PFARRE ST. MICHAEL MONDSEE
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45. Jg. / 2020-21 / Nr. 3 PFARRZEITUNG PFARRE ST. MICHAEL MONDSEE Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird. (Lk 22, 19f.)
Inhalt dieser Ausgabe Angedacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Jugendmesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Abschiedsmesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Kinderseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Am ersten Tag der Woche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Haben Sie schon ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Was ist Kultur? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Festival Kirch‘Klang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Kaplan Feiyan Xu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Sozialmarkt Mondsee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Pfarrer Reinhard Bell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Sonntag vor 70 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Abschied Kaplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Zum Weltelterntag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Spielräume der Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Katholisches Bildungswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Was den Sonntag zum Sonntag macht . . . . . . . . . . . 24 Kirchenchor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Kleine Dinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Mondseeland hilft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Seelsorge im SWH-Mondsee . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Bogdan Tyshchenko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Willkommensdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Yvonne Marzinke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Altartuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Caritas-Haussammlung 2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Liturgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Taufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Pfarrbücherei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Trauungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Schafbergmesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Die Gabe der Herzensgüte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Gottesdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Wallfahrt nach Altötting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Erstkommunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Jubelpaare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Firmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Wir beten für unsere Verstorbenen . . . . . . . . . . . . . 62 Impressum und Offenlegung gemäß § 25 MedienG: Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Pfarre St. Michael, Mondsee • Pfarrer MMag. Dr. Ernst Wageneder, Kirchengasse 1, 5310 Mond- see, Österreich • T: +43 (0) 6232 4166 • www.pfarre-mondsee.com • Unternehmensgegenstand: Römisch-katholische Pfarrgemeinde Bankverbindung: Raiffeisenbank Mondseeland IBAN AT 51 3432 2000 0000 2493, BIC RZOO AT2L 322 • Blattlinie: Informations- und Kommu- nikationsorgan der Pfarre St. Michael, Mondsee • Es werden keine Beteiligungen an Medienunternehmen oder Mediendiensten gehalten. Verantwortlich: Pfarrer MMag. Dr. Ernst Wageneder • Redaktionsmitarbeiter: Mag. Frank Landgraf, Christl Lettner, Mag. Josef Löberbau- er, Mag. Thomas Rotter, OSR Annelu Wenter, Sophie Wuchse, Theresia Wuchse • Bildnachweis: Sofern nicht angegeben: Pfarre Mondsee, Dr. Leopoldine Swoboda, Alois Ebner, Annelu Wenter, Matthias Winkler • Grafik & Design: Matthias Winkler, www.MAWINATOR.com Hersteller: Salzkammergut Media GmbH, Druckereistraße 4, 4810 Gmunden • Verlagsort: Mondsee • Herstellungsort: 4810 Gmunden Auf die durchgängige Verwendung der weiblichen und der männlichen Form wurde, wenn möglich, aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichtet • Namentlich gezeichnete Beiträge geben die Anschauungen des jeweiligen Autors wieder und decken sich nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers • Satz- und Druckfehler vorbehalten. Herzlichen Dank den Sponsoren für die Finanzierung der Druckkosten der Pfarrzeitung! Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 31. 7. 2021. Später eingelangte Beiträge werden nicht berücksichtigt! 2 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
Angedacht Für einen Menschen, der das Geheimnis lebt S olltest du dich als ein Mensch dass gerade im Fehlen des Geheim- unter vielen Menschen ver- nisses mein Leben durch ein „Du“, stehen, der mit dem inners- ein „Gegenüber“ aufleuchtet. ten Geheimnis seines eigenen We- Dieses innerste Empfingen zeigt sens leben kann, dann darf nun die mir das Geheimnis und lässt es als große Spannung beginnen, dass es Licht leuchten, das mich wärmt und an der Zeit ist, an Gott zu denken. strahlen lässt: unbekümmert und Das innerste Empfinden bleibt als schön! ein Geheimnis bestehen, auch wenn es in den Bewegungen der Emoti- In eben diesem Geheimnis entwirft onen sich auszudrücken versucht sich der Gottesgedanke als eine und nach einer Erfahrung ringt. Es Dynamik, als ein Werden, welches bleibt sich selbst verborgen, jedoch nie endet, als ein Licht für die Welt in der Sehnsucht einer erahnten und für das menschliche Leben. Er Möglichkeit des Empfindens regt ist zugleich ein hoffnungsfrohes es sich und bricht aus sich heraus, Licht, eine Strahlkraft, die den Geist durchbricht den rauen Kern mei- des Menschen nicht blendet. Er ist nes Selbst und wirbelt den Staub, ein Geheimnis, das das Gerüst der der mein Leben verdunkelt, auf, Sprache zwar braucht, aber den- führt mich an die Grenzen meiner noch nicht davon abhängig ist. Die Belastungen, zeigt mir in den un- aktuell gängigsten philosophischen terschiedlichen Horizonten meines Zugänge eines Weltverständnisses, Lebens die Unerreichbarkeit mei- das vom Naturalismus geprägt ist, nes Selbst und lässt mich erahnen, sagen, dass es nur das gibt, was Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 3
sich durch die Erfahrung, besonders durch die wissen- deutlich, wie groß die Sprachlosigkeit über die Religi- schaftliche Erfahrung, erklären lässt. Natürlich gehört osität geworden ist. Die alten kirchlichen Formeln wi- zu einem solchen Verständnis nicht der Gottesgedan- derstehen nur schlecht dem Zeitgeist und trotzen mit ke. Er ist vielmehr ein überflüssiger Fremdkörper im wenig Sachverstand der Auseinandersetzung unserer Konstruktivismus einer menschlichen Sprache. Der Zeit, wenn es um die Frage nach Gott geht. Die Kompe- Naturalismus kann jedoch die Erfahrungswelt nicht tenz der Kirche schwindet, weil sie sich „einigelt“ und beweisen, sondern vielmehr geht er über das sogar hi- „einlullt“ in ihrem ureigenen Kerngeschäft der Offen- naus oder hinweg, was Erfahrungen und wissenschaft- barung Gottes als bloße Interpretin des Wortes Got- liche Erfahrungen uns lehren. Ich möchte dich persön- tes. Sie übersieht dabei fast gänzlich die Komplexität lich ermutigen zu einer Renaissance der Gottesfrage, des Ausdrucks des Geheimnisses und der in ihm leben- die am philosophischen Gottesgedanken festhalten den Sehnsucht des Menschen nach Gott. Die von der will, ohne sich in den Widerspruch zu den Ergebnissen katholischen Kirche beauftragte Sinus-Milieustudie der Wissenschaft setzen zu müssen. hat offengelegt: „Diejenigen haben recht, die von der Verdunstung des Glaubens sprechen. Der Glaube hat in Blicken wir in die verschiedenen Milieus, dann wird der Spätmoderne seinen Aggregatzustand verändert. 4 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
Er ist von einem festen, in kirchlichen Formeln und For- aber es schenkt uns „Ansehen“ – eine Würde –, die men fassbaren, Zustand in einen fluiden oder gar gas- auch immer ein Risiko bleiben wird. Und immer bleibt förmigen übergegangen. Der verdunstete Glaube liegt das Bewegungsfeld einer Dynamik der frei-persönli- buchstäblich in der Luft.“ chen und geheimen Beziehung meiner Menschensee- le mit ihrem Schöpfer. Heute ist von uns ein intensives Heute müssen wir in der religiösen Offenbarung den „Neu-Denken“ der Gottesfrage gefordert und zugleich Weg finden, der es erlaubt, bewusst das zu wählen, ein verändertes behutsames Sprechen von Gott! was im Innersten und Wesentlichsten bereits ist. Ich muss meine Zustimmung und mein Eingeständnis mit- Erfahrungen mit Gott, Visionen und zugleich das Entde- tels des Glaubens in meinem Dasein – in meinem Her- cken von Geheimnissen, die immer auch dennoch Ge- zen – vollziehen. Wenn ich das lebe, dann finde ich zu heimnis bleiben dürfen, rühren uns Menschen an und meiner höchsten Würde, einer Würde jenseits weltli- lassen uns nie an ein Ende kommen. Sie bringen uns auf cher Begriffe und Wertschätzung, und zugleich bleibt einen Weg, der zu Überraschungen, Umbrüchen und wesentlich das Geheimnis meines vollkommenen Mich- Neubeginnen führt. Gerade ob dieser Tatsache sind Entfaltens und Reifens.1 Henri Boulad besticht nun im wir Menschen immer ein Stück weit angespannt, ner- weiterführenden Gedanken mit der Aussage, dass das vös und „kribbelig“. „Ja“ Gottes, welches er gibt, mein Schritt zur vollen Der Alttestamentler Erich Zenger (1939-2010) ge- Menschwerdung ist, meine frei-bewusste Selbstbestä- braucht, dem hebräischen Original entsprechend, die- tigung in meiner tiefsten und persönlichsten Wesens- se Aussage für den sich offenbarenden Gott: „Er ist zone, worin ich die Freiheit durch den Glauben und die da, und er will da sein, so, wie er von seinem tiefsten Geborgenheit in Gottes „Ja“ finde. Dieser Gedanke Wesen her da sein will: nämlich als der, der befreit und Gottes drängt sich niemandem auf, er lässt sich nicht vom Tod zum Leben hinüberführen kann und will.“2 durch die Bahnen der Gehirnströme drängen, mani- festiert sich nicht in der Objektivierung einer Art bio- Hier steckt eine bemerkenswerte Dynamik, die der jü- logischen Stromes. Nein, der Gedanke Gottes drängt dische Religionswissenschaftler Pinchas Lapide (1922- sich niemandem auf, wie jemand auf der Straße lärmt 1997) einmal so erklärt hat: „Ein Wirksam-Sein, ein und auf sich aufmerksam macht, oder wie ein heftiger Quicklebendig-Sein, ein Mit-Sein und ein Sich-Erweisen Sturm, der dreinfährt und alles durcheinanderbringt. …, die allesamt als ein pausenloser Werdegang erfah- Der Gedanke Gottes ist persönlich. Er geschieht frei ren werden. […] Es gehört zu Gottes dynamischem We- und bewusst, indem er mit unserer Zustimmung wei- sen, dass es im Werden ist und sich im innerweltlichen terlebt oder unsere Verweigerung ihm gegenüber ak- Wirken äußert.“3 Die heute notwendige Offenheit und zeptiert. Doch sagt dies nichts über die Wirklichkeit Unbegrenztheit kommt dem Nach-Gott-Ausschau- des Gottesgedankens aus! Das Geheimnis Gottes bleibt Halten sehr hilfreich entgegen. Unsere eigenen kon- den Erfahrungswelten von uns Menschen entzogen, 2 Vgl.: Christian Kuster, Gott, wo bist du? Erinnerungen an Gott, 2014, 1 Vgl.: Henri Boulad, Dimensionen der Liebe. Persönliche Aufzeich- S. 57. nungen; übersetzt von Hidda Westenberger,41999, S. 73. 3 Ebd., S. 57. Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 5
kreten Erfahrungen mit Gott müssen neu, in Freiheit Greifbares, und doch erweist er sich als Fata Morgana, und entgegen kirchlicher Lehrmeinungen ins Gespräch wenn wir ihn fassen wollen. Wenn wir uns fortbewe- kommen. gen, bewegt sich auch der Horizont. Sobald wir auch nur einen kleinen Hügel erklimmen, weitet sich unser Pierre Teilhard de Chardin, französischer Jesuit, Pa- Horizont, aber er bleibt eine Begrenzung und wird nie- läontologe, Anthropologe und Philosoph (1881-1955) mals zu einem Ding, das man zu greifen vermag.“ Es hält andererseits fest: „Der lebendige und fleischge- bleibt uns nicht nur, uns ein geduldiges Ausharren in wordene Gott ist nicht weit von uns. Er ist nicht außer- Bezug auf Gott eingestehen zu müssen, sondern viel- halb der greifbaren Sphäre. Er erwartet uns vielmehr mehr die Dynamik der Nichtverfügbarkeit als ein Ge- jederzeit im Handeln, im Werk des Augenblicks. Er ist heimnis, das uns Menschen antreibt, uns immer selbst gewissermaßen an der Spitze meiner Feder, meiner im Geheimnis zu Gott zu sehen, der mit uns die Täler Hacke, meines Pinsels, meiner Nadel - meines Herzens, und Hügel, das Dunkle und Lichte und das Wahre und meines Gedankens.“ Es gibt „für einen, der zu sehen Falsche durchlebt. Diese nichtpersonalen Metaphern versteht, auf der Welt kraft der Schöpfung … nichts können das heilige Geheimnis besser umschreiben als Profanes“. 4 Die profanen, weltlich-nüchternen Spra- persönliche Bilder, wenn es darum geht, uns im säkula- chen (etwa Naturwissenschaften) sind geeignet, religi- ren Raum zu bewegen. Heute begegnen die Menschen, öse Inhalte darzustellen wie sakrale Sprachen. Jedoch die Glauben lernen oder sich damit auseinandersetzen sind die sakralen Sprachen heute dem Bewusstsein wollen, den persönlichen Bildern mit Skepsis und zum der Zeitgenossen mehr und mehr fremd geworden. Er Teil auch mit Argwohn und Ablehnung, da sie darin sieht geradezu eine Notwendigkeit, religiöse Inhalte in eine menschliche Projektion erkennen und damit Gott profanen, weltlichen Sprachen vorzustellen, wenn der menschengestaltig aufzufassen ist. Gottesglaube nicht in der Sprachlosigkeit der tradier- ten religiösen Floskeln und theologischen Leerformeln Mit diesen Gedanken will ich Sie nun weiter auf den verloren gehen soll. Weg bringen, sich mit der Offenbarung Gottes zu be- schäftigen, sich auf Gott einzulassen und dabei niemals Erich Fromm (1900 – 1980), ein deutsch-US-amerikani- zu vergessen, dass es ein spannender Weg werden scher Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsycho- wird, der Sie über Ihre Grenzen des Denkens hinaus- loge, beschreibt Gott in seinem Buch „Psychoanalyse führt und in eine ganz neue Weise der Erfahrung mit und Religion“ als „ein Symbol für alles, was im Men- Gott bringt. schen liegt und was dennoch der Mensch nicht ist; ein Symbol einer geistig-seelischen Realität, die in uns zu Es könnte sein, dass Sie die Aussage machen: „Gott sei verwirklichen wir streben können und die wir den- Dank!“ noch niemals beschreiben oder definieren können. Gott gleicht dem Horizont, der unserem Blick Grenzen setzt. Dem naiven Gemüt erscheint dieser als etwas Eine gesegnete Zeit wünscht Ihnen allen 4 Ebd., S. 58. Pfarrer Ernst Wageneder 6 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
Abschiedsmesse mit Pfarrer Ernst Wageneder, Kaplan Johannes und Schwester Gerarda L iebe Pfarrgemeinde, mit Dankbarkeit und Zu- 150 Jahre lang prägten die Schwestern der Franziska- versicht sehen wir dem Pfarrerwechsel am 1. nerinnen das Leben im Mondseeland – im Kranken- September in Mondsee entgegen. 16 Jahre lang haus, in der Volksschule, im Kindergarten und im Al- prägte und bereicherte Pfarrer Ernst Wageneder das tersheim waren die fleißigen und fürsorglichen Hände Leben in unserer Pfarre. Seine quirlige, umtriebige Art, der Schwestern nicht wegzudenken. Mit Schwester seine Eloquenz, seine Belesenheit, seine Fähigkeit, Gerarda verlässt nun die letzte Schwester der Franzis- mit Jung und Alt auf einer Wellenlänge zu kommuni- kanerinnen Mondsee. Bis zuletzt verrichtete sie zahl- zieren, seine Mut und Freude zusprechenden Worte reiche, wertvolle Dienste für die Pfarre. Ihre eiligen für angehende Ehepaare, seine Worte des Trostes und Schritte prägten das Straßenbild von Mondsee. Ihre der Stärkung im Angesicht von Krankheit und Tod von Bescheidenheit und ihr Humor waren beeindruckend. Mitmenschen, ja das und vieles mehr zeichnet Ernst Wir werden sie sehr vermissen. Wageneder aus. Auch mit Kritik an manchen Irrwegen von Kirche und Politik hielt er nicht hinter dem Berg. Auch Kaplan Johannes Feiyan Xu, der fernöstliches „Wir sind eine christliche Gemeinschaft, die froh und Flair in die Pfarre brachte, wird in der Diözese andern- beherzt, frech und weltzugewandt Jesu Wort lebt und orts dringend gebraucht. Auch ihm gilt unser Dank, weitererzählt“, war einer der Leitsätze unseres Pfar- sein freundliches Lachen und seine herzliche Art wer- rers. den uns fehlen. Ernst Wageneder war in den letzten Jahren schon ein Wir feiern die Abschiedsmesse mit Pfarrer Ernst Wa- Suchender. Er ließ immer wieder durchblicken, dass er geneder, Kaplan Johannes und Schwester Gerarda am sich noch einmal eine große Veränderung wünscht, Festtag Mariä Himmelfahrt, den 15. August um 10 Uhr einiges hat sich wieder zerschlagen, mit seiner neuen in der Basilika. Den neuen Pfarrer Reinhard Bell begrü- Stelle in der Erzdiözese Salzburg erfüllt sich für ihn je- ßen wir dann am Sonntag, 5. September um 14 Uhr. Zu doch ein Traum, mit dem er alle seine vielfältigen Ta- beiden Festen ist die gesamte Pfarrgemeinde herzlich lente einsetzen kann und wird. Wir wünschen ihm für eingeladen. seine neue Aufgabe alles Gute und Gottes Segen! PGR-Obmann Klaus Hager Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 7
Am ersten Tag der Woche seid alle fröhlich! In der syrischen Lehre der Apostel heißt es im nicht auf, sondern wird vielmehr erfahren im gemein- 3. Jahrhundert, dass wir alle fröhlich sein sol- samen Singen und Sprechen der Gebete und führt hin- len am ersten Tag der Woche. In der sich von ein in das Hören des Wortes Gottes, worin wir unsere unserer westlichen Liturgie unterscheiden- gemeinsame Sprache und das gemeinschaftliche Le- den maronitischen Liturgie singt der Diakon ben erfahren. Die Freude hat mit einem lauten Gefühl am Anfang der Messe: „Gelobt sei der, der nichts gemein. Die Freude des Glaubens im Leben von den großen Tag des Sonntags über alle Tage uns Menschen ist vielmehr ein inneres Leuchten, ein in- erhoben hat. Himmel und Erde, Engel und neres Strahlen. Diese Freude ist nicht nur einfach Spaß Menschen geben sich der Freude hin.“ oder Lust, sondern eine in sich ruhende Kraft und eine erlebbare Leichtigkeit, worin Gleichgewicht zu erfah- ren ist, das die Qualität des Lebens hebt. Wenn wir als D iese himmlische Freude soll in der Gemein- Christen am Sonntag das Wort Jesu hören, weckt es schaft der Gläubigen leben. Sie sollen sich er- in uns die Freude an Gott und an seinen wundervollen heben und der Freude in der Feier des Gottes- Werken. Jede Verkündigung des Wortes Gottes zielt dienstes Ausdruck verleihen. Diese Freude drängt sich darauf hin, dass die Hörenden Freude an Gott finden. Nach der gemeinsamen Feier des Sonntagsgottesdienstes sollten möglichst alle mit Freude im Herzen nach Hause gehen. Die Grundmelodie unseres Glaubens In uns Menschen lebt eine unbe- schreibliche Sehnsucht, die immer wieder, selbst in den allergrößten Glücksmomenten im Leben, da ist. Auch wenn wir noch so glück- lich sind durch Reichtum, Ansehen und Glückserfahrungen, wollen wir immer noch mehr und, dass diese 8 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
Momente des Glücks niemals aufhören. Wer die Erfah- Schmerz, Not und Angst des Herzens gar nichts weiß; rung gemacht hat, dass tief in seinem Inneren ein un- dies hat keinen Bestand und kann nur für Augenblicke stillbarer Durst nach Freude da ist und nach Liebe, der betäuben. Die Freude Gottes ist durch die Armut der hat die Freiheit erfahren und die Sehnsucht nach einer Krippe und die Not des Kreuzes gegangen; darum ist unbegreiflichen Weite. Ich erfahre das immer wieder sie unüberwindlich, unwiderleglich. Sie leugnet nicht als eine Grundmelodie des Glaubens, in der Gott durch die Not, wo sie da ist, aber sie findet mitten in ihr, ge- mich durchtönt und durch die alles mit Leben erfüllt rade in ihr, Gott; sie bestreitet nicht die ernste Sünde, wird, durch die es zu blühen beginnt und die Bewe- aber sie findet gerade so die Vergebung; sie sieht dem gung des Lebens seinen Beginn findet. Am Sonntag Tod ins Auge, aber sie findet gerade in ihm das Leben. wird Gott erfahren in der Gemeinschaft der Gläubigen Um diese Freude, die überwunden hat, geht es. Sie al- - der Gott, der uns erschaffen hat, nicht um uns zu quä- lein ist glaubwürdig, sie allein hilft und heilt.“1 len, sondern weil er uns seine Freude schenken will. Die Erfüllung dieser tiefen Sehnsucht nach Freude finden Am Sonntag erinnern wir uns als Christen an diese wir in keiner noch so großen Freude dieser Welt. Ich Freude, die uns trägt und Leben schenkt. Wir halten darf sie in Gott finden, da er die Fülle meines Lebens Ausschau nach Gott, um ihn zu bitten bei uns zu sein, ist, die meine Sehnsucht stillt und mich wunschlos ihm zu danken für die kommende Woche, ihn zu loben glücklich macht schon in dieser Welt. Die Freude ist die und zu preisen für die Gabe des Lebens. Sehnsucht, die im Herzen von uns Menschen lebt. Sie ist das Empfinden der ursprünglichen Einheit mit Gott Die Vorfreude auf das Kommende – wie im verloren gegangenen Paradies. Diese mensch- den Himmel liche Sehnsucht nach Freude verweist auf Gott selbst. Um diese Freude zu erfahren, muss es in einem selbst Die Freude wird mir nicht geraubt innerlich geworden sein, um den leisen Klang dieses Wortes überhaupt zu hören. Dietrich Bonhoeffer rede- Sollte die Welt meinem Leben zustimmend oder gar te davon, dass die Freude von der Stille lebt und vom ablehnend entgegentreten, sollte ich der Welt nicht Unbegreiflichen, da das Begreifliche nie Freude macht. entsprechen und sie sich mir feindlich zeigen, sollte mir Für ihn ist das Unbegreifliche das Wahre, das Wirkliche, die Schönheit verblassen und der Sinn nach Erfüllung das Lebendige, woran sich die Freude entzündet. Für des Lebens schwinden, auch wenn mir aller Reichtum ihn ist die echte Freude immer etwas Unbegreifliches. entzogen würde, all das kann mir die Freude nicht rau- Daher ist es einleuchtend, wenn wir Christen am Sonn- ben. In den tiefsten und hässlichsten Erschütterungen tag die „Himmelfahrtsfreude“ leben. Hier wird von meines Lebens bleibt sie, die Freude, bei mir! Dietrich Christi Erhöhung über alle Welt und von seiner Wieder- Bonhoeffer sagt: „Bei Gott wohnt die Freude, von ihm kunft geredet und gesungen. Christus selbst begegnet kommt sie herab und ergreift Geist, Seele und Leib, uns am Sonntag, er selbst begegnet seiner freudig und wo diese Freude einen Menschen gefasst hat, dort greift sie um sich, dort reißt sie mit, dort sprengt 1 Jørgen Glenthøj, Ulrich Kabitz und Wolf Krötke, Dietrich Bonhoef- sie verschlossene Türen. Es gibt eine Freude, die von fer, Konspiration und Haft 1940-1945, DBW Band 16, S. 373. Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 9
wartenden Gemeinde im Sakrament. Diese Freude ist tagskultur. Das Erlebnis der gemeinsamen Feier des verhalten, da ihr die Welt Angst macht und auch das Sonntags in einem Gotteshaus, das sollen wir draußen fehlerhafte Verhalten der Menschen. Dennoch muss zeigen, damit die Welt entflammt wird für die Freude festgehalten werden, dass sie – die Freude – da ist und an Gott, die unsere Kraft für das Leben ist. Durch die diese Freude erwartet wird von den Christen, die des Feier des Sonntags kommen Menschen mit der Kirche Nachts wachen und Ausschau halten bei brennenden in Berührung und je nachdem, ob und wie sie begeis- Kerzen, bis Christus kommt. Bonhoeffer hält fest, dass tert werden, bleiben sie dauerhaft oder kommen nur die Christusfreude in der Welt die Vorfreude ist und ab und zu! Wäre es nicht eine wunderbare Aufgabe, dass es keine größere Freude geben kann als die in der sich für die Kultur des Sonntags verantwortlich zu füh- Erwartung der letzten Dinge. Denn Jesus Christus, den len? Die Eltern und Kinder für ihre familiäre Sonntags- wir nicht sehen, aber dennoch liebhaben, wird kom- kultur, die politische Gemeinde für die Förderung der men, um uns zu sich zu rufen und um mit uns Mahl zu Erholungskultur und die Pfarrgemeinde für die „erhe- halten im himmlischen Hochzeitssaal!2 benden“ Feiern, die uns entflammen für die Freude an Gott, die uns alle in den Alltag hineinführt. Die Sonntagskultur Liebe Pfarrgemeinde Mondsee, liebe Urlaubsgäste Wir müssen als sonntägliche Feiergemeinde immer „in- und alle, die im Tourismus tätig sind! niger“ zusammenwachsen, dem gemeinsamen Feiern Von Herzen wünsche ich eine gesegnete Sommerzeit mehr Raum geben, um miteinander im gemeinsamen und wunderbare Erholung sowie Freude bei der Arbeit Hören und Beten das Verbindende zu erleben. Der und mit den Gästen! Sonntag muss vorbereitet werden in der Vorfreude auf die Zusammenkunft, in der Vorfreude auf den gemein- Kommen Sie und feiern Sie den Sonntag in der Basilika samen Sonntag. Mit allen Sinnen zu feiern und für das Mondsee mit! Göttliche zu sensibilisieren, sind Merkmale einer Sonn- Ihr Pfarrer 2 Carsten Nicolaisen und Ernst-Albert Scharffenorth, Dietrich Bon- hoeffer, Berlin 1932-1933, DBW Band 12, S. 458. Ernst Wageneder Öffnungszeiten im Pfarrbüro der Pfarre St. Michael, Mondsee Montag bis Freitag von 8.00 bis 11.30 Uhr 10 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
Was ist Kultur? Brauchen wir für das 21. Jahrhundert noch Kultur? Kultur ist das Element, in dem wir leben. Sie ist: „Kunst und Kultur haben eine herausragende Be- ist wie das Wasser für den Fisch - in der Weise, deutung für die Gesellschaft. Sie spiegeln gesellschaft- wie ein Fisch erst dann spürt, dass er Wasser liche Debatten wider, sie bieten Reibungsflächen zur braucht, wenn er nicht mehr darin schwimmt. Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit, sie weisen Wir leben und atmen durch die Kunst! über das alltägliche Geschehen hinaus. Kunst und Kul- tur sind Ausdruck des menschlichen Daseins. Die Aus- einandersetzung mit Kunst und Kultur verweist auf die Vergangenheit und den Umgang mit überbrach- D er Begriff „Kultur“ wird vom lateinischen Wort ten Werten, sie hat zugleich eine zukunftsgerichtete „colore“ abgeleitet und bedeutet „bebauen, Dimension und beinhaltet Visionen einer künftigen bestellen, pflegen“. Auf unser Leben übertra- Gesellschaft. Im Umgang mit Kunst und Kultur zeigen gen bedeutet dies auch die Art und Weise, wie wir als sich also die Diskurse der Gesellschaft. Kunst und Kul- Menschen unser Leben gestalten und pflegen. Die Kul- tur wird eine herausragende Bedeutung für die gesell- tur kommuniziert durch die Sprache, die Musik, den schaftliche Entwicklung beigemessen. In einer multi- Gesang, durch das Verhalten. Sie ist nach der Definiti- ethnischen Gesellschaft gewinnen Kunst, Kultur und on des Duden „die Gesamtheit der geistigen, künstleri- kulturelle Bildung eine zunehmende Bedeutung, um schen und wissenschaftlichen Leistungen, die ein Volk Integration zu befördern und die positiven Elemente und/oder eine Epoche charakterisiert“. Sie ist die Ver- kultureller Vielfalt herauszustellen. […] Für jeden ein- wirklichung des Menschen und wird für unser Leben zelnen Menschen sind Kunst, Kultur und kulturelle Bil- nicht nur charakteristisch, sondern sie ist das Element, dung wesentlich. Kulturelle Bildung eröffnet neue Wel- in dem wir leben, und zwar in der Weise wie ein „Fisch“, ten, sie bietet die Möglichkeit der Auseinandersetzung der erst dann spürt, dass er Wasser braucht, wenn er mit sich selbst und mit der Kunst. Kulturelle Bildung ist nicht mehr darin schwimmt. Somit darf zum Ausdruck eine der Voraussetzungen für individuelle Kreativität gebracht werden, dass die Kultur für uns Menschen und eigenes künstlerisches Schaffen.“ wie „Wasser für den Fisch“ ist. Wir leben und atmen durch die Kunst! Die Kultur führt uns Menschen zusammen und lässt uns gemeinsam in aller Unterschiedenheit zusammen- Der Deutsche Kulturrat hat im Jahr 2010 eine kurze stehen. Sie bietet Verständigung an zwischen den Na- und prägnante Antwort darauf gegeben, was Kultur tionen und verwurzelt Leben. Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 11
Die Sonntagskultur Die „Allianz für den Sonntag“ des 21. Jahrhunderts Seit der Gründung der österreichischen Allianz für den Am 3. März 2021 wurde der staatliche Sonntagsschutz freien Sonntag vor rund 20 Jahren werde „für den Er- 1700 Jahre alt. Dies ist ein Grund, um die Bedeutung des halt dieses letzten verbliebenen freien Tages für mög- Sonntags erneut in den Blickpunkt zu nehmen. Der ge- lichst viele Menschen in Österreich gekämpft“. Dieses meinsame arbeitsfreie Sonntag wird als Tag der Christen, Eintreten für den Sonntag fördert unsere Lebensge- als Tag des Herrn und als Tag für den Menschen gefeiert meinschaft und schenkt uns den Atem des Lebens, das und immer noch hoch geschätzt. Doch die zunehmen- Feuer in unserem Herzen und ist für uns wie der Lun- de Sonntagsarbeit und Ökonomisierung bedrohen den genflügel, den wir brauchen, um überleben zu können! Sonntag. Der Sonntag ist der Tag der Befreiung Viele von uns im Mondseeland sagen: „Gott sei Dank, es ist Sonntag!“ Der Sonntag ist für uns Menschen et- Viele Menschen leben heute unter Zwängen und leiden was Besonderes. Er ist ein Tag der Familie, eine Zeit für zunehmend an dieser bedrohlichen Lebenssituation. das Miteinander, ein Tag der Entspannung und der Ru- Sie bemängeln ihren Zustand und können dennoch hezeit, der Erholung, und die Jugend sagt: „Ich chille nicht ausbrechen aus den vielen Zwängen und Pflich- meine Basis.“ Der Sonntag ist ein Tag der christlichen ten, die ihnen auferlegt worden sind. Wir müssen uns Kirchen und Gemeinschaften. An diesem Tag rückt tagtäglich um unsere Existenzsicherung kümmern, um auch die Gesundheit in den Vordergrund. Der Sonntag den Erhalt unserer Familie, unseres Besitzes und Anse- ist ein Tag der Solidarität, des liebevollen Umgangs und hens. Daher hören wir sehr oft den erleichterten Stoß- der Achtsamkeit füreinander, da wir einander in unse- seufzer: „Endlich ist Sonntag.“ ren Häusern besuchen. Wir gehen mit Aufmerksamkeit Blicken wir ein wenig auf die Geschichte der Befreiung zu unseren kranken und alten Mitmenschen. Durch des Volkes Israels aus der ägyptischen Fronarbeit und unsere Gemeinschaft mit ihnen zeigen wir ihnen un- Knechtschaft, den Ursprung des jüdischen Sabbats! sere Wertschätzung und bringen unseren Dank für ihr Dasein zum Ausdruck. Wenngleich der Gottesdienst- Der Gott JAHWE spricht zu Mose: „Ich habe das Elend besuch sehr stark zurückgegangen ist und die Sonn- meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Kla- tagsarbeit zunimmt, müssen wir uns eingestehen, dass ge über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne sein dieser Tag nicht nur wichtig ist, sondern dass wir den Leid. Ich bin herabgestiegen, um es aus der Hand der Sonntag für unser „Überleben“ brauchen. Wir werden Ägypter zu entreißen.“1 Dieses Ereignis findet 1300 erst dann merken, dass wir ihn nötig brauchen, wenn Jahre vor Christus statt. Daraufhin feiert Israel auf er uns fehlt, wenn er uns abhandengekommen ist. Der dem Weg ins Gelobte Land in der Wüste das große Sonntag ist bedroht durch die Ökonomisierung! Fest der Väter, den Sabbat des Herrn als ewiges Fest der Befreiung. Für uns Menschen des 21. Jahrhunderts, Darum geht mein Ansinnen in diesem Aufsatz darauf hin, dass wir unseren Sonntag gemeinsam schützen! 1 Exodus 3,7-8. 12 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
denke ich, hat diese Befreiung die Bedeutung der Erin- gegen die vielfältige Versklavung, sondern wir holen ei- nerungskultur zum einen, ist zum anderen jedoch auch nen tiefen Atemzug an diesem Tag, um gestärkt in die ein Einstehen für die Manifestation der Befreiung aus kommende Woche gehen zu können. der Versklavung durch den Druck und die Zwänge, die wir Menschen uns aufbürden! Wir leiden zusehends Wir Christen tanken an diesem Tag auf und nehmen alle durch die „Selbstversklavung“. In der Medizinethik Menschen mit hinein in die Kultur des Sonntags – ob stellen sich vielfach Fragen danach, wann Menschen gläubig oder nicht gläubig – da wir doch alle zusammen ihre Selbstbestimmung verlieren bzw. ob und wann sie leben, um uns gemeinsam den Kraftstoff der Liebe für auf sie verzichten dürfen. Der Einzelne wird „Sklave“ die Woche zu holen. Papst Franziskus sagte, dass der seines „Herrn“! Er unterwirft sich, bringt sich in eine Sonntag ein Tag der Heilung der Beziehungen sei, der vollständige fremde Verfügungsgewalt und übereig- Beziehung zu mir selbst, der Beziehung zur Welt und net sich, inklusive zentraler Rechte, wie etwa der kör- der Beziehung zu Gott. perlichen Unversehrtheit oder des Rechts auf freie Entscheidung. Von dieser Unterwerfung müssen wir Der Sonntag ist ein Tag des Dankens uns befreien. Sie zerstört unser Leben, da wir einander und der Wertschätzung für die Welt. abhängig machen. Am ersten Tag der Woche wollen wir Christen das Lob Jahrhunderte später feiert Jesus Christus, der selbst Gottes feiern. Wir wollen uns der Liebenswürdigkeit durch und durch Jude war, vor seinem Kreuzestod und der großen Taten Gottes nicht nur erinnern, son- dasselbe Paschafest der Juden mit seinen engsten Ver- dern sie uns vergegenwärtigen. Dieses Lob Gottes ist trauten. Jesus, der Sohn Gottes, gibt sich hin für die für uns wie die Luft, die wir zum Atmen brauchen und Schuld und Sünde der Welt und befreit die Menschheit wie das Pochen des Herzens, um zu leben. Wir Men- von der Macht des Todes und den Übergriffen des Bö- schen erholen uns am Sonntag. Doch nicht nur der sen. Mensch! Die gesamte Schöpfung soll ausruhen dürfen. Von neuem wird uns durch den Sonntag bewusst, dass Heute verkörpert der Sonntag die Bedeutung der uni- wir Verantwortung für die Schöpfung haben, da auch versalen Befreiung des Menschen, der Freiheit von sie sich erholen muss. ausbeuterischer Arbeit, der Befreiung von Schuld und Sünde, der Unterwerfung durch zweite oder gar drit- Gönne dir Zeiten, te, der Befreiung der Selbstverurteilung und der Be- zu denen du einfach freiung vom Selbstgericht des Menschen. Gott selbst nicht erreichbar bist! ist im Kommen, um uns Menschen zu erlösen von den Strukturen des Bösen. Der Sonntag als Tag des Herrn endlich abschalten, mahnt die Kultur der Muse ein, die Kultur der Unbe- endlich nichts tun, kümmertheit, weil wir alle unsere Sorgen auf den endlich für mich sein, Herrn werfen dürfen. Wir legen unsere Hände nicht in endlich Feierabend, den Schoß, so als ob wir nichts unternehmen könnten endlich Sonntag Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 13
Der Sonntag wird mehr und mehr geschätzt als ein Tag –, schon lange verstorben ist. Als Pfarrer von Mondsee des Abschaltens, als ein Tag der Nicht-Erreichbarkeit habe ich versucht, diese Weite und Tiefe der Gemein- und als ein Tag, um den Kopf freizubekommen. schaft der Menschen als Christen untereinander vor- zuleben. Oftmals wurde ich angeklagt ob meiner Of- Wie kam es zum Sonntag? fenheit und theologischen Weite, doch das Interesse am Glauben der Kirche in unserer Gemeinde Mondsee Der Sonntag war nicht immer Sonntag. hat sich dennoch verstärkt. Hab keine Angst, mit Men- Es dauerte einige Jahrhunderte, bis der schen zusammenzuleben, die den Glauben der Kirche Sonntag zum Sonntag wurde. Den kritisch hinterfragen, zum Teil auch ablehnen und der Christen wurde der Sonntag als ar- Kirche feindlich gegenüberstehen! Lebst du das Ge- beitsfreier Tag geschenkt durch die bot der Hingabe, wie es Jesus uns vorgelebt hat, dann staatliche Gewalt. Erst am 3. März wirst du viele Menschen befähigen, den Glauben an des Jahres 321 nach Christus mach- Jesus Christus anzunehmen. Hier erkenne ich den heu- te Kaiser Konstantin für das römi- tigen Missionsauftrag und die Taufsendung der Kirche. sche Reich den „dies solis“, den Tag der Sonne, zum Staatsfeiertag. Im Haben wir den Mut und die Stärke, eine missionarische Edikt 2 des Kaisers Konstantin heißt Kirche zu werden, um die Menschen für die Freude am es: „Alle Richter, Stadtleute und Ge- Glauben zu gewinnen, damit sie die Zuversicht erlan- werbetreibenden sollen am vereh- gen, die Hürden und Herausforderungen, die Dramatik rungswürdigsten Tag der Sonne ruhen.“ und die Geworfenheit des Lebens zu bewältigen! Der Seit dieser Zeit ist der Sonntag in den christlich Glaube der Kirche bestärkt die Menschen, da sie in ihr geprägten Ländern der wöchentlich wiederkehrende einen Raum der Heilung und der Stärkung erfahren. Feiertag! Die frühen Judenchristen gedachten des In der Feier der Eucharistie ist kein Sabbats und hielten ihn als Ruhe- und Mensch ausgeschlossen, es sei denn, je- Friedenstag ein. mand schließe sich selbst aus, weil er sich als elitär, nicht erlösungsbedürftig Im Alltag von uns Christen hat die Erinnerung an Jesus und nicht erlösungsfähig versteht. Christus einen besonderen Wert erhalten. Wir schöp- fen aus dem Lesen der Heiligen Schrift und aus der Fei- Dieser Satz klingt immer noch in mir nach, obgleich er der Eucharistie Kraft und Zuversicht. Schon im Alten mein Professor für Dogmatik, Lothar Lies – ein Jesuit Testament dürfen wir dieser Erinnerung gedenken, wo Gott vom Ruhetag spricht und diesen Tag den Men- 2 Ein Edikt (von lat. edicere „verordnen“, „bekanntmachen“) be- schen ans Herz legt: zeichnet im römischen Recht öffentliche Erklärungen des Magist- rats, besonders die der Prätoren zu Grundsätzen der Anwendung des Rechts (Rechtsschutzverheißung) während ihrer Amtszeit. Spä- „8Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! 9Sechs Tage ter wurden damit auch Gesetze des Kaisers bezeichnet. darfst du schaffen und all deine Arbeit tun. 10Der siebte 14 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. in Alexandria), durch Ignatius von Antiochia (um 110 in An ihm darfst du keine Arbeit tun: du und dein Sohn Asien), durch Justin den Märtyrer und durch Irenäus und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin und von Lyon (um 180) dieser Tag als ein besonderer Tag dein Vieh und dein Fremder in deinen Toren. 11Denn in bezeugt: sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erde und Meer ge- ■■ „Wenn ihr aber am Herrentag zusammen- macht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte kommt, dann brecht das Brot und sagt er. Darum hat der Herr den Sabbat gesegnet und ihn Dank, nachdem ihr zuvor eure Übertretun- geheiligt.“ (Exodus 20,8–11) gen bekannt habt, damit euer Opfer rein sei.“ Didache (zwischen 80 und 180) Dieser Ruhe- und Gebetstag wurde von den Heiden- ■■ „Deshalb begehen wir auch den achten Tag [den christen im Gedenken an die Auferstehung Jesu Christi Sonntag, den ersten Tag der neuen Woche] in Freu- auf den dies solis verlegt. Weil die Auferstehung nach de, an dem auch Jesus von den Toten auferstanden den Evangelien am dritten Tage nach der Kreuzigung und, nachdem er sich geoffenbart hatte, in den Him- Christi, das heißt nach dem Sabbat, erfolgte, wurde mel aufgestiegen ist.“ Barnabasbrief, Alexandria (um dieses Tages von den Heidenchristen als des „Tags des 100) Herrn“ gedacht. ■■ „Sie pflegten sich an einem bestimmten Tage vor In vielen romanischen Sprachen lebt diese Bezeich- Sonnenaufgang zu versammeln, Christus als ihrem nung heute noch als Name für den Sonntag fort: Das Gott einen Wechselgesang zu singen […] Hernach französische Dimanche, das italienische Domenica und seien sie auseinandergegangen und dann wieder zu- das spanische Domingo leiten sich von dies dominicus sammengekommen, um Speise zu sich zu nehmen bzw. dies dominica, der lateinischen Übersetzung des […]“ Plinius, Kleinasien (um 110) griechischen kyriake heméra, ab. ■■ „An dem nach der Sonne benannten Tage findet die Allmählich entwickelt sich die Bedeutung des Sonn- Zusammenkunft von allen, die in Städten oder auf tags als eigenständiger Feier- und Ruhetag. Bereits für dem Lande herum weilen, an einem gemeinsamen den Beginn des 2. Jahrhunderts wird durch die Dida- Ort statt. Es werden die Aufzeichnungen der Apos- che (Datierungen zwischen 80 und 180 nach Christus), tel und die Schriften der Propheten vorgelesen, so- später auch durch Plinius, den Barnabasbrief (um 100 weit es die Zeit erlaubt. Wenn dann der Vorleser auf- Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 15
gehört hat, hält der Vorsteher eine Ansprache, in der tiererischer Gruppen verkommen lassen dürfen, da wir er ermahnt und auffordert, diesen schönen Lehren ansonsten der Kirche den Auftrag zu Mission und Taufe und Beispielen nachzufolgen. Sodann stehen wir alle nehmen. Wir sollten nicht selektieren und aussondern, zusammen auf und schicken Gebete zum Himmel * sondern vielmehr ermutigen und fördern, mit uns als für uns selbst […] und für alle anderen auf der gan- Christen die eucharistische Gabe zu empfangen. Die zen Welt, auf dass wir würdig werden, […] auch in Gabe des Brotes will dazu führen, die konfessionellen Werken als gute […] Menschen und als Beobachter Widerstände zu überwinden, um zu dem einen Gast- der Gebote befunden zu werden, um so das ewige mahl des Herrn zu kommen. Heil zu erlangen. Nachdem wir die Gebete beendet haben, grüßen wir einander mit einem Kusse. Dann Die Gemeinschaft der Kirche lädt zur Feier der Eucha- wird dem Vorsteher der Brüder Brot gebracht und ristie ein, da die Sehnsucht und die Freude, mit Gott ein Becher mit einer Mischung von Wasser und vereint zu sein, groß und beglückend ist. Somit kön- Wein. Dieser nimmt es, sendet durch den Namen nen wir keine Eigenbrötler sein, da uns die Eucharistie des Sohnes und des Heiligen Geistes Lob und Preis in eine universale Essensgemeinschaft aufnimmt.3 Wir zum Vater aller Dinge empor und verrichtet eine lan- werden zu „eucharistischen Kosmopoliten“ verwan- ge Danksagung dafür, dass wir dieser Gaben von ihm delt oder zu „eucharistischen Kumpanen“4 , die sich um gewürdigt wurden. Ist er mit den Gebeten und der den Tisch des Herrn versammeln, um miteinander das Danksagung zu Ende, stimmt das ganze anwesende Brot des Lebens zu teilen. Volk ein, indem es spricht: Amen. Nachdem der Vor- steher die Dankhandlung vollbracht und das ganze Der Gottesdienst der Christen am Sonntag will hinaus- Volk eingestimmt hat, reichen die Diakone, wie sie wirken in die Welt, und er will vor allem unsere alltägli- bei uns heißen, jedem Anwesenden vom dankgeseg- chen Beziehungen verwandeln. Es gewinnt nicht mehr neten Brot und vom mit Wasser vermischten Wein die Tendenz der Absonderung und der Trennung die zum Genuss dar und bringen davon auch den Abwe- Oberhand, sondern wir alle werden ermutigt, mitein- senden.“ Justin der Märtyrer, Rom, erste Apologie ander zum Heil der Welt zu wirken, damit Friede und (um 150) Gerechtigkeit die Welt erfüllt. Diese eucharistische Speise ist für alle Menschen be- Wir gehen am Sonntag in die Kirche, um uns zusam- reitet, nicht nur für die Anwesenden, sondern auch men vor Gott hinzustellen, ihm zu dienen und den Se- für die Abwesenden. Das Wesen der Eucharistie, von gen zu empfangen, damit wir den Menschen hilfreich sich aus niemanden auszuschließen, ist im universa- zur Seite stehen können, weil wir uns von Gott getra- len Heilstod Christi begründet und dadurch auch im gen wissen. universalen Heilswillen des dreieinigen Gottes. Nicht Gottes Begehren, mitten unter uns Menschen zu sein, neuartig, sondern biblisch fundiert und durch die Tra- dition der Kirche immer wieder neu in die jeweilige Zeit 3 Kurt Koch, Bereit zum Innersten. Für eine Kirche, die das Geheimnis übertragen, bedeutet dies für uns heute, dass wir die lebt, Herder 2003, S. 51. eucharistische Speise nicht zur Speise elitärer und sek- 4 Ebd., S. 52. 16 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
nicht nur bei mir, sondern bei seinem ganzen Volk, zeigt ern, sondern es muss die Quelle in Christus erfahrbar seine Liebe für dieses von ihm gerufene Volk: „Ich wer- werden, die unseren Durst löscht! de mitten unter ihnen sein, für immer mein Heiligtum errichten, und bei ihnen wird meine Wohnung sein. Ich Jesus Christus, der uns trägt, den tragen wir in unseren werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.“5 Händen und wir erheben ihn in unserer Personmitte – im Herzen – zu Gott, der uns antreibt, durch ihn zum Der Tag des Brotes und des Weines Heil der Menschen zu leben. Das Brot und der Wein las- sen die Welt immer wieder neu aufatmen und Freude Am Sonntag feiern wir uns nicht als Gemeinschaft schöpfen für ein Miteinander in Gott, der alles zusam- selbst, sondern, dass wir durch Gottes Geist eingela- menhält. den sind, teilzunehmen an seiner Gemeinschaft. Hier geht es nicht nur ausschließlich um qualitätsvolles Fei- 5 Exodus, 37,26b-27. Pfarrer Ernst Wageneder Kaplan Feiyan Xu nimmt Abschied von Mondsee Von Herzen danke ich unserem Kaplan Feiyan ter und Wesen. Seine Liebe zur Liturgie und Theologie Xu für seinen Einsatz als Pfarrseelsorger in als Ausdruck und Form der Begegnung Gottes mit den unserer Pfarre Mondsee. Seine ausgezeichne- Menschen waren für mich sehr bereichernd. Dankbar te Sprachfähigkeit, seine Liebenswürdigkeit bin ich als Pfarrer für seine Offenheit und Bereitschaft und Bescheidenheit trugen dazu bei, dass er zum gemeinsamen Austausch innerhalb einer Kirche, zu einem sehr beliebten und gern gesehenen die sich in den Kulturen und unterschiedlichen Traditio- Kaplan in Mondsee wurde. Wir alle haben ihn nen in ihrer Vielfalt zeigt. mit dem Namen Johannes angesprochen. Für deine neue Aufgabe wünschen wir dir weiterhin viel Freude und Gesundheit! Natürlich freuen wir uns J ohannes war in seiner Ruhe und Ausgeglichen- immer wieder über einen Besuch von dir bei uns in heit immer auch ein guter Gesprächspartner im Mondsee. Seelsorgeteam. Seine Konzentration auf Ausge- glichenheit und Dankbarkeit gehört zu seinem Charak- Pfarrer Ernst Wageneder Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 17
Pfarrer Reinhard Bell Liebe Leserinnen und Leser der Pfarrzeitung von Mondsee! Wenn ihr jetzt die Sommerausgabe der Pfarr- sagt, bis Ostern zeitung in Händen haltet, ist die Zeitspanne eine Entscheidung bis zu meinem Neubeginn in Mondsee nicht zu treffen. In die- mehr lange. Ich bitte um Verständnis, erst ser Phase kam der mit Beginn meines Amtsantrittes im Sep- Wunsch der Verant- tember meine Aufgabe voll wahrnehmen zu wortlichen für die können, da in meinen bisherigen Pfarren St. Pfarre und auch der Martin und Lacken bis zum letzten Tag sehr Diözese, dass ich bei der Bewerbung mit anderen Pries- viel zu tun ist. So sind z.B. viele Einzel-Taufen, tern in Mondsee dabei sein solle. Nach dem Hearing ist die coronabedingt bisher verschoben wur- die Wahl auf mich gefallen, das hat mich sehr gefreut den, nachzuholen. Auch was einen möglichen und geehrt. Nicht gerechnet habe ich damit, dass mein Nachfolger für mich anbelangt, ist alles völlig Propst, Johann Holzinger, mich für Mondsee zur Ver- offen. So kommt jetzt noch vieles zusammen fügung stellen würde, zumal wir für unsere eigenen und ein lang fälliger Urlaub wird auch wichtig, vielen Pfarren viel zu wenig ordensangehörige Priester um dann mit Schwung in Mondsee beginnen haben. zu können. Jetzt sind wahrscheinlich Erwartungshaltungen, Hoff- nungen, vielleicht auch Ängste vorhanden, ob es mit I ch wurde von mehreren Seiten ersucht, zu erklären, dem „Neuen“ gut geht. Natürlich ist das für euch in wie denn mein Weg nach Mondsee zustande ge- Mondsee, besonders für diejenigen, die mit der Pfarre kommen sei. Dass ich Pfarrer von Mondsee werden mitleben, aber auch für mich, spannend. Ein lieb ge- darf, ist mir im wahrsten Sinne des Wortes „zugefal- meinter Gedanke dazu: Vielleicht ist es gar nicht so gut, len“. Schon lange ist bei mir ein Veränderungswunsch viele Erwartungen aufkommen zu lassen – von euch da. Welche Pfarre man bei uns Augustiner-Chorherren und auch von mir nicht. Das erste Sakrament, das wir von St. Florian letztendlich bekommt, entscheidet der als Christinnen und Christen empfangen, ist die Taufe. Propst mit seinem Leitungsteam. In den letzten 1 ½ Sie bedeutet die Aufnahme in die Gemeinschaft der Jahren waren viele Pfarren, die zum Stift St. Florian ge- Glaubenden, die zu Jesus gehören, der die Menschen hören, wie z. B Vöcklabruck mit Regau, im Gespräch. bedingungslos annimmt, also „Ja“ zu jedem Getauften Im Februar dieses Jahres hat mir mein Propst zuge- sagt. „Angenommen sein ohne Bedingungen“ ist die 18 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
Voraussetzung für einen guten Start, z.B. bei einem laubt mir für meinen Start in Mondsee diesen Vergleich Kleinkind. An ein Baby kann ich keine Erwartungen mit dem Kleinkind! Es braucht das vorurteilsfreie, „be- oder Bedingungen für meine Zuneigung knüpfen, z.B.: dingungslose“ Annehmen gegenüber mir als neuem „Ich liebe dich, mag dich, nehme dich an, wenn du in Pfarrer und von mir euch gegenüber als neuer Pfarr- der Nacht durchschläfst, nicht schreist oder möglichst gemeinde (jedes Einzelnen). Wenn wir einander anneh- nicht in die Windeln machst!“ – Solche Bedingungen men, haben wir einen guten Start, und eine Entwick- würden nicht funktionieren. Ein Baby will angenom- lung in die richtige Richtung ist möglich wie bei einem men und bedingungslos geliebt werden, um sich gut Baby. Ich will euch voll annehmen und grüße euch von entwickeln zu können, also einen guten Start im Leben Herzen, der „Neue“. zu haben. So ist die Kindertaufe ein für mich wunder- bares Beispiel für das bedingungslose Angenommen- sein von Seiten Gottes uns Menschen gegenüber. Er- Pfarrer Reinhard Bell Abschied Kaplan Mondseeland, ich muss dich verlassen Dankbar bin ich dafür, dass ich ein Jahr als Ka- am Irrsee bin ich spa- plan in der Pfarre Mondsee arbeiten durfte. zierengegangen und Ich habe viel in der Pastoral in verschiedenen habe viele Menschen Bereichen gelernt und viele neue Erfahrungen kennengelernt. gemacht. Mut habe ich, weiter den Weg zu gehen, den Z ufrieden bin ich mit meinem Leben, dass ich Gott mich führt und auf nach meinem Studium hierhergekommen bin dem er mich begleitet. und in Mondsee ein neues Leben in der Praxis als Seelsorger beginnen konnte. Zufrieden bin ich auch Ich wünsche Euch allen mit mir selbst, denn ich habe das Schwimmen erlernt, Gottes Segen und alles den Führerschein erworben, mit dem Rad die Gegend Gute! erforscht. Ich bin auf den Mondseeberg, den Kolo- mansberg und auf die Drachenwand gewandert. Auch Euer Kaplan Johannes Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 19
Spielräume der Freiheit Statement bei der Pressekonferenz zum Kirch’Klang Festival Salzkammergut 2021 23. April 2021, Bischofshof Linz durch ihren Erwerbsfleiß geschaffen haben“ (ebd.) Ne- ben den Vertretern der staatlichen Gewalt muss man laut Smith noch viele andere Berufe in die Gruppe der unproduktiven Arbeiter einreihen: „Zum einen Geistli- A dam Smith (1722–1790) 1 unterscheidet zwischen che, Rechtsanwälte, Ärzte und Schriftsteller aller Art, einer „Arbeit, die den Wert eines Gegenstan- zum anderen Schauspieler, Clowns, Musiker, Opern- des, auf den sie verwandt wird, erhöht“ und sänger und Operntänzer“ (ebd.) einer Arbeit, „die diese Wirkung nicht hat. Jene kann als produktiv bezeichnet werden, da sie einen Wert Smiths Beobachtungen sind von erstaunlicher Aktu- hervorbringt, diese hingegen als unproduktiv“ (272). alität. Natürlich – und das wird von Smith auch nicht So vermehrt ein Fabrikarbeiter den Wert des Rohma- bezweifelt – tragen viele unproduktive Arbeiten direkt terials, das er bearbeitet, um den Wert des eigenen und indirekt zur Sicherung und Erhöhung des Lebens- Lohns und den Gewinn des Unternehmers, seine Ar- niveaus bei. Dies gilt für das Bildungs- und Gesund- beit ist also produktiv. Dagegen erzeugt die Arbeit heitswesen ebenso wie für Kultur und Sport. Dennoch: beispielsweise eines Dienstboten nirgendwo einen sol- Die produktive Arbeit ist und bleibt die Grundlage und chen Wert: „Wohlhabend wird also, wer viele Arbeiter Voraussetzung für die Möglichkeit – oder den „Luxus“ beschäftigt, arm hingegen, wer sich viele Dienstboten – unproduktiver Arbeit. Nur solange es Menschen gibt, hält“ (272). Von entscheidender Bedeutung ist nun die die „herstellen, kaufen und verkaufen“, können auch Beobachtung Smiths, dass „auch die Arbeit einiger Menschen bezahlt werden, die Kinder unterrichten, angesehener Berufsstände in einer Gesellschaft, wie die Kranke pflegen, die Geige spielen oder die versu- die des Dienstboten, unproduktiv ist.“ (273) Zu diesen chen, einen Ball ins Tor zu schießen. „angesehenen“, aber unproduktiven Berufsständen gehören nach Smith der Herrscher samt seinen Beam- Ist die Kultur „systemrelevant“ oder können bzw. müs- ten, denn „sie alle dienen dem Staat und leben von ei- sen wir im Notfall auch auf sie verzichten? Die Kultur- nem Teil des Ertrages, den andere Leute übers Jahr hin förderung wurde meist mit zwei Argumenten begrün- det: Kultur sei eine Art „Lebensmittel“ und Kultur sei 1 Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung sei- ein Wirtschaftsfaktor. In der Pandemie habe sich nun ner Natur und seiner Ursachen, hg. mit einer umfassenden Würdi- gung des Gesamtwerkes von Horst Claus Recktenwald, München gezeigt: „Die Kultur ist im Notfall weder Lebensmittel 2009. noch Wirtschaftsfaktor. […] Die Sache sei am Ende die: 20 Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3
Niemand braucht Kultur zum Überleben. Außer diejeni- gen, die sie machen.“2 Im Spielraum der Freiheit, Dietrich Bonhoeffer (1906–1945) „Kultur ist der Spielraum der Freiheit.“ Dieser Satz wohl auch ein Christ sein, aber ob er ein voller Mensch wird Dietrich Bonhoeffer zugeschrieben. In dieser ist (und insofern auch ein Christ im vollen Umfang des Form kommt er bei Bonhoeffer so nicht vor. Es geht Begriffes), ist mir fraglich.“ in diesem Brief an Eberhard Bethge vom 23. 1. 1944 um Bonhoeffer meint, dass der „Spielraum der Freiheit“ die theologische und soziologische Einordnung der in der preußischen Welt von Pflicht und Gehorsam Freundschaft.3 Bonhoeffer versteht Freundschaft als gegenüber Ehe, Arbeit, Staat und Kirche ganz zurück- einen Unterbegriff des Kultur- und Bildungsbegriffs. getreten ist. Und er meint, dass allein von der Kirche Zu „göttlichen Mandaten“, die in den Bereich des Ge- ein Verständnis für den Spielraum der Freiheit (Kunst, horsams gehören, zählen für ihn Staat bzw. Obrigkeit, Bildung, Freundschaft, Spiel) wiederzugewinnen ist, Ehe bzw. Familie, Arbeit und Kirche. „Ehe, Arbeit, Staat auch wenn das nicht der historischen Emanzipation und Kirche haben ihr konkretes göttliches Mandat, der Kunst von der Religion entspricht. Er will die „äs- wie steht es aber mit Kultur und Bildung?“ „Ich glau- thetische Existenz“ im Sinne von Sören Kierkegaard be nicht, dass man sie (die Freundschaft) einfach dem nicht aus dem Bereich der Kirche verweisen, sondern Arbeitsbegriff unterordnen kann, so verlockend das in gerade in ihr neu begründen. „Wer kann denn z.B. in vieler Hinsicht wäre. Sie gehört nicht in den Bereich des unseren Zeiten noch unbeschwert Musik oder Freund- Gehorsams“. Das hat überaus weitreichende Folgen, schaft pflegen, spielen und sich freuen? Sicher nicht denn es ordnet die gesamte Kultur und die gesamte Bil- der ‘ethische‘ Mensch, sondern nur der Christ. Gera- dung in den Bereich der Freiheit ein. Wir sind also nicht de weil die Freundschaft in den Bereich der Freiheit zur Kultur und zur Bildung angehalten (mandatiert), (des Christenmenschen!?) gehört, muss man sie allem sondern diese vollenden uns, sie erst machen uns in Stirnrunzeln der ‚ethischen‘ Existenzen gegenüber zu- aller Freiheit zu vollen Menschen.“ Bonhoeffer entwi- versichtlich verteidigen.“4 Bonhoeffer traut also der ckelt die Idee eines „Spielraums der Freiheit“, „der alle Kultur nicht einfach zu, sich als Spielraum der Freiheit drei Bereiche der göttlichen Mandate umgibt“. Und die zu vermitteln. Er meint schließlich, allein aus dem Be- Kultur wäre eben ein Teil innerhalb dieses Spielraums reich der Kirche ließe sich der Spielraum der Freiheit der Freiheit: „Wer von diesem Spielraum der Freiheit verstehen. Der Satz, allein aus dem Bereich der Kir- nichts weiß, kann ein guter Vater, Bürger und Arbeiter, che ließe sich der Spielraum der Freiheit verstehen, mag rein theoretisch theologisch seine Berechtigung 2 Dirk Peitz, Das Eine-Milliarde-Euro-Baby, in: Zeit online 20.06.2020; haben, empirisch verifizierbar ist er aber ganz und gar https://www.zeit.de/kultur/2020-06/kultur-corona-hilfe-konjunk- nicht. Der Spielraum der Freiheit ist doch eher dem turpaket-monika-gruetters-analyse 3 Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung. Briefe und Auf- zeichnungen aus der Haft. 2. Aufl. München 131985, 102f. 4 A.a.O. 103. Pfarrzeitung der Pfarre St. Michael, Mondsee, 20/21-3 21
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