Ernährung gesunder Säuglinge - Empfehlungen der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
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Konsensuspapiere Monatsschr Kinderheilkd 2014 · 527–538 Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und DOI 10.1007/s00112-014-3129-2 Jugendmedizin (DGKJ) · C. Bührer · O. Genzel-Boroviczény · F. Jochum · T. Kauth · Online publiziert: 5. Juni 2014 M. Kersting · B. Koletzko · W. Mihatsch · H. Przyrembel · T. Reinehr · P. Zimmer © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Redaktion A. Borkhardt, Düsseldorf Ernährung gesunder Säuglinge S. Wirth, Wuppertal Empfehlungen der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Einführung und Methodik Stillen ausgewogen und regelmäßig essen, da sich die Versorgung mit wichtigen Nähr- Die Ernährungskommission der Deut- Vorteile des Stillens und Stilldauer stoffen (z. B. Vitaminen, langkettige Ome- schen Gesellschaft für Kinder- und ga-3-Fettsäuren) unmittelbar auf die Zu- Jugendmedizin (DGKJ e. V.) hat ihre F Stillen ohne Zufütterung ist für fast fuhr des Säuglings auswirkt. Als Beitrag Empfehlungen zur Ernährung gesunder alle Säuglinge in den ersten 4 bis 6 Le- zu einer guten Versorgung der stillenden Säuglinge aus dem Jahr 2009 überarbei- bensmonaten die angemessene Er- Frau mit Jod, Vitamin D und langketti- tet. Als Grundlage dienten eine elektro- nährung. Auch kürzeres Stillen oder gen Omega-3-Fettsäuren ist der Verzehr nische Literatursuche in der Datenbank teilweises Stillen mit Zufütterung von von 2 Portionen Seefisch pro Woche wün- PubMed der National Library of Medi- Säuglingsanfangsnahrung ist sinnvoll. schenswert, wobei auch fettreiche Fische cine, frühere Stellungnahmen der Deut- F Auch nach der Einführung von Bei- (Lachs, Makrele, Hering, Sardine) regel- schen Gesellschaft für Kinder- und Ju- kost sollte weiter gestillt werden. Mut- mäßig verzehrt werden sollten. Für Frau- gendmedizin und Empfehlungen der ter und Kind bestimmen, wann abge- en, die nicht regelmäßig Fisch verzehren Europäischen Gesellschaft für Pädiatri- stillt wird. (z. B. Vegetarierinnen) ist die Einnah- sche Gastroenterologie, Hepatologie und me von Supplementen ratsam, die Ome- Ernährung (http://www.espghan.org). Als Kommentar ga-3-Fettsäuren mit Docosahexaensäure Stichtag wurde der 01.10.2013 gewählt. Da Stillen ist die natürliche Ernährungsform (DHA) enthalten. Bei einer rein pflanzli- nur in Ausnahmefällen Daten mit einem des Säuglings [2, 69]. Ausschließliches chen (veganen) Ernährung der stillenden hohen Evidenzgrad zur Praxis der Säug- Stillen durch eine ausgewogen ernährte Frau ist die Einnahme von Supplementen lingsernährung aus randomisiert kont- Mutter deckt den normalen Nährstoffbe- mit Vitamin B12 erforderlich, um den ge- rollierten Studien bzw. aus Meta-Analy- darf eines gesunden Säuglings in den ers- stillten Säugling vor einem Vitamin-B12- sen solcher Studien vorliegen, wurde auf ten etwa 6 Lebensmonaten [72], mit Aus- Mangel mit dem Risiko ernster neurologi- eine systematische Bewertung des Evi- nahme von Vitamin K und Vitamin D, die scher Schäden zu schützen [57, 58, 82, 97]. denzgrads verzichtet. supplementiert werden sollen. Das gesun- Ausschließlich gestillte Kinder können Die vorliegenden Empfehlungen wur- de, nach Bedarf gestillte Kind trinkt ent- im Vergleich zu nichtgestillten Kindern den im Rahmen der Kommissionssit- sprechend seinem Energiebedarf [21, 22, in den ersten 3 bis 4 Monaten rascher an zungen am 14.05.2012, 15.10.2012 und 85]. Der Grad der Entleerung der Brust Gewicht zunehmen, sind jedoch im Alter am 29.04.2013 in Berlin formuliert und stimuliert die Milchproduktion mehr als von einem Jahr im Mittel weniger schwer im Rahmen der Sitzung am 11.11.2013 in die Frequenz des Anlegens [20]. Außer als nichtgestillte Säuglinge [27, 28, 70, 71, Dortmund verabschiedet. Nährstoffen liefert Muttermilch eine Viel- 73]. Kinder, die nach Einführung von Bei- Die gegebenen Empfehlungen sind zahl von Substanzen, welche die immuno- kost weiter gestillt wurden, wiesen am En- als Expertenmeinung anzusehen, sofern logische Abwehr und die immunologische de des 1. Lebensjahres im Mittel ein um nicht ausdrücklich anders angegeben. Reifung des Kindes beeinflussen, vor In- 400–600 g geringeres Gewicht auf als mit fektionen schützen und antientzündlich Säuglingsnahrungen (Muttermilchersatz) wirken. Stillende Frauen sollen nach den gefütterte Kinder [26]. aktuellen Handlungsempfehlungen des Säuglinge können und sollten auch Netzwerks Gesund ins Leben − Netzwerk nach Beginn der Beikostfütterung weiter Junge Familie [69] abwechslungsreich, Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014 | 527
Konsensuspapiere gestillt werden, so lange Mutter und Kind te bei Problemen. Eine vorbeugende Ein- die mit 43 Kindern durchschnittlich 5,7% dies wollen und können. schränkung der mütterlichen Ernährung des Geburtsgewichts [96]. Ein ähnlicher oder spezielle Getränke (z. B. „Milchbil- Gewichtsverlust wurde in einer größe- Stillen und Perinatalperiode dungstees“) sind nicht erforderlich. ren Studie an 937 reifgeborenen Kindern (erste 7 Tage nach der Geburt) Wünschenswert ist ein erstes Anlegen mit einem Geburtsgewicht von mehr als des gesunden Neugeborenen innerhalb 2500 g gemessen, von denen 420 (45%) F Informationen über das Stillen sollten der ersten 2 h nach der Geburt. Dazu wird ausschließlich gestillt wurden: Median bereits in der Schwangerschaft erfol- das Kind auf die Brust der Mutter gelegt des Gewichtsverlusts 6,6% (95. Perzenti- gen. und das spontane Finden der Brust und le 11,8%, 97,5. Perzentile 12,8%). Der ma- F Unmittelbar nach der Geburt soll- das erste Saugen abgewartet; dieses kann ximale Gewichtsverlust bei den 420 aus- te Müttern der Hautkontakt mit dem 20−100 min dauern [104]. Auch gut ge- schließlich gestillten Kindern trat im Me- Säugling ermöglicht werden. Ein ers- meintes Eingreifen kann den natürlichen dian mit 2,7 Tagen auf und das Geburts- tes Anlegen sollte innerhalb der ers- Ablauf des Suchens, Findens und Saugens gewicht wurde im Median nach 8,3 Tagen ten 2 h erfolgen (bei Hypoglykämie- und das Trinkverhalten stören und soll- wieder erreicht (95. Perzentile 18,7 Tage, gefährdeten Neugeborenen innerhalb te unterbleiben. Das Kind soll mit dem 97,5. Perzentile 21 Tage) [78]. Von 280 ge- der ersten 30 Lebensminuten). Dies Mund Brustwarze und Teile des Warzen- sunden, gestillten, reifgeborenen Säuglin- gilt auch für Kaiserschnittentbindun- vorhofs erfassen [95]. Eine Beobachtung gen zeigten 12% einen Gewichtsverlust, gen, sofern diese nicht in Vollnarkose von Neugeborenem und Mutter in dieser der mehr als 10% des Geburtsgewichts be- durchgeführt wurden. Phase ist unbedingt erforderlich [93]. trug. Betroffen waren überwiegend Kin- F Beim ersten Anlegen wird das Kind Das weitere Stillen sollte nach Bedarf der von Erstgebärenden, Kinder, deren auf die Brust der Mutter gelegt und erfolgen, d. h. wenn das Kind Zeichen von Entbindung lange gedauert hatte und Kin- das spontane Finden der Brust und Hunger zeigt (Unruhe, Strampeln, Such- der, deren (mehrgebärende) Mütter Me- das erste Saugen abgewartet. und Schmatzbewegungen, Saugen an Fin- dikamente unter der Geburt erhalten hat- F Das weitere Stillen sollte nach Bedarf ger, Betttuch); Schreien ist ein eher spätes ten [32]. erfolgen. Hungersignal. In der ersten Woche ist da- Wenn die Gewichtsabnahme 7–10% F In den ersten Lebenstagen sollten rauf zu achten, dass der zeitliche Abstand des Geburtsgewichtes oder mehr beträgt, Neugeborene möglichst einmal am zwischen 2 Stillmahlzeiten nicht länger bis zum 7. Tag keine Gewichtszunahme Tag unter vergleichbaren Bedingun- ist als 4 h, ggf. sollte das Kind sanft ge- erfolgt oder bis zum Alter von 14 Tagen gen gewogen werden. Wenn die Ge- weckt werden. In den ersten Lebenswo- das Geburtsgewicht nicht wieder erreicht wichtsabnahme mehr als 7–10% des chen werden viele Kinder etwa 8- bis 12- wird, sollte eine Untersuchung des Säug- Geburtsgewichtes beträgt oder inner- mal in 24 h gestillt. Häufiges Stillen bzw. lings und Abklärung der Ursachen beim halb der ersten 7 Lebenstage keine Entleeren der Brust fördert den Übergang Kinder- und Jugendarzt erfolgen [78, 84]. Gewichtszunahme erfolgt, sollte eine von der Bildung der Vormilch (Kolost- Wenn Ursachen wie eine ungenügende Untersuchung und Abklärung der rum) zur 2. Phase der Milchbildung, die Milchproduktion, Milchaufnahme oder Ursachen erfolgen. ab dem 3. Tag mit Bildung größerer Men- fehlerhaftes Saugverhalten nicht behoben gen (mehr als 200 ml/Tag) an transitori- werden können und keine Krankheit vor- Kommentar scher Milch beginnt [17, 86]. liegt, ist entweder die Gabe abgepumpter Die Information über das Stillen soll- Es ist wünschenswert alle Neugebore- Milch der eigenen Mutter oder das Zufüt- te in der Schwangerschaft im Rahmen nen in den ersten Lebenstagen täglich zu tern von Muttermilchersatz erforderlich. der Schwangerenvorsorge durch Ärz- wiegen, insbesondere nach Sectiogeburt. te oder Hebammen erfolgen. Möglichst Das tägliche Wiegen sollte erfolgen bis Zufüttern gestillter Säuglinge sollte auch der Partner der Schwange- eine stetige Gewichtszunahme beobach- ren informiert werden. Besprochen wer- tet wird. Kinder, die nur zur Entbindung F Eine Zufütterung zum Stillen sollte den sollten: Förderung der Milchproduk- in der Klinik waren, sollten spätestens bei gesunden Säuglingen nicht routi- tion und -abgabe, Fütterung nach Bedarf nach 72 h wieder gewogen werden. Wenn nemäßig, sondern nur bei Vorliegen des Kindes, empfohlene Stilldauer, not- das zu Hause nicht möglich ist, sollte es medizinischer Indikationen erfolgen. wendiger Zeitaufwand und Mahlzeiten- mit der ersten Vorstellung beim Kinder- häufigkeit, Zeichen für korrektes Trinken arzt (im Rahmen der U2) oder durch die Kommentar des Kindes, Kontrollmöglichkeiten für Hebamme geschehen. Der Termin sollte Reifgeborene, normalgewichtige Säuglin- die Mutter über ausreichende Milchpro- bei der Entlassung abgesprochen werden. ge benötigen keine routinemäßige Zufüt- duktion und -aufnahme, Positionierung Eine unzureichende Gewichtszunahme terung von Flüssigkeiten. In einer kanadi- des Kindes, anatomische Besonderheiten erhöht das Risiko für eine hypernatriämi- schen Beobachtungsstudie von 74 gesun- der Brust, Brustpflege, Vorbereitung der sche Dehydratation und Hyperbilirubinä- den, reifgeborenen Neugeborenen, von Brust auf das Stillen, Verhalten der Mut- mie. Der durchschnittliche Gewichtsver- denen 61 ein- oder mehrmalig eine Glu- ter (Rauchen, Alkohol, Drogen, Medika- lust ausschließlich gestillter Kinder in den koselösung zugefüttert bekamen (2 davon mente, Ruhebedürftigkeit), Hilfsangebo- ersten 3 Lebenstagen betrug in einer Stu- auch Säuglingsmilch), war der Gewichts- 528 | Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
Zusammenfassung · Abstract Monatsschr Kinderheilkd 2014 · [jvn]:[afp]–[alp] DOI 10.1007/s00112-014-3129-2 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) · C. Bührer · O. Genzel-Boroviczény · F. Jochum · T. Kauth · M. Kersting · B. Koletzko · W. Mihatsch · H. Przyrembel · T. Reinehr · P. Zimmer Ernährung gesunder Säuglinge. Empfehlungen der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Zusammenfassung Die Ernährungskommission der Deutschen nahrung erhalten, ebenfalls zusätzlich zur Obst-Brei, selbst hergestellt oder als indust- Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Beikost. Bei erhöhtem Atopierisiko wird Hy- riell hergestelltes Produkt. Etwa ab dem Al- hat ihre Empfehlungen zur Ernährung gesun- drolysatnahrung (HA) bis zur Einführung der ter von 10 Monaten kann ausgewogene Fa- der Säuglinge aktualisiert und als Experten- Beikost empfohlen. Die Verwendung von Fol- milienkost eingeführt werden. Eine laktove- empfehlung in einer Übersicht zusammen- genahrung ist nach Einführung der Beikost getarische Ernährung ist möglich, eine vega- gestellt. Zu 5 Hauptthemen (Stillen, Mutter- möglich. Flaschennahrung muss frisch zube- ne Ernährung ohne Supplementierung ist für milchersatz, Beikost, Familienkost, übergrei- reitet und unmittelbar verfüttert werden. Bei- Säuglinge abzulehnen. Die Supplementie- fende Aspekte) werden insgesamt 35 Kern- kost sollte nicht vor dem Beginn des 5. Le- rung von 2 mg Vitamin K oral (am 1. Lebens- aussagen formuliert und mit Hinweisen für bensmonats und nicht später als mit Beginn tag, zwischen dem 3. und 10. Lebenstag und die praktische Anwendung kommentiert. des 7. Lebensmonats eingeführt werden. zwischen der 4. und 6. Lebenswoche) sowie Empfohlen wird Stillen ohne Zufütte- Empfohlen wird gleichzeitig die Einführung von Vitamin D (400–500 IU/d) ab der 2. Wo- rung in den ersten 4 bis 6 Lebensmonaten, kleiner Mengen Gluten und eine Variation der che kombiniert mit Fluorid (0,25 mg) als Tab- und weitergeführtes Stillen neben der Bei- Lebensmittel. Als erste Beikostmahlzeit eig- lette wird empfohlen. kost. Vor allem postnatal ist eine Unterstüt- net sich ein Gemüse-Kartoffel-Fleisch- oder zung beim Stillen wichtig, einschließlich Ver- -Fisch-Brei (gut bioverfügbares Eisen, Ome- Schlüsselwörter zicht auf routinemäßige Zufütterung. Nicht ga-3-Fettsäuren), gefolgt von einem (Kuh-) Säuglingsernährung · Stillen · Beikost · gestillte Säuglinge sollen Säuglingsanfangs- Milch-Getreide-Brei und einem Getreide- Familienkost · Lebensmittelauswahl Nutrition of healthy infants. Recommendations of the Nutrition Committee of the German Pediatric Society Abstract The Nutrition Committee of the German Pe- mentary feeding. In cases of increased risk for imately 10 months infants can participate in diatric Society has updated its recommenda- atopy, a formula based on hydrolyzed pro- a healthy family diet. A lactovegetarian type tions for the nutrition of healthy infants. Five tein (HA) should be given until the start of diet is possible; however a vegan diet if not main topics (breastfeeding, breast milk sub- complementary feeding. Follow-on formu- supplemented cannot be acceptable for in- stitutes, complementary feeding, family di- la may be given together with complemen- fants. Supplementation of 2 mg vitamin K et and general aspects) are addressed in the tary feeding. Bottle feeds should be freshly orally 3 times (on day 1, between days 3 and form of 35 key statements along with de- prepared and given without delay. Comple- 10, and between weeks 4–6 after birth) and tailed comments on their practical applica- mentary feeding should be introduced be- of vitamin D (400–500 IU/day) starting from tion. tween the beginning of the fifth and the sev- the 2nd week of life combined with fluoride Exclusive breastfeeding is recommend- enth month and at this time small amounts (0.25 mg/day) in tablet form is recommended ed as the most suitable for almost all infants of gluten should also be introduced. Variation for all healthy infants. during the first 4–6 months, followed by par- of complementary feeds is recommended. A tial breastfeeding along with complementa- vegetable-potato-meat or fish puree (highly Keywords ry feeding; breastfeeding needs specific sup- bioavailable iron, omega-3 fatty acids) is well- Infant nutrition · Breastfeeding · port particularly postnatal and routine sup- suited to start complementary feeding, fol- Complementary feeding · Family diet · Food plementary feeding should be avoided. Non- lowed by (whole) cow’s milk cereal meal and selection breast-fed infants should receive infant for- a cereal–fruit meal, either homemade or as mula, which should also accompany comple- a commercial product. At the age of approx- verlust bei supplementierten und nicht- Dauer der Stillperiode nachgewiesen, so- Falls eine Zufütterung nach dem Stil- supplementierten Säuglingen gleich mit wohl für die Zufütterung von Säuglings- len in den ersten Lebenstagen erforder- 6,5% (2,43–15,87) bzw. 5,29% (2,97–7,48) milch [OR =2,92 (95% Konfidenzinter- lich ist, kann dies mit abgepumpter Milch [53]. Jedoch wurde in der bisher größ- vall (KI) 1,65–5,24; p
Konsensuspapiere
Probiotika im Säuglingsalter berichtet. Bei zen. Dabei soll nicht „Standwasser“ ge- öffnete Flüssignahrung bis zur Fütterung gesunden Säuglingen ist ein klinisch rele- nommen werden, also Wasser, das meh- nicht länger als 2 h der Raumtemperatur vanter Vorteil von prä- oder probiotisch rere Stunden in den Hausleitungen ge- auszusetzen. angereicherten Säuglingsanfangsnahrun- standen hat, sondern Fließwasser, das Cronobacter spp. (früher als Enterbac- gen gegenüber nichtangereicherten Säug- nach Ablaufen des Standwassers kalt ge- ter sakazakii bezeichnet) aus zubereite- lingsanfangsnahrungen, der einen gene- wonnen wird. ter Milchnahrung kann bei Säuglingen rellen Einsatz derart angereicherter Nah- Wasser aus haushaltsüblichen Wasser- vor allem in den ersten Lebenswochen rungen rechtfertigen würde, nicht zwei- filtern sollte nicht verwendet werden, da septische Infektionen, Meningitiden und felsfrei belegt [91, 92, 103]. durch Wasserfilter Keimzahlen und Kon- Hirnabszesse sowie nekrotisierende En- taminantenkonzentrationen erhöht wer- terokolitiden hervorrufen, die zwar sehr Zubereitung den können. Im Sinne des vorbeugenden selten sind (1:100.000), aber mit einer ho- Gesundheitsschutzes sollen pulverförmi- hen Letalität sowie bei überlebenden Kin- F Flaschennahrung muss immer frisch ge Säuglingsnahrungen nicht mit Trink- dern häufig mit neurologischen Schäden zubereitet und sogleich gefüttert wer- wasser zubereitet werden, welches durch einhergehen [51]. Auf Säuglingsstationen den. Reste müssen verworfen wer- erhöhte Gehalte an Nitrat (>50 mg/l), Blei, wurden auch epidemieartig auftreten- den, um der Vermehrung pathogener Kupfer oder anderen toxischen Substan- de Infektionen beobachtet. Derartige In- Keime und dem Auftreten von Infek- zen belastet ist. Wasser, das durch Blei- fektionen wurden bei Verwendung ver- tionen beim Kind vorzubeugen. Dies leitungen geleitet wurde, darf grundsätz- unreinigter Milchnahrung, kontaminier- gilt auch für tiefgefroren aufbewahrte lich nicht für die Säuglingsernährung ver- ter Utensilien wie Mixer und Löffeln zur und wieder aufgetaute Muttermilch. wandt werden. Solche Leitungen finden Zubereitung sowie bei längerer Aufbe- Flasche und Sauger sind sorgfältig zu sich noch in vielen Altbauten. Wasser, das wahrung zubereiteter Milch in Flaschen- reinigen und trocken aufzubewahren, über mehrere Stunden in Kupferleitun- wärmern beobachtet. ein Auskochen ist nicht erforderlich. gen gestanden hat, kann sehr hohe Kup- Ein besonders hohes Risiko für Crono- Sterilisierbäder werden nicht empfoh- fergehalte aufweisen und sollte nicht ver- bacter-Infektionen besteht nach den vor- len. wandt werden, da bei hoher Kupferzufuhr liegenden Beobachtungen für gesunde F Pulvernahrungen sollen mit frischem besonders in den ersten Lebensmonaten Neugeborene und junge Säuglinge in den Trinkwasser zubereitet werden; über die Gefahr einer Lebertoxizität besteht. ersten 2 Lebensmonaten, für Frühgebore- Nacht in der Leitung gestandenes Wasser aus Kupferrohrleitungen sollte ne sowie für andere abwehrgeschwächte Wasser sollte zunächst ablaufen, bis generell nicht verwandt werden, wenn es Kinder. Besonders für diese Risikogrup- kaltes Wasser kommt. Von der Ver- einen pH-Wert unter 7,3 (Wasserhärtebe- pen müssen die Bedingungen der Herstel- wendung von Wasserfiltern wird ab- reich 4) bis unter 7,0 (weichere Wasser) lung, Zubereitung und Handhabung der geraten. Bei hohem Nitratgehalt des hat. Besonders hohe Kupfergehalte wur- Milchnahrung so gewählt werden, dass Wassers (>50 mg/l; vor allem bei den bei nichtüberwachten Hausbrunnen die Belastung der Nahrung mit potenziell häuslichen Brunnen) und bei Wasser- und nach der Neuinstallation von unge- pathogenen Keimen so weit als möglich leitungen aus Blei (in manchen Alt- schützten Kupferrohren beobachtet. Die reduziert wird. Cronobacter ist einer der bauten) sollte für die Säuglingsernäh- örtlichen Wasserversorger können Anga- am wenigsten hitzeempfindlichen Ente- rung geeignetes, abgepacktes Was- ben zur Qualität des von ihnen abgege- robakterien. Zu seiner Inaktivierung in ser benutzt werden. Die Eignung von benen Wassers machen. Bei Verwendung Säuglingsnahrung sind hohe Temperatu- Wasser aus häuslichen Brunnen sollte von abgepacktem Wasser ist kohlensäu- ren ab etwa 60°C erforderlich. Von einer im Einzelfall überprüft werden. rearmes (sogenanntes stilles) Wasser mit häuslichen Zubereitung von Pulvernah- F Pulverförmige Säuglingsnahrung dem Hinweis „geeignet für die Zubereitung rung mit kochendem oder auf 70°C er- kann mit auf Trinktemperatur er- von Säuglingsnahrung“ auszuwählen [43]. hitztem Wasser wird dennoch abgeraten. wärmtem Wasser oder aber mit auf Säuglingsnahrungen in Form von Tro- Hierdurch drohen Nachteile durch Zer- Trinktemperatur abgekühltem abge- ckenmilchprodukten sowie ultrahoch- störung wichtiger Inhaltsstoffe der Nah- kochtem Wasser zubereitet werden. erhitzten (UHT) Produkten sind keim- rung sowie das Risiko für kindliche Ver- Von der Zubereitung von Säuglings- arm, aber nicht steril. Pulverförmige brühungen. Andererseits sind bei sach- nahrungen mit kochendem oder auf Milchnahrungen können geringe Keim- gemäßer Zubereitung und unmittelbarer 70°C erhitztem Wasser wird wegen zahlen potenziell pathogener Bakterien Verwendung von Flaschennahrung kei- der Risiken kindlicher Verbrühungen enthalten, z. B. Cronobacter spp. Zuberei- ne erhöhten Infektionsrisiken bei gesun- und nachteiliger Veränderungen der tete und erwärmte flüssige Milchnahrung den Säuglingen erkennbar. Wenn man Nährstoffgehalte der Milch abgeraten. ist besonders bei Temperaturen von 25– einer denkbaren bakteriellen Verunreini- 45°C ein sehr guter Nährboden für Kei- gung des Wassers z. B. durch Verschmut- Kommentar me. Da sich Keime in Milchnahrung bei zung am Wasserhahn begegnen möchte, Für die Zubereitung von Säuglingsnah- Raumtemperatur rasch vermehren kön- kann man das Wasser für die Zubereitung rung ist grundsätzlich frisch aus der Lei- nen, wird dringend empfohlen, aus Pul- der Säuglingsnahrung abkochen und da- tung entnommenes Trinkwasser einzuset- ver zubereitete Milchnahrung sowie ge- nach abkühlen lassen. Um Verbrühungen Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014 | 531
Konsensuspapiere zu vermeiden soll das Wasser beim An- termilch Energie und Nährstoffe aus Bei- ringeren Risiko für Zöliakie assoziiert war. schütteln der Säuglingsnahrung lauwarm kost. Rechnerisch defizitär werden in ab- Größere Mengen Gluten erhöhten das Ri- (max. 40°C) sein [69]. steigender Reihenfolge Eisen, Vitamin B6, siko im Gegensatz zu kleineren Gluten- Zink, Phosphor, Magnesium und Kalzium mengen [66]. Eine Metaanalyse von Be- Beikost [31]. Die neuromotorische und psychoso- obachtungsstudien kam ebenfalls zu dem ziale Entwicklung und die Entwicklung Schluss, dass Stillen während der Gluten- Beikosteinführung der Verdauungs- und Ausscheidungska- einführung das Risiko senkte, an Zölia- pazitäten für konzentriertere Nahrung als kie zu erkranken [4]. In einer Studie mit F Beikost sollte nicht vor dem Alter von Milch unterliegen einer großen interindi- Säuglingen mit erhöhtem Risiko für Zö- 17 Wochen (dem Beginn des 5. Le- viduellen Variabilität [75]. Im Alter von liakie wurde sowohl für die frühe (in den bensmonats) und nicht später als mit 4–5 Monaten verschwindet bei den meis- ersten 3 Monaten) als auch für die späte 26 Wochen (zu Beginn des 7. Lebens- ten Kindern der Extrusionsreflex, wäh- (ab 7 Monaten) Einführung von Gluten monats) eingeführt werden. Der indi- rend die Fähigkeit, Nahrungsbrei mit der ein erhöhtes Risiko, eine Zöliakie zu ent- viduelle Zeitpunkt ergibt sich in Ab- Zunge zu transportieren, sich entwickelt. wickeln, festgestellt [88]. hängigkeit vom Gedeihen und der Mit 5–6 Monaten zeigen die Kinder In- Aufgrund der bestehenden Datenlage Essfähigkeit des Kindes. teressen- und Verweigerungsreaktionen wird unter Abwägung möglicher Vor- und F Auch Beikostprodukte mit starken gegenüber dem Essen. Einige Kinder es- Nachteile die Einführung von Gluten in Nahrungsmittelallergenen sollten wie sen Brei bereits mit 4 Monaten, die meis- kleinen Mengen (z. B. 1/2−1 Teelöffel Ge- alle anderen Beikostprodukte ab dem ten mit 5–6 Monaten, manche erst mit treidebrei, einige Nudeln) ab dem Beginn 5.–7. Lebensmonat eingeführt wer- 7–8 Monaten [75]. des 5. Monates und spätestens bis zum Be- den. Eine späte Einführung der Bei- Für einen präventiven Effekt in Bezug ginn des 7. Monats empfohlen [1]. kost nach dem 7. Monat oder eine ge- auf Allergien durch Verzögerung der Ein- nerell allergiearme Beikost haben kei- führung von Beikost über den vollendeten Mahlzeiten und Lebensmittel nen Nutzen für die Allergiepräven- 4. Monat hinaus gibt es keine Belege, auch tion und werden nicht empfohlen. nicht bei Kindern aus atopiebelasteten Fa- F Die Einführung und Zusammenset- F Glutenhaltige Getreide (Weizen, Rog- milien. Dies gilt auch für hochallergene zung der Beikostmahlzeiten kann gen, Gerste, Dinkel, z. B. in Breien, Lebensmittel wie Fisch und Ei. Vielmehr dem Schema des Ernährungsplans für Brot, Keksen, Zwieback) sollen zu- liegen Hinweise dafür vor, dass Fischkon- das 1. Lebensjahr (. Abb. 1) folgen, nächst nur in kleinen Mengen und sum im 1. Lebensjahr einen protektiven wobei in etwa monatlichen Abstän- wenn möglich noch während der Effekt hinsichtlich der Entwicklung ato- den jeweils eine Milchmahlzeit durch Stillzeit (ab dem 5. Lebensmonat) ge- pischer Manifestationen hat [1, 34, 54]. eine Beikostmahlzeit ersetzt wird. geben werden, um das Risiko der Ent- Eine späte Einführung bestimmter Le- F Als erste Beikostmahlzeit eignet sich stehung einer Unverträglichkeit (Zö- bensmittel könnte das Risiko für eine al- ein Brei aus Gemüse, Kartoffeln und liakie) zu vermindern. Sowohl eine lergische Sensibilisierung sogar erhöhen Fleisch, um dem Kind gut verfügba- frühe (
nüs mit 12 Gew-% im 5.–10. Monat fand sich am Ende des 10. Monats eine ten- denziell niedrigere Hämoglobinkonzen- tration und bei einigen, über 4–6 Mona- te voll gestillten Säuglingen eine Anämie (Hb
Konsensuspapiere Rapsöl weist ein Verhältnis der mehrfach Gemüse-Kartoffel- Gemüse-Kartoffel- Fisch-Brei Abb. 3 9 Rezepte ungesättigten Fettsäuren α-Linolensäure Getreide-Brei für die Selbstherstel- (n-3) zu Linolsäure (n-6) von etwa 1:2 90–100 g Gemüse Selbstzubereitung lung eines Gemüse- auf. Eine hohe Zufuhr an α-Linolensäure 90–100 g Gemüse Kartoffel-Fisch-Breis 40–60 g Kartoffeln 40–60 g Kartoffeln über längere Zeit kann zur Versorgung 15–20 g Obstsaft 30–45 g Obstsaft und eines vegetari- 20–30 g Fisch 10 g Getreide schen Gemüse-Kartof- mit DHA beitragen. Eine gute DHA-Zu- 8– 10 g Rapsöl oder 8–10 g Rapsöl fel-Getreide-Breis im fuhr bzw. –Versorgung im 2. Lebenshalb- industriell hergestellte Beikostmahlzeiten „Ernährungsplan für jahr wirkt sich günstig auf die mit einem (nach RL 2006/125/EG) das 1. Lebensjahr“ so- Jahr erreichte Sehschärfe aus [1, 39]. Eine wie geeignete indus- Fischmenüs Vegetarische Menüs Zufuhr von präformierter DHA im Bei- triell hergestellte Bei- kostmahlzeiten. (Nach kostalter (z. B. aus Eigelb, Leber und fett- Gläschen, Becher Gläschen, Becher [67]) reichen Fischen wie Lachs, Makrele, He- ring) ist wünschenswert. auch stückige Lebensmittel mit der Hand Nitrat kann durch bakterielle Reduktion Honig kann Sporen von Clostridium zu sich nehmen können. im Lebensmittel und im Körper Nitrit botulinum enthalten. Honigverzehr war entstehen, welches zu einer Methämoglo- wiederholt Auslöser von Säuglingsbotu- Herstellung binämie führen kann. Des Weiteren kön- lismus [102]. Daher sollte Honig nicht vor nen aus Nitrit im Stoffwechsel Nitrosa- dem Alter von 12 Monaten verzehrt wer- F Für die Beikost eignen sich sowohl mine entstehen, die sich im Tierversuch den. Davon ausgenommen sind indus- selbsthergestellte als auch industriell kanzerogen zeigen [14]. Alle bekannten triell hergestellte Produkte, in denen die hergestellte Mahlzeiten. Fälle von durch Nitratzufuhr verursach- hitzeresistenten Sporen durch adäquate F Die Beikost sollte Fett in ausreichen- ter Methämoglobinämie sind auf unsach- Verfahren unter hohem Druck und hoher der Menge und von guter Qualität gemäße Aufbewahrung selbsthergestell- Temperatur inaktiviert worden sind [1]. enthalten. ter Breie zurückzuführen [13]. Um Into- F Die Verwendung von Honig in selbst- xikationen mit Nitrit zu vermeiden, soll- Geschmacksqualität hergestellter Säuglingsnahrung ist we- ten daher neben der Vermeidung nitrat- gen des Botulismusrisikos zu vermei- reicher Gemüsesorten in der Beikost fol- F Beikost sollte abwechslungsreich sein, den. gende Hygienemaßnahmen bei der Ver- um eine positive Geschmacksprägung wendung von Gemüsezubereitungen be- des Säuglings zu fördern. Kommentar achtet werden [13]: F Bei der Herstellung sollte auf den Zu- Sowohl selbsthergestellte als auch indus- F sofortiger Verzehr nach Zubereitung, satz von Salz und Zucker verzichtet triell hergestellte Beikostmahlzeiten ha- F maximale Aufbewahrungszeit 24 h werden, um eine entsprechende Prä- ben ihre jeweils spezifischen Vorteile im Kühlschrank, gung des kindlichen Geschmacks zu (. Abb. 2, 3, [62]). Eltern können sich F tiefgefrieren zur längeren Lagerungs- vermeiden. für unterschiedliche Arten der Beikost dauer. entscheiden, je nachdem, welche gesund- Kommentar heitlichen, sensorischen und ökonomi- Kommerzielle Beikost für Säuglinge und Abwechseln der Gemüsesorten bei der schen Argumente für sie besonders wich- Kleinkinder darf maximal 200 mg Nitrat Einführung der Beikost und somit Er- tig sind. Fertigprodukte sparen Zeit und pro kg verzehrfertiges Produkt enthalten. höhung der geschmacklichen Variabilität Arbeit. Industriell hergestellte Beikost ist Die übliche Praxis der Nährstoffanrei- fördert die Akzeptanz neuer Lebensmittel, praktisch frei von Rückständen von Pflan- cherung von Fertigprodukten bietet kei- die für eine ausgewogene Ernährung er- zenschutzmitteln und muss Grenzwer- nen zusätzlichen Vorteil [5] mit Ausnah- wünscht sind [79]. Das Risiko des Auftre- te für Nitrat und Mykotoxine einhalten me von Jod, dessen Zufuhrempfehlung tens von Allergien wird durch eine größe- [35]. Aber auch die Selbstzubereitung aus mit selbst hergestellten Breien nicht er- re Variabilität der Gemüsearten bei Ein- Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs reicht wird [62]. führung der Beikost nicht erhöht. ist geeignet, wobei die Zutaten preiswer- Zur Sicherung der Jodzufuhr bei Er- Die Vorliebe für salzigen und süßen ter sind als Fertigprodukte. Beispiele für nährung mit selbst zubereiteten Breien Geschmack sowie die Ablehnung sauren geeignete Rezepte sind in . Abb. 2 und 3 bei gestillten Säuglingen empfiehlt sich und bitteren Geschmacks ist genetisch dargestellt. Bei Selbstzubereitung ist eine ein teilweiser Austausch eines selbsther- prädisponiert, aber durch Erfahrung be- Geschmacksvariation leichter erreichbar gestellten Getreide-Milch-Breis gegen einflussbar. Daher spielen die Eltern eine als bei industrieller Fertigung. Eine höhe- einen jodangereicherten, industriell her- wichtige Rolle bei der Geschmacksent- re Geschmacksvariabilität in der Beikost gestellten Getreide-Milch-Brei oder aber wicklung ihres Kindes [1]. erhöht die Akzeptanz verschiedener Le- eine Jodsupplementation (etwa 50 μg pro In den ersten 4 Monaten zeigen Neu- bensmittel [79]. Tag) [6]. geborene und Säuglinge keine Vorliebe Ein niedriger Nitratgehalt des Gemü- Als Speiseöl für die Selbstherstellung für Salzlösungen gegenüber Wasser, da ses für die Beikost ist anzustreben. Aus der Beikost eignet sich besonders Rapsöl. ihre Fähigkeit Salz zu schmecken noch 534 | Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
eisenarm ist. Manche Studien weisen zu- Frühstück Brota + Obst + Milchb oder Stillen/Säuglingsmilch Abb. 4 9 Ernährung dem darauf hin, dass das frühe Einführen Zwischenmahlzeit Brota+ Obst oder Vollkornkeks + Obst im 10.–12. Monat, von Kuhmilch mikroskopische intestina- morgens Mahlzeiten beim Über- Mittagessen Pro Tag ca. le Blutungen hervorrufen kann, was aller- Stückiger Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei 200 ml gang von der Säug- warme Mahlzeit Wasser lingsernährung auf die dings nach einem Alter von 9 Monaten Zwischenmahlzeit Brota + Obst oder Vollkornkeks + Obst Familienkost. (Stand: nicht mehr nachgewiesen werden konnte nachmittags 2013, aktualisiert nach [1]. Kuh-Vollmilch (3,5% Fett) eignet sich Abendessen Brota + Rohkost/ oder Milch-Getreide-Brei [67]). azur Hälfte als als Bestandteil des Milch-Getreide-Breis Obst + Milchb Vollkorn, bVollmilch zur Protein- und Mineralstoffversorgung, 3,5%, Tasse die Tageszufuhr sollte jedoch etwa 200 ml, wie sie für den Brei vorgesehen sind, nicht nicht ausgeprägt ist. Ältere Säuglinge Kommentar überschreiten (. Abb. 2). zeigten eine verstärkte Präferenz für Salz- Zwischen 9 und 15 Monaten ist ein Kind Als Getränk sollte Kuhmilch erst gegen lösungen (mit deutlich höherem Salzge- soweit entwickelt, dass es durch Nach- Ende des 1. Lebensjahres gegeben wer- halt) gegenüber Wasser, was auf eine zu- ahmung lernt, aus der Tasse zu trinken den, wenn das Kind aus der Tasse trinken nehmende Fähigkeit, Salz schmecken zu und mit einem Löffel zu essen. Von fes- kann. Die Kuhmilch sollte altersgerecht können, hinweist [9]. Kleinkinder ab dem ter Nahrung kann das Kind abbeißen aus der Tasse getrunken werden, nicht aus Alter von etwa 24 Monaten haben gelernt, [75]. Die spezielle Säuglingsernährung der Flasche, um einen unnötig hohen Ver- welche Speisen salzig schmecken, und geht, beginnend mit der Einführung von zehr zu vermeiden. Eine hohe Proteinzu- lehnen solche ab, die nicht in gewohntem Brot, nach und nach in die 3 Hauptmahl- fuhr mit Milch gegen Ende des 1. Lebens- Maß salzig sind. Regelmäßige Zusätze von zeiten (Frühstück, Mittagessen, Abendes- jahres war mit einem höheren Risiko für Salz zu Speisen bei jungen Kindern för- sen) und 2 Zwischenmahlzeiten (vormit- Übergewicht im Alter von 7 Jahren asso- dern demnach die Gewöhnung an salzi- tags, nachmittags) einer Familienernäh- ziiert [56, 107]. ge Nahrung. rung über (. Abb. 4). Vorsicht ist gebo- In einer randomisierten, kontrollier- ten bei kleinen festen Lebensmitteln bzw. Getränke ten, doppelblinden Studie mit nieder- sehr harten aber brechbaren Wurzelge- ländischen Neugeborenen wurden Kurz- müsen. Nüsse oder rohes Wurzelgemüse F Nach der Einführung von 3 Brei- und Langzeiteffekte der Natriumzufuhr sollten wegen der möglichen Aspirations- mahlzeiten pro Tag sollten Säuglingen auf den Blutdruck untersucht. Säuglin- gefahr nicht gegeben werden. als Getränk Wasser oder für Säuglin- ge mit moderater Natriumzufuhr hat- In der Familienernährung sollte das ge geeignete, nicht gesüßte Tees ange- ten einen niedrigeren systolischen Blut- verwendete Speisesalz einen Zusatz von boten werden. Erst ab der Fütterung druck als Säuglinge mit normaler Nat- Jod, Fluorid und Folsäure enthalten und des 3. Breis sind Getränke zusätzlich riumzufuhr [64]. Die Salzzufuhr im ers- sparsam verwendet werden. Auf den Ver- zu Muttermilch oder Säuglingsnah- ten Lebenshalbjahr wirkte sich noch nach zehr von stark gezuckerten Produkten (Sü- rung erforderlich (Ausnahme: Fieber, 15 Jahren auf den Blutdruck aus [52]. ßigkeiten, Getränke) sollte soweit als mög- Erbrechen, Durchfall). Zucker lich verzichtet werden (Kariesgefahr, Ge- Süßer Geschmack wird von Geburt an schmacksprägung, Übergewichtsrisiko). Kommentar präferiert [24, 81, 87, 100]. Diese angebo- Eine zusätzliche Flüssigkeitszufuhr (ca. rene Präferenz lässt sich durch Erfahrun- Übergeordnete Gesichtspunkte 200 ml Wasser pro Tag) wird erst bei der gen mit Süßem verändern [10, 11]. Ein frü- Einführung des 3. Breis in der Beikost er- her Kontakt mit Zuckerlösung bestimmt Kuhmilch forderlich. Mit der Einführung der Bei- die Vorliebe für Süßes auch noch im 2. Le- kost (gemäß dem Ernährungsplan) sinkt bensjahr. Kinder, die frühzeitig regelmä- F Für die Herstellung von Milchbreien der Wassergehalt der Nahrung (Wasser- ßig Zuckerlösungen erhielten, tranken können bis zu etwa 200 ml Kuhmilch dichte ml/kcal). Dies bedeutet eine Ver- mehr von der getesteten Zuckerlösung pro Tag verwendet werden. minderung der Gesamtwasserzufuhr als Kinder ohne diese Erfahrung. Ähnli- F Kuhmilch (pasteurisierte Frischmilch (Summe von Wasser aus Nahrungsmit- che Ergebnisse wurden in einer Studie mit oder H-Milch) sollte als Getränk erst teln, Getränken und Oxidationswas- unterschiedlich süßem Apfelsaft bei Vor- gegen Ende des 1. Lebensjahres in ser) bezogen auf das Körpergewicht bzw. schulkindern gefunden [77]. kleinen Mengen gegeben werden, um ein Stagnieren der Gesamtwasserzufuhr. nachteilige Wirkungen, u. a. auf die Gleichzeitig steigt die renale Molenlast an. Übergang auf die Familienkost Eisenabsorption, zu vermeiden. Ohne zusätzliche Getränke bedeutet dies einen Anstieg der Urinosmolarität. Hin- Etwa ab dem 10. Lebensmonat sollte die Kommentar zu kommt ein Anstieg der Wasserverlus- spezielle Säuglingsernährung schrittwei- Der Hauptgrund für eine restriktive Ein- te mit zunehmendem Alter durch Perspi- se durch Speisen aus der ausgewogenen führung von Kuhmilch ist die Vermei- ratio insensibilis und Stuhl, sodass dem Familienernährung ergänzt werden. dung eines Eisenmangels, da Kuhmilch Säugling weniger Wasser zur renalen Aus- Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014 | 535
Konsensuspapiere scheidung zur Verfügung steht. Zwar reift sondere bei gestillten Kindern mit Cho- setzt werden, um die im Vergleich zu Hä- gleichzeitig der Konzentrationsmechanis- lestase [46]. meisen schlechtere Bioverfügbarkeit des mus der Niere, der funkionelle Spielraum Kinder mit dunkler Haut und Kinder, Nicht-Hämeisens [83] zu verbessern [59]. wird aber insgesamt immer enger. Bereits die nicht dem Sonnenlicht ausgesetzt wer- Der fleischfreie Gemüse-Getreide-Brei geringe zusätzliche Belastungen (Fieber, den, haben ein höheres Risiko für einen sollte milchfrei sein, damit nicht durch Durchfall, starkes Schwitzen) können so Vitamin-D-Mangel [106]. Der Kinder- Milch die Bioverfügbarkeit von Eisen in zu einer gefährlichen Störung des Wasser- und Jugendarzt sollte im Einzelfall ent- der Mahlzeit vermindert wird [61]. haushaltes führen. scheiden, ob die Gabe von 400–500 IU Eine vegane Ernährung von Säuglin- Aus praktischer Sicht ist zu bedenken, Vitamin D/Tag insbesondere in den Win- gen ohne spezielle Nährstoffsupplemen- dass Kinder dieses Alters zwar motorisch termonaten fortgesetzt werden muss. tierung ist mit hohen Risiken für Nähr- in der Lage sind aus dem Becher zu trin- Die Fluoridkonzentration des örtli- stoffdefizite verbunden, insbesondere ken, aber ihren Wunsch nach zusätzlicher chen Trinkwassers kann bei den zuständi- dem Risiko eines Vitamin-B12-Mangels Flüssigkeit nur sehr ungerichtet äußern gen Wasserwerken oder Gesundheitsäm- mit schwerer irreversibler neurologischer können. Sie muss ihnen darum angebo- tern erfragt werden. Wird Mineralwasser Schädigung [98]. ten werden. verwendet, ist darauf zu achten, dass das Wasser als geeignet zur Zubereitung von Korrespondenzadresse Supplemente (Vitamin K Säuglingsnahrung ausgewiesen ist [19]. und D, Fluorid) Prof. Dr. B. Koletzko Vegetarische Ernährung Ernährungskommission der Deutschen F Alle gesunden Säuglinge erhal- Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Chausseestr. 128–129, 10115 Berlin ten insgesamt 3 Mal nach der Ge- Eine ovo-laktovegetarische Ernährung info@dgkj.de burt Vitamin K p.o. (2 mg) als Trop- von Säuglingen ist möglich, erfordert fen (am 1. Lebenstag, zwischen aber wegen des Risikos einer marginalen 3. und 10. Lebenstag und zwischen Eisenversorgung eine sorgfältige Lebens- Einhaltung ethischer Richtlinien der 4. und 6. Lebenswoche). mittelauswahl und bei klinischer Indika- F Nach Etablierung der vollen Milch- tion eine Überwachung des Eisenstatus. Interessenkonflikt. C. Bührer erhielt finanzielle Mit- tel zur Durchführung von Symposien, Vortragshonora- zufuhr (in der Regel spätestens in Eine vegane Ernährung (rein pflanzliche re und Reisekostenerstattungen von den Firmen Milu- der 2. Lebenswoche) bis zum 2. er- Ernährung ohne Gabe von Milch und Ei) pa, Nutricia, Nestlé und Humana. F. Jochum führte For- lebten Frühsommer erhalten sie je- ohne Nährstoffsupplementierung ist ab- schungsvorhaben durch, organisierte Symposien und hielt Vorträge finanziert durch verschiedene Hersteller den Tag eine Tablette mit Vitamin D zulehnen, da sie zu schwerwiegenden von Säuglingsnahrung und parenteraler Ernährungs- (400–500 IU/Tag) und 0,25 mg Fluo- Nährstoffdefiziten führt. Eine sorgfältige produkte. M. Kersting führte Forschungsvorhaben rid/Tag. Nach dem Ende der Vitamin- Überwachung von Wachstum und Gedei- durch und hielt Vorträge, finanziert durch verschiede- ne Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie. Die Zu- D-Supplementierung wird die Gabe hen ist notwendig, ggf. ergänzt durch La- wendungen gingen an das Forschungsinstitut für Kin- von Fluoridtabletten fortgeführt, bis borbestimmungen. derernährung. B. Koletzko ist Mitglied der Nationalen das Kind zur Zahnpflege fluoridier- Stillkommission und räumt ein, für das Stillen vorein- genommen zu sein. Die Ludwig-Maximilians-Univer- te Zahnpasta verwendet (d. h., sobald Kommentar sität München und ihr Mitglied B. Koletzko erhielten es Zahnpasta ausspucken kann, in der Die Lebensmittelauswahl bei vegetari- finanzielle Unterstützung für wissenschaftliche und Regel ab dem 5. Lebensjahr). Liegt die scher (fleischfreier) Säuglingsernährung edukative Projekte durch Hersteller von Säuglingsnah- rungen (Abbott, Danone, Fonterra, Hipp, Mead John- Fluoridkonzentration im Trinkwas- orientiert sich an dem allgemeinen Bei- son, Nestlé), überwiegend als Teil und im Rahmen öf- ser über 0,3 ppm aber unter 0,7 ppm, kostschema. Wird der Gemüse-Kartof- fentlich geförderter Forschungsprojekte mit finanziel- werden reduzierte Dosierungen für fel-Fleisch-Brei durch einen fleischfreien ler Förderung durch die Europäische Kommission, das Bundesministerium für Bildung und Forschung und Fluorid empfohlen. Wenn das Trink- Gemüse-Kartoffel-Getreide-Brei ersetzt die Deutsche Forschungsgemeinschaft. W. Mihatsch wasser mehr als 0,7 ppm Fluorid ent- (. Abb. 3), wird eine ähnliche Nährstoff- hat folgende Firmen oder Institutionen wissenschaft- hält, sollten keine Fluoridsupplemen- zufuhr wie mit fleischhaltiger Nahrung lich beraten, mit ihnen Studien durchgeführt, Sympo- sien organisiert oder von ihnen Vortragshonorare oder te gegeben werden. und eine ausreichende Proteinzufuhr er- Reisespesenerstattungen erhalten: AlzChem, Arde- reicht [68]. ypharm, Baxter, Danone, DMS, FHI, HIPP, Humana, Me- Kommentar Wird industriell hergestellte Beikost ad Johnson, Nestle, Milupa, Numico und Pfizer. T. Rei- nehr erhielt Vortragshonorare von den Firmen Nest- Die in Deutschland übliche 3-malige ora- verwendet, können vegetarische Gemüse- le und Hipp. O. Genzel-Boroviczény, T. Kauth, H. Przy- le Gabe von 2 mg Vitamin K jeweils am Vollkorngetreide-Breie (Gläschenkost) als rembel und P. Zimmer geben an, dass kein Interessen- 1. Lebenstag (U1), zwischen dem 3. und Alternative zu den üblichen fleischhalti- konflikt besteht. dem 10. Lebenstag (U2) und erneut zwi- gen Menüs verwendet werden (. Abb. 3). Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen schen der 4. und der 6. Lebenswoche Falls beim fleischfreien Fertigprodukt ein oder Tieren. (U3) ist effektiv und wird weiterhin emp- Zusatz von Vitamin C nicht ausgewiesen fohlen. Diese Form der Prophylaxe kann ist (Zutatenliste), sollten dem Gemüse- aber nicht alle Fälle von späten Vitamin- Vollkorngetreide-Brei 2–3 Esslöffel Vita- K-Mangel-Blutungen verhindern, insbe- min-C-reicher Obstsaft oder -brei zuge- 536 | Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
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