W MITARBEITERWOHNEN MEHR ALS EIN INSTRUMENT AKTIVER PERSONALPOLITIK - RegioKontext
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EDITORIAL »...und dann waren da früher ja noch die Werkswohnungen.« Diesen Satz hörten wir immer wieder bei unseren In unseren Gesprächsrunden mit den Fachverbänden stieß die- Vor-Ort-Recherchen in Städten mit angespannten se Idee auf großes Interesse. Das spornte uns an, gezielt nach Wohnungsmärkten. aktuellen Fallbeispielen zu suchen. Wir sind in ganz Deutsch- land fündig geworden: Da gibt es z.B. einen Großbäcker in Denn Unternehmen könnten dort Mietwohnungen Berlin oder die Stadtwerke in München: Sie stellen eigene bauen, wo bezahlbare und bedarfsgerechte Wohnun- Wohnungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereit. gen am dringendsten benötigt werden: in den Städ- Und sie machten es zeitgemäß, d.h. kleinteiliger, passgenauer, ten, in der Nähe der Arbeitsplätze. So kam uns der vielfältiger als das traditionsreiche Pendant, suchen nach prag- Gedanke: Kann man dieses – eigentlich historische matischen Lösungen. – Thema der Werkswohnungen auch neu und zeitge- mäß denken? Ein neuer Werkswohnungsbau stößt auch auf großes Interesse in der Öffentlichkeit. Das bekamen wir bereits 2016 zu spüren bei unserer ersten »Handreichung« zum Thema »Wirtschaft macht Wohnen«. Kein Wunder denn dieses Wohnungsbau-In- strument kann nicht nur Unternehmen bei der Personalgewin- nung dienen - es hilft auch bei der Entlastung angespannter Wohnungsmärkte, verbessert das Angebot an bezahlbaren Wohnungen. „Wirtschaft macht Wohnen“ Mitarbeiterwohnen: Aktuelle Herangehensweisen und modellhafte Lösungen Handreichung für die gewerbliche Wirtschaft, die Wohnungswirtschaft und lokale Akteure Berlin, 22.04.2016 Den ersten Teil der Studie finden Sie unter Arnt von Bodelschwingh bei einem Workshop des Bundesministerium www.regiokontext.de/upload/WmW.pdf oder folgen Sie für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zum Mitarbeiter- dem QR-Code wohnen im Dezember 2016 2 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
Diskussionsrunde zu »Wirtschaft macht Wohnen« auf der Expo-Real Die erste Untersuchung erzeugt 2016 ein großes Medienecho in München mit Staatssekretär Gunther Adler (BMI) Die betriebswirtschaftliche Rendite der Wohnungsbauinves- Wir danken allen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspart- tition stand und steht bei diesen Projekten allenfalls an zwei- nern für Einblicke in ihre Unternehmen. Unser Dank gilt auch ter oder dritter Stelle. Werkswohnungen sind – nicht zuletzt unseren Auftraggebern, die die Relevanz dieses Themas früh- durch die Vorgaben zum geldwerten Vorteil – regelrechte zeitig erkannt haben: dem Bundesverband Deutscher Baus- »Mietspiegelwohnungen«, im Wortsinne bezahlbar für dieje- toff-Fachhandel e.V. – BDB, dem Bundesverband Deutscher nigen, für die sie errichtet wurden: die Facharbeiterinnen und Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. – GdW, der -arbeiter, Busfahrer und Bäckerinnen, Verkäufer und Sicher- Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau heitstechnikerinnen, Gastronomie- und Pflegekräfte – kurz: e.V. – DGfM, dem Deutschen Mieterbund e.V. – DMB, der für die arbeitende Mitte der Gesellschaft. Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt – IG BAU sowie dem Zentralverband Deutsches Baugewerbe e.V. – ZDB. Un- Faszinierend an diesem Thema finden wir, dass Unterneh- terstützung bei der Recherche erhielten wir vom Deutschen men unter unterschiedlichsten Rahmenbedingungen gute Industrie- und Handelskammertag – DIHK. Lösungen finden können: Ein zeitgemäßer Werkswohnungs- bau kann bei kleinen, mittelständischen Handwerksbetrieben Die von uns zusammengestellten Beispiele und die Inter- ebenso funktionieren wie bei großen, kommunalen Unter- views mit Expertinnen und Experten beweisen: das neue nehmen. Es gibt kluge Kooperationen, bei der ein kommu- Mitarbeiterwohnen ist ein Erfolgsmodell! Die recherchierten nales Wohnungsunternehmen spezielle Unterkünfte für Aus- Unternehmen würden angesichts von Fachkräftemangel und zubildende eines großen Autoherstellers errichtet und seine demografischen Wandel in ihren Belegschaften allesamt wie- Erfahrungen und Unterstützung nun auch für andere gewerb- der in den Wohnungsbau investieren. In diesem Sinne hoffen liche Betriebe anbietet. wir, dass diese Broschüre allen Interessierten Ideen und Ins- piration bringt. Der neue Mitarbeiterwohnungsbau funktioniert in sehr viel- fältigen Branchen, Unternehmensgrößen und Realisie-rungs- Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre! modellen. Gute Beispiele finden sich dabei in den verschie- densten Regionen Deutschlands. Von der Ostseeküste über Hannover und Wolfsburg bis in den Süden, in Memmingen oder Tübingen beschäftigen sich Personalabteilungen, Be- triebsräte und Vorstände mit Wohnraum für die eigene Be- legschaft. 3
FALLBEISPIELE Holz-Wohnungen für die Belegschaft 6 18 Partnerschaft auf Augenhöhe ÜSTRA Gewoba Nord Hochwertiges Wohnen für qualifizierte Fachkräfte 7 20 Wohnen, wo andere Urlaub machen VW Immobilien Das Ahlbeck Hotel und Spa Mehr als warm und trocken 8 22 Junges Wohnen Ingolstadt: »Win-Win« durch Kooperation Stadtwerke Köln vor Ort Audi und GwG Ingolstadt Wohnen im Schaufenster eines Weltkonzerns 12 26 Reaktivierung des betrieblichen Wohnungsbaus BASF Wohnen + Bauen Stadtwerke München Von der Siedlungsgesellschaft zum Wohnungsunternehmen 14 27 Betriebsrat initiiert Genossenschaft Robert Bosch Stadtwerkschaft München Wohnungsgesellschaft Gemeinsam arbeiten, gemeinsam leben 15 28 Backe, backe, Häusle baue Karl-Schubert-Gemeinschaft Bäckerei Häussler 30 Selber bauen macht attraktiv Schmid Alarm 4 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
WEITERE BEITRÄGE 10 Günstige Wohnungen bedeuten »mehr Netto vom Brutto« Interview mit Sophie von Saldern, Personalleiterin der Kölner Verkehrs-Betriebe 11 Mitarbeiterwohnen als Antwort auf den Fachkräftemangel Gastbeitrag von Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat 16 Unternehmen als Wohnungsanbieter Interview mit Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbunds 17 Investor baut für Pflegekräfte Interview mit Andreas Nagel, Geschäftsführer der Hemsö GmbH 29 Mitarbeiterwohnen – Relevanz für die Wohnraumentwicklung Freiburgs Gastbeitrag von Prof. Dr. Martin Haag, Bürgermeister für Stadtentwicklung und Bauen der Stadt Freiburg 32 Ausblick Maßgeschneiderte Lösungen – vom Bäcker bis zum DAX-Konzern 24 außerdem ein Blick über den Tellerrand mit Beispielen aus den USA, Österreich und Japan 5
Holz-Wohnungen für die Belegschaft ÜSTRA, Hannover Für Thomas Kraayvanger ist der aktuelle Neubau ÜSTRA kann monetär nur schwer mit ande- 2.086 Konzernangehörige von 139 Wohnungen eines der aufregendsten Projekte seiner Karriere. Kraayvanger ist Ge- schäftsführer der ÜSTRA VE, einer sozialen Ver- ren großen Arbeitgebern der Region wie VW oder Continental konkurrieren. Deswegen bie- ten wir unseren Beschäftigten einen ganzen sorgungseinrichtung, die eng mit den Hanno- Blumenstrauß an Zusatzleistungen an. Die Mit- verschen Verkehrsbetrieben verknüpft ist. Der arbeiterwohnungen sind eine Blume in diesem Verein, der paritätisch von Arbeitnehmer- und Strauß.« Arbeitgebervertretern besetzt ist, bietet Vorsor- 500 geleistungen für aktive, im Ruhestand befindli- che und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter der ÜSTRA an. Die 500 Wohnungen im Wohnungen im Bestand gehören dabei zum Anlagevermögen Bestand und sorgen für eine stetige, sichere Rendite. 139 neue Informationszentrum: ein zum Holzklotz umdekorier- Wohnungen ter Bus der ÜSTRA als Infozentrum in Realisierung Die Wohnangebote richten sich an die gesamte Belegschaft. »Wir investieren kontinuierlich in 10 den Wohnungsbestand und haben unsere Woh- nungen in den letzten Jahren sukzessive moder- €/m2 nisiert. Heute gibt es zum Beispiel kaum noch durchschnittlich eine Wohnung ohne eigenen Balkon«, erläutert nettokalt Kraayvanger die Bemühungen der ÜSTRA VE im im Neubau Bereich Bestandsentwicklung. Die Mietpreise in Visualisierung: So soll das neue Quartier am Ende den neuen Wohnungen, die bis 2019 in Holzbau- aussehen weise im Stadtteil Vahrenwald entstehen, orien- 20 % geförderte Aktuell entsteht der erste Neubau der ÜSTRA VE seit über 40 Jahren auf einem ehemaligen tieren sich am örtlichen Mietspiegel und sollen im Durchschnitt 10 EUR/m2 nettokalt nicht über- steigen. Rund 20% der Wohnungen sind als Betriebsbahnhof. Bereits 2007 lobte die Stadt Sozialwohnungen von der Stadt Hannover ge- Sozialwohnungen Hannover einen städtebaulichen Architekten- fördert. Insgesamt werden rund 35 Mio. EUR wettbewerb für die Entwicklung des Areals investiert. »Nach einer Baurechtsänderung und aus. Zunächst wollten die Hannoverschen Ver- überstandener Bombenräumung im Mai 2017 – 35 kehrsbetriebe das Gelände komplett an einen verbunden mit der größten Evakuierung in der Investor verkaufen. Erst 2012 konkretisierte sich Geschichte Hannovers – steht unserem Baupro- Mio. € die Idee, die Wohnungen durch den betriebsna- jekt jetzt nichts mehr im Weg«, hofft Kraayvan- Investition hen Verein bebauen zu lassen. Die Motivation ger auf den zügigen Abschluss der Bauarbeiten. in Neubau dafür erklärt Arnd Brinkmann, Personalleiter des Verkehrsbetriebes: »In den nächsten Jah- ren brauchen wir 600 neue Arbeitskräfte. Die 6 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
Hochwertiges Wohnen für qualifizierte Fachkräfte VW Immobilien, Wolfsburg Das Mitarbeiterwohnen hat beim größten deut- Seit 2012 befasst sich das Wohnungsunterneh- schen Automobilhersteller eine lange Tradition. In der Nachkriegszeit bis in die 70er Jahre hin- ein errichtete die VW Immobilien GmbH – eine men wieder mit Neubau von Wohnungen. Über 160 Wohnungen entstanden bereits, weitere 350 Einheiten befinden sich in Planung Reali- 344 Beschäftigte 100 % Tochter des VW Konzerns – rund 10.500 sierung. Damit engagiert sich die VW Immobi- Wohnungen in Wolfsburg. In Zeiten, in denen lien GmbH als Partner der Stadt Wolfsburg im sich der Wohnungsmarkt entspannte, öffnete Zuge der kommunalen Wohnungsbauoffensive. sich das Unternehmen auch für Mieterinnen Das untere und das mittlere Preissegment sind 9.156 und Mieter, die nicht im Konzern arbeiteten, und im Unternehmensbestand noch zahlreich ver- trennte sich gezielt von ausgewählten Objekten. treten. Neue Wohnungen werden vor allem im Gleichwohl kam es noch bis vor gut zehn Jahren »Komfort-Bereich« gebaut, um das Wohnen in zu Leerständen in den eigenen Wohnungsbe- der »Pendlerstadt Wolfsburg« auch für die ge- Wohnungen im ständen. hobenen Einkommensgruppen attraktiver zu Bestand machen. 100 % Tochter der Volkswagen AG 184 Mio.€ Umsatz im Visualisierung eines neuen Wohnquartiers Große Pläne: VW Immobilien beteiligt sich an der Jahr 2015 Neubauoffensive Wolfsburgs Inzwischen hat sich das Bild gewandelt. Die Stadt Wolfsburg und der VW Konzern wachsen, Die neuen Wohnungen entstehen auf konzernei- 84 die Miet- und Kaufpreise für Wohnungen und genen Flächen zu Preisen ab 10 EUR/m2 netto- Eigenheime steigen rasant an. »Wir betreiben kalt. Sie bieten abwechslungsreiche Grundrisse % ein neues Mitarbeiterwohnen«, erklärt Ulrich sowie hochwertige Ausstattungen. Ob möblier- des Bestands Sörgel, Leiter für Wohnimmobilien. »Für uns ist te Business-Apartments mit ergänzenden Ser- unter 7€/m2 die Motivation für den Wiedereinstieg in dieses vice-Angeboten als Übergangslösung für Aus- nettokalt Thema die Steigerung der Standort- und Arbeit- landsrückkehrer des Konzerns oder größere geberattraktivität zur Fachkräftegewinnung für 3- bis 5-Zimmer-Wohnungen mit hochwertiger 350 die Volkswagen AG. Deshalb bauen wir attrakti- Ausstattung für Führungskräfte: das Portfolio ve, qualitativ hochwertige Wohnungen.« des Unternehmens bietet eine breite Palette an zeitgemäßen Wohnungsangeboten. Wohnungen in Realisierung und Planung 7
Mehr als »warm und trocken« Stadtwerke Köln Technische Neuerungen, innovatives Ma- dieser Art von Wohnung ging immer mehr 1960 nagement, moderne Arbeitsatmosphäre: zurück. »Zwischenzeitlich lag der Anteil der Unternehmen stehen in einem permanenten Mitarbeiter innerhalb der Mieterschaft bei Wettbewerb um neue Ideen und gutes Per- weit unter 50%«, erläutert Preuss die Folgen gegründet sonal. Altbewährte Konzepte haben da mit- für die Belegung der Wohnungen. unter einen schweren Stand. »Doch das Rad muss nicht immer neu erfunden werden«, Mit der Zunahme der Wohnungsnot in findet Bernd Preuss, Abteilungsleiter für Im- Köln, den steigenden Mietpreisen und dem mobilienmanagement und Wohnungswirt- Fachkräftebedarf im Konzern ergab sich für 4.5 schaft bei den Stadtwerken Köln und Leiter Preuss die Chance, die Wohnangebote der der konzerneigenen Wohnungsgesellschaft WSK neu auszurichten. »Ab 2013 haben wir Mrd. € (WSK). Seit einigen Jahren pumpen er und damit begonnen die Wohnanlagen zu moder- Umsatz sein Team daher neuen Wein in altbekannte nisieren, den Wohnungsbestand durch be- im Jahr Schläuche und denken die Themen Wohnen, darfsgerechten Neubau zu ergänzen und alle 2016 Arbeiten und Leben ganzheitlich neu und Wohnungen auf einen modernen, zeitgemä- zusammen: »Das Mitarbeiterwohnen ist für ßen Stand zu bringen.« Die Nachfrage durch uns ein zentrales Thema der letzten Jahre Konzernangehörige konnte dadurch enorm 12.473 Konzernangehörige und wir sind froh über die Chancen, die sich für den Stadtwerke Köln Konzern dadurch bieten.« gesteigert werden. Über 85% der sanierten Wohnungen werden inzwischen an die Be- legschaft des Kölner Stadtwerkekonzerns vergeben. Die Wohnungsgesellschaft der Stadtwerke Köln (WSK) schaut auf eine über 50-jährige Wohnen bei den Stadtwerken Köln bedeutet Geschichte zurück. Gegründet im Jahr 1964, mehr, als eine warme und trockene Bleibe 1.923 wurden in den Anfangsjahren vor allem öf- zu haben. Die Objekte befinden sich in der fentlich geförderte Wohnungen gebaut. Die Nähe zu den Betriebsstandorten. Kurze Nachfrage von Konzernangehörigen nach Arbeitswege für die Angestellten helfen Wohnungen im Bestand 140 Mio. € Investitionen in den Neubau und Instand- haltung bis 2025 900 Wohnungen Zusatzbedarf Quartiersaufwertung im Bestand: Die Planung sieht die Sanierung von 64 Wohnungen bis 2018 vor 8 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
»Das Mitarbeiterwohnen ist für uns ein zentrales Thema der letzten Jahre, und wir sind froh über die Chancen, die sich für die Stadtwerke Köln dadurch bieten.« Bernd Preuss, Leiter der Wohnungsbaugesellschaft der Stadtwerke Köln Aber auch für die Belegschaft be- Neubauwohnungen als auch in den deutet das Wohnen in konzerneige- komplett-sanierten Wohnungsbe- nen Wohnungen mehr als nur ein ständen«, beschreibt Bernd Preuss Dach über dem Kopf zu haben. »Die die Auswirkungen der Neubau- und Mitarbeiter schätzen es als Teil einer Sanierungsinitiative. Die neuen Konzern-Community in vielfältige Wohnungen werden auch dringend Angebote der WSK eingebunden zu benötigt (siehe Interview mit der sein.« Car-Sharing, Betriebssport, Personalleiterin der KVB auf S. 10). Kitanutzungen sind nur einige An- Bei einer aktuellen Mitarbeiterbe- Bernd Preuss im Gespräch mit einer gebote, die der Konzernmitarbeiter fragung gaben 900 der rund 12.000 Mieterin angeboten bekommt. Beschäftigten ein zusätzliches Inte- resse nach den WSK-Wohnungen dabei das Verkehrsaufkommen und Die Stadtwerke Köln wollen weiter bis 2020 an. Es bleibt also noch viel den Schadstoffausstoß in Köln zu in den Mitarbeiterwohnungsbau in- Wein zu keltern für Bernd Preuss reduzieren – ein großes Problem vestieren. Bis 2025 sollen rund 140 und sein Team. in der Rheinmetropole. »Die durch- Mio. EUR für die Instandhaltung, schnittliche Entfernung zwischen Sanierung und den Neubau von Wohnung und Arbeitsplatz beträgt Wohnungen investiert werden. »Die bei Konzernkollegen, die nicht in Nachfrage nach den Wohnungen ist einer WSK-Wohnung wohnen, 25 extrem hoch, und das sowohl in den Kilometer. Dagegen reduziert sich die Entfernung bei WSK-Mietern auf wenige Kilometer. Dadurch schaffen 70 Mieteinheiten der WSK rechne- risch eine CO2-Reduzierung von 100t jährlich.« Die Nähe zum Arbeitsplatz hat aber noch weitere Vorteile: »Ein Mitarbei- ter der eine Stunde oder mehr im Verkehr festhängt, wird neuesten Studien zufolge auch gesundheitlich belastet. In Verbindung mit den be- ruflichen Belastungen steigt dadurch schnell das Risiko des Arbeitsaus- falls. Je länger der Arbeitsweg, des- to höher das Risiko«, erklärt Preuss die Vorteile des Wohnens in Be- triebsnähe. Darüber hinaus sorgen die kurzen Wege zur Arbeit für eine höhere Lebensqualität der Beschäf- tigten. Nebenbei werden die Risiken eines Wegeunfalls reduziert. Für die Stadtwerke Köln mit seinen acht Sparten und rund 12.500 Beschäf- tigten kein unwichtiges Argument. Ein Gebäude des fertiggestellten Marienburger Forums 9
Günstige Wohnungen bedeuten »mehr Netto vom Brutto« Sophie von Saldern (Kölner Verkehrs-Betriebe) Sophie von Saldern leitet die Personalabteilung der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). Die KVB gehören zu den Stadtwerken Köln, die über knapp 2.000 Wohnungen im Bestand verfügen und sich seit einigen Jahren intensiv mit dem Neubau von Wohnungen für die eigene Belegschaft beschäftigen. Im Interview erklärt Frau von Saldern die Bedeutung des Mitarbeiterwohnungsbaus aus Sicht einer Personalleiterin. zum freien Markt sind die Mieten Wir unterscheiden nicht zwischen unserer Personalwohnungen sehr Belegschaft und neuen Kollegin- attraktiv. Dank der günstigen Woh- nen und Kollegen. Unser gesamter nungen haben die Mitarbeiterinnen Wohnungsbestand steht grundsätz- Welche Rolle spielen Mitarbeiter- und Mitarbeiter damit am Ende des lich allen Mitarbeiterinnen und Mit- wohnungen für Sie als Personallei- Monats mehr Netto vom Brutto üb- arbeitern zur Verfügung. Allerdings terin? rig. haben wir bei der KVB eine sehr niedrige Personalfluktuation. Das Das Thema gewinnt für uns im- spricht für eine hohe Zufriedenheit, mer mehr an Bedeutung. In einem Beim Renteneintritt dürfen Ihre viele Kolleginnen und Kollegen woh- Ballungsgebiet wie Köln besteht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in nen auch bereits schon in Wohnun- ein großer Wettbewerb um gute den Wohnungen der Stadtwerke gen der Stadtwerke. Wir nutzen die Arbeitskräfte. Der demografische bleiben. Diese Wohnungen stehen Wohnungsangebote daher derzeit Wandel führt dazu, dass künftig vie- Ihnen dann nicht mehr für aktive schwerpunktmäßig bei der Gewin- le Stellen innerhalb der KVB neu be- Kolleginnen und Kollegen zur Verfü- nung neuer Mitarbeiterinnen und setzt werden müssen. Es gibt nicht gung. Welcher Ansatz steht hinter Mitarbeiter. viele Arbeitgeber, die ihren Beschäf- dieser Idee? tigten Wohnungen anbieten können. Wohnungen für Mitarbeiterinnen Wer lange bei der KVB gearbeitet Wie bewerben Sie die Wohnungen und Mitarbeiter bieten daher die hat, soll auch beim Renteneintritt in bei der Suche nach neuem Perso- Gelegenheit, sich im Kampf um die den Betriebswohnungen wohnen nal? besten Köpfe hervorzuheben. bleiben dürfen. Neben einer sozialen Komponente bieten wir das auch an, Wir beginnen gerade damit, auch um unsere Kolleginnen und Kollegen aktiv auf unsere Wohnungen im Warum bieten Sie selbst Wohnun- bei der Altersvorsorge zu unterstüt- Rahmen der Personalsuche hinzu- gen an? Können Sie nicht einfach zen. Die Miete bleibt auch beim Ren- weisen und dieses Angebot somit mehr Lohn zahlen, damit sich ihre teneintritt stabil. Das wissen unsere stärker strategisch einzusetzen. In Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Mitarbeiter und müssen daher keine Bewerbungsgesprächen weisen wir auf dem freien Markt eine Wohnung besonderen Wohnungsausgaben im bereits auf unser Wohnungsangebot leisten können? Alter befürchten. Dadurch gewinnen hin. Bald soll das Angebot auch in unsere Wohnungsangebote zusätz- unsere Stellenanzeigen aufgenom- Die Mieten in Köln und anderen lich an Attraktivität. men werden. Wir sind gespannt dar- Großstädten sind in den letzten Jah- auf zu sehen, welche Rolle die Woh- ren stark gestiegen. Die Kölner Ver- nungen bei der Gewinnung neuen kehrs-Betriebe sind als öffentlicher Nutzen Sie das Wohnungsangebot Personals haben werden. Vor allem Arbeitgeber an Tarifverträge gebun- nur beim Werben um neues Perso- für Bewerberinnen und Bewerber, den. Wir können daher nicht einfach nal oder zielt es auch auf die beste- die noch nicht in Köln wohnen, ist höhere Löhne zahlen. Im Vergleich hende Belegschaft? das Angebot sehr interessant. 10 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
Mitarbeiterwohnen als Antwort auf den Fachkräftemangel Gunther Adler (Bundesministerium des Inneren) Der Gastbeitrag von Gunther Adler - Staatssekretär im Bundes- ministerium Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) - beschreibt die Potenziale des Mitarbeiterwohnens bei der Akquise neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Unternehmen in Deutschland angesichts des vorherrschenden Fachkräfteman- gels. Der Fachkräftemangel, vor dem Experten seit Jahren war- Wir haben es mit einer echten Win-Win-Situation zu tun: nen, ist in Deutschland längst Realität geworden. Viele Es profitieren das Unternehmen und die Mitarbeiterinnen Unternehmen können ihre gute Auftragslage mangels ge- und Mitarbeiter! eigneter Arbeitskräfte nicht voll ausschöpfen. Fast jedes zweite mittelständische Unternehmen klagt über Umsat- Erfreulicherweise gibt es bereits vorbildhafte Projekte und zeinbußen, weil Fachkräfte fehlen. einen klaren positiven Trend. Das belegen die vielen guten Fallbeispiele, die RegioKontext in der vorliegenden Studie Wir brauchen qualifizierte Menschen, die den Wirtschafts- zusammengetragen hat und die interessierten Unterneh- standort Deutschland weiter nach vorne bringen und men den Einstieg in den Mitarbeiterwohnungsbau erleich- Wachstum generieren. All diese Fachkräfte und ihre Fami- tern können. lien brauchen aber auch geeignete Wohnungen. Ich bin sicher, dass der Bau von Mitarbeiterwohnungen Auch wenn wir es in der vergangenen Legislaturperiode in den nächsten Jahren noch weiter an Bedeutung zuneh- geschafft haben, dass wieder deutlich mehr gebaut wird, men wird. Denn Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind gibt es in vielen Städten immer noch zu wenig bezahlbare mit einem Angebot von maßgeschneiderten und bezahlba- Wohnungen. Besonders betroffen sind wirtschaftsstarke ren Wohnungen bei der Gewinnung von Fachkräften ganz Regionen mit hoher Unternehmensdichte. Allein bis zum klar im Vorteil! Jahr 2020 müssen jährlich mindestens 350.000 Wohnun- gen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Der Bau von Mitarbeiterwohnungen ist dabei ein vielver- sprechender Ansatz, denn: > Betriebseigene Wohnungen sind ein großer Vorteil bei der Mitarbeitergewinnung. > Unternehmen können Wohnungen genau dort maßgeschnei- dert bereitstellen, wo sie diese für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen. Das Risiko von Leerständen oder Ausfällen bei den Mietzahlungen ist damit denkbar gering. > Und nicht zuletzt sind Wohnimmobilien auch als Kapitalanla- ge durchaus attraktiv. 11
Wohnen im Schaufenster eines Weltkonzerns BASF Wohnen + Bauen, Ludwigshafen Wenn in Ludwigshafen von den »Anilinern« Die Kriegszerstörungen trafen Ludwigshafen die Rede ist, weiß jeder, wer gemeint ist: und das Unternehmen hart. Gut die Hälfte 85 Beschäftigte die Belegschaft des Weltkonzerns BASF, des- sen Name ursprünglich eine Abkürzung für »Badische Anilin- & Soda-Fabrik« war. Der der konzerneigenen Wohnungsbestände wurde zerstört. Intensiver Neu- und Wie- deraufbau führten dazu, dass schon Anfang Farbstoff Anilin war eines der ersten Produk- der 50er Jahre wieder viele »Aniliner« in te dieses Traditionsunternehmens, das seit Werkswohnungen leben konnten. Es folgte 1865 die Rheinstadt Ludwigshafen prägt. eine weitere Phase rasanten Wohnungs- baus durch die GEWOGE, die später in 6.500 Das Unternehmen begann schon früh, sozia- die LUWOGE überging. Aus dieser Epoche le Angebote für die Belegschaft zu schaffen. stammt die Mehrzahl der heutigen Woh- Kurz nach der Gründung wurde eine betriebs- nungsbestände. Denn noch bis Anfang der Wohnungen eigene Krankenfürsorge etabliert, ebenso be- 1990er Jahre waren bezahlbare Wohnungen gann schon 1872 der Bau der »Hemshof-Ko- in Ludwigshafen knapp. lonie« mit mehr als 400 Wohnungen. Diese Aktivitäten wurden über die Jahrzehnte aus- Während sich die Wohnungsversorgung in gebaut und erlebten einen ersten Höhepunkt der Folgezeit entspannte, entpuppte sich die 70 in den 1920er Jahren: 1926 wurde die Kon- LUWOGE, die seit 2015 unter dem Namen zerntochter »Gemeinnützige Wohnungsbau- BASF Wohnen + Bauen firmiert, als geeig- % gesellschaft für Werkangehörige« (GEWO- netes Schaufenster für Konzernprodukte: bewohnt von GE) gegründet, die seither – kontinuierlich, Unter anderem durch die Verwendung neuer BASF wenn auch unter wechselnden Namen – für Dämmstoffe aus dem Hause BASF entwi- Angehörigen attraktiven Wohnraum für BASF-Mitarbeiter ckelte sich das Wohnungsunternehmen zu am Standort Ludwigshafen zuständig ist. Pa- einem Vorreiter der energetischen Moder- 2015 rallel zum Mietwohnungsbau etablierte die nisierung. Johanna Coleman, Geschäftsfüh- BASF auch eine Gemeinnützige Siedlungs- rerin der BASF Wohnen + Bauen, verweist gesellschaft,die der Belegschaft den Weg ins auf die große Bedeutung im Ludwigshafe- aus LUWOGE Eigenheim »auf eigener Scholle« ebnete. ner Wohnungsmarkt: »Wir entwickeln in der wird BASF Wohnen + Bauen 8,00 ab €/m2 nettokalt Miete im Neubau 6,5 Marktanteil % am Mietwohnungs- markt in Ludwigshafen Eines der Neubauprojekte der BASF Wohnen + Bauen 12 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
»Bei uns wohnen »Aniliner« vom Hilfsarbeiter bis zur Führungsspitze.« Johanna Coleman, Geschäftsführerin der BASF Wohnen + Bauen möglichst vielfältige Angebote. Das Unternehmen profi- tiert dabei von Flächenreserven, so dass auch der Neubau preislich eher am unteren Ende des Mietspiegels positio- niert werden kann. Heute sind rund 70% der Mieterschaft Werksangehö- rige. »Bei uns wohnen Aniliner vom Hilfsarbeiter bis zur Führungsspitze«, so Coleman. Wechselt der Mieter den Arbeitgeber oder geht er in Ruhestand, so bleibt das Miet- verhältnis bestehen und er wohnt weiterhin in der BASF Wohnen + Bauen-Wohnung, wenn er das möchte. Auch in der alltäglichen Bewirtschaftung der Bestände wird die große Konzernnähe spürbar: Über die Vergabe von Woh- nungen entscheidet die Wohnungskommission der BASF. Die BASF-Mitarbeiter bekommen die Miete zudem direkt vom Gehalt abgezogen. Das hat auch für das Verhältnis zum Vermieter Konsequenzen: Beschwerden können durchaus auch über den Betriebsrat eingereicht werden, dann mit entsprechendem Nachdruck. »Hier arbeiten wir gut zusammen«, beschreibt Coleman das Verhältnis zur Durch Modernisierung und den Anbau von Balkonen investiert Arbeitnehmervertretung, die in der Wohnungskommissi- das Wohnungsunternehmen in seine Bestände on traditionell über die Belegung der Wohnungen mitent- scheidet – getreu dem Motto: »Wir vermieten hier an Kol- Regel nicht nur einzelne Wohnungen, sondern gesamte legen – an die Aniliner!« Quartiere weiter und machen diese durch Modernisie- rung zukunftsfähig. Darüber hinaus engagieren wir uns gemeinsam mit anderen Akteuren in der Stadt für Umfeld und Infrastruktur«. Derzeit gehören rund 6.500 Wohnungen zum Bestand. Das Unternehmen vermietet Wohnraum für unterschied- liche Zielgruppen in verschiedenen Größen und Preis- klassen, verkauft Wohnungen und verhilft Menschen so zu den eigenen vier Wänden, verwaltet diese Eigentü- mergemeinschaften, modernisiert den Bestand und baut in Einzelfällen auch neu. Im Durchschnitt entstehen in den kommenden fünf Jahren bis zu 40 neue Wohnun- gen im Jahr. Gerade in Werksnähe bemüht man sich um Alt- und Neubau in der Hüttenmüllerstraße 13
Von der Siedlungsgesellschaft zum Wohnungsunternehmen Robert Bosch Wohnungsgesellschaft, Stuttgart , 1936 gegründet 1990 aus SIGE wird WOGE Der letzte Neubau der WOGE in Renningen 2.300 Wohnungen im Michael Seiffert, Geschäftsführer der Robert Bosch Wohnungsgesellschaft, kann auf eine lange Unternehmensgeschichte zurückblicken: die Wohnung bekommen. Die Entscheidung liegt jedoch bei uns. Eine Win-Win Situation für Bosch und die WOGE«, erläutert Seiffert die der- Bestand Bereits vor über 80 Jahren wurde die Robert zeitige Praxis der Wohnungsvergabe. Bosch-Siedlung gGmbH (SIGE) gegründet. Da- mals ging es allein um die Wohnraumversor- »Die Bosch-Belegschaft ist selbstverständlich gung der Mitarbeiter von Bosch. Mit zinsfreien weiterhin unsere Zielgruppe. Interessenten, die 30 neue Baudarlehen der Robert Bosch GmbH war die Gesellschaft in der Lage ihre Wohnungen zu bauen. Im Gegenzug erhielt das Unternehmen nicht bei Bosch arbeiten, mieten bei uns jedoch zu den gleichen Konditionen. Eine Kopplung von Miet- und Arbeitsverträgen gibt es schon lange Belegungsrechte und konnte so entscheiden, nicht mehr«, fasst Seiffert zusammen. Wohnungen wer aus der Belegschaft in die Wohnungen ein- jährlich zieht. In den letzten Jahren wurde an mehreren Standorten in der Region Stuttgart neu gebaut. 10,50 Mit der Aufhebung des Wohnungsgemeinnüt- Im Durchschnitt entstehen so rund 30 Wohnein- zigkeitsrechts im Jahr 1990 verliert die SIGE heiten pro Jahr, alle mit sehr guter Ausstattung. €/m2 ihre Gemeinnützigkeit und wird steuerpflichtig. Der letzte Neubau mit 52 Wohnungen entstand nettokalt Miete Es folgt die Umbenennung in »Robert Bosch in Renningen, gut 20 km westlich von Stuttgart. beim Neubau Wohnungsgesellschaft mbH« (WOGE). Im Lau- »Unsere Nettokaltmiete für diesen Neubau in Renningen fe der Zeit ändert sich auch die Finanzierung des liegt durchschnittlich bei 10,50 EUR/m2«, erklärt Unternehmens, das heute sämtliche Projekte Seiffert. Die Wohnungsbaugesellschaft baut vor selbst finanziert. Mit der Rückzahlung der zins- allem kompakte Zwei- bis Vier-Zimmerwohnun- 60-95 losen Kredite entfallen die Belegungsrechte für gen mit einer Größe von 60-95 m2. Gerne würde Bosch. Was dennoch beibehalten wird, sind die Michael Seiffert noch mehr bauen, aber häufig m2 Wohnungskommissionen an den Bosch-Stand- gestaltet sich der Erwerb geeigneter Grundstü- Wohnungsgröße orten, die sich aus Betriebsrat und teilweise cke schwierig. »Wenn wir mehr Grundstücke im Neubau Personalabteilungen zusammensetzen. »Wir bekämen, könnten wir auch mehr bauen«, be- melden der Kommission freie Wohnungen, schreibt er Ambition und Herausforderung der und diese macht daraufhin Vorschläge für neue Wohnungsgesellschaft. Mieterinnen und Mieter, die in der Regel auch 14 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
Gemeinsam arbeiten, gemeinsam leben Karl-Schubert-Gemeinschaft, Filderstadt 1973 gegründet ca. 280 betreute Beschäftige Darstellung des Neubauvorhabens der Karl-Schubert-Gemeinschaft in Filderstadt Die Karl-Schubert-Gemeinschaft ist eine Ein- richtung für Menschen mit Behinderung und betreibt mehrere Standorte in der Nähe Stutt- bezahlbaren Wohnraums eine Möglichkeit, die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. 15 eigene garts. Sie bietet stationäres Wohnen in Wohn- Im Falle eines Leerstands würden die Wohnun- Werkstätten gruppen und ambulant betreutes Einzel- oder gen auch an externe Interessierte vermietet. Paarwohnen an. Das Wohnangebot wird durch Angesichts der großen Nachfrage, sei damit Arbeit, Beschäftigung und Therapie in den eige- allerdings nicht zu rechnen, so Herr Braun. Ein nen Werkstätten ergänzt. Die anthroposophi- sche Einrichtung verfolgt einen sozialtherapeu- tischen, inklusiven Ansatz. weiteres Plus: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen teilweise auch im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Wohnung blei- 20 Wohnungen im ben. Bestand Derzeit verfügt die Organisation bereits über ca. 20 Wohnungen für die Mitarbeiter. Diese Bei der Planung und dem Bau kooperiert die Wohnungen sind durchgehend vermietet und Einrichtung mit einem externen Architekten und 2018 werden stark nachgefragt. Aus diesem Grund einem Bauleiter. Sie werden für das Projekt auf plant der Verein den Bau neuer Wohnungen: Bis Honorarbasis (HOAI) bezahlt. Verwaltung und voraussichtlich 2020 sollen fünf weitere Woh- Vermietung der Wohnungen nach Abschluss nungen für die Mitarbeiter entstehen. Im Zuge der Bauarbeiten sollen hingegen in Eigenregie Baubeginn dessen werden drei weitere Wohnungen für durchgeführt werden. Als aufwendig und zei- Wohngruppen als auch Räume für Tagesbetreu- tintensiv beschreibt Braun das Bauleitplanver- ung und zur gemeinschaftlichen Nutzung errich- fahren. Die Kommune Filterstadt ist jedoch im tet. Die Flächen hierfür wurden angekauft. gesamten Prozess kooperativ und entgegen- 5 kommend gewesen und habe das Vorhaben von Als Motivation für den Neubau in Filterstadt - ei- Anfang an unterstützt. nige Kilometer südlich von Stuttgart - beschreibt Wohnungen für Tobias Braun, Verwaltungsleiter des Vereins, Angestellte neben der Verfolgung eines inklusiven Ansatzes geplant bei der Betreuung auch die Chance der Mitarbei- tergewinnung: In Anbetracht eines angespann- ten Wohnungsmarktes ist die Bereitstellung 15
Unternehmen als Wohnungsanbieter Lukas Siebenkotten (Deutscher Mieterbund) Lukas Siebenkotten ist Bundesdirektor des Deutschen Mieter- bundes (DMB). Für den DMB liegt die Bedeutung des Mitarbei- terwohnens vor allem in der Bereitstellung bezahlbaren Wohn- raums. Doch welche Folgen hat es für die Mieterinnen, Mieter und Unternehmen, wenn der Chef zum Vermieter wird? Und hilft das Mitarbeiterwohnen wirklich dabei bezahlbaren Wohn- raum bereitzustellen? Der Deutsche Mieterbund unterstützt das Thema »Mit- Mitarbeiterwohnen aus Sicht der Mieterinnen und Mie- arbeiterwohnen« aktiv. Was bewegt Sie, dieses Thema ter bedeutet zunächst einmal bezahlbares und bedarfs- voranzutreiben? gerechtes Wohnen, aber natürlich auch soziale Absiche- rung. Weil nicht zwingend rein renditeorientiert, müssen In Deutschland, insbesondere in den Städten fehlen eine keine Mietpreissprünge befürchtet werden, und natürlich Million Wohnungen. Rund 400.000 neue Wohnungen, da- gilt auch hier das „normale“ Mietrecht, d.h. die bewähr- von mindestens 200.000 neue Mietwohnungen, müss- ten Mieterschutzvorschriften. Das gilt selbstverständlich ten pro Jahr fertiggestellt werden, um hier der wachsen- da, wo Unternehmen mit örtlichen Wohnungsbaugesell- den Nachfrage gerecht zu werden und das bestehende schaften oder Genossenschaften zusammenarbeiten, Wohnungsdefizit schrittweise abzubauen. Um diese Fer- aber auch bei den von den Unternehmen selbst errichte- tigstellungszahlen tatsächlich zu realisieren, brauchen wir ten und verwalteten Wohnungen. Der Begriff des Mitar- neben Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften beiterwohnens ist vielfältig. Er umfasst sowohl das An- oder kommunalen Unternehmen weitere, vor allem auch gebot klassischer Mietwohnungen, als auch das Angebot private Investoren. Als neuer Akteur kommt hier die Wirt- von Werksmietwohnungen, Dienstwohnungen oder von schaft in Betracht, d.h. die Unternehmen und Arbeitgeber, Wohnheimplätzen, unter Umständen nur, um einen vo- die vor Ort agieren. Es gilt, diese Akteursgruppe als Woh- rübergehenden Wohnungsbedarf abzudecken. Entschei- nungsinvestoren und Wohnungsanbieter zu gewinnen, dend aber ist, dass Mitarbeiterwohnen das Angebot an eigentlich zurückzugewinnen. Denn die Unternehmen Wohnungen vor Ort erweitert. könnten dort Mietwohnungen bauen, wo bedarfsgerech- te und bezahlbare Wohnungen am dringendsten benötigt Trotzdem ist das ja eine eher untypische Situation: Wel- werden: in den Städten, in der Nähe der Arbeitsplätze. che Folgen hat es, wenn der Chef auch der Vermieter ist? Bezahlbare Mietwohnungen bergen gerade auf engen städtischen Wohnungsmärkten bei der Akquise von Fach- kräften, sowie bei Mitarbeiterfindung und –bindung enor- Der Arbeitgeber, der gleichzeitig Vermieter ist, unter Um- me Vorteile. Deshalb werden beim Mitarbeiterwohnungs- ständen die Verknüpfung von Arbeits- und Mietvertrag, bau Renditeerwartungen nicht im Vordergrund stehen. das sind heute eher untypische Situationen. Natürlich Letztlich ziehen die Menschen in die Städte, weil hier die kann es da Probleme geben: Wenn bei einem Arbeits- Ausbildungs- und Arbeitsplätze sind. Sie brauchen dann platzwechsel unter Umständen der Verlust der Wohnung aber auch Wohnungen, um hier lernen und arbeiten zu droht. Wenn Mieterrechte gegenüber dem Arbeitgeber können. geltend gemacht werden müssen oder wenn nervige Ar- beitskolleginnen und -kollegen auch noch Nachbarn sind. Aber die durchaus positive Kehrseite der Medaille kann Was bedeutet Mitarbeiterwohnen aus Sicht eines Mie- auch ein starker Zusammenhalt unter Nachbarn sein. Von ters? der Fahrgemeinschaft bis zu gemeinsamen Freizeitaktivi- täten ist hier vieles möglich. 16 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
Investor baut für Pflegekräfte Hemsö, Berlin Jens Nagel ist Geschäftsführer der Hemsö GmbH in Deutschland. Der schwedische Konzern betreut als Immobilienverwalter Einrichtungen der sozialen Infrastruktur, hauptsächlich Pflegeeinrichtungen. Um als Dienstleister für Sozialträger wie beispielsweise die Caritas attraktiv zu sein, nehmen sich Nagel und sein Unternehmen aktuell der Pro- bleme seiner Kunden an. Aus diesem Grund denkt der Investor das Mitarbeiterwohnen bei seinen Neubau- und Sanierungsvorhaben mit. Herr Nagel, Ihr Unternehmen hat sich auf die Vermietung von Sozia- limmobilien spezialisiert. Wie kom- men Sie zum Thema Mitarbeiter- wohnen? Wir verwalten über 40 Altenpfle- geheime in ganz Deutschland. Die Betreiber der Einrichtungen sind un- sere Mieter. Mit dem operativen Ge- schäft der Pflegeheime selbst haben wir eigentlich nichts zu tun. Dennoch Das DRK Darmstadt denkt bei der Sanierung dieses Pflegeheims auch über Wohnungen denken wir im Moment im Zuge der für die Beschäftigten nach Sanierung einer Pflegeimmobilie auch darüber nach, Wohnungen für Mammutaufgabe. Betriebliche Woh- im Wettbewerb um Fachpersonal Mitarbeiter zu bauen. nungen, für die eigenen Beschäfti- neue Wege gehen. Eine günstige gen anbieten zu können, ist Teil ei- Wohnung in Arbeitsplatznähe ist da- ner Lösung. bei ein entscheidender Vorteil. Sie beschäftigen sich also mit der Wohnsituation der Angestellten ih- rer Mieter? Ist das nicht ein weiter Wieso ist das Thema Mitarbeiter- Fallen Arbeits- und Wohnort bald bei gedanklicher Weg für einen Inves- wohnen im Bereich Pflege beson- allen ihren Pflegeeinrichtungen zu- tor? ders relevant? sammen? Nicht unbedingt! Als Vermieter sind Der Bedarf nach Pflegeplätzen ist (lacht) Nein, nein! Wir stehen da wir an einer nachhaltigen Geschäfts- häufig dort am höchsten, wo auch noch am Anfang. Häufig müssen partnerschaft mit den Betreibern die Grundstückspreise und die Woh- für eine Nutzung der Immobilien als der Einrichtungen interessiert. Der nungspreise am stärksten in den normaler Wohnraum komplexe Ge- Bedarf an Pflegeplätzen steigt in letzten Jahren gestiegen sind: in nehmigungsverfahren durchschrit- Deutschland stetig. Das größte Risi- den Ballungszentren und den daran ten werden – auch wenn es sich nur ko für unsere Mieter ist inzwischen, angrenzenden Regionen. Dort ist es um eine Teilnutzung handelt. Helfen kein adäquaten Fachkräfte für die schwierig überhaupt noch bezahlba- würde uns, wenn bei neuen Einrich- hochwertige Betreuung der Bewoh- re neue Pflegeplätze entstehen zu tungen oder Umbauten pauschal ein nerinnen und Bewohner in den Ein- lassen. Da die Betreiber nur wenig gewisser Anteil an Wohnungen für richtungen zu finden. Insbesondere Spielraum bei den Einkommen ih- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ballungszentren ist das eine rer Angestellten haben, müssen Sie entstehen könnten. Und das ohne großen bürokratischen Aufwand. 17
Partnerschaft auf Augenhöhe GEWOBA Nord: Kooperation mit einer Genossenschaft Dirk Schmid ist Prokurist der GEWOBA Nord und für das Manage- ment der Bestandsgebäude zuständig. Die Genossenschaft koope- riert zur Zeit mit einem Hotelleriebetrieb auf Sylt bei einem Neubau- vorhaben von Wohnungen für die Hotelangestellten. Wir haben uns mit ihm zu den Hintergründen, Vorteilen und Herausforderungen der Kooperation ausgetauscht. Die GEWOBA Nord hat gemeinsam der Bautätigkeit vermieteten wir alle an den Arbeitgeber bis hin zur Ver- mit dem A-Rosa Hotel auf Sylt Woh- Wohnungen en bloc an das A-Rosa. waltung der einzelnen Mietverträge nungen für Mitarbeiterinnen und Das Hotel kümmert sich eigenstän- und einem vollen Service-Paket sind Mitarbeiter gebaut. Wie kam die Ko- dig um das Mietermanagement. Genossenschaften zuverlässige und operation zustande? kompetente Berater. Der Wohnungsmarkt auf Sylt ist ext- Welche Erfahrungen haben Sie in rem angespannt. Als das A-Rosa Ho- der Kooperation gemacht? Was macht das Modell des Mitar- tel expandieren wollte, verpflichtete beiterwohnens aus Ihrer Sicht so die Gemeinde List das Unterneh- Die Kooperation funktioniert sehr interessant? men dazu, auch Wohnungen für sei- gut. Wir als Genossenschaft haben ne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Generalmietvertrag mit dem Alle Seiten profitieren! Die Mitarbei- zu bauen. Das Hotel kam daraufhin Hotel und kümmern uns bspw. um terinnen und Mitarbeiter bekommen auf unsere Genossenschaft zu und die Betriebs- und Heizkostenabrech- guten Wohnraum zu fairen Preisen. wir überlegten gemeinsam, wie wir nungen und die Instandhaltung der Für die Unternehmen spielt die die verschiedenen Anforderungen Gebäude. Das A-Rosa kümmert sich Wohnungen eine enorme Rolle in von Gemeinde und Hotel zusam- um kleinere Reparaturen und über- der Akquise und Bindung von Fach- menbringen können. nimmt vor allem die Vermietung und kräften. Wir als Genossenschaft be- Wohnungsvergabe. Kurzum: Wir kommen einen zuverlässigen Mieter haben einen zuverlässigen Mieter und nebenbei wird der lokale Woh- Und wie genau sieht diese Koope- und das Hotel einen kompetenten nungsmarkt entspannt. Es ist ein tol- ration aus? Ansprechpartner gefunden. les Modell für alle Beteiligten. Unsere Genossenschaft kaufte die Fläche, auf der die Wohnungen heu- Welche Tätigkeiten kann eine Ge- Würden Sie wieder mit einem ge- te stehen. Gemeinsam mit dem nossenschaft in einer solchen Ko- werblichen Unternehmen kooperie- Hotel planten wir den Neubau der operation anbieten? ren? Personalapartments. Dabei haben wir darauf geachtet, die über 100 Ja, jederzeit. Wohnungen an den Bedürfnissen Grundsätzlich sind da verschiedene der Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Konstellationen denkbar. Von der ter auszurichten. Nach Abschluss Planung und Realisierung des Bau- projekts über die Generalvermietung 18 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
»Alle Seiten profitieren! Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen guten Wohnraum zu fairen Preisen. Für die Unternehmen spielen die Wohnun- gen eine enorme Rolle in der Akquise und Bindung von Fachkräften.« Dirk Schmid, Prokurist der GEWOBA Nord Die Mitarbeiterwohnungen des A-Rosa Hotels Das A-Rosa Hotel Sylt wollte in exponierter Lage expandieren. Die Gemeinde Sylt knüpf- Knapp ein Drittel der insgesamt 101 Wohnun- gen wurde mit Mitteln der sozialen Wohnraum- 1940 gergründet te ihre Zustimmung zu den Bauplänen an die förderung errichtet und wird entsprechend an Errichtung von Wohnungen. Daraufhin koope- Personen mit Wohnberechtigung vermietet. rierte das Hotel mit der GEWOBA Nord. Die Die Wohnungen variieren in ihrer Größe zwi- Genossenschaft erwarb die Fläche, baute die schen 41 m2 und 112 m2. Vom Auszubildenden Wohnungen und vermietet die Wohnungen bis zur leitenden Fachkraft lebt eine bunte Be- 11 seit 2010 en bloc an das Hotel. legschaftsmischung in den Wohnungen. Tsd. Genossenschafts- mitglieder 5.700 Wohnungen 6,00 €/m2 durchschnittlich nettokalt Die Mitarbeiterhäuser des A-Rosa Hotels auf Sylt 19
Noch Nicht Freigegeben Wohnen, wo andere Urlaub machen Das Ahlbeck Hotel und Spa, Usedom 2011 Erwerb des Grundstücks 2013 Fertigstellung und Erstbezug Blick vom Hotel auf das Seeheilbad Ahlbeck (Usedom) 1,2 Das Ahlbeck & Spa-Hotel liegt auf der Insel »Zunächst haben wir Ferienwohnungen in Usedom »direkt an der Strandpromenade der Umgebung für unsere Belegschaft an- Mio.€ im Herzen des Seebades Ahlbeck. Seeblick gemietet«, erklärt Bensemann. Doch diese Investitions- gibt es hier aus vielen Zimmern und Suiten. externe Lösung erwies sich als nicht nach- summe Der wunderschöne weiße Sandstrand ist nur haltig. »Die Ferienwohnungen haben bei uns einen Steinwurf entfernt.« Doch diese Lage dauerhaft Kosten verursacht. Hinzu kamen – malerisch beschrieben auf der Website Unsicherheiten bei der Anmietung«, berich- des Hotels – birgt auch Herausforderungen. tet Bensemann von den gemachten Erfah- rungen. 12 »Wir sind hier auf einer Insel, das macht die Auswahl an potentiellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schwierig«, erläutert Petra Als sich im Jahr 2011 die Möglichkeit bietet, Azubis finden in Bensemann, Direktorin des Hotels. Um neue ein Grundstück unweit des Hotels zu kaufen, den modernen Angestellte zu werben und dauerhaft an den ist für die Geschäftsführung klar: Diese Flä- WGs Platz Betrieb zu binden, sei es nötig fördernde che eignet sich hervorragend für die ersten Maßnahmen zu ergreifen. betriebseigenen Mitarbeiterwohnungen. In Kooperation mit örtlichen Bauunternehmen Um die eigene Attraktivität als Arbeitgeber entstehen in kurzer Zeit vier Häuser. Drei der vier Gebäude werden als Mietshäuser an 2 zu stärken, setzt das Boutique-Hotel auf ver- schiedene Maßnahmen. Dazu gehören die Angestellte und externe Interessenten ver- Übernahme von Kitabeiträgen, die Ausstel- mietet. »In einem der Häuser haben wir spe- Häuser lung von Tankgutscheinen und die entgelt- zielle Wohnungen für Wohngemeinschaften für die freie Nutzung des eigenen Fitnessstudios für geschaffen. Dort wohnen je zwei bzw. vier Beschäftigen Angestellte. Seit längerem kommt auch das von unseren Azubis.« Im vierten Gebäu- Angebot von Mitarbeiterwohnungen dazu. de entstehen Eigentumswohnungen, die 20 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
»Zunächst haben wir Ferienwohnungen in der Umgebung für un- sere Belegschaft angemietet. Die Ferienwohnungen haben bei uns dauerhaft Kosten verursacht. Hinzu kamen Unsicherheiten bei der Anmietung « Petra Bensemann, Direktorin des Ahlbeck Hotel und Spa einzeln zum Verkauf angeboten werden. Diese gemischte Nutzung hilft bei der Finanzierung des Bauvorhabens und ermöglicht am Ende niedrige Mietpreise auf Niveau des örtlichen Mietspiegels. Die Bewirtschaftung und Verwaltung übernimmt das Ho- tel selbst. Freie Wohnungen werden zwar bevorzugt an die eigene Belegschaft vergeben. Allerdings kommen bei fehlender Nachfrage aus den eigenen Reihen auch exter- ne Mieter in Frage. Auf lange Sicht sind die Wohnungen insbesondere wegen der langen Bleibeperspektive attrak- tiv. Denn: Auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses können die ehemaligen Angestellten wohnen bleiben. Das Wohnungsangebot deckt im Moment die Nachfrage der eigenen Belegschaft. Der Bau weiterer Wohnungen ist daher nicht geplant. »Wir können dieses Konzept jedoch nur jedem weiterempfehlen« resümiert Direktorin Bense- Ein fertiggestelltes Haus mit Mitarbeiterwohnungen mann. Richtfest der Mitarbeiterwohnungen 21
Junges Wohnen Ingolstadt: »Win-Win« durch Kooperation vor Ort GWG Ingolstadt und Audi 2015 Die Geschicke der Stadt Ingolstadt sind eng Praktikum bei Audi in Ingolstadt. Daher gibt mit dem Wohle Audis verknüpft. Beim ur- es einen sehr großen Bedarf an günstigen sprünglich in Zwickau gegründeten Automo- Wohnangeboten mit zeitlich befristeter Dau- Fertigstellung bilhersteller arbeitet rechnerisch jeder dritte er«, erklärt Dr. Ute Röding, Leiterin Corpora- des GreenHouses Bewohner der bayerischen Donaustadt. Hin- te Citizenship bei Audi. zu kommt eine Vielzahl von Arbeitsplätzen bei ortsansässigen Zulieferern. Da günstiger Wohnraum in der Donaustadt knapp ist, suchte das Unternehmen den 39 Gutes Personal spielt für ein innovationsge- Kontakt zum kommunalen Wohnungsunter- triebenes Unternehmen in der Größenord- nehmen – der Gemeinnützigen Wohnungs- nung von Audi eine wichtige Rolle. Die Beleg- baugesellschaft Ingolstadt, kurz GWG. Ge- Ein-Zimmer- schaft von morgen bildet der Konzern daher meinsam mit GWG-Geschäftsführer Peter Wohnungen in Teilen selbst aus. Vom Schülerpraktikum Karmann wurde eine Lösung gesucht und über die klassische Ausbildung bis hin zum gefunden: »Unter dem Namen GreenHouse Praktikum im Studium und Trainee-Stellen für haben wir ein ehemaliges Bürogebäude in Hochschul-Absolventen bietet das Automo- Ein-Zimmer-Apartments umgewandelt. Von 30 der Wohnungen bilunternehmen viele Einstiegsmöglichkeiten an. »Jedes Jahr absolviert eine große Zahl an jungen Menschen eine Ausbildung oder ein den insgesamt 39 Wohnungen darin sind 30 Einheiten für die Audi-Belegschaft re- serviert.« Die kleinen Wohnungen sind voll sind für Audi reserviert 410 monatliche € Warmmiete 237 weitere Wohnungen geplant 2020 Fertigstellung der geplanten Wohnungen Das GreenHouse: Heute befinden sich in dem ehemaligen Bürogebäude 39 Ein-Zimmer-Appartments 22 RegioKontext I Wirtschaft macht Wohnen
»Wir freuen uns mit diesen bezahlbaren Angeboten den Wohnungsmarkt in Ingolstadt zu ergänzen.« Peter Karmann, Geschäftsführer der GWG Ingolstadt Umgebung vorgestellt. Es gibt eine Reihe von kleinen Handwerksbe- trieben, aber auch größeren Firmen in der Region. Die Betriebe warten regelrecht darauf, dass Ihnen so et- was angeboten wird«, beschreibt Karmann die Reaktion der lokalen Wirtschaft. Bis 2020 sollen daher 237 weite- re Wohnungen entstehen. Neben den klassischen Ein-Zimmer-Apart- Die Wohnungen des GreenHouse werden möbiliert vermietet. Die Einrichtung präsen- ment soll es auch Wohnungen mit tiert sich in schlichten, hellen Tönen mit einigen farblichen Akzenten zwei und drei Räumen geben, die für Wohngemeinschaften konzipiert möbliert. Sie werden für derzeit 410 Leerstand«, ergänzt Karmann. Für sind. In den Erdgeschossbereichen EUR monatlich vermietet – Internet ihn ist dieser Vorteil wertvoll genug. entstehen zusätzliche Gemein- und Strom inklusive. Ein finanzieller Vorteil hingegen en- schaftsflächen. Aus Sicht von Peter steht zwischen den beteiligten Part- Karmann lohnt sich das Projekt für Das Audi-Kontingent ist dabei allein nern nicht, so dass auch das leidige die GWG, Audi und ganz Ingolstadt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Problem des geldwerten Vorteils für »Wir freuen uns mit diesen bezahl- in Ausbildung, dualem Studium und die Beschäftigten gar nicht erst auf baren Angeboten den Wohnungs- anderen Qualifizierungsmaßnahmen den Tisch kommt. markt in Ingolstadt zu ergänzen. vorbehalten und wird nur zeitlich be- Die Apartments für Menschen in grenzt vergeben. »Die Wohndauer Die Erfahrungen aus den letzten Ausbildung leisten einen Beitrag zur ist befristet und an die Dauer des Jahren münden jetzt in einer Erwei- positiven Entwicklung der lokalen jeweiligen Aus- und Fortbildungs- terung des Angebots. „Wir haben Wirtschaft. Davon profitiert ganz In- verhältnisses gekoppelt«, erläutert die Kooperation mit Audi auch ande- golstadt!« Peter Karmann die Mietpraxis. »Bei ren Unternehmen in Ingolstadt und der Bewerbung um eine Wohnung muss ein entsprechender Arbeits- vertrag mit Audi vorliegen.« Die ersten Wohnungen wurden 2015 bezogen. Laut GWG und Audi ist das Projekt nach zwei Jahren ein Gewinn für beide Seiten: »Anfangs gab es noch Bedenken, ob das An- gebot nachgefragt wird. Mittlerwei- le ist das Modell ein großer Erfolg und quasi Selbstläufer«, freut sich Dr. Röding über die hohe Nachfra- ge. Die Auslastung der Wohnungen sei sehr hoch, »es gibt quasi keinen Das GreenHouse im Modell 23
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