Waldschutzbericht 2019 - Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Fachbereich Waldschutz und Wildökologie
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Forstwirtschaft Waldschutzbericht 2019 Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Fachbereich Waldschutz und Wildökologie 1
Impressum Herausgeber: Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg (MLUK) Redaktion: Landesbetrieb Forst Brandenburg Landeskompetenzzentrum Eberswalde Alfred-Möller-Straße 1 16225 Eberswalde Tel.: 03334 2759-203 Fax: 03334 2759-201 E-Mail: lfe@lfb.brandenburg.de www.forst.brandenburg.de Gesamtherstellung: Schiller Design Titelfotos: K. Möller; F. Pastowski September 2020 Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) des Landes Brandenburg kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern während des Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-, Bundestags- und Kommunalwahlen. Missbräuchlich sind insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen von Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen und Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung Brandenburgs zugunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. 2
Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Waldschutzbericht 2019 Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Fachbereich Waldschutz und Wildökologie 3
Inhalt 1 Waldschutzsituation 2019 in Brandenburg und Berlin............................................. 6 1.1 Witterung 2019............................................................................................................... 6 1.2 Ergebnisse des Monatlichen Waldschutzmeldedienstes im Überblick........................... 7 1.3 Abiotische Schäden........................................................................................................ 9 1.3.1 Waldbrände.......................................................................................................... 9 1.3.2 Dürre.................................................................................................................. 11 1.3.3 Spätfröste........................................................................................................... 12 1.3.4 Hagel.................................................................................................................. 12 1.4 Blatt- und nadelfressende Bestandesschädlinge.......................................................... 12 1.4.1 Nadelfressende Bestandesschädlinge der Kiefer.............................................. 12 1.4.2 Blattfressende Bestandesschädlinge der Eiche................................................. 21 1.5 Holz- und rindenbrütende Insekten............................................................................... 23 1.5.1 Befallssituation bei den holz- und rindenbrütenden Käfern............................... 23 1.5.2 Beratung zu Sanitärhieben zur Eindämmung des Befalls durch holz- und rindenbrütende Insekten an Nadelbäumen nach intensivem Fraß der Raupen der Nonne.............................................................................. 25 1.6 Pilzliche Schaderreger.................................................................................................. 27 1.6.1 Klimaveränderungen und die Auswirkungen auf pilzliche Schaderreger........... 27 1.6.2 Diplodia-Triebsterben......................................................................................... 28 1.6.3 Brandlorchel oder Wellige Wurzellorchel........................................................... 29 1.6.4 Holzfäuleerreger................................................................................................ 30 1.7 Komplexe Schadereignisse.......................................................................................... 31 1.7.1 Flächiges Absterben in Kiefernbeständen......................................................... 31 1.7.2 Vitalitätseinschränkungen der Rotbuche........................................................... 32 1.7.3 Absterbeerscheinungen an Erle......................................................................... 34 1.8 Mäuse........................................................................................................................... 34 1.9 Schwarzwild.................................................................................................................. 36 1.10 Unionsquarantäneschädlinge....................................................................................... 36 2 Beratung und Dienstleistungen für die Forstpraxis........................................................ 36 2.1 Ergebnisse der Diagnosearbeiten für die Forstpraxis................................................... 36 2.2 Aktuelle Waldschutzinformationen................................................................................ 38 2.3 Sicherung und Weiterentwicklung der IT-Fachverfahren.............................................. 38 4 WALDSCHUTZBERICHT 2019
3 Forschungsleistungen........................................................................................................ 40 3.1 Drittmittelforschung....................................................................................................... 40 3.1.1 RIMA-Wald......................................................................................................... 40 3.1.2 ARTEMIS........................................................................................................... 43 3.2 Untersuchungen zur Regeneration von Kiefern nach Kahlfraß durch Kiefernspinner..................................................................................................... 44 4 Öffentlichkeitsarbeit........................................................................................................... 46 4.1 Mitarbeit in überregionalen Gremien............................................................................ 46 4.2 Publikationen................................................................................................................ 46 4.2.1 Fachinformationen, Infomaterial........................................................................ 46 4.2.2 Veröffentlichungen in Fachzeitschriften............................................................. 47 4.3 Vorträge........................................................................................................................ 48 4.4 Schulungen, Seminare, Exkursionen............................................................................ 49 4.5 Praktikumsbetreuung.................................................................................................... 49 WALDSCHUTZBERICHT 2019 5
1 Waldschutzsituation 2019 in Brandenburg und Berlin 1.1 Witterung 2019 Das Jahr 2019 war erheblich zu warm und wesentlich zu trocken. Mit einer Durchschnittstem peratur von 10,2 °C war das Jahr 2019 das drittwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor über 140 Jahren. Abgesehen vom Mai fielen alle Monate überdurchschnittlich warm aus (Abb. 1). An 52 Tagen stieg die Temperatur im Landesmittel auf über 25 °C. Das sind 17 Tage mehr als bisher im Durchschnitt. Über 30 °C heiß war es landesweit im Schnitt an 17 Tagen – im Mittel waren es bisher 7 Tage. Am auffälligsten war der Juni. Mit Temperaturabweichungen zwischen 5,4 und 6,0 Kelvin ging der Monat als wärmster Juni seit 1881 in die regelmäßigen Wetteraufzeichnungen ein. Am 26. Juni gab es mit bis zu 38,6 °C neue Temperaturrekorde im Land Brandenburg. Auch die Monate Februar, März, August und Dezember waren deutlich zu warm. Hinzu kamen gravierende Niederschlagsdefizite. Im Vergleich zum Vorjahr fiel 2019 etwas mehr Niederschlag, die Summe blieb aber auch 2019 unter dem langjährigen Mittel (Abb. 2). Von April bis August, der Hauptvegetationszeit, regnete es in den meisten Gebieten Brandenburgs bemerkenswert wenig (August: örtlich nur 11 %). Mit über 1.800 Sonnenstunden gehört 2019 zu den sonnigsten der vergangenen 30 Jahre. Niederschlagsmangel, hohe Lufttemperaturen, Strahlung und Wind führten 2019, wie schon im Jahr 2018, zu einer stark negativen klimatischen Wasserbilanz. Die Bodenwassergehalte san- ken rapide ab, so dass in den tieferen Schichten für die Vegetation kein Wasser mehr zur Ver- fügung stand. Kelvin 7 6,0 6 5 4 3,3 3 2,7 2,5 2,4 1,7 1,9 2 1,6 1 07 0,7 06 0,6 06 0,6 0 ‐1 ‐2 ‐1,9 ‐3 Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Abbildung 1: Abweichung der Lufttemperatur 2019 vom langjährigen Monatsmittel (Quelle: Witterungsreport des Deutschen Wetterdienstes DWD Wetterstation Cottbus) 6 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Prozent 80 59 60 40 17 21 20 0 ‐20 ‐15 ‐18 ‐17 ‐40 ‐37 ‐60 ‐51 ‐57 ‐64 ‐64 ‐80 ‐71 Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Abbildung 2: Abweichung des Niederschlages 2019 vom langjährigen Monatsmittel 9 (Quelle: Witterungsreport des Deutschen Wetterdienstes DWD Wetterstation Cottbus) 1.2 Ergebnisse des Monatlichen Waldschutzmeldedienstes im Überblick Der digitale Monatliche Waldschutzmeldedienst dient der Erfassung von Schaderregern und Schäden in neun Berichtszeiträumen pro Jahr für alle Reviere und Landeswaldreviere. In Ta- belle 1 sind wichtige Daten zusammengestellt. Die Ergebnisse fließen in die „Aktuellen Wald- schutzinformationen“ und damit die Praxisberatung ein. Tabelle 1: Auftreten ausgewählter Forstinsekten, pilzlicher Pathogene und weiterer Waldschäden in Brandenburg in den letzten 5 Jahren (Quelle: Monatlicher Meldedienst) 2015 2016 2017 2018 2019 Abiotische Schäden Bruch- und Wurfholz durch Sturm m³ 216.170 27.636 1.009.954 313.924 38.548 Dürreschäden ha 1.067 882 75 2.814 3.033 Frostschäden ha 89 11 135 144 4.136 Rindenbrütende Käfer Buchdrucker* m³ 5.775 5.427 29.476 27.585 223.560 Blaue Kiefernprachtkäfer* m³ 5.152 7.339 8.919 7.400 65.249 WALDSCHUTZBERICHT 2019 7
2015 2016 2017 2018 2019 Lärchenborkenkäfer* m³ 974 520 480 439 9.227 Großer & Kleiner Waldgärtner m³ 1.161 568 1.060 6.258 10.001 Zwölfzähniger Kiefernborkenkäfer m³ 645 437 336 5.254 19.865 Sechszähniger Kiefernborkenkäfer m³ 48 1 15 976 10.299 Sonstige Borkenkäfer an Kiefer m³ 62.263 Holzbrütende Borkenkäfer Laubnutzholzborkenkäfer m³ 330 520 605 1.110 740 Nadelnutzholzborkenkäfer m³ 3.303 1.357 2.875 13.445 2.220 Nadelfresser an Kiefer (Fraß) Forleule, merklich ha 0 0 0 3.714 290 Forleule, stark ha 0 0 0 1.300 30 Forleule, kahl ha 0 0 0 40 0 Kiefernbuschhornblattwespe, merkl. ha 40 11.700 1 40 4.230 Kiefernbuschhornblattwespe, stark ha 0 10.044 0 0 0 Kiefernbuschhornblattwespe, kahl ha 0 1.460 0 0 0 Kiefernspanner, merklich ha 0 0 0 0 0 Kiefernspanner, stark ha 0 0 0 0 0 Kiefernspinner, merklich ha 21 0 0 256 10 Kiefernspinner, stark ha 31 0 0 250 0 Kiefernspinner, kahl ha 0 0 0 0 0 Nonne, merklich ha 50 0 0 1.800 30 Nonne, stark ha 20 0 0 200 0 Nonne, kahl ha 0 0 0 0 0 Blattfresser an Eiche (Fraß, z. B. Eichenprozessionsspinner, Frostspanner) leichter Fraß ha 1.137 325 737 604 376 merklicher Fraß ha 301 133 104 114 204 8 WALDSCHUTZBERICHT 2019
starker Fraß ha 177 16 37 32 17 Kahlfraß ha 4 3 24 0 4 Fraßschäden an Kulturen und Jungwüchsen Großer Brauner Rüsselkäfer ha 7 10 14 41 7 Schäden durch Mäuse ha 438 172 55 49 115 Pilzliche Pathogene Kiefernschütte in Kulturen ha 41 42 173 127 7 Kiefernschütte in ha 58 216 267 261 50 Naturverjüngungen Kieferndrehrost ha k. A. 15 42 74 k. A. Rotfäule an Fichte m³ 2.070 2.145 2.648 4.180 7.894 m³ 11.726 17.949 13.956 11.987 11.153 Kiefernbaumschwamm ha 6.310 4.111 4.383 7.366 7.720 m³ 1.115 605 802 550 520 Ackersterbe ha 118 113 64 32 38 Kiefernrindenblasenrost m³ 4.646 3.066 5.096 4.555 3.044 (Kienzopf) Douglasienschütte ha 152 75 59 127 26 Komplexkrankheiten Buchen-Rindennekrose m³ 311 75 265 95 215 Eichensterben m³ 837 1.759 2.242 2.090 7.098 m³ 675 1.018 397 838 1.977 Eschen-Triebsterben ha 96 51 39 104 128 * Angaben zu Blauen Kiefernprachtkäfern, Buchdrucker und Lärchenborkenkäfer beziehen sich auf das Käferjahr (01.06. des Jahres bis 31.05. des Folgejahres). 1.3 Abiotische Schäden 1.3.1. Waldbrände 414 Waldbrände wurden 2019 registriert und verursachten insgesamt Schäden an 1.352,68 ha Wald (inklusive Kleinstbrände < 0,01 ha) (Abb. 3). Damit gehört nach dem Ausnahmejahr 2018 auch 2019 zu den auffälligen Waldbrandjahren (Abb. 4) WALDSCHUTZBERICHT 2019 9
Fläche (ha) Anzahl 180 1050 160 900 140 750 120 600 100 80 450 60 300 40 150 20 0 0 Jan.-März April Mai Juni Juli August Sept. Okt. Nov./Dez. Fläche 2019 Fläche 2018 Anzahl 2019 Anzahl 2018 Abbildung 3: Waldbrandbilanz Januar bis Oktober 2019 – Vergleich mit 2018 1750 3,5 1500 3 1250 2,5 Fläche in ha/ Anzahl mittlere Fläche in ha 1000 2 750 1,5 500 1 m F 250 0,5 0 0 Fläche Anzahl mittlere Fäche Abbildung 4: Waldbrandstatistik Brandenburg 2009–2019 10 WALDSCHUTZBERICHT 2019
1.3.2 Dürre Bis September summierten sich die Meldungen über Dürreschäden in Jungwüchsen und Kul- turen auf insgesamt 3.027 ha (Abb. 5). Damit wurde ein neuer Negativ-Rekord erreicht. Beson- ders betroffen sind neben der Wald-Kiefer Eichen und Douglasie. 3.500 Fläche (ha) 3026,6 2806,8 3.000 2.500 2.000 1.500 66,5 106 881,5 1.000 446,5 500 109,0 99,9 74,8 55,5 54,0 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Abbildung 5: Summe der Dürreschäden im Wald (Jungwüchse und Kulturen) – Land Brandenburg 2010–2019 Die anhaltende Trockenheit der Jahre 2018 und 2019 hat aber auch in Altholzbeständen zu deut- lichen Schäden geführt. Für die insbesondere in Südbrandenburg betroffenen Kiefern wird als Verursacher ein Schadfaktorenkomplex und die seit mehreren Jahren fehlende Möglichkeit der Regeneration der Bäume angesehen (siehe auch Punkt 1.6). An den deutlichen Vitalitätsverlusten der Rot-Buchenbestände sind neben der anhaltenden Trockenheit u. a. Kleiner Buchenborkenkäfer und Holzfäuleerreger beteiligt. (siehe Punkt 1.5.1 und 1.6.4; siehe auch Waldzustandsbericht 2019 des Landes Brandenburg: https://mluk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Waldzustandsbericht_2019_Land_ Brandenburg.pdf) WALDSCHUTZBERICHT 2019 11
1.3.3 Spätfröste Anfang Mai 2019 führten Spätfröste lokal zu auffälligen Schäden an Kulturen, Voranbauten und Dickungen. Die Meldungen beliefen sich auf insgesamt 4.095 ha und liegen damit deutlich über denen der Vorjahre (Abb. 6). 10.000 Fläche (ha) 8943 8.000 6.000 4095 4.000 2.000 740 398 371 334 144 135 89 10 11 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Abbildung 6: Spätfrostschäden (Jungwüchse und Kulturen) – Land Brandenburg 2009–2019 1.3.4 Hagel 2019 ereigneten sich Hagelschäden auf 803 ha, eine im Vergleich der Jahre überdurchschnitt- lich große Fläche. 1.4 Blatt- und nadelfressende Bestandesschädlinge 1.4.1 Nadelfressende Bestandesschädlinge der Kiefer Im Mittelpunkt des Waldschutzgeschehens bei den Phyllophagen standen 2019 Nonne und Forleule. Als bewährtes Standardverfahren zur Überwachung der Kiefernbestandesschäd- linge gibt die Winterbodensuche relativ früh die Möglichkeit der Schadprognose für Kiefern- spinner, Forleule, Kiefernspanner und mehrere Kiefernbuschhornblattwespen-Arten. Im Winter 2018/19 wurde in den Kiefernforsten des Landes auf insgesamt 2.496 Suchflächen – damit 10.258 m2 Waldboden – nach den überwinternden Stadien dieser Schadinsekten und deren natürlicher Gegenspieler gesucht (Abb. 7). Gleichzeitig werden die sogenannten „Absprünge“ der Waldgärtner erfasst (siehe auch Punkt 1.5.1). 12 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Abbildung 7: Winterbodensuchflächen mit Angabe der Prognose einer Gefährdung durch die erfassten Kieferngroßschädlinge (mit Berücksichtigung der im Labor ermittelten Vitalität) Bei den Winterbodensuchen 2018/19 wurde nur für die Forleule der Schwellenwert überschritten und dementsprechend die Folgeüberwachung mit Probefällungen zur Eisuche intensiviert. Die insgesamt als auffällig registrierte Anzahl von Suchflächen lag mit 46 nur wenig unter der des Vorjahres (Abb. 8). Betroffen waren teilweise wieder Reviere in den Befallsgebieten der Gemei- nen Kiefernbuschhornblattwespe aus 2016. Für die identifizierten Befallsgebiete wurden bei Laboruntersuchungen am LFE überwiegend mittlere bis hohe Parasitierungsraten für die Forleulen-Puppen ermittelt, damit verminderte sich die Fraßgefährdung zumeist deutlich. Diese Einschätzung wurde durch zahlreiche Funde von Banchus-Kokons – diese Schlupfwespen sind artspezifische Gegenspieler der Forleule – unter- stützt. WALDSCHUTZBERICHT 2019 13
180.000 Fläche (ha) 160.000 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 Befallsflächen ≥ 0,2 P/m² Befallsflächen ≥ 1 P/m² Abbildung 8: Fläche (Hochrechnung aus den Winterbodensuchen) mit erhöhten Dichten von Puppen der Forleule, Land Brandenburg, 2009–2019 45.000 Fläche (ha) 40.000 35.000 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 Befallsfläche ≥ 0,6 R/m² Befallsfläche ≥ 10 R/m² Abbildung 9: Fläche (Hochrechnung aus den Winterbodensuchen) mit erhöhten Dichten von Raupen des Kiefernspinners, Land Brandenburg, 2009–2019 14 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Durch Überwachung des Falterfluges mit Pheromonfallen konnte in den Befallsgebieten der günstigste Zeitpunkt für Eisuchen ermittelt werden. Erste Falter wurden bereits Ende Februar gefangen. Auf Grund der unkritischen Ei-Funde bei Probefällungen konnte die konkrete Planung von Waldschutzmaßnahmen gegen die Forleule aber im April beendet werden. Nur kleinflächig war die Prognose maximal merklicher Fraßschäden gestellt worden. Für Kiefernspinner (Abb. 9) und Kiefernbuschhornblattwespen hatten die Ergebnisse der Winter- bodensuchen eine leicht steigende Gefährdung gezeigt, für den Kiefernspanner hingegen eine deutlich fallende Tendenz. Waldschutzschwerpunkt blieb somit die Nonne. Es war schon 2018 deutlich, dass sich - auch im Zusammenhang mit der sehr warmen Witterung im Spätsommer - die Populationsentwicklung der Nonne weiter in Richtung eines neuen Gradationshöhepunktes bewegt, nach einer so nicht zu erwartenden, nur kurzen Latenzphase (5–6 Jahre). Merkliche bis starke Fraßschäden der Nonne waren im Juli 2018 in vielen Landesteilen dokumentiert worden. Die Ei-Funde vom Herbst 2018 lagen vielfach sehr deutlich über den kritischen Zahlen und wie- sen auf die sehr hohe Gefährdung der Kiefernbestände hin. Im Labor des LFE erfolgte der Nach- weis einer ausschließlich hohen Vitalität der Eiräupchen in den Eiern (Abb. 10). Abbildung 10: Prognose der Gefährdung durch die Nonne – Gefährdungsziffer (GZ) auf Basis von Eizahl, Eivitalität, Baumalter, Bonität und Vorschäden Nicht nur für schon 2018 stark befressene Kiefern bedeutete die Prognose Kahlfraß durch die Nonnenraupen - teilweise in Fraßgemeinschaft mit Kiefernspinner und Forleule – gleichzeitig die Prognose flächiger Bestandesverluste. Sowohl die anhaltende Trockenheit als auch das große Potenzial der Folgeschädlinge (holz- und rindenbrütende Insekten, Diplodia-Triebsterben; siehe Pkt. 1.5 und 1.6.2) musste bei der Gefährdungsbeurteilung mit einkalkuliert werden. Es wurde davon ausgegangen, dass sich die Nonnenpopulationen in den Oberförstereien Dippmannsdorf, Lehnin, Baruth und Potsdam auf den Höhepunkt einer Massenvermehrung zubewegen. WALDSCHUTZBERICHT 2019 15
In den vorgeschädigten und vor allem durch Nonnenfraß bedrohten Wäldern erfolgte für 7.514 ha die Planung des Einsatzes von Insektiziden per Hubschrauberapplikation. Auf der Internet- seite des Landesforstbetriebes wurde dem großen medialen Interesse und unzähligen privaten, teils leider sehr unsachlichen Anfragen bis hin zu verbalen Angriffen, mit einem Frage-Antwort- Angebot Rechnung getragen: (https://forst.brandenburg.de/lfb/de/lfe/waldschutzinforma- tionen/waldschutzmassnahmen-gegen-nonnenraupen/) Der Pflanzenschutzmitteleinsatz (Karate Forst flüssig per Hubschrauber) wurde am 13.05.2019 begonnen. Auf Beschwerde des NABU Brandenburg hin hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg am 18.05.2019 die Waldschutzmaßnahmen gestoppt. Das Verwaltungsge- richt Potsdam hatte einen Eilantrag des NABU vorher abgelehnt. So blieben ca. 2.441 ha Wald- fläche trotz der Prognose Kahlfraß und des sehr hohen Befallsdrucks durch Sekundärschädlinge unbehandelt (Abb. 11). Abbildung 11: Planung und Durchführung der Waldschutzmaßnahmen zur Verhinderung von Bestandesverlusten durch Nonnenfraßschäden 2019; mit Karate Forst flüssig behandelte Kiefernbestände (GPS-Dokumentation der Flugbahnen, grau) und in Folge der Entscheidung des OVG unbehandelt gebliebene Fläche (rot-orange schraffiert) (WebOffice Waldschutz, LFB) Die aus Satellitendaten abgeleitete Fraßkartierung stand als GIS-Layer im WebOffice-Projekt Waldschutz wieder allen Revierförstern zur Verfügung. Die Aufnahmen belegen, dass die Be- fallsgebiete präzise vorhergesagt wurden. Gleichzeitig wird die positive Wirkung auf den Re- generationsprozess der 2018 stark befressenen und 2019 in die Insektizidmaßnahmen einbe zogenen Kiefernbestände deutlich (Abb. 12). 16 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Abbildung 12: Fraßschäden durch die Nonne 2019, die Darstellung laut Satellitenauswertung der Nadelmasse (Legende) im Juli 2019 dokumentiert die positive Wirkung auf den Regenerationsprozess der 2018 stark befressenen und 2019 in die Insektizidmaßnahmen einbezogenen Kiefernbestände (vergleiche Abb. 11, graue Fläche links) im Vergleich zu der in Folge der Entscheidung des OVG unbehandelt gebliebenen Fläche (Abb. 11, rot-orange schraffiert) Die Entwicklung der Nonnenraupen hat sich 2019 über einen ungewöhnlich langen Zeitraum hingezogen. Die Witterung während der Entwicklungszeit der Raupen war durch eine Folge von Extremen gekennzeichnet. Einem frühen Schlupf der Raupen nach einem sehr warmen April folgten Frosttage Anfang Mai, wenig später lokal intensive Schauer und dann ungewöhnlich hohe Temperaturen. Insbesondere die extremen Hitzespitzen Ende Juni (39 °C im Schatten) verhinderten zumeist eine normale Entwicklung der Nonnenraupen. Selbst für wärmeliebende Insekten liegen Temperaturen von über 40 °C, insbesondere für die Larven, im Hitzestressbe- reich. Vielfach zog sich die Larvenentwicklung über einen ungewöhnlich langen Zeitraum, bis über 3 Monate. Viele Larven erreichten das letzte Stadium – das mit dem deutlich größten Nah- rungsbedarf – nicht. Somit blieb das Ausmaß der Fraßschäden zumeist unter der Prognose. Im unbehandelt gebliebenem Befallsgebiet waren die Kiefern dementsprechend vorwiegend von starkem Fraß bis lokal kleinflächig von Kahlfraß betroffen (Abb. 13). Merkliche Fraßschäden wurden auch in weiter südlichen Landesteilen mit Hilfe der Satellitenrasterdaten (Stand Juli 2019) – als kompakte Befallsflächen – dokumentiert. Die aus Satellitenfotos abgeleitete Kartierung der Fraßschäden kann nicht nur Grundlage der Einschätzung der Wirksamkeit der Insektizidmaßnahmen und der Bewertung der Fraß-Progno- sen sein, sondern ist so auch Hilfe bei der Beratung der Waldbesitzer im Hinblick auf die Fest legung der Schwerpunktbereiche für Folgemaßnahmen (Sanitärhiebe, siehe Punkt 1.5.2). In einigen Fraßbeständen der Nonne waren im Spätsommer trotz deren verzögerter Entwick- lung erneut viele Puppenhülsen auffällig. Ein großer Teil zeigte die typische Ausschlupföffnung der Falter (Abb. 14). Nur an wenigen waren die – meist kleineren – Ausschlupföffnungen von Parasitoiden zu erkennen. Somit war lokal mit einer nächsten Generation zu rechnen und dem- entsprechend wurden im Herbst wieder Eisuchen durchgeführt. Da lokal sehr differenziert auch Kiefernspinner und Forleule am Fraßgeschehen beteiligt waren, erfolgte auch für diese Nadel- fresser in den betroffenen Bereichen ein intensiviertes Monitoring. WALDSCHUTZBERICHT 2019 17
Abbildung 13: Kiefern mit intensiven Nadelverlusten durch den Fraß der Nonnenraupen. Dieser Bestand war für den Insektizideinsatz vorgesehen, wurde aber nach der Entscheidung des OVG nicht mehr behandelt. (Foto: C. Desselberger) Abbildung 14: Typische Ausschlupföffnung – von einem Falter verlassene Puppenhülse der Nonne (Foto: K. Möller) 18 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Abbildung 15: Ergebnisse der Zählung der weiblichen Falter an den Zählstammgruppen (ZSTG) in den gefährdeten Gebieten (rote Dreiecke, Überschreitung des Schwellenwertes von 8 Weibchen) Es ist davon auszugehen, dass sich die Massenvermehrung der Nonne 2020 lokal fortsetzt. Vor allem in den Kiefernbeständen in der Obf. Potsdam, wo als Folge der Entscheidung des OVG die geplanten Waldschutzmaßnahmen im Mai nicht umgesetzt werden konnten, sind an Zähl- stammgruppen wieder über dem Schwellenwert liegende Zahlen weiblicher Falter beobachtet worden (Abb. 15). Neue Befallsherde waren in mehreren Landesteilen auffällig. Die Fangzahlen der Männchen in den Pheromonfallen sind im Sommer 2019 zurückgegangen. Nur in 6 % der Bestände wurden die Schwellenwerte überschritten. Dieser Trend weist auf eine abnehmende Gefährdung in den Folgejahren hin (Abb. 16). WALDSCHUTZBERICHT 2019 19
Abbildung 16: Summe Männchen der Nonne anhand der Pheromonfallenfänge 2019 im Landesbetrieb Forst Brandenburg (ohne Bundesforst) Der Kiefernspinner blieb 2019 nur sehr lokal auffällig. Für 10 ha wurden deutlicher Flug und merklicher Fraß registriert. Bei Probefällungen im April/Mai war in den Nonnenschadgebieten lokal auch ein auffälliges Auftreten der Larven der Gemeinen Kiefernbuschhornblattwespe zu beobachten. Aufgrund der für die Ausbildung einer 2. Generation günstigen Witterung im Frühsommer 2019 war empfohlen worden, stichprobeweise zu kontrollieren, ob ein Einspinnen der Larven in der Krone stattfindet. Im Süden Brandenburgs kam es erneut zur Entwicklung einer zweiten Generation der Gemei- nen Kiefernbuschhornblattwespe. Die Fraßschäden (maximal merklicher Fraß) im Herbst 2019 betrafen 4.230 ha (Abb. 17). 20 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Vor allem im Bereich des Landkreises Elbe-Elster traf mit dem Herbstfraß der Kiefernbuschhorn- blattwespen (Abb. 17) ein weiterer Schadfaktor auf die bereits 2016 zum Teil durch Blattwespen entnadelten und in der Folge durch Sekundärschädlinge (rindenbrütende Käfer, Diplodia, siehe Punkt 1.5. und 1.6.2) sowie die lange Trockenheit stark beeinflussten Kiefernbestände. Von einer Beteiligung der Forleule an den Schäden ist auszugehen. Für den Kiefernprozessionsspinner häuften sich auch 2019 die Meldungen. Auf insgesamt 10 ha wurde die Art beobachtet, mit aber nur sehr geringem Ausmaß der Fraßschäden. 20.000 Fläche (ha) 18.000 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 merkl. Fraß starker Fraß kahl Abbildung 17: Fraßschäden im Herbst durch die Larven der Kiefernbuschhornblattwespen, Land Brandenburg, 2009–2019 1.4.2 Blattfressende Bestandesschädlinge der Eiche Auch 2019 blieb das durch den Eichenprozessionsspinner verursachte Schadgeschehen in den Wäldern Brandenburgs relativ moderat. Es wird davon ausgegangen, dass sich mit der Zulas- sung von Dipel ES als Biozid im Jahr 2013 die Möglichkeiten, den Eichenprozessionsspinner insbesondere an Waldrändern und in Siedlungsgebieten effektiv zu bekämpfen, deutlich verbes- serten. 2019 fand erstmalig seit 2008 gegen den Eichenprozessionsspinner in Brandenburgs Wäldern kein Insektizid-Einsatz aus Gründen des Pflanzenschutzes statt. Bei günstigen Witterungsverhältnissen im Frühjahr 2019 kam es wieder mit Anfang April zu einem sehr zeitigen Schlupf der Eiräupchen des Eichenprozessionsspinners. Die erste Be obachtung erfolgte am 4. April. Die Auswertung der Fraßkartierung für das Land zeigt, dass sich Befallsfläche und -intensität 2019 auf überwiegend niedrigem Niveau bewegten. Populationsdichten und Fraßschäden sind wie in den beiden Vorjahren mit der Situation 2008 und 2009 vergleichbar (Abb. 18). WALDSCHUTZBERICHT 2019 21
14000 12000 10000 8000 ha 6000 4000 2000 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 kahl stark merklich leicht PSM Biozid Abbildung 18: Eichenprozessionsspinner in den Wäldern des Landes Brandenburg – Ergebnis der Fraßkartierung in Eichenbeständen und Umfang der Insektizidmaßnahmen als Luftapplikation (Hubschraubereinsatz, Dipel ES) Die Erfassung der terrestrischen Fraßkartierung durch die Revierförster erfolgte wie in den Vor- jahren verortet im WebOffice (Abb. 19). Zumeist wurden nur Laubverluste unter 30 % registriert. Mit Schwerpunkt im Nordwesten des Landes entstanden durch den Eichenprozessionsspinner Fraßschäden auf ca. 837,54 ha. Durch die Eichen-Frühjahrsfraßgemeinschaft wurden zusätz- lich 245,32 ha geschädigt. Betroffen sind wie bisher zumeist Trauben- und Stiel-Eiche. Abbildung 19: Übersicht der 2019 in den Revieren erfolgten Kartierung der Fraßschäden durch Eichenprozessionsspinner und Eichen-Frühjahrsfraßgesellschaft 22 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Die Überwachung von Großem und Kleinem Frostspanner an Leimringen wies auch für 2019 nicht auf ansteigende Populationsdichten hin (Abb. 20). 4.000 Fläche (ha) 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 merkl. Flug starker Flug Abbildung 20: Fläche mit kritischen Weibchen-Zahlen von Großem und Kleinem Frostspanner (Leimring-Überwachung), Land Brandenburg 1.5 Holz- und rindenbrütende Insekten 1.5.1 Befallssituation bei den holz- und rindenbrütenden Käfern Die Jahre 2014 bis 2019 zählten in Deutschland bzw. Brandenburg zu den sehr warmen und z. T. auch wärmsten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die vergleichsweise gerin- gen Niederschläge der Jahre 2018 und 2019 führten in Verbindung mit den hohen Temperaturen für viele Baumarten zu Trockenstress. Daneben haben die Stürme der Jahre 2017 und 2018 in Brandenburg über 1,25 Mio. m3 Bruch- und Wurfholz und damit potenzielles Brutsubstrat für holz- und rindenbrütende Insektenarten verursacht. Außerdem haben nadelfressende Insekten, Hagel und Waldbrände flächig absterbende oder in Regeneration befindliche und damit anfällige Kiefern hinterlassen. 2019 bot so für holz- und rindenbrütende Insekten sowohl günstigste klima- tische Bedingungen als auch ein umfangreiches Brutraumangebot. In Kiefernbeständen sind im Kalenderjahr 2019 die durch Borkenkäfer verursachten Schadholz- mengen besorgniserregend angewachsen. In Brandenburg waren das 62.263 m3 durch sonstige (nicht genau zuzuordnende Schäden) Borkenkäfer an Kiefer, 19.865 m3 durch Zwölfzähnigen Kiefernborkenkäfer, 10.299 m3 durch Scharf- oder Sechszähnigen Kiefernborkenkäfer und 10.001 m3 durch Großen und Kleinen Waldgärtner. Aus Berlin wurden auffällige Schadholzmen- gen z. B. für den Kleinen Waldgärtner mit 76 m3 und für den Kupferstecher mit 21 m3 gemeldet. Im vergangenen „Käferjahr“ von Anfang Juni 2018 bis Ende Mai 2019 wurden aus Brandenburg 65.249 m³ und aus Berlin 197 m³ Schadholz durch Blaue Kiefernprachtkäfer gemeldet. Für Brandenburg liegt dieser Wert etwa beim Achtfachen der durchschnittlichen Schadholzmenge der vorangegangenen 10 Jahre. WALDSCHUTZBERICHT 2019 23
Die im Rahmen der Winterbodensuchen ermittelten Suchflächen mit 1–3 durch Waldgärtner verursachten Absprünge sind gegenüber dem Vorjahr stark angestiegen. Für mehr als 3 Wald- gärtnerabsprünge pro m2 ist die Anzahl leicht angestiegen (Abb. 21). Das entspricht der allge- mein steigenden Tendenz der Populationsdichten bei den holz- und rindenbrütenden Käfern als Folge der extremen Witterung 2018 und dem vielfach hohen Brutraumangebot. 10 Flächenanteil (%) 8 6 4 2 0 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 1-3 Absprünge/m² >3 Absprünge/m² Abbildung 21: Anteile der Suchflächen mit Kronenverschnitt durch Waldgärtner (Winterbodensuchen 2018/19) Schadholz durch Buchdrucker fiel im vergangenen „Käferjahr“ von Anfang Juni 2018 bis Ende Mai 2019 in Brandenburg mit 223.560 m³ und in Berlin mit 1.767 m³ an. Der Trend im aktuell lau- fenden, noch nicht abgeschlossenen Käferjahr zeigt eine weitere Zunahme der extrem hohen Schadholzmengen in Brandenburg und Berlin. In Brandenburg hat der Buchdrucker seit minde- stens 25 Jahren nicht mehr so umfangreiche Schadholzmengen verursacht. Auch der Kupferstecher hat mit einer im Kalenderjahr 2019 gemeldeten Schadholzmenge von 8.551 m3 in Brandenburg ein Niveau erreicht, das über dem Dreifachen der vorjährigen Schad- holzmenge liegt. Trotzdem ist für diesen kleinen Kronenbesiedler auch noch von einem großen Übersehfehler auszugehen. Durch Lärchenborkenkäfer verursachtes Schadholz fiel im vergangenen „Käferjahr“ 2018/19 im Umfang von 9.227 m³ in Brandenburg und mit 448 m³ in Berlin an. Für Brandenburg liegt dieser Wert über dem Zwanzigfachen der Vorjahresmenge. In Berlin, wo es auch Jahre ohne Nachweis von Lärchenborkenkäfer-Schadholz gibt, wurde ebenfalls fast das Zwanzigfache des Maximums der letzten Jahre erreicht. Der Trend im aktuell laufenden Käferjahr zeigt erwartungs gemäß einen weiteren extremen Anstieg. 24 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Im Herbst wurden erstmals für Brandenburg auffällige Vorkommen des Kleinen Buchenbor- kenkäfers in Altbeständen der Rot-Buche nachgewiesen (Abb. 22). Sehr problematisch ist der erst sehr spät im unteren Stammbereich und generell schwer nachweisbare Befall durch diesen sehr kleinen und zumeist in der Krone mit der Besiedlung beginnenden Borkenkäfer (Ausbohr- löcher nur ca. 1 mm). Auch der Buchenprachtkäfer ist an den Absterbeerscheinungen beteiligt (siehe auch Punkt 1.7.2). Abbildung 22: Kleiner Buchenborkenkäfer (Foto: Pascal Ebert) 1.5.2 Beratung zu Sanitärhieben zur Eindämmung des Befalls durch holz- und rindenbrütende Insekten an Nadelbäumen nach intensivem Fraß der Raupen der Nonne Für Bestände mit intensivem Fraß durch Raupen der Nonne wurden Empfehlungen zur Be- standesbehandlung/Durchführung von Sanitärhieben gegeben (Tab. 2). Mit der Anleitung wurde auch der Waldschutzordner ergänzt (Wenk & Pastowski 2019). Ziele der Maßnahmen sind: • der weitest gehende Erhalt der Bestandesstruktur • und die Minimierung der Holzverluste. Diese sollen u. a. durch die kontinuierliche Überwachung der holz- und rindenbrütenden Insek- ten als Verursacher möglicher Folgeschäden erreicht werden. WALDSCHUTZBERICHT 2019 25
Tabelle 2: Zeitplan für Kontrollen und Sanitärhiebe in fraßgeschädigen Beständen, die Handlungsempfehlungen sind fortlaufend in zeitlichem Bezug zum Fraßereignis aufgeführt. Die Priorität der zu berücksichtigenden Bestände richtet sich nach der Intensität der Fraßschäden. Priorität nach Nadelmasseverlusten im Bestand Zeitschiene A B C Kahlfraß starker Fraß merklicher Fraß Restbenadelung Restbenadelung Restbenadelung Zustand 0–9 % 10–49 % 50–70 % direkt nach totaler Verlust der deutlicher Verlust der geringer Altnadelverlust dem Fraß Altnadeln Altnadeln Maitriebe in Resten Maitriebe in der Regel vorhanden wenig geschädigt Beobachtung des Regenerationsprozesses Keine intensivierte Juli/August („Nachwachsen“ der Nadelreste, Nachschieben/ Beobachtung 2019 Entfaltung der verbliebenen Maitriebe, Entwicklung notwendig, Bestände (Fraßjahr) von Nottrieben aus schlafenden Knospen). können normal bewirtschaftet werden. In kahl gefressenen Auch Kiefern mit einer Nach merklichem Kiefernbeständen ist Restbenadelung Fraß sind keine aufgrund der hohen zwischen 10 und 19 % nennenswerten Baum- Nadelverluste mit einer sind bis zu 2 Jahre nach verluste in Folge von geringen Vitalität und dem Fraßgeschehen Vitalitätseinbußen damit einer stärkeren gefährdet. und/oder Käferbefall Anfälligkeit gegenüber Auch bei Kiefern mit bekannt. holz- und rindenbrüten einer Restbenadelung den Insekten zu rechnen zwischen 20 und 49 % (bis zu 3 Jahre). kann im Einzelfall Die aktuell sehr hohen Stehendbefall auftreten. Dichten holz- und rindenbrütender ab Käferarten erhöhen September die Gefährdung. 2019 Sanitärhieb durch Ent- Bei einer Restbenade- nahme der < 10 % bena- lung zwischen 10–19 % delten Kiefern. und fehlender sichtbarer Regeneration (siehe Vorrangig in über 60 Zeile Juli/August) Jahre alten Beständen Vorgehensweise wie wegen des drohenden unter A. Wertverlustes, nachrangig in 41–60 Bei einer Restbenade- Jahre alten Beständen. lung von 20–49 % sind Sanitärhiebe vorerst nicht notwendig, aber laufende Beurteilung der forstsanitären Situation. 26 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Kontrolle von Kiefern mit wenigen, kurzen oder Januar/ verfärbten Nadeln in der Krone oder Specht Februar abschlägen am Stamm auf Besiedlung durch 2020 holz- und rindenbrütende Insekten, Sanitärhieb besiedelter Bäume. Holzpolter einschließlich der Abfuhrreste sind bis Ende März abzufahren. Beginn Schwarmflug durch den Großen Waldgärtner, Kontrolle auf Stehendbefall und ab März Polterbesiedelung. 2020 Hiebsruhe für Frischeinschlag von März bis Mitte August ist einzuhalten: Vermeidung von Angebot an zusätzlichem Brutraum für holz- und rindenbrütende Insekten (Polter, Hiebsreste); Stehendbefallskontrollen und ggf. Sanitärhiebe. Der Maitrieb zeigt die Lebensfähigkeit des Einzelbaumes an. Kontrolle auf nicht austreibende Bäume und Kiefern treiben nach ab Mai bis Stehendbefall, ggf. Sanitärhiebe. maximal merklichem Ende Juli Fraß in der Regel 2020 normal aus. Dann sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Sanitärhiebe ab August Im Winterhalbjahr 2020/21 sind sanierte Bestände 2020 bis erneut auf Stehendbefall zu kontrollieren und Februar dieser ist bei Bedarf zu räumen. 2021 Spätwinter: Kontrolle auf Prachtkäferbefall 1.6 Pilzliche Schaderreger 1.6.1 Klimaveränderungen und die Auswirkungen auf pilzliche Schaderreger Bedingt durch die fortschreitenden klimatischen Veränderungen mit der immer stärkeren Zu- nahme von Witterungsextremen (u. a. Hitze, Trockenheit und milde Winter), wird sich auch das Auftreten forstpathologisch relevanter pilzlicher Pathogene verändern. Die vergangenen zwei Extremjahre machten bereits jetzt deutlich, dass einige bisher unauf fällige, wenig bedeutsame Pilzarten heute imstande sind, umfangreiche Schäden an Bäumen zu verursachen. Dabei wirken sich die Folgen des Klimawandels nicht nur direkt auf die Aggres- sivität einzelner Pilze aus. Auch die indirekten Folgen durch das verminderte Abwehrvermögen der Wirtsbäume begünstigten das Auftreten wärmeliebender (thermophiler) Krankheitserreger. Als Beispiele seien hier das Diplodia-Triebsterben (Sphaeropsis sapinea) und die Dothistroma- Nadelbräune (Dothistroma septosporum) genannt. WALDSCHUTZBERICHT 2019 27
Abbildung 23: Schadbild eines Kiefernbestandes, verursacht durch das Diplodia-Triebsterben und die Besiedlung durch andere sekundäre Schadorganismen wie z. B. Waldgärtner, Revier Pausin (Foto: A. Wenning) 1.6.2 Diplodia-Triebsterben Wie bereits in den vergangenen Jahren lag ein besonderer Arbeitsschwerpunkt im Rahmen der Waldschutzdiagnostik bei Untersuchungen zum Diplodia-Triebsterben. Der pilzliche Schad erreger Sphaeropsis sapinea gilt als wärmeliebender Pilz, welcher als Saprobiont und En- dophyt in lebenden Kiefern vorkommt. Ist die Vitalität der Bäume durch z. B. Trockenstress herabgesetzt, tritt der Pilz als Bläueerreger und Schwächeparasit in Erscheinung und verur sacht an geschwächten Bäumen das massive Auftreten von Trieb- und Rindenschäden. Gravierende Schäden traten anfangs besonders an Schwarz-Kiefer (Pinus nigra) auf. In den ver- gangenen Jahren wurden verstärkt Schäden an der Gemeinen Kiefer (Pinus sylvestris) beobach- tet. Darüber hinaus sind auch weitere Koniferen zum Teil stark betroffen. Der Erreger konnte an verschiedenen Proben aus Nadelholzbeständen nachgewiesen werden, darunter Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Gemeine Fichte (Picea abies), Küstentanne (Abies grandis) und Euro- päische Lärche (Larix decidua). Da S. sapinea neben der parasitischen Lebensweise als Saprobiont (z. B. an toten Ästen, Stäm- men und Zapfen) auftritt, sind die Möglichkeiten der Schadensprävention stark begrenzt. Ent- scheidend für den Befall (pathogenes Auftreten) sind die Witterungsbedingungen und somit die Prädisposition der Bestände. Starke Schäden durch das Diplodia-Triebsterben wurden aus allen Landesteilen gemeldet. Be- sonders gravierend sind die Schäden an der Gemeinen Kiefer in Südbrandenburg. Hier kommt es durch den massiven Befall zum Absterben ganzer Bestände. 28 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Die Vitalität der Kiefern wurde durch die langanhaltende Trockenheit in Verbindung mit über- durchschnittlich hohen Temperaturen in den vergangenen zwei Jahren deutlich herabgesetzt. Daraus resultiert, neben den deutlichen Dürreschäden, die erhöhte Anfälligkeit der Bäume ge- genüber dem Krankheitserreger. Eine direkte Bekämpfung des Krankheitserregers ist nicht möglich. Der Baum ist jedoch in der Lage, durch Bildung eines Wundperiderms die Ausbreitung des Erregers zu begrenzen bzw. durch die Aktivierung von Seitenknospen zu kompensieren. Entscheidend ist die stark von der Witterung abhängige Vitalität und damit Reaktionsfähigkeit des Baumes. Der Pilz profitiert in be- sonderem Maße von der eingeschränkten Vitalität der Bäume (Wassermangel) und von milden Wintern, feuchtwarmer Frühjahrswitterung und nachfolgend trockenen Sommern. Der Erreger des Diplodia-Triebsterben kann sich unter diesen Witterungsbedingungen optimal reproduzie- ren. Setzt sich der Klimawandel im gegenwärtig anzunehmenden Trend fort, ist mit einer mas- siven Zunahme der durch S. sapinea verursachten Schäden in den Brandenburger Kiefern beständen zu rechnen. 1.6.3 Brandlorchel oder Wellige Wurzellorchel In den durch Großbrände 2018 entwaldeten Gebieten bei Treuenbrietzen kam es zu massivem Auftreten der Welligen Wurzellorchel (Rhizina undulata). Der zu den Schlauchpilzen (Asco- mycota) gehörende Erreger ist als spezifischer Wurzelparasit in der Lage, viele verschiedene Koniferen-Arten – darunter Kiefer (Pinus) – zu befallen. Für die Sporenkeimung von R. undu- lata werden Bodentemperaturen von 35 °C bis 45 °C benötigt (Jalauddin, 1967). Diese öko- logische Besonderheit bedingt die enge Bindung an Feuerstellen, von wo die Verbreitung des Abbildung 24: Fruchtkörper der Wurzellorchel (Rhicina undulata) auf Waldbrandflächen bei Treuenbrietzen (Foto: A. Wenning) WALDSCHUTZBERICHT 2019 29
Pilzes ihren Ausgangspunkt nimmt. Ein Befall wird durch das verkürzte Triebwachstum deutlich, die Nadeln verfärben sich gelblich und der Baum stirbt ab. Es entstehen kreisförmige Sterbe- lücken, man spricht von einer Ringfäule. Erkrankte Bäume zeigen dann gelbliche Myzelstränge im Wurzelbereich. An den Kiefernsämlingen, die im Herbst 2018 bzw. im Frühjahr 2019 auf den entstandenen Waldbrandflächen gepflanzt wurden, konnte mittels phytopathologischer Untersuchung kein Be- fall der Wurzel durch R. undulata nachgewiesen werden. Das massive Absterben der gepflanzten Kiefern ist vielmehr auf die abiotischen Bedingungen im Zusammenhang mit Insektenfraß (Kiefernkulturgespinstblattwespe) zurückzuführen. Die im Sommer 2019 stark aufkommende Kiefernnaturverjüngung gilt laut Literatur als deutlich weniger anfällig für Infektionen durch die Wurzellorchel. 1.6.4 Holzfäuleerreger Auch 2019 wurde zur Abwehr des Kiefern-Wurzelschwammes (Heterobasidion annosum) in der Bergbaufolgelandschaft Südbrandenburgs auf Stubben vollautomatisch per Harvester Harnstoff appliziert. Die prophylaktische Stubbenbehandlung wird im Landeswald seit 2008 routinemäßig durchgeführt – in den ersten Jahren unter Verwendung eines Biopräparates. 1200 1000 mme Schadholzmenge in m³ 800 600 400 Sum 200 0 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Jahrl Summe Schadholzmenge in m³ Summe in ha Abbildung 25: Schäden durch den Kiefern-Wurzelschwamm (Heterobasidion annosum) in den Jahren 2012 bis 2019, Quelle: Monatlicher Waldschutzmeldedienst 30 WALDSCHUTZBERICHT 2019
1.7 Komplexe Schadereignisse 1.7.1 Flächiges Absterben in Kiefernbeständen 2019 war in Brandenburg das zweite gleichzeitig überdurchschnittlich warme und trockene Jahr in Folge. Absterbeerscheinungen wurden 2019 besonders deutlich und erreichten z. T. extrem hohe Werte. Die größte Flächensumme von Beständen mit Absterbeerscheinungen erreichte Brandenburgs Hauptbaumart die Wald-Kiefer mit 19.137 ha. Diese Bestände liegen zum größten Teil im Südwesten Brandenburgs. Als Ursache wird ein Schadfaktorenkomplex und die seit mehreren Jahren fehlende Möglichkeit der Regeneration der Bäume angesehen. Flächigen Schäden durch Herbstfraß einer zweiten Generation der Gemeinen Kiefernbuschhornblattwespe im Herbst 2016 folgten Sturmschäden 2017 und 2018, lokale Hagelschlagereignisse im Spätsommer 2018 und eine stetige Zunahme des Befalls der entsprechend prädisponierten Kiefern durch in der Regel auch von Wärme und Trockenheit profitierenden holz- und rindenbrütenden Käfern. Mit dem Diplodia-Triebsterben wurde seit 2018 ein weiterer, den Absterbeprozess fördernder Einflussfaktor nachgewiesen. Abbildung 26: Diplodia-Triebsterben als Mitverursacher flächiger Absterbeprozesse von Kiefernbeständen in der Oberförsterei Hohenleipisch (Foto: F. Pastowski) Für die von den Folgen der Dürre besonders betroffenen Oberförstereien im Landkreis Elbe- Elster wurden im WebOffice Satellitenrasterdaten mit einer Vitalitätseinschätzung der Kiefern bestände (Stand September 2019) und ein Editierthema zur Erfassung der Schäden bereit- gestellt. Ziel war vor allem die Identifizierung der Flächen, für die dringender forstsanitärer Handlungsbedarf besteht. WALDSCHUTZBERICHT 2019 31
1.7.2 Vitalitätseinschränkungen der Rotbuche Die im Bundesland Brandenburg in großem Ausmaß auftretenden komplexen Schäden der Rot- buche gehen auf die witterungsbedingte Schwächung der Bäume zurück. Im besonderen Aus- maß betroffen sind Altbuchen, Schäden treten aber auch in jüngeren Beständen auf. Vorrangig zeigen Buchen an Standorten mit starkem Rückgang der Wasserversorgung (z. B. an Gewäs- sern) und in Bereichen mit starken Grundwasserschwankungen Vitalitätseinbußen bis hin zu massiven Absterbeerscheinungen. Auch geschlossene Bestände an in der Regel gut wasser- versorgten Standorten weisen starke Schäden auf. 2019 wurden für Rotbuche 1.253 ha von Absterbeerscheinungen betroffene Bestände gemeldet (max. 10 ha in den Vorjahren). Bereits im Juni wurde lokal ein zum Teil sehr rasches Vertrocknen von Altbuchen beobachtet, die noch im Mai frisch ausgetrieben hatten. Im Laufe des Sommers wurde eine deutliche Vitalitätsschwäche der Buchen auffällig, gekennzeichnet durch Kleinblättrigkeit und Braunwerden der Blätter sowie vorzeitigen Blattfall, teils auch grüner Blätter (Abb. 27). Abbildung 27: Abwerfen von grünem Laub unter Altbuchen im August 2019 (Foto: U. Selk) Im Herbst zeigten Altbuchen vielerorts relativ ähnliche Symptome: eine rasant vergilbende Ober- krone und das beginnende Ablösen von Rindenteilen (Abb. 28). Am komplexen Krankheitsge- schehen sind neben der anhaltenden Trockenheit, als wahrscheinlich auslösender Faktor, häufig Kleiner Buchenborkenkäfer, Buchenprachtkäfer und pilzliche Schaderreger beteiligt. Die Schwächung der Bäume und der damit verbundene Vitalitätsverlust führte zu günstigen Be- dingungen für pilzliche Pathogene. Die auftretenden Absterbeerscheinungen werden erheblich durch bisher an Buchen wenig bedeutsame Endophyten mit beeinflusst. Am teils sehr raschen Schadensfortschritt sind in Brandenburg häufig Holzfäule verursachende Pilze beteiligt, welche eigentlich als Saprobionten an totem Buchenholz bekannt sind, in der aktuellen Situation jedoch 32 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Abbildung 28: Rindenablösungen am Buchenstamm nach starker Sonneneinstrahlung (Foto: A. Wenning) starke Schäden an lebenden Bäumen verursachen. Auffällig ist z. B. der Münzenförmige Rin- denkugelpilz (Biscogniauxia nummularia) (Abb. 29). Dieser wärmeliebende Pilz kommt endo- phytisch in Rotbuchen vor, kann aber bei vitalitätsbeeinträchtigten Bäumen in eine parasitische Phase übergehen. Dann verursacht der Pilz ein Aufplatzen und Ablösen der Rinde und schafft so Eintrittspforten für weitere Erreger. WALDSCHUTZBERICHT 2019 33
Abbildung 29: Münzen förmiger Rindenkugelpilz (Biscogniauxia nummularia) an geschwächter Rotbuche Andere im Zusammenhang mit den Absterbeerscheinungen nachgewiesene, die Rinde befal- lende pilzliche Schaderreger sind Neonectria coccinea und Eutypella quaternata. Starker Befall durch diese Arten verursacht erhebliche Rindenschäden. Der voranschreitende Vitalitätsverlust der Buchen führt zu sekundärem Befall mit rindenbrütenden Käfern und pilzlichen Saprobionten. Dabei kommt es zur starken Holzentwertung durch Verfärbung und Weißfäule, auch im unteren Stammbereich. Holzfäulen - besonders in der Oberkrone - führen zum Absterben von Ästen- und Stammteilen, somit zur Gefährdung der Stabilität und letztlich zum Absterben der Bäume. 1.7.3 Absterbeerscheinungen an Erle Auffällige Absterbeerscheinungen zeigte 2019 auch die Erle, mit insgesamt 1.582 ha betroffener Fläche. Schon 2018 war eine deutliche Zunahme geschädigter Erlenbestände zu verzeichnen. 1.8 Mäuse Im Herbst 2018 wurden 131 Kontrollen zur Ermittlung des Mäusebesatzes durchgeführt. Das Ergebnis der Auswertungen zeigte einen leichten Rückgang für die Kurzschwanzmaus-Popula- tionen, auf 3,65 KSM/100 FN (Abb. 30, gestrichelte Linie). Damit lag die Besatzdichte deutlich unter der des langjährigen Mittels (1988-2018) von 4,28 KSM/100 FN. Ursache für den Rück- gang 2018 ist vermutlich die langanhaltende Sommertrockenheit und das geringere und qualita- tiv schlechtere Nahrungsangebot. 34 WALDSCHUTZBERICHT 2019
Probefänge Mäuse (Land Brandenburg) Schadfläche (Winter) 1600 Schadfläche (Sommer) 9 Mittelwert Rötelmaus/100 FN 1400 Mittelwert Erd-u. Feldmaus/100 FN 8 KSM/100FN 7 1200 6 nzahl/100 FN 1000 Schadfläche (ha) 5 800 4 Individen 600 3 400 2 200 1 0 0 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Frühjahr Jahr Abbildung 30: Mittlere Populationsdichten von Erd-, Feld- und Rötelmaus und Sommer- und Winterschäden. Trotz der allgemein niedrigen Mäusedichten wurden lokal, für 18 Kontrollflächen (17,9 ha), Be- kämpfungsmaßnahmen empfohlen (Abb. 31). In 12 Fällen entschieden sich die Revierleiter für einen Rodentizid-Einsatz. Der witterungsbedingte Rückgang der Populationsdichten der Kurzschwanzmäuse ließ relativ geringe Nageschäden im Winterhalbjahr erwarten. Die gemeldeten Schäden betrugen 73,8 ha und waren somit geringfügig höher als im Vorjahr. Davon waren 19,5 ha durch die Schermaus geschädigt. Abbildung 31: Übersicht der durchgeführten Kurzschwanzmaus-Kontrollen und der erteilten Empfehlungen für einen Rodentizideinsatz (2008–2018). WALDSCHUTZBERICHT 2019 35
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