Von der Hauslacke zur Aquakultur - Über Geschichte, Bedeutung & Gefährdung unserer Teiche - Flora Deutschlands
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GEWÄSSER ÖKO·L 42/3 (2020): 19-35 Von der Hauslacke Prof. Michael HOHLA zur Aquakultur Über Geschichte, Bedeutung & Therese-Riggle-Straße 16 A-4982 Obernberg am Inn Gefährdung unserer Teiche m.hohla@eduhi.at Abb. 1: Attraktiver Teich in Ranshofen/Braunau – mit Blutweiderich Abb. 2: Idyllischer Teich in Schlag/Lohnsburg – ein privates (Lythrum salicaria) in Vollblüte als Blickfang! Paradies am Rande des Kobernaußerwaldes. Seit Urzeiten siedelt der Mensch mit Vorliebe am Wasser. Auch wenn es dort hin aquatische Lebensgemeinschaften und wieder sehr gefährlich sein kann, hat er doch in Summe wesentlich mehr beherbergen. Ausdauernde Wasser- Vorteile. Einem Biber gleich staut der Mensch Bäche, hält das Wasser zu seinem pflanzen oder Arten, die mehrere Nutzen zurück oder leitet es zu sich. Und wohnt er nicht direkt am natürlichen Jahre zu ihrer Entwicklung benötigen, Wasser, so hat er es doch gerne in seiner Nähe. Regen-, Sicker- und Quellwässer können sich in gelegentlich aus- werden in Teichen gesammelt und dienen dem Menschen und seinen Tieren. trocknenden Tümpeln (österr. auch: Teiche sind vermutlich so alt wie die Sesshaftigkeit. Lacken) oder regelmäßig entleert werdenden Teichen nicht entwickeln. Was der Mensch in der Vorzeit noch im Sinne des Biedermeiers (Abb. 2). im Kleinen betrieb, macht er heute Dort wird nach Herzenslust gestaltet Von Seen spricht man bei aus- im großen Maßstab: Er schafft riesige und gespielt, während draußen die dauernden Stillgewässern ab einer Gerinne, verlegt und staut große Flüs- Welt immer schwerer fassbar und Wassertiefe von 5 bis 7 Metern und se, ganz nach Belieben oder wie er es bedrohlicher erscheint. Teiche im einer stabilen thermischen Schich- für nötig hält. Er scheut dabei auch Garten sind etwas Beschauliches, ja tung. Weiher sind weniger tief und nicht davor zurück, ganze Orte und fast Intimes. Teiche von heute sind haben keine dauerhafte thermische Täler zu fluten. Der moderne Mensch Spiegelbild unseres Wohlstands. Und: Schichtung. Weiher sind oft bis zum Teiche sind – nach den vielen Einträ- Gewässergrund mit Wasserpflanzen baggert, sprengt und betoniert sich bewachsen (Pott u. Remy 2000). heute in die Herzen der letzten großen gen in den Internetforen zu schließen Flusslandschaften! Ein Jammer! und auch nach meinem Gefühl – oft So einfach ist die Sache jedoch nicht, Männersache! wie das Beispiel des gar nicht tiefen Thema dieser Publikation sollen je- Neusiedler Sees zeigt. Es gibt also doch nicht die großen Gewässer oder auch Flachwasserseen. Auch bei der See – Teich – Tümpel – Weiher? die globalen Probleme der Mensch- Unterscheidung von Teichen und heit sein, sondern unsere Teiche Weihern gibt es fließende Übergänge, Für viele verwirrend sind die verschie- (Abb. 1) vor Ort und ihre Bewohner sprachliche Verwirrung und terminolo- denen Bezeichnungen von Stillgewäs- im Pflanzen- und Tierreich. Teiche gische Ungenauigkeiten. So manche sern: See, Teich, Tümpel, Lacke und sind heute die Seen des „kleinen Löschteiche – vor allem sogenannte Weiher. Was ist was? Worin liegen die Mannes“. Während sich die Seeufer „Himmelsteiche“, die nur durch das Unterschiede? bei uns über weite Strecken in pri- Regenwasser gespeist wurden – trock- vatem Besitz befinden und öffentlich Grundsätzlich kann man Stillgewässer nen im Sommer gelegentlich aus. nicht mehr zugänglich sind, haben nach ausdauernden und vorüberge- Nach der Definition wären sie also sich viele Menschen mit kleinen henden Gewässern einteilen. Seen keine Löschteiche gewesen, sondern Teichen ihr persönliches Paradies ge- und Weiher führen ganzjährig Wasser Löschtümpel. Und Baggerseen sind oft schaffen. Es sind Rückzugsorte ganz und können dauerhaft eigenständige keine 5 Meter tief, also Baggerweiher? ÖKO·L 42/3 (2020) 19
Abb. 3: Historische Karte der Schacherteiche aus dem Stiftsarchiv Abb. 4: Wasserschloss Aurolzmünster – erbaut ca. 1700 – im Kremsmünster. Foto: P. Amand Kraml stimmungsvollen Herbstaspekt. Abb. 5: Schloss Katzenberg mit Fischteichen – Aquarell, unsigniert, Abb. 6: Die Wassernuss (Trapa natans) – hier 2005 in West-Ungarn, eventuell Josef Michael Kurzwernhart, um 1850. Csörötnek, in einem Altarm der Raab – war in Oberösterreich ver- Privatbesitz: Hugo und Katharina Zimmerer mutlich ein Kulturrelikt. Foto: Gergely Király Mittelalter, größere Teichanlagen den gerne Teiche angelegt (Abb. 8). Klosterteiche dann zu Beginn der Neuzeit. Im Stift Solche Teiche, wie jene beim Schloss Kremsmünster ließ bereits im Jahr Reichenthal, beim Schloss Wein- Beim Thema „Fisch“ wird man rasch 1555 Abt Gregor Lechner (1543– berg oder beim Schloss Katzenberg an die Fastenzeit denken und an die 1558) die drei großen Schacherteiche (Abb. 5), haben früher zur Versorgung vielen Schlemmerbuffets mit Fisch- graben (Abb. 3 u. 22). Sie dienten der Herrschaften gedient. spezialitäten am Aschermittwoch. Beim Thema „Fastenzeit“ fällt mir hauptsächlich der Zucht von Karpfen, Man weiß heutzutage oft nicht mehr, persönlich nicht nur der Fisch ein, Hechten und Krebsen. Noch heute welche Pflanzen hierzulande vor lan- sondern auch die berühmte Geschich- werden diese Teiche zur intensiven ger Zeit kultiviert wurden. Eine solche te der Biberspeisen in den Klöstern Fischzucht genutzt und jährlich zum historische Kulturpflanze dürfte bei (Abb. 52), da der Biber ja als Tier des Ausfischen abgelassen (P. Franz uns die Wassernuss (Trapa natans Wassers den Fischen gleichgesetzt Schwab in Kraml 1996 und Kraml – Abb. 6) gewesen sein. Deren sta- war und er außerdem einen kahlen, 2001). chelige, stärkereiche Frucht wird auch schuppigen Schwanz besitzt. als „Seenuss“ oder „Wasserkastanie“ Wasserschlösser bezeichnet (Fischer u. a. 2008). Sie Teiche hatten früher viele Funktionen, kommt heute in Österreich im Osten sonst hätte man sie nicht gegraben Teiche im weiteren Sinn sind auch die und Südosten vor. Zwei der vier bis- und erhalten. Der Nutzen musste den Wassergräben um Wasserschlösser herigen Nachweise der Wassernuss in Aufwand übersteigen. Werte wie (Abb. 4). Sie dienten anfänglich zum Oberösterreich wurden in historischen Schönheit und ökologische Bedeu- Schutz bei Angriffen. Zu den schöns- Teichanlagen gemacht: im Teich un- tung waren angesichts des täglichen ten und typischen Wasserschlössern terhalb der Ruine Schaumburg und Kampfes um die Existenz im Großen der Spätrenaissance in Österreich im Teich bei Schloss Neuhaus, nahe und Ganzen lange Zeit kein Thema. zählt das Schloss Aistersheim (gebaut Geinberg (Abb. 7). Die Wassernuss ist Die ersten Fischteiche der Klöster ca. 1600). Aber auch in unmittelbarer seit mehr als einem halben Jahrhun- entstanden hierzulande im späten Nähe von Schlössern und Burgen wur- dert in Oberösterreich verschollen, 20 ÖKO·L 42/3 (2020)
das heißt, die Gewässer sind noch da, aber die Pflanzen nicht mehr (Hohla u. a. 2009). Lösch- und Eisteiche In den Städten und Dörfern kam es regelmäßig zu Bränden und nicht sel- ten brannten ganze Häuserzeilen oder Ortsteile ab. Um dagegen gewappnet zu sein, legte man große Löschteiche an, die von Bächen gespeist und von der Bevölkerung im Sommer zum Baden und im Winter zum Eisstock- schießen und Eislaufen (Abb. 8) genutzt wurden. Dort konnten die Abb. 7: Teich beim Schloss Kinder auch schwimmen lernen, im Neuhaus/Geinberg – einst Gegensatz zu den Kindern am Land, Wuchsort der Wassernuss denen es an dieser Möglichkeit meist (Trapa natans) – heute mangelte. Mit Sicherheit wurden in Angelteich mit diesen Teichen auch Fische gehalten. Karpfenbesatz. Auch aus anderen Gründen konnte Abb. 8: „Kronbergerteich“ man diese Teiche brauchen, etwa wie am Fuß des Schlosses in Raab und Obernberg am Inn, bei Starhemberg in Haag denen es sich um sogenannte Eis- am Hausruck – dürfte bereits im 15. Jahrhun- teiche handelte (Abb. 9). Im Winter dert angelegt worden schnitt man mit Sägen große Eis- sein – wurde 1958 blöcke heraus und brachte sie in die trockengelegt. nahen Bierkeller. Das Eis wurde zum Foto: Archiv Kühlen von Bier verwendet, aber auch Sabine Greifeneder vom Metzger zur Wurstproduktion genutzt (Lindlbauer 2007 u. Norbert Schlosser, E-Mail). Abb. 9: Einstiger Eis- teich in Obernberg In der Stadt Mattighofen findet man am Inn, aufgelassen ebenfalls Teichanlagen. Sie wurden kurz nach 1920, von der dort ansässigen Lederfabrik später Betriebsge- von 1830 bis 1991 zur Ablagerung lände, jetzt privat von Klärschlämmen aus dem Abwas- – Obernberg hat- ser verwendet. Lange Zeit hinweg te einst 7 Brau- ereien, die Eis wurden die problematischen Schläm- zum Kühlen des me landwirtschaftlich genutzt (sic!), Bieres brauch- seit 1980 (bis 1991) sind immerhin ten! noch 62 000 m3 angefallen. Diese Ablagerungen stellen heute eine er- Foto: Archiv Herbert Fürst hebliche Gefahr für die Umwelt dar (Altlastenportal 2020). Stau- und Mühlteiche Durch das Stauen von Bächen ent- standen bereits sehr früh Stauteiche, deren Wasser für den Antrieb von Mühlen, Ölstampfen (Abb. 10), Pa- piermühlen, Sägewerken, Hammer- schmieden genutzt wurde. Kraftwerke zur Stromerzeugung errichtete man erst im 20. Jahrhundert an den Bä- chen, oft an den Orten alter Mühlen und Wehranlagen. In Waldgebieten wurde ebenfalls Wasser gestaut und zwar mittels Klausen zum Triften von Holz. Die Rosenhofteiche in Sandl (Abb. 11) wurden einst genau aus diesem Grun- Abb. 10: Früherer „Oehlschläger“ an der Enknach in Ranshofen – alte Mühle mit Teich- de angelegt, um genügend Wasser anlagen – umringt vom Naturschutzgebiet „Buchenwald Ranshofen“. ÖKO·L 42/3 (2020) 21
Abb. 11: Die Rosenhofteiche in Sandl – ursprünglich geschaffen Abb. 12: Verwachsener, früher noch außerhalb des Waldes liegender zur Holztrift über die Aist zur Donau – heute eine schöne Bade- Waldteich im Gaugshamer Wald/Roßbach – mit seltenem Hunds- möglichkeit. Straußgras-Schwimmrasen (Agrostis canina) – weiters dort Schnabel- Segge (Carex rostrata), Sumpf-Veilchen (Viola palustris), Sumpfbinse (Eleocharis palustris agg.) und Sumpfquendel (Peplis portula). Abb. 13: Wunderschöner einsamer Waldteich mit interessanten Abb. 14: Kleiner Hofteich (Schwöll) beim Hiaslbauer zu Vogelgrub/ randlichen Quellfluren südöstlich Forstgut Hochlehen/Fornach. Kopfing – mit den darin schwimmenden Wasserrohren aus Holz – links unten die Dotterweide (Salix alba var. vitellina) Zeichnung von August Gründinger. Foto: Johann Klaffenböck für die Holzschwemme über die Aist die Drachenwurz (Calla palustris), der Eine Welt von Gestern zur Donau hin zu haben. Manche Fieberklee (Menyanthes trifoliata), der Waldteiche (Abb. 12) dienen zum Wasserschlauch (Utricularia australis) Aber nun zu den kleinen Teichen, Sammeln von Quell- und Regen- oder der Schild-Ehrenpreis (Veronica wie es landauf-landab unzählige gab. wasser als Schutz der Forststraßen, scutellata). Moorpflanzen findet man Auf den Bauernhöfen wurden kleine damit sie bei Starkregen nicht zerstört auch in den mit Wasser gefüllten al- Teiche in verschiedenster Weise werden. ten Torfstichen im Ibmermoorgebiet, genutzt, wie das Beispiel eines Bau- Liegen die Teiche in Moorgebieten etwa Vertreter der Gattung Sonnentau ernhofes in Kopfing im Sauwald zeigt: oder in anmoorigen Senken in Wäl- (Drosera spp.). Dort gab es einen Löschteich und eine dern (Abb. 13), wachsen nicht selten Hauslacke, im Sauwald „Schwöll“, Aber nicht jeder Teich in der Land- ausgesprochene Raritäten an den im Hausruckgebiet „Schwemm“ ge- schaft ist künstlich entstanden: In Ufern. Sie finden dort eine ähnliche nannt. In die kleine Hauslacke leitete Situation vor wie im Uferröhricht von ehemalig vergletscherten Gebieten man den Überlauf der Jauchegrube natürlichen Moorseen. Zu diesen (etwa im Salzkammergut oder im und des Granders, die Ausschwem- Besonderheiten zählen etwa der südwestlichen Innviertel) findet man mungen der Misthaufen (Ådlgråbn) Wasserschierling (Cicuta virosa), der auch natürlich entstandene „Teiche“ und das Abwasser vom Abort (Häusl, Sumpf-Haarstrang (Peucedanum und kleine Seen, sogenannte Toteis- Plumpsklo) (Abb. 14). Diese äußerst palustre), das Sumpfauge (Coma- löcher. Das ist der Lebensraum der nährstoffreiche, überaus wertvolle rum palustre), der Wasser-Knöterich heimischen, leider in Oberösterreich Brühe wurde zum Düngen der hof- (Persicaria amphibia), der Strauch- vom Aussterben bedrohten Seerosen nahen Wiesen verwendet und bereits Gilbweiderich (Lysimachia thyrsiflora), (Nymphaea alba u. N. candida). sehr zeitig im Frühling ausgebracht. 22 ÖKO·L 42/3 (2020)
Abb. 16: Der Breitblättrige Rohrkolben (Typha latifolia) – war regelmäßig an den kleinen Teichen eines Bauernhofes zu finden – dessen Blätter wurden zum Abdichten der Fässer verwendet, daher sein Volksname „Bindabåst“. Abb. 15: Die Dotterweide (Salix alba var. vitellina) – „Föbastauan“ (Felber- staude) – deren biegsamen Zweige wurden vielfältig verwendet – zum Binden von Reisig- oder Birken-Besen, zum Zusammenschnüren von „Widbinkeln“, zum Binden von „Palmbuschn“ uvm. – fehlte auf keinem Bauernhof – hier in Elling/Weng im Innkreis. Abb. 17 (oben): Friedrich Weber („Wagner“) in Osternach/Ort im Innkreis beim Abdichten eines Fasses mit Hilfe von Blättern des Rohrkolbens (Typha latifolia) – gegen Ende der 1970er Jahre. Abb. 18: Der Kalmus (Acorus calamus) – Abb. 19: Erfolgreiches Liebeswerben – zwei Grasfrösche (Rana wurde häufig in Hausteichen kultiviert – temporaria) bei der Paarung. Foto: Josef Limberger Foto: Peter Fußl eine alte Heilpflanze gegen Magenleiden – heute bei uns sehr selten. Das Gras dieser Wiesen war das erste, Einleitung von Quellwasser aus der Holzfässern nutzte (Abb. 17). Früher hochwillkommene Frischfutter im ca. 50 bis 100 Meter nahen Quelle. fand man auch noch den Kalmus Jahr für die Kühe (Grims u. a. 2004, (Acorus calamus – Abb. 18) vielerorts Am Ufer des Teiches stand eine Grims u. Klaffenböck 2006). in den Hauslacken. Die getrockneten Dotterweide (Salix alba var. vitellina – Wurzeln der „Koimaswuazn“ wurden Der zweite Teich war der etwas grö- Abb. 15), „Föbastauan“ genannt, deren bei Magenschmerzen gekaut oder ßere Löschteich. (Löschteiche hatte biegsame, dottergelb glänzenden in Schnaps angesetzt. Diese alte, man vor allem bei etwas abgelegenen Zweige zum Binden von Reisig- bzw. ursprünglich aus Asien stammende Höfen oder Häusern.) Die Seiten- Birkenbesen und „Widbinkeln“ (Klein- Heilpflanze ist heute bei uns bis auf befestigungen beider Teiche waren holz zum Unterzünden) verwendet wenige Ausnahmen verschwunden. aus wasserbeständigem Tannenholz wurden. Daneben stand noch ein gezimmert. Sie hatten einen Holz- „Eschling“, eine Esche (Fraxinus Die hofnahen Teiche dienten auch pfosten (Stempm) zum Ablassen excelsior). Diese Baumart fehlt in den Weidetieren als Tränke. Fische des Wassers. Johann Klaffenböck den Wäldern des hohen Sauwaldes wurden darin meist keine gehal- aus Kopfing im Sauwald erzählte nahezu und musste deswegen am Hof ten, die Wasserqualität war oft zu mir, dass in seinem Hofteich auch kultiviert werden. Man brauchte deren schlecht. Dafür gab es zahlreiche immer 5 Wasserrohre aus Fichten- Holz vor allem für Stiele von Hacken, Frösche (Abb. 19). Die Kaulquappen oder Tannenholz zur Konservierung Schaufeln und Mistgabeln. Weiters nannte man früher „Binderschlögl“. eingewässert waren, damit bei einem wuchs am Teichufer der Breitblättrige Und einige Enten und Gänse wurden Rohrbruch rasch Ersatz zur Hand Rohrkolben (Typha latifolia – Abb. 16), gehalten, um den Speiseplan aufzu- war. Dies war sogar vertraglich fest- dessen Blätter man trocknen ließ und bessern. Das waren die typischen geschrieben. Die Rohre dienten zur als „Bindabåst“ zum Abdichten von Entenlacken. In so derartig nährstoff- ÖKO·L 42/3 (2020) 23
Abb. 20: Gerne in unseren Teichen – wie hier in Engelhartszell – Abb. 21: Eine typische Entenlacke – in Minaberg/Reichersberg – das Schwimmende Laichkraut (Potamogeton natans), die Kleine man sieht deutlich die spärliche Vegetation im und um den Teich. Wasserlinse (Lemna minor) und die größere Teichlinse (Spirodela polyrhiza). Abb. 22: Schacherteich – im März 2008 abgelassen – bei entspre- Abb. 23: Artenschutzprojekt der Naturschutzabteilung des chender Dauer der „Sömmerung“ eine Maßnahme der Teichpflege Landes Oberösterreich – abgelassener Teich nahe Schlägl – mit und auch des Naturschutzes. reichlichem Bestand der Wurzelnden Waldbinse (Scirpus radicans). Foto: P. Amand Kraml/Stiftsarchiv Kremsmünster Foto: © Land OÖ / Michael Strauch reichen Teichen wachsen kaum Was- handelte es sich um ein Becken mit lang haben die Samen vielleicht serpflanzen mit Ausnahme vielleicht Wasser, ca. 6 m lang, 2 m breit und 2 schon im Schlamm auf diesen Augen- von etwas Wasserstern (Callitriche spp.), (bis 4) m tief, in das man Bündel von blick gewartet. Ähnlich wie in den Wasserlinsen (Lemna minor, L. gibba, Leinpflanzen (Linum usitatissimum) Stauräumen am unteren Inn (Hohla L. turionifera) und der deutlich grö- gab, damit sich innerhalb von ca. zwei 2012a) sind auch unter den Pflanzen ßeren Teichlinse (Spirodela polyrhiza Wochen das Verholzte des Stängels der abgelassenen Karpfenteiche viele – Abb. 20) und das auch nur, wenn vom Bast löste (Schönecker 1964). Vertreter der Roten Liste (Hohla u. a. keine Enten oder Gänse in der Nähe Diese „Roaßschwöll“ war wegen des 2009) zu finden. sind (Abb. 21). Nicht umsonst heißen sich bildenden Gestanks meist etwas Wasserlinsen in Deutschland auch abgelegen. Dies war die sogenannte Gelegentlich sieht man große Teiche Entengrütze. Wasserröste. Viele Bauern legten nach dem Abfischen ohne Wasser, den Flachs jedoch zur Tauröste auf der Boden zum Teil ausgetrocknet Die Großmutter von Cornelia Schlos- (Abb. 22). Dieser Zustand ist wichtig Wiesen, eine weitere Möglichkeit ser (E-Mail) erzählte von einem für die Qualität des Fischteiches. der Röste. Mit dem Aufkommen der Teich in der Nähe des Elternhauses Früher hatte man die mächtige Baumwolle, gegen Ende der 1940er in Wernhartsgrub/Eggerding mit Schlammschicht sogar auf die Felder Jahre und in den 1950ern, ver- sauberem Wasser, also mit gutem als Düngung ausgebracht oder auf schwanden die Leinkulturen fast über Ab- und Zulauf, in dem die Wäsche dem Teichboden Pflanzen angesät Nacht (Grims 2008). geschwemmt (gschwoabt) wurde. zur Verbesserung des Bodens. Heute Bei vielen Teichen gab es zu diesem Die Teichbodenflora – dient das Ablassen vor allem der Zweck früher sogar sogenannte „Wä- eine ökologische Black Box Teichpflege: Der Schlamm wird mi- schebrückerl“ (Karl Redinger, E-Mail). neralisiert, das Entstehen von Faul- Eine bäuerliche Spezialität war „d´ Wenn Teiche für längere Zeit ab- schlamm wird so verhindert. Außer- Rass“ oder auch „Roaß“ (Röste) zur gelassen werden, dann feiern die dem mögen Fischparasiten keine Aufbereitung des Flachses. Dabei Schlammpioniere ihre Party! Jahre- Trockenheit. Beim Trockenlegen im 24 ÖKO·L 42/3 (2020)
Abb. 24: Nachweis der Böhmen-Segge (Carex bohemica) in einem Abb. 25: Die Ei-Sumpfbinse (Eleocharis ovata) – eine seltene, Teich bei Schlägl – im Rahmen des Artenschutzprojektes der horstförmig wachsende Art, die auf trockenfallende Teichböden Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich. spezialisiert ist. Foto: © Land OÖ / Michael Strauch Foto: © Land OÖ / Michael Strauch Abb. 26: Massenbestände der seltenen Biegsamen Glanzleuchter- Abb. 27: Das Braune Zypergras (Cyperus fuscus) – liebt offene alge (Nitella flexilis) im Juli 2016 in einem Teich westlich von Schlammflächen, Teichböden und lückige Teichufer – hier als Spielau/Bad Leonfelden – dieser Teich war ein Jahr zuvor abgelas- Pionierart am unteren Inn. sen – in den Jahren davor sah ich diese Art dort nicht. Sommer spricht man von der Söm- Hauptvorkommen im nahen Böhmi- Hahnenfuß (Ranunculus sceleratus), merung, im Winter von der Winterung schen Teichgebiet liegt und hier ge- Sumpfquendel (Peplis portula), Gilb- der Teiche (Bauer 2014). rade noch in unser Bundesland reicht Fuchsschwanzgras (Alopecurus ae- (Lugmair 2011). Nach diesem Erfolg qualis), Zweizahn (Bidens tripartita u. Von der Naturschutzabteilung des wurden Überlegungen zur Optimie- B. frondosa), Ufer-Ehrenpreis (Veroni- Landes Oberösterreich wurde auf rung der Ablasszeiten (nicht im kirch- ca anagallis-aquatica), Sumpfkresse Grund der Vielzahl an seltenen Pflan- lichen Sinn!) angestellt und ein spe- (Rorippa palustris) uvm. zen der Teichbodenflora ein eigenes zielles Förderangebot an Teichbe- Projekt gestartet, das sich bestens Manche Wasserpflanzen bilden dabei sitzer mit geeigneten Teichen ent- entwickeln konnte (Abb. 23). In einem (in ihrer Not) vorübergehend auch wickelt (Strauch 2013). Teichgebiet in Schlägl sowie einem Landformen wie etwa Wasserhah- weiteren in St. Agatha wurde versucht, Auch nach dem Ablassen oder Tro- nenfußarten (Ranunculus spp.), durch die Wiedereinführung einer ckenfallen kleinerer Teiche stellt sich Tausendblatt (Myriophyllum spp.), Sömmerung Teichbodenarten zu re- innerhalb weniger Wochen eine inte- Tannenwedel (Hippuris vulgaris), aktivieren. Neben dem Auftauchen ressante Pflanzenwelt ein (Abb. 26). Seerosen (Nymphaea spp.) … Auch der bis dahin in Oberösterreich ver- Viele Keimlinge tauchen wie aus dem das Schwimmende Laichkraut (Po- schollenen Arten Böhmen-Segge Nichts auf den nackten Schlamm- tamogeton natans) und der Wasser- (Carex bohemica – Abb. 24), Wur- flächen auf. Und jeder Teich offen- stern (Callitriche spp.) können kurze zelnde Waldbinse (Scirpus radicans – bart dabei seine individuellen Ge- Austrocknungsphasen auf trocken- Abb. 23), Ei-Sumpfbinse (Eleocharis heimnisse, je nach vorhandener gefallenen Teichböden überdauern. ovata – Abb. 25) und Dreimänniger Samenbank im Schlamm: Rohrkolben Eine Besonderheit der Teiche und Tännel (Elatine triandra) konnte auch (Typha latifolia), Igelkolben (Sparga- Schlammflächen der Böhmischen ein Neunachweis des Großen Zwei- nium erectum), Froschlöffel (Alisma Masse bzw. des Einzugsgebietes der zahns (Bidens radiata) für Ober- plantago-aquatica), Braunes Zyper- Donau stellt der Schlammling (Limo- österreich erbracht werden, dessen gras (Cyperus fuscus – Abb. 27), Gift- sella aquatica) dar, der an trockenfal- ÖKO·L 42/3 (2020) 25
Abb. 28: Das Große Büchsenkraut (Lindernia dubia) – stammt aus Abb. 29: Karpfenteich in Linetshub/Haibach ob der Donau – das Nordamerika – hier als Pionierart am neu gestalteten Innufer in Wasser in Karpfenteichen ist immer aufgewühlt und trüb – erwärmt Ering/Niederbayern. sich schneller und veralgt daher leicht. Abb. 30: Ein glasklarer Quellteich bei Überackern – mit Armleuch- Abb. 31: Extensiv geführte Forellenteiche in der Mühlheimer Au – teralgen und dichten Beständen der Berle (Berula erecta). diese Art der Fischhaltung kommt den empfindlichen Wasserpflan- zen sehr entgegen – die Pflanzen haben Licht und klares Wasser. Abb. 32: Wird der Fischbesatz dichter, dünnen die Wasserpflanzen aus oder verschwinden und die Algen werden mehr. Abb. 33: In den Pumpteichen werden die Quell- und Sickerwässer Abb. 34: Fischkraut (Groenlandia densa) – eine Spezialität gesammelt, um dann über den Damm in den Fluss gepumpt zu der klaren Fischteiche, Sickergräben und Quellbäche – hier in werden – hier das Pumpwerk Ranshofen/Braunau mit dichten Höft/Braunau am unteren Inn. Beständen des Krausen Laichkrauts (Potamogeton crispus). 26 ÖKO·L 42/3 (2020)
lenden Ufern und Teichböden auf- besondere Pflanzenarten, weil die tauchen kann. Vieler dieser Was- Ufer noch nicht betoniert, sondern serpflanzen werden von den Vögeln mit Holzplanken oder gar nicht be- verschleppt durch Pflanzenteile im festigt sind. Es thronen dort impo- Gefieder oder über Samen, die ge- sante Simsenhorste (Juncus effusus, fressen und später ausgeschieden J. inflexus) und die mächtigen Groß- werden; manche Pflanzen kommen seggen wie Rispen-Segge (Carex vielleicht auch mit den Besatzfischen. paniculata), Steif-Segge (C. elata), Schlank-Segge (C. acuta agg.), Auch manche seltsamen Pflanzen- Sumpf-Segge (C. acutiformis), selten arten können auf Schlammböden auf- auch die Otruba-Segge (Carex otru- gehen. So fand Albin Lugmair im Jahr bae). Wie leuchtende Fackeln aus 2015 in einem der Schacherteiche Sonnenlicht ragen die Blüten der in Kremsmünster das aus Amerika Wasser-Schwertlilien (Iris pseuda- stammende Große Büchsenkraut corus – Abb. 35) in die Höhe. Die (Lindernia dubia – Abb. 28). Ein Neu- Lücken von Schilf (Phragmites aus- einwanderer, der nun bereits auch auf Abb. 35: Leuchtende Schönheiten im Ufer- tralis) und Rohrglanzgras (Phalaris bayerischer Seite am Inn gefunden röhricht – blühende Wasserschwertlilien arundinacea) werden geschickt vom wurde (Hohla 2018). (Iris pseudacorus) – hier in der Mühlheimer anlehnungsbedürftigen Bittersüßen Au – sie werden aber auch gerne an Teich- Nachtschatten (Solanum dulcamara), Eine klare Angelegenheit – noch! ufern gepflanzt und vom Bisam verspeist vom Sumpf-Helmkraut (Scutellaria (Grims 2008). galericulata – Abb. 36), vom Wasser- Im Gegensatz zu den trüben Karpfen- pfeffer (Persicaria hydropiper), vom teichen (Abb. 29) sind die Forellen- Flügel-Johanniskraut (Hypericum teiche in den Bach- und Flussauen tetrapterum), vom Aufrechten Igel- klar und sauerstoffreich. Extensiv kolben (Sparganium erectum), vom bewirtschaftete Forellenteiche zeigen Behaarten Weidenröschen (Epilobium die ganze Pracht der Unterwasserflora hirsutum), vom Mädesüß (Filipendula (Abb. 30 u. 31). Wirklich spannend ulmaria), vom Gilbweiderich (Lysima- sind die Teiche in den Flussauen an chia vulgaris) oder von der aroma- der Salzach und vor allem am Inn. tischen Wasserminze (Mentha aqua- Dort gibt es viele sehr interessante tica) genützt. Ebenfalls am Teichufer Arten, aber es ist stets Gefahr im oder auf Schlammflächen wachsen Verzug durch drohende Intensivierung Schwadengräser (meist Glyceria der Fischaufzucht (Abb. 32). Diese fluitans oder G. notata), deren Blätter Teiche nutzen das Quellwasser, das raffiniert auf der Wasseroberfläche aus den vielen Quellen der nahen schwimmen. Leitenwälder austritt und früher als Quellbäche durch die Au Richtung In den letzten Jahren immer häufiger Fluss strömte. Heute werden diese wird an den Teichufern die Europä- Quellbäche und auch das Wasser ische Reisquecke (Leersia oryzoides), aus den Grundwasseraustritten in ein Wärme liebendes Gras (Klima- Pumpteichen (Abb. 33) gesammelt erwärmung?), das durch sein helles und mittels großer Pumpen in den Grün und die Rauigkeit der Blätter im Pumpwerken über den Damm hinweg Abb. 36: Das Sumpf-Helmkraut (Scutellaria Uferbewuchs dem Kenner rasch auf- in den Fluss befördert. galericulata) – eine unspektakuläre, zarte fällt. Nachweislich weniger hingegen Pflanze, die sich gerne im Uferröhricht findet man heute an den Teichen den In den durch wenig Besatz und Füt- von Teichen versteckt und den Blicken der Nickenden Zweizahn (Bidens cernua terung noch klaren Forellenteichen Naturliebhaber entzieht. – Abb. 37). Diese Art erlebt aber in herrschen paradiesische Zustände den Stauseen am unteren Inn seinen für Wasserpflanzen. Dort schwim- zweiten Frühling (Hohla 2012a). Er men etwa reichlich Wasserhahnen- und der Blutweiderich (Lythrum sa- fuß (Ranunculus trichophyllus u. R. licaria) erfreuen uns im Sommer auf circinatus), Fischkraut (Groenlandia den Anlandungen mit ihrer üppigen densa – Abb. 34), Laichkrautarten Farbenpracht. (Potamogeton berchtoldi, P. crispus, P. pectinatus), Tannenwedel (Hip- Rohstoffhunger & seine Nutznießer puris vulgaris), Flutender Igelkolben (Sparganium emersum), Berle (Berula Der große Rohstoffhunger unserer erecta), Wasserpest (Elodea canaden- Gesellschaft widerspiegelt sich in sis, E. nuttallii), Wasserlinsen (Lemna der hohen Zahl an Abbaugruben in trisulca), Wasserstern (Callitriche ob- unserer Landschaft. Dabei entstan- tusangula), Armleuchteralgen (Chara den zahlreiche neue Stillgewässer subspinosa, Nitella opaca) uvm. (Hoh- Abb. 37: Der Nickende Zweizahn (Bidens (Schotterteiche, Ziegelteiche, Teiche la 2012a, Hohla u. Gregor 2011). cernua) – früher gerne an den Ufern von in Steinbrüchen, Sand-, Lehm- oder An den extensiv betriebenen Forellen- Teichen – heute dort selten, aber dafür Kaolingruben ...). Das sind Paradiese teichen trifft man ebenfalls auf viele häufig in den Stauräumen am Inn. für Amphibien, Reptilien und Insek- ÖKO·L 42/3 (2020) 27
ten; aber auch botanische Besonder- heiten gibt es in diesen Teichen zu- hauf. Die absoluten Highlights: das Knoten-Laichkraut (Potamogeton nodosus) im Granitsteinbruch Gopper- ding (Abb. 38) nahe Schärding (M. Hohla, unveröff.) und im Kaolin- teich nahe Allerheiligen im Mühlkreis (Kleesadl 2017, dort gemeinsam mit Potamogeton pusillus s. str., dem Zwerg-Laichkraut), der Silber-Rohr- kolben (Typha shuttleworthii) im Schlämmbecken der Schottergrube Esternberg (Hohla u. a. 2005) oder das Raue Hornblatt (Ceratophyllum submersum) auf dem Gelände des Kaolinabbaus Perg, (Franz Höglinger in Hohla u. a. 2009), ganz außerge- wöhnlich der Wiederfund des Gnaden- Abb. 38: Der Granitsteinbruch in Gopperding/St. Florian am Inn – mit einem interessanten krauts (Gratiola officinalis – Abb. 39) Teich und dem Knoten-Laichkraut (Potamogeton nodosus), einer in Oberösterreich vom für Oberösterreich in einem Teich am Aussterben bedrohten Art! Grund einer ehemaligen Lehmgrube in Ried in der Riedmark (Kleesadl 2017). Modern Times Viele der früheren Löschteiche (Abb. 40 u. 41) sind heute verschwunden, wurden mit Müll und Bauschutt ge- füllt und später eingeebnet. Dasselbe gilt auch für viele großen Teiche in den Dörfern und Städten. (In Haag am Hausruck waren es im Jahre 1945 sogar Entsorgungsteiche für Kriegsgeräte aller Art, wie mir Franz Ziegelböck per E-Mail mitteilte.) Schaut man sich die Urmappe (Fran- ziszeischer Kataster, DORIS Atlas 4.0) an, wird man viele Teiche auf den Karten eingezeichnet sehen, die nicht mehr existieren. Sie wurden meist in Abb. 39: Erfreulicher Wiederfund des Gnadenkrauts (Gratiola officinalis) in Oberösterreich wirtschaftlich höherwertigeres Nutz- durch Gerhard Kleesadl – 2017 an einem Teich in Ried in der Riedmark. Foto: Gerhard Kleesadl land umgewandelt. Die schlagkräfti- gen Feuerwehren mit ihren leistungs- fähigen Einsatzfahrzeugen machen Löschteiche heute nahezu bedeu- tungslos. Aber es zeichnet sich in man- chen Gegenden bereits ein Mangel an diesen Teichen ab. Es wurden allerdings auch viele neue Teiche geschaffen: sogenannte „Bio- tope“. Das sind Gartenteiche, meist Folienteiche oder Teiche in Form von eingegrabenen Plastikwannen oder betonierte Teichbecken. Sogar im Naturschutz werden Folienteiche als Ersatzlaichgewässer für seltene Am- phibien genutzt (Huebauer 2019). Auf vielen öffentlichen Flächen wurden repräsentative Teiche geschaffen: in Parks, vor Betrieben, vor Kranken- häusern, vor Verwaltungsgebäuden, in den Gärten von Kuranstalten, vor dem Abb. 40: Ein ehemaliger Löschteich in Auhäuseln/Weibern – heute nicht mehr in Betrieb Nationalparkzentrum … Diese Teiche – das Restwasser ist bedeckt mit Wasserlinsen (Lemna sp.), der trockengefallene Boden zeigen den Reichtum unseres Landes, wird dicht besiedelt vom Schwadengras (Glyceria sp.). Foto: Sabine Greifeneder den Luxus, den wir uns gönnen. 28 ÖKO·L 42/3 (2020)
Österreich ist ein Großmeister der Bodenversiegelung (S teinkellner 2018)! Die vermehrten Wassermas- sen bei Starkregen versucht man in großen Sickerbecken am Rand von Parkplätzen und entlang von Autobahnen und Straßen zu fassen (Abb. 42). Ebenfalls eine Art von Teichen stellen die Sickerbecken in Pflanzenkläranlagen dar. Rohrkolben (Typha latifolia) und vor allem Schilf (Phragmites australis) dienen dort der Reinigung der Abwässer. Stark forciert wurden in den vergange- nen Jahren Beschneiungsanlagen in Schigebieten, vor allem in „subopti- malen“ Lagen, wo ohne Kunstschnee kein Schifahren mehr möglich wäre. Für die notwendigen Beschnei- Abb. 41: Das Los vieler kleiner Hausteiche – sie werden mit Müll angefüllt und später ungsteiche wurden in manchen planiert – hier 2007 in Anzenberg/Helpfau-Uttendorf – heute erinnern nur mehr Fotos Fällen hochwertige Feuchtgebiete wie dieses an solche Teiche! (Moore) zerstört. Davon ist auf keinem Fremdenverkehrsprospekt zu lesen! Ebenfalls einem Freizeitvergnügen verdanken wir die als reizvolle Hin- dernisse eingeplanten Golfteiche, die gierig nach den Golfbällen schielen. Die heißen, trockenen Sommer der letzten Jahre veranlassen immer mehr landwirtschaftliche Betriebe, Gärtne- reien und Baumschulen zur Anlage von großen Bewässerungsbecken, entweder als riesige Folienteiche oder Becken aus Beton. Der Kampf ums Wasser hat also begonnen! Rückhaltebecken – ohne Vorbehalt! Ein Trend der letzten Jahrzehnte sind die Hochwasser-Rückhaltebecken (Abb. 43), die vielerorts angelegt Abb. 42: Sickerbecken unterhalb der Innkreis-Autobahn (A8) bei Braunsberg/St. Marien- wurden und werden. Sie sind not- kirchen bei Schärding – das Wasser ist nährstoffreich, veralgt und vermutlich auch salzig wendig geworden wegen der in der – trotzdem wachsen darin Gift-Hahnenfuß (Ranunculus sceleratus) und Krauser Ampfer (Rumex crispus). Vergangenheit landauf-landab durch- geführten Trockenlegung von Feucht- wiesen an den Oberläufen der Bäche und der punktuellen Starkregenfälle der letzten Jahre. Diese großen Be- cken dienen dem Schutz der bach- abwärts gelegenen Orte und deren Bevölkerung. Regionale Hochwasser- katastrophen, wie sie etwa 2016 in Simbach am Inn geschah, machen die Dringlichkeit solcher Maßnahmen deutlich. Rückhaltebecken können auch als Zeichen des Eingestehens von ökologischen Fehlern der Ver- gangenheit verstanden werden und zugleich entstehen dabei – als kleine Wiedergutmachung sozusagen – oft wertvolle Ersatzlebensräume für Amphibien, Reptilien, Vögel, Insek- ten, Biber, Wasser- und Uferpflanzen (Samhaber 2020). Im Zulauf des Abb. 43: Das Rückhaltebecken Rettenbrunn/Neuhofen im Innkreis – mit einigen kleinen Rückhaltebeckens Grubmühlbach/ Teichen – leider wurden kurz nach Fertigstellung Fische eingebracht und Entenhäuschen Mettmach konnte ich 2013 ausge- aufgestellt – schlecht für Amphibien und Wasserpflanzen. ÖKO·L 42/3 (2020) 29
Abb. 44: Immer beliebter in Teichen – Koi-Karpfen – hier im Teich Abb. 45: Naturbadeteich St. Veit im Mühlkreis – prall gefüllt mit des Kurparks Bad Füssing – mit einem Futter-Münzautomaten – Wasserpflanzen – „Dschungelfeeling“ für die Badegäste. Fische und Futter beeinträchtigen jedoch die Wasserqualität. prägte Rasen der Borsten-Moorbinse Modern ist auch der Trend zu öffent- viele Fressfeinde. (Da sind Regen- (Isolepis setaceae) antreffen, eine lichen Naturbädern, wie sie etwa in fässer schon ganz andere Mücken- in Oberösterreich vom Aussterben Eberschwang oder in St. Veit im Mühl- paradiese!) Teiche sind auch für bedrohte Art. Durch zukünftiges Frei- kreis (Abb. 45) angelegt wurden. Honigbienen nützlich; sie holen dort schneiden der aufkommenden Wei- Wasser für die Verdauung ihrer Nah- Sowohl Hausteiche (Abb. 46) als den soll diese konkurrenzschwache rung und zur Kühlung des Bienen- auch Naturbäder haben eine wichtige Art dort möglichst erhalten bleiben. stocks an heißen Tagen. Außerdem ökologische Funktion; sie bilden, wie gibt es rund um den Teich auch mehr Leider werden die neu geschaffenen Teiche generell, ein Netzwerk für viele Nahrung für sie durch die Vielfalt Teiche in den Rückhaltebecken rasch Pflanzen und Tiere (Matzinger 2014). der Teich- und Gartenpflanzen. als Entenlacken oder Fischteiche Rasch nach der Neuanlage besiedeln Libellen (Abb. 47), Wasserläufer, Und: Hausteiche werden gerne von missbraucht. Diese Gewässer wären Wasserschnecken, Wasserkäfer, den Vögeln zum Trinken und Baden eigentlich ideal für Amphibien und Rückenschwimmer, Eintagsfliegen genutzt. Das ist ein drolliges Schau- auch dafür gedacht. Sobald aber und manchmal auch Teichmolche spiel, wenn sich etwa Amseln, Tau- Fische (Abb. 44) hineingeworfen (Abb. 48) die Teiche. Auch die ben, Stare oder Stieglitze (Abb. 49) werden, ist meist auch Schluss mit Ringelnattern benötigen nicht lange, darin baden. Vor zwei Jahren traute Fröschen, Kröten oder Molchen. um die neuen Teiche für sich zu ich meinen Augen nicht. Mehrmals entdecken. Es ist eine Freude, diese hatte sich eine Amsel, ein Weibchen, Schwimmteiche & Naturbäder Tiere und auch die Entwicklung der Teichmolche aus unserem Teich eingebrachten Wasserpflanzen zu gefischt. Es war stets, nachdem ich Individuelles Baden und Schwimmen beobachten. Stechmücken legen zwar wieder etwas Wasser nachfüllte und ist der Trend der letzten 20 Jahre. ihre Eier auch ins Wasser der Teiche, die Molche an den frisch gefluteten Erst schossen die Swimmingpools wie aber in einem belebten Gartenteich Rändern des Teiches nach Futter Pilze aus dem Boden, später mehr können sie nicht zur Plage werden, suchten. Der Vogel hüpfte mit dem und mehr mondäne Schwimmteiche. denn die Mückenlarven haben hier Molch im Schnabel auf die angren- Abb. 46: Schwimmteiche schaffen Win-win-Situation – Lebens- Abb. 47: Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) bei der diskreten qualität für Menschen, Pflanzen und Tiere. Foto: Leo Hohla Eiablage zwischen den leuchtenden Wasserhahnenfußblüten in unserem kleinen Hausteich in Obernberg am Inn. 30 ÖKO·L 42/3 (2020)
Abb. 48: Teichmolche (Lissotriton vulgaris) lieben Hausteiche und Abb. 49: Stieglitz (Carduelis carduelis) oder auch Distelfink – hier erscheinen oft auf rätselhafte Weise von selber – hier ein ist der Beweis: Distelfinken sind keine Schmutzfinken – Vögel lieben Männchen im Prachtkleid. Foto: Josef Limberger Teiche zum Baden und Trinken. Foto: Josef Limberger zende Plattform aus Holzbrettern und dere Schutzbemühungen verdient. Jahre hinweg ständig etwas ändern hackte auf den Molch ein, um ihn zu Nur wenige Wochen später las ich in kann. Pflanzen und Tiere kommen betäuben, zu töten oder besser fassen der Zeitung, dass genau dieser Teich und gehen, je nach Wetter- und Nähr- zu können und flog anschließend weg. (nicht irgendein anderer der vielen stoffsituation, Beschattung, Beson- Interessant auch, dass das Gift der tausenden in Oberösterreich, nein, nung, Fressfeinden, Krankheiten usw. Molche den Amseln nicht schadet! genau dieser!) ein Problem darstel- le. Krenn -Aichinger (2010): „Der Auch Teiche gehen den Bach Verstörte Konzertbesucher nächtliche „Chorgesang“ einer Hun- hinunter dertschaft von grünen Teichfröschen Spätestens nach dem spontanen raubt den Anrainern in Utzenaich den Im Laufe von einigen Jahren werden Auftauchen von Fröschen (Abb. 19) Schlaf. Der Teich soll jetzt saniert und See- und Teichrosen (Abb. 52), gibt es die ersten Diskussionen. Deren damit unattraktiver für die quakenden Rohrkolben (Abb. 16) und Schilf über Quaken kann den Schlaf der Haus- Plagegeister werden.“ Ausläufer und Wurzelwachstum weite bewohner und Nachbarn empfindlich Im Jahr 2015 besuchte ich diesen Teile des Teiches erobert und viel stören. Ein krasses Beispiel: Im Teich erneut. Ich führte zwei tsche- Biomasse gebildet haben. Ein Teich Jahr 2010 stellte ich in einem Teich chische Wissenschaftler hin, die benötigt also von Jahr zu Jahr den mitten im schönen Utzenaich im diesen Wasserhahnenfuß studieren Eingriff des Menschen, damit er nicht Innviertel einen großen Bestand des und genetisch untersuchen wollten. im Laufe der Zeit verlandet. Ohne Großblütigen Wasserhahnenfußes Es war nur mehr wenig von dieser Art diese Maßnahme kann man keinen (Ranunculus aquatilis s. str. – Abb. zu finden. Durch natürliche Sukzes- kleinen Teich erhalten. Es ist wichtig, 50 u. 51) fest (Hohla 2012b). Es war sion hatte sich inzwischen eine an- organisches Material jährlich aus dem der Wiedernachweis dieser Art für dere Wasserpflanze im Teich massiv Teich zu bringen und die Bildung von Oberösterreich und einer der wenigen ausgebreitet, das Krause Laichkraut Faulschlamm möglichst zu verhin- aktuellen Nachweise in Österreich, (Potamogeton crispus). Dies zeigt, dern. Ich habe noch die Schilderung weswegen dieses Vorkommen beson- dass sich in den Teichen über die eines Lehrerkollegen im Ohr, der mir Abb. 50: Teich in Utzenaich – 2010 noch mit einem Blütentep- Abb. 51: Großblütiger Wasserhahnenfuß (Ranunculus aquatilis s. str.) pich des Großblütigen Wasserhahnenfußes (Ranunculus aquatilis im Teich in Utzenaich – typisch die Form der Schwimmblätter – s. str.) bedeckt – eines der wenigen aktuellen Vorkommen dieser diese Art wurde inzwischen in diesem Teich durch Konkurrenz einer Art in Österreich. anderen Wasserpflanze deutlich seltener. ÖKO·L 42/3 (2020) 31
die Wasser- und Uferpflanzen zum großen Teil. Im vergangenen Jahr hatte ich in Teichen in der Nähe von Geiersberg (am Rand des Hausruck- waldes) nach dem Spreizenden Was- serhahnenfuß (Ranunculus circinatus) gesucht, der etwa 40 Jahre zuvor dort noch gesehen wurde, allerdings ohne Erfolg, fast alles wich in diesen Teichen der Dunkelheit! Ebenso geschah dies mit dem „See- rosenteich“ im Wald nahe der Luisen- höhe in Haag am Hausruck. Meine Mutter stammt aus dieser Gemeinde und kannte diesen idyllischen, mit Seerosen (Nymphaea sp.) bewach- senen Teich aus ihrer Jugendzeit unter diesem Namen. Zu Hause hat sie ein Bild dieses Teiches hängen Abb. 52: Artenreicher Teich des Stiftes Admont – mit großen Beständen der Teichrose (Nuphar lutea). (Abb. 54). Ursprünglich war dieser kleine Teich jedoch eine „Rohrlacke“, in der die ausgebohrten Holzstämme gewässert wurden, mit denen man das Quellwasser aus dem Hausruck- wald zum Marktbrunnen und zum Schlossbrunnen leitete. Heute liegt dieser Teich als säuerliches, schwarz- braunes Wasserauge unter dichten Fichten- und Buchenkronen (Abb. 55). Keine Spur mehr von Seerosen! Geist aus der Flasche Wasserpflanzen bekommt man heute mühelos in den Gärtnereien und Baumärkten zu kaufen, etwa die See- kanne (Nymphoides peltata), die See- rose (Nymphaea spp. – Abb. 57), die Krebsschere (Stratiotes aloides), das Pfeilkraut (Sagittaria spp.) usw. Abb. 53: Durch die Nährstoffeinträge aus der Umgebung veralgen Teiche zum Teil sehr Einige dieser Arten sind in den stark – hier bei Blankenbach/Braunau am Inn. Teichen extrem wüchsig. Manche in der Natur seltenen Pflanzen, wie etwa von einer Seerose erzählte, die er von Auch der ab den 1970er Jahren mo- der Froschbiss (Hydrocharis morsus- einer Kollegin vor einigen Jahren als dern gewordene Besatz mit asiat- ranae – Abb. 56) überwuchern im Geschenk für seinen Teich erhalten ischen Graskarpfen (Ctenopharyngo- Teich alles andere. Ich habe keine hatte. Mittlerweile war der Wurzel- don idella), Silberkarpfen (Hypoph- Ahnung, warum das im Teich so stock so riesig geworden, dass er thalmichthys molitrix) und Marmor- geschieht, während diese Arten bei einen Bagger benötigte, um ihn aus karpfen (Aristichthys nobilis) in uns in freier Natur Probleme haben, dem Teich zu entfernen. größeren Teichen und Seen zur Ver- zu überleben. Nicht selten werde ich mit der Frage besserung der Wasserqualität hat Man sollte diese besonders ausbrei- von Teichbesitzerinnen oder -besit- sich nicht bewährt. Die anfängliche tungsfreudigen Pflanzen aber auf zern konfrontiert, was man gegen Begeisterung hat sich inzwischen keinen Fall in freier Natur in Gewäs- Algen im Teich unternehmen könne. gelegt. Diese Exoten haben die wert- sern deponieren. Wasserpflanzen kön- Wenig! Es gibt tatsächlich viele völlig volle, auch Gewässer reinigende und nen eine unglaubliche Ausbreitung veralgte Teiche (Abb. 53). Sie sind Fischbrut fördernde Unterwasser- zeigen. Ein aktuelles Beispiel ist am machtlos gegen die Grünalgenflut, pflanzenwelt zerstört und negativen unteren Inn die aus Amerika stam- vor allem wenn kein oder zuwenig Einfluss auf die Kleintierwelt der Ge- mende Zwerg-Wasserlinse (Lemna Frischwasser in den Teich kommt, wässer genommen (Wallner 2005). minuta) oder in ganz Oberösterreich wenn aus der umliegenden Land- die Nuttall-Wasserpest (Elodea nutt- wirtschaft zu viele Nährstoffe in den Zuviel Sonne schadet den kleinen allii), ebenfalls aus Amerika. Auch das Teich gelangen und wenn die Sommer Teichen, aber auch zuwenig davon ist Ausbringen von gekauften Seerosen heiß und trocken sind. Teiche sind schlecht: Wenn die am Ufer stehen- (Nymphaea-Hybriden – Abb. 57) in manchmal sehr schwer zu erhalten. den Erlen (Alnus glutinosa), Eschen unsere natürlichen Gewässer ist ein Zu leicht „kippen“ diese kleinen (Fraxinus excelsior) und Weiden (Salix Unsinn und strafbar. Ich möchte nicht Gewässer und werden zur Brühe. spp.) zu groß werden, verschwinden in der Haut jener Person stecken, die 32 ÖKO·L 42/3 (2020)
eine Teichpflanze im nahen Gewässer entsorgt oder aus Spaß ausgepflanzt hat, worauf diese in der Folge ein ganzes Flusssystem erobert und auch technische Anlagen blockiert hat. Eine solche Sanierung kostet ein Vermögen! Teiche & Naturschutz Gerade die extensiv genutzten Teiche sind kostbar und für den Naturschutz wichtig! Sowohl eine Intensivierung, als auch die Nutzungsaufgabe, etwa auf Grund der Probleme mit dem Fischotter oder anderen Fischfres- sern, haben fatale Folgen für die Organismen in den Teichen. Bei aufgegebenen Anlagen verlanden die Teiche innerhalb von nur wenigen Jahren und wachsen schnell zu. Die Grundwasserteiche in den Abbau- gebieten sind besonders wertvolle Habitate, vor allem dann, wenn keine Fischzucht und kein Besatz durchge- führt werden. Genau diese Gewässer sind unbedingt zu schützen und zu fördern, deren Verbleib bzw. deren Nichtbewirtschaftung soll durch Zu- schüsse ermöglicht werden. Geplanter Intensivierung von Fisch- zucht in Auwaldgebieten ist streng entgegenzutreten! Solche „Kuhställe im Wasser“ (Ehrenreich 2012) haben in den Auen nichts verloren. Auch wenn der Bedarf an heimischem Fisch „explodiert“, sollen wir diesem Geschäftszweig nicht einfach Tür und Tor öffnen. Die Devise soll eher lauten „Raus aus den Auen!“ denn Abb. 54: Die „Rohrlacke“ im Hausruckwald oberhalb des Hohen Kreuzes in Haag am „Hinein in die Auen!“ Die Auwälder Hausruck – früher auch „Seerosenteich“ genannt werden aus Hochwasserschutzgrün- Bild in Mischtechnik von Emil Mayerhofer. Privatbesitz: Irmtraud Hohla den zunehmend potentielle Renatu- rierungsflächen. Diesen Aspekt sollte man stets im Auge behalten! Meine persönliche Motivation Warum ist es mir ein Bedürfnis, über die Teiche in Oberösterreich zu schreiben? Ich habe da zwei Ansatz- punkte: Erstens war ich in meiner Jugend ein begeisterter (aber eher kein begna- deter!) Fischer. Bevor ich offizieller Petrijünger am Inn wurde, war ich schon ohne Angelrute, nur mit einer Spule Silk, Haken und Köder bewaff- net, unterwegs, um in den Teichen und Bächen der Gegend herumzu- wildern, ein Schwarzfischer also! Ich habe auch noch Forellen in den Gumpen unter mächtigen Weidenstö- cken mit der Hand „erkitzelt“. Einmal Abb. 55: Die „Rohrlacke“ – im Hausruckwald oberhalb von Haag am Hausruck – heute musste ich in der Nähe von Kirchdorf stark beschattet unter Fichten und Buchen und ohne Seerosen. ÖKO·L 42/3 (2020) 33
Dank Für Fotos und Unterstützung danke ich folgenden Personen ganz herzlich: DI Herbert Fürst, Mag. Kons. Peter Fussl, DIin Sabine Greifeneder, Leo Hohla, Margit Hohla, Mag.a Irene und Christian Keller, Dr. Gergely Király, Kons. Johann Klaffenböck, Dr. P. Amand Kraml, Ing. Gerold Laister, Kons. Josef Limberger, Ewald Ratzen- böck, Karl Redinger, Mag.a Cornelia und Robert Schlosser, Norbert Schlosser, Michael Strauch, Dr. Albert Ulbig, Franz Ziegelböck. Besonders danke ich Gerhard Kleesadl, der selber im Laufe der Jahre mehrere hundert Teiche im Mühlviertel unter- sucht hat, für die Anregung zu diesem Abb. 56: Der Froschbiss (Hydrocharis morsus-ranae) – wuchert in den Teichen – tut sich Beitrag. bei uns aber in freier Natur als Wildpflanze sehr schwer! Literatur Altlastenportal: https://www.altlasten. gv.at/atlas/verzeichnis/Oberoesterreich/ Oberoesterreich-O75.html (Abfrage: 25. 3. 2020). Bauer C. (2014): Waldviertler Teiche. Denisia 33 zugleich Kataloge des ober- österreichischen Landesmuseums Neue Serie 163: 157–166. DORIS Atlas 4.0: Urmappe. https://www. doris.at/viewer/(S(adshjgihnxfwrosxiz3tm cpr))/init.aspx?karte=urmappe (Abfrage: 27. 3. 2020). Ehrenreich J. (2012): Fischzüchter: „Man muss sich das wie einen Kuhstall unter Wasser vorstellen“. Oberösterreichische Nachrichten, Ausgabe v. 23. 7. 2012. http://www.nachrichten.at/oberoester- reich/Fischzuechter-Man-muss-sich- das-wie-einen-Kuhstall-unter-Wasser- Abb. 57: Seerosen wie diese gibt es in unzähligen Sorten bzw. Züchtungen im Handel – vorstellen;art4,931744 leider werden sie oft gedankenlos in Naturgewässer ausgebracht – dies ist eine Gefahr (Abfrage:24. 10. 2015). für die heimische, seltene Art (Nymphaea alba). Fischer M. A., Oswald K., Adler W. (2008): Exkursionsflora von Österreich, Liechten- stein und Südtirol. 3. Auflage. Konzip. u. redig. von Manfred A. Fischer. Linz, am Inn alles liegen und stehen las- ste ... Ich lasse mich faszinieren von Oö. Landesmuseen. sen und wie bei einer „Flucht aus den Wasserläufern, die wie kleine Alcatraz“ im steilen Leitenwald vor Schlittschuhläufer ohne Eis hin und Grims (2008): Flora und Vegetation des den Häschern flüchten. Noch kilome- her flitzen, staune über das paarweise Sauwaldes und der umgrenzenden Täler terweit und nächtelang hörte ich den von Pram, Inn und Donau – 40 Jahre Schweben liebestoller Libellen (Abb. später. Stapfia 87: 1–264. Schäferhund der Verfolger. Die hohe 47), freue mich fast kindlich über Anziehungskraft der Fischfauna und badende Vögel, durchsuche etwas Grims F., Klaffenböck J. (2006): „Wassern“ die vielen schönen Stunden meiner ungeduldig das Teichdunkel, um doch oder „Wasserkehren“ im Sauwald. Der Jugend am Wasser haben Spuren in Bundschuh. Schriftenreihe des Museums endlich den einen oder anderen Molch Innviertler Volkskundehaus 9: 145–153. meiner Gesinnung hinterlassen. zu erspähen, verzeihe dem Einsiedler- frosch im Teich sein einsames Qua- Grims F., Klaffenböck J., Wallner J. (2004): Ein Zweites: Seit einigen Jahren Die Arbeit auf den Bauernhöfen des genieße ich zuhause die Beschau- ken, lasse mich berühren vom Anblick Sauwaldes vor der Mechanisierung. Der lichkeit eines kleinen Gartenteichs, der weit geöffneten Seerosenblüte, … Bundschuh. Schriftenreihe des Museums mein persönliches Spielzeug. Mit es ist ein sonniger Tag … Das ist es! Innviertler Volkskundehaus 7: 108–121. großer Freude beobachte ich die Nur in einem ruhigen Teich spiegelt Hohla M. (2009): Lebendige Spuren aus Veränderungen, den Jahresablauf, sich das Licht der Sterne. der Vergangenheit – Pflanzen unserer die Vielzahl geflügelter, krabbelnder, Burgen, Schlösser und Klöster. schwimmender und tauchender Gä- (chinesisches Sprichwort) ÖKO.L 31(4): 13–24. 34 ÖKO·L 42/3 (2020)
Hohla M. (2012a): Wasser- und Ufer- Matzinger T. M. E. (2014): Teiche in der pflanzen am unteren Inn. Über die Landschaft – Bedeutung, Funktionen & B U C H T I P PS verschiedenen Gesichter einer faszinier- Gefährdung. Schriftenreihe des Bundes- enden Flusslandschaft. ÖKO.L 34(1): amtes für Wasserwirtschaft 36: 1–59. UMWELTBILDUNG 18–35. Pott R., Remy D. (2000): Gewässer des Reinhold Gayl: Blütensex. Eine wun- Hohla M. (2012b): Bromus sitchensis – Binnenlandes. In: Pott R. (Hrsg.): Ökosys- dersame Reise durch die Trickkiste teme Mitteleuropas aus geobotanischer neu für Österreich, Plantago coronopus und Raffinesse der Pflanzen und ihrer Sicht. Stuttgart, Ulmer Verlag. – neu für Oberösterreich sowie weitere Bestäuber Beiträge zur Kenntnis der Flora des Inn- Samhaber J. (2020): Rückhaltebecken – Hochwasserschutz und Entstehung 190 Seiten, über 300 Farb-Abb., Preis: viertels. Stapfia 97: 180–192. neuer Lebensräume. Der Bundschuh. € 23,90; Horn/Wien: Verlag Berger, Hohla M. (2018): Lindernia dubia [neu Schriftenreihe des Museums Innviertler 2018; ISBN 978-3-85028-871-2 ........................................................... am unteren Inn]. In: Fleischmann A.: Flo- Volkskundehaus 23 (in Druck). ristische Kurzmitteilungen. Ber. Bayer. Wer Evolution erleben will, muss nicht Schönecker J. (1964): Flachsbau und Bot. Ges. 88: 143–166. zu den Galapagos-Inseln fahren! Ein Flachsbearbeitung im Innviertel um die vergangene Jahrhundertwende. Innviert- Schritt vor die Haustür, in den Wald, Hohla M., Gregor T. (2011): Katalog und in die Wiese, in den eigenen Garten Rote Liste der Armleuchteralgen Ober- ler Heimathefte 2: 3–22. genügt. Denn das Zusammenspiel österreichs. Stapfia 95: 110–140. Steinkellner H. (2018): Bodenverbrauch von Blüten und ihren Bestäubern Hohla M., Stöhr O., Brandstätter G., in Europa – Österreich führt die Liste ist ein wahrer Kosmos von gegensei- an! Salzburger Nachrichten, Ausgabe v. tigen Anpassungen, aber auch von Danner J., Diewald W., Essl F., Fiereder H., 21. 8. 2018. https://www.sn.at/panora- gegenseitigem Austricksen. Dieses Grims F., Höglinger F., Kleesadl G., Kraml ma/wissen/bodenverbrauch-in-europa- G. (P. Amand), Lenglachner F., Lugmair Buch ist ein Aufklärungsbuch der oesterreich-fuehrt-die-liste-an-39137911 anderen Art! Reich bebildert führt es A., Nadler K., Niklfeld H., Schmalzer (Abfrage: 26. 3. 2020). die LeserInnen in die Welt der Blüten A., Schratt-Ehrendorfer L., Schröck C., Strauch M. (2013): Artenschutzprojekte und ihrer Ausformungen, die häufig Strauch M., Wittmann H. (2009): Katalog für Pflanzenarten in Oberösterreich. nur bestimmten Bestäubertieren den und Rote Liste der Gefäßpflanzen Ober- Zugang ermöglichen. Beiträge zur Naturkunde Oberösterreichs österreichs. Stapfia 91: 1–324. 23(1): 119–130. Auf 190 Seiten liefert dieses Buch Hohla M., Stöhr O., Schröck C. (2005): Wallner R. M. (2005): Aliens. Neobiota in eine Fülle interessanter Phänomene Beiträge zur Kenntnis der Flora des Inn- Österreich. Grüne Reihe, Band 15. Wien, der Blütenökologie begleitet von viertels. Beitr. Naturk. Oberösterreichs Köln, Weimar, Böhlau-Verlag. zahlreichen Bildern, blickt auch in die 14: 201–286. Tropen, wo sich Vögel und Fledermäuse Huebauer F. (2019): Feldbeobachtungen zu den Blütenpartnern gesellen. Dem Natur- zum Verhalten der Wechselkröte – Bufotes liebhaber öffnet es die viridis (L aurenti 1768) im Linzer Indus- ENTOMOLOGIE Augen für viele, bisher triegebiet. ÖKO.L 41(2): 26–36. vielleicht übersehene Jürgen Deckert, Ekke- Kleesadl G. (2017): Floristische Neu- Wunder der belebten hard Wachmann: Die und Wiederfunde aus Ober- und Nieder- Welt und widmet sich Wanzen Deutschlands. österreich. Stapfia 107: 29–50. natürlich auch den Entdecken – Beobach- Hauptakteuren des Kraml G. (P. Amand) 1996: Die Schacher- ten – Bestimmen Geschehens, den In- teiche: Von P. Franz Schwab. Unveröff. Format 12 x 19 cm, 720 Seiten, über sekten. Abschrift, Stiftsarchiv Kremsmünster. 500 Farb-Abb., Preis: € 34,95; Wie- (Verlags-Info) belsheim: Quelle & Meyer Verlag, 2020 Kraml G. (P. Amand) 2001: Flora Cre- ........................................................... mifanensis. Analyse historischer und aktueller Verbreitungsmuster der Farn- Wanzen bilden eine überaus vielfältige Insektengruppe und können in nahezu ORNITHOLOGIE und Blütenpflanzen in der Umgebung von Kremsmünster (Oberösterreich) auf allen Lebensräumen beobachtet wer- den. Oft halten sie sich auf Pflanzen Ornithologische Arbeitsgemeinschaft am Grundlage einer Feinrasterkartierung. OÖ Landesmuseum: Atlas der Brutvögel Diss. Universität Wien. auf, sogar im Boden oder in und auf Gewässern. Die meisten Arten sind Oberösterreichs 2013-2018. – Denisia 44 Krenn-Aichinger M. (2010): Invasion im Pflanzensauger oder Räuber. Die unge- 598 Seiten, Farbfotos, Verbreitungs- Dorftümpel: Frösche rauben den Anrainern liebte Bettwanze und ihre Verwandten karten, Preis: € 49,-; Linz: Biologie- den Schlaf. Ausgabe v. 8. 7. 2010. https:// sind hingegen Blutsauger. Nicht immer zentrum des Oberösterreichischen www.nachrichten.at/oberoesterreich/ sind Wanzen auf den ersten Blick als Landesmuseums; ISBN 978-3-85474- innviertel/ried/Invasion-im-Dorftuempel- solche zu erkennen, einige Arten ähneln 354-5; Bestellung: katalogbestellung@ Froesche-rauben-den-Anrainern-den- Käfern, andere Mücken oder Ameisen. landesmuseum.at Schlaf;art14855,424733 (Abfrage: ........................................................... Die Autoren stellen in diesem reich 25. 3. 2020). bebilderten, praxisorientierten Na- Vögel begeistern Menschen auf der turführer über 500 der wichtigsten ganzen Welt. Der Zustand unserer Vo- Lindlbauer R. (2007): Als das Bier noch und häufigsten in Deutschland vor- gelwelt kann auch als Maßstab für den in den Sandkellern lagerte. Von der Ent- kommenden Wanzenarten vor und Zustand unserer Umwelt im Allgemeinen stehung des Bieres bis zu den Raaber geben Einblicke in ihre Entwicklung, herhalten. Es ist von größter Wichtigkeit, Brauereien und den Sandkellern in der hier aktuelle Zahlen, Fakten und Daten Lebensweise und Verbreitung. Auch auf Kellergröppe. Raab, Eigenverlag. parat zu haben. Der neue Verwechslungsmöglichkeiten ähnlicher L ugmair A. (2011): Bidens radiata, Arten hingewiesen. Ein Verzeichnis „Atlas der Brutvögel“ kann Bolboschoenus planiculmis, Cotinus aller in Deutschland vorkommenden und wird daher für Jahre coggygria und Hyacinthoides non-scripta Wanzenarten rundet das Bestimmungs- Maßstab und Grundlage neu für Oberösterreich, sowie weitere buch ab. von Bedeutung sein! berichtenswerte Gefäßpflanzenfunde. (Verlags-Info) (Infotext aus Buch) Stapfia 95: 85–91. ÖKO·L 42/3 (2020) 35
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