WASSER Kooperationen und Konflikte um die Ressource der Zukunft
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14 AMEZ – Argumente und Materialien der Entwicklungszusammenarbeit Susanne Luther (Hrsg.) WASSER Kooperationen und Konflikte um die Ressource der Zukunft Thomas Gebhard: Jordanien – Wasserarmut in einer instabilen Region Jorge Sandrock: Privatisierung vs. Regulierung – Braucht Chile eine neue Wasserpolitik? Jacqueline Wilk: Wasserkooperation in Südasien – Der Indus-Wasservertrag von 1960 www.hss.de
Impressum ISBN 978-3-88795-489-5 Herausgeber Copyright 2015, Hanns-Seidel-Stiftung e.V., München Lazarettstraße 33, 80636 München, Tel. 089/1258-0 E-Mail: info@hss.de, Online: www.hss.de Vorsitzende Prof. Ursula Männle, Staatsministerin a.D. Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Witterauf Leiterin des Instituts für Dr. Susanne Luther (V.i.S.d.P.) Internationale Zusammenarbeit Leiter PRÖ / Publikationen Hubertus Klingsbögl Redaktion Birgit Burkhardt Stefan Burkhardt Kontakt zur Redaktion: iiz@hss.de Redaktionsschluss 01.03.2015 Druck Hausdruckerei der Hanns-Seidel-Stiftung Titelbild Dürre, Global Water Partnership, Flickr.com, CC BY-NC-SA Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung, Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung der Hanns-Seidel-Stiftung e.V. reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Von dieser Einschränkung ausgenommen, sind sämtliche Werke, die als Creative Commons gekenn- zeichnet sind. Das Copyright für diese Publikation liegt bei der Hanns-Seidel-Stiftung e.V. Namentlich gekennzeichnete redaktionelle Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Diese Ausgabe finden Sie unter folgendem QR-Code auch im Internet zum Lesen und Bestellen.
GELEITWORT SUSANNE LUTHER || Das Wort Wasser hat im allgemeinen Aber nicht nur der Klimawandel, sondern Sprachgebrauch viele Assoziationen: „Blaues auch Bevölkerungswachstum, verändertes Gold“, das „nasse Element“ oder „Quell des Konsumverhalten, Energiehunger, steigende Lebens“. Wir brauchen es für unsere Gesund- Industrieproduktion und Urbanisierung füh- heit, es ist elementar für die wirtschaftliche ren zu einer ständigen Verknappung des und gesellschaftliche Entwicklung. Ohne wertvollen Gutes Wasser. Diese oft grenz- Wasser existiert kein Leben auf unserem Pla- überschreitende Nutzungsvielfalt vergisst nur neten. Auch für den ehemaligen Bundesprä- allzu oft unser Ökosystem. Das Integrierte sidenten Horst Köhler ist Wasser eines der Wasserressourcenmanagement (IWRM), wel- kostbarsten Güter: „Wir horchen staunend ches all diese Nutzungsformen umfasst, auf, wenn eine Nasa-Sonde Wasser auf dem steckt jedoch in vielen Staaten und Regionen Mars entdeckt haben soll – aber wir haben noch in den Kinderschuhen. verlernt zu staunen über das Wasser, das bei uns so selbstverständlich aus dem Hahn Die Millenniumentwicklungsziele, die in fließt, wo doch anderswo die Menschen tag- diesem Jahr auslaufen und durch die soge- ein, tagaus viele Kilometer laufen müssen, nannten Nachhaltigkeitsziele ergänzt werden um an Trinkwasser zu kommen.“ sollen, streben eine Halbierung der Zahl der Menschen ohne gesicherten Trinkwasserzu- Wasser ist zu kostbar, um es zu ver- gang und Sanitärversorgung an. Dass die schwenden. Deutschland scheint Wasser im internationale Gemeinschaft trotz erheblicher Überfluss zu haben. Es gehört nicht nur zu Fortschritte dieses Ziel Ende 2015 nicht er- den Netto-Importeuren von virtuellem Was- reichen kann, steht mittlerweile außer Frage. ser, sondern hat pro Kopf und Jahr durch- Insbesondere im südlichen Afrika sind die schnittlich 2.292 m³ in Form von Oberflä- Zahlen besorgniserregend. chen- oder Grundwasser zur Verfügung. Län- der, in welchen die Bevölkerung unter 1.700 Was hat die Arbeit einer politischen Stif- m³ zur Verfügung hat, leiden hingegen gemäß tung mit Wasser zu tun? Wir fördern oder dem „Wasser-Stress-Index“ unter Wasser- bauen keine Brunnen für die Trinkwasser- stress. Weniger als 1.000 m³ Wasser bedeu- versorgung oder Kläranlagen, errichten kei- ten chronische Wasserknappheit und unter ne Wasserkraftwerke und konstruieren keine 500 m³ spricht man gar von absoluter Was- wassersparenden Anlagen für die Industrie. serknappheit. Der OECD Umweltausblick für In der vorliegenden Publikation können Sie 2050 projiziert einen hohen Wasserstress für aber an Beispielen unserer Projektarbeit über 40 Prozent der Weltbevölkerung. sehen, dass Wasser für eine politische Stif- tung sehr wohl von handlungsleitendem Wasserstress führt unweigerlich zu Flucht Interesse ist, insbesondere im Bereich der und Migration. Experten sprechen dann von rechtlichen und politischen Rahmenbedin- Klimaflüchtlingen und deren Zahl steigt stän- gungen. dig. Präzisierend könnte man sie jedoch als Flüchtlinge beschreiben, die vor der Wasser- In Südasien findet zum Beispiel 2015 be- armut, dem Wasserstress in ihrer Heimat, reits der dritte Comprehensive Security fliehen mussten. Andere Experten mahnen Dialogue statt, der sich mit dem Thema Was- bereits vor „Wasserkriegen“ in der Zukunft. ser aus sicherheitspolitischer Perspektive ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4 3
SUSANNE LUTHER beschäftigt und zu grenzüberschreitenden Ob es immer sinnvoll ist, Landwirtschaft Lösungsmechanismen beitragen möchte. in wasserarmen Gebieten zu betreiben und die Produkte gar noch zu exportieren, ist von So unterschiedlich unsere konkreten Pro- außen betrachtet nicht immer einfach zu be- jekte weltweit sind, so unterschiedlich sind antworten. Der Wüstenstaat Katar geht die- auch unsere Artikel in dieser Ausgabe. Die sen Weg und baut riesige Meerwasserentsal- existierende oder prognostizierte Wasser- zungsanlagen. Gespeist durch Solarenergie knappheit aber ist ein verbindendes Element. und Wiederverwertungsmöglichkeiten für die Der Beitrag aus dem Büro Pakistan analysiert entstandene Salzlauge, strebt Katar zunächst den Indus-Wasservertrag, ein nach wie vor für die autarke Versorgung eine neue land- bestehendes Instrument zwischen den ver- wirtschaftliche Revolution an. Ohne eine feindeten Staaten Indien und Pakistan, wel- weltweite Verhaltensänderung der Menschen ches der Klimawandel aber vor große Heraus- und ohne ein gemeinsames Handeln in den forderungen stellt. Über Chinas enorme An- betroffenen Flusseinzugsgebieten in Form strengungen, Wasser umzuleiten, aber auch von transparenten Regelungen und Verträgen über eine gesamtgesellschaftliche Anstren- werden diese sehr teuren technischen Neue- gung Wasser zu schützen, erfahren Sie eben- rungen aber nur „ein Tropfen auf den heißen so wie über den Versuch der Umsetzung ei- Stein“ sein. nes grenzüberschreitenden IWRM im Volta- Flusseinzugsgebiet in Westafrika oder über In diesem Sinne möchte ich Ihnen eine die Wasserproblematik in der zentralasiati- anregende Lektüre wünschen, die Ihren Wis- schen Republik Kirgisistan. Lesen Sie aber sensdurst ein wenig zu stillen vermag. auch von dem von Wasserarmut geprägten Jordanien, welches in einer konfliktgeladenen Region nur durch Kooperation mit den be- nachbarten Staaten seine Lage verbessern kann und finden Sie Antworten auf die Frage nach einer neuen Wasserpolitik für das Land der Gegensätze: Chile. || DR. SUSANNE LUTHER Im Juli 2010 erkannte die Vollversamm- Leiterin Institut für Internationale Zusam- lung der Vereinten Nationen das Recht auf menarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung Zugang zu sauberem Wasser an, im allgemei- nen Sprachgebrauch oft verkürzt das „Recht auf Wasser“. Auch Deutschland hat mit ‘ja‘ gestimmt. Dabei bedeutet das Recht auf Was- ser aber keineswegs eine unbegrenzte kos- tenfreie Wasserversorgung. Dass eine adä- quate und finanzierbare Trinkwasserversor- gung auch für die ärmeren Gesellschafts- schichten gegeben sein muss, steht außer Frage. Subventionen oder Stufentarife sind hier Möglichkeiten. Die Bewässerung von privaten Grünanlagen in Amman, die ver- schmutzten Flüsse in China oder eine außer Kontrolle geratene Privatisierung in Chile zeigen uns jedoch die Hindernisse und Her- ausforderungen im täglichen Umgang mit unserem Wasser auf. 4 ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4
INHALT 03 Geleitwort Susanne Luther 07 Jordanien – Wasserarmut in einer instabilen Region Thomas Gebhard 19 Unstillbarer Durst? – Wassermangel als Herausforderung für Chinas zukünftige Entwicklung Katja Drinhausen 33 Wasser – Schlüsselrolle für die kirgisische Republik Max Georg Meier 43 Zwischenstaatliche Wasserkooperation im Volta-Einzugsgebiet Daniela Kaempfe 51 Privatisierung vs. Regulierung – Braucht Chile eine neue Wasserpolitik? Jorge Sandrock 59 Wasserkooperation in Südasien – Der Indus-Wasservertrag von 1960 Jacqueline Wilk ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 14 5
JORDANIEN – WASSERARMUT IN EINER INSTABILEN REGION || Thomas Gebhard Der frühere israelische Ministerpräsident Durch neue Verteilungskämpfe um die Res- Levi Eschkol wird bereits 1964 mit den Wor- source Wasser. ten zitiert: „Das Wasser des Jordan ist uns so kostbar wie das Blut in unseren Adern.“1 Die Wasserproblematik im Dreiländereck Die Aussage Eschkols war die Reaktion Israel - Jordanien - Syrien Israels auf das Ergebnis des ersten arabi- schen Gipfeltreffens, das vom 13. - 16. Janu- In Bezug auf die Menge des zur Vertei- ar 1964 in Kairo stattgefunden hat und auf lung und Nutzung zur Verfügung stehenden dem die damaligen Mitgliedsstaaten der Grund- und Oberflächenwassers im Jordan- Arabischen Liga beschlossen hatten, Maß- graben hat sich die Lage in den zurücklie- nahmen gegen die Pläne Israels, Wasser aus genden Jahren kontinuierlich verschlechtert. dem Jordan in die Negev-Wüste und seine Nicht nur durch den Klimawandel und die Küstengebiete abzuleiten, zu ergreifen. Ausweitung der Landwirtschaft, sondern vor allem auch durch das hohe Bevölkerungs- Vor diesem Hintergrund waren nicht nur wachstum. Die Bevölkerung Israels, Jordani- militärstrategische Erwägungen, sondern auch ens und der palästinensischen Westbank Überlegungen, sich Zugang zu wichtigen (inkl. dem Gazastreifen) hat sich im Zeit- Wasserressourcen zu sichern bzw. zu ver- raum von 1948 bis 2014 von geschätzt 3,15 schaffen, für den Sechstagekrieg von 1967 Millionen, auf derzeit rund 20,5 Millionen mit ausschlaggebend. Mit der Besetzung des Menschen mehr als versechsfacht. Westjordanlandes und der Golanhöhen hat Israel damals nicht nur das Ziel erreicht, für Der Nahe Osten zählt zu den nieder- die Sicherheit des Landes wichtige Pufferzo- schlagärmsten Regionen der Erde. Wissen- nen einzurichten, sondern sich auch den Zu- schaftliche Modelle gehen davon aus, dass gang zu Gebieten gesichert, die für seine die jährlichen Niederschläge, die für die Wasserversorgung von Bedeutung sind. natürliche Neubildung des Grundwassers in der Region notwendig sind, in naher Zukunft Schon einmal mit verantwortlich für eine um etwa 20 Prozent zurückgehen werden.2 militärische Auseinandersetzung, deren Fol- Im westlichen Teil des Jordangrabens, in gen heute noch so gegenwärtig und aktuell Israel und im Westjordanland, fallen fast sind wie vor fast 50 Jahren, könnte der poli- doppelt so viele Niederschläge wie im östli- tisch und religiös aufgeladene Konflikt zwi- chen Teil, d.h. in Jordanien. Hinzu kommt, schen Israel und seinen Nachbarn in der dass Untersuchungen ergeben haben, dass Zukunft noch weiter angeheizt werden: die Grundwasserneubildung westlich des ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 14 7
THOMAS GEBHARD Jordans um bis zu 50 Prozent über der öst- Nach seinem Ausfluss am südlichen Ende lich des Jordans liegt.3 Bewahrheiten sich des Sees Genezareth wird der Jordan vom 70 die Berechnungen der Experten, so hat dies Kilometer langen Jarmouk gespeist, der im zur Folge, dass in Verbindung mit dem syrischen Hauran-Gebirge entspringt. Der prognostizierten weiteren Anstieg der Jarmouk ist der größte Zufluss des Jordan. Durchschnittstemperaturen um 1,5 bis 2,5 Auf einer Länge von rund 40 Kilometern Grad im Zeitraum bis 2050 künftig nur noch bildet er die Grenze zwischen Jordanien und rund die Hälfte der heutigen Niederschlags- Syrien. Für die im Südwesten Syriens gele- mengen in den Untergrund gelangen und genen Landesteile ist er in Bezug auf die dort zu einer Erneuerung des Grundwassers Wasserversorgung von großer Bedeutung. führen. Wasser im Nahen Osten Neben dem anhaltenden Bevölkerungs- wachstum sorgt auch die intensive landwirt- schaftliche Nutzung des 8 - 15 km breiten Jordantals, die nicht nur eine immer weiter steigende Wasserentnahme zur Folge hat, sondern die durch die intensive Einbringung von Düngemitteln in die Böden das Grund- wasser stark belastet, für zunehmenden Druck auf die Grundwasserreserven. Der in der Bibel noch als mächtig bezeichnete Jor- dan ist so auf seinem Weg ins Tote Meer immer mehr zu einem aus Abwässern beste- henden Rinnsal verkommen.4 Die drei Quellflüsse des rund 250 Kilo- meter langen Jordans, der nur neun Kilome- ter lange Banyas, der am Fuße des Hermon- gebirges auf den israelisch besetzten Golan- höhen entspringt, der 20 Kilometer lange Dan, der bezogen auf die Wassermenge größte Quellfluss des Jordan, dessen Quellen auf israelischem Staatsgebiet liegen sowie der 40 Kilometer lange Hasbani, der im Li- banongebirge entspringt, vereinigen sich nördlich des Sees Genezareth zum Jordan. Der See Genezareth, im Englischen als “Lake Tiberias“ bezeichnet, ist zusammen mit dem Jordan für die Wasserversorgung Israels, Jordaniens und der palästinensi- schen Westbank von zentraler Bedeutung. Neben dem Jordan wird er vor allem von den Golanhöhen gespeist, die auf syrischem Staatsgebiet liegen. Sie wurden 1967, im Zuge des Sechstagekrieges, von Israel er- obert und 1981 annektiert. Auf fast 200 Ki- Quelle: Renger, J (2002): Wasserressourcen im Nahen Osten - Konfliktstoff lometern Länge bildet der Jordan die natür- oder Katalysator regionaler Kooperation? In: Geographische Rundschau, liche Grenze zwischen Israel und Jordanien. Band 54, Heft 2, Seite 51-55. 8 ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4
JORDANIEN – WASSERARMUT IN EINER INSTABILEN REGION Angesichts der skizzierten Rahmenbedin- wiederkehrender Auseinandersetzungen, vor gungen war es nur eine Frage der Zeit, bis es allem mit Syrien und Jordanien. Der ein- zwischen den Anrainerstaaten des Jordantals gangs angesprochene Versuch der Arabi- zu ersten politischen Differenzen bezüglich schen Liga, die Ableitung von Wasser mittels der Verteilung des Wassers aus dem Jordan des so genannten ‘Headwater Diversion und dem See Genezareth gekommen ist. Plan‘ zu verhindern, sollte durch die Umlei- Neben den zwischen Israel, Jordanien und tung von zwei der drei Zuflüsse des Jordan, Syrien bestehenden Differenzen in Bezug auf des Banyas und des Hasbani, realisiert wer- die Verteilung des Wassers aus dem Jordan, den. Ziel war es, die beiden Flüsse nicht ist es in der Vergangenheit auch immer wie- mehr in den See Genezareth bzw. in den der zu politischen Auseinandersetzungen Jordan, sondern stattdessen in den Jarmouk zwischen Jordanien und Syrien gekommen, münden zu lassen. Das Vorhaben, das von was die Verteilung des Wassers aus dem Syrien versucht wurde, umzusetzen, hatte Jarmouk anbelangt. Im Vordergrund stand zur Folge, dass die israelische Luftwaffe im hier vor allem die Stauung des Jarmouk und April 1967 mehrfach Angriffe auf syrisches seiner Zuflüsse in dessen Oberlauf, die zur Staatsgebiet geflogen hat, um die Baumaß- Folge hat, dass der Fluss immer weniger nahmen zu verhindern. Die Angriffe waren Wasser führt, wenn er jordanisches Staatsge- mit verantwortlich dafür, dass es im Zeit- biet erreicht und dort in den Jordan mündet.5 raum vom 05. - 10. Juni 1967 zum Sechsta- gekrieg zwischen Israel, Ägypten, Syrien Kanalsysteme zur Verbesserung der Wasser- und Jordanien gekommen ist. versorgung in Jordanien und in Israel Fast zeitgleich mit dem ‘National Water Mit der Eröffnung des ‘National Water Carrier‘ stellte Jordanien 1966 den ersten Carrier‘, der aus einem rund 130 Kilometer größeren Abschnitt des ‘East-Ghor-Kanals‘, langen (Haupt-) Kanal und einem weit ver- der 1987 in ‘King-Abdullah-Kanal‘ umbe- zweigten System kleinerer Kanäle und Lei- nannt worden ist, fertig. Er ist bis heute das tungssysteme besteht, hat Israel im Juni größte Kanal- und Bewässerungssystem 1964 das Vorhaben, Wasser des Jordan (und Jordaniens und insofern als das Pendant zu des See Genezareth) in die Negev-Wüste und dem vorgenannten Kanal auf israelischer seine Küstengebiete abzuleiten, in die Tat Seite zu bezeichnen. Sein Wasser kommt umgesetzt. Seit dieser Zeit leitet Israel gro- überwiegend der Landwirtschaft und der ße Teile des Jordanwassers und des Was- Bevölkerung im Jordantal zu Gute. Ein Teil sers, das aus den (syrischen) Golanhöhen in davon wird seit Mitte der 1980er-Jahre zur den See Genezareth fließt, ab, und entzieht Versorgung der Bevölkerung Ammans in die es so der (Mit-) Nutzung durch die Nachbar- jordanische Hauptstadt gepumpt. Der syri- länder. Wurde anfangs rund 80 Prozent des sche Jarmouk und der jordanische Zarqa abgeleiteten Wassers für die Bewässerung sind die beiden Flüsse, die den King- in der Landwirtschaft und rund 20 Prozent Abdullah-Kanal im Wesentlichen mit Wasser für die Trinkwasserversorgung der Bevölke- versorgen. Da der Zarqa neben Frischwasser rung verwendet, hat sich dieses Verhältnis auch industriell belastetes bzw. wieder auf- nicht zuletzt aufgrund des Anstiegs der Be- bereitetes Wasser mit sich führt, verschlech- völkerung, des gestiegenen Lebensstan- tert sich die Qualität des Wassers im unte- dards und verbesserter Bewässerungsme- ren, d.h. südlichen Teil des King-Abdullah- thoden in Israel bis 2010 umgekehrt. Der Kanals, was Einschränkungen bei der Ver- Kanal ist darauf ausgelegt, bis zu 70.000 m3 wendung des Wassers zur Folge hat, sodass Wasser pro Stunde abzuleiten. das Wasser nur noch bedingt als Trinkwas- ser geeignet ist. Durch den Bau von Kläran- Das größte israelische Wasserprojekt ist lagen am Oberlauf des Zarqa versucht man seit seiner Eröffnung Gegenstand immer seit Jahren dessen Wasserqualität zu ver- ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4 9
THOMAS GEBHARD bessern, was bisher aber nur bedingt gelun- Teilen bis heute wenig nachhaltigen Nut- gen ist. Der heute rund 110 Kilometer lange zung dieser knappen Ressource, sind künftig Kanal ist wie der ‘National Water Carrier‘ Konflikte, trotz des weiteren Ausbaus des darauf ausgelegt, bis zu 70.000 m3 Wasser grenzüberschreitenden Wassermanagements, pro Stunde zu führen. nicht ausgeschlossen. Wie nicht anders zu erwarten war, hatte die Die Lösung bestehender so wie die Ver- Entnahme von Wasser aus dem Jarmouk meidung künftiger Konflikte liegt neben Differenzen mit Syrien zur Folge. Dessen einer effizienteren Nutzung der vorhande- Reaktion bestand in der zunehmenden Stau- nen Wasserressourcen auch in einer um- ung des Jarmouk und seiner Zuflüsse im fangreicheren Wiederaufbereitung von so Oberlauf, was wiederum negative Auswir- genanntem Grauwasser.8 Da in den genann- kungen auf die Wasserversorgung Jordani- ten Ländern neben dem Rückgang des Ober- ens zur Folge hatte. flächenwassers so gut wie alle derzeit be- kannten Grundwasserspeicher bereits er- Internationale Vereinbarungen und Lö- schlossen und darüber hinaus auch schon sungsansätze weitgehend abgepumpt sind, führt kein Weg an einer stärkeren Aufbereitung und Wie- In den 1990er Jahren ist es zu einer Rei- derverwendung von Wasser vorbei, wenn he von Abkommen zwischen Israel, Jordani- man der weiter steigenden Nachfrage nach en und den Palästinensern gekommen, die Wasser gerecht werden will. man als Wendepunkt in der Wasserpolitik der beteiligten Länder bezeichnen kann. So Die darüber hinaus in Frage kommende hat sich Israel im Rahmen des 1994 mit Entsalzung von Meerwasser ist mit hohem Jordanien geschlossenen Friedensvertrages Energie- und Finanzaufwand verbunden, was dazu verpflichtet, jährlich bis zu 50 Millio- Jordanien und die palästinensische Autono- nen Kubikmeter Wasser an Jordanien abzu- miebehörde vor Probleme stellt, da beide geben.6 Im Rahmen des 1995 zwischen Isra- ihren Energiebedarf zum weit überwiegen- el und der Palästinensischen Befreiungsor- den Teil (in Jordanien zu 97 Prozent) durch ganisation (PLO) unterzeichneten ‘Interims- Importe decken bzw. aus importiertem Erd- abkommens über das Westjordanland und gas und Erdöl erzeugen müssen, was mit den Gazastreifen‘, dem Oslo-II-Abkommen, teils beträchtlichen Kosten verbunden ist. erweiterte Israel das Wasserkontingent der Zwei große jordanische Firmen, die Pott- Palästinenser auf jährlich rund 30 Millionen asche bzw. Bromide abbauen, haben 2014, Kubikmeter. Vor dem Hintergrund, dass Is- trotz der aktuell angespannten politischen rael bis zu 40 Prozent seines Wasserbedarfs Lage zwischen Israel und Jordanien, lang- aus Quellen deckt, die außerhalb seines fristige, d.h. 15-jährige Verträge mit israeli- international anerkannten Staatsgebietes schen Firmen abgeschlossen, die die Liefe- liegen, sind diese Zusagen weit weniger rung von Erdgas aus den neu erschlossenen großzügig, als es auf den ersten Blick den Gasfeldern ‘Leviathan‘ und ‘Tamar‘, beide Anschein hat. Der See Genezareth sowie die vor der israelischen Küste gelegen, zum Flüsse Jordan und Jarmouk dienen seither Inhalt haben. Dies hat in der jordanischen sowohl Israel als auch Jordanien und den Bevölkerung zu teils harscher Kritik geführt. Palästinensern als Wasserreservoir.7 Die jordanische Regierung hat ein geplantes Angesichts der bereits genannten Gründe Abkommen, welches den staatlichen Ener- wie der zurückgehenden Menge an Wasser, gieerzeuger ‘National Electric Power Com- die den Menschen in der Region zur Verfü- pany - NEPCO‘ mit günstigem israelischen gung steht, des weiter zunehmenden Be- Erdgas versorgen soll, auf Druck des Parla- darfs an Wasser, der sich nicht zuletzt aus ments zurückgestellt. Eine auf Meerwasser- dem noch immer relativ hohen Bevölke- entsalzung basierende Gewinnung von Süß- rungswachstum ergibt, aber auch der in wasser ist ohne die finanzielle Unterstüt- 10 ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4
JORDANIEN – WASSERARMUT IN EINER INSTABILEN REGION zung der internationalen Staatengemein- rund 700 Millionen Kubikmeter Wasser pro schaft nicht zu realisieren. Jahr veranschlagen.12 Die Realisierung des Projektes, das die kleinere und damit kos- Letzteres gilt auch für die geplante Pipe- tengünstigere Variante des seit vielen Jah- line vom Roten zum Toten Meer, für deren ren diskutierten Kanals vom Roten zum To- Bau Israel, Jordanien und die palästinensi- ten Meer ist, hat fast 20 Jahre dauernde sche Autonomiebehörde am 09. Dezember Verhandlungen notwendig gemacht. Ange- 2013 ein Abkommen unterzeichnet haben sichts der bestehenden Konflikte ist schon und für deren Realisierung neben der Welt- die Unterzeichnung des Abkommens als bank noch weitere Geldgeber gesucht wer- Erfolg zu werten. Darüber hinaus kann die- den. Das in seiner ersten Ausbaustufe mit ses Projekt nur als ein Beitrag zur Lösung bis zu 400 Millionen US-Dollar veranschlag- der bestehenden Wasserprobleme in den te Vorhaben sieht vor, jährlich 200 Millio- betreffenden Ländern bezeichnet werden. nen Kubikmeter Wasser vom Roten ins Tote Zur Deckung des prognostizierten künftigen Meer zu pumpen. Davon sollen 80 Millionen Wasserbedarfs benötigt es weitaus mehr Kubikmeter in einer neu zu errichtenden und größerer Projekte. Die derzeitigen Rah- Entsalzungsanlage im Süden Jordaniens zu menbedingungen in der Region Israel, Jor- Trinkwasser aufbereitet werden. 30 Millio- danien, Libanon und Syrien, sind dafür al- nen Kubikmeter des so gewonnenen Trink- lerdings denkbar ungünstig. Zu vielfältig wassers sollen die Palästinenser erhalten, sind die Konflikte zwischen den vorgenann- die verbleibenden 50 Millionen Kubikmeter ten Ländern. soll Israel, zur Versorgung seiner Bevölke- rung in den südlichen Landesteilen, zu ei- Die Wasserproblematik in Jordanien nem noch nicht genannten Preis von Jorda- nien abkaufen. Im Gegenzug verkauft Israel Die Welternährungsorganisation (Food an Jordanien die gleiche Menge an Wasser and Agriculture Organization of the United aus dem See Genezareth, zur Versorgung Nations - FAO) bezeichnet ein Land als was- dessen Bevölkerung in den nördlichen Lan- serarm und von Wassermangel betroffen, desteilen (zum Preis von derzeit umgerech- wenn dessen Bevölkerung weniger als 1.000 net rund 0,33 Euro pro Kubikmeter). Darü- m3 Frischwasser pro Kopf und Jahr zur Ver- ber hinaus würden die Palästinenser, wenn fügung steht. das Vorhaben denn in die Tat umgesetzt wird, Zugang zu weiteren 30 Millionen Ku- Jordanien gilt als eines der zehn wasser- bikmetern Wasser aus israelischen Quellen ärmsten Länder der Erde und nach Angaben erhalten.9,10,11 des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen gehört Jordanien zu den vier Län- Ein kompliziertes Vertragswerk, das dern weltweit, die über die geringsten Was- reichlich Potential für künftige Auseinan- serreserven verfügen. Wenn man den jüngs- dersetzungen bietet. Man verspricht sich ten Veröffentlichungen Glauben schenken von dem Projekt, zwei Fliegen mit einer kann, hat sich die Lage Jordaniens in den Klappe zu schlagen: in den drei Ländern zurückliegenden drei Jahren weiter ver- dringend benötigtes Trinkwasser zu gewin- schlechtert. Diese bezeichnen Jordanien nen – und das Austrocknen des Toten Mee- inzwischen als das Land, das weltweit be- res, dessen Wasserspiegel jedes Jahr um trachtet über die zweitgeringsten Wasserre- einen Meter sinkt, zu verhindern. Letzteres serven verfügt. wird mit dem Vorhaben allerdings nicht zu verhindern sein, wenn man den Berechnun- gen internationaler Wissenschaftler Glauben schenken darf, die zur Vermeidung des Aus- trocknens des Toten Meeres den Zufluss von ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4 11
THOMAS GEBHARD Geologisch-klimatisch bedingte Wasserar- wasservorkommen sowie Niederschläge mut in Jordanien stützen, wobei die derzeit bekannten und erschlossenen Grundwasservorkommen be- Die pro Kopf und Jahr zur Verfügung ste- reits weitgehend abgepumpt sind und die hende Wassermenge soll in Jordanien in- Niederschläge aufgrund des Klimawandels zwischen 88 Prozent unter der Marke von immer mehr zurückgehen. Ungeachtet des- 1.000 m³ liegen, von der ab die FAO ein sen wird die Nachfrage nach Wasser auch in Land als wasserarm klassifiziert. Mit ande- der Zukunft weiter zunehmen. ren Worten, jedem Jordanier stehen im In der fast menschenleeren (Wüsten-) Schnitt pro Jahr nur noch lediglich 120 m 3 Steppe des Landes, in der Region um Azraq Wasser zur Verfügung. Nach Angaben des im Nordosten und am Rande des Wadi Rum, jordanischen Wasserministeriums stehen d.h. im Südosten des Landes, im Grenzge- dem Land pro Jahr zwischen 800 und 900 biet zu Saudi-Arabien, nahe der Stadt Al Millionen Kubikmeter Wasser zur Verfü- Mudawwarah, liegen zwei der größten gung, eine Menge, die gemäß den Vorgaben Grundwasserspeicher des Landes. Im Fall der FAO gerade einmal für die Versorgung von Azraq sind die Grundwasservorräte be- von drei Millionen Menschen als ausrei- reits weitgehend ausgebeutet (das intensive chend erachtet wird. Die Einwohnerzahl Abpumpen des dortigen Grundwassers, in Jordaniens nähert sich nach Angaben des großen Teilen zur Versorgung des Groß- jordanischen Innenministeriums jedoch raums Amman, hat zu einem Absinken des immer mehr der Marke von zehn Millionen, Grundwasserspiegels um bis zu 20 Meter was neben dem vergleichsweise hohen Be- und darüber hinaus zum weitgehenden Aus- völkerungswachstum auch der großen Zahl trocknen der ‘Azraq Wetlands‘ geführt). Im von Flüchtlingen geschuldet ist. 13 Fall des Disi-Grundwasserspeichers im Wa- di-Rum, hat man Mitte des Jahres 2013 mit Die Menge an Wasser, die jedem Jordani- der Wasserentnahme begonnen. Der jorda- er pro Jahr zur Verfügung steht, wurde vor nische König Abdullah II. hat am 17. Juli Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien noch 2013 das lange geplante und nach vierjähri- mit 135 m3 angegeben.14 Nach neuesten ger Bauzeit fertiggestellte Disi-Wasser- Angaben ist dieser Wert im Zeitraum von projekt eingeweiht. Die Erschließung dieses 2012 - 2014 auf 120 m3 pro Kopf und Jahr Grundwasserspeichers hat Jordanien die gesunken15, nachdem er 1946, bei der Möglichkeit eröffnet, auf die Dauer von vo- Gründung des Königreichs Jordanien, noch raussichtlich 50 Jahren rund 100 Millionen bei 360 m3 pro Kopf und Jahr gelegen haben Kubikmeter Wasser pro Jahr zu fördern. soll. Prognosen für das Jahr 2025 halten ein Wermutstropfen der Erschließung dieses weiteres Absinken der pro Kopf und Jahr zur vermutlich letzten großen Grundwasserre- Verfügung stehenden Wassermenge auf bis servoirs auf jordanischem Territorium ist, zu 90 m3 für möglich.16,17 dass es sich bei dem geförderten Wasser um so genanntes fossiles Wasser handelt. Was- Mit dem Jordan und dem Zarqa wurden ser, das mehr als 30.000 Jahre alt ist und die beiden größten Flüsse Jordaniens bereits sich nicht erneuern wird. benannt. Der Jordan führt heute, gegenüber Eine seit Jahren anhaltende Übernutzung den 1960er Jahren, nur noch rund zehn Pro- der vorhandenen Grundwasservorkommen in zent der Wassermenge, die damals noch mit Verbindung mit einem immer geringer wer- rund 1,3 Milliarden Kubikmeter pro Jahr denden Prozentsatz der Erneuerung dersel- angegeben worden ist.18 ben, lässt die Situation zunehmend prekär Da Jordanien somit über keine nennens- werden. Insbesondere da sich die Trinkwas- werten Oberflächengewässer wie Flüsse und serversorgung zu einem großen Teil auf die Seen verfügt, muss sich das Land bei der Ausbeutung bestehender Grundwasservor- Wasserversorgung auf bestehende Grund- kommen stützt. 12 ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4
JORDANIEN – WASSERARMUT IN EINER INSTABILEN REGION Was die unzureichende Erneuerung der Das Wasser der zehn größten Staudämme Grundwasservorkommen, aber auch die des Landes, die ein Fassungsvermögen von zurückgehenden Wassermengen der Ober- insgesamt rund 327 Millionen Kubikmeter flächengewässer anbelangt, so sind dafür haben - die Süßwassermenge des Sees Gene- in erster Linie die im langjährigen Durch- zareth ist mit rund vier Milliarden Kubikmeter schnitt zurückgehenden Niederschläge ver- etwa zwölfmal größer - und die durch die be- antwortlich. Niederschläge, die ausschließ- reits angesprochenen unregelmäßigen und lich in den Wintermonaten, über einen Zeit- zurückgehenden Niederschläge in den zurück- raum von maximal 4-5 Monate verteilt, liegenden Jahren häufig nur noch mit rund 50 fallen. Insbesondere zu Beginn der Nieder- Prozent ihres theoretischen Fassungsvermö- schlagsperiode sind die über die Sommer- gens gefüllt waren, wird ebenfalls zu großen monate ausgetrockneten Böden oft nicht in Teilen in der Landwirtschaft verwendet. Das der Lage, das dringend benötigte Wasser Land ist seit einigen Jahren bemüht, die Zahl aufzunehmen. Zwar wird landesweit mit der Staudämme und Rückhaltebecken auf einer steigenden Zahl größerer Staudämme künftig 400 Millionen Kubikmeter zu erhö- und kleinerer Rückhaltebecken versucht, hen.20 Dies darf allerdings nicht darüber hin- möglichst viel des knappen Gutes aufzu- wegtäuschen, dass auch die neu hinzukom- fangen und für die trockene Jahreszeit zu menden Wasserbevorratungsmöglichkeiten bevorraten, doch geht ein nicht unerhebli- nur schwerlich mit der weiter ansteigenden cher Teil der so angelegten Wasservorräte Nachfrage nach Wasser Schritt halten werden durch die in den Sommermonaten sehr ho- können, und dass das so bevorratete Wasser, he Verdunstung auch wieder verloren. So neben der Landwirtschaft nur begrenzt zur stehen im unteren, d.h. südlichen Jordan- Trinkwasserversorgung geeignet ist. tal, das durch ein überwiegend arides Kli- ma gekennzeichnet ist, jährliche Nieder- Karte Jordanien schlagsmengen von 50 - 150 mm einer po- tentiellen Verdunstung von bis zu 2.600 mm pro Jahr gegenüber.19 80 Prozent der Landesfläche Jordaniens erhält weniger als 100 mm bzw. 100 Liter Niederschlag pro Quadratmeter und Jahr, nur rund sechs Prozent mehr als 200 mm (in Deutschland liegt die durchschnittliche Nie- derschlagsmenge im langjährigen Mittel bei rund 750 mm bzw. 750 Liter pro Quadratme- ter und Jahr). Lediglich im Nordwesten des Landes sowie im Jordantal kann auf rund fünf Prozent der Landesfläche Landwirt- schaft betrieben werden, die bis auf die Region um Jerash und Irbid jedoch stark bewässerungsabhängig ist. Etwa 80 Prozent der Bevölkerung Jordaniens lebt aufgrund starker Landflucht in Städten. Mehr als die Hälfte in den drei größten Städten des Lan- des, in Amman, Zarqa und Irbid. Das schnel- le Wachstum dieser Städte bringt neben den Problemen der Wasserversorgung, zuneh- mend auch andere infrastrukturelle Proble- Quelle: Nations Online (2015): Karte Jordanien, URL http://www.nationson me mit sich. line.org/maps/jordan-map.jpg[15.01.2015]. ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4 13
THOMAS GEBHARD Interessenkonflikte bezüglich der knappen Der weltweite Wasserverbrauch der Industrie Ressource Wasser liegt demzufolge bei rund 4,4 Prozent, der des häuslichen Verbrauchs sogar nur bei 3,6 Da der weitaus größte Teil der jordani- Prozent.22 schen Bevölkerung in einem vergleichsweise kleinen Streifen im Nordwesten des Landes In einem so wasserarmen Land wie Jor- und darüber hinaus zu mehr als 50 Prozent danien wäre es dennoch naheliegend zu in den Ballungsräumen Amman, Zarqa und vermuten, dass man den Verbrauch von Irbid lebt, liegt der größte Bedarf an Wasser Wasser in der Landwirtschaft zugunsten in eben diesen Regionen. Dies ist auch der eines höheren Wasserangebots für den häus- Grund dafür, dass seit Mitte der 1980er lichen Bereich reduziert. Die Millenniums- Jahre Teile des (Oberflächen-) Wassers aus Entwicklungsziele sehen dies bis Ende 2015 dem Jordangraben sowie erhebliche Mengen auch vor. Allerdings nur bis auf einen Wert von Wasser aus dem Grundwasservorkom- von 60 Prozent. men in der Region Azraq und dem Disi- Grundwasserspeicher in die vorgenannten Hierzu muss man wissen, dass Jordanien Ballungsräume gepumpt wird. die weitgehende Unabhängigkeit von Nah- rungsmittelimporten ein strategisches An- In den (Wüsten-) Steppen des Landes le- liegen ist, weshalb die Landwirtschaft statt ben hingegen nur vergleichsweise wenige reduziert, sogar eher noch ausgebaut wer- Menschen. Landwirtschaft wird dort, ganz den soll. Mit Blick auf die zunehmenden im Gegensatz zum Jordantal und zum Nord- Spekulationen im Bereich landwirtschaftli- westen des Landes, nur zur Eigenversorgung cher Produkte, die teils enormen Preis- betrieben. schwankungen auf dem Weltmarkt und die in den letzten Jahren zum Teil deutlich ge- Dem zweiten Zwischenbericht zur Errei- stiegenen Preise für eine Reihe von Nah- chung der Millenniums-Entwicklungsziele in rungsmitteln und landwirtschaftlichen Pro- Jordanien zufolge, der aus dem Jahr 2010 dukten in Verbindung mit einer immer stär- datiert, gehen 63 Prozent des pro Jahr zur keren Konzentration der Branche auf nur Verfügung stehenden Wassers in die Land- noch wenige große Konzerne, die in der Fol- wirtschaft (deren Beitrag zum Bruttoin- ge die Preise noch stärker diktieren können, landsprodukt jedoch bei lediglich etwa drei durchaus verständlich. Darüber hinaus bie- Prozent liegt). Weitere rund fünf Prozent tet die Landwirtschaft in Jordanien einem gehen in den industriellen Sektor (der in nicht geringen Bevölkerungsanteil Arbeits- Jordanien nicht sehr stark diversifiziert und plätze, und das gerade dem Teil der Bevöl- auch nur in geringem Maße auf Wertschöp- kerung, der über keine oder nur wenig quali- fung ausgelegt ist, der aber immerhin mit fizierte Abschlüsse verfügt und deshalb in rund 30 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt anderen Bereichen nur sehr schwer Arbeit beiträgt). Die verbleibenden 32 Prozent finden würde. Die Landwirtschaft dient da- stehen der Bevölkerung zum privaten Ver- her auch als Arbeitgeber. Deshalb versucht brauch zur Verfügung.21 man in Jordanien zunächst einen anderen Weg zu gehen. Den Anbau wasserintensiver Im internationalen Vergleich ist der Was- landwirtschaftlicher Produkte zugunsten serverbrauch Jordaniens in den Bereichen weniger wasserintensiver Produkte zu redu- Landwirtschaft, Industrie und häuslicher zieren und darüber hinaus durch den Einsatz Verbrauch nicht außergewöhnlich. Nach modernster Bewässerungsmethoden den Berechnungen niederländischer Wissen- Verbrauch von Wasser zu verringern. Letzte- schaftler der Universität Twente, werden res kann einmal mehr aber nur in dem Maße weltweit rund 92 Prozent aller Wasserres- umgesetzt werden, wie dafür finanzielle sourcen in der Landwirtschaft verbraucht. Mittel zur Verfügung stehen. Ein weiteres 14 ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4
JORDANIEN – WASSERARMUT IN EINER INSTABILEN REGION Ziel ist es, bisher noch in der Landwirtschaft wütende Proteste zur Folge hatte), deren verwendetes Frischwasser immer mehr Reduzierung oder auch das Anheben von durch wiederaufbereitetes Wasser zu erset- Preisen (was die Regierung gegenwärtig zen. Die diesbezüglich lange bestandenen beim Strom versucht, worüber aber schon Vorurteile, gehen kontinuierlich zurück. seit Wochen im Parlament gestritten wird Neben der geringen zur Verfügung ste- und für den Fall einer Umsetzung die Wirt- henden Menge an Wasser ist deren Bewirt- schaft mit steigenden Verbraucherpreisen schaftung als nicht nachhaltig zu bezeich- und der Schließung von Produktionsstandor- nen. Fast täglich wird man Zeuge eines nur ten und Geschäften droht) ist in einem Land als unangemessen zu bezeichnenden Ver- wie Jordanien ein Politikum, wo die Bevöl- brauchs von Wasser, was nicht zuletzt auch kerung, nicht zuletzt wegen großzügiger darauf zurückzuführen ist, dass der jordani- Unterstützung aus dem Ausland, aus der sche Staat Wasser stark subventioniert: Vergangenheit weit höhere Subventionen Ausweißlich der vierteljährlichen Wasser- gewohnt ist. Die Regierung ist sich der Not- rechnungen mit bis zu 60 Prozent. Vielen wendigkeit des Handelns bewusst. In poli- Menschen ist entweder nicht bewusst, oder tisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten, aber es ist ihnen schlichtweg egal, wie in denen auch in Jordanien die Armut zu- knapp und damit auch teuer die Ressource nimmt, könnte ein zu forsches Vorgehen bei Wasser in den zurückliegenden Jahren ge- diesem Vorhaben jedoch schnell die Lunte worden ist. So werden täglich zigtausende an ein Pulverfass legen. Die Besänftigung von Autos gewaschen sowie Gehwege, Hof- der Bevölkerung durch höhere Einkommen einfahrten und Terrassen abgespritzt. Nicht und gestiegene Subventionen hat man zu nur von den kleinen, dafür aber umso wohl- Beginn des Arabischen Frühlings nicht nur habenderen Teil der Bevölkerung. In den in Jordanien erlebt. Vierteln, in denen die wohlhabendere Be- völkerung lebt, werden in den sehr heißen Als wären zurückgehende Nieder- Sommermonaten (Zier-)Gärten bewässert, schlagsmengen, Bevölkerungswachstum, Be- die teilweise beträchtliche Ausmaße haben lastung des Grundwassers durch Verunreini- und parkähnlich angelegt sind. Während die gung und nicht angepasster Wasserver- Wasser- und Energierechnungen in diesen brauch nicht schon Herausforderung genug, Haushalten schnell Größen annehmen, die geben offizielle jordanische Stellen die ak- über dem durchschnittlichen jordanischen tuellen Wasserverluste mit 40 - 45 Prozent Haushaltseinkommen von rund 500,- Euro an. Ein Umstand, der nur schwer zu verste- liegen (bezogen auf eine sechsköpfige Fami- hen ist und den sich das Land vor dem Hin- lie), ist deren Anteil am Haushaltseinkom- tergrund knapper Wasserressourcen eigent- men der Betroffenen äußerst gering. Der lich keinen Tag länger leisten kann. Alleine Kubikmeter Wasser kostet in Jordanien, je für die Hauptstadt Amman liegt der Verlust nach Höhe des Verbrauchs, zwischen 0,35 an Wasser bei 350.000 Kubikmeter pro Tag. und 1,50 Euro. Von der Möglichkeit, den Dies entspricht in etwa 40 Prozent des tägli- Verbrauch über den Preis zu beeinflussen, chen Wasserbedarfs, der bei etwas mehr als könnte weit mehr Gebrauch gemacht wer- einer Million Kubikmeter pro Tag liegt.23 Das den. Bis hin zum Festlegen einer Obergren- heißt nichts anderes, als dass die mit der ze, was die Bezugsmengen von Wasser anbe- Erschließung des Disi-Grundwasserspeichers langt. Zwar nimmt die Subventionierung mit seit Mitte 2013 in die Hauptstadt gepump- der Höhe des Verbrauchs ab, doch sind die ten 100 Millionen Kubikmeter Wasser pro Anreize, Wasser zu sparen bzw. sparsam zu Jahr nicht ausreichen, um den dortigen Ver- verwenden, als noch immer nicht ausrei- lust an Wasser auszugleichen. In anderen chend hoch zu bezeichnen. Die Abschaffung Gouvernements sollen die Verlustraten so- von Subventionen (für Benzin hat das die gar noch höher sein, in der Spitze bis zu 50 Regierung im November 2012 getan, was Prozent.24 Die Wasserverluste sollen in den ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4 15
THOMAS GEBHARD zurückliegenden Jahren nur in geringem Internationale Hilfe Umfang zurückgegangen sein.25 Der Wassersektor ist in Jordanien der Be- Neben einem nur unzureichend ausge- reich, in dem sich internationale Organisati- bauten und nicht im notwendigen Maß in- onen wie Weltbank und EU, aber auch Staa- stand gehaltenen Wasser- und Kanalnetz ten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Ara- stellen vor allem die illegalen Wasserent- bischen Emirate, Kuwait und Katar, die zu- nahmen, die bis zu 70 Prozent der Wasser- sammen mit Oman und Bahrain den Golf- verluste ausmachen, für Jordanien ein gro- Kooperationsrat bilden, sowie die USA, Ja- ßes Problem dar.26,27 In fast regelmäßigen pan und nicht zuletzt auch Deutschland mit Abständen kündigt die jordanische Politik am intensivsten und mit zum Teil erhebli- höhere Strafen an, um den illegalen Wasser- chen Finanzmitteln engagieren. Der Finanz- entnahmen Einhalt zu gebieten. Die bisher bedarf zur Verbesserung der Wassersituati- erzielten Fortschritte, über die seit knapp on in Jordanien wird in den kommenden einem Jahr verstärkt in der Presse berichtet Jahren steigen, selbst für den Fall, dass man wird, lesen sich ohne Zweifel beeindru- das derzeitige Niveau lediglich stabilisieren ckend.28,29 Dennoch hat es den Anschein, möchte. Am 11. Dezember 2014 hat der dass es sich bei den bisher aufgedeckten jordanische Wasserminister, Hazem Nasser, Fällen immer noch nur um die Spitze eines den finanziellen Mehrbedarf für den Wasser- Eisbergs handelt, der insgesamt betrachtet sektor, den er mit der Aufnahme von mehr nur sehr langsam an Volumen verliert. Die als 620.000 syrischen Flüchtlingen begrün- Strafen, die das Gesetz für derartigen Miss- det hat, für die Jahre 2015 und 2016 auf brauch vorsieht, scheinen bisher keine allzu mehr als 500 Millionen Jordanischen Dinar, große abschreckende Wirkung zu entfalten, aktuell rund 600 Millionen Euro, beziffert. was die Frage aufwirft, ob und in welchem Er tat dies in einem Gespräch mit dem par- Maße die vorgesehenen Strafen am Ende lamentarischen Staatssekretär beim Bun- überhaupt verhängt und vor allem auch voll- desminister für wirtschaftliche Zusammen- zogen werden. Um die Wasserprobleme wis- arbeit und Entwicklung (BMZ), Thomas Sil- send, hat die jordanische Regierung 2013 berhorn.30 Der geltend gemachte Mehrbedarf eine neuerliche Initiative gestartet, die da- entspricht in etwa acht Prozent der Einnah- rauf abzielt, vor allem der illegalen Wasser- men des Landes, wie sie im Haushaltsent- entnahme einen stärkeren Riegel vorzu- wurf für 2015 prognostiziert sind.31 Die fi- schieben. Seither wird in der lokalen Presse nanziellen Dimensionen zeigen, vor welchen immer wieder darüber berichtet, dass es den Herausforderungen Jordanien in den kom- Behörden gelungen ist, Wasserdieben auf menden Jahren alleine im Wassersektor die Spur zu kommen. Die hierbei zu Tage steht. Die Instabilität der Region, die aus tretenden Dimensionen sind alles andere als einer Vielzahl von Konflikten zwischen den unerheblich. Erst im Dezember 2014 wurde einzelnen Staaten resultiert, erschwert die in den südlichen Teilen der Hauptstadt Am- regionale Zusammenarbeit, die gerade im man wieder ein illegales Netzwerk entdeckt, Bereich der Wasser- und Energieversorgung das dem regulären staatlichen Wassernetz nicht nur denkbar, sondern geradezu not- durchschnittlich 1.200 m3 pro Tag entnimmt wendig und für alle Beteiligten von Vorteil und auf eigene Rechnung veräußert. wäre. Der Ausbau und die Instandsetzung des || Thomas Gebhard Wasser- und Kanalnetzes, was zeitaufwändig Auslandsmitarbeiter Jordanien und kostenintensiv ist, wird aktuell mit Gel- dern des Golf-Kooperationsrates sowie einer Reihe anderer Länder stark vorangetrieben. 16 ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4
JORDANIEN – WASSERARMUT IN EINER INSTABILEN REGION 16 Vgl. The Guardian (2014). ANMERKUNGEN 17 Die Berechnungen sind stark von der weiteren Bevöl- 1 N.N. (1965): Israels Lebensader: Das Wasser des kerungsentwicklung und der Entwicklung der Flücht- Jordan, in: Die Zeit, 22. Januar 1965, URL http://www. lingszahlen abhängig. zeit.de/1965/04/israels-lebensader-das-wasser-des- 18 Vgl. Svensson, Birgit (2007): Wenn der Jordan nicht jordan/komplettansicht [20.12.2014]. mehr fließt, in: Die Welt, 05.01.2007, URL http://www. 2 Vgl. Helmholtz Zentrum für Umweltforschung – UFZ welt.de/wissenschaft/article706478/Wenn-der-Jordan- (2014): Presseinformation vom 22. Juli 2014, URL nicht-mehr-fliesst.html [20.12.2014]. http://www.ufz.de/index.php?de=33033 [20.12.2014]. 19 Vgl. BMBF (N.N.): Integriertes Wasserressourcen- 3 Vgl. Ebd. Management im Unteren Jordan Tal, Bundesministeri- 4 Vgl. Al-Monitor (2012): Once pristine, now polluted, um für Bildung und Forschung - BMBF, URL http:// there is hope yet for Jordan River, URL http://www.al- www.bmbf.wasserressourcen-management.de/de/109. monitor.com/pulse/culture/2012/10/saving-the-jordan. php [20.12.2014]. html [20.12.2014]. 20 Vgl. Namrouqa, Hana (2014a): Ibn Hammad Dam in 5 Sehr ähnliche Probleme bestehen zwischen einer Reihe Karak to be ready in three years - ministry, in: The von Staaten im Nahen- und Mittleren Osten. So zum Jordan Times, 16.12.2014, URL http://jordantimes. Beispiel zwischen der Türkei einerseits sowie Syrien com/ibn-hammad-dam-in-karak-to-be-ready-in-three- und dem Irak andererseits, was die Wassermengen der years - ministry [20.12.2014]. Flüsse Euphrat und Tigris anbelangt oder zwischen 21 Vgl. Ministry of Planning and International Cooperation, Äthiopien auf der einen Seite sowie Ägypten auf der United Nations in Jordan (2010): Keeping the promise anderen Seite, was die Wassermengen des Nils anbe- and achieving aspirations - second national millennium langt. In den genannten Fällen gefährden entweder be- development goals report, Jordan 2010, URL http://www. reits bestehende Staudämme oder aber geplante Stau- undp.org/content/dam/undp/library/MDG/english/MDG% dammprojekte die Wasserversorgung der Anrainer- 20Country%20Reports/Jordan/2010%20en.pdf staaten, die an den Unterläufen der betreffenden Flüs- [20.12.2014]. se auf deren Wasser dringend angewiesen sind. 22 Vgl. Die Welt (2012): 200 Liter Wasser für einen Latte 6 Vgl. Al-Monitor (2012). Macchiato, in: Die Welt, 13.02.2012, URL http://www. 7 Vgl. Renger, J. (2002): Wasserressourcen im Nahen welt.de/dieweltbewegen/article13866394/200-Liter- Osten - Konfliktstoff oder Katalysator regionaler Ko- Wasser-fuer-einen-Latte-Macchiato.html [20.12.2014]. operation?, in: Geographische Rundschau, Band 54, 23 Vgl. Namrouqa, Hana (2013): 350,000 cubic metres of Heft 2, S. 51-55. water lost daily in Amman due to violations, in: The 8 Grauwasser ist fäkalienfreies, gering verschmutztes Jordan Times, 21.08.2013, URL http://jordantimes. Abwasser, wie es beim Baden, Duschen und Wäsche- com/350000-cubic-metres-of-water-lost-daily-in-amman- waschen entsteht. Es kann vergleichsweise einfach, due-to-violations [20.12.2014]. zum Beispiel durch den Einsatz von Wasserrecycling- 24 Vgl. Dr. Mansur, Yusuf (2014). Systemen, zu so genanntem Brauch- bzw. Betriebswas- 25 Prozentual sollen die Wasserverluste zwar um bis zu ser aufbereitet werden, welches dann, hygienisch sau- 25 Prozent zurückgegangen sein, absolut betrachtet ber, zum Beispiel in der Landwirtschaft verwendet hingegen sind sie aufgrund des höheren Verbrauchs werden kann. weitgehend konstant geblieben bzw. sogar noch ge- 9 Vgl. N.N. (2013): Projekt Jordaniens, Israels und der stiegen. Palästinenser: Pipeline soll Wasser ins Tote Meer 26 Vgl. Namrouqa, Hana (2014b): Water supply to Karak Pumpen, in: Spiegel Online, 10.12.2013, URL resumes after repairs on damaged pipe, in: The Jordan http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/jordanien- Times, 18.06.2014, URL http://jordantimes.com/ water- israel-und-palaestinenser-bauen-wasser-pipeline-a-93 supply-to-karak-resumes-after-repairs-on-damaged-pipe 8125.html [20.12.2014]. [20.12.2014]. 10 Vgl. Vick, Karl (2013): Can an unlikely Middle East 27 Vgl. Namrouqa, Hana (2014c): 70% of water loss in Pact give life to the Dead Sea?, in: Time Online, Jordan blamed on theft, illegal usage - ministry, in: The 9.12.2013, URL http://world.time.com/2013/12/09/ Jordan Times, 27.01.2014, URL http://jordantimes.com/ can-an-unlikely-middle-east-pact-give-life-to-the-dead- 70-of-water-loss-in-jordan-blamed-on-theft-illegal- sea/ [20.12.2014]. usage----ministry [20.12.2014]. 11 Vgl. The Guardian (2014): Jordan hopes controversial 28 Vgl. Namrouqa, Hana (2014d): Farm owner steals Read Sea Dead Sea Project will stem water crisis - thousands of cubic metres from water main, in: The chronic scarcity, overuse, waste and a surge in demand Jordan Times, 30.01.2014, URL http://jordantimes. caused by refugees has paved the way for desalination com/farm-owner-steals-thousands-of-cubic-metres-from- plan, in: The Guardian, 20.03.2014, URL http://www. water-main [20.12.2014]. theguardian.com/global-development/2014/mar/20/ 29 Vgl. Namrouqa, Hana (2014e): Balqa resident caught jordan-water-red-sea-dead-sea-project [20.12.2014]. stealing 400 cubic metres of water per day, in: The 12 Vgl. N.N. (2013). Jordan Times, 19.11.2014, URL http://jordantimes. 13 Vgl. Dr. Mansur, Yusuf (2014): Water Worry, in: com/balqa-resident-caught-stealing-400-cubic-metres- Venture Magazine, URL http://www.venturemagazine. of-water-per-day [20.12.2014]. me/2014/12/water-worry/ [20.12.2014]. 30 Vgl. JT (2014a): JD 500m needed to meet water 14 Vgl. UNDP Jordan (2013): About Jordan, URL http:// demand over next two years, in: The Jordan Times, www.jo.undp.org/content/jordan/en/home/countryinf 13.12.2014, URL http://jordantimes.com/jd500m-nee o/ [20.12.2014]. ded-to-meet-water-demand-over-next-two-years 15 Vgl. al Khouri, Riad (2014): Flooding amid Shortages - [20.12.2014]. Jordan needs better water management, in: Jordan Business, S. 38. ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4 17
THOMAS GEBHARD 31 Vgl. JT (2014b): Cabinet endorses draft 2015 budget with JD 688m deficit, in: The Jordan Times, 01.11.2014, URL http://jordantimes.com/cabinet-endorses-draft 20 15-budget-with-jd688m-deficit [20.12.2014]. 18 ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 1 4
UNSTILLBARER DURST? – WASSERMANGEL ALS HERAUSFORDERUNG FÜR CHINAS ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNG || Katja Drinhausen 远水不解近渴 das Land auf eine Ressourcenkrise hinsteu- Fernes Wasser stillt den Durst nicht ert. Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht daher die Frage, inwiefern Wasserknappheit zum Stolperstein Chinas langfristiger Ent- Nach der Inbetriebnahme des ersten Ka- wicklung werden könnte. nals des Süd-Nord-Wassertransferprojektes (SNWTP) floss am 12. Dezember 2014 erst- Natürliche Voraussetzungen mals Wasser aus dem über 1.000 Kilometer entfernten Danjiakou-Reservoir aus Pekinger Ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt in Hähnen.1 Ein Drittel des Bedarfs der Haupt- China, das Land verfügt aber nur über rund stadt soll in Zukunft auf diesem Weg gedeckt sechs Prozent der globalen Frischwasserre- werden. Das SNWTP ist eines der größten serven. Dieser Umstand wird oft als Beleg und kostspieligsten Wasserinfrastrukturpro- für Wasserarmut herangezogen, gibt aber jekte der Welt und soll nach Fertigstellung nur ein sehr unvollständiges Bild wieder. der geplanten vier Kanäle jährlich 45 Mil- Betrachtet man Chinas Wasserdargebot von liarden Kubikmeter Wasser von Zentral- und rund 2.060 Kubikmetern pro Kopf in 2013, Südwestchina in die industrie- und bevölke- so liegt dies global gesehen erstaunlich na- rungsreichen Regionen im Nordosten des he am deutschen Wert von 2.290 Kubikme- Landes umleiten.2 tern pro Kopf.4 Dieses Großprojekt steht sinnbildlich für Problematisch ist weniger die Gesamt- die gewaltigen Anstrengungen, die die chi- menge, als die Verteilung, sowohl in geogra- nesische Regierung zur Sicherstellung der fischer als auch in temporaler Hinsicht. Der Wasserversorgung unternimmt. „Wasser ist Niederschlag liegt im langjährigen Mittel bei die Quelle allen Lebens, die Grundlage der rund 645 Liter pro Quadratmeter (Deutsch- menschlichen Existenz und unabdingbar für land: 789 Liter/Quadratmeter), doch im die fortgesetzte Entwicklung“, betonte Pre- Süden fällt mehr als drei Mal so viel Regen mierminister Li Keqiang im November 2014 wie im Norden und im Osten wiederum mehr im Rahmen einer Konferenz des Ministeri- als doppelt so viel wie im Westen. Wegen ums für Wasserwirtschaft.3 Doch in der des Monsuns fällt in vielen Regionen ein Presse mehren sich Berichte über gravieren- Großteil des Niederschlags von Juni bis Sep- den Wassermangel in Teilen Chinas und aus tember, wodurch abwechselnd die Gefahr Expertenkreisen verlauten Warnungen, dass von Dürren und Überschwemmungen be- ARGUMENTE UND MATERIALIEN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT 14 19
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