Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk

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Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
Von Pilgern und Prophetinnen
                          Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz
Jahresbericht 2017/2018

                                                             EMW-Jahresbericht 2017/2018   | 83
Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
INHALT

Von Pilgern und Prophetinnen − Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz
3    Einstimmung − Christoph Anders

     Nachlese
4    „Vom Geist bewegt – zu transformierender Nachfolge berufen“ − Christoph Anders und Michael Biehl
11   Es ist ein köstlich Ding − Jan Janssen

     Kommentare aus der Weltchristenheit
14   Afrikanisches lebendig werden lassen − Faith Lugazia
16   Ich bin ein kostbares Kind Gottes − Adi Mariana Waqa
18   Arusha 2018: Eine chinesische Perspektive − Manhong Lin und Ivy Jingqin Gu
20   Nachfolge und Verfolgung in Syrien − Mor Ignatius Afrem II
22   Ein Meilenstein für junge Menschen − Gladwel Wambui Rurinja

     Akzente der Konferenz
24   Perspektiven der Nachfolge − Christoph Anders
26   Nicht ohne den Ruf in die Nachfolge − Erhard Berneburg
28   Mission von den Rändern − Gabriele Hoerschelmann
30   „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“ − Ravinder Salooja
32   „Ich gehe ermutigt zurück“ − Beate Jakob
34   „Aufruf“ zum Weiterdenken − Claudia Jahnel
36   Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens − Renke Brahms
38   Verwandelnde Nachfolge - aber wohin? − Jochen Motte
40   „Translating the Word, Transforming the World“ − Anna-Katharina Diehl und Matthias Ehmann
42   Aus Bewegung in Bewegung − Sönke Lorberg-Fehring
44   Eine Konferenz und ihr mediales Echo − Freddy Dutz
48   Im Vergleich: Kapstadt und Arusha − Raimund Hertzsch

     Resümee
51   Vierzehn Beobachtungen, Fragen und Thesen zur 14. Weltmissionskonferenz − Christoph Anders und Michael Biehl

Aus der Arbeit der Geschäftsstelle
57   Direktorat: 70 Jahre ÖRK - Anders − Perspektivprozess - Janssen/Anders − Christliches Zeugnis - Anders/Biehl
59   Geschäftsführung: Transparenz, Transfers und eine neue Buchhaltung − Olaf Rehren
62   Grundsatzreferat: Internationale Studienarbeit und ein neues Jahrbuch − Michael Biehl
64   Theologische Ausbildung: Kooperation und Austausch − Michael Biehl
66   Asien: Different Religions – Common Future − Martin Krieg
68   Pazifik: Ökumenische Erneuerung im Südpazifik − Martin Krieg
70   Ozeanien Dialog: Brücken bauen zwischen Ozeanien und Europa − Jan Pingel
71   Dalit Solidarität: „Kanalreinigung muss sauber und menschenwürdig werden“ − Manuela Ott
72   Afrika: Ökumene in Afrika − Almut Nothnagle
73   Mittlerer Osten: Zusammenarbeit im Mittleren Osten − Almut Nothnagle
75   EAPPI: Zugang zu Bildung unter Besatzung − Anja Soboh
76   Lateinamerika: Autoritätsverlust und mögliche Chancen − Marcia Palma
78   Öffentlichkeitsarbeit: Aufgaben, Aktionen und Aussichten − Helge Neuschwander-Lutz und Freddy Dutz
82   Missionsakademie: 60 Jahre Missionsakademie − Uta Andrée

Von Pilgern und Prophetinnen − Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz
Jahresbericht 2017/2018 des Evangelischen Missionswerks in Deutschland e.V. ∙ Hamburg, September 2018
ISBN 978-3-946352-06-8
Schlussredaktion und Gestaltung: Helge Neuschwander-Lutz
Korrektorat: Birgit Regge, Sandra Lütje, Freddy Dutz
Druck:        MHD Druck und Service, Hermannsburg
Bestellungen: EMW, Normannenweg 17-21 ∙ 20537 Hamburg ∙ Telefon (040) 254 56-148 ∙ E-Mail: service@emw-d.de
Download:     www.emw-d.de
Titelbild:    Albin Hillert/WCC

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Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
EINSTIMMUNG

                                                                                                 Christoph Anders
                                                                                                 Direktor des EMW

                    Menschen gemeinsam unterwegs. Ohne Eile, miteinan-         waren nicht selten Frauen, die sie vorbrachten. Und wie
                    der redend oder schweigend. Es könnte eine Gruppe von      schon zu biblischen Zeiten lösen solche deutlichen Wor-
                    „Disciples“, von Jüngerinnen und Jüngern sein, denn das    te Zustimmung und Widerspruch aus. Auch davon findet
                    Titelbild zeigt Teilnehmende der Weltmissionskonferenz     sich einiges in dem Bericht, den wir Nachlese genannt
                    in Arusha. Genaueres über Ausgangspunkt und Ziel die-      haben. Denn es handelt sich um nachträgliche, auswäh-
                    ser besonderen Weggemeinschaft wissen wir nicht, aber      lende und bewertende Betrachtungen dieses wichtigen
                    das Foto mag ein Selbstverständnis veranschaulichen,       ökumenischen Ereignisses. Wir hoffen gleichwohl, dass
                    das für viele Anwesende kennzeichnend war: Sie wollten     die Texte so anregend sind, dass sie zu wiederholtem
                    diese Konferenz am Fuß des Mount Meru auch als eine        Nachlesen einladen.
                    Station des ökumenischen Pilgerwegs der Gerechtigkeit
                    und des Friedens miterleben. Pilger also, und trotz der    Jan Janssen, der in Arusha ebenfalls dabei gewesen ist,
                    Formenvielfalt, die das Pilgern auszeichnet, kann es mit   müssen wir an dieser Stelle verabschieden. Bis Ende
                    Zielorientierung und Suche, Entbehrung und Einkehr,        2017 Bischof und danach Pfarrer der Oldenburgischen
                    also mit eher stillen Tönen verbunden werden.              Landeskirche, wird er sein Amt als Vorstandsvorsitzen-
                                                                               der des EMW nur noch bis zur diesjährigen Mitglieder-
                                                                               versammlung ausüben können. Er fühlt sich eher vom
                                                                               flachen Land, von Küsten, Wind und Meer angezogen,
                                                                               und wird künftig als Pastor der Deutschen Seemanns-
                                                                               mission in Rotterdam tätig sein. Mitglieder des Vorstan-
                                                                               des, Delegierte der Mitgliederversammlung, weltweite
                                                                               Partner und Mitarbeitende der Geschäftsstelle des EMW
                                                                               bedauern diesen Abschied und sind zugleich überaus
                                                                               dankbar für sein Engagement. Seine den Menschen zu-
                                                                               gewandte und gemeinsamen Anliegen verpflichtete Hal-
                                                                               tung hat unsere Arbeit in den letzten acht Jahren maß-
                                                                               geblich geprägt. In besonderer Erinnerung bleiben ein-
                                                                               drückliche Impulse zu biblischen Texten, Liedern und
                                                                               Gebeten – und so ist es kein Zufall, dass sich sein Beitrag
                                                                               in diesem Heft dem spirituellen Leben der Weltmissions-
                                                                               konferenz widmet. Für seinen weiteren „Discipleship“-
                                                                               Weg wünschen wir ihm Gottes Segen.

                                                                               Auch in diesem Jahr lassen die Berichte aus den Arbeits-
                                                                               bereichen der EMW-Geschäftsstelle auswahlsweise und
                                                                               akzentuiert die vielfältigen Aufgaben des EMW erkennen.

                                                                               Mit dem Dank an die Kollegen und Kolleginnen hier im
Albin Hillert/WCC

                                                                               Haus, an alle, die sich in den Gremien und anderen Fo-
                                                                               ren des EMW engagieren und an diejenigen, die auf viel-
                                                                               fältige Weise ihrer Verbundenheit mit dem EMW Aus-
                                                                               druck verleihen, verbinde ich die Bitte um weiterhin mit-
                    Als Kontrast dazu steht der Begriff Prophetinnen im Ti-    gehende Begleitung, Unterstützung und Fürbitte.
                    tel des Rückblicks auf diese ökumenische Versammlung.
                    Prophetinnen sind standhaft und anstößig, erheben ihre     Ihr
                    Stimmen um Gottes Willen und seiner Welt zuliebe, deu-
                    ten Zeichen der Zeit und rufen Andere zur Umkehr. Sol-
                    che klaren Ansagen sind in Arusha zu hören gewesen. Es

                                                                                                           EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 3
Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz

Von Pilgern und Prophetinnen -

Viele, die im März 2018 zur Weltmissionskonferenz ins tansanische Arusha aufgebrochen

sind, haben sich als Pilgernde auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens verstanden.

Aus aller Welt waren sie an den Fuß des Mount Meru eingeladen worden, um Antworten auf

die drängende Frage zu finden, wie eine missionarische Nachfolge-Praxis in den heutigen

bewegten Zeiten aussehen soll. Vor Ort waren dazu von Frauen und Männern häufig

prophetische Töne zu vernehmen, denn Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der

Schöpfung bleiben drängende Handlungsfelder für die weltweite Christenheit.

„Vom Geist bewegt – zu transformierender Nachfolge berufen“
„Arusha 2018“ – Ort und Jahr stehen von nun an für ein   nischen Missionsbewegung markieren: Zuletzt Athen
besonderes Ereignis zu Mission und Evangelisation in     2005, davor Salvador da Bahia 1996 und weiter zurück
Afrika. Als 14. Weltmissionskonferenz (WMK) unter dem    Achimota /Ghana 1958, die bis dahin einzige WMK auf
genannten Titel ist diese Zusammenkunft in Tansania      afrikanischem Boden. Am Anfang dieser Reihe steht
Glied in einer eindrucksvollen Kette von Konferenzen,    Edinburgh 1910, die „Mutter“ aller neuzeitlichen öku-
deren Orte und Daten wichtige Stationen in der ökume-    menischen Konferenzen. In Arusha wurde diese Einord-

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Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
Albin Hillert/WCC
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz
   Viele der mehr als 1.000 Delegierten, Gäste und Besucher aus aller Welt waren anlässlich der 14. Weltmissionskonferenz zum Gruppenbild vor
   dem Konferenzzentrum in Arusha anwesend.

   nung gleich zu Beginn durch Fahnen verdeutlicht, auf                   ökumenischen Gedankens, wie Kirchenspaltungen ver-
   die neben Jahr, Ort und Titel auch ein Foto der jeweiligen             deutlichen. Auch Tendenzen wie das Erstarken von Wohl-
   Zusammenkunft gedruckt war. So wurden die Anwesen-                     stands-Theologien und die Folgen der Säkularisierung
   den erinnert, in welcher Geschichte sie mit dieser Konfe-              für kirchliches Leben besonders im Globalen Norden
   renz in der Ngurdoto Mountain Lodge, etwas außerhalb                   wurden aufgezählt.1
   von Arusha, stehen.
                                                                          „Where Vision gets build“
   Jede der WMK war ein Versuch, die jeweilige Lage der                   Angesichts dieser Ansagen fällt ins Auge, dass über den
   weltweiten Missionsbewegung auf den Punkt zu brin-                     Konferenzteilnehmer/innen, versammelt zum offiziellen
   gen. In der Ankündigung zu Arusha 2018 wurden dafür                    Foto auf den Stufen des Convention Center der Lodge, das
   prophetisch „Zeichen der Zeit“ benannt, die die heutigen               anspruchsvolle Motto prangt „Where vision gets build“.
   Herausforderungen von Kirchen und ihrem Zeugnis und                    Welche Vision oder prophetsiche Zeitansage hat diese
   Dienst markieren: Bedrohungen der menschlichen Wür-                    WMK mit über 1.000 Teilnehmenden aus ÖRK-Mitglieds-
   de durch neu aufkeimenden Rassismus und dramatische                    kirchen, Missionsorganisationen und anderen Bereichen
   ökonomische Abhängigkeiten, globale Ungerechtigkeit,                   der weltweiten Christenheit entwickelt? Wofür wird Aru-
   die Folgen des Klimawandels ebenso wie wachsende re-                   sha 2018 in den Annalen der ökumenischen Bewegung
   ligiöse Spannungen oder die Ambivalenz der modernen                    einmal stehen? Während des Treffens war die Resonanz
   IT-Medien. Darin eingebettet waren Einschätzungen                      in der hiesigen Presse trotz einer intensiven Arbeit vor
   über den unterschiedlichen Stand der missionarischen                   Ort2 eher überschaubar und wenig aussagekräftig in Be-
   Bewegung in den Weltregionen oder das Nachlassen des                   zug auf diese Frage.

                                                                                                           EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 5
Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz

Nun liegt das Ereignis selbst erst wenige Monate zu-            Teil haben wir Partner des EMW, die an der Konferenz
rück, viele Teilnehmer/innen sind noch dicht an den eige-       teilgenommen haben, um einen Kommentar gebeten.7
nen Erlebnissen, und nicht alle Materialien und Impulse
sind zugänglich gemacht. Texte und Berichte, die bisher         Für den dritten Teil haben wir deutsche Teilnehmende
zu Arusha veröffentlicht wurden, heben hervor, wofür            um themenbezogene Beiträge gebeten. Abgerundet wird
das Foto als Beleg dienen kann: Die Vielfalt der Teilneh-       der Bericht durch den Versuch, Beobachtungen zu ersten
menden sowie die Vergewisserung gemeinsamen Unter-              Beurteilungen zu verdichten und Deutungen anzubieten.
wegsseins. Dazu kommen das beeindruckende geistliche
Leben als Einübung in eine „transformative Spiritualität“       Afrikanisch, missionarisch, jung
und als Öffnung für das Wirken des Heiligen Geistes, so-        Kehren wir noch einmal auf die Stufen der Mountain
wie eine Fülle von Themen, die diskutiert wurden. So-           Lodge zum Konferenzfoto zurück. Die darauf Versammel-
wohl diese Fülle wie die Vielfalt der Beiträge von Arusha       ten kommen aus Ost und West, Nord und Süd. Die inzwi-
spiegeln die Berichte wider, die uns bisher erreicht haben,     schen veröffentlichten Zahlen belegen, dass es den Ver-
oder die wir für diesen Jahresbericht erbeten haben.3           anstaltern gelungen ist, eine angemessene Beteiligung
                                                                von Menschen aus dem „Globalen Süden“ sicherzustel-
Ein naheliegender Gedanke wird in den Berichten aller-          len, was für ökumenische Großereignisse bis heute nicht
dings eher verneint: Der „Aufruf zur Nachfolge von Aru-         selbstverständlich ist.
sha“4 ist von der Konferenz verabschiedet worden, doch
Anwesende und Autorinnen und Autoren dieses Jahres-             Delegierte8                             543
berichtes sagen, dass vieles von dem darin nicht aufge-         Mitgliedskirchen ÖRK                    243
nommen ist, wofür Arusha für sie steht. Zugleich - so die       Angegliederte Organisationen            152
Kritik - betone der Aufruf Akzente, die zwar während der        Weitere Ökumene                         148
Konferenz zu hören waren, sie jedoch nicht durchgängig
geprägt haben. Weiter, dass Nachfolge im Aufruf vorran-         Weitere Teilnehmer/innen                295
gig als eine Liste von Aufgaben beschrieben wird, wie           Beobachter/innen                         47
die Welt durch menschliches Handeln verwandelt wer-             Berater/innen                            91
den müsse. Vor dem düsteren Bild der dort beschriebe-           Ökumenische Gäste                        19
nen bedrohten Welt verblasse, sich als vom Geist bewegt
und erfüllt zu erleben, als Vorgeschmack des von Gott           ÖRK-Stab                                 98
Verheißenen. Der erste Bericht zur Konferenz, der dem           Stewards                                 40
Zentralausschuss des ÖRK für sein Treffen im Juni 2018
in Genf zuging, und ein Begleitbrief aus der Kommission         Männer                                  605
für Weltmission und Evangelisation (CWME) erweitern             Frauen                                  419
das Spektrum der Aspekte, für die die Konferenz stehen          Junge Erwachsene                        128
soll. Etwa, dass die „Zeichen der Zeit“ des afrikanischen
Kontinents oder religiös grundierte Konflikte angespro-         Zusammen                               1024
chen werden. Ebenso findet sich hier nun ein Hinweis
zur Evangelisation, der im Aufruf erstaunlicherweise            Besonders erfreulich ist die hohe Zahl von Menschen
fehlt, und auch der Themenstrang Säkularisierung wird           vom afrikanischen Kontinent und aus der afrikanischen
benannt.5                                                       Diaspora, die auf dieser Ebene dazu beigetragen haben,
                                                                das Ziel einer „afrikanischen“ Konferenz zu erreichen.
Noch ist die Deutung der Konferenz im Gange. Dieser Be-         Die einladende Evangelisch-Lutherische Kirche in Tan-
richt ist ein weiterer Bestandteil, er führt die Arbeit fort,   sania (ELCT) erwies sich als engagierter Gastgeber und
die mit dem letzten Jahresbericht und den beiden Bänden         gestaltete einen Abend zu ihrer Mission. Vorträge und
zur WMK bzw. zu Tansania begonnen wurde.6 Und er                Beiträge in Podiumsgesprächen kamen von einer ganzen
lädt mit seinen vielen Impulsen ein, sich daran zu betei-       Reihe von Redner/innen aus afrikanischen Kirchen, und
ligen.                                                          ein Abend war dem Kontinent gewidmet, an dem bekann-
                                                                te Theolog/innen wie Mercy Oduyoye oder John Mbiti
Dieser erste Teil des thematischen Jahresberichtes bietet       sprachen.9 Auch die etwa vierzig jungen Stewards reprä-
eine Beschreibung der WMK an: Teilnehmer/innen, Pro-            sentierten überzeugend Kirchen und Länder des Konti-
gramm, Verlauf und erste Einsichten. Für einen zweiten          nents. Inhaltlich sieht es mit der afrikanischen Prägung

6 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
Albin Hillert/WCC

                    Die hohe Zahl von Menschen vom afrikanischen Kontinent und aus der Diaspora haben dazu beigetragen, das Ziel einer afrikanischen Konferenz zu
                    erreichen.

                    etwas anders aus, worauf verschiedene Beiträge auch in                   seinem Abschnitt über Nachfolge darauf ein, in welcher
                    diesem Heft hinweisen. Der ÖRK hatte im Vorfeld zwei                     Form das Gespräch über verwandelnde Jüngerschaft/
                    Hefte mit Texten von afrikanischen Autor/innen veröf-                    Nachfolge in Arusha geführt wurde.15
                    fentlicht, sie haben jedoch auf der Konferenz keinen Wi-
                    derhall gefunden.10                                                      Vor allem durch die Einbindung der rund 120 Studie-
                                                                                             renden aus aller Welt am Global Ecumenical Theological
                    Für den im Vorfeld ebenfalls betonten missionalen Cha-                   Institute (GETI) waren auch junge Erwachsene deutlich
                    rakter steht, dass die Missionserklärung „Gemeinsam                      präsenter als auf anderen ökumenischen Konferenzen.16
                    für das Leben. Mission und Evangelisation in sich ver-                   Sie zeichneten auch verantwortlich für einen Nachmittag
                    ändernden Kontexten“11 (TTL) als ein herausragendes                      (s.u. zu Sokoni) und eine Abendveranstaltung. Darüber
                    Dokument der ökumenischen und internationalen Missi-                     berichten Anna-Katharina Diehl und Matthias Ehmann.
                    onsbewegung die theologische Grundlage der Konferenz                     Sie stellen den Beitrag junger Erwachsener vor und wer-
                    sein sollte.12 Tatsächlich haben Themen der Missionser-                  fen kritische Fragen daran auf, wie sie in die Konferenz
                    klärung die Konferenz geprägt, wobei insbesondere das                    eingebunden wurden.
                    Thema „Mission von den Rändern“ Aufmerksamkeit auf
                    sich gezogen hat, worauf nicht nur Gabriele Hoerschel-                   „Karibu!“
                    mann in ihrem Beitrag eingeht.13 Der Hauptvortrag dazu                   Veranstaltet wurde die Konferenz bekanntlich vom Öku-
                    von Ada Adi Mariana Waqa ist einer der am häufigsten                     menischen Rat der Kirchen (ÖRK) und seiner Kommis-
                    zitierten Vorträge, und Ausschnitte daraus wurden in                     sion für Weltmission und Evangelisation (engl. CWME).
                    den zweiten Abschnitt dieses Jahresberichtes aufgenom-                   Die CWME organisiert seit der Integration des Interna-
                    men. Andererseits ist der Begriff „transforming disciple-                tionalen Missionsrates und des ÖRK (1961, Neu-Delhi)
                    ship“, der auf der Konferenz wohl der am häufigsten ver-                 jeweils zwischen den ÖRK-Vollversammlungen eine sol-
                    wendete war, kein Begriff der TTL, wenn er auch an sie                   che WMK. Die Konferenz stand unter dem programma-
                    anschließen kann.14 Nicht nur Christoph Anders geht in                   tischen Titel „Vom Geist bewegt – zu transformierender

                                                                                                                              EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 7
Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz

Nachfolge berufen“, womit sich der letzte EMW-Jahresbe-
richt beschäftigt hat.17

Das Programm der Konferenz setzte diesen Titel so um:

Frederick Shoo, Leitender Bischof der gastgebenden         ÖRK, Olav Fykse Tveit, erinnerte anlässlich des 70. Jah-
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania, begrüß-       restages der ÖRK-Gründung in seiner Eröffnung daran,
te die Teilnehmenden mit „Karibu“. Faith Lugazia, eine     dass ein starker Antrieb für die ökumenische Bewegung
tansanische Theologin, macht in ihrem Beitrag deutlich,    mit ihrer Suche nach Einheit aus der Missionsbewegung
welche Dimensionen der Kisuaheli-Gruß „Karibu“ hat: Es     kam. Er betonte, wie sehr sich die gegenwärtige Situation
heißt nicht nur „willkommen“, sondern ist die Einladung,   und das Paradigma für Mission seit 1910 verändert ha-
Teil der gastgebenden Gruppe zu werden und alles mit-      ben und wie stark das missionarische Zeugnis der Kir-
einander zu teilen (Seite 14f). Der Generalsekretär des    chen heute herausgefordert ist. Er charakterisierte Mis-

8 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
sion als eine Angelegenheit auf Leben und Tod: In der       Erkennbar griffen diese Plena Themen der TTL auf. Der
Mission der Kirche gehe es um Erlösung, Befreiung und       Titel der letzten beiden Plena hatte dabei einige Diskus-
sie schenke Hoffnung, indem sie das Kostbarste in dieser    sionen hervorgerufen. Die wörtliche Übersetzung „Das
Welt teile: die Liebe Gottes.18                             Kreuz umarmen“ klingt fremd und eher bedrückend
                                                            und bot sich daher für eine Aussendung zum Beschluss
Im folgenden Plenum erinnerte der Moderator der             der Konferenz nicht direkt an. Andererseits sollte damit
CWME, Metropolit Geevarghese Mor Coorilos, an den en-       der Aspekt der „teuren“ Nachfolge und die Aufforderung
gen Zusammenhang der Suche nach Einheit und der Mis-        Jesu, sein Kreuz auf sich zu nehmen, aufgegriffen wer-
sion. Unter Verweis auf Apg 17 formuliert er prägnant:      den. In diesem Plenum sprach Patriarch Mor Ignatius
„Unsere Nachfolge verwandelt, wenn sie der Wiederher-       Aphrem II von Antiochien über Nachfolge, Bedrängung
stellung von Gerechtigkeit dient und das Leben bejaht,      und Martyrium, besonders in Syrien. Ausschnitte daraus
denn wir sind aufgerufen, den Kräften des ‚Todes‘ ent-      finden sich auf Seite 20f dieses Jahresberichtes.23
gegenzutreten. Bei Mission und Evangelisation im Blick
auf verwandelnde Nachfolge muss es heute darum gehen,       „Sokoni“ und „warsha“24
die gegenwärtige Welt auf den Kopf zu stellen [turn the     Neben den Plenarsitzungen prägten zwei weitere Forma-
world upside down].“19                                      te die Konferenz: „Sokoni“25 wurde als ein gemeinsamer
                                                            Raum beschrieben, um Ideen und Geschichten über das
Nach ihm berichtete der Direktor der CWME, Jooseop          Leben in der Gemeinschaft auszutauschen. Es dauerte
Keum, über deren Arbeit seit der letzten WMK (Athen         einen Nachmittag und vereinte unterschiedliche Forma-
2005) und erläuterte den Titel der Konferenz. „Die neue     te wie Vortrag, Vorführungen und Aktivitäten mit einem
ökumenische Missionserklärung fokussiert auf die Missi-     partizipativen Charakter. Das erste zum Thema „Jugend“
on des Heiligen Geistes (missio Spiritus) innerhalb eines   war von den Teilnehmenden des integriert stattfindenden
trinitarischen Verständnisses von Mission (missio Dei).     Global Ecumenical Theological Institute (GETI) mit vor-
So begreift sie dynamische Kraft, Transformation und Di-    bereitet.26 Das zweite thematisierte Gendergerechtigkeit
versität als die wichtigsten Konzepte von Mission in den    mit dem Schwerpunkt auf kreativen Wegen von Frauen
sich wandelnden Landschaften von heute.“20 Auf einem        in der Mission. Das letzte Sokoni stellte das Thema „Mis-
anschließenden Podiumsgespräch war auch der EMW-            sion von den Rändern“ in den Mittelpunkt. In die Durch-
Direktor als CWME-Mitglied zu einem Impuls eingeladen       führung waren u. a. ökumenische Netzwerke eingebun-
worden, um Aspekte aus europäischer Sicht in das Konfe-     den, die seit der ÖRK-Vollversammlung in Busan/Südko-
renzgeschehen einzutragen.21                                rea 2013 in die Arbeit der CWME integriert sind.27

An den folgenden Tagen gab es fünf weitere thematische      Gelegenheit für gemeinsame inhaltliche Arbeit boten
Plenarsitzungen. Ihre Titel und Inhalte verbanden das       die „warshas“, ein Kisuaheli Wort für Workshops. Etwa
Thema der Nachfolge mit der Metapher des Pilgerweges.       20 waren von CWME sowie anderen ÖRK-Programmen
Das erste zum Thema Evangelisation stand unter dem Ti-      zweitägig konzipiert und Themen wie Migration, Evan-
tel „Jesus nachfolgen – Jünger und Jüngerinnen werden“.     gelisation, Leben in seiner ganzen Fülle, Diversität und
Dieses Plenum eröffnete Mutale Mulenga-Kaunda mit ei-       Ausbildung gewidmet. Innerhalb dieser Schwerpunkte,
nem fulminanten Vortrag über junge Frauen in Afrika         die an Akzente der TTL anknüpften, wurden etwa mul-
und ihre Suche nach Befreiung.22 Das folgende Plenum        ticultural ministries behandelt, es ging um Prophetie
unter dem Titel „Jünger und Jüngerinnen werden – die        und Evangelisation in Afrika, um Kirchen als heilen-
Welt verwandeln“ konzentrierte sich auf „Mission von        de Gemeinschaften oder um indigene Spiritualität für
den Rändern“, in dem Ada Waga den Eröffnungsvortrag         den oikos. Das Dokument „Christliches Zeugnis in einer
hielt. Das nächste Plenum behandelte darauf missiona-       multireligiösen Welt“ wurde dabei ebenso behandelt wie
le Ausbildung mit der Frage, wie Jünger und Jüngerin-       Fragen von Inklusion und Exklusion oder wie missionale
nen, die die Welt verwandeln wollen, für diese Aufgabe      Ausbildung aussehen sollte.28
zugerüstet werden: „Die Welt verwandeln – Zurüstung
der Jüngerinnen und Jünger“. Dieses Plenum beschreibt       Weitere 40 Workshops dauerten jeweils 90 Minuten und
Michael Biehl in einem eigenen Beitrag ausführlicher.       ein Team im ÖRK hatte eine Auswahl unter externen
Am letzten Tag gab es zwei unterschiedlich akzentuier-      Bewerbungen getroffen. Hier kamen besonders Themen
te Plenarsitzungen unter dem gemeinsamen Titel, „Zuge-      und Stimmen aus Europa und dem Globalen Norden zu
rüstete Jünger und Jüngerinnen - das Kreuz umarmen“.        Wort, die in den Plena eher selten zu hören waren.29 Aus

                                                                                       EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 9
Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz

Deutschland waren insgesamt drei Workshops akzep-          Tag war gerahmt von Morgenandachten, Bibelarbei-
tiert worden.30 Das EMW hatte mit anderen Mitgliedern      ten, Mittagsgebeten und Abendandachten. Jan Janssen
der Europäischen Ökumenischen Missionsräte (EEMC)          schreibt davon in seinem Beitrag und geht auf die sorg-
ein Papier zu „Mission in säkularisierten Kontexten        fältig erarbeiteten Gebete und Lieder ein. Online ist
Nord-West-Europas“ vorbereitet, das in das Resource-       ein Teil der Bibelarbeiten zugänglich, das umfangrei-
book der Konferenz aufgenommen wurde.31 Die Grund-         chere Spiritual Resourcebook mit den Gebeten und An-
these des Papiers ist, dass Säkularisierung nicht mit      dachten leider nicht.36 Am Sonntag verließen die Teil-
Gottesferne gleichzusetzen ist, wozu die Missionserklä-    nehmenden die Mountain Lodge und feierten mit Ge-
rung angesichts der Realitäten des Globalen Nordens zu     meinden rund um Arusha Gottesdienst. Konfessionelle
tendieren scheint. Das Papier war auch gedacht als ein     Formate, liturgische Prägung und Dauer waren dabei
Dialogangebot an diejenigen Geschwister im Globalen        ebenso vielfältig wie die im Anschluss angebotenen
Süden, die hier ein Versagen der Kirchen des Nordens       Programme. Diese Besuche bildeten einen wichtigen
konstatieren und reverse mission als Unterstützung         Baustein für das gesamte geistliche Leben der Konfe-
und Wiedergewinnung der Menschen für die Kirchen           renz. Manche berichten von berührenden Begegnungen
betonen.32                                                 durch einen aufwendigen und sorgfältigen Empfang
                                                           und Begleitung, nicht nur im Gottesdienst, sondern mit
Folgt man dem Band, wie die Themen durch die Plenar-       anschließender Zeit mit Gemeindegliedern und gemein-
sitzungen und Sokonis und Warshas miteinander ver-         samem Essen.
flochten wurden, so wird eine Schwer-
                                            EMW

punktsetzung erkennbar, die die aus der
TTL aufgenommenen Akzente genau an-
dersherum anordnet: Während in der Erklä-
rung die Jüngerschaft oder Nachfolge hinter
der Betonung der Rolle des Geistes zurück-
tritt, unterstrich die Konferenz die Aufgabe
von Menschen, die in die Nachfolge gerufen
werden, die dazu geistlich zugerüstet und
ausgebildet werden müssen und die daher
in der Lage sind, in die Kreuzesnachfolge
einzutreten. Es gab Hinweise auf den Geist,
der bewegt, doch durch die vorgestellten
Schwerpunkte und durch die Impulsrefe-
rate während der Plenarsitzungen wur-
den immer wieder die menschliche Aktivi-
tät betont oder Geschichten davon erzählt,
wie Menschen befähigt werden, sich in die
Nachfolge und damit in die Jüngerschaft zu                 Teilnehmende der Vorbereitungstagung in der Missionsakademie.
begeben.
                                                           Aus Deutschland nahmen rund 30 Personen an der Kon-
„Bwana asifiwe“33                                          ferenz teil, und sie bildeten eine erfreulich große und
Eine besondere Erfahrung, von der viele bewegt berich-     nicht nur regional differenzierte Gruppe von Teilnehmen-
ten, war das geistliche Leben der Konferenz. Dass eine     den. Bereits der bisher vorgestellte Überblick verdankt
Weltmissionskonferenz sich zuerst als betende, singen-     sich auch dem Austausch in der gemeinsamen Vorberei-
de und feiernde versteht, wurde von vielen als Zeichen     tung während der Konferenz und schließlich an einem
des Geistes aufgefasst. Im Eröffnungsgottesdienst pre-     Studientag zur Nacharbeit in Deutschland. Die nachfol-
digte die neu gewählte Präsidentin der Weltgemein-         genden Kurzberichte von weiteren Mitgliedern der Dele-
schaft Reformierter Kirchen, Nailja Kassab, eindrucks-     gation sind Angebote, sich dem komplexen Ganzen dieser
voll über das Leben im und aus dem Geist,34 und Collin     Konferenz zu nähern und sich einzulassen auf den Weg
Cowen, Generalsekretär des Council for World (CWM),        einer Interpretation dessen, wofür Arusha einmal stehen
hielt im Schlussgottesdienst eine feurige und politische   wird.
Predigt in der Linie des Aufrufs von Arusha.35 Jeder                                      Christoph Anders, Michael Biehl

10 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Es ist ein köstlich Ding
Gottesdienste und Bibelarbeiten in Arusha

Als köstlich Ding bezeichnet die Bibel das Loben,                                Schon im Gathering Service wird behutsam der bisher
Danken, Singen und Festwerden des Herzens (Ps 92,2;                              zurückgelegte Weg in Erinnerung gerufen – sowohl mit
147,1; Hebr 13,9). Was im Urtext schlicht gut und schön                          den Stationen früherer Weltmissionskonferenzen als
heißt, übersetzt Luther geradezu kulinarisch und meint                           auch in der Aufnahme und Bejahung dessen, was die
durchaus etwas Nahrhaftes, Schmackhaftes – lebt doch                             Missionserklärung Together towards life bündelt.
der Mensch auch auf Weltkonferenzen nicht allein vom
Brot der Vorträge und Diskussionen. Für mich hat dieses                          Auch die zentrale Lesung ist mit Joh 1,35-51 klug ge-
köstlich Ding einen Geschmack, was auch auf die Gottes-                          wählt, geht es hier doch um den Erstkontakt der Gesand-
dienste und Bibelarbeiten zutrifft, die wir in Arusha ge-                        ten, indem dort die Einladung Jesu erklingt – Was sucht
feiert und erlebt haben. Kostprobe gefällig? Die Speise-                         Ihr? Kommt und seht! – und das Weitergeben im Mitein-
karte dazu liefert mit Liedern, Gebeten und Bibelarbeiten                        ander derer einleuchtet, die von ihm lernen wollen: Wir
das Begleitheft Conference Spiritual Life Resources.                             haben den gefunden … komm und sieh!
                                                             Albin Hillert/WCC

Bwana Yesu Kristo asifiwe! So die ersten Worte, die ge-
sprochen werden. Schon wäre ein Stück Muttersprache
des Gastgeberlandes dieser wohltuend afrikanisch ge-
prägten Versammlung zu lernen. Und es heißt eben nicht
Eröffnungsgottesdienst, als käme erst danach das zent-
rale Anliegen dieser Weltmissionskonferenz (WMK),
sondern Gathering Service, Gottesdienst zur Sammlung:
Praise the Lord Jesus Christ!

Und gleich die ersten biblischen Worte richten sich mit
Jeremia (Jer 1,5), mit Maria (Lk 1,30f) und mit den ersten
Christengemeinden (Gal 5,25) von Anfang an an die jun-
gen Menschen einer nächsten Generation – I knew you –
do not be afraid – walk by the spirit!

Die vielfältige Auswahl und der sorgfältige Einsatz von
Sprachen in Gebeten, Liedern und liturgischen Schrit-
ten sorgt für einen wunderbar pfingstlichen Raum, der
verschiedene Stimmen hören lässt und auch dann ohne
babylonische Einheitssprache auskommt, wenn gegen-
seitiges Verstehen gelingen soll (Apg 2,6-11). Es ist eben
nicht nur das vielsprachige Stimmenmosaik, das wir
vom Vaterunser kennen. Es ist in all diesen Stimmen
auch die Wirkung von Klangfarben, Energien und Tem-
peramenten in ihrer so unterschiedlichen Haltung, in
der sie sich an Gott richten oder trotz und mit aller Un-
verständlichkeit Gemeinschaft stiftend Anteil geben. So
wird das letzte Abendgebet am Schluss zu einem kleinen
Gruß, der nahe geht, wenn tausend Stimmen den aller-
letzten Kanon dann auch in meiner eigenen Mutterspra-
che singen: Ausgang und Eingang, Anfang und Ende, lie-                           Gottesdienst in der Mjini Kati Lutheran Church in Arusha, wo während
gen bei dir, Herr, füll du uns die Hände.                                        der Weltmissionskonferenz internationale Gäste gemeinsam feierten.

                                                                                                                EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 11
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz

                    Morgen-, Mittag- und Abendgebete bieten gute Gelegen-             Ein anderes Beispiel des crossovers, der trefflichen Ver-
                    heit zum Innehalten, sowohl in der Unterbrechung wie in           schränkung von biblisch wegweisendem Stoff und indi-
                    der Aufnahme und Reflektion des zwischen diesen Sta-              gener musikalischer Ermutigung, beweist ein weiteres
                    tionen Gehörten und Erlebten. Liturgisch entfaltet sich           Morgengebet. Es konfrontiert das eigene Sendungsbe-
                    in ihnen ein großer Reichtum, ohne dass die Einheiten             wusstsein in einem Ruf aus dem Sudan Murassalat nina
                    überborden oder lediglich verschiedene Elemente zu ei-            kulumurassalat (Wir alle sind Botschafterinnen Jesu) mit
                    ner bloßen Summe addieren. In Wechselgesängen und                 den unbequemen Kursangaben Jesu selbst aus Mk 6,7-
                    Stimmencollagen greifen Wort und Klang ineinander und             13: immer zu zweit, gegen unreine Geister, nichts in der
                    beflügeln sich gegenseitig.                                       Hand außer einem Stock, nichts am Fuß außer Sandalen,
                                                                                      kein Brot, keine Tasche, kein Geld … So ein gottesdienst-
                    Gottesdienstliche Partizipation funktioniert nicht nur            liches Überkreuzgehen gibt für den weiten Weg nicht nur
                    – wie es in deutschen Gemeinden scheint – über die                ein lockeres Lied auf die Lippen, sondern auch den eige-
                    manchmal inflationäre Gospeltradition. Zur aktiven Be-            nen Gedankengängen tüchtig was zu knabbern.
                    teiligung kann auch die Intensität eines orthodoxen Ge-
                    betsrufes wie Ya rab urham verhelfen (für Konfirmanden            Und überhaupt: Wieder mal ist es die Musik, die im
                    auch nicht schwerer auszusprechen als Kyrie eleison) –            wahrsten Sinne des Wortes be-geist-ert! Und eben nicht
                    verschränkt mit der Anrufung des Gottes der Witwen                nur in den Vortragsstücken faszinierender Chöre aus
                    und Waisen, der Ernte und der Gastfreundschaft. Bei-              Tansania. Sondern in all den vielfältigen Gesangsstü-
                    des zusammen lässt spüren, woher und wozu wir als                 cken, die sorgfältig und doch dezent angeleitet, sowie
                    Jesu disciples lernen können. So richtig und wichtig es           musikalisch und technisch professionell begleitet wer-
                    ist, dass Arusha die discipleship fokussiert hat, für den         den. Es müssen auch nicht immer die eher europäischen
                    Begriff wäre die passende und inklusive deutsche Über-            langen und inhaltlich komplexen Strophenlieder sein.
                    setzung noch zu erfinden. Vielleicht kann Lerngemein-             Kurze Gesangsrufe nicht nur aus orthodoxen Traditio-
                    schaft wenigstens einen Akzent setzen? Dazu könnte hel-           nen prägen sich wohltuend durch Wiederholung ein – so
                    fen, aus dem schönen Begleitheft für Gottesdienste und            kann ich mich nach zwei- bis dreimaligem Singen auf-
                    Bibelarbeiten der WMK in Arusha ein Schulbuch für alle            richten und vom Ablesen aus dem Begleitheft frei ma-
                    Lernbegierigen zu machen.                                         chen.

                                                                                      Hörbar zählen offenbar nicht nur zu meinen Favoriten
Albin Hillert/WCC

                                                                                      manche neu entdeckten Lieder, die wir hier leider nicht
                                                                                      abdrucken können: Draw the circle wide (Kanada), The
                                                                                      thirsty deer longs for streams (Trinidad), Que esta ig-
                                                                                      lesia sea un árbol (Argentinien), Tuhan mengutus kita
                                                                                      (Indonesien) und Victoire, alléluia (Elfenbeinküste).
                                                                                      Zwar gibt es für sie leider noch keine Übertragungen
                                                                                      ins Deutsche, das hindert aber nicht am Einsatz im Got-
                                                                                      tesdienst!

                                                                                      Vier Bibelarbeiten geben eine Menge Stoff zur Verarbei-
                                                                                      tung, nicht nur in den bunt gemischten Gruppen an den
                                                                                      etwa 100 runden Tischen im Plenum, sondern auch nach
                                                                                      der Konferenz und in der eigenen Gemeinde. Merlyn Hyde-
                                                                                      Riley legt zu Mk 6,1-3 den Ton für mein Verständnis zu
                                                                                      sehr auf die Verwerfungen Jesu und nimmt dadurch der
                                                                                      Sendung auch etwas die Kraft der Motivation. Kenneth
                                                                                      Mtata differenziert zu 2. Kor 5,11-21 fein zwischen den Be-
                                                                                      ziehungsebenen Gott-Mensch und Mensch-Mensch, ohne
                                                                                      dass diese auseinanderfallen: vertically restored und ho-
                                                                                      rizontal reconciled! Probieren Sie selbst einmal, was diese
                    Chorsängerinnen und -sänger während eines Gottesdienstes in der   Speisekammer noch an Köstlichem zu bieten hat.
                    Christ Church Cathedral im Zentrum von Arusha.                                                             Pastor Jan Janssen

                    12 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
1    Vgl. dazu den Beschluss des ÖRK Zentralausschusses in Trondheim,             evangelism today vis-à-vis Transforming Discipleship should be
     Document No. GEN PRO 05: 2018 World Mission Conference: A Ten-               about turning the contemporary world upside down.“ (eigene Über-
     tative Proposal, Central committee, 22.-28.6.2016. Das Profil wur-           setzung) PLEN 02.0 CWME Moderator‘s Address.pdf unter https://
     de in das „Handbook“ der Konferenz aufgenommen, vgl. Conference              www.oikoumene.org/en/mission2018/documents-related-to-the-
     on World Mission and Evangelism. „Moving in the Spirit: called to            conference. Einige englische Bibelausgaben übersetzen Apg 17:6 als
     transforming discipleship“. Handbook, 8-13 March 2018, Arusha,               “turned the world upside down“, in der revidierten Luther-Überset-
     Tanzania, Geneva 2018, 15-17. (https://www.oikoumene.org/en/                 zung heißt es „die den ganzen Erdkreis erregen“.
     mission2018/Handbook_EN_Web.pdf).                                       20   “The new ecumenical affirmation focuses on the mission of the Holy
2    Vgl. dazu den Beitrag von Freddy Dutz in diesem Heft.                        Spirit (missio Spiritus) as its theological framework within the Tri-
3    Vgl. als Auswahl: Anders, Christoph, und Michael Biehl, Singen, be-          nitarian understanding of mission (missio Dei). This with the in-
     ten, Streit vermeiden. Eindrücke von der 14. Weltmissionskonfe-              tention to embrace dynamism, transformation and diversity as the
     renz in Arusha/Tansania, in: Zeitzeichen 19, 2018, 52-54; Lenski,            main concepts of mission in changing landscapes today.“ (eigene
     Daniel, „Vom Geist bewegt“. Weltmissionskonferenz 2018: Wie sich             Übersetzung) PLEN 02.1 CWME Director‘s Report.pdf, 3.
     die missionstheologische Landschaft verändert, in: DtPfBl 118(6),       21   Zu finden auf www.emw-d.de.
     2018, 318-322; Jahnel, Claudia, Einheit in der Nachfolge - Die Welt-    22   PLEN 01.2 Opening Plenary Mulenga-Kaunda Keynote Speech.pdf.
     missionskonferenz in Arusha 2018 im Spiegel der jüngsten öku-           23   PLEN 06 Embracing the Cross Plenary Keynote Address HH Mor Ig-
     menischen Bemühungen um die Einheit der Kirchen, in: MD 69(3),               natius Aphrem II.pdf.
     2018, 59-62. Michael Biehl: Die Weltmissionskonferenz in Arusha         24   Für diesen Teil greifen wir zurück auf Michael Biehl, Die Weltmissi-
     (Tansania) und die Missionserklärung „Gemeinsam für das Leben“,              onskonferenz (vgl. Anm. 6)
     in: Ökumenische Rundschau 67, 3/2018, 412-425. Für Hinweise auf         25   Laut Handbuch der Konferenz ein Kisuaheli-Begriff für den Markt-
     weitere Berichte vgl. www.emw-d.de.                                          platz in der Gemeinschaft, auf dem sich Leute versammeln, um Wa-
4    Vgl. https://www.emw-d.de/fix/files/Arusha-Aufruf.pdf.                       ren und Informationen auszutauschen (vgl. Anm. 1).
5    World Council of Churches, Conference on World Mission and Evan-        26   Vgl. den Beitrag dazu in diesem Heft.
     gelism “Moving in the Spirit: Called to Transforming Discipleship”,     27   Netzwerke von Indigenen, zu Leben mit Behinderungen (EDAN),
     Arusha, Tanzania, 8-13 March 2018, Conference Report.                        Migration, multikulturelle Dienste, Gerechtigkeit und Menschen,
6    Vgl. https://www.emw-d.de/fix/files/emw-jahresbericht_16-17-                 die mit HIV Aids leben u.a.m.
     thematischerTeil.2.pdf, „Tansania“ (Weltmission heute, 82), Ham-        28   Vgl. dazu die Beschreibung der Workshops im Handbuch der Konfe-
     burg 2018 und den Vorbereitungsband „Vom Geist bewegt – zu ver-              renz https://www.oikoumene.org/en/mission2018/Handbook_EN_
     wandelnder Nachfolge berufen (Weltmission heute, 83), Hamburg                Web.pdf, 55-80. Auch dieses Handbuch wurde vom ÖRK nicht in
     2018. Letzteres ist vergriffen, ein Download wird hier angeboten:            deutscher Sprache angeboten.
     https://www.emw-d.de/fix/files/wmh83_Arusha_Inhalt.2.pdf.               29   Daniel Lenski beschreibt in seinem Aufsatz einen Workshop zur
7    Leider haben uns nicht alle Berichte rechtzeitig erreicht. Für Ozea-         Ausbreitung pentekostaler und charismatischer Kirchen und zu
     nien und den Mittleren Osten wurde auf Beiträge in Arusha zurück-            Proselytismus (vgl. Anm. 3).
     gegriffen, die etwas zur Situation und der Mission der Kirchen dort     30   Vgl. dazu Handbook, 64-80 (Anm. 28).
     berichten. Noch ausstehende Impulse aus Lateinamerika und ande-         31   Called to Transforming Discipleship in North-Western Europe. Some
     ren Regionen werden an anderer Stelle aufgenommen.                           Reflections on Witnessing in Secularized Contexts, in: Resource
8    Offizielle Zahlen des ÖRK, die allerdings rechnerisch irgendwie              Book. Conference on World Mission and Evangelism, “Moving in the
     nicht aufgehen wollen.                                                       Spirit – Called to transforming Discipleship”, 8-13 March 2018, Aru-
9    Ihre Beiträge sind bisher nicht zugänglich.                                  sha, Tanzania, ed. by Jooseop Keum, Geneva 2018, 84-101. https://
10   From Achimota to Arusha. An Ecumenical Journey of Mission in Af-             www.oikoumene.org/en/mission2018/ResourceBook_EN.pdf.
     rica, Edited by Lesmore Gibson Ezekiel and Jooseop Keum, Co-pub-        32   Vgl. z.B. Mahali, Faustin Leonard, Arusha: A Confluence for Trans-
     lished by Acton Publishers and WCC Publications, Geneva, Nairobi,            formational Agenda and Discipleship in Africa, in: From Achimota
     2018. Vgl. ebenso das Themenheft Transforming Mission: Perspec-              to Arusha. (vgl. Anm. 10), 12-17, hier: 9. Vgl. zu den Workshops Ra-
     tives from Africa, IRM 106.2 (405) December 2017. Vgl. zu diesem             vinder Salooja in diesem Jahresbericht (S. 30).
     Aspekt auch Daniel Lenski, „Vom Geist bewegt“, 319 (Anm. 3).            33   Kisuaheli für „Lobe den Herrn“.
11   Gemeinsam für das Leben. Mission und Evangelisation in sich ver-        34   PRAY 01 Rev Najla Kassab Sermon Gathering Prayer.pdf, deutsch:
     ändernden Kontexten, in: Christoph Anders, Michael Biehl, (Hg.)              www.emw-d.de.
     Christus heute bezeugen. Mission auf dem Weg von Edinburgh 2010         35   PRAY 03 Sermon Closing Prayer Rev Dr Collin Cowen.pdf, deutsch:
     nach Busan 2013 (Weltmission heute, 77), Hamburg 2013, 458-494.              www.emw-d.de.
12   Vgl. dazu Michael Biehl (Anm. 3).                                       36   Die Bibelarbeiten sind in englischer Sprache hier zu finden: https://
13   Vgl. dazu die Beiträge des Moderators und des Direktors der CWME,            www.oikoumene.org/en/mission2018/resources. Deutsche Überset-
     auf die weiter unten eingegangen wird.                                       zungen finden sich hier: https://www.emw-d.de/fix/files/Bibelar-
14   Vgl. dazu den letzten EMW-Jahresbericht (Anm. 6).                            beiten%20deutschenglisch.pdf.
15   Über weite Strecken wurden in Aursha „transformative“ und „trans-
     forming“ synonym verwendet. Dadurch wurde der weltverändern-
     de (transformative) Aspekt betont, während der Aspekt einer Ver-
     wandlung der Nachfolgenden durch den Geist, den die mehrdeutige
     Formulierung „transforming“ ebenfalls beinhaltet, zurücktrat.
16   Vgl. dazu auch Diana Lunkwitz, 180606lunkwitz_bericht-geti-wmk-
     oerk2018.pdf, zu finden auf der Website http://www.oekumenezent-
     rum-ekm.de.
17   Vgl. Anm. 6.
18   Vgl. PLEN 01.0 Opening Plenary Address Olav F Tveit.pdf. Die engli-
     schen Texte der Konferenz sind unter https://www.oikoumene.org/
     en/mission2018/documents-related-to-the-conference zu finden.
     Auch alle weiteren Dokumente, die hier zitiert werden, sind dort zu
     finden. Der ÖRK hat keine deutschen Übersetzungen zur Verfügung
     gestellt. Die deutsche Delegation hat begonnen, Texte zu überset-
     zen. Die bisher vorhandenen sind auf der EMW-Website zu finden,
     vgl. www.emw-d.de.
19   “It is for restoration of justice and in affirmation of life, that we
     are called to resist the forces of ‘death’ and in that our Disciple-
     ship stands out as Transforming. This means then that mission and

                                                                                                               EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 13
Kommentare aus der Weltchristenheit - Afrika

Afrikanisches
lebendig werden lassen
Die Weltmissionskonferenz hat die                           uns auch der Leitende Bischof der Evangelisch-Lutheri-
                                                            schen Kirche in Tansania, Frederick Shoo, willkommen
Vielfalt Afrikas sichtbar gemacht                           hieß, ist nicht nur ein Kisuaheli-Wort, sondern drückt
                                                            ein afrikanisches Konzept aus. Es meint nicht einfach
und Themen und Anliegen des Kontinents                      nur: Komm herein und trage dein Problem/deine Frage
                                                            vor - es ist die besondere und freundliche Weise, Fremde
aufgegriffen.                                               einzuladen. Bereit zu sein, einzutreten, und ein Teil der
                                                            drinnen Versammelten zu werden, bedeutet, eingeladen
                                                            zu sein, alles zu teilen, was vorhanden ist, auch die ge-
Ein Anliegen der Kommission für Weltmission und             meinsame Vision. Karibu ist die Einladung, sich als Teil
Evangelisation (CWME), wie es in der Missionser-            der Familie zu fühlen, und die Aufforderung, gemeinsam
klärung TTL deutlich wird, ist, den Schrei von Gottes       weiterzugehen. Karibu vermittelt daher eine Ahnung des
Schöpfung hörbar zu machen. Immer wieder spricht der        afrikanischen kommunitären Lebens und seines Ökume-
dreieinige Gott selbst über die Liebe, die aus ihm als      nismus, da es alle umfasst, unabhängig von Differenzen,
Grund des Seins hervorgeht, mit der er uns alle in Sein     die man im Glauben haben mag.
Reich ruft und in der Er uns aussendet, um gute Haus-
halter seiner ganzen Schöpfung zu sein. Zunächst der In-    Vier Charakteristika waren für die Konferenz im Vorwe-
ternationale Missionsrat und, nach der Integration in den   ge benannt worden: sie sollte „missional“ sein, ökume-
ÖRK, die CWME haben von der ersten Konferenz 1910           nisch, afrikanisch geprägt und eine Konferenz von jun-
bis zu der in Arusha verschiedene Strategien entwickelt,    gen Menschen in der Mission. Alle diese Charakteristika
um sicherzustellen, dass der Ruf, andere zu Jüngern zu      können durch die Auswahl der Teilnehmenden und ihre
machen, umgesetzt werden kann.                              Diskussionen als erreicht betrachtet werden.

Die Konferenz in Arusha war einzigartig, weil sie die       Näher eingehen möchte ich auf die sogenannten Soko-
„afrikanischen Landschaften“ mit all ihren Reichtümern      ni. Das ist meiner Ansicht nach eine Form des „Palaver-
und ihrer Vielfalt aufgegriffen hat. Sie vergegenwärtigte   Baums“, ein Konzept des kongolesischen Theologen Bene-
so die tägliche Erfahrung von uns Afrikanerinnen und        zet Bujo. Die Sokoni schufen einen physischen und so-
Afrikanern, während auf ihr gleichzeitig unterschied-       zialen Raum und psychologisch die Voraussetzungen für
liche Themen angesprochen wurden, durch die die öku-        eine offene Kommunikation. Sie ermöglichten die Integ-
menische Bewegung verwandelt werden soll, um missi-         ration der Beteiligten in das Konferenzleben. Bei einem
onarischer zu werden. Im Unterschied zur Konferenz in       Sokoni teilen die Menschen, woher sie kommen, und sie
Achimota, Ghana 1958, stellte die Arusha-Konferenz si-      schaffen ein Netzwerk, um den Missionsauftrag (Mat 28)
cher, dass die Umwelt so wenig wie möglich in Mitleiden-    besser umzusetzen. Dadurch förderten die Sokoni Evan-
schaft gezogen wurde. Dadurch erinnerte die Konferenz       gelisation. Afrikanische Traditionen sind reich an münd-
auch an unsere Verantwortung für die Haushalterschaft:      lichen Überlieferungen und Erzählungen und dement-
Dass wir von Gott aufgefordert sind, seine ganze Schöp-     sprechend bot das Sokoni-Konzept Zeit und Raum, damit
fung zu achten und nicht irgendeiner Kreatur das Leben      Menschen sich selbst ausdrücken und miteinander teilen
zu nehmen. Die Arusha-Konferenz versuchte, Schöpfung        konnten, wie sie durch das Evangelium vom Auferstande-
und Umwelt im Blick zu behalten.                            nen, von Jesus Christus, verändert wurden, und wie der
                                                            Heilige Geist sie bewegt, so dass sie für andere zu Zeu-
Afrikanische Konzepte in Arusha                             ginnen und Zeugen werden. Bei dem Sokoni der Frauen
Karibu, der Gruß, den sowohl der Generalsekretär wie        wurde Gendergerechtigkeit gelebt, denn auch Männer
der CWME-Moderator verwendet haben, und mit dem             partizipierten voll an allen Aktivitäten, die an diesem

14 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Nachmittag angeboten wurden, und waren nicht nur Zu-                  Ja, das Schwerkraftzentrum des Christentums hat sich
                    schauer.                                                              nach Afrika und in die südlichen Hemisphären verscho-
                                                                                          ben. Ja, der Geist des Herrn ist am Werk und verändert
                    So wurde durch die Sokoni Afrikanisches lebendig. Auch                Afrikaner/innen auf unermesslich vielfältige Weise.
                    wer an diesem Nachmittag aktiv war, hatte dennoch Zeit,               Doch von einem missiologischen Standpunkt aus sollte
                    Beziehung und Gemeinschaft zu erleben. Wir Frauen hat-                Wachstum der Kirche nicht mit Zahlen gleichgesetzt wer-
                    ten eine Zuhörerschaft, und Männer konnten die Solida-                den, auch andere Maßstäbe sollten angelegt werden. Ich
                    rität unter den Frauen an ihrem Treffpunkt erfahren, wo               denke, dass die zu wörtliche Auslegung der Bibel, falsche
                    sie immer zusammenkommen. Und die Musik, die über-                    Prophezeiungen, Korruption, Bestechung, der Mangel an
                    all erklang, die Lieder, die gesungen wurden, erzählten               Good Governance, Nepotismus und Wohlstandstheologie,
                    jedem, der oder die sie hörte, dass sie in Afrika waren.              was auf dem afrikanischen Kontinent unglücklicherwei-
                                                                                          se blüht, und was die menschliche Würde versklaven
                    Themen                                                                oder sogar töten kann - all das muss von der Kirche an-
                    Viele der behandelten Themen berührten die Verbindung                 gesprochen werden, wenn sie ihren Auftrag erfüllen will:
                    der Rolle der „Heiligen Geistin“ und ihrer Rolle für die              Gehet hin und machet zu Jüngern!
                    Transformation. Wir sind nicht berufen, als Gläubige ein-
                    fach zu bleiben, wo wir sind. Vielmehr sind wir berufen,              Was mich während der Konferenz gestört hat, ist die
                    alle Formen von Ungerechtigkeit in der Welt zu identifi-              Rede von indigenen Völkern oder von Menschen an den
                    zieren, die das Leben und die Würde des menschlichen                  Rändern. Ich schlage vor, dass die Kirchen solche diskri-
                    Wesens und der Schöpfung beschädigen und dagegen                      minierenden politischen Begriffe nicht verwenden sollten
                    aufzustehen.                                                          und sie Angehörige solcher Gruppen als Freunde Christi
                                                                                          oder als Nächste ansprechen sollten.
                    Meine Anliegen nach Arusha
                    Das Grußwort des orthodoxen Kirchenleitenden bei der Er-              Das Sokoni-Konzept war eine wundervolle Idee, aber ich
                    öffnungsveranstaltung vermittelte mir den Eindruck, dass              bin mir nicht sicher, ob es so gut umgesetzt wurde, dass
                    es in unserer ökumenischen Gemeinschaft immer noch                    es alle Teilnehmer/innen und Besucher der Konferenz
                    mangelnden Respekt für Andere gibt. Er meinte erklären                wirklich erreicht hat. Wenn daher ein solches Konzept
                    zu müssen, dass es, wie die Orthodoxen verstanden wer-                das nächste Mal eingesetzt werden sollte, sollten die Or-
                    den, falsch sei, weil sie doch anders sind ... Für mich soll-         ganisierenden Zeit geben, das Konzept zu erläutern, be-
                    ten bei einem solchen ökumenischen Treffen nicht die Un-              vor sie es umsetzen.
                    terschiede betont werden, sondern was uns verbindet.
                                                                                          Zum Schluss: Meiner Ansicht nach haben viele Aspekte
                                                                                          der Konferenz in Arusha Afrikanisches verkörpert und
                                                                                          lebendig werden lassen.

                                                                                           Dr. Faith Lugazia, Theologieprofessorin am Protestant Institute
                    Die Delegierten der orthodoxen Kirchen betonten nach Ansicht der
                                                                                                               of Arts and Social Sciences, Butare, Ruanda
                    Autorin bei dem Weltchristentreffen in Tansania mehr das Trennende,
                    die Unterschiede und nicht das Verbindende.                                                               Übersetzung: Michael Biehl
Albin Hillert/WCC

                                                                                                                       EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 15
Kommentare aus der Weltchristenheit - Pazifik

Ich bin ein kostbares Kind Gottes
Ein Plädoyer für Menschen am Rand der Gesellschaft,

selbstbewusst zu sein in der Nachfolge und auf dem Weg der Veränderung.

Als Vertreterin einer indigenen Volksgruppe kann ich           auch wir sind Träger der Hoffnung Christi und auch wir
nicht anders, als in mir den Schmerz und das Wehkla-           sind berufen, die Welt zu verändern!
gen der Mutter Erde, die Gottes kostbare Schöpfung ist, zu
tragen und auszudrücken. Das Seufzen der ganzen Schöp-         Ich darf heute vor Ihnen stehen als ein Mitglied der indi-
fung ist hier und jetzt in uns und ruft uns ins Gedächtnis,    genen Bevölkerung Fidschis in Ozeanien. Ich gehöre dem
dass wir als Jüngerinnen und Jünger Jesu in der Kraft des      Stamm der Aisokula an, der auf der nördlichen Insel Ta-
Heiligen Geistes Träger der Guten Nachricht Gottes für         veuni zu Hause ist. Ich komme aus einer der zahlreichen
alle sind, die sich nach Gerechtigkeit, Heilung und Versöh-    Volksgruppen im Pazifischen Ozean, die eine reiche Ge-
nung sehnen.                                                   schichte, Spiritualität, Kultur, Tradition und Geschichten-
                                                               Tradition haben.
Selbstverständlich kann die Nachfolge und das Verän-
dern der Welt nicht ohne die Gute Nachricht Christi und
die Kraft des Heiligen Geistes stattfinden. An dieser Stel-
le müssen wir innehalten und uns fragen: Schließt unser
Verständnis von Nachfolge diejenigen ein, die am Rande
unserer Welt und unserer Zeit stehen?

(…)

Die Kirche tut sich nach wie vor schwer damit, anzuer-
kennen, dass Jünger/innen an den Rändern an der Missi-
on mitwirken. Eine meiner eindrücklichsten Erfahrungen
während der Vorkonferenz war, die Gelegenheit aufzuzei-
gen, wie sehr die traditionellen Kirchen „Zentrum-fixiert“
sind in ihrem missionarischen Ansatz: Meist werden die
Menschen an den Rändern wie ich objektiviert und als
Empfänger/innen der Guten Nachricht Christi verstanden,
die ihnen von genau den privilegierten Profitierenden des
Systems verabreicht wird, die ignorieren, dass sie selbst
die Ungerechtigkeit aufrecht erhalten, die erst dazu führte,
dass ich am Rand stehe. Unser Thema „Wandeln im Geist:
Indigenisierung als verändernde Nachfolge“ war eine
Übung darin, unser Mitwirken als junge indigene Bevöl-
kerung zu bestätigen und zu bekräftigen. Ein Teil unserer
Botschaft an die Weltmissionskonferenz und die Kirche
von heute ist folgender:

Wir sind hier. Es gibt uns. Seht uns, hört auf uns, denn wir
gehören zur Kirche Christi. Wir sind arm, wir sind blind,
wir sind gefangen und unterprivilegiert, aber wir wehren
uns dagegen, unsichtbar zu sein, denn wir sind Christi
Augapfel! Auch wir dürfen im Geist leben und wandeln,

16 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Seit fast zweihundert Jahren ist die Kirche in unseren Ge-                    Jahre ein tiefes Bedürfnis. Wir haben die Gute Nachricht
filden unterwegs und veränderte mit der Guten Nachricht                       im Kontext unserer eigenen Probleme erhalten und dies
Christi die religiöse Landschaft, in der die christliche Kir-                 hat Jüngerinnen und Jünger hervorgebracht, die im Geist
che nach wie vor eine einflussreiche und prosperierende                       leben und wandeln und unser Leben in unserem eigenen
Größe ist.                                                                    Kontext bereichern.

Und dennoch muss erwähnt werden, dass die Bekehrung                           Im gesamten Pazifik verschärft sich das Problem des Kli-
zum Christentum für viele Inselstaaten allzu eng mit der                      mawandels, sodass Inselstaaten wie Kiribati, Tuvalu und
Kolonialisierung verknüpft war. Verdammung der Kultur                         die Marschallinseln inzwischen um ihre Existenz ban-
im großen Stil als „wild, verwerflich und barbarisch“ raub-                   gen müssen, da der Anstieg des Meeresspiegels ihr Land
te vielen von uns die Würde und limitierte unseren Hand-                      und ihre kulturelle Identität bedroht. In den vergange-
lungsspielraum, sodass wir nur Empfänger/innen der Gu-                        nen Jahren haben tropische Zyklone wirtschaftliche und
ten Nachricht und somit niemals gleichwertig waren.                           strukturelle Verwüstung angerichtet. Nicht zu vergessen
                                                                              sind die vielen Individuen, für die Tod, Trauma und Ver-
In der Gnade Gottes haben wir als Empfänger/innen der                         armung die Folge der Katastrophen waren. Unsere natür-
Guten Nachricht unseren Handlungsspielraum durch die                          lichen Ressourcen werden nach wie vor von Großkonzer-
Kraft des Heiligen Geistes zurückerlangt und schließen                        nen ausgebeutet. West-Papua hat mit seinem nun schon
uns nun der Riege der treuen Gefolgschaft Christi an. Dies                    über 50 Jahre währenden Genozid den größten Preis zu
war vielen meiner Volksgenossen in Ozeanien über lange                        zahlen, ohne dass der Großteil der Welt etwas dazu zu
                                                                              sagen hat.
                                        Albin Hillert/WCC

                                                                              Diese Katastrophen betreffen nicht nur Ozeanien allein.
                                                                              Als Nachfolger von den Rändern her müssen wir uns
                                                                              durch den lebensspenden Heiligen Geist befähigen lassen,
                                                                              diese Ungerechtigkeiten prophetisch anzuklagen und die
                                                                              Länder der Ersten Welt daran hindern, die rücksichtslose
                                                                              Unterdrückung unserer Länder und Völker fortzusetzen.

                                                                              So stehe ich hier heute vor Ihnen als eine einfache indige-
                                                                              ne Frau ohne besonderen Status oder Position im Leben,
                                                                              derer ich mich rühmen könnte. Ich spreche für all meine
                                                                              indigenen Verwandten, die heute unter uns sind und auch
                                                                              die, die nicht hier sein können. Ich spreche im Namen all
                                                                              der Gemeinschaften, die die alltäglichen, zur Normalität
                                                                              gewordenen Katastrophen bewältigen müssen. Ich spre-
                                                                              che im Namen all der indigenen Helden und Heldinnen,
                                                                              die vor uns gewesen sind. Und so stehe ich hier und kann
                                                                              nicht anders als euch zu sagen:

                                                                              Ich bin Adi Mariana Waqa. Ich bin arm. Ich bin gefangen.
                                                                              Ich bin unterprivilegiert. Ich bin unterdrückt. Aber ich bin
                                                                              ein kostbares Kind, nach dem Bild Gottes geschaffen. Ich
                                                                              habe Vollmacht, ich bin wertvoll, ich habe eine Stimme
                                                                              und ich bin frei. Ich bin frei, weil ich im Heiligen Geist lebe
                                                                              und wandle. Ich bin frei und trage voller Freude die Gute
                                                                              Nachricht mit mir und hoffe als Christi Nachfolgerin vom
                                                  Adi Mariana Waqa            Rand her die Welt zu verändern. Gott sei Dank!
                                                  (links) bezeichnete sich
                                                  in einem Vortrag selbst                        Adi Mariana Waqa, Theologiestudentin, Fidschi
                                                  als unterpriviligiert und                               (Auszug aus ihrem Vortrag in Arusha)
                                                  unterdrückt, aber auch
                                                  als frei und wertvoll.                                           Übersetzung: Silke Zwilling

                                                                                                           EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 17
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