Von Pilgern und Prophetinnen - Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz - Evangelisches Missionswerk
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Von Pilgern und Prophetinnen Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz Jahresbericht 2017/2018 EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 83
INHALT Von Pilgern und Prophetinnen − Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz 3 Einstimmung − Christoph Anders Nachlese 4 „Vom Geist bewegt – zu transformierender Nachfolge berufen“ − Christoph Anders und Michael Biehl 11 Es ist ein köstlich Ding − Jan Janssen Kommentare aus der Weltchristenheit 14 Afrikanisches lebendig werden lassen − Faith Lugazia 16 Ich bin ein kostbares Kind Gottes − Adi Mariana Waqa 18 Arusha 2018: Eine chinesische Perspektive − Manhong Lin und Ivy Jingqin Gu 20 Nachfolge und Verfolgung in Syrien − Mor Ignatius Afrem II 22 Ein Meilenstein für junge Menschen − Gladwel Wambui Rurinja Akzente der Konferenz 24 Perspektiven der Nachfolge − Christoph Anders 26 Nicht ohne den Ruf in die Nachfolge − Erhard Berneburg 28 Mission von den Rändern − Gabriele Hoerschelmann 30 „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“ − Ravinder Salooja 32 „Ich gehe ermutigt zurück“ − Beate Jakob 34 „Aufruf“ zum Weiterdenken − Claudia Jahnel 36 Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens − Renke Brahms 38 Verwandelnde Nachfolge - aber wohin? − Jochen Motte 40 „Translating the Word, Transforming the World“ − Anna-Katharina Diehl und Matthias Ehmann 42 Aus Bewegung in Bewegung − Sönke Lorberg-Fehring 44 Eine Konferenz und ihr mediales Echo − Freddy Dutz 48 Im Vergleich: Kapstadt und Arusha − Raimund Hertzsch Resümee 51 Vierzehn Beobachtungen, Fragen und Thesen zur 14. Weltmissionskonferenz − Christoph Anders und Michael Biehl Aus der Arbeit der Geschäftsstelle 57 Direktorat: 70 Jahre ÖRK - Anders − Perspektivprozess - Janssen/Anders − Christliches Zeugnis - Anders/Biehl 59 Geschäftsführung: Transparenz, Transfers und eine neue Buchhaltung − Olaf Rehren 62 Grundsatzreferat: Internationale Studienarbeit und ein neues Jahrbuch − Michael Biehl 64 Theologische Ausbildung: Kooperation und Austausch − Michael Biehl 66 Asien: Different Religions – Common Future − Martin Krieg 68 Pazifik: Ökumenische Erneuerung im Südpazifik − Martin Krieg 70 Ozeanien Dialog: Brücken bauen zwischen Ozeanien und Europa − Jan Pingel 71 Dalit Solidarität: „Kanalreinigung muss sauber und menschenwürdig werden“ − Manuela Ott 72 Afrika: Ökumene in Afrika − Almut Nothnagle 73 Mittlerer Osten: Zusammenarbeit im Mittleren Osten − Almut Nothnagle 75 EAPPI: Zugang zu Bildung unter Besatzung − Anja Soboh 76 Lateinamerika: Autoritätsverlust und mögliche Chancen − Marcia Palma 78 Öffentlichkeitsarbeit: Aufgaben, Aktionen und Aussichten − Helge Neuschwander-Lutz und Freddy Dutz 82 Missionsakademie: 60 Jahre Missionsakademie − Uta Andrée Von Pilgern und Prophetinnen − Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz Jahresbericht 2017/2018 des Evangelischen Missionswerks in Deutschland e.V. ∙ Hamburg, September 2018 ISBN 978-3-946352-06-8 Schlussredaktion und Gestaltung: Helge Neuschwander-Lutz Korrektorat: Birgit Regge, Sandra Lütje, Freddy Dutz Druck: MHD Druck und Service, Hermannsburg Bestellungen: EMW, Normannenweg 17-21 ∙ 20537 Hamburg ∙ Telefon (040) 254 56-148 ∙ E-Mail: service@emw-d.de Download: www.emw-d.de Titelbild: Albin Hillert/WCC 2 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
EINSTIMMUNG Christoph Anders Direktor des EMW Menschen gemeinsam unterwegs. Ohne Eile, miteinan- waren nicht selten Frauen, die sie vorbrachten. Und wie der redend oder schweigend. Es könnte eine Gruppe von schon zu biblischen Zeiten lösen solche deutlichen Wor- „Disciples“, von Jüngerinnen und Jüngern sein, denn das te Zustimmung und Widerspruch aus. Auch davon findet Titelbild zeigt Teilnehmende der Weltmissionskonferenz sich einiges in dem Bericht, den wir Nachlese genannt in Arusha. Genaueres über Ausgangspunkt und Ziel die- haben. Denn es handelt sich um nachträgliche, auswäh- ser besonderen Weggemeinschaft wissen wir nicht, aber lende und bewertende Betrachtungen dieses wichtigen das Foto mag ein Selbstverständnis veranschaulichen, ökumenischen Ereignisses. Wir hoffen gleichwohl, dass das für viele Anwesende kennzeichnend war: Sie wollten die Texte so anregend sind, dass sie zu wiederholtem diese Konferenz am Fuß des Mount Meru auch als eine Nachlesen einladen. Station des ökumenischen Pilgerwegs der Gerechtigkeit und des Friedens miterleben. Pilger also, und trotz der Jan Janssen, der in Arusha ebenfalls dabei gewesen ist, Formenvielfalt, die das Pilgern auszeichnet, kann es mit müssen wir an dieser Stelle verabschieden. Bis Ende Zielorientierung und Suche, Entbehrung und Einkehr, 2017 Bischof und danach Pfarrer der Oldenburgischen also mit eher stillen Tönen verbunden werden. Landeskirche, wird er sein Amt als Vorstandsvorsitzen- der des EMW nur noch bis zur diesjährigen Mitglieder- versammlung ausüben können. Er fühlt sich eher vom flachen Land, von Küsten, Wind und Meer angezogen, und wird künftig als Pastor der Deutschen Seemanns- mission in Rotterdam tätig sein. Mitglieder des Vorstan- des, Delegierte der Mitgliederversammlung, weltweite Partner und Mitarbeitende der Geschäftsstelle des EMW bedauern diesen Abschied und sind zugleich überaus dankbar für sein Engagement. Seine den Menschen zu- gewandte und gemeinsamen Anliegen verpflichtete Hal- tung hat unsere Arbeit in den letzten acht Jahren maß- geblich geprägt. In besonderer Erinnerung bleiben ein- drückliche Impulse zu biblischen Texten, Liedern und Gebeten – und so ist es kein Zufall, dass sich sein Beitrag in diesem Heft dem spirituellen Leben der Weltmissions- konferenz widmet. Für seinen weiteren „Discipleship“- Weg wünschen wir ihm Gottes Segen. Auch in diesem Jahr lassen die Berichte aus den Arbeits- bereichen der EMW-Geschäftsstelle auswahlsweise und akzentuiert die vielfältigen Aufgaben des EMW erkennen. Mit dem Dank an die Kollegen und Kolleginnen hier im Albin Hillert/WCC Haus, an alle, die sich in den Gremien und anderen Fo- ren des EMW engagieren und an diejenigen, die auf viel- fältige Weise ihrer Verbundenheit mit dem EMW Aus- druck verleihen, verbinde ich die Bitte um weiterhin mit- Als Kontrast dazu steht der Begriff Prophetinnen im Ti- gehende Begleitung, Unterstützung und Fürbitte. tel des Rückblicks auf diese ökumenische Versammlung. Prophetinnen sind standhaft und anstößig, erheben ihre Ihr Stimmen um Gottes Willen und seiner Welt zuliebe, deu- ten Zeichen der Zeit und rufen Andere zur Umkehr. Sol- che klaren Ansagen sind in Arusha zu hören gewesen. Es EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 3
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz Von Pilgern und Prophetinnen - Viele, die im März 2018 zur Weltmissionskonferenz ins tansanische Arusha aufgebrochen sind, haben sich als Pilgernde auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens verstanden. Aus aller Welt waren sie an den Fuß des Mount Meru eingeladen worden, um Antworten auf die drängende Frage zu finden, wie eine missionarische Nachfolge-Praxis in den heutigen bewegten Zeiten aussehen soll. Vor Ort waren dazu von Frauen und Männern häufig prophetische Töne zu vernehmen, denn Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung bleiben drängende Handlungsfelder für die weltweite Christenheit. „Vom Geist bewegt – zu transformierender Nachfolge berufen“ „Arusha 2018“ – Ort und Jahr stehen von nun an für ein nischen Missionsbewegung markieren: Zuletzt Athen besonderes Ereignis zu Mission und Evangelisation in 2005, davor Salvador da Bahia 1996 und weiter zurück Afrika. Als 14. Weltmissionskonferenz (WMK) unter dem Achimota /Ghana 1958, die bis dahin einzige WMK auf genannten Titel ist diese Zusammenkunft in Tansania afrikanischem Boden. Am Anfang dieser Reihe steht Glied in einer eindrucksvollen Kette von Konferenzen, Edinburgh 1910, die „Mutter“ aller neuzeitlichen öku- deren Orte und Daten wichtige Stationen in der ökume- menischen Konferenzen. In Arusha wurde diese Einord- 4 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Albin Hillert/WCC Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz Viele der mehr als 1.000 Delegierten, Gäste und Besucher aus aller Welt waren anlässlich der 14. Weltmissionskonferenz zum Gruppenbild vor dem Konferenzzentrum in Arusha anwesend. nung gleich zu Beginn durch Fahnen verdeutlicht, auf ökumenischen Gedankens, wie Kirchenspaltungen ver- die neben Jahr, Ort und Titel auch ein Foto der jeweiligen deutlichen. Auch Tendenzen wie das Erstarken von Wohl- Zusammenkunft gedruckt war. So wurden die Anwesen- stands-Theologien und die Folgen der Säkularisierung den erinnert, in welcher Geschichte sie mit dieser Konfe- für kirchliches Leben besonders im Globalen Norden renz in der Ngurdoto Mountain Lodge, etwas außerhalb wurden aufgezählt.1 von Arusha, stehen. „Where Vision gets build“ Jede der WMK war ein Versuch, die jeweilige Lage der Angesichts dieser Ansagen fällt ins Auge, dass über den weltweiten Missionsbewegung auf den Punkt zu brin- Konferenzteilnehmer/innen, versammelt zum offiziellen gen. In der Ankündigung zu Arusha 2018 wurden dafür Foto auf den Stufen des Convention Center der Lodge, das prophetisch „Zeichen der Zeit“ benannt, die die heutigen anspruchsvolle Motto prangt „Where vision gets build“. Herausforderungen von Kirchen und ihrem Zeugnis und Welche Vision oder prophetsiche Zeitansage hat diese Dienst markieren: Bedrohungen der menschlichen Wür- WMK mit über 1.000 Teilnehmenden aus ÖRK-Mitglieds- de durch neu aufkeimenden Rassismus und dramatische kirchen, Missionsorganisationen und anderen Bereichen ökonomische Abhängigkeiten, globale Ungerechtigkeit, der weltweiten Christenheit entwickelt? Wofür wird Aru- die Folgen des Klimawandels ebenso wie wachsende re- sha 2018 in den Annalen der ökumenischen Bewegung ligiöse Spannungen oder die Ambivalenz der modernen einmal stehen? Während des Treffens war die Resonanz IT-Medien. Darin eingebettet waren Einschätzungen in der hiesigen Presse trotz einer intensiven Arbeit vor über den unterschiedlichen Stand der missionarischen Ort2 eher überschaubar und wenig aussagekräftig in Be- Bewegung in den Weltregionen oder das Nachlassen des zug auf diese Frage. EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 5
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz Nun liegt das Ereignis selbst erst wenige Monate zu- Teil haben wir Partner des EMW, die an der Konferenz rück, viele Teilnehmer/innen sind noch dicht an den eige- teilgenommen haben, um einen Kommentar gebeten.7 nen Erlebnissen, und nicht alle Materialien und Impulse sind zugänglich gemacht. Texte und Berichte, die bisher Für den dritten Teil haben wir deutsche Teilnehmende zu Arusha veröffentlicht wurden, heben hervor, wofür um themenbezogene Beiträge gebeten. Abgerundet wird das Foto als Beleg dienen kann: Die Vielfalt der Teilneh- der Bericht durch den Versuch, Beobachtungen zu ersten menden sowie die Vergewisserung gemeinsamen Unter- Beurteilungen zu verdichten und Deutungen anzubieten. wegsseins. Dazu kommen das beeindruckende geistliche Leben als Einübung in eine „transformative Spiritualität“ Afrikanisch, missionarisch, jung und als Öffnung für das Wirken des Heiligen Geistes, so- Kehren wir noch einmal auf die Stufen der Mountain wie eine Fülle von Themen, die diskutiert wurden. So- Lodge zum Konferenzfoto zurück. Die darauf Versammel- wohl diese Fülle wie die Vielfalt der Beiträge von Arusha ten kommen aus Ost und West, Nord und Süd. Die inzwi- spiegeln die Berichte wider, die uns bisher erreicht haben, schen veröffentlichten Zahlen belegen, dass es den Ver- oder die wir für diesen Jahresbericht erbeten haben.3 anstaltern gelungen ist, eine angemessene Beteiligung von Menschen aus dem „Globalen Süden“ sicherzustel- Ein naheliegender Gedanke wird in den Berichten aller- len, was für ökumenische Großereignisse bis heute nicht dings eher verneint: Der „Aufruf zur Nachfolge von Aru- selbstverständlich ist. sha“4 ist von der Konferenz verabschiedet worden, doch Anwesende und Autorinnen und Autoren dieses Jahres- Delegierte8 543 berichtes sagen, dass vieles von dem darin nicht aufge- Mitgliedskirchen ÖRK 243 nommen ist, wofür Arusha für sie steht. Zugleich - so die Angegliederte Organisationen 152 Kritik - betone der Aufruf Akzente, die zwar während der Weitere Ökumene 148 Konferenz zu hören waren, sie jedoch nicht durchgängig geprägt haben. Weiter, dass Nachfolge im Aufruf vorran- Weitere Teilnehmer/innen 295 gig als eine Liste von Aufgaben beschrieben wird, wie Beobachter/innen 47 die Welt durch menschliches Handeln verwandelt wer- Berater/innen 91 den müsse. Vor dem düsteren Bild der dort beschriebe- Ökumenische Gäste 19 nen bedrohten Welt verblasse, sich als vom Geist bewegt und erfüllt zu erleben, als Vorgeschmack des von Gott ÖRK-Stab 98 Verheißenen. Der erste Bericht zur Konferenz, der dem Stewards 40 Zentralausschuss des ÖRK für sein Treffen im Juni 2018 in Genf zuging, und ein Begleitbrief aus der Kommission Männer 605 für Weltmission und Evangelisation (CWME) erweitern Frauen 419 das Spektrum der Aspekte, für die die Konferenz stehen Junge Erwachsene 128 soll. Etwa, dass die „Zeichen der Zeit“ des afrikanischen Kontinents oder religiös grundierte Konflikte angespro- Zusammen 1024 chen werden. Ebenso findet sich hier nun ein Hinweis zur Evangelisation, der im Aufruf erstaunlicherweise Besonders erfreulich ist die hohe Zahl von Menschen fehlt, und auch der Themenstrang Säkularisierung wird vom afrikanischen Kontinent und aus der afrikanischen benannt.5 Diaspora, die auf dieser Ebene dazu beigetragen haben, das Ziel einer „afrikanischen“ Konferenz zu erreichen. Noch ist die Deutung der Konferenz im Gange. Dieser Be- Die einladende Evangelisch-Lutherische Kirche in Tan- richt ist ein weiterer Bestandteil, er führt die Arbeit fort, sania (ELCT) erwies sich als engagierter Gastgeber und die mit dem letzten Jahresbericht und den beiden Bänden gestaltete einen Abend zu ihrer Mission. Vorträge und zur WMK bzw. zu Tansania begonnen wurde.6 Und er Beiträge in Podiumsgesprächen kamen von einer ganzen lädt mit seinen vielen Impulsen ein, sich daran zu betei- Reihe von Redner/innen aus afrikanischen Kirchen, und ligen. ein Abend war dem Kontinent gewidmet, an dem bekann- te Theolog/innen wie Mercy Oduyoye oder John Mbiti Dieser erste Teil des thematischen Jahresberichtes bietet sprachen.9 Auch die etwa vierzig jungen Stewards reprä- eine Beschreibung der WMK an: Teilnehmer/innen, Pro- sentierten überzeugend Kirchen und Länder des Konti- gramm, Verlauf und erste Einsichten. Für einen zweiten nents. Inhaltlich sieht es mit der afrikanischen Prägung 6 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Albin Hillert/WCC Die hohe Zahl von Menschen vom afrikanischen Kontinent und aus der Diaspora haben dazu beigetragen, das Ziel einer afrikanischen Konferenz zu erreichen. etwas anders aus, worauf verschiedene Beiträge auch in seinem Abschnitt über Nachfolge darauf ein, in welcher diesem Heft hinweisen. Der ÖRK hatte im Vorfeld zwei Form das Gespräch über verwandelnde Jüngerschaft/ Hefte mit Texten von afrikanischen Autor/innen veröf- Nachfolge in Arusha geführt wurde.15 fentlicht, sie haben jedoch auf der Konferenz keinen Wi- derhall gefunden.10 Vor allem durch die Einbindung der rund 120 Studie- renden aus aller Welt am Global Ecumenical Theological Für den im Vorfeld ebenfalls betonten missionalen Cha- Institute (GETI) waren auch junge Erwachsene deutlich rakter steht, dass die Missionserklärung „Gemeinsam präsenter als auf anderen ökumenischen Konferenzen.16 für das Leben. Mission und Evangelisation in sich ver- Sie zeichneten auch verantwortlich für einen Nachmittag ändernden Kontexten“11 (TTL) als ein herausragendes (s.u. zu Sokoni) und eine Abendveranstaltung. Darüber Dokument der ökumenischen und internationalen Missi- berichten Anna-Katharina Diehl und Matthias Ehmann. onsbewegung die theologische Grundlage der Konferenz Sie stellen den Beitrag junger Erwachsener vor und wer- sein sollte.12 Tatsächlich haben Themen der Missionser- fen kritische Fragen daran auf, wie sie in die Konferenz klärung die Konferenz geprägt, wobei insbesondere das eingebunden wurden. Thema „Mission von den Rändern“ Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, worauf nicht nur Gabriele Hoerschel- „Karibu!“ mann in ihrem Beitrag eingeht.13 Der Hauptvortrag dazu Veranstaltet wurde die Konferenz bekanntlich vom Öku- von Ada Adi Mariana Waqa ist einer der am häufigsten menischen Rat der Kirchen (ÖRK) und seiner Kommis- zitierten Vorträge, und Ausschnitte daraus wurden in sion für Weltmission und Evangelisation (engl. CWME). den zweiten Abschnitt dieses Jahresberichtes aufgenom- Die CWME organisiert seit der Integration des Interna- men. Andererseits ist der Begriff „transforming disciple- tionalen Missionsrates und des ÖRK (1961, Neu-Delhi) ship“, der auf der Konferenz wohl der am häufigsten ver- jeweils zwischen den ÖRK-Vollversammlungen eine sol- wendete war, kein Begriff der TTL, wenn er auch an sie che WMK. Die Konferenz stand unter dem programma- anschließen kann.14 Nicht nur Christoph Anders geht in tischen Titel „Vom Geist bewegt – zu transformierender EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 7
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz Nachfolge berufen“, womit sich der letzte EMW-Jahresbe- richt beschäftigt hat.17 Das Programm der Konferenz setzte diesen Titel so um: Frederick Shoo, Leitender Bischof der gastgebenden ÖRK, Olav Fykse Tveit, erinnerte anlässlich des 70. Jah- Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania, begrüß- restages der ÖRK-Gründung in seiner Eröffnung daran, te die Teilnehmenden mit „Karibu“. Faith Lugazia, eine dass ein starker Antrieb für die ökumenische Bewegung tansanische Theologin, macht in ihrem Beitrag deutlich, mit ihrer Suche nach Einheit aus der Missionsbewegung welche Dimensionen der Kisuaheli-Gruß „Karibu“ hat: Es kam. Er betonte, wie sehr sich die gegenwärtige Situation heißt nicht nur „willkommen“, sondern ist die Einladung, und das Paradigma für Mission seit 1910 verändert ha- Teil der gastgebenden Gruppe zu werden und alles mit- ben und wie stark das missionarische Zeugnis der Kir- einander zu teilen (Seite 14f). Der Generalsekretär des chen heute herausgefordert ist. Er charakterisierte Mis- 8 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
sion als eine Angelegenheit auf Leben und Tod: In der Erkennbar griffen diese Plena Themen der TTL auf. Der Mission der Kirche gehe es um Erlösung, Befreiung und Titel der letzten beiden Plena hatte dabei einige Diskus- sie schenke Hoffnung, indem sie das Kostbarste in dieser sionen hervorgerufen. Die wörtliche Übersetzung „Das Welt teile: die Liebe Gottes.18 Kreuz umarmen“ klingt fremd und eher bedrückend und bot sich daher für eine Aussendung zum Beschluss Im folgenden Plenum erinnerte der Moderator der der Konferenz nicht direkt an. Andererseits sollte damit CWME, Metropolit Geevarghese Mor Coorilos, an den en- der Aspekt der „teuren“ Nachfolge und die Aufforderung gen Zusammenhang der Suche nach Einheit und der Mis- Jesu, sein Kreuz auf sich zu nehmen, aufgegriffen wer- sion. Unter Verweis auf Apg 17 formuliert er prägnant: den. In diesem Plenum sprach Patriarch Mor Ignatius „Unsere Nachfolge verwandelt, wenn sie der Wiederher- Aphrem II von Antiochien über Nachfolge, Bedrängung stellung von Gerechtigkeit dient und das Leben bejaht, und Martyrium, besonders in Syrien. Ausschnitte daraus denn wir sind aufgerufen, den Kräften des ‚Todes‘ ent- finden sich auf Seite 20f dieses Jahresberichtes.23 gegenzutreten. Bei Mission und Evangelisation im Blick auf verwandelnde Nachfolge muss es heute darum gehen, „Sokoni“ und „warsha“24 die gegenwärtige Welt auf den Kopf zu stellen [turn the Neben den Plenarsitzungen prägten zwei weitere Forma- world upside down].“19 te die Konferenz: „Sokoni“25 wurde als ein gemeinsamer Raum beschrieben, um Ideen und Geschichten über das Nach ihm berichtete der Direktor der CWME, Jooseop Leben in der Gemeinschaft auszutauschen. Es dauerte Keum, über deren Arbeit seit der letzten WMK (Athen einen Nachmittag und vereinte unterschiedliche Forma- 2005) und erläuterte den Titel der Konferenz. „Die neue te wie Vortrag, Vorführungen und Aktivitäten mit einem ökumenische Missionserklärung fokussiert auf die Missi- partizipativen Charakter. Das erste zum Thema „Jugend“ on des Heiligen Geistes (missio Spiritus) innerhalb eines war von den Teilnehmenden des integriert stattfindenden trinitarischen Verständnisses von Mission (missio Dei). Global Ecumenical Theological Institute (GETI) mit vor- So begreift sie dynamische Kraft, Transformation und Di- bereitet.26 Das zweite thematisierte Gendergerechtigkeit versität als die wichtigsten Konzepte von Mission in den mit dem Schwerpunkt auf kreativen Wegen von Frauen sich wandelnden Landschaften von heute.“20 Auf einem in der Mission. Das letzte Sokoni stellte das Thema „Mis- anschließenden Podiumsgespräch war auch der EMW- sion von den Rändern“ in den Mittelpunkt. In die Durch- Direktor als CWME-Mitglied zu einem Impuls eingeladen führung waren u. a. ökumenische Netzwerke eingebun- worden, um Aspekte aus europäischer Sicht in das Konfe- den, die seit der ÖRK-Vollversammlung in Busan/Südko- renzgeschehen einzutragen.21 rea 2013 in die Arbeit der CWME integriert sind.27 An den folgenden Tagen gab es fünf weitere thematische Gelegenheit für gemeinsame inhaltliche Arbeit boten Plenarsitzungen. Ihre Titel und Inhalte verbanden das die „warshas“, ein Kisuaheli Wort für Workshops. Etwa Thema der Nachfolge mit der Metapher des Pilgerweges. 20 waren von CWME sowie anderen ÖRK-Programmen Das erste zum Thema Evangelisation stand unter dem Ti- zweitägig konzipiert und Themen wie Migration, Evan- tel „Jesus nachfolgen – Jünger und Jüngerinnen werden“. gelisation, Leben in seiner ganzen Fülle, Diversität und Dieses Plenum eröffnete Mutale Mulenga-Kaunda mit ei- Ausbildung gewidmet. Innerhalb dieser Schwerpunkte, nem fulminanten Vortrag über junge Frauen in Afrika die an Akzente der TTL anknüpften, wurden etwa mul- und ihre Suche nach Befreiung.22 Das folgende Plenum ticultural ministries behandelt, es ging um Prophetie unter dem Titel „Jünger und Jüngerinnen werden – die und Evangelisation in Afrika, um Kirchen als heilen- Welt verwandeln“ konzentrierte sich auf „Mission von de Gemeinschaften oder um indigene Spiritualität für den Rändern“, in dem Ada Waga den Eröffnungsvortrag den oikos. Das Dokument „Christliches Zeugnis in einer hielt. Das nächste Plenum behandelte darauf missiona- multireligiösen Welt“ wurde dabei ebenso behandelt wie le Ausbildung mit der Frage, wie Jünger und Jüngerin- Fragen von Inklusion und Exklusion oder wie missionale nen, die die Welt verwandeln wollen, für diese Aufgabe Ausbildung aussehen sollte.28 zugerüstet werden: „Die Welt verwandeln – Zurüstung der Jüngerinnen und Jünger“. Dieses Plenum beschreibt Weitere 40 Workshops dauerten jeweils 90 Minuten und Michael Biehl in einem eigenen Beitrag ausführlicher. ein Team im ÖRK hatte eine Auswahl unter externen Am letzten Tag gab es zwei unterschiedlich akzentuier- Bewerbungen getroffen. Hier kamen besonders Themen te Plenarsitzungen unter dem gemeinsamen Titel, „Zuge- und Stimmen aus Europa und dem Globalen Norden zu rüstete Jünger und Jüngerinnen - das Kreuz umarmen“. Wort, die in den Plena eher selten zu hören waren.29 Aus EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 9
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz Deutschland waren insgesamt drei Workshops akzep- Tag war gerahmt von Morgenandachten, Bibelarbei- tiert worden.30 Das EMW hatte mit anderen Mitgliedern ten, Mittagsgebeten und Abendandachten. Jan Janssen der Europäischen Ökumenischen Missionsräte (EEMC) schreibt davon in seinem Beitrag und geht auf die sorg- ein Papier zu „Mission in säkularisierten Kontexten fältig erarbeiteten Gebete und Lieder ein. Online ist Nord-West-Europas“ vorbereitet, das in das Resource- ein Teil der Bibelarbeiten zugänglich, das umfangrei- book der Konferenz aufgenommen wurde.31 Die Grund- chere Spiritual Resourcebook mit den Gebeten und An- these des Papiers ist, dass Säkularisierung nicht mit dachten leider nicht.36 Am Sonntag verließen die Teil- Gottesferne gleichzusetzen ist, wozu die Missionserklä- nehmenden die Mountain Lodge und feierten mit Ge- rung angesichts der Realitäten des Globalen Nordens zu meinden rund um Arusha Gottesdienst. Konfessionelle tendieren scheint. Das Papier war auch gedacht als ein Formate, liturgische Prägung und Dauer waren dabei Dialogangebot an diejenigen Geschwister im Globalen ebenso vielfältig wie die im Anschluss angebotenen Süden, die hier ein Versagen der Kirchen des Nordens Programme. Diese Besuche bildeten einen wichtigen konstatieren und reverse mission als Unterstützung Baustein für das gesamte geistliche Leben der Konfe- und Wiedergewinnung der Menschen für die Kirchen renz. Manche berichten von berührenden Begegnungen betonen.32 durch einen aufwendigen und sorgfältigen Empfang und Begleitung, nicht nur im Gottesdienst, sondern mit Folgt man dem Band, wie die Themen durch die Plenar- anschließender Zeit mit Gemeindegliedern und gemein- sitzungen und Sokonis und Warshas miteinander ver- samem Essen. flochten wurden, so wird eine Schwer- EMW punktsetzung erkennbar, die die aus der TTL aufgenommenen Akzente genau an- dersherum anordnet: Während in der Erklä- rung die Jüngerschaft oder Nachfolge hinter der Betonung der Rolle des Geistes zurück- tritt, unterstrich die Konferenz die Aufgabe von Menschen, die in die Nachfolge gerufen werden, die dazu geistlich zugerüstet und ausgebildet werden müssen und die daher in der Lage sind, in die Kreuzesnachfolge einzutreten. Es gab Hinweise auf den Geist, der bewegt, doch durch die vorgestellten Schwerpunkte und durch die Impulsrefe- rate während der Plenarsitzungen wur- den immer wieder die menschliche Aktivi- tät betont oder Geschichten davon erzählt, wie Menschen befähigt werden, sich in die Nachfolge und damit in die Jüngerschaft zu Teilnehmende der Vorbereitungstagung in der Missionsakademie. begeben. Aus Deutschland nahmen rund 30 Personen an der Kon- „Bwana asifiwe“33 ferenz teil, und sie bildeten eine erfreulich große und Eine besondere Erfahrung, von der viele bewegt berich- nicht nur regional differenzierte Gruppe von Teilnehmen- ten, war das geistliche Leben der Konferenz. Dass eine den. Bereits der bisher vorgestellte Überblick verdankt Weltmissionskonferenz sich zuerst als betende, singen- sich auch dem Austausch in der gemeinsamen Vorberei- de und feiernde versteht, wurde von vielen als Zeichen tung während der Konferenz und schließlich an einem des Geistes aufgefasst. Im Eröffnungsgottesdienst pre- Studientag zur Nacharbeit in Deutschland. Die nachfol- digte die neu gewählte Präsidentin der Weltgemein- genden Kurzberichte von weiteren Mitgliedern der Dele- schaft Reformierter Kirchen, Nailja Kassab, eindrucks- gation sind Angebote, sich dem komplexen Ganzen dieser voll über das Leben im und aus dem Geist,34 und Collin Konferenz zu nähern und sich einzulassen auf den Weg Cowen, Generalsekretär des Council for World (CWM), einer Interpretation dessen, wofür Arusha einmal stehen hielt im Schlussgottesdienst eine feurige und politische wird. Predigt in der Linie des Aufrufs von Arusha.35 Jeder Christoph Anders, Michael Biehl 10 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Es ist ein köstlich Ding Gottesdienste und Bibelarbeiten in Arusha Als köstlich Ding bezeichnet die Bibel das Loben, Schon im Gathering Service wird behutsam der bisher Danken, Singen und Festwerden des Herzens (Ps 92,2; zurückgelegte Weg in Erinnerung gerufen – sowohl mit 147,1; Hebr 13,9). Was im Urtext schlicht gut und schön den Stationen früherer Weltmissionskonferenzen als heißt, übersetzt Luther geradezu kulinarisch und meint auch in der Aufnahme und Bejahung dessen, was die durchaus etwas Nahrhaftes, Schmackhaftes – lebt doch Missionserklärung Together towards life bündelt. der Mensch auch auf Weltkonferenzen nicht allein vom Brot der Vorträge und Diskussionen. Für mich hat dieses Auch die zentrale Lesung ist mit Joh 1,35-51 klug ge- köstlich Ding einen Geschmack, was auch auf die Gottes- wählt, geht es hier doch um den Erstkontakt der Gesand- dienste und Bibelarbeiten zutrifft, die wir in Arusha ge- ten, indem dort die Einladung Jesu erklingt – Was sucht feiert und erlebt haben. Kostprobe gefällig? Die Speise- Ihr? Kommt und seht! – und das Weitergeben im Mitein- karte dazu liefert mit Liedern, Gebeten und Bibelarbeiten ander derer einleuchtet, die von ihm lernen wollen: Wir das Begleitheft Conference Spiritual Life Resources. haben den gefunden … komm und sieh! Albin Hillert/WCC Bwana Yesu Kristo asifiwe! So die ersten Worte, die ge- sprochen werden. Schon wäre ein Stück Muttersprache des Gastgeberlandes dieser wohltuend afrikanisch ge- prägten Versammlung zu lernen. Und es heißt eben nicht Eröffnungsgottesdienst, als käme erst danach das zent- rale Anliegen dieser Weltmissionskonferenz (WMK), sondern Gathering Service, Gottesdienst zur Sammlung: Praise the Lord Jesus Christ! Und gleich die ersten biblischen Worte richten sich mit Jeremia (Jer 1,5), mit Maria (Lk 1,30f) und mit den ersten Christengemeinden (Gal 5,25) von Anfang an an die jun- gen Menschen einer nächsten Generation – I knew you – do not be afraid – walk by the spirit! Die vielfältige Auswahl und der sorgfältige Einsatz von Sprachen in Gebeten, Liedern und liturgischen Schrit- ten sorgt für einen wunderbar pfingstlichen Raum, der verschiedene Stimmen hören lässt und auch dann ohne babylonische Einheitssprache auskommt, wenn gegen- seitiges Verstehen gelingen soll (Apg 2,6-11). Es ist eben nicht nur das vielsprachige Stimmenmosaik, das wir vom Vaterunser kennen. Es ist in all diesen Stimmen auch die Wirkung von Klangfarben, Energien und Tem- peramenten in ihrer so unterschiedlichen Haltung, in der sie sich an Gott richten oder trotz und mit aller Un- verständlichkeit Gemeinschaft stiftend Anteil geben. So wird das letzte Abendgebet am Schluss zu einem kleinen Gruß, der nahe geht, wenn tausend Stimmen den aller- letzten Kanon dann auch in meiner eigenen Mutterspra- che singen: Ausgang und Eingang, Anfang und Ende, lie- Gottesdienst in der Mjini Kati Lutheran Church in Arusha, wo während gen bei dir, Herr, füll du uns die Hände. der Weltmissionskonferenz internationale Gäste gemeinsam feierten. EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 11
Nachlese zur 14. Weltmissionskonferenz Morgen-, Mittag- und Abendgebete bieten gute Gelegen- Ein anderes Beispiel des crossovers, der trefflichen Ver- heit zum Innehalten, sowohl in der Unterbrechung wie in schränkung von biblisch wegweisendem Stoff und indi- der Aufnahme und Reflektion des zwischen diesen Sta- gener musikalischer Ermutigung, beweist ein weiteres tionen Gehörten und Erlebten. Liturgisch entfaltet sich Morgengebet. Es konfrontiert das eigene Sendungsbe- in ihnen ein großer Reichtum, ohne dass die Einheiten wusstsein in einem Ruf aus dem Sudan Murassalat nina überborden oder lediglich verschiedene Elemente zu ei- kulumurassalat (Wir alle sind Botschafterinnen Jesu) mit ner bloßen Summe addieren. In Wechselgesängen und den unbequemen Kursangaben Jesu selbst aus Mk 6,7- Stimmencollagen greifen Wort und Klang ineinander und 13: immer zu zweit, gegen unreine Geister, nichts in der beflügeln sich gegenseitig. Hand außer einem Stock, nichts am Fuß außer Sandalen, kein Brot, keine Tasche, kein Geld … So ein gottesdienst- Gottesdienstliche Partizipation funktioniert nicht nur liches Überkreuzgehen gibt für den weiten Weg nicht nur – wie es in deutschen Gemeinden scheint – über die ein lockeres Lied auf die Lippen, sondern auch den eige- manchmal inflationäre Gospeltradition. Zur aktiven Be- nen Gedankengängen tüchtig was zu knabbern. teiligung kann auch die Intensität eines orthodoxen Ge- betsrufes wie Ya rab urham verhelfen (für Konfirmanden Und überhaupt: Wieder mal ist es die Musik, die im auch nicht schwerer auszusprechen als Kyrie eleison) – wahrsten Sinne des Wortes be-geist-ert! Und eben nicht verschränkt mit der Anrufung des Gottes der Witwen nur in den Vortragsstücken faszinierender Chöre aus und Waisen, der Ernte und der Gastfreundschaft. Bei- Tansania. Sondern in all den vielfältigen Gesangsstü- des zusammen lässt spüren, woher und wozu wir als cken, die sorgfältig und doch dezent angeleitet, sowie Jesu disciples lernen können. So richtig und wichtig es musikalisch und technisch professionell begleitet wer- ist, dass Arusha die discipleship fokussiert hat, für den den. Es müssen auch nicht immer die eher europäischen Begriff wäre die passende und inklusive deutsche Über- langen und inhaltlich komplexen Strophenlieder sein. setzung noch zu erfinden. Vielleicht kann Lerngemein- Kurze Gesangsrufe nicht nur aus orthodoxen Traditio- schaft wenigstens einen Akzent setzen? Dazu könnte hel- nen prägen sich wohltuend durch Wiederholung ein – so fen, aus dem schönen Begleitheft für Gottesdienste und kann ich mich nach zwei- bis dreimaligem Singen auf- Bibelarbeiten der WMK in Arusha ein Schulbuch für alle richten und vom Ablesen aus dem Begleitheft frei ma- Lernbegierigen zu machen. chen. Hörbar zählen offenbar nicht nur zu meinen Favoriten Albin Hillert/WCC manche neu entdeckten Lieder, die wir hier leider nicht abdrucken können: Draw the circle wide (Kanada), The thirsty deer longs for streams (Trinidad), Que esta ig- lesia sea un árbol (Argentinien), Tuhan mengutus kita (Indonesien) und Victoire, alléluia (Elfenbeinküste). Zwar gibt es für sie leider noch keine Übertragungen ins Deutsche, das hindert aber nicht am Einsatz im Got- tesdienst! Vier Bibelarbeiten geben eine Menge Stoff zur Verarbei- tung, nicht nur in den bunt gemischten Gruppen an den etwa 100 runden Tischen im Plenum, sondern auch nach der Konferenz und in der eigenen Gemeinde. Merlyn Hyde- Riley legt zu Mk 6,1-3 den Ton für mein Verständnis zu sehr auf die Verwerfungen Jesu und nimmt dadurch der Sendung auch etwas die Kraft der Motivation. Kenneth Mtata differenziert zu 2. Kor 5,11-21 fein zwischen den Be- ziehungsebenen Gott-Mensch und Mensch-Mensch, ohne dass diese auseinanderfallen: vertically restored und ho- rizontal reconciled! Probieren Sie selbst einmal, was diese Chorsängerinnen und -sänger während eines Gottesdienstes in der Speisekammer noch an Köstlichem zu bieten hat. Christ Church Cathedral im Zentrum von Arusha. Pastor Jan Janssen 12 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
1 Vgl. dazu den Beschluss des ÖRK Zentralausschusses in Trondheim, evangelism today vis-à-vis Transforming Discipleship should be Document No. GEN PRO 05: 2018 World Mission Conference: A Ten- about turning the contemporary world upside down.“ (eigene Über- tative Proposal, Central committee, 22.-28.6.2016. Das Profil wur- setzung) PLEN 02.0 CWME Moderator‘s Address.pdf unter https:// de in das „Handbook“ der Konferenz aufgenommen, vgl. Conference www.oikoumene.org/en/mission2018/documents-related-to-the- on World Mission and Evangelism. „Moving in the Spirit: called to conference. Einige englische Bibelausgaben übersetzen Apg 17:6 als transforming discipleship“. Handbook, 8-13 March 2018, Arusha, “turned the world upside down“, in der revidierten Luther-Überset- Tanzania, Geneva 2018, 15-17. (https://www.oikoumene.org/en/ zung heißt es „die den ganzen Erdkreis erregen“. mission2018/Handbook_EN_Web.pdf). 20 “The new ecumenical affirmation focuses on the mission of the Holy 2 Vgl. dazu den Beitrag von Freddy Dutz in diesem Heft. Spirit (missio Spiritus) as its theological framework within the Tri- 3 Vgl. als Auswahl: Anders, Christoph, und Michael Biehl, Singen, be- nitarian understanding of mission (missio Dei). This with the in- ten, Streit vermeiden. Eindrücke von der 14. Weltmissionskonfe- tention to embrace dynamism, transformation and diversity as the renz in Arusha/Tansania, in: Zeitzeichen 19, 2018, 52-54; Lenski, main concepts of mission in changing landscapes today.“ (eigene Daniel, „Vom Geist bewegt“. Weltmissionskonferenz 2018: Wie sich Übersetzung) PLEN 02.1 CWME Director‘s Report.pdf, 3. die missionstheologische Landschaft verändert, in: DtPfBl 118(6), 21 Zu finden auf www.emw-d.de. 2018, 318-322; Jahnel, Claudia, Einheit in der Nachfolge - Die Welt- 22 PLEN 01.2 Opening Plenary Mulenga-Kaunda Keynote Speech.pdf. missionskonferenz in Arusha 2018 im Spiegel der jüngsten öku- 23 PLEN 06 Embracing the Cross Plenary Keynote Address HH Mor Ig- menischen Bemühungen um die Einheit der Kirchen, in: MD 69(3), natius Aphrem II.pdf. 2018, 59-62. Michael Biehl: Die Weltmissionskonferenz in Arusha 24 Für diesen Teil greifen wir zurück auf Michael Biehl, Die Weltmissi- (Tansania) und die Missionserklärung „Gemeinsam für das Leben“, onskonferenz (vgl. Anm. 6) in: Ökumenische Rundschau 67, 3/2018, 412-425. Für Hinweise auf 25 Laut Handbuch der Konferenz ein Kisuaheli-Begriff für den Markt- weitere Berichte vgl. www.emw-d.de. platz in der Gemeinschaft, auf dem sich Leute versammeln, um Wa- 4 Vgl. https://www.emw-d.de/fix/files/Arusha-Aufruf.pdf. ren und Informationen auszutauschen (vgl. Anm. 1). 5 World Council of Churches, Conference on World Mission and Evan- 26 Vgl. den Beitrag dazu in diesem Heft. gelism “Moving in the Spirit: Called to Transforming Discipleship”, 27 Netzwerke von Indigenen, zu Leben mit Behinderungen (EDAN), Arusha, Tanzania, 8-13 March 2018, Conference Report. Migration, multikulturelle Dienste, Gerechtigkeit und Menschen, 6 Vgl. https://www.emw-d.de/fix/files/emw-jahresbericht_16-17- die mit HIV Aids leben u.a.m. thematischerTeil.2.pdf, „Tansania“ (Weltmission heute, 82), Ham- 28 Vgl. dazu die Beschreibung der Workshops im Handbuch der Konfe- burg 2018 und den Vorbereitungsband „Vom Geist bewegt – zu ver- renz https://www.oikoumene.org/en/mission2018/Handbook_EN_ wandelnder Nachfolge berufen (Weltmission heute, 83), Hamburg Web.pdf, 55-80. Auch dieses Handbuch wurde vom ÖRK nicht in 2018. Letzteres ist vergriffen, ein Download wird hier angeboten: deutscher Sprache angeboten. https://www.emw-d.de/fix/files/wmh83_Arusha_Inhalt.2.pdf. 29 Daniel Lenski beschreibt in seinem Aufsatz einen Workshop zur 7 Leider haben uns nicht alle Berichte rechtzeitig erreicht. Für Ozea- Ausbreitung pentekostaler und charismatischer Kirchen und zu nien und den Mittleren Osten wurde auf Beiträge in Arusha zurück- Proselytismus (vgl. Anm. 3). gegriffen, die etwas zur Situation und der Mission der Kirchen dort 30 Vgl. dazu Handbook, 64-80 (Anm. 28). berichten. Noch ausstehende Impulse aus Lateinamerika und ande- 31 Called to Transforming Discipleship in North-Western Europe. Some ren Regionen werden an anderer Stelle aufgenommen. Reflections on Witnessing in Secularized Contexts, in: Resource 8 Offizielle Zahlen des ÖRK, die allerdings rechnerisch irgendwie Book. Conference on World Mission and Evangelism, “Moving in the nicht aufgehen wollen. Spirit – Called to transforming Discipleship”, 8-13 March 2018, Aru- 9 Ihre Beiträge sind bisher nicht zugänglich. sha, Tanzania, ed. by Jooseop Keum, Geneva 2018, 84-101. https:// 10 From Achimota to Arusha. An Ecumenical Journey of Mission in Af- www.oikoumene.org/en/mission2018/ResourceBook_EN.pdf. rica, Edited by Lesmore Gibson Ezekiel and Jooseop Keum, Co-pub- 32 Vgl. z.B. Mahali, Faustin Leonard, Arusha: A Confluence for Trans- lished by Acton Publishers and WCC Publications, Geneva, Nairobi, formational Agenda and Discipleship in Africa, in: From Achimota 2018. Vgl. ebenso das Themenheft Transforming Mission: Perspec- to Arusha. (vgl. Anm. 10), 12-17, hier: 9. Vgl. zu den Workshops Ra- tives from Africa, IRM 106.2 (405) December 2017. Vgl. zu diesem vinder Salooja in diesem Jahresbericht (S. 30). Aspekt auch Daniel Lenski, „Vom Geist bewegt“, 319 (Anm. 3). 33 Kisuaheli für „Lobe den Herrn“. 11 Gemeinsam für das Leben. Mission und Evangelisation in sich ver- 34 PRAY 01 Rev Najla Kassab Sermon Gathering Prayer.pdf, deutsch: ändernden Kontexten, in: Christoph Anders, Michael Biehl, (Hg.) www.emw-d.de. Christus heute bezeugen. Mission auf dem Weg von Edinburgh 2010 35 PRAY 03 Sermon Closing Prayer Rev Dr Collin Cowen.pdf, deutsch: nach Busan 2013 (Weltmission heute, 77), Hamburg 2013, 458-494. www.emw-d.de. 12 Vgl. dazu Michael Biehl (Anm. 3). 36 Die Bibelarbeiten sind in englischer Sprache hier zu finden: https:// 13 Vgl. dazu die Beiträge des Moderators und des Direktors der CWME, www.oikoumene.org/en/mission2018/resources. Deutsche Überset- auf die weiter unten eingegangen wird. zungen finden sich hier: https://www.emw-d.de/fix/files/Bibelar- 14 Vgl. dazu den letzten EMW-Jahresbericht (Anm. 6). beiten%20deutschenglisch.pdf. 15 Über weite Strecken wurden in Aursha „transformative“ und „trans- forming“ synonym verwendet. Dadurch wurde der weltverändern- de (transformative) Aspekt betont, während der Aspekt einer Ver- wandlung der Nachfolgenden durch den Geist, den die mehrdeutige Formulierung „transforming“ ebenfalls beinhaltet, zurücktrat. 16 Vgl. dazu auch Diana Lunkwitz, 180606lunkwitz_bericht-geti-wmk- oerk2018.pdf, zu finden auf der Website http://www.oekumenezent- rum-ekm.de. 17 Vgl. Anm. 6. 18 Vgl. PLEN 01.0 Opening Plenary Address Olav F Tveit.pdf. Die engli- schen Texte der Konferenz sind unter https://www.oikoumene.org/ en/mission2018/documents-related-to-the-conference zu finden. Auch alle weiteren Dokumente, die hier zitiert werden, sind dort zu finden. Der ÖRK hat keine deutschen Übersetzungen zur Verfügung gestellt. Die deutsche Delegation hat begonnen, Texte zu überset- zen. Die bisher vorhandenen sind auf der EMW-Website zu finden, vgl. www.emw-d.de. 19 “It is for restoration of justice and in affirmation of life, that we are called to resist the forces of ‘death’ and in that our Disciple- ship stands out as Transforming. This means then that mission and EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 13
Kommentare aus der Weltchristenheit - Afrika Afrikanisches lebendig werden lassen Die Weltmissionskonferenz hat die uns auch der Leitende Bischof der Evangelisch-Lutheri- schen Kirche in Tansania, Frederick Shoo, willkommen Vielfalt Afrikas sichtbar gemacht hieß, ist nicht nur ein Kisuaheli-Wort, sondern drückt ein afrikanisches Konzept aus. Es meint nicht einfach und Themen und Anliegen des Kontinents nur: Komm herein und trage dein Problem/deine Frage vor - es ist die besondere und freundliche Weise, Fremde aufgegriffen. einzuladen. Bereit zu sein, einzutreten, und ein Teil der drinnen Versammelten zu werden, bedeutet, eingeladen zu sein, alles zu teilen, was vorhanden ist, auch die ge- Ein Anliegen der Kommission für Weltmission und meinsame Vision. Karibu ist die Einladung, sich als Teil Evangelisation (CWME), wie es in der Missionser- der Familie zu fühlen, und die Aufforderung, gemeinsam klärung TTL deutlich wird, ist, den Schrei von Gottes weiterzugehen. Karibu vermittelt daher eine Ahnung des Schöpfung hörbar zu machen. Immer wieder spricht der afrikanischen kommunitären Lebens und seines Ökume- dreieinige Gott selbst über die Liebe, die aus ihm als nismus, da es alle umfasst, unabhängig von Differenzen, Grund des Seins hervorgeht, mit der er uns alle in Sein die man im Glauben haben mag. Reich ruft und in der Er uns aussendet, um gute Haus- halter seiner ganzen Schöpfung zu sein. Zunächst der In- Vier Charakteristika waren für die Konferenz im Vorwe- ternationale Missionsrat und, nach der Integration in den ge benannt worden: sie sollte „missional“ sein, ökume- ÖRK, die CWME haben von der ersten Konferenz 1910 nisch, afrikanisch geprägt und eine Konferenz von jun- bis zu der in Arusha verschiedene Strategien entwickelt, gen Menschen in der Mission. Alle diese Charakteristika um sicherzustellen, dass der Ruf, andere zu Jüngern zu können durch die Auswahl der Teilnehmenden und ihre machen, umgesetzt werden kann. Diskussionen als erreicht betrachtet werden. Die Konferenz in Arusha war einzigartig, weil sie die Näher eingehen möchte ich auf die sogenannten Soko- „afrikanischen Landschaften“ mit all ihren Reichtümern ni. Das ist meiner Ansicht nach eine Form des „Palaver- und ihrer Vielfalt aufgegriffen hat. Sie vergegenwärtigte Baums“, ein Konzept des kongolesischen Theologen Bene- so die tägliche Erfahrung von uns Afrikanerinnen und zet Bujo. Die Sokoni schufen einen physischen und so- Afrikanern, während auf ihr gleichzeitig unterschied- zialen Raum und psychologisch die Voraussetzungen für liche Themen angesprochen wurden, durch die die öku- eine offene Kommunikation. Sie ermöglichten die Integ- menische Bewegung verwandelt werden soll, um missi- ration der Beteiligten in das Konferenzleben. Bei einem onarischer zu werden. Im Unterschied zur Konferenz in Sokoni teilen die Menschen, woher sie kommen, und sie Achimota, Ghana 1958, stellte die Arusha-Konferenz si- schaffen ein Netzwerk, um den Missionsauftrag (Mat 28) cher, dass die Umwelt so wenig wie möglich in Mitleiden- besser umzusetzen. Dadurch förderten die Sokoni Evan- schaft gezogen wurde. Dadurch erinnerte die Konferenz gelisation. Afrikanische Traditionen sind reich an münd- auch an unsere Verantwortung für die Haushalterschaft: lichen Überlieferungen und Erzählungen und dement- Dass wir von Gott aufgefordert sind, seine ganze Schöp- sprechend bot das Sokoni-Konzept Zeit und Raum, damit fung zu achten und nicht irgendeiner Kreatur das Leben Menschen sich selbst ausdrücken und miteinander teilen zu nehmen. Die Arusha-Konferenz versuchte, Schöpfung konnten, wie sie durch das Evangelium vom Auferstande- und Umwelt im Blick zu behalten. nen, von Jesus Christus, verändert wurden, und wie der Heilige Geist sie bewegt, so dass sie für andere zu Zeu- Afrikanische Konzepte in Arusha ginnen und Zeugen werden. Bei dem Sokoni der Frauen Karibu, der Gruß, den sowohl der Generalsekretär wie wurde Gendergerechtigkeit gelebt, denn auch Männer der CWME-Moderator verwendet haben, und mit dem partizipierten voll an allen Aktivitäten, die an diesem 14 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Nachmittag angeboten wurden, und waren nicht nur Zu- Ja, das Schwerkraftzentrum des Christentums hat sich schauer. nach Afrika und in die südlichen Hemisphären verscho- ben. Ja, der Geist des Herrn ist am Werk und verändert So wurde durch die Sokoni Afrikanisches lebendig. Auch Afrikaner/innen auf unermesslich vielfältige Weise. wer an diesem Nachmittag aktiv war, hatte dennoch Zeit, Doch von einem missiologischen Standpunkt aus sollte Beziehung und Gemeinschaft zu erleben. Wir Frauen hat- Wachstum der Kirche nicht mit Zahlen gleichgesetzt wer- ten eine Zuhörerschaft, und Männer konnten die Solida- den, auch andere Maßstäbe sollten angelegt werden. Ich rität unter den Frauen an ihrem Treffpunkt erfahren, wo denke, dass die zu wörtliche Auslegung der Bibel, falsche sie immer zusammenkommen. Und die Musik, die über- Prophezeiungen, Korruption, Bestechung, der Mangel an all erklang, die Lieder, die gesungen wurden, erzählten Good Governance, Nepotismus und Wohlstandstheologie, jedem, der oder die sie hörte, dass sie in Afrika waren. was auf dem afrikanischen Kontinent unglücklicherwei- se blüht, und was die menschliche Würde versklaven Themen oder sogar töten kann - all das muss von der Kirche an- Viele der behandelten Themen berührten die Verbindung gesprochen werden, wenn sie ihren Auftrag erfüllen will: der Rolle der „Heiligen Geistin“ und ihrer Rolle für die Gehet hin und machet zu Jüngern! Transformation. Wir sind nicht berufen, als Gläubige ein- fach zu bleiben, wo wir sind. Vielmehr sind wir berufen, Was mich während der Konferenz gestört hat, ist die alle Formen von Ungerechtigkeit in der Welt zu identifi- Rede von indigenen Völkern oder von Menschen an den zieren, die das Leben und die Würde des menschlichen Rändern. Ich schlage vor, dass die Kirchen solche diskri- Wesens und der Schöpfung beschädigen und dagegen minierenden politischen Begriffe nicht verwenden sollten aufzustehen. und sie Angehörige solcher Gruppen als Freunde Christi oder als Nächste ansprechen sollten. Meine Anliegen nach Arusha Das Grußwort des orthodoxen Kirchenleitenden bei der Er- Das Sokoni-Konzept war eine wundervolle Idee, aber ich öffnungsveranstaltung vermittelte mir den Eindruck, dass bin mir nicht sicher, ob es so gut umgesetzt wurde, dass es in unserer ökumenischen Gemeinschaft immer noch es alle Teilnehmer/innen und Besucher der Konferenz mangelnden Respekt für Andere gibt. Er meinte erklären wirklich erreicht hat. Wenn daher ein solches Konzept zu müssen, dass es, wie die Orthodoxen verstanden wer- das nächste Mal eingesetzt werden sollte, sollten die Or- den, falsch sei, weil sie doch anders sind ... Für mich soll- ganisierenden Zeit geben, das Konzept zu erläutern, be- ten bei einem solchen ökumenischen Treffen nicht die Un- vor sie es umsetzen. terschiede betont werden, sondern was uns verbindet. Zum Schluss: Meiner Ansicht nach haben viele Aspekte der Konferenz in Arusha Afrikanisches verkörpert und lebendig werden lassen. Dr. Faith Lugazia, Theologieprofessorin am Protestant Institute Die Delegierten der orthodoxen Kirchen betonten nach Ansicht der of Arts and Social Sciences, Butare, Ruanda Autorin bei dem Weltchristentreffen in Tansania mehr das Trennende, die Unterschiede und nicht das Verbindende. Übersetzung: Michael Biehl Albin Hillert/WCC EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 15
Kommentare aus der Weltchristenheit - Pazifik Ich bin ein kostbares Kind Gottes Ein Plädoyer für Menschen am Rand der Gesellschaft, selbstbewusst zu sein in der Nachfolge und auf dem Weg der Veränderung. Als Vertreterin einer indigenen Volksgruppe kann ich auch wir sind Träger der Hoffnung Christi und auch wir nicht anders, als in mir den Schmerz und das Wehkla- sind berufen, die Welt zu verändern! gen der Mutter Erde, die Gottes kostbare Schöpfung ist, zu tragen und auszudrücken. Das Seufzen der ganzen Schöp- Ich darf heute vor Ihnen stehen als ein Mitglied der indi- fung ist hier und jetzt in uns und ruft uns ins Gedächtnis, genen Bevölkerung Fidschis in Ozeanien. Ich gehöre dem dass wir als Jüngerinnen und Jünger Jesu in der Kraft des Stamm der Aisokula an, der auf der nördlichen Insel Ta- Heiligen Geistes Träger der Guten Nachricht Gottes für veuni zu Hause ist. Ich komme aus einer der zahlreichen alle sind, die sich nach Gerechtigkeit, Heilung und Versöh- Volksgruppen im Pazifischen Ozean, die eine reiche Ge- nung sehnen. schichte, Spiritualität, Kultur, Tradition und Geschichten- Tradition haben. Selbstverständlich kann die Nachfolge und das Verän- dern der Welt nicht ohne die Gute Nachricht Christi und die Kraft des Heiligen Geistes stattfinden. An dieser Stel- le müssen wir innehalten und uns fragen: Schließt unser Verständnis von Nachfolge diejenigen ein, die am Rande unserer Welt und unserer Zeit stehen? (…) Die Kirche tut sich nach wie vor schwer damit, anzuer- kennen, dass Jünger/innen an den Rändern an der Missi- on mitwirken. Eine meiner eindrücklichsten Erfahrungen während der Vorkonferenz war, die Gelegenheit aufzuzei- gen, wie sehr die traditionellen Kirchen „Zentrum-fixiert“ sind in ihrem missionarischen Ansatz: Meist werden die Menschen an den Rändern wie ich objektiviert und als Empfänger/innen der Guten Nachricht Christi verstanden, die ihnen von genau den privilegierten Profitierenden des Systems verabreicht wird, die ignorieren, dass sie selbst die Ungerechtigkeit aufrecht erhalten, die erst dazu führte, dass ich am Rand stehe. Unser Thema „Wandeln im Geist: Indigenisierung als verändernde Nachfolge“ war eine Übung darin, unser Mitwirken als junge indigene Bevöl- kerung zu bestätigen und zu bekräftigen. Ein Teil unserer Botschaft an die Weltmissionskonferenz und die Kirche von heute ist folgender: Wir sind hier. Es gibt uns. Seht uns, hört auf uns, denn wir gehören zur Kirche Christi. Wir sind arm, wir sind blind, wir sind gefangen und unterprivilegiert, aber wir wehren uns dagegen, unsichtbar zu sein, denn wir sind Christi Augapfel! Auch wir dürfen im Geist leben und wandeln, 16 | EMW-Jahresbericht 2017/2018
Seit fast zweihundert Jahren ist die Kirche in unseren Ge- Jahre ein tiefes Bedürfnis. Wir haben die Gute Nachricht filden unterwegs und veränderte mit der Guten Nachricht im Kontext unserer eigenen Probleme erhalten und dies Christi die religiöse Landschaft, in der die christliche Kir- hat Jüngerinnen und Jünger hervorgebracht, die im Geist che nach wie vor eine einflussreiche und prosperierende leben und wandeln und unser Leben in unserem eigenen Größe ist. Kontext bereichern. Und dennoch muss erwähnt werden, dass die Bekehrung Im gesamten Pazifik verschärft sich das Problem des Kli- zum Christentum für viele Inselstaaten allzu eng mit der mawandels, sodass Inselstaaten wie Kiribati, Tuvalu und Kolonialisierung verknüpft war. Verdammung der Kultur die Marschallinseln inzwischen um ihre Existenz ban- im großen Stil als „wild, verwerflich und barbarisch“ raub- gen müssen, da der Anstieg des Meeresspiegels ihr Land te vielen von uns die Würde und limitierte unseren Hand- und ihre kulturelle Identität bedroht. In den vergange- lungsspielraum, sodass wir nur Empfänger/innen der Gu- nen Jahren haben tropische Zyklone wirtschaftliche und ten Nachricht und somit niemals gleichwertig waren. strukturelle Verwüstung angerichtet. Nicht zu vergessen sind die vielen Individuen, für die Tod, Trauma und Ver- In der Gnade Gottes haben wir als Empfänger/innen der armung die Folge der Katastrophen waren. Unsere natür- Guten Nachricht unseren Handlungsspielraum durch die lichen Ressourcen werden nach wie vor von Großkonzer- Kraft des Heiligen Geistes zurückerlangt und schließen nen ausgebeutet. West-Papua hat mit seinem nun schon uns nun der Riege der treuen Gefolgschaft Christi an. Dies über 50 Jahre währenden Genozid den größten Preis zu war vielen meiner Volksgenossen in Ozeanien über lange zahlen, ohne dass der Großteil der Welt etwas dazu zu sagen hat. Albin Hillert/WCC Diese Katastrophen betreffen nicht nur Ozeanien allein. Als Nachfolger von den Rändern her müssen wir uns durch den lebensspenden Heiligen Geist befähigen lassen, diese Ungerechtigkeiten prophetisch anzuklagen und die Länder der Ersten Welt daran hindern, die rücksichtslose Unterdrückung unserer Länder und Völker fortzusetzen. So stehe ich hier heute vor Ihnen als eine einfache indige- ne Frau ohne besonderen Status oder Position im Leben, derer ich mich rühmen könnte. Ich spreche für all meine indigenen Verwandten, die heute unter uns sind und auch die, die nicht hier sein können. Ich spreche im Namen all der Gemeinschaften, die die alltäglichen, zur Normalität gewordenen Katastrophen bewältigen müssen. Ich spre- che im Namen all der indigenen Helden und Heldinnen, die vor uns gewesen sind. Und so stehe ich hier und kann nicht anders als euch zu sagen: Ich bin Adi Mariana Waqa. Ich bin arm. Ich bin gefangen. Ich bin unterprivilegiert. Ich bin unterdrückt. Aber ich bin ein kostbares Kind, nach dem Bild Gottes geschaffen. Ich habe Vollmacht, ich bin wertvoll, ich habe eine Stimme und ich bin frei. Ich bin frei, weil ich im Heiligen Geist lebe und wandle. Ich bin frei und trage voller Freude die Gute Nachricht mit mir und hoffe als Christi Nachfolgerin vom Adi Mariana Waqa Rand her die Welt zu verändern. Gott sei Dank! (links) bezeichnete sich in einem Vortrag selbst Adi Mariana Waqa, Theologiestudentin, Fidschi als unterpriviligiert und (Auszug aus ihrem Vortrag in Arusha) unterdrückt, aber auch als frei und wertvoll. Übersetzung: Silke Zwilling EMW-Jahresbericht 2017/2018 | 17
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