.                             einem Ja beantworten können, sind Sie den
                                                  anderen schon mal weit voraus – weil Sie sich
Über die Auswirkungen des Klimawandels            offenbar Gedanken darüber machen und es
wissen wir eigentlich alle bestens Bescheid,      genauer wissen wollen. Es gibt für den Ver-
wenn wir uns nur an den vergangenen Som-          brauch für einen Haushalt Richtwerte, die
mer erinnern. Klar sind wir hier in der Schweiz   aber davon abhängig sind, wo Sie wohnen,
nicht die Einzigen, die den ökologischen Haus-    wie Sie wohnen und mit wie vielen Personen
halt unseres Planeten überstrapazieren, aber      zusammen. Wie Ihr Haus isoliert ist, welche
wir wollen uns ja nicht mit den Schlechteren      Verbraucher Sie am Stromnetz haben und wie
vergleichen.                                      Sie diese betreiben, sind weitere Variablen.
                                                  Ein Zweipersonenhaushalt in einer Wohnung
Aus meiner früheren Tätigkeit als «RUMBA»-        in einem Mehrfamilienhaus kommt im Schnitt
Berater der Bundesverwaltung, wo es haupt-        auf etwa 2200 kWh pro Jahr, was aber einen
                                                  sehr tiefen Verbrauch beziffert. Eine vier-
                                                  köpfige Familie in einem Einfamilienhaus mit
                                                  Wärmepumpe und allen weiteren möglichen
                                                  Verbrauchern kommt gut und gerne auf 4000
                                                  bis 6000 kWh/a, ob jetzt nur zwei oder mehr
                                                  Personen darin wohnen.

                                                  Wo haben wir beim Strom
                                                  Sparpotenzial?
                                                  Diese Frage wird in den Medien zur Genü-
                                                  ge und mehrheitlich richtig, zum Teil jedoch
                                                  auch unrealistisch, d.h. kaum umsetzbar, be-
                                                  antwortet.

                                                  Was können wir sofort tun? Bleiben wir bei
                                                  den Massnahmen, die nicht so weh tun: De-
                                                  ckel auf die Kochtöpfe und Pfannen ist wohl
                                                  der Klassiker in dieser Disziplin. Alle Verbrau-
                                                  cher, die Licht produzieren, wäre die nächste
                                                  Kategorie: Haben Sie alle Lampen und sons-
                                                  tigen Beleuchter durch LED ersetzt? Das geht       Solar-Wäschetrockner.

                                                                                                                     Thema 19
Sie diese Geräte vom Stromnetz nehmen,
                                                                                wenn diese auch im Standby-Betrieb, ohne
                                                                                Last spürbar warm werden, was aber klar bei
                                                                                Netzadaptern für das Festnetztelefon nicht
                                                                                geht. Drucken Sie nur wenn wirklich notwen-
                                                                                dig auf Papier aus und denken Sie dabei an
                                                                                den letzten Umzug ihres Haushalts. Haben
                                                                                Sie‘s gewusst: Ein einziges A4-Frischfaserpa-
                                                                                pierblatt benötigt unglaubliche 90 Wh (Watt-
                                                                                stunden) Energie für die Herstellung, vom
                                                                                Wasserverbrauch gar nicht zu reden.

                                                                                Was haben wir sonst noch für Geräte
                                                                                im Haushalt?
                                                                                «Die Wäsche trocknet man heute mit einem
                                                                                Tumbler» ist eine weit verbreitete Meinung.
                                                                                Aus heutiger Sicht ist das nicht immer rich-
         Die entsprechende
                               jedoch nicht immer ohne ein paar Elektriker-     tig, wenn man dabei an den Stromverbrauch
   Energieetikette beachten.   tricks, v.a. bei Dimmern und anderen geregel-    denkt. Klar, für einen mehrköpfigen Haushalt
                               ten Steuerungen, aber das geht auch dort. Ja     mit Kleinkindern sieht die Sache anders aus.
                               klar, es kostet etwas, hier umzustellen, aber    Und hier sind wir bereits bei den Elefanten,
                               dafür haben Sie für Jahre «Ruhe im Haus».        wenn man diese von den Mäusen unterschei-
                                                                                den will. Mit den heutigen hochwirksamen
                               Wie steht es mit ihrer Stereoanlage und dem      Waschmitteln kann man sehr gut von 60° auf
                               TV-Gerät? Sind die immer am Strom, auch          40° wechseln, sofern nicht aus gesundheitli-
                               wenn Sie diese gerade nicht in Betrieb ha-       chen Gründen keimtötend heiss gewaschen
                               ben? Ein Mehrfachsteckerbrett (mit Leucht-       werden muss. Wäsche lässt sich auch am
                               schalter) schafft hier Abhilfe, denn der Stand-   «Stewi» an der Sonne oder im Winter in der
                               by-Verbrauch ist nicht zu unterschätzen – also   Waschküche trocknen.
                               nehmen Sie diese Geräte vom Netz v.a. wenn
                               Sie in die Ferien fahren oder nicht dauernd      Auch das Geschirrabwaschen gehört punk-
                               betreiben. Bei Computern ist die Sache etwas     to Energiebedarf zur Kategorie «Elefanten».
                               komplizierter. Monitore und andere Periphe-      Vor allem in einem Einpersonenhaushalt
                               riegeräte, die kaum Zeit benötigen, um aus       lohnt sich eine Geschirrspülmaschine kaum,
                               dem Standby- in den Aktivmodus zu gelangen,      besonders wenn man das verschmutzte Ge-
                               kann man gut über so einen Stromverteiler        schirr eine Woche lang nicht vorgespült in
                               vom Netz nehmen. Den Desktop-Computer            der Maschine lässt. Wer unter dem laufen-
                               schalten Sie besser nicht über diese Stecker-    den Hahnenwasser von Hand vorspült, sollte
                               leiste, jedoch den Laptop und Ihr Handy und      wenigstens den Abguss verschliessen. Mit
                               weitere Geräte dieser Art. Vor allem sollten     diesem noch warmen Wasser kann man gut
                                                                                Kochgeschirr und Rüstwerkzeug mit Zugabe
                                                                                von etwas Handabwaschmittel reinigen. Hier
                                                                                geht so oder so sehr viel Energie den Ablauf
                                                                                runter, v.a. wenn Sie heiss vorspülen. Das sind
                                                                                Vorgänge, die viele fast täglich wiederholen
                                                                                und sich nicht bewusst sind, wie viel Energie
                                                                                da vergeudet wird.

                                                                                Über das richtige Heizen und Lüften im Winter
                                                                                möchte ich mich nicht auch noch substan-
                                                                                ziell äussern, doch zu bedenken geben, dass
                                                                                1 °C tiefere Heiztemperatur etwa 6% weni-
                                                                                ger Energiebedarf bedeutet. Sie entscheiden
                                                                                selber, ob Sie sich im Winter im T-Shirt und
                                                                                kurzen Hosen in der Wohnung oder Haus auf-
                                                                                halten wollen? Die Erkenntnis, dicht verschlos-
                                                                                sene Innenräume durch kräftiges Stosslüften
     Schön, aber doch nicht                                                     zu «spülen», ist allgemein bekannt. Weniger
          die ganze Nacht?                                                      bekannt ist der Spareffekt bei Minustempera-

20 Ährenpost 5/2022
turen, indem man nachts Jalousien herunter-           In diesem Zusammenhang seien als länger-
lässt und Fensterläden v.a. auf der Windseite         fristige Planung in diese Richtung auch ein
schliesst.                                            paar Ideen für die eigene Produktion von elek-
                                                      trischer Energie erwähnt. Die bevorstehende
Um dieses Kapitel «schnelle Massnahmen»               Verknappung der Energie hat in vielen Köpfen
abzuschliessen, sollte man sich auch Gedan-           von Politikern in den letzten Monaten einiges
ken machen, wie viel Energie gefrorene Le-            ausgelöst, nicht nur bei den europäischen Rä-
bensmittel benötigen und ob saisonale und             ten, auch bei unseren Parlamentariern.
frische eine Alternative wären.
                                                      Abschliessend möchte ich Sie noch zu einem
Was man mittel-                                       Gedanken zur nahen Advents- und Weih-
und langfristig tun kann                              nachtszeit anregen. Die Beleuchtung, die auf
Beim Kauf von neuen Geräten für den Haus-             diese Festivitäten aufmerksam macht, ist
halt sollte man auf die neue Energieetikette          feierlich und teilweise wunderschön. Dazu
achten (vgl. Bild). Das gilt v.a. bei Investitionen   trotzdem die Frage: Muss die Weihnachtsbe-
in Gegenstände, die relativ viel Energie be-          leuchtung die ganze Nacht leuchten – oder
nötigen: Haushaltsgeräte, Gartengeräte, aber          genügt es auch, diese erst bei Dämmerung
auch Fahrzeuge. Wer sich heute damit ausei-           einzuschalten und spätestens mitternachts
nandersetzt, ob das nächste Auto ein E-Mo-            über eine Schaltuhr wieder auszuschalten?
bil sein soll oder nicht, tut gut daran, v.a. die     Vor allen und allem würde die schlafende
Vorteile eines elektrischen Fortbewegungs-            Vogelwelt diese Geste gerne und dankend
und Materialtransportmittels zu studieren.            annehmen
Verbrennungsmotoren, die auf fossile Ener-
gieträger angewiesen sind, stellen ein mas-           Hans J. Tobler
sives Umweltproblem dar, um damit auf den
Eingang meines Berichts zurückzukommen.

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