Weiblichkeit - Welt der Frauen

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Weiblichkeit - Welt der Frauen
Thema kompa
                                                                         kt
                                                       Berühren u
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                                                                        Oktober 2022
                                                                        6,90 Euro / 5,30 Euro im Abo
                                            Frau sein?
                                              Frau sein!

                „Nur“ ein Busen: Betrachtungen zur weiblichen Brust

Weiblichkeit   Kleidung: Ausdruck von Identität und Quelle der Freude
               Für jede*n gemacht: Über Gerechtigkeit in der Sprache
                    Papier: Vom „weißen Gold“ zum Einkaufszettel
Weiblichkeit - Welt der Frauen
u sa m m e n g e h ö r e n
                                            F ra uen und G                        e ld – z w e i , di e z

                                            Einladung zur Veranstaltungsreihe
                                            „Frauen und Geld – zwei, die zusammengehören“
                                            Unter dem Motto „Frauen und Geld – zwei, die zusammengehören“ spricht
                                            Sabine Kronberger mit Expertinnen und Impulsgeberinnen über finanzielle Vorsorge,
                                            Selbstbestimmung und Absicherung für Frauen in Oberösterreich.

                                                                                                                                                       a b e i sein!
                                                               Impulsreferat von                                                                      D t sich
                                                               Marietta Babos zum Thema                                                               lohn
                                                               „Geld ist Damensache“

                                            Sie treffen am Podium u. a. Verhandlungsexpertin Ingeborg Rauchberger,
                                            Finanzbildungsexpertin Theresa Graf von „Three Coins“ sowie
                                            Paula Wintereder, Vorsitzende der kfb OÖ, und Initiatorinnen und
                                            Meinungsbildnerinnen aus Politik und Wirtschaft.
                                                                                                                                                Donnerstag,
                                                                                                                                           20. Oktober 2022
                                                                                                                                            18.30 bis 20 Uhr
Fotos: Shutterstock, Grill, Crisp & Juicy

                                                               Die „Poxrucker Sisters“ mit ihrem Song
                                                               „Deafs a bissl mehr sein“ u. v. m. sorgen für
                                                               Spaß und gute Laune. Im Anschluss laden                           Pfarrzentrum, Mozartstraße 1,
                                                               wir zum Netzwerken mit kleinem Buffet in
                                                               angenehmem Ambiente.                                                           4850 Timelkam

                                                   it   t      Begrenzte                          welt-der-frauen.at/frauen-und-geld-veranstaltungsreihe
                                             Eintrei           TeilnehmerInnenzahl!               anmeldung@welt-der-frauen.at
                                               fr              Anmeldung unter:                   +43 732 77 00 01-14
                                                                                                                                                JETZT GLEICH
                                                                                                                                                  ANMELDEN!

                                                        Eine Veranstaltungsreihe des Frauenreferates des Landes OÖ              Mit freundlicher Unterstützung von:
                                                            in Kooperation mit der kfb OÖ und „Welt der Frauen“
Weiblichkeit - Welt der Frauen
Editorial

              Was ist
              Weiblichkeit?
              „Was ist Weiblichkeit?“, fragte ich in der Vorarbeit zu dieser Ausgabe verschiedenste
              Menschen um mich herum. Sie werden nicht überrascht sein, wenn ich Ihnen berichte:
              Je mehr Befragte, desto mehr Antworten. Während Weiblichkeit für überraschend viele
              Menschen äußere Merkmale wie lange Haare, rote Nägel, hohe Schuhe, feine Gesichtszüge,
              eine Brust oder eine hohe Stimmlage bedeutete, definierten andere mütterlich assoziierte
              Eigenschaften wie Fürsorglichkeit, Hingabe, Sicherheitsbedürfnis für sich selbst und die
              Kinder oder Verlässlichkeit als typisch weiblich.
                  Eines vorweg: Wir haben (Gott sei Dank) keine ultimative Definition gefunden. Doch wir
              haben einige Themen, die im Zusammenhang mit Weiblichkeit immer wieder aufgegriffen
              werden, aufs Tapet gebracht. Wir stellen Frauen vor, deren Berufe aus den tradierten
              Rollenbildern fallen, die in ihren Bereichen Vorreiterinnen sind und sich ihre Positionen
              erkämpfen mussten. Wir legen den Finger in die „Gender-Wunde“ und zeigen, dass es                           AM COVER:
              kein bloßes Machtstreben ist, wenn Frauen nicht länger „nur mitgemeint“ sein wollen.                          Viktoria
                                                                                                                         Schnaderbeck
              Wir widmen uns typisch weiblichen Attributen wie etwa der Brust, sprechen über die
                                                                                                                           Coverfoto:
              Herausforderung, junge Mädchen über ihre Menstruation aufzuklären, und kramen typisch                      Alexandra Grill
              weibliche Kleidung aus den letzten Jahrzehnten hervor. Und wie immer: Wir porträtieren                    Lesen Sie unsere
              Frauen, die etwas bewegen – als Entscheidungsträgerinnen, Vordenkerinnen und Menschen,                     Titelgeschichte
              die Besonderes tun, wissen oder sagen können. Diesmal etwa: eine Papiermacherin und eine                     zum Thema
                                                                                                                         „Weiblichkeit“
              Wohnpsychologin.                                                                                             ab Seite 14.
                  Im Thema Kompakt lesen Sie in diesem Monat, was gerne den Frauen zugeschrieben,
              aber von allen Geschlechtern dringend benötigt wird: Zärtlichkeit. Wichtig ist uns aber vor
              allem, eines zu betonen: Wie auch immer Sie Ihre Weiblichkeit oder Ihre Auffassung davon
              leben – es ist gut.                                                                                     Folgen Sie uns gerne
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              Egal, ob männlich, weiblich oder divers: Gerne Mensch unter Menschen sein, darum geht’s!                 Sie, wohin „Welt der
                                                                                                                      Frauen“ Sie begleitet.
                                                                                                                           Wenn Sie uns
                 Ihre                                                                                                  markieren, reposten
                 Sabine Kronberger, Chefredakteurin                                                                       wir Ihr Bild auf
                 sabine.kronberger@welt-der-frauen.at                                                                   unseren Kanälen.
                                                                                                                         facebook.com/
              PS: Weil es erwiesenermaßen typisch weiblich ist, sich ungern mit Geld auseinanderzusetzen, haben wir   WeltderFrauenMagazin
              in diesem Jahr einen Finanzschwerpunkt gesetzt. Links zu Veranstaltungen in Niederösterreich finden       instagram.com/
              Sie auf unserer Website. Nehmen Sie auch gerne an unserer Umfrage zum Thema „Frauen und Geld“ teil.        weltderfrauen
Foto: Grill

                                                                 Welt der Frauen 10 2022 // 3
Weiblichkeit - Welt der Frauen
IMPRESSUM
           Eigentümerin und Verlegerin
           „Welt der Frau“ Verlags GmbH
            4020 Linz, Dametzstraße 1–5
      Geschäftsführung und Verlagsleitung
                Mag.a Christiane Feigl
               Tel. +43 732 77 00 01-22
                Herausgeberinnenrat
      HR Mag.a Ruth Ankerl, Bevollmächtigte
        Katholisches Frauenwerk Österreich
  Mag.a Christiane Feigl, GF Donor Media GmbH
   Ing.in Dipl. Päd.in Barbara Haas, Bakk. theol.,
                 Donor Media GmbH
     Mag.a Angelika Ritter-Grepl, Vorsitzende
    Katholische Frauenbewegung Österreichs
                  Sitz der Redaktion

                                                                     14
            4020 Linz, Dametzstraße 1–5
                Tel. +43 732 77 00 01-11
               info@welt-der-frauen.at
                     Chefredaktion
                  Sabine Kronberger
                   Chef vom Dienst
          Christoph Unterkofler, Bakk. phil.
                        Redaktion
       Sophia Lang, Mag.a Julia Langeneder,
                  Renate Stockinger
                 Redaktionsassistenz
                    Andrea Pramhas
                     Fotoredaktion                                   COVER
                     Alexandra Grill

                                                                    Weiblichkeit: vier
        Onlineredaktion und Social Media
              Mag.a Katharina Kleinrath

                                                                    Frauen, vier Zugänge
                   Bildbearbeitung
                     Lisa Arnberger
                  Layout und Grafik
                       Eva Thurner
 Im Auftrag der „Welt der Frau“ Verlags GmbH
             Art-Direktion und Layout
                   Lisa Haunschmid
                       Textchefin
                  Dr.in Andrea Roedig
                         Lektorat
                 Mag.a Coralie Riedler
                          Druck                                     LIEBEN & LEBEN
       Walstead NP Druck GmbH, St. Pölten
                     Druckauflage
  Lt. Meldung ÖAK 1. HJ 2022, JS 2022: 34.313                       30 Es ist doch nur ein Busen!
     Verbreitete Auflage inkl. Ausland: 34.113                         Aufregend, anregend, Sinnbild für Fruchtbarkeit,
             Redaktionelles Marketing                                  Symbol für die Mutterschaft und Objekt der Begierde.
                      Sabine Brand
          sabine.brand@welt-der-frauen.at                              Eine Betrachtung über die weibliche Brust
                Tel. +43 660 92 79 499
                   Anzeigenkontakt
            anzeigen@welt-der-frauen.at
            Es gilt die Preisliste 2022 auf
            welt-der-frauen.at/anzeigen.
           Abo-Service, Verlagsadresse
            4020 Linz, Dametzstraße 1–5
           aboservice@welt-der-frauen.at
                                                                                                      e d a k t i on
                                                                                                der R
               Tel. +43 732 77 00 01-14
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                                                                                    oP st aus
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                                                                                                         ser
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außereuropäische Ausland. Das Jahresabonnement
                                                                                                                               r:

        umfasst zehn Ausgaben (Minimum).
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                                                                                                 t-d

                                                                                                       er
                                                                                                                         os

       Es gelten die AGB für Abonnements.                                                                   -fr a            /p
 Kündigungsfristen für Abonnements unbefristet                                                                      uen.at
    sowie mit Möglichkeit „Storno jederzeit“:
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        Information zur Offenlegung lt. § 25
         Mediengesetz: welt-der-frauen.at/
               impressum-offenlegung

                                                     Welt der Frauen 10 2022 // 4
Weiblichkeit - Welt der Frauen
34
                                               FOTOESSAY
                                                                                                    56
                                                                                                    THEMA KOMPAKT

                                               Die Azoreanerinnen                                   Berühren und
                                               und das Meer                                         berührt werden

                                               GLAUBEN & WISSEN                                     STAUNEN & GENIESSEN

                                               48 „Viele wohnen an ihren Bedürfnissen vorbei“       70 Elizabeth und der Kleiderkasten
                                                  Wohnpsychologin Barbara Perfahl weiß alles           Kleidung ist mehr als nur eine äußere Hülle.
                                                  über Räume und darüber, wie man gut mit              Sie ist Ausdruck von Identität, eine Quelle der
                                                  anderen zusammenwohnen kann.                         Freude, steckt voller Erinnerungen. Elizabeth
                                                                                                       Baum-Breuer hat sie außerdem als Mittel der
                                               52 Für jede*n gemacht                                   Biografieforschung entdeckt.
                                                  Das Gendern erregt zuverlässig die Gemüter.
                                                  Doch warum ärgern wir uns über Neuerungen         76 Vom „weißen Gold“ zum Einkaufszettel
                                                  der Sprache so sehr?                                 Einst war es kostbarer als Gold, dann wurde es
                                                                                                       zur Massenware. Papier gewinnt derzeit wieder
                                                                                                       an Wert. Besonders schätzen es jene, die noch
                                                                                                       ganz handfest damit zu tun haben.
Fotos: Alexandra Grill, Eduardo Leal, pexels

                                               Immer für Sie da
                                               06 LeserInnenpost                                    42   Magazin „Glauben & Wissen“
                                               07 Mein Leben. Eine Kurzfassung                      42   Roedig fragt: Rock oder Hose?
                                               10 Magazin „Lieben & Leben“                          45   Auf einen Augenblick: Rosarot
                                               13 Alltag mit Sommersprossen:                        64   Magazin „Staunen & Genießen“
                                                  Zauberwort fürs kühle Nass                        64   Lesestoff: Gesellschaft neu denken
                                               27 So gesehen: Für eine neue Weiblichkeit            67   Unser Rätsel im Oktober
                                               28 Julias Familienrat: Hilfe, ich blute!             82   Glücksmomente: Freunde wie ihr

                                                                                                5
Weiblichkeit - Welt der Frauen
LeserInnenpost
   leserbriefe@welt-der-frauen.at     WeltderFrauenMagazin       weltderfrauen
                                                                                                                           Wir
                                                                                                                       freuen
                                                                                                                      Nachric
                                                                                                                               u
                                                                                                                         auf Ihrens
                                                                                                                              hten!

                                                So passend!                                    Vorfreude auf den Kalender
                                                Mein Mann (88) und ich (81),                   Vielen lieben Dank, der Kalender
                                                wir lieben den Kalender! Die                   2022 macht mir und meinen Freun-
                                                Sprüche und Gedanken sind so                   dinnen jeden Tag sehr viel Freude,
                                                passend für viele Situationen.                 wir sind schon in Vorfreude auf die
                                                Meine Enkelkinder und Kinder                   nächste Ausgabe!
                                                haben den jeweiligen Spruch zum                  Yvonne Weber-Jansen, per E-Mail
                                                Geburtstag zugeschickt bekom-
                                                men. Für das kommende Jahr                     Gelungene September-Ausgabe
                                                habe ich gleich drei bestellt, da-             Liebe Frau Kronberger! Die aktuelle
                                                rüber werden sich zwei weitere                 „Welt der Frauen“ ist wieder beson-
                                                Familien freuen. Ich freue mich                ders gut gelungen – auch Ihr Beitrag
                                                immer auf die neue, meist sehr                 über die Veränderung der Sprache
                                                gelungene Ausgabe.                             hat mich sehr angesprochen.
                                                      Rosemarie Knor, per E-Mail                       Judith P. Fischer, per E-Mail

                                                                            /
                                                                  frauen.at
Reden Sie                                        w e l t - d e r-
                                                           umfrage/ ld
                                                                     dge
                                                     frauenun
mit uns
über Geld
UND NEHMEN SIE JETZT TEIL AN UNSERER
BEFRAGUNG ZU FINANZIELLER SELBSTBESTIMMUNG
UND UNABHÄNGIGKEIT VON FRAUEN!

                                                                                                                                hmen
Wir möchten Sie gerne besser kennenlernen. Wissen, was Sie bewegt, Ihre
(finanzielle) Biografie verstehen und auch, welche Art von Information Ihnen
                                                                                                                        i l n e
noch fehlt, um die Reise zur finanziellen Unabhängigkeit mit mehr Leichtigkeit                                        Te und
                                                                                                                                     !*
                                                                                 Wir freuen uns über jede
                                                                                                                                nnen
gehen zu können. Dazu haben wir uns eine Umfrage einfallen lassen, die uns
besser verstehen lässt, welche Rahmenbedingungen und Angebote fehlen.            Teilnehmerin, egal, ob Sie in
                                                                                 Oberösterreich oder in einem          g e w  i
Eine Umfrage, die selbstverständlich anonym ist und uns gemeinsam einen
Schritt näher ans Ziel bringt, nämlich: die finanzielle Selbstbestimmung aller   anderen Bundesland wohnen!
Frauen zu stärken und damit letztlich die Gleichstellung von Männern und
Frauen voranzutreiben.
                                                                                     welt-der-frauen.at/umfrage/frauenundgeld
Die Umfrage wird von „Welt der Frauen“ im Zuge der Veranstaltungsreihe
                                                                                 * Unter allen Teilnehmerinnen, die
„Frauen und Geld – zwei, die zusammengehören“, die in Kooperation mit
                                                                                 die Umfrage bis 31. Oktober 2022
der Katholischen Frauenbewegung Oberösterreich und dem Land OÖ                   vollständig ausfüllen, verlosen
am 23. September in Andorf startet, durchgeführt. Wertvolle Grundlage            wir 100 „Laune gut, alles gut“-
und Anregung dafür kommen dabei aus der Umfrage des Projektes                    Gewürzblüten-Bio-Packungen
„GeldHeldinnen“, die das Land NÖ bereits erfolgreich abschließen konnte.         von Sonnentor.
Weiblichkeit - Welt der Frauen
AUS DER
                                                        REDAKTION

                                                     Gehaltsschere schließen
                                                     Um die Entlohnungsdifferenz
                                                     zwischen Frauen und Männern             MEIN
                                                     geht es in der neuen Sendung
                                                     von „Welt der Frauen“-TV auf LT1.
                                                                                             LEBEN                  „Welt der Frauen“-Leserin
                                                     Expertinnen aus Psychologie,                                   Christina Wiatschka (42) erzählt.
                                                     Wirtschaft und Finanzwesen
                                                     diskutierten mit Chefredakteurin                               TEXT: Julia Langeneder
                                                     Sabine Kronberger. Mit ihrem
                                                     thematisch passenden Song

                                                                                         D
                                                     „Deafs a bissl mehr sein“ waren
                                                     auch die Poxrucker Sisters im
                                                                                                urch Zufall bin ich zum Fernsehen und        „Welt der Frauen“
                                                                                                ins Salzkammergut gekommen – ich             lese ich …
                                                     Studio zu Gast.
                                                                                                                                             seit Kurzem.
                                                     welt-der-frauen.at/genderpaygap     bin ursprünglich Wienerin. Begonnen habe
                                                                                         ich beim TV-Sender der OÖN, aber rund um            Das mache
                                                                                         meinen 30er habe ich mich gefragt: „War das         ich gerne:
                                                                                         alles?“, studierte an der Donau-Uni Krems           Mit unserem
                                                                                                                                             Boot auf dem
                                                                                         Qualitätsjournalismus und kam dann zu
                                                                                                                                             Traunsee fahren,
                                                                                         salzi.at und salzi.tv. Dort habe ich auch           mit unserem Sohn
                                                                                         meinen späteren Mann Bernhard Wiatschka             Zeit verbringen,
                                                                                         kennengelernt und wir kauften den Privat-           Kurzurlaube in
                                                                                         sender schließlich. Sowohl beruflich als            Brünn oder in der
                                                                                                                                             Südsteiermark.
                                                                                         auch privat sind die Aufgaben klar verteilt.
                                                                                         Mein Mann ist Geschäftsführer und für die           Das habe ich
                                                     Landesrätin zu Gast                 Technik zuständig, ich bin als Redaktions-          noch vor:
                                                                                         leiterin für die Berichterstattung und das          Das Sendegebiet
                                                     Die oberösterreichische                                                                 von salzi.tv
                                                     Landeshauptmann-Stellvertreterin    Team verantwortlich. Zu Hause gibt es auch          ausbauen und
Fotos: privat, Grill, Afra Hämmerle-Loidl / f-stop

                                                     und Frauenlandesrätin Christine     eine Arbeitsteilung: Ich koche und mache die        an Reichweite
                                                     Haberlander stattete unserer        Wäsche, Bernhard räumt die Küche auf und            gewinnen. Privat:
                                                     Redaktion einen Besuch ab.                                                              ein Haus bauen.
                                                     Neben einem Austausch über          ist für Reparaturen zuständig. Am Vormittag
                                                     Magazininhalte konnten bei          sind wir beide im Büro, der Nachmittag gehört
                                                     dem Termin auch viele aktuelle      unserem Sohn Emil (4). Am Abend wechseln
                                                     Frauenthemen besprochen             wir uns mit der Betreuung ab – wenn ich einen
                                                     werden. So ging es im Gespräch
                                                     etwa um Gewalt, Frauenhäuser,
                                                                                         Dreh habe, oder Bernhard arbeiten muss. Der
                                                     Gesundheitspolitik oder             Job macht mir viel Spaß und ich bin stolz auf
                                                     Elementarpädagogik.                 unser starkes Team – wir sind Familie und
                                                                                         Freunde zugleich, sonst würde es nicht gehen.

                                                                                         Welt der Frauen 10 2022 // 7
Weiblichkeit - Welt der Frauen
IM
                                     F OKU S

Als weibliches Vorbild unsterblich
                                               Fotos: Shutterstock, AFP / picturedesk.com, John Macdougall / dpa / picturedesk.com
Weiblichkeit - Welt der Frauen
Fotos: Chris Jackson / AFP, Jane Barlow / AFP, Yousuf Karsh / Camera Press, AFP, Kurt Rohwedder / dpa, Tim Ireland / AP / alle via picturedesk.com

                                                                                                                                                          Mutter, Großmutter, Urgroßmutter, Monarchin, Repräsentantin, Britin, Gläubige, Hundeliebhaberin, Hutsammlerin: Sie
                                                                                                                                                      regierte, als John F. Kennedy ermordet wurde, als der erste Mensch auf dem Mond landete, sie regierte bei der Angelobung
                                                                                                                                                         Margaret Thatchers ebenso wie während des Brexits. Sie war der Inbegriff royaler Haltung sowie weltweites Symbol für
                                                                                                                                                         Stabilität und Zusammenhalt. Wenngleich man wusste, dass sie nicht ewig leben kann, ist kaum zu glauben, dass Queen
                                                                                                                                                     Elisabeth II. nicht mehr ist. Ein weibliches Vorbild hat die Weltbühne verlassen, aber in der Erinnerung lebt die Queen auf ewig.

                                                                                                                                                                                                          Welt der Frauen 10 2022 // 9
Weiblichkeit - Welt der Frauen
LIEBEN &
       LEBEN
                                                                                    Frauen, die uns
                                                                                    alle Ehre machen

                                                                                    Emine Sevgi              Carina Lehmal (24)
                                                                                    Özdamar (76) wurde       erhielt den ersten
                                                                                    mit dem Georg-Büch-      „Frauen-Förderpreis
                                                                                    ner-Preis, einer der     für Digitalisierung
Der Verein Neunerhaus ist Anlaufstelle für obdachlose        Soziale                wichtigsten Aus-         und Innovation“. Sie
                                                                     s              zeichnungen für          ging der Frage nach,
und armutsbetroffene Menschen.                               Projek
                                                                    t               deutschsprachige         wie mittels neuer
                                                                                    Literatur, geehrt. Mit   Verfahren regenera-
Obdachlosen Menschen                                                                ihrem Werk eröffnet
                                                                                    sie einen Dialog zwi-
                                                                                                             tive Energiequellen
                                                                                                             in das bestehende
Perspektive geben

                                                                                                                                      Fotos: shutterstock, Heike Steinweg / laif / picturedesk.com, beigestellt, OTS, Robert Frankl
                                                                                    schen verschiedenen      Stromnetz integriert
                                                                                    Kulturen.                werden können.

Das Neunerhaus ist eine Wiener Sozialorganisation, die seit dem
Jahr 1999 obdach- und wohnungslose sowie armutsbetroffene
Menschen in Bezug auf Wohnen, Gesundheit und Beratungs-
suche unterstützt. In drei Neunerhäusern und in eigenen Woh-
nungen finden 570 Menschen jährlich ein neues Zuhause. Auch
deren Haustiere werden aufgenommen. SozialarbeiterInnen,
Fachkräfte für Psychosoziale Gesundheit und Peers (Gleich-
gesinnte) unterstützen bei Wohnproblemen, in Umbruchphasen                          Isabell Koßmann (61),    Huda Takriti (32) darf
oder psychosozialen Krisensituationen, bei der Neuorientierung                      Pflegedirektorin im      sich über ein Vordem-
in einem neuen Land, bei sozialrechtlichen Fragen und Behör-                        Barmherzige Schwes-      berge-Gildewart-
                                                                                    tern Krankenhaus         Stipendium freuen,
denwegen. Ziel ist es, dass die BewohnerInnen möglichst selbst-                     Wien, erhielt gemein-    eine der bestdotier-
ständig leben können. Die Organisation bietet zusätzlich an, Be-                    sam mit ihrem Team       ten Nachwuchsförde-
troffene zu Peers auszubilden, die wiederum Betroffenen helfen.                     für „Ehrenamtliche       rungen in Europa. In
Seit heuer nimmt sich die Organisation auch um ukrainische                          Demenzbegleitung         ihrer preisgekrönten
                                                                                    im Akutspital“ einen     Arbeit hat sich die
Flüchtlinge und deren Haustiere an.                                                 Förderpreis durch die    Medienkünstlerin mit
                                                                                    Josef und Luise Kraft-   einer Flugzeugent-
Informationen: neunerhaus.at                                                        Stiftung.                führung beschäftigt.

                                                    Welt der Frauen 10 2022 // 10
LIEBEN & LEBEN

                                          „Welt der Frauen“ fragt

„Frauen haben eine
 große Kompetenz
 für Wandel“
Sabine Pelzmann ist Unternehmens-
beraterin, Lehrsupervisorin und Autorin.
In einem Leadership-Lehrgang möchte
sie Unternehmerinnen bestärken,
ihren eigenen Führungsstil zu finden.

Frau Pelzmann, im nächsten Jahr bieten Sie in                     sein, so wie sie es häufig bei Führungspersonen erlebt ha-
Kooperation mit dem Bildungshaus Schloss                          ben, und sich auch nicht zu sehr in den Mittelpunkt drän-
Puchberg einen Lehrgang für Frauen an, die sich                   gen. Hier gilt es, eine natürliche Form der Autorität zu
in einer Führungsposition befinden oder eine an-                  finden, die ihnen und ihrer Wertehaltung entspricht, in
streben. Sie möchten Unternehmerinnen bestärken,                  der sie aber dennoch Einfluss nehmen und ihren Macht-
selbstbewusst, authentisch und entlang der                        raum konstruktiv nutzen können. Im Lehrgang möchte
eigenen Werte zu führen. Warum ist das wichtig?                   ich mit Frauen reflektieren, welcher Führungsstil zu
Wir leben und arbeiten in einer komplexen und schwie-             ihnen passt. Was treibt sie an, welche Werte und Ziele
rigen Zeit, die viele Herausforderungen mit sich bringt           haben sie, welchen Sinn soll ihre Führung haben? Wenn
und auch Unternehmen vor manche Probleme stellt. Es               Frauen ihre innere Einstellung geklärt haben und diese
gibt gesellschaftliche Veränderungen, Krisen wie den              auch nach außen tragen, führen sie souverän und klar.
Ukrainekrieg und die Pandemie, es gibt einen digitalen
Wandel und einen Fachkräftemangel zu bewältigen, und              Wie prägt die eigene Sozialisation die Vorstellung
vielen Unternehmen fällt es schwer, MitarbeiterInnen zu           von Frauen über Macht, Führung und Autorität?
finden. Unternehmen müssen sich strategisch neu auf-              Es gibt starke Prägungen aus der Herkunftsfamilie, die
stellen, die Steuerung in Unternehmen muss agiler sein            sich auf unsere berufliche Identität auswirken, aber
als noch vor zehn Jahren. Wir brauchen Führungskräfte,            auch die ersten Erfahrungen, die wir mit Arbeit gemacht
die flexibel und souverän führen und unterschiedliche             haben, also in unserer Ausbildung, sind entscheidend.
Rollen einnehmen, den MitarbeiterInnen Zuversicht ver-            Wurde ich als junge Frau bestärkt, mutig meine Schritte
mitteln und sie so sicher durch unsichere Zeiten führen           zu gehen und meine Ideen zu verwirklichen, und wie habe
können. Ich denke, dass Frauen hier einen Vorteil haben,          ich gelernt, mit Hindernissen umzugehen? Da spielen
weil sie empathisch sind, sich gut einfühlen können, und          die eigene Familie und die erste Arbeitsumgebung meist
weil ihre Lebenssituation sich stärker ändert als jene der        eine große Rolle. Manchmal gibt es aber auch Zäsuren
Männer. Daher bringen sie eine Transformationskompe-              im Leben einer Frau, die sie dazu veranlassen, das zu tun,
tenz mit, die es ihnen leicht macht, sich an verändernde          was sie schon immer machen wollte. Wir können uns als
Herausforderungen anzupassen.                                     Frau immer wieder neu erfinden, es ist nie zu spät, etwas
                                                                  anzufangen. Das ist unsere Wandelkompetenz.
Fällt es Frauen schwer, die Führung zu übernehmen?
Viele Frauen sagen, dass sie nicht so führen möchten,
                                                                                   Das Interview in voller Länge sowie Termine:
wie sie es von anderen Menschen in Spitzenpositionen                                     welt-der-frauen.at/lehrgangleadership
kennen. Sie wollen nicht machtbesessen und narzisstisch                          Anmeldung zum Lehrgang: schlosspuchberg.at

                                                             11
MentorInnen
                                                                                              für die Jugend

                                                   N
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                                  EN & EINS

   „Nur“ ein Lächeln
        Müsste man in einer von
  Gleichgültigkeit geprägten Welt nicht
       mal nach Gefühlen fragen?
                   TEXT: Christoph Unterkofler

E       s war ein regnerischer Mittwochabend, den ich
        berufsbedingt in der Stadt verbrachte. Ich saß allein
im Lokal, was an sich schon ein merkwürdiges Gefühl ist,
weil Essen zu jenen Tätigkeiten gehört, die der Mensch
lieber in Gemeinschaft zelebriert. Und vielleicht war es diese
melancholische Mischung aus Regen und Einsamkeit, die                                       „Ich möchte
mich nachdenklicher als üblich stimmte.
    Am Nebentisch saß eine Frau mittleren Alters. Als sich zu-
                                                                                           Jugendlichen
fällig unsere Blicke streiften, erschrak ich, denn ich glaubte,                          neue Perspektiven
in ihren Augen eine endlose Traurigkeit zu erkennen. Nicht
die Art von Traurigkeit, die sich einstellt, wenn der Urlaub                               und Chancen
verregnet ist oder man einen schlechten Tag hatte. Vielmehr                                 aufzeigen.“
schienen sie Gedanken zu quälen, die tiefer gingen. Auch die
beiden Kinder, die mit ihr am Tisch saßen, vermochten das                                           Johanna Zwittnig,
                                                                                                Standortleiterin Klagenfurt
offenbar nicht zu ändern. Durch ihren Partner, der ihr gegen-
übersaß, blickte sie regelrecht hindurch. War er es, der ihr
diese trübsinnigen Gedanken bescherte? Oder waren ihre                                 Nicht erst seit der Coronakrise ist es
Gedanken ganz woanders? Ich konnte nicht umhin, darüber                                für Jugendliche schwierig, einen Job zu
                                                                                       finden. Johanna Zwittnig und Sabrina
nachzusinnen, was der Frau zugestoßen sein mochte.                                     Reibnegger möchten mit ihrem Verein
    Ich überlegte, ob sie sich in diesem Moment wohl wünsch-                           „Sindbad Klagenfurt“ und einem Men-
te, nach ihren Gefühlen gefragt zu werden. In einer besseren                           toringprogramm dagegen vorgehen.
Welt – so dachte ich weiter – wäre es vielleicht sogar meine                           Jugendliche werden hier durch frei-
                                                                                       willige MentorInnen, Studierende oder
Pflicht, sie besorgt zu fragen, ob sie Hilfe oder Trost braucht.                       junge Berufstätige bei der Auswahl und
Oder wäre sie in einer besseren Welt vielleicht gar nicht trau-                        Suche einer weiteren Ausbildung unter-
rig gewesen? Mein innerer pseudophilosophischer Monolog                                stützt. Das Angebot und die zwischen-
fand sein Ende, als ich das Lokal verließ. Die Frau hatte da                           menschlichen Kontakte sollen verhindern,
                                                                                       dass Jugendliche in die Arbeitslosigkeit
plötzlich ein Lächeln im Gesicht, für einen kurzen Moment                              rutschen. Österreichweit werden aktuell
strahlten ihre dunklen Augen. Und ich war erleichtert.                                 ehrenamtliche MentorInnen im Alter
                                                                                                                                  Fotos: Grill, Sindbad

                                                                                       zwischen 20 und 35 Jahren gesucht.
In der Kolumne „Ansichten & Einsichten“ lassen „Welt der Frauen“-
RedakteurInnen Sie alternierend an ihren Gedanken teilhaben.                           Infos: sindbad.co.at

                                                       Welt der Frauen 10 2022 // 12
LIEBEN & LEBEN

                                      Alltag mit Sommersprossen

   Zauberwort fürs kühle Nass
                  Warum es ganz gut ist, Griechisch zu lernen, um
                      bis zum Kinn ins Wasser zu kommen

W            arum eigentlich Sommersprossen?“, wurde             Problem: heimkommen und sagen müssen, dass ich
             ich kürzlich gefragt, als es um meine die ganzen Ferien nicht im Wasser war? Wie peinlich ist
Kolumne ging. Ich erklärte: Sommersprossen stehen das denn!? Da zeigte mir die Lern-App ein neues Wort:
seit Pippi Langstrumpf für Querdenkerei. Sie wecken nostimo. „Köstlich.“ Es kam genau im rechten Moment.
Sympathie – und sie zeigen sich nur, wenn man die Nase Mit ihm auf den Lippen ging ich entschlossen zum Pool.
ins Sonnenlicht steckt. Das passt zu der Art, wie ich Ich sagte es laut vor mich hin, als ich mich an den Becken-
auf den Alltag schaue: Meine Sommersprossen sind rand setzte. Und ich wiederholte es, während ich ins
Punkte, die blinzeln. Aha-Augenblicke.                                     Wasser glitt. Köstlich! Mein Körper glaubte
Helle Sekunden, die ich mir länger merke                                   mir. Zum ersten Mal in meinem Leben
als ihre Geschwister.                                                      wurde er nicht panisch, empfand das Kühl
    Im Korb meiner Sprossen liegen auch                                    nicht als Frechheit, sondern, oh, als Genuss.
ein paar Wörter. Geflügelte Wörter? Wörter,                                Bis zum Abend – und am nächsten Tag,
die winken. „Da bin ich schon wieder“,                                     schnell vor der Abfahrt – probierte ich es
lachen sie, wann immer sie passen, und                                     immer wieder. Es klappte verlässlich.
dann erinnern sie mich an die ersten Male,    Barbara Pachl-Eberhart
                                                                              Und es klappt bis heute. Im Frei- und
als wir uns trafen.                           ist stolz darauf, seit fünf  im Hallenbad, wann immer ich – oder mein
    Eines dieser Wörter ist griechisch. Ich   Jahren endlich als echte     Kind mit mir – schwimmen will. „Ich muss
                                                Wasserratte durch-
wüsste inzwischen gar nicht mehr, was           zugehen. Ihr Slogan        mich schnell nostimoen, dann bin ich bereit“,
ich ohne es täte. Begegnet sind wir ein-     „Worte bewegen Welten“        sage ich. „Eins, zwei, drei, nostimooo!“,
ander vor ein paar Jahren im Urlaub auf      hat sich in ihrem eigenen     rufen wir beide, wenn ich zügig ins Wasser
                                                Leben schon vielfach
Mykonos. Badeurlaub? Na ja. 21 Grad in                 bewährt.            gehe. So was von Magie.
Wellen und Pool waren mir damals (und                                         Was wäre, wenn ich mein Zauberwort
schon immer) zu kalt. Ich lag lieber im             ILLUSTRATION:          nicht hätte, daran will ich gar nicht denken.
Schatten, um mit „Nemo“ Vokabeln zu ler-              Nina Kaun            Jammernde Mami, nur bis zur Wade im
nen. Nach fünf Tagen war ich so weit, dass                                 Wasser … Nostimo hat uns, was das angeht,
ich mit dem Kellner plaudern konnte. Am Tag sechs … für immer die Laune gerettet. Was wohl passiert, wenn
auch noch nicht geschwommen.                                 ich jetzt auch noch Spanisch lerne? //

                                                          13
Weiblich

   14
WEIBLICHKEIT

                                      Vier Frauen und vier
                                  ungewöhnliche Zugänge
                                zum Frausein. Eines haben
                                   sie gemeinsam: Sie sind
                                        Vorkämpferinnen!
                                  FOTOS: Alexandra Grill, Petra Rautenstrauch

Welt der Frauen 10 2022 // 15
WEIBLICHKEIT

Unbeschreiblich
 weiblich                                                           Wer in einem Frauenkörper lebt, wird
                                                              bewertet, so viel steht fest. Aber was prägt
                                                            unsere Vorstellung vom Frausein, was hat sich
                                                                   in den letzten Jahrzehnten verändert?
                                                                Überlegungen zur Weiblichkeit von heute
                                                                                                      TEXT: Sophia Lang

W                ie lange haben Frauen um ihre Rechte ge-
                 kämpft! In den 1960er-Jahren gelang es
                ihnen, sich in einer männerdominierten
Welt Gehör zu verschaffen. „Wir sind die Frauenbe-
freiungsfront!“, riefen rebellische Frauen von New York
                                                              feministische Kampagnen dem Slogan: Wir wollen glei-
                                                              che Rechte. Frauen haben heute wesentlich mehr Rechte
                                                              und Möglichkeiten als früher, sie können studieren,
                                                              technische Berufe ausüben, Karriere machen, anstatt
                                                              Kinder zu bekommen, und sich unabhängig machen von
bis Berlin. Sie standen für sich und ihre Bedürfnisse         Männern. Allerdings verdienen Frauen auch heute noch
ein, forderten Quotenregelung, Gleichstellungsgesetze         weniger als Männer und werden in vielen Bereichen
sowie geförderte frauenspezifische Bildungs-, Arbeits-        noch immer nicht als gleichwertig angesehen.
und Gesundheitsangebote. „Wir wollen Rechte, keine                Was ist Weiblichkeit? Im Grunde besteht sie aus ge-
Rosen“ stand auf den Banderolen, die die Frauen bei           sellschaftlichen Bildern und Erwartungen, die wir ver-
ihren Demonstrationen in die Luft hielten. Ihren Kampf        innerlicht haben und die uns durch Medien, Erziehung,
fochten sie auch im kleinen Rahmen innerhalb der Fa-          etablierte Rollen und Vorbilder vermittelt werden. Die
milien aus. Mit Härte, Willenskraft, Schlagfertigkeit         Weiblichkeitsanforderungen haben sich in den letzten
und einem scharfen Verstand. So etablierten sie Quali-        Jahrzehnten verändert, sie scheinen ein kompliziertes
täten, die sonst Männern zugeschrieben wurden, für die        und widersprüchliches Gemisch aus alten und neuen
Frauenwelt. Bei einigen der Vorkämpferinnen traten            Vorstellungen zu sein. Frauen sollen auch heute noch
traditionell als weiblich bezeichnete Eigenschaften wie       schön, aber auch intelligent und selbstbewusst sein. Sie
Einfühlungsvermögen, Weichheit, Fürsorglichkeit und           sollen Karriere machen, aber noch genug Zeit haben,
Harmoniebereitschaft in den Hintergrund, sie orientier-       um sich um ihre Familie zu kümmern. Sinnliche, ausge-
ten sich an „männlichen“ Fähigkeiten, wurden durchset-        glichene und entspannte Lebenspartnerinnen sollen sie
zungsfähiger, härter, stärker und robuster. Weiblichkeit      sein, stark, aber nicht zu mächtig, liebevoll, aber nicht
schien dadurch zunächst einmal maskuliner zu werden.          zu anhänglich, leidenschaftlich, aber nicht zu leicht zu
Wurde sie aber auch freier?                                   haben. Am Ende schafft es keine Frau, allen Ansprüchen
                                                              gerecht zu werden, und es bleibt das Gefühl, versagt zu
Weiblichkeit: ein Widerspruch                                 haben und selbst daran schuld zu sein.
Auch heute fordern Frauen am Mutter- oder Weltfrauen-             Frauen, die sich durchsetzen, werden nicht selten als
tag mehr Gleichberechtigung und auch heute folgen             „Emanzen“ beschimpft. Wie können sich Frauen weib-

                                              Welt der Frauen 10 2022 // 16
lich fühlen und gleichzeitig emanzipiert – oder umge-           frech, sexy und wild vor der Kamera und werben für
kehrt, wie können sie selbstbestimmt und selbstbewusst          Beautyprodukte, geben Diät-, Ernährungs- und Schön-
ihren Weg gehen, ohne als „unweiblich“ zu gelten? Eine          heitstipps, trainieren ihre Körper exzessiv, lassen sich
weitere Eigenschaft scheint auch heute noch „typisch            ihre Körperbehaarung um viel Geld dauerhaft entfernen
weiblich“: Frauen wollen gefallen, um jeden Preis, sie          und schaffen immer skurrilere Schönheitsideale, die
sehnen sich nach Liebe und Anerkennung, selbst wenn             nicht zu erreichen sind. Ihre Videos und Fotos kom-
sie ihre Authentizität dafür opfern. Denn immer noch ist        mentieren sie mit Sprüchen wie „Sei du selbst“ oder
das Lebensziel für die meisten Frauen, einen Partner zu         „Geh deinen eigenen Weg“. Social Media bremst Gleich-
finden und eine Familie zu gründen.                             berechtigung aus. Die Kinderrechtsorganisation Plan
                                                                International hat 1.000 Frauen und Männer zwischen
Dein Aussehen bestimmt deinen Wert                              14 und 32 Jahren in Deutschland zu ihrem Nutzungs-
Frauen müssen heute keine Kinder bekommen, wenn sie             verhalten bei Instagram, YouTube und Facebook sowie
keine wollen. Sie müssen sich aber ganz sicher irgend-          zu ihren Ansichten bezüglich Rollenbildern und Gleich-
wann mit der Erwartung der Gesellschaft auseinander-            berechtigung befragt. Demnach gelten Frauen als schön,
setzen, dass Weiblichkeit bedeute, einen Kinderwunsch           wenn sie schlank und hübsch sind – Männer, wenn sie
zu haben. Obwohl Mädchen und junge Frauen heute                 sportlich und muskulös sind. 94 Prozent der Frauen und
darin bestärkt werden, auf ihre eigenen Fähigkeiten und         87 Prozent der Männer gaben an, dass sie ihre Bilder mit
Gefühle zu vertrauen, werden sie systematisch dazu              Filtern optimieren, um diesem Schönheitsideal zu ent-
erzogen, ihren Wert vom Aussehen und ihren Bezie-               sprechen. Ein Drittel der Social-Media-affinen Mädchen
hungen abhängig zu machen.                                                               und Frauen und mehr als die
Frauen auf Ü35-Partys werden                                                             Hälfte der Buben und Männer
als „Restebuffet“ bezeichnet,                                                            in dieser Befragung finden es
während Brad Pitt mit 58 Jah-      „Emanzipiert und                                      sogar in Ordnung, dass Frauen
ren als einer der begehrtesten                                                           weniger verdienen als Männer.
Junggesellen der Welt gilt.        trotzdem weiblich?                                       Ja, Frauen haben heute ganz
   Frauen werden auf ihr                                                                 andere und viel mehr Möglich-
Äußeres reduziert. Das beginnt     Für viele Menschen                                    keiten, „Weiblichkeit“ und ihr
früh, bereits für Kleinkinder                                                            Frausein zu leben. Aber es gibt
werden – über die Kleidung         ein Widerspruch.“                                     auch diese Anforderungen. Sie
etwa – Geschlechterklischees                                                             wirken und prägen uns, ob wir
zementiert. In den Mädchen-                                                              wollen oder nicht.
abteilungen hängen glitzernde, pastellfarbene Tops mit
Aufschriften wie „Mini-Zicke“, „Süße Prinzessin“, „Klei-        Ein neues Verständnis
ner Star“ und „Braver Engel“, in den Bubenabteilungen           Frauen sollten so leben können, wie sie es möchten,
hängen hippe und coole Shirts mit Astronauten- und              ohne alles erfüllen und schaffen zu müssen. Es gibt viele
Dinosaurieraufdrucken. Wilder Abenteurer versus süßes           Männer, die Eigenschaften und Interessen leben, die als
Liebchen. Ab Kleidergröße 134 geht es in den Mädchen-           „typisch weiblich“ gelten. Genauso gibt es Frauen, die
abteilungen richtig heiß her: Dort findet man Hotpants,         angeblich „männliche“ Eigenschaften in ihr Frausein
bauchfreie Tops, kurze Miniröcke, aufreizende Bikinis           integrieren. Ich kann Hausfrau und Mutter sein und
und Superskinny-Jeans. Weltweit kämpfen Frauen                  trotzdem emanzipiert. Ich kann einen technischen Beruf
gegen Sexismus, gleichzeitig werden bereits kleine              ausüben und mich trotzdem weiblich fühlen. Ich kann
Mädchen in aufreizende Kleidung gesteckt.                       mit Weiblichkeit nichts am Hut haben und trotzdem eine
                                                                Frau sein. Und mir kann Weiblichkeit wichtig sein, auch
Außen Emanze, innen Prinzessin                                  wenn ich keine Frau bin.
Auch auf Social Media gibt es diese Diskrepanz. Einer-              Wir müssen ein neues Verständnis von Frausein
seits machen sich viele junge Menschen in sozialen Netz-        aufbauen, das weibliche Diversität wirklich zulässt.
werken für Diversität stark, setzen sich gegen Diskrimi-        Vielleicht heißt es dann an einem Muttertag oder
nierung von Körpern und Aussehen ein. Andererseits              Weltfrauentag in Zukunft: „Ich kann die Frau sein, die
posieren tausendfach leicht bekleidete schöne Frauen            ich sein möchte. Danke für die Blumen.“

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WEIBLICHKEIT

                                                 V
                                                               iktoria Schnaderbeck erfüllt optisch jeden
                                                               Anspruch, der gerne als weiblich vorgege-
                                                              ben wird. Ihr Lachen ist freundlich und an-
                                                             steckend, ihr Aussehen sportlich-feminin,
                                                 offen und unvoreingenommen geht sie auf Menschen zu.
                                                 Die Bodenständigkeit des Elternhauses trägt sie in sich.
                                                 Als Schulfreunde im Volksschulalter mit ihr kicken,
                                                 erkennen sie, dass Viktoria „für ein Mädchen“ gar nicht
                                                 schlecht ist, und nehmen sie ins Training des TSV
                                                 Kirchberg/Raab mit. Weil die gesamte Familie fußball-
                                                 affin ist, versucht auch sie sich an der Materie. „Ich habe
                                                 schon immer gerne hart gearbeitet und dann den Lohn
                                                 dafür kassiert. Und ich musste immer härter arbeiten
                                                 als die anderen. Kein Spiel, in dem man nicht mit dem
                                                 Finger auf mich gezeigt hat.“

                                                 Leistungszentren nur für Burschen
                                                 Die 31-jährige Steirerin erzählt ganz offen, wie es war, das
                                                 Mädchen in der Bubentruppe zu sein. Der soziale Faktor
                                                 im Teamsport, die selbstverständliche Akzeptanz der

    „Wäre ich                                    Kollegen, der Zusammenhalt der Mannschaft waren ihr
                                                 Antrieb. Lange machte es innerhalb der Gruppe keinen

    ein Mann,
                                                 Unterschied, ob man ein Mädchen oder Bursch war. Von
                                                 außen wurde dieser Unterschied allerdings sehr wohl
                                                 bemerkt. Gegnerische Mannschaften und Fußballeltern

hätte ich jetzt                                  hatten stets eine Meinung über Viktoria Schnaderbeck.
                                                 Für sie selbst spürbar wurde das Anderssein erst, als

 Millionen auf
                                                 sie elf Jahre alt wurde und erfuhr, dass es für die besten
                                                 Burschen weiterführende Ausbildungen in einem Leis-
                                                 tungszentrum (LZ) oder Leistungsausbildungszentrum

 dem Konto!“                                     (LAZ) gab, für sie jedoch nicht. „Trotzdem hat es immer
                                                 wieder gewisse Leute gegeben, die mein Talent erkannten
                                                 und mich förderten.“ Unter anderem Karl Purkathofer,
   Ex-Nationalteam-Kapitänin                     damaliger Ausbildungsleiter des LZ und LAZ Weiz. „Er
    Viktoria Schnaderbeck (31)                   hat mich angesprochen und ermutigt, die Aufnahme-
                                                 prüfung zu machen. Das war etwas ganz Besonderes!“
  über den Faktor Weiblichkeit
                                                 Purkathofer ist heute bei Red Bull im Talentescouting.
         im Fußball-Profisport                   Viktoria Schnaderbeck hat ihren Weg ebenfalls gemacht.
             TEXT: Sabine Kronberger             Aus Eigeninitiative meldete sie sich bei der Fußballaka-
               FOTOS: Alexandra Grill            demie GAK, sie selbst war es auch, die den FC Bayern
                                                 München anschrieb und um ein Probetraining bat. 2007
                                                 hat sie der Erfolgsverein schließlich verpflichtet, elf
                                                 Jahre war er ihre sportliche Heimat. Ebenfalls 2007 lief

                                 Welt der Frauen 10 2022 // 18
„Wir Frauen
                                                                   mussten immer
                                                                   zugunsten der
                                                                   Männer auf die
                                                                   Trainingsräume
                                                                   verzichten!“

                                                                   noch immer ungleiche Ausbildungsmöglichkeiten, Ver-
                                                                   eine, die keine Mädchen aufnehmen, und Eltern, die mei-
                                                                   nen, Fußball sei kein Mädchensport. Umgelegt auf den
                                                                   Profisport bedeute das: Die Männer dürfen auf dem Pro-
                                                                   fiplatz spielen, die Frauenmannschaft auf dem Kunst-
                                                                   rasen. Die Männer nützen den Kraftraum, die Frauen
                                                                   müssen inzwischen Stabilisation in der Kabine üben.
                                                                       „Das war auch bei Bayern München so“, erzählt
                                                                   Schnaderbeck. „Wir Frauen mussten immer zugunsten
                                                                   der Männer auf die Trainingsräume verzichten, sie be-
                                                                   kamen die besseren Zeiten, wir bekamen das, was übrig
                                                                   blieb! Du musst als Frau für alles kämpfen, was den Män-
                                                                   nern im Fußball selbstverständlich zur Verfügung steht.“

                                                                   Der Wille, ein Vorbild zu sein
                                                                   Für das Ende ihrer Karriere als aktive Fußballspielerin
                                                                   hatte Viktoria Schnaderbeck vorgesorgt. Sie hat matu-
Viktoria Schnaderbeck erstmals für die österreichische             riert, parallel zum Leistungssport den Bachelor in Sport-
A-Nationalmannschaft auf, 2013 wurde sie zur Kapitä-               management und den Master in Wirtschaftspsychologie
nin. 2018 wechselte sie zum FC Arsenal, zuletzt war sie            absolviert und weiß heute: „Ich habe verstanden, dass
einige Monate lang beim WFC Tottenham Hotspur. Vie-                ich ein Vorbild sein kann. Nicht nur für junge Fußballe-
le Verletzungen brachten Rückschläge in ihrer aktiven              rinnen, sondern auch für alle Frauen.“ Sie war das erste
Fußballkarriere, die sie heuer im August beendete.                 Mädchen im LAZ Weiz, sie hat mehrere Verletzungen
                                                                   und acht Operationen überwunden, sich immer wieder
Geld war nie ihr Antrieb                                           zurückgekämpft und trotz der Verletzungen eine Profi-
Ob auf ihrem Weg ihre Weiblichkeit, die Tatsache, Frau             karriere gemacht. Sie zeigt Selbstbewusstsein und hat
zu sein, ein Hindernis für Viktoria Schnaderbeck waren?            sich ein weiteres berufliches Standbein als Vortragende
„Ich habe mich nie geschämt, eine Frau zu sein, aber               aufgebaut. Nicht zuletzt hat sie nach ihrem Outing auch
die Weiblichkeit hat es mir schwer gemacht, voranzu-               für die Homosexualität weitere Lanzen gebrochen. Mit
kommen. In dieser Männerdomäne war ich besonders                   ihrer Partnerin Anna Markhus steht nach der Verlobung
stolz über Erreichtes“, sagt sie. Und weiter: „Wäre ich ein        auch eine Hochzeit ins Haus.
Mann, hätte ich wohl jetzt Millionen auf dem Konto!“                   Was Weiblichkeit heute für sie bedeutet? „Für etwas
Wobei Geld nicht der Antrieb für ihr Tun war: „Die un-             zu kämpfen und mich zu behaupten, auf Zweifler und
gleiche Bezahlung sehe ich nicht als das größte Problem,           Bremser nicht zu hören und die persönliche Liebe so zu
sondern die Ungleichheit in der Behandlung.“ So gebe es            leben, wie ich es für richtig halte!“

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WEIBLICHKEIT

       „Ich darf Sinn
    darin finden, das
     zu tun, was mir
      Freude macht“
              Astrid Friedl (49) ist Künstlerin,
        Betriebswirtin und Krankenpflegerin.
         Wie sich ihr Zugang zu Weiblichkeit
        durch eine Brustoperation veränderte
         und wie das Malen ihr geholfen hat,
                            sich neu zu finden
                                   TEXT: Julia Langeneder
                               FOTOS: Petra Rautenstrauch

E
          igentlich wollte sie das Kleid entsorgen. „Auf-     sich eine U-Bahn-Station. Die alten Möbel ihrer Mutter
          grund meiner Narbe kann ich es nicht mehr           hat sie weiß angestrichen und mit ihren Lieblingsstücken
          mit trägerlosem BH anziehen“, sagt Astrid           kombiniert. In einem lichtdurchfluteten Zimmer hat sie
          Friedl. Dann kam ihr eine andere Idee. Sie          ihr Atelier eingerichtet.
entschloss sich, mit Pinsel, Ölfarben und medizini-               Astrid Friedl wuchs als Einzelkind auf, ihren Halb-
schen Materialien das Sommerkleid zu einem Objekt             bruder lernte sie erst kennen, als sie 15 Jahre alt war. Die
(„Traces“) umzugestalten und ihre bisherigen Lebens-          Scheidung ihrer Eltern – da war sie zehn – empfand sie als
und Leidenserfahrungen einfließen zu lassen. Auf der          tiefen Einschnitt. „Es hat Jahre gedauert, bis ich gelernt
Rückseite des Kleides hat sie ihre persönlichen „Wüsten-      habe, dass ich nicht schuld an der Trennung war.“ Ihren
jahre“ dargestellt – inspiriert vom Alten Testament und       Kindheitswunsch nach einer heilen Welt verarbeitete
dem Buch Mose –, die Vorderseite zeigt in sattem Grün         die Künstlerin in ihren Werken – so etwa in dem Objekt
und mit blühenden Rosen das fruchtbare Land, das sich         „Alles“. Sie bemalte dafür eine von etwa 50 Schürzen, die
eröffnete, als sie schon glaubte, alles sei zu Ende.          vorwiegend aus dem Fundus ihrer Mutter stammen. Ihre
   „Frau Friedl, Sie haben ja eine Menge hinter sich!“        Eltern sind darauf zu sehen, in der Mitte das Baby. Wenn
Diese Worte einer Ärztin während des Reha-Aufenthalts         man die Schürze bindet, reichen Mutter und Vater ein-
brachten Astrid Friedls Tränen zum Fließen. „Ich war          ander die Hände.
immer ein gut funktionierender, leistungsorientierter
Mensch und auf einmal habe ich gemerkt: So geht es            Heikle Themen auf bunten Schürzen
nicht mehr weiter.“                                           Astrid Friedl setzt sich in ihren Werken nicht nur mit
   Eine Gemeindebauwohnung im dritten Wiener                  ihrer Lebensgeschichte auseinander, sondern auch mit
Gemeindebezirk. Vor fünf Jahren zog Astrid Friedl nach        Geschlechterthemen und Rollenklischees. Auf einer
dem Tod ihrer Mutter wieder an den Ort ihrer Kindheit.        Schürze mit dem Titel „Sweet dreams“ stellt sie sich
Auf dem Vorplatz, wo sie als Kind gespielt hat, befindet      selbst gemeinsam mit Mutter und Großmutter dar.

                                              Welt der Frauen 10 2022 // 20
„Der Körper ist nur
             eine Hülle. Ich weiß
               jetzt, wer ich bin.“
Bindet man die Schürze, treten die Frauen in den Hinter-
grund und die Männer – Vater und Großvater – stechen
hervor. „Ich habe heute mehr Möglichkeiten als meine
Vorfahrinnen, aber in vielen Dingen gibt es Gemein-
samkeiten, angefangen bei den Lohnunterschieden zwi-
schen Männern und Frauen bis zum gesellschaftlichen
Umgang: Warum werden wir Frauen nicht auf Augen-
höhe gesehen? Warum werden Frauen immer noch nicht
gleichwertig behandelt?“, ärgert sich Astrid Friedl.

Was macht mich als Frau aus?
Schon im Gymnasium fiel die talentierte Schülerin auf.
Ihre Kunstlehrerin wollte sie fördern, doch da Astrid
Friedl mitbekam, wie ihre alleinerziehende Mutter mit
der angespannten finanziellen Situation zu kämpfen
hatte, traf sie eine Vernunftentscheidung: Sie studierte
Handelswissenschaften und arbeitete sich bis zur Pro-
jektmanagerin hinauf. Irgendwann fasste sie den Mut,
gab ihre Mappe an der Akademie für Bildende Künste
ab und wurde prompt genommen. Astrid Friedl kündigte          auch zu sich selbst führte, dass es nun darum ging, sich
ihren gut bezahlten Job und finanzierte ihr Studium in        neu zu definieren. Es kamen Fragen wie: Was macht mich
Wien und Hamburg mit Gelegenheitsjobs. Dann er-               als Frau aus? Geht es nur darum, einen symmetrischen
krankte ihre Mutter an Krebs und zugleich an Demenz.          Körper zu haben? Was macht mich als Mensch aus? Was
Die Kunststudentin kehrte in ihre Heimatstadt zurück,         macht mich schön und liebenswert für andere?
um ihre Mutter zu pflegen, und absolvierte daneben eine           Astrid Friedl fällt es heute immer noch schwer, sich
Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin.             nackt im Spiegel zu betrachten, die Narbe zu berühren.
    Kurz vor dem Tod ihrer Mutter wurde bei Astrid            Sie hat Schmerzen, wenn sie schwere Gegenstände hebt,
Friedl ein Brusttumor festgestellt. Es folgten mehrere        sie ist nicht mehr so belastbar wie früher und rascher er-
Operationen, dabei wurde unter anderem die rechte             schöpft. Dennoch fühlt sie sich heute fraulicher als vor
Brust entfernt. Nach Abschluss der Ausbildung musste          der Erkrankung: „Ich habe immer geglaubt, mein Sinn
sie ein drittes Mal operiert werden, diesmal wurden auch      liege darin, für andere da zu sein. Jetzt weiß ich, dass ich
Teile der Rippen und des Brustbeins entfernt. In der          auch darin Sinn finden darf, das zu tun, was mir Freude
Mitte ihres Lebens war Astrid Friedl auf einmal selbst        macht. Und mit meinen Arbeiten kann ich wiederum an-
auf Unterstützung angewiesen. Duschen, Socken anzie-          deren eine Freude machen.“ Das Malen hat Astrid Friedl
hen, kochen: Sie brauchte für alles Hilfe. Dankbar ist sie    geholfen, diesen Prozess in Gang zu setzen: „Ich weiß
für die große Unterstützung, die sie durch ihre Kirchen-      jetzt, wer ich bin und dass ich wertvoll bin. Der Körper ist
gemeinde erfuhr.                                              nur eine Hülle, die anfällig ist für Krankheiten, Schmerz
    Mit der Reha begann der Weg zurück in die Selbst-         empfindet und älter wird. Aber da gibt es noch etwas, das
ständigkeit. Das Malen half, die Einschränkungen und          mich definiert: mich als Astrid.“
die ständige Müdigkeit zu ertragen. Auch innerlich
veränderte sich während des Reha-Aufenthalts etwas.                       Ausstellung „Wir leben doch!“, bis Ende November 2022,
Astrid Friedl wurde bewusst, dass die Erkrankung sie              Curhaus St. Stephan, Stephansplatz 3, 1010 Wien; astridfriedl.com

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                                                D
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                                                              Er beschreibt die 21-jährige Sarah Fischer aus
                                                              Rohrendorf bei Krems. Gewöhnlich stemmt
                                                              sie täglich zwölf Tonnen, heute macht sie für
                                                  unser Gespräch eine Ausnahme und lässt eine Trainings-
                                                  einheit sausen. Wir nehmen in ihrem Trainingsraum in
                                                  der Sporthalle Krems auf Holzsesseln Platz, hinter uns
                                                  trainiert Bruder David, neben uns dirigiert Vater Ewald
                                                  als Trainer das Geschehen.
                                                      Mit einer Größe von 1,68 Metern bewegt sich Sarah
                                                  Fischer im Durchschnitt der österreichischen Frauen,
                                                  ihre 90 Kilo sieht man ihr nicht an – viel zu sehr im-
                                                  ponieren die kraftvolle Haltung, der muskulöse Körper

 „Urteile über
                                                  und die trotzdem so zart wirkende, zurückhaltende Frau
                                                  darin. Drei Werte im Gewichtheben bemessen ihre Kraft
                                                  ganz deutlich: Beim sogenannten Reißen schafft sie 104,

meinen Körper                                     beim Stoßen satte 134, im Zweikampf, der beide Werte
                                                  addiert, kommt sie auf 238 Kilogramm. „Als Dreijährige

    waren mir
                                                  habe ich bereits das Nudelholz gehoben, als wäre es ein
                                                  Gewicht. Der Vater und der Großvater waren Vorbilder,
                                                  das Ziel, Gewichtheberin zu werden, formte mein Bruder.

  immer egal“                                     Ich wollte irgendwann stärker werden als er“, erzählt
                                                  Fischer fast schüchtern. Mit zwölf Jahren hat sie – als
                                                  Jüngste – zum ersten Mal an einer Europameisterschaft
       Sarah Fischer (21) ist die                 teilgenommen. Trotz schlechter Platzierung fiel damals
   erste Österreicherin, die bei                  der Entschluss, den professionellen Weg zu gehen. Die
                                                  Reaktionen in der Schule waren von Unverständnis ge-
       Olympischen Spielen als
                                                  prägt und stempelten ihr Tun als Bubensport ab. „Aber“,
      Gewichtheberin startete.                    sagt Fischer, „Urteile über meinen Körper oder meinen
              TEXT: Sabine Kronberger             Sport waren mir immer schon egal!“
                FOTOS: Alexandra Grill
                                                  Papa ist der Trainer
                                                  Bis heute ist Vater Ewald Trainer und Motor im Sport-
                                                  getriebe seiner Kinder. Sein Stolz auf Sarah ist unüber-
                                                  hörbar: „Ich habe es nicht so weit geschafft wie sie!“ Ob
                                                  sie seinen Traum verwirklicht? „Definitiv, aber zu diesem

                                  Welt der Frauen 10 2022 // 22
Leistungssport kann man niemanden zwingen. Es ist
mein freier Entschluss“, sagt Sarah Fischer, die 2015 in
                                                                                      „Meine langen
der U15 dreifache Europameisterin wurde. Sie sagt ent-
schlossen: „Ab diesem Zeitpunkt waren die Olympischen
                                                                                    Haare und Nägel
Spiele unser Ziel.“ Mit „uns“ meint sie dabei das Trio, das                         und mein Kinder-
sie gemeinsam mit Vater Ewald und Bruder David bildet.
    Nach Abschluss der Handelsschule folgte der Weg                                wunsch definieren
zum Bundesheer als Heeressportlerin. Wo sonst wäre es
möglich gewesen, von Berufs wegen Gewichtheberin zu                                   mich als Frau.“
sein? Als Wind in den Segeln wirkt ihre gesamte Familie.
„Die Oma sagt immer: ‚Tu dir nur nicht weh!‘ Aber sie
steht genauso hinter mir wie alle anderen auch.“                   zu reisen. Dass dort der Platz unter den Top Ten mög-
                                                                   lich war, schreibt sie ihrem festen christlichen Glauben,
Olympia als großer Traum                                           einigen Ritualen vor dem Wettkampf und einer über
2021 schien der Traum, als erste Österreicherin im Ge-             zehn Jahre langen Vorbereitung zu. Sie will weiter-
wichtheben bei den Olympischen Spielen teilzunehmen,               kämpfen, demnächst bei der U23-Europameisterschaft
besonders nah. Doch die Covidmaßnahmen für die                     in Albanien Topergebnisse liefern, danach bei Olympia
Einreise nach Tokio sowie Sarah Fischers eigene Covid-             2024. Dass ihre Sportart und ihre Kraft nicht der Norm
erkrankung kurz vor dem Start lagen als mächtige Steine            entsprechen, stört Sarah Fischer nicht. Denn was Weib-
im Weg, obwohl der Trainingsstatus zuvor ideal gewesen             lichkeit angeht, urteilt sie wie viele andere auch. „Meine
wäre. Dann die Überraschung: Einen Tag vor dem Be-                 langen Haare, meine langen Nägel und mein Wunsch,
werb folgte der Anruf mit der Aufforderung, nach Tokio             einmal Kinder zu bekommen, definieren mich als Frau!“

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WEIBLICHKEIT

                    „Technik ist
                      weiblich“
             Katrin Yazdi-Zorn (42) entwickelt
               Innovationen für ein namhaftes
            Technologieunternehmen. Das hat
          durchaus etwas mit Fürsorge zu tun.
                                       TEXT: Sophia Lang
                                    FOTO: Alexandra Grill

K
           atrin Zorn war ein neugieriges Mädchen,           Das Unternehmen produziert Gleitlager, Reibbeläge,
           eines, das wissen wollte, wie Dinge funktio-      Sinterformteile und Beschichtungen für Fahrzeuge,
           nieren, das Universum und die Vorgänge auf        Schiffe, Flugzeuge, Bau- und Landmaschinen, Wind-
           dieser Welt. Sie passte in keine typische Ge-     kraftanlagen und Materialien für Stromnetze. Dabei ist
schlechterschublade, war im Kindergarten sowohl in           Nachhaltigkeit immer im Fokus. Die Produkte sollen
der Puppen- als auch in der Bauecke zu finden, zu Hause      helfen, weniger Treibstoff zu verbrauchen, die Schad-
schuf sie mit ihren beiden Brüdern riesige Konstruktio-      stoffbelastung zu reduzieren und Maschinen leiser zu
nen aus Legosteinen. Später suchte sie Antworten, die        machen.
ihr Leben und Existenz erklärten, im Chemie- und Phy-
sikunterricht in der Schule. Sie war begeistert von den      Windenergie leistbar machen
Phänomenen der Natur sowie den Formeln der Chemie,           Katrin Yazdi-Zorn startete nach ihrem Studium im
die die Welt in einer vollkommen anderen Sprache be-         Unternehmen als Entwicklungsingenieurin, übernahm
schreiben. Darüber wollte sie mehr lernen. Nach ihrer        rasch die Entwicklungsleitung für die Standorte Öster-
Grundschulzeit wechselte sie an die Höhere technische        reich und England und bekam vor vier Jahren den Auf-
Lehranstalt für Chemie, Schwerpunkt physikalische            trag, zwei Entwicklungsabteilungen verschiedener
Chemie, danach studierte sie an der Technischen Uni-         Arbeitsbereiche zusammenzuführen. Im Technologie-
versität Wien Technische Chemie und promovierte.             kompetenzzentrum entwickeln sie und ihr Team neue
                                                             Geschäftsbereiche und Produkte für nachhaltige Märkte.
Nachhaltigkeit im Fokus                                      Aktuell widmet sie sich dem Thema Energie. Sie möchte
Heute leitet die Oberösterreicherin das Technologie-         Energie aus Windturbinen leistbarer gestalten.
kompetenzzentrum der Firma Miba in Laakirchen,                   Neben der Motivation, Produkte für eine nachhaltige
ein führendes Unternehmen in der internationalen             Welt zu erschaffen, war es Yazdi-Zorn auch immer ein
Motoren- und Fahrzeugindustrie.                              Anliegen, mehr Frauen in technische Berufe zu bringen.

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Allerdings scheitere es am Angebot. „Ich habe in den letz-
                                                                              „Die Technik braucht
ten zehn Jahren auch Personal rekrutiert. Es gelang mir
in dieser Zeit aber nur, eine einzige Frau einzustellen“,
                                                                              ein neues Image, um
sagt die Technikerin. Der Frauenanteil in ihrem Unter-                           sie weiblicher und
nehmen sei mit 25 Prozent im Branchenvergleich relativ
hoch, doch blicke man in anspruchsvolle Bereiche der                         für Frauen attraktiver
Technikentwicklung, liege man je nach Division etwa
bei einem bis fünf Prozent Frauenanteil. Auch an der                                   zu machen.“
Universität hat sie erlebt, dass sich zwar einige Frauen
für ein Bachelor- und Masterstudium entscheiden, aber
kein Doktorratsstudium anstreben. Yazdi-Zorn glaubt,
dass die bestehenden alten Rollenbilder, denen zufolge               arbeit betreute und für sie eine Wegbereiterin war. „Zu
Technik nur etwas für Buben ist, dafür verantwortlich                dieser Zeit war es noch außergewöhnlich, als Frau eine
sind, dass die meisten Mädchen und jungen Frauen gar                 Professur an der Technischen Universität zu haben. Ich
nicht erst auf die Idee kommen, einen technischen Be-                dachte mir: Wenn sie das geschafft hat, steht mir auch
ruf zu erlernen. Mädchen fehle der Bezug zur Technik,                alles offen.“
sie könnten sich nichts unter dem Begriff vorstellen, der
zudem hochkomplex klinge. Genau hier müsse angesetzt                 Geschlecht sollte kein Kriterium sein
werden, findet Yazdi-Zorn. „Mädchen sollten bereits im               Die Technik brauche ein neues Image, sagt Katrin
Kindergarten technische Fertigkeiten erlernen“, sagt sie.            Yazdi-Zorn, damit die Branche für Frauen attraktiver
Yazdi-Zorn holt immer wieder Mädchen und junge Frau-                 werde. Das fange bereits bei Stellenausschreibungen an.
en für ein Praktikum ins Unternehmen und versucht,                   Frauen müssten beim Thema Technik einen Bezug zu
ihnen zu vermitteln, was sie an der Technik begeistert               ihrem Leben herstellen können. Nur so könne man sie
und wie kreativ der Beruf ist. Viele der jungen Frauen               für technische Berufe interessieren und als Zielgruppe
strebten nach dem Praktikum dann tatsächlich eine                    erreichen. Umgekehrt sei es aber auch wichtig, mehr
technische Ausbildung oder ein technisches Studium an.               Männer für Sozialberufe zu gewinnen. „Wir können es
                                                                     uns in keiner Branche leisten, in Schubladen zu denken
Role Models sind wichtig                                             und Geschlecht zu einem Kriterium für Personalent-
Wenn sie darüber nachdenkt, wer ihre Vorstellung von                 scheidungen zu machen. Es gibt in jeder Branche einen
Weiblichkeit geprägt hat, dann war das eindeutig ihre                Fachkräftemangel.“ Die Technik ist für Yazdi-Zorn auf
Mutter, die sie stets als stark und selbstständig erlebt             jeden Fall „sehr weiblich“. Durch ihren Beruf könne sie
hat. Yazdi-Zorns Vater starb, als sie drei Jahre alt war,            ihre weibliche Seite, die für sie „Fürsorglichkeit“ ist, voll
die Mutter war zu diesem Zeitpunkt mit ihrem kleinen                 ausleben. Sie kümmere sich mit ihrer Arbeit um andere,
Bruder schwanger. „Die Frage, ob eine Tätigkeit ihrem                indem sie den Fokus nicht auf sich selbst, sondern auf das
Geschlecht entspricht, stellte sich nicht. Meine Mutter              große Ganze lege und Produkte erschaffe, die es ermög-
musste alles selber machen und ihr Leben alleine be-                 lichen, auf einem sauberen und nachhaltigeren Planeten
streiten.“ Das hat auch Yazdi-Zorn zu einer selbststän-              leben zu können. So möchte sie für ihre Familie und die
digen Frau gemacht und ihr offenes Verständnis von                   Gesellschaft etwas für die Zukunft schaffen. „Dieses Ziel
Geschlechterrollen geprägt. Als Mädchen wurde sei bei                hat mich in meiner Arbeit schon immer angetrieben.“
allem, was sie tat, von ihrer Familie stets unterstützt. Spä-            In nächster Zeit wird Katrin Yazdi-Zorn sich nicht
ter waren es dann die Menschen in ihren Ausbildungs-                 um technische Lösungen kümmern, sondern um ein
stätten und im Beruf, die ihr das Gefühl gaben, als Frau             Lebewesen. Sie ist Mutter geworden. Damit ist nicht nur
in der Technik alles erreichen zu können. „MentorInnen               ein großer Wunsch für sie in Erfüllung gegangen. In der
sind wichtig, genauso wie weibliche Role Models in tech-             Zukunft wird es dann auch eine Technikerin mehr geben.
nischen Berufen.“ Yazdi-Zorn kann sich noch an ihre                  Sie lacht und fügt hinzu: „Es sei denn, meine Tochter
Dozentin an der Universität erinnern, die ihre Diplom-               möchte Balletttänzerin werden. Dann ist das auch gut.“ //

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