Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...

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Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
sonntag
TIROLER
                                                                                   Jeder, der liebt,
                                                                                   stammt von Gott.
                                                                                   1 JOH 4, 7
Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck
10. Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212

                                                                                                © ALEXANDER RATHS - FOTOLIA.COM

                                                                                   Durchwachte Nächte. Weil das
                                                                                   Kind nicht schlafen kann. Weil
                                                                                   die Mutter besorgt wartet, ob das

  Wie ich
                                                                                   Kind von der Disco nach Hau-
                                                                                   se kommt. Und weil die Mutter
                                                                                   Pflege braucht. Manchmal sogar
                                                                                   rund um die Uhr.
                                                                                   Die Augen schließen sich und

  Dich mag…
                                                                                   tun sich wieder auf. Über Glück
                                                                                   und Unglück, Freude und Trauer.
                                                                                   Augen sind wie der Spiegel eines
                                                                                   Lebens. Wer hineinschaut, findet
                                                                                   darin Geschichten und Gefühle,
                                                                                   die für gemeinsames Leben we-
                                                                                   sentlich geworden sind.
  Briefe und Gedanken zum Muttertag auf den Seiten 4/5, 16 und 20.                 Sara und Maria Kaufmann aus
                                                                                   Zirl schreiben darüber zum Mut-
                                                                                   tertag. Lesen Sie mehr auf den
                                                                                   Seiten 4 und 5.
Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
2 Meinung                                                                                                                       10. Mai 2012   Tiroler Sonntag

KOMMENTAR
                                     Zwischenprüfung
Ethik – ein                                            Jetzt kommt sie wieder: die Zeit, in der die       -innen von einst auf ihrer Laufbahn mit-
dehnbarer Begriff                                      einen „verlängerte Wochenenden“ genießen,          genommen – oder abgestreift? Früher befan-
                                                       während andere dem Schulschluss entgegen-          den sie sich in derselben Klasse. Jetzt laufen
Die österreichische Ethikkom-                          fiebern. Prüfungszeiten sind angesagt, und es      die Wege auseinander – die der Erfolgreichen
mission hat sich mehrheitlich                          geht um die Entscheidung zwischen Aufstei-         und die der Sitzengebliebenen.
dafür ausgesprochen, das Fort-                         gen und Durchfallen. Solange ein Mensch            Es wäre nicht schlecht, so eine Art Zwischen-
pflanzungsmedizingesetz zu                             die Schule besucht, sind die Regeln relativ        prüfung einzuschieben, so mit 40 oder 50:
ändern. Zukünftig sollen auch                          klar. Am Ende steht es im Zeugnis. Und so-         Wieweit man sich noch versteht auf das Ein-
alleinstehende Frauen und les-                         lange ein Mensch in die Schule geht, befin-        maleins der Freundschaft – und dass man
bische Paare die Möglichkeit                           det er sich in einem System, das viel Mühe         den Schwachen helfen soll.
zur künstlichen Befruchtung                            darauf verwendet, damit es gut ausgeht.
haben.                                                 Durchfallen und Aufsteigen – gibt es auch
Dass in Österreich immer mehr                          später. Nur steht es in keinem Zeugnis mehr.
Kinder nach einer vorgeburt-                           Und auch die Regeln sind nicht mehr so
lichen Diagnose abgetrieben                            klar. Da achtet kaum jemand darauf, ob
werden, weil Eltern von vor-                           einer sich durch das Leben nach oben ge-                                   MATTHÄUS FELLINGER
aussichtlich behinder-                                 schwindelt hat. Erfolg ist Erfolg! Und erst das                            REDAKTEUR
ten Kindern in vielen Fällen                           Durchfallen. Wie viel an Bereitschaft, Schwä-                              MATTHAEUS.FELLINGER@
keine hinreichende Beratung                            cheren zu helfen, haben die Vorzugsschüler/                                KIRCHENZEITUNG.AT
und Hilfe erfahren, das inter-
essiert die Ethikkommission
nicht. Ethik ist offenbar ein
sehr dehnbarer Begriff.
HANS BAUMGARTNER                     KOPF DER WOCHE: NOEMI MÜLLER, KATH. JUGEND

Die „Ritter“ des
Kirchenkampfes                       Hallo, da tut sich was!
Sie haben ein Volksbegehren
gegen die Kirchenprivilegien                           „Seit ich von Salzburg weg bin, hat mir echt       Salzburgerin Noemi Müller (19) gewählt.
gestartet, werben für den                              was gefehlt“, sagt Noemi Müller. Jetzt hat         Gemeinsam mit Tobias Hirschmann und Ta-
Kirchenaustritt, wettern                               die Studentin ein neues Feld für ihr Enga-         mara Solnitzky bildet sie das Vorsitz-Trio. Ihr
gegen die Schweigeminute im                            gement. Sie wurde zur Vorsitzenden der             großes Anliegen ist es, „die KJ und ihre vielen
ORF-Programm am Karfreitag,                            Katholischen Jugend Österreichs gewählt.           tollen Angebote bekannter zu machen. Wäh-
denunzieren die Klasnic-                                                                                  rend meiner Schulzeit habe ich gemerkt, dass
Kommission als „Täterschutz-                           HANS BAUMGARTNER                                   viele Leute in meiner Umgebung nichts von
organisation“ und fordern vom                                                                             der KJ wussten.“ Müller weiß, dass sie sich da
Staat einen Rückzug aus der                            Nach drei Jahren hat die Oberösterreicherin        die Latte ziemlich hoch legt, denn die Kirche
Finanzierung des Religions-                                           Ingrid Zuniga den Vorsitz in        sei bei vielen Jugendlichen nicht gerade „in“.
unterrichts und der Theologi-                                            der Katholischen Jugend
schen Fakultäten bzw. aus der                                               Österreichs zurückge-         Heimat. Zur KJ ist Müller über das Jugend-
Kostenerstattung für öffentli-                                               legt. Zu ihrer Nachfol-      zentrum YoCo gestoßen. Dort hat sie mit 14
che kirchliche Privatschulen                                                   gerin wurde die junge      ihre Firmvorbereitung gemacht. „Das Haus,
und Krankenhäuser.                                                                                        sein vielfältiges Angebot und die Leute, mit
Sie richten ihre Angriffe                                                                                 denen man über alles sehr offen reden konn-
bevorzugt gegen die                                                                                       te, haben mir so gut gefallen, dass ich begon-
katholische Kirche, obgleich                                                           „Facebook und      nen habe, mich zu engagieren und bei vielen
alle anerkannten Kirchen und                                                          Twitter sind kein   Projekten mitzuarbeiten.“ Auch religiös wur-
Religionsgemeinschaften                                                             Ersatz für Orte und   de ihr das YoCo zur Heimat. „Da gab es eine
vom Staat ähnlich behandelt                                                      Menschen, die – ohne     große Freiheit, uns so einzubringen, wie wir
werden. Sie verwenden                                                                                     sind und denken, auch wenn das in höhe-
                                   DANIEL FURXER/KJÖ

                                                                                   Berechnung – offen
fallweise unterschiedliche                                                        sind für Jugendliche,   ren Kirchenetagen manchmal angeeckt ist.“
Namen, verbreiten ihre                                                          wo sie sich einbringen    Über das YoCo kam Müller auch mit der KJ in
Attacken auf die Kirche aber                                                    und erproben können.      Kontakt und beteiligte sich dort an mehreren
durchwegs über dieselbe                                                          Diese Heimat könnte      Projekten (Firmungsnacht, Lange Nacht, Of-
PR-Agentur. Das Ziel dieses                                                             Kirche bieten.“   fener Himmel). Für die Aktion „72 Stunden
kleinen, aber lauten Netzwer-                                                                   NOEMI     ohne Kompromiss“ drehte sie mit Freunden
kes ist nicht Religionsfreiheit,                                                               MÜLLER     den österreichweiten Werbespot. Dieses En-
sondern Freiheit von Religion.                                                                            gagement habe ihr viel gegeben. „Mir ist echt
HANS BAUMGARTNER                                                                                          was abgegangen, seit ich im Herbst in Wien
                                                                                                          zu studieren begonnen habe.“
Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
Tiroler Sonntag   10. Mai 2012                                                                                     Im Gespräch 3

                                                       NEUHOLD/DIÖZESE GRAZ
                                                                                                                  ZUR PERSON

                                                                                                                  Bernhard Körner ist Theologie-
                                                                                                                  professor für das Fach Dogmatik
                                                                                                                  an der Katholisch-Theologischen
                                                                                                                  Fakultät der Universität Graz. Er
                                                                                                                  studierte dort Theologie und An-
                                                                                                                  glistik. 1979 promovierte er zum
                                                                                                                  Doktor der Theologie. Nach der
                                                                                                                  Priesterweihe war er in der Seel-
                                                                                                                  sorge tätig – unter anderem als
                                                                                                                  Spiritual des Priesterseminars
                                                                                                                  von Graz-Seckau. Er habilitierte
                                                                                                                  sich an der Universität Tübingen
                                                                                                                  und ist heute auch als Konsul-
                                                                                                                  tor der Päpstlichen Kongregation
                                                                                                                  für das Katholische Bildungswe-
                                                                                                                  sen und korrespondierendes Mit-
                                                                              Traditionen sind unverzichtbar,     glied der Päpstlichen Theologi-
                                                                              die Kirche dürfe aber keinem        schen Akademie tätig.
                                                                              Traditionalismus anheimfallen.
                                                                              In seinem neuen Buch sucht          u Buchpräsentation „Gute Grün-
                                                                              der Grazer Dogmatikprofessor        de für ein Leben in der Kirche“;
                                                                              Bernhard Körner Wege für ein        Dienstag, 15. Mai, 19.30 Uhr,
                                                                              zeitgemäßes Christentum.            Haus der Begegnung, Innsbruck

Mit gutem Grund in der Kirche
„Argumente und Ermutigungen für engagierte Christinnen und Christen“ bietet der Grazer Dogmatikprofessor Bernhard Körner in seinem

neuen Buch „Gute Gründe für ein Leben in der Kirche“. In einer Krisenzeit der Kirche solle allen Christen der „Rücken gestärkt“ werden –

vor allem jenen, die ihren Kindern den Glauben weitergeben wollen.

„Es schmerzt, wenn man als Katholikin oder       Körner geht auch auf die sogenannten „hei-           biläumsfeier. Der Theologe rät, diese Auf-
Katholik zu Recht oder zu Unrecht auf Unver-     ßen Eisen“ ein. Dabei und auch bei anderen           forderung zu beherzigen und sich auf das
ständnis stößt oder Ziel von Spott oder sogar    Themen bemüht sich der Theologe um ver-              Evangelium einzulassen. Mehr katholisches
Aggression wird, wenn man merkt, dass die        söhnliche, von Wertschätzung getragene Po-           Selbstbewusstsein sei gefragt.
Kirche an Achtung und Wertschätzung verlo-       sitionierungen. „Was die Kirche gefährdet, ist
ren hat“, so der Grazer Univ. Prof. Dr. Bern-    eine Überbetonung ihrer Vergangenheit und            Nicht abgesondert von der Welt. Als Richt-
hard Körner in seinem neuen Buch „Gute           auch eine Überbetonung der Aktualität.“ Soll         schnur für heutige Christen verweist Körner
Gründe für ein Leben in der Kirche“.             heißen: Traditionen sind in der Kirche un-           auf den frühkirchlichen Diognet-Brief: Dar-
Der Autor sieht die Kirche in Europa in einem    verzichtbar, einem Traditionalismus dürfe sie        in heißt es, dass Christen mitten in der Welt
„massiven Umbruch“ und geht zugleich von         aber nicht anheimfallen. Und „zeitgemäß“             leben, und sich in vielem nicht von ande-
Jesu Zusage aus, dass er seine „Kirche nicht     solle die Kirche durchaus sein, so lange das         ren Menschen unterscheiden; bei einigem –
im Stich lässt“. Körner beginnt sein Buch mit    nicht „unkritische Anpassung“ bedeute.               wie Orgien und Kindesweglegung – würden
einer gründlichen Analyse der Situation, um                                                           sie allerdings nicht mitmachen. Schließlich:
dann, auch anhand von positiven Beispielen,      Katholisches Selbstbewusstsein gefragt.              Christen halten sich an die staatlichen Geset-
die Vielschichtigkeit von Kirche-Sein und Kir-   Zur Frage, welchen Weg die Kirche denn nun           ze, überbieten diese durch ihren Lebenswan-
che-Leben aufzuzeigen: Gemeinschaft und          einschlagen solle, zitiert Körner eine bemer-        del sogar. „Solidarisch sein, gegen den Strom
Sinnfindung, Spiritualität und Kontempla-        kenswerte Aufforderung, die die Sozialisti-          schwimmen, mehr tun“ – das markiert laut
tion auch mitten in den Städten, Solidarität     sche Jugend der Katholischen Mittelschulju-          Körner die „Ortsbestimmung“ für Gläubige
und Dienst an den Armen, Engagement für          gend im Jahr 1968 übermittelte. „Habt ruhig          auch in der Gegenwart. KATHPRESS
Werte und die Möglichkeit, Wege aus Schuld       etwas mehr Mut zu eurer eigenen Theorie“,
und Sünde zu finden.                             hieß es in einem Gruß anlässlich einer Ju-           u Siehe auch „Vorausgelesen“ auf Seite 19.
Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
Sara und Maria Kaufmann aus Zirl haben den Muttertag zum Anlass

genommen, sich gegenseitig einen Brief zu schreiben. Im Tiroler Sonntag lesen

auch sie zum ersten Mal, was die Mama bzw. die Tochter sagen möchte.

           Ich
           hab‘ dich
           sehr lieb!
                       Liebe Sara!

                       Z
                            um bevorstehenden Muttertag möchte ich die Rol-
                            len vertauschen und dir einen Brief schreiben, da
                            es ja keinen „Kindertag“ gibt. Du bist nun bei-
                       nahe 14 Jahre alt. Der strahlend schöne Herz-Jesu-            In den letzten drei Jahren hat sich in unserer Familie sehr
                       Sonntag, an dem du geboren wurdest, gehört zu den             viel verändert. Du musstest viel früher erwachsen wer-
                       schönsten Tagen meines Lebens. Du warst ein richtiges son-    den, als ich mir das für dich gewünscht hätte. Ich bin be-
                       niges Sommerkind, das uns sehr viel Freude bereitet hat.      eindruckt, wie du die Umstellungen bewältigt hast und
                                                                                     schon sehr eigenverantwortlich handelst. Das bestärkt
                        Kaum zu glauben wie die Zeit vergeht, ich habe dich doch     mich in der Hoffnung, dass du für dich in deinem Leben
                        erst noch in den Kindergarten gebracht. Nun bist du ein      Entscheidungen treffen wirst, die du dir gut überlegst.
                                               Teenager und dieser Lebensab-
             „Ich werde immer mit ganzer       schnitt fordert uns jeden Tag he-     Da du ein sehr emotionaler Mensch bist, glaube ich,
             Kraft für Dich da sein, wenn       raus. Ich weiß, du hast es nicht     dass du deine Gefühle gut wahrnehmen und ausdrücken
             Du mich brauchst.“                 immer leicht mit mir, die Pu-        kannst. Das bedeutet auch, dass du dich gut in andere
                                                bertät ist ja die Zeit, wo die El-   Menschen hinein fühlen kannst und sie achtest und be-
                        tern schwierig werden. Und auch mit dir selber und den       gleitest, wenn sie dich brauchen. Das hast du schon eini-
                        Veränderungen deines Körpers wirst Du es nicht immer         ge Male bewiesen und das hat mir als Mutter sehr gefal-
                        leicht haben. Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir ge-       len, denn das ist ein wertvolles Geschenk.
                        meinsam diesen Lebensabschnitt gut bewältigen werden.
                                                                                     Sara, ich wünsche mir, dass ich dich auf deinem Weg zum
                       Liebe Sara, du hast sehr viele Talente, um die ich dich ein   Erwachsenwerden gut unterstützen kann. Für die Zukunft
                       bisschen beneide. Eines davon ist das Musizieren, ich bin     hoffe ich für dich, dass du immer gute Freunde und Be-
                       leider unmusikalisch. Es freut mich immer sehr, dich mu-      gleiter findest, die dich durch das Abenteuer Leben füh-
                       sizieren zu hören und bei deinen Vortragsabenden sitzt        ren werden. Verliere nie deinen Humor, denn damit las-
                       immer eine stolze Mama im Publikum.                           sen sich viele Schwierigkeiten leichter ertragen.
                       Ich wünsche dir, dass dir die Freude am Musizieren nie        Ich werde immer mit ganzer Kraft für dich da sein, wenn
                       verloren geht und dein Traum, in diesem Bereich später        du mich brauchst.
                       einmal zu arbeiten, in Erfüllung geht. Dafür wünsche ich      Ich habe dich sehr lieb.
                       dir jetzt schon eine schöne Zeit in deiner neuen Schule,
                       die du im Herbst besuchen wirst.                              Mama
Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
Tiroler Sonntag   10. Mai 2012                                                                                           Muttertag 5

                                                               Sara und Maria Kaufmann (v. l.) aus Zirl haben sich zum
                                                               Muttertag einen Brief geschrieben. PRIVAT

                                                               noch gerne schöne Kleider und hohe Schuhe, auch wenn
                                                               du es nicht so gerne siehst, wenn ich mich schminke.

                                                               Der Kindergarten war auch eine wunderschöne Zeit. Be-
                                                               sonders genossen habe ich dort die Musikalische Früher-
                                                               ziehung. Danke, dass du mich dorthin geschickt hast!
                                                               Dort hatten wir immer viel Spaß und uns wurde spiele-
                                                               risch die Musik näher gebracht.
                                                               Die Musikalische Früherziehung war wohl auch ein
                                                               Grundstein für meinen weiteren musikalischen Weg. In
                                                               der Volksschule hast du mich, nach einigen mütterlichen
                                                               Bedenken, in der Musikklasse angemeldet. Diese Schule
                                                               war die beste Zeit meines Lebens!
                                                               Wir hatten den besten Lehrer der Welt und unsere Klas-
                                                               se war einfach der Hammer! Ohne deine wichtige und
                                                               richtige Entscheidung wäre meine Volksschulzeit nie so
                                                               toll geworden wie sie war. Du bist mir aber auch bei den
                                                               Hausübungen immer mit Rat und Tat zur Seite gestan-
                                                               den. Auch wenn ich einmal nicht so Lust hatte, etwas für
                                                               die Schule zu machen, hast du mich immer motiviert.

                                                               Ich danke dir von ganzem Herzen, dass du mich mit neun
                                                               Jahren an der Musikschule angemeldet hast! Ich war zwar
Liebe Mama!                                                    schon ein paar Mal knapp davor, zu sagen, ich will auf-
                                                               hören Querflöte zu spielen, aber du hast mich immer wie-

B
      ald ist Muttertag. Das ist ein guter Anlass, dir ei-     der motiviert, weiter zu machen. Dafür danke ich dir. Ich
      nen Brief zu schreiben und die vergangenen drei-         weiß nicht, was ich jetzt machen würde, ohne die Musik.
      zehn Jahre noch einmal Revue passieren zu lassen.        Du hast mich immer bestärkt in dem, was ich machte. Du
Meine frühesten Kindheitserinnerungen liegen in Italien.       hast mir auch immer die freie Wahl gelassen, was ich mit
Ich war gerade ein Jahr alt, als ich das erste Mal dort war.   meiner Freizeit anfange.
Du hattest anfangs deine Bedenken, dass ich für diese Rei-
se noch zu klein bin. Diese haben sich jedoch nicht be-        Ich habe dir bestimmt oft schlaflose Nächte bereitet,
stätigt, denn Meer, Sonne und Strand haben mir damals          wenn es um Schulnoten ging oder so etwas. Aber ich
schon gefallen.                                                glaube, dass ich dich mit meinem eher sonnigen Gemüt
Auch später sind wir oft nach Italien gefahren. Ich weiß       immer wieder zum Lachen bringen konnte.
noch, dass ich es nie erwarten konnte, bis wir dort waren.     Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, aber ich glaube,
Es war immer ein ganz besonderes Ereignis für mich und         wir werden auch dann ein gut funktionierendes Team
ein wenig stressig für dich. Ich habe immer schon Wo-          sein, das viel zusam-
chen vorher meinen kleinen Spielzeugkoffer eingepackt          men aushält. Auch „Du hast mich immer bestärkt in dem, was ich
und war jederzeit bereit loszufahren.                          wenn ich nach au- mache. Du hast mir auch immer die freie Wahl
                                                               ßen hin immer als gelassen, was ich mit meiner Freizeit anfange.“
Eine andere, sehr frühe Kindheitserinnerung ist, dass wir      sehr stark und cool
früher sehr oft zusammen in die Bücherei gegangen sind         erscheinen möchte, genieße ich es sehr, dass ich mich
und Bilderbücher ausgeliehen haben. Du hast mir jeden          bei dir immer ausruhen, zurücklehnen und ankuscheln
Abend vor dem Schlafengehen ein Buch vorgelesen. Am            kann.
liebsten mochte ich das Märchen „Die zwölf tanzenden
Prinzessinnen“.                                                Ich hab dich sehr lieb und wünsche dir einen wunder-
Ich wollte schon immer eine Prinzessin sein, in einem          schönen und unvergesslichen Muttertag.
großen Schloss leben und schöne Kleider anhaben. Dar-
an hat sich bis heute nicht viel geändert. Ich mag immer       Deine Sara
Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
6 Bewusst leben                                                                                                              10. Mai 2012   Tiroler Sonntag

IN KÜRZE                                         Aus der Praxis: Frau B. kommt in die Bera-        zu beobachtende Verhalten bei Andrea erzählt
                                                 tung und schildert Probleme mit ihrer 15-jähri-   Frau B., dass Andrea vor einigen Wochen zu-
                                                 gen Tochter Andrea. Seit einigen Wochen           fällig durch eine Bekannte der Mutter erfahren
                                                 ziehe sie sich immer mehr zurück und reagiere     hat, dass ihr Vater nicht ihr leiblicher Vater ist,
                                                 mit starker Ablehnung auf Mutter und Vater.       was Andrea bis zu diesem Zeitpunkt nicht
                                                 Gefragt nach möglichen Gründen für das neu        wusste.

                                     Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Wahrheit zwischen Eltern und Kind?

Omas Gewürzladen bringen
                                     Dein Vater ist nicht dein Vater
neben Retro-Charme auch Ordnung
in die Küche. WALDHÄUSL                          Frau B. beschreibt ihre Familie als sehr          die Vereinbarung, Andrea bis zum „richtigen
                                                 glücklich und mit großem Zusammenhalt             Zeitpunkt“ nichts über die Vaterschaft zu
Jetzt ist wieder                                 untereinander. Die Beziehungen in der             erzählen. Dieser hat sich über die Jahre aber
Platz in der Küche                               Familie charakterisiert die Klientin als sehr     nie ergeben. Die Eltern glaubten, Andrea die
                                                 liebevoll und herzlich.                           Wahrheit nicht zumuten zu können. Nun hat
Im abschließenden Beitrag zur                                                                      das Mädchen die Informationen durch einen
KiZ-Serie Ordnung im Haushalt                    Die Klientin ist seit knapp 15 Jahren mit         Zufall von einer anderen Person erfahren hat
machen wir einen Abstecher                       ihrem Mann zusammen. Neben Andrea gibt            – in einem Alter, in dem das Thema der Iden-
in die Küche. Schaffen Sie jetzt                 es noch einen 12-jährigen Bruder und eine         titätsfindung im Vordergrund steht.
Platz für Säfte und Marmeladen,                  10-jährige Schwester. Andrea ist ein sehr
bevor die Einmachzeit beginnt.                   offenes und herzliches Mädchen mit guten          Angst vor der Reaktion. In vielen Fällen
                                                 Noten in der Schule und einem größeren            stellt sich bei nicht-leiblicher Elternschaft
Der erste Blick gilt dem magi-                   Freundeskreis. In den letzten Wochen haben        für die Erwachsenen die Frage, wann sie den
schen Zentrum der Küche: das                     sich die Schulleistungen jedoch deutlich ver-     Kindern sagen sollen, dass es einen anderen
Geviert Herd, Arbeitsfläche, Spü-                schlechtert, und Andrea zieht sich immer          biologischen Elternteil gibt.
le und Kühlschrank. Zwischen                     mehr zurück, reagiert sogar aggressiv auf An-     Die Eltern sehen das Kind als zu jung an, um
diesen Stationen sollte die Arbeit               näherungsversuche durch ihre Eltern.              zu verstehen. Dann kommen Geschwister,
effektiv und störungsfrei funkti-                                                                  und die Eltern möchten dem Kind nicht das
onieren, also weg mit allen Hin-                                                                   Gefühl der Zugehörigkeit nehmen. Bis die El-
dernissen.                                                                                         tern die Wahrheit so lange verschwiegen ha-
                                                                                                   ben, dass ein Gespräch darüber immer noch
„„ Kein Topf ohne Deckel. Egal                                                                     schwieriger oder gar unmöglich erscheint.
ob Plastikbehälter oder Koch-                                                                      Neben der Sorge über die Auswirkung der
töpfe – wenn kein passender De-                                                                    Wahrheit auf das Kind, erleben Eltern auch
ckel mehr da ist, kann man vie-                                                                    eigene Ängste. Sie fürchten um die Beziehung
les nicht mehr richtig nutzen.                                                                     zum Kind, genauso wie um den Verlust der
Auch andere Behälter, die ent-                                                                     Erziehungsberechtigung des nicht-leiblichen
weder schadhaft sind oder nie                                                                      Elternteils in den Augen des Kindes. Auch
gebraucht werden, können aus-                                                                      eine Auseinandersetzung mit der eigenen
sortiert werden. Und schließlich                                                                   Vergangenheit wird wieder wichtig.
sind Waffeleisen oder Fondueset
auch im Karton auf dem Spei-                                                                       Die Wahrheit hat Konsequenzen. Eine
cher oder im Keller griffbereit,                                                                   Beratung gibt den Eltern die Möglichkeit,
ohne im Weg zu stehen.                                                                             sich mit den Fragen nach den verschiede-
                                     Mädchen mit 15 Jahren sind in einem besonders sensiblen       nen Auswirkungen auseinander zu setzen.
„„ Gewicht und Wichtigkeit.          Alter und suchen Antworten auf viele Fragen. WALDHÄUSL        Das Thema ist nicht mit einem Gespräch
Probieren Sie einmal, die Utensi-                                                                  zwischen Eltern und Kind geklärt, es gibt
lien nach Gewicht einzuräumen:                   Die Klientin erzählt, dass sie zum Zeitpunkt      immer wieder Fragen und Antworten. Es ist
Schwere Töpfe stehen unten in                    des Kennenlernens ihres Mannes bereits von        ein stetiger Prozess, in dem die Beratung
Reichweite, leichte Behälter wei-                einem anderen Mann schwanger gewesen              die Eltern Schritt für Schritt begleiten kann.
ter oben. Oder Sie sortieren ein-                sei. Ihr Ehemann wusste von der Schwanger-        Dies gibt der Familie die Chance, das Thema
mal nach Abteilungen: Gewürze                    schaft und wollte das Kind wie sein eigenes       nicht verheimlichen zu müssen, sondern
(in Laden, Gläsern oder Rega-                    Kind annehmen und aufziehen. Zum leib-            als das zu sehen, was es ist: eine Realität,
len), Backen (Keksausstecher,                    lichen Vater von Andrea bestehe keinerlei         die die Familie zu der macht, die sie ist.
Nudelholz ...), Italia (Parmesan-                Kontakt.                                          MAG. DR. VERONIKA BURTSCHER-KIENE
reibe, Nudelzange ...), Asia (Wok,                                                                 EHE- UND FAMILIENZENTRUM, FELDKIRCH
Sojasauce ...). Was Sie wenig                    Der richtige Zeitpunkt. Nur sehr wenige
benutzen, kommt ganz oben                        Personen im Bekannten- und Freundeskreis          XX Bei Fragen, Problemen ... wenden Sie sich an:
in den Schrank, Dinge die oft                    wussten über diese Situation Bescheid und es      Familien- und Lebensberatung der Caritas
gebraucht werden, kommen                         wurde im Laufe der Jahre nie wirklich darüber     Heiliggeiststraße 16, 6020 Innsbruck
in Griffweite. B.H.                              gesprochen. Zwischen dem Elternpaar gab es        Tel. 0512/72 70-15
Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
Tiroler Sonntag   10. Mai 2012                                                                                                    Glaube 7

Menschliches Lernen oder die Seele formen

Christliche
Erziehung
Was macht die „katholische Brille“ aus –
in meinem Leben, meinem Handeln, meinem
Alltag und meiner Weltsicht? Für Edith Stein
war das die entscheidende Frage – auch
im Hinblick auf die Erziehung.

„In das katholische Leben hineinwachsen!“,
war vorrangiges Ziel Edith Steins, als sie kurz
nach ihrer Konversion begann, am Schulzen-
trum der Dominikanerinnen in Speyer zu un-                                                          Erziehen heißt entfalten …         WODICKA
terrichten. Sie machte es sich zur ersten Auf-    ten, dass sie vom Gebot der Liebe umfangen
gabe, die „katholische Perspektive“ anhand        sind und zur Gottes- und Nächstenliebe füh-
ihres eigenen Alltags zu finden. Sie fragte       ren. Doch nicht nur das: Die liebende Ant-                     DAS ZITAT
sich: Wie sehen die konkreten Ereignisse mei-     wort an Gottes zuvorkommende Liebe ist
nes Lebens und meiner Zeit durch die „katho-      eine gesunde Selbstliebe.
lische Brille“ aus? Wie gestalte ich mein Le-                                                                    „Ich wusste von den ersten Le-
ben als Katholikin? Unterrichtsvorbereitung,      Dem Leben zum Leben helfen. Musika-                            benstagen an, dass es viel wich-
Schulstunden, Hefte korrigieren, Prüfungs-        lische Fähigkeiten, sportliche Leistungen,                     tiger sei, gut zu sein als klug.“
arbeiten bewerten, ein offenes Ohr für die        handwerkliche Fertigkeiten, intellektuelle Be-                 ESGA 1, S. 103
Sorgen der Mädchen haben, eingebunden             gabung, kreativer Ausdruck … – was in der
sein in die Schulgemeinschaft, … Das war ihr      menschlichen Natur an Möglichkeiten liegt,                     „Ich hatte meine Einstellung
Alltag und die Basis für ihre Überlegungen zu     ist immer individuelle Natur eines einzelnen                   zu den Menschen und zu mir
Themen christlicher Erziehung und Bildung.        Menschen. Diese Einmaligkeit des Einzelnen                     selbst völlig geändert. Es kam
                                                  verlangt nach Gemeinschaft als einem Ort,                      mir nicht mehr darauf an, Recht
„Bildnerische“ Erziehung. Viele Menschen          wo sie sichtbar wird und sich auf andere be-                   zu behalten und den Gegner
verbinden mit „Bildnerischer Erziehung“ den       ziehen kann. Darin liegt der Auftrag jeder Er-                 unter allen Umständen ‚unter-
„Zeichen- oder Kreativunterricht“ mit den         ziehungs- und Bildungsarbeit. Edith Stein                      zukriegen‘. Und wenn ich noch
unterschiedlichsten – emotional gefärbten –       sagt: „Man kann nichts in den Menschen                         immer einen scharfen Blick für
Erinnerungen daran. Edith Stein untersucht,       hineinbilden, was nicht in ihm steckt.“ Es                     die Schwächen der Menschen
ausgehend von ihren eigenen pädagogischen         geht also darum, Menschen zu helfen, dass                      hatte, so benützte ich das nicht
Erfahrungen in Zusammenschau mit zeit-            sie entfalten können, was ihre Einmaligkeit                    mehr, um sie an ihrer empfind-
genössischen Richtungen, den Gesichtspunkt        ausmacht. Zugleich geht es darum, die Freude                   lichen Stelle zu treffen, sondern
des „Bildnerischen“ und der Erziehung streng      am Zusammenspiel verschiedener Begabun-                        um sie zu schonen. Auch die er-
biblisch.                                         gen zu fördern. So gesehen sind Erziehungs-                    zieherische Einstellung, die ich
                                                  und Bildungsaufgaben „mit-schöpferisches                       wohl immer noch hatte, hinder-
Nach seinem Bild. Das christliche Men-            Wirken“ am Ebenbild Gottes.                                    te mich daran nicht. Ich hatte es
schenbild sieht Edith Stein im Schöpfungs-                                                                       gelernt, dass man Menschen nur
bericht der Bibel gezeichnet. „Gott schuf den     Soziale Bildung. Tendenzen zu Anony-                           selten bessert, indem man ihnen
Menschen nach seinem Bild“ (Gen 1, 27).           mität, Isolation, Vereinsamung … gefährden                     ‚die Wahrheit sagt‘: das kann nur
Im Neuen Testament findet sie konkrete An-        Menschen in der Entwicklung ihres sozialen                     helfen, wenn sie selbst das ernste
weisungen, wie der Mensch als „Bild Gottes“       Verhaltens. „Es ist nicht gut, dass der Mensch                 Verlangen haben, besser zu
sein soll: „Seid vollkommen, wie euer Va-         allein bleibt.“, heißt es schon in Gen 2, 18.                  werden, und wenn sie einem
ter im Himmel vollkommen ist“ (Mt 5, 48).         Christliche Erziehungs- und Bildungsarbeit                     das Recht zur Kritik einräumen.“
Vollkommen meint nicht, Gott gleich zu            sucht dem sozialen Wesen des Menschen ge-                      EDITH STEIN GESAMTAISGABE (ESGA), 1, S. 185
sein, sondern Gottes Bild in mir voll kom-        recht zu werden, so Edith Stein. Da der einzel-
men zu lassen. Als getaufte/r Christ/in trägt
der Mensch das „Urbild“ des in Liebe aufein-
                                                  ne Mensch nicht von vornherein ein fertiges
                                                  Gemeinschaftsmitglied ist, ist es ein wich-
                                                                                                    Auf der Spur:
ander bezogenen dreifaltigen Gottes in sich.      tiger Dienst, erzieherisch und bildend einzu-     Edith Stein
Um uns Menschen näher an dieses Geheim-           wirken. Ein Dienst wofür? Soziale Kompetenz       Serie: Teil 5 von 6
nis zu führen, sandte er seinen Sohn in die       ordnet und fördert die Fähigkeit zu erfüll-
Welt. Jesus Christus zeigt uns den Weg, wie       ter Beziehung. Eine Fähigkeit, die über unser     SR. M. ANNA POINTINGER
wir mehr und mehr „Bild Gottes“ werden            irdisches Leben hinausreicht in das ewige         MARIENSCHWESTER VOM KARMEL
können. Er fordert ein, die Gebote so zu hal-     Leben mit Gott.
Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
8 Thema                                                                                                                     10. Mai 2012   Tiroler Sonntag

Die mit den Wunden des
Krieges leben müssen
Der Zerfall Jugoslawiens führte gegen Ende des 20. Jahrhunderts zu vier Kriegen in den Regionen Ex-Jugoslawiens. Mindestens 200.000

Menschen wurden dabei getötet, Hunderttausende wegen ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit gewaltsam verfolgt und in die

Flucht getrieben. Vor allem die seelischen Wunden des Krieges sind bis heute spürbar. „In der Psyche des Menschen wirken dramatische Er-

innerungen weiter“, so der Psychotherapeut Michael Schreckeis. Zu seinen Patienten zählen auch Kriegstraumatisierte aus Ex-Jugoslawien.

INTERVIEW: SUSANNE HUBER                          Viele Menschen sind wegen der Jugoslawien-          zende Menschen töten mussten, tragen auf-
                                                  kriege nach Österreich geflüchtet. Setzt sich bei   grund ihrer Erlebnisse Ängste und Schuld-
                                                  jenen, die in Österreich geblieben sind, der Kon-   gefühle mit sich, die nicht auslöschbar sind.
                                                  flikt zwischen den verfeindeten Volksgruppen        Ich glaube, dass ein Trauma nicht oder nur
                                                  aus Ex-Jugoslawien hier fort?                       schwer verarbeitet werden kann; aber es ist
                                                  Michael Schreckeis: Ja. Es gibt Menschen,           möglich, mit den zugefügten Wunden besser
                                                  die sich kennen, mitunter sogar befreundet          leben zu lernen. In der Therapie werden Me-
                                                  waren und jetzt verfeindet sind. Trotzdem           thoden entwickelt, wie man sozusagen mit
                                                  können sie miteinander Handel treiben und           einem Krückstock weiterkommt.
                                                  es existiert eine Ebene des alltäglichen neben-
                                                  einander Herlebens. Das Tragische ist natür-        Wie lernt man mit diesen Wunden zu leben?
                                                  lich, dass in den Familien die erlebten Trau-       Michael Schreckeis: Das ist ein langjähriger
                                                  men und zum Teil auch der Hass und der              Prozess, der individuell unterschiedlich aus-
                                                  Nationalismus ganz tief gespeichert sind und        sieht. Es gibt Menschen, die trotz eines Trau-
                                                  manchmal in der Ghettosituation des Aus-            mas erstaunlich gut neue Lebensperspektiven
                                                  lands sogar besser konserviert sind als im          entwickeln, indem sie sich zum Beispiel be-
                                                  Heimatland selber. Leider gibt es in Öster-         sonders für etwas engagieren oder auch Stra-
                                                  reich keine Aufarbeitung im Hinblick auf die        tegien für sich finden und so besser mit den
                                                  Jugoslawienkriege, obwohl es sich um Nach-          Wunden leben können. Dann gibt es Men-
                                                  barländer handelt und so viele Menschen             schen, die in der Lage sind, enorme Fähig-
                                                  aus Ex-Jugoslawien in Österreich leben.             keiten zur Verdrängung zu entwickeln. Und
                                                  In den ehemaligen Kriegsgebieten selbst, zum        es gibt Menschen, die mit einem Trauma gar
                                                  Beispiel in Sarajevo, gibt es zwar Initiativen      nicht zurechtkommen und die ein Leben
                                                  und eine Friedensbewegung, die immer wie-           lang furchtbar darunter leiden. Wie jemand
                                                  der tolle Aktionen starten. Doch in Summe           damit umgeht ist sehr stark davon abhängig,
                                                  betrachtet ist die Situation momentan auch          in welcher Situation die Person vorher gelebt
                                                  vor Ort sehr traurig. Die Menschen in Bosni-        hat. Wer in einer guten Familie aufgewach-
                                                  en sprechen eher von Rückschritten als von          sen ist, kann schreckliche Situationen leich-
                                                  Fortschritten. Die Aufarbeitung schrecklicher       ter verarbeiten. Aber es ist auch abhängig von
                                                  Geschehnisse braucht eben viel Zeit.                der Situation, die danach stattfindet. Die vom
                                                                                                      Krieg in Kroatien, Bosnien oder Kosovo trau-
                                                  Wie lange dauert es ein Trauma zu verarbeiten?      matisierten Klienten erzählen oft, wie sehr sie
                                                  Michael Schreckeis: Das Wesen des Traumas           in Österreich von Ausländerfeindlichkeit und
                                                  ist eine Reaktion auf eine abnormale Situa-         Diskriminierung betroffen sind. Das schmerzt
                                                  tion wie Krieg, Folter, Unfälle oder Katastro-      und erschwert die Aufarbeitung.
                                                  phen. Bei einem Trauma – das Wort kommt
                                                  aus dem Griechischen und heißt übersetzt            Welche Symptome treten bei Traumatisierten auf?
Mag. Michael Schreckeis ist Psychoanalytiker      „Wunde“ – werden innerseelische Strukturen          Michael Schreckeis: Traumata können die
und Psychotherapeut in Salzburg. In Österreich    zerrissen und zerstört, die nicht wieder heil-      ganze Bandbreite der psychischen Erkran-
ist er einer von wenigen, die Psychotherapie in   bar sind. Menschen, die mehrfach gefoltert,         kungen zur Folge haben. Eine davon ist die
serbokroatischer Sprache anbieten. KIZ/HUBER      mehrfach vergewaltigt wurden oder die Dut-          posttraumatische Belastungsstörung. Sie wird
Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
Tiroler Sonntag   10. Mai 2012                                                                                             Thema 9

                                                                                                                           Ein Denkmal in
                                                                                                                           Kozarac, einem Dorf
                                                                                                                           in Bosnien-Herze-
                                                                                                                           gowina, erinnert an
                                                                                                                           die Namen von 1226
                                                                                                                           Opfern, die zu Beginn
                                                                                                                           des Bosnienkrieges
                                                                                                                           (1. April 1992 bis
                                                                                                                           14. Dezember 1995)
                                                                                                                           getötet wurden. REUTERS

diagnostiziert, wenn sechs Monate nach dem         Warum haben Sie diese Sprache gelernt?          Kleinstädten mit Bussen direkt nach Bosni­
erlebten Trauma Schlaflosigkeit, Nachhall­         Michael Schreckeis: Die Geschichte meiner en an die Front gefahren sind um zu kämp­
erinnerungen, plötzliche Erregungszustände         Familie väterlicherseits – mein Vater stammt fen. Diese Krieger haben dort in paramilitä­
oder Vermeidungsverhalten auftreten. Doch          aus Vukovar an der serbischen Grenze, die rischen Einheiten, meistens verbunden mit
auch schwere Depressionen, Psychosen, Bor­         während des Kroatienkrieges sehr umkämpft Alkoholexzessen, besonders blutige Gefech­
derline-Erkrankungen oder Somatisierungs­          war – ist schwer von ethnischer Säuberung te geführt. Am Montag waren sie dann wie­
störungen – dass sind unerträgliche, medizi­       und Vernichtung geprägt. Mir ist mit der Zeit der in Österreich und haben gearbeitet. Ich
nisch nicht erklärbare Schmerzzustände in          bewusst geworden, dass auch meine Familie weiß von Klienten, die auf der anderen Sei­
bestimmten Körperregionen – können Fol­            kriegstraumatisiert ist. Meine Großmutter ist te ­standen, dass diese sogenannten Wochen­
gen von erlebten Traumata sein. Die Symp­          in einem Lager ver­
tome stellen sich bei jedem Menschen anders        hungert; mein Onkel Leider gibt es in Österreich keine Aufarbeitung im Hinblick auf
dar. Das Tragische ist, dass bei uns in Öster­     ist bei einem Massa­ die Jugoslawienkriege, obwohl es sich um Nachbarländer handelt
reich wenig Sensiblilität für diese Form von       ker erschossen wor­ und so viele Menschen aus Ex-Jugoslawien in Österreich leben.
Störung herrscht und es schlicht keine ad­         den. Mich hat es spä­
äquaten Behandlungsangebote gibt.                  ter immer gewundert, wie mein Vater mit endkrieger in Sarajevo sehr gefürchtet waren,
                                                   solchen Traumen leben kann. So habe ich weil sie völlig irrationale Angriffe gestartet
Warum? Woran hakt es?                              mich mit Themen wie Gewalt und Gewalt­ haben.
Michael Schreckeis: Der Haken ist, dass die Fi­    bereitschaft auseinandergesetzt und wie es
nanzierung für Psychotherapie in Österreich        möglich ist, dass der Mensch dem Menschen Welche Zeichen müssen gesetzt werden, um
generell schlecht ist und Migranten zusätz­        so etwas antun kann. Während meines Stu­ die Vergangenheit aufzuarbeiten?
lich benachteiligt sind. In Salzburg erfolgt die   diums habe ich dann Serbokroatisch gelernt Michael Schreckeis: Ich halte es für wichtig,
Berechnung durch die Krankenkasse so, dass         und ein Semester in Zagreb studiert. In Sa­ dass zumindest punktuell Gerechtigkeit ge­
die Einkommen aller im Haushalt Lebenden           rajevo war ich an einem Projekt mit kriegs­ fordert wird in Form von gerichtlichen Urtei­
zusammengezählt und davon die Miete ab­            traumatisierten Waisenkindern beteiligt. Als len; ich halte es für wichtig, dass das Unrecht
gezogen wird. Migranten, die wirtschaftlich        serbokroatisch sprechender Psychotherapeut als Unrecht benannt wird; ich halte es auch
schwächer gestellt sind, leben meist mit meh­      hatte ich nach den Kriegen in Ex-Jugoslawien für wichtig, jedes menschliche Leben als sol­
reren Personen auf wenigen Quadratmetern           natürlich viele Klienten aus diesen Regionen ches wertzuschätzen und nicht in Vergessen­
in einem Haushalt zusammen. Paradoxerwei­          und es war klar, dass Kriegstraumata einen heit geraten zu lassen. Ich glaube auch, dass
se ergibt sich dann aus dieser Rechnung, dass      ganz breiten Teil meiner Arbeit ausmachen.      das Wahrnehmen des erlittenen Leides für
die, die Unterstützung brauchen, nicht in                                                          Traumatisierte etwas ganz Wichtiges ist, viel­
den Genuss der Finanzierung durch die Kran­        Es gab auch Wochenendkrieger, die in den Kampf  leicht sogar wichtiger als die Beseitigung von
kenkasse kommen. Dabei sind der Therapie­          gezogen sind. Wie kann man sich das vorstellen? Symptomen. Aber ich glaube, dass das im­
bedarf und die Bereitschaft dazu sehr hoch.        Michael Schreckeis: Das waren sicherlich mer nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist.
Leider gibt es in Österreich auch kaum Psy­        Hunderte wenn nicht Tausende Menschen, Denn der Großteil des Erlittenen bleibt un­
chotherapeuten, die serbokroatisch sprechen        die hier in Österreich gearbeitet haben und gesagt, ungewusst und ist in der anonymen
– ich bin einer von wenigen.                       am Freitagabend von den österreichischen Vergessenheit.
Sonntag Kirchenzeitung der Diözese Innsbruck - Mai 2012 I Nr. 19 I Zum 6. Sonntag der Osterzeit I € 1 I Tel. 0512/2230-2212 - Diözese ...
SONNTAG

6. Sonntag der Osterzeit – Lesejahr B, 13. Mai 2012

„Wohlfühlgefühl“ für alle
Wer könnte, ausgehend von normalen Lebensumständen, etwas gegen ein ehrliches
und liebevolles Miteinander haben? Das Liebesgebot Jesu lässt das Zusammenleben
so einfach erscheinen: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe.“ Das klingt so einfach,
aber ist es das auch? Wer tut, was er gesagt hat und seine Gebote hält, wird von Jesus
Freund und Freundin genannt und nicht mehr Knecht und Magd. Denn „ich habe euch
erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt“.

Evangelium                                      1. Lesung
Johannes 15, 9–17                               Apostelgeschichte 10, 25–26. 34–35. 44–48

Wie mich der Vater geliebt hat, so habe         Als nun Petrus ankam, ging ihm Kornelius
auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner         entgegen und warf sich ehrfürchtig vor
Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet,            ihm nieder. Petrus aber richtete ihn auf
werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie      und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein
ich die Gebote meines Vaters gehalten habe      Mensch. [...] Da begann Petrus zu reden und
und in seiner Liebe bleibe. Dies habe ich       sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass
euch gesagt, damit meine Freude in euch ist     Gott nicht auf die Person sieht, sondern
und damit eure Freude vollkommen wird.          dass ihm in jedem Volk willkommen ist,
Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie      wer ihn fürchtet und tut, was recht ist. [...]
ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere    Noch während Petrus dies sagte, kam der          2. Lesung
Liebe, als wenn einer sein Leben für seine      Heilige Geist auf alle herab, die das Wort
                                                                                                 1 Johannes 4, 7–10
Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde,        hörten. Die gläubig gewordenen Juden,
wenn ihr tut, was ich euch auftrage.            die mit Petrus gekommen waren, konnten
Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn         es nicht fassen, dass auch auf die Heiden        Liebe Brüder, wir wollen einander lieben;
der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut.       die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen        denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der
Vielmehr habe ich euch Freunde genannt;         wurde. Denn sie hörten sie in Zungen             liebt, stammt von Gott und erkennt Gott.
denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich    reden und Gott preisen. Petrus aber sagte:       Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt;
von meinem Vater gehört habe. Nicht ihr         Kann jemand denen das Wasser zur Taufe           denn Gott ist die Liebe. Die Liebe Gottes
habt mich erwählt, sondern ich habe euch        verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen      wurde unter uns dadurch offenbart, dass
erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch        Geist empfangen haben? Und er ordnete an,        Gott seinen einzigen Sohn in die Welt
aufmacht und Frucht bringt und dass eure        sie im Namen Jesu Christi zu taufen. Danach      gesandt hat, damit wir durch ihn leben.
Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater         baten sie ihn, einige Tage zu bleiben.           Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott
alles geben, um was ihr ihn in meinem                                                            geliebt haben, sondern dass er uns geliebt
Namen bittet. Dies trage ich euch auf:                                                           und seinen Sohn als Sühne für unsere
Liebt einander!                                                                                  Sünden gesandt hat.
WORT ZUM SONNTAG

                                                                                Klingt einfach – aber
                                                                                ist es das auch?
                                                                                Offensichtlich meint es der Monat Mai mit
                                                                                den vorgegebenen Schriftstellen gut mit mir.
                                                                                Die Sätze dieses Sonntagsevangeliums könnten
                                                                                nicht klarer und eindeutiger zeigen, was das
                                                                                Besondere an Jesu Botschaft ist und weshalb ich
                                                                                Theologie studiert habe. „Das ist mein Gebot:
                                                                                Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe.“
                                                                                Und: „Dies trage ich euch auf: Liebt einander!“
                                                                                Gibt es ein schöneres Vermächtnis von Jesus
                                                                                Christus? Gibt es etwas Verständlicheres als
                                                                                diesen Auftrag? Und doch – auch hier klaffen
                                                                                Theorie und Praxis oft weit auseinander.

                                                                                Das Liebesgebot lässt das Zusammenleben ganz
                                                                                einfach erscheinen. Wenn ich das „wahrhaftig
                                                                                Sein“ des vergangenen Sonntags mit Jesu Auf-
                                                                                trag „Liebt einander“ kombiniere, erscheint
                                                                                die Gemeinschaft aller Geschöpfe so einfach.
                                                                                Ich bin überzeugt vom Potenzial dieser Weisun-
                                                                                gen, die Welt und das Miteinander ins Positive
                                                                                zu verändern. Wer könnte, ausgehend von
                                                                                normalen Lebenssituationen, etwas gegen ein
                                                                                ehrliches und liebevolles Miteinander haben?
                                                                                Wer kann sagen, dass dieses Vermächtnis Jesu
                                                                                irgendeinen schalen Beigeschmack hat?
                                                                                Jesus fordert uns zu einem friedlichen Mitein-
                                                                                ander auf. Oft habe ich das Gefühl, dass eine
                                                                                gegenteilige Stimmung unsere Gesellschaft
                                                                                beherrscht. Es wird nicht zuerst nach dem Ge-
                                                                                meinsamen, sondern nach dem Trennenden
                                                                                gesucht – zwischen politischen Parteien, zwi-
                                                                                schen religiösen Gemeinschaften, zwischen
                                                                                Menschen im Generellen. Jesus fordert uns
                                                                                hingegen zu einem für alle Menschen und auch
                                                                                für die Umwelt geltenden „Wohlfühlgefühl“
                                                                                auf. Und um wieder zu zeigen, wie aktuell und
                                                                                „cool“ die Botschaft Jesu ist: Der Auftrag Jesu
                                                                                „Liebt einander!“ könnte auf Facebook gepostet
                                                                                werden – und wahrscheinlich würden auch hier
                                                       KATHARINA BRANDSTETTER
                                                                                wieder viele die Taste „Gefällt mir!“ drücken.

M
       öge uns als wahr erscheinen,
       der genannt wird Sohn der Menschen,                                      ZUM WEITERDENKEN
tot gesagt und doch lebendig,
                                                                                Wie gehe ich auf eine neue Situation, auf einen
der erhofft wird, Mensch für alle.                                              neuen Menschen zu ... mit welcher Grund-
                                                                                stimmung und welcher Überzeugung?
Möge dieser uns erscheinen,
                                                                                Trägt mich das Jesus-Gebot „Liebt einander!“
nicht im Traum, im Stand der Sterne,                                            durch mein Leben?
nicht als Spiegelbild im Wasser,
                                                                                                       KATHARINA BRANDSTETTER
vielmehr in der Liebe Sprache.                                                                          ist 27 Jahre alt, verheiratet und
                                                                                                       hat zwei Söhne – Wendelin und
Hier im Menschenbrot gebrochen,
                                                                                                       Frederik –, wohnt in Behamberg
Lebenschance, Recht für alle,                                                                          und ist pastorale Mitarbeiterin
                                                                                                       in der Pfarre Christkindl.
hier im Trinken dieses Bechers,
                                                                                                       Die Autorin erreichen Sie unter
in Vergebung und Erbarmen.           HUUB OOSTERHUIS                                                   u sonntag@kirchenzeitung.at
12 Panorama                                                                                                               10. Mai 2012   Tiroler Sonntag

STENOGRAMM                          Bischöfe veröffentlichen Dokument zu Verkündigung und Evangelisierung

                                    Die Frohe Botschaft heute bezeugen
n Aussonderung. Einen neuen
Maßnahmenkatalog gegen die
immer stärkere Aussonderung                     Unter dem Titel „Verkündigung und neue              Abschnitt werden Fragen wie der Auftrag zur
von Kindern mit Behinderung                     Evangelisierung in der Welt von heute“ hat          Verkündigung, die Menschen im Dienst der
durch die vorgeburtliche Dia-                   die Österreichische Bischofskonferenz in ih-        Verkündigung, der Stil der Verkündigung in
gnostik hat der VP-Behinderten-                 rer Schriftenreihe eine Handreichung für alle       der Welt von heute oder das Thema der Neu-
sprecher Franz-Joseph Huainigg                  in der Verkündigung und Katechese Tätigen           evangelisierung aufgegriffen. Im zweiten Teil
                                                veröffentlicht. Die 49 Seiten starke Broschü-       wird u. a. eine Vielzahl von konkreten An-
                                                re, die unter der Leitung von „Pastoralbi-          regungen für verschiedene Zielgruppen ge-
                                                schof“ Alois Schwarz (Klagenfurt) und Walter        geben. Auch die Frage, wie Gemeinsamkeit
                                                Krieger vom Österreichischen Pastoralinstitut       in einer pluralen Kirche gelebt werden kann,
                                                erarbeitet wurde, enthält einen grundsätz-          wird angesprochen.
                                                lichen und einen praktischen Teil. Im ersten        XX Der Text: www.bischofskonferenz.at

                                    Kirchenmitarbeiter/innen stark von Burnout betroffen
Dr. Franz-Joseph Huainigg fordert

                                    Spannungen drücken auf die Psyche
Maßnahmen gegen „Selektion“.

gefordert. Der gesellschaftliche
Druck sei bereits so groß, dass
kaum mehr Kinder mit Down-                                                                          Priester und hauptamtliche Laienmitarbeiter/
Syndrom geboren würden. Hu-                                                                         -innen in der Kirche sind überdurchschnitt-
ainigg forderte eine Bedenkfrist                                                                    lich häufig von psychischen Erkrankungen
zwischen Diagnose und Abtrei-                                                                       bedroht. Das betonte der Leiter des Recol-
bung, eine eingehende Beratung                                                                      lectio-Hauses Münsterschwarzach, Wuni-
der Eltern und eine Beurteilung                                                                     bald Müller. Der Theologe und Psychothera-
durch eine Ethikkommission.                                                                         peut begleitet jährlich etwa 80 Priester und
                                                                                                    kirchliche Mitarbeiter/innen in Lebenskrisen.
„„ Fußballwerbung. Eine un-                                                                         Als Ursachen für die „dramatische Situati-
gewöhnliche „Fußballwerbung“                                                                        on“ nennt Müller die zunehmende Belastung
fand vergangenen Sonntag beim                                                                       in „Großpfarren“, die eine persönliche und
Derby zwischen dem AC Milan                                                                         menschennahe Seelsorge erschweren, sowie
und Inter Mailand statt: Die Fuß-                                                                   die wachsende Kluft zwischen der offiziellen
baller beider Mannschaften lie-                                                                     (Moral-)Lehre und Praxis der Kirche und dem
fen mit T-Shirts ein, auf denen     Dr. Wunibald Müller warnt vor „dramatischer Situation“.   KIZ   eigenen Gewissen der Mitarbeiter/innen.
das Logo des Weltfamilientref-
fens prangte. Außerdem wurde
auf dem Großbildschirm im San-
Siro-Stadion das offizielle Video                                        Gegen Verkürzung                       Neue Stätte des Gebets
der Großveranstaltung gezeigt.                                           der Elternteilzeit                     und der Begegnung
Das 7. Weltfamilientreffen findet
vom 30. Mai bis 3. Juni in Mai-                                          Die Vizepräsidentin das Katho-         In der nordirakischen Stadt Süley-
land statt. Der Papst wird von                                           lischen Familienverbandes, Irene       maniye entsteht eine neue Stätte
1. bis 3. Juni daran teilnehmen.                                         Kernthaler-Moser, hat den Vor-         der Begegnung und des Gebetes
                                                                         schlag von Frauenministerin Hei-       für Christen und Muslime nach
„„  Falsche Trauer. Zu einem                                             nisch-Hosek, das Recht auf Eltern-     dem Vorbild des syrischen Klos-
Gedenkgottesdienst für die                                               teilzeit von sieben auf vier Jahre     ters Mar Moussa. Ein Mönch der
Opfer der NS-Diktatur luden am                                           zu verkürzen, zurückgewiesen.          Klostergemeinschaft, der Schwei-
8. Mai Mitgliedsorganisationen                                           Der gesetzliche Anspruch auf           zer Jens Petzold, befindet sich be-
der Arbeitsgemeinschaft Katho-                                           Elternteilzeit wurde 2004 als          reits seit zwei Monaten vor Ort.
lischer Verbände in den Wiener                                           Maßnahme zur besseren Verein-          Weitere Mitbrüder und Schwes-
Stephansdom ein. Sie wollten                                             barkeit von Familie und Beruf          tern sollen in den kommenden
damit auch ein Zeichen gegen                                             eingeführt. Er ermöglicht es Müt-      Tagen folgen, so Petzold gegen-
das „Heldengedenken“ rechter                                             tern, früher an ihren Arbeitsplatz     über einer Delegation aus Öster-
Burschenschafter setzen. Diese                                           zurückzukehren und er bietet           reich, die vor kurzem den Nord-
würden den 8. Mai, an dem offi-                                          auch Vätern einen rechtlich ab-        irak besuchte. Erzbischof Louis
ziell der Zweite Weltkrieg been-                                         gesicherten Rahmen, sich an der        Sako von Kirkuk hatte die Klos-
det wurde, der Kapitulation der                 Mag. Irene Kerntha-      Kinderbetreuung stärker zu betei-      tergemeinschaft eingeladen, die
Hitler-Wehrmacht „im wahrsten                   ler-Moser ist gegen      ligen. Kernthaler warnte davor,        alte Marienkirche in Süleymani-
Sinne des Wortes nachtrauern“,                  „eine Bevormundung       Interessen der Wirtschaft vor das      ye wieder zu beleben und einen
kritisieren die Verbände.                       der Eltern“.. FJR/A.     Kindeswohl zu stellen.                 Ort des Dialogs zu schaffen.
Tiroler Sonntag   10. Mai 2012                                                                                   Panorama 13

Trauer in Kano. In der nordnigerianischen Stadt kamen bei einem Anschlag auf Gottesdienstbesucher/innen 15 Menschen ums Leben.   REUTERS

Anschläge gegen Christen
Bei insgesamt drei Anschlägen in ­Nigeria        wurden bei einem Angriff auf eine Kirche         Der Erzbischof der nigerianischen Stadt
und Kenia sind am 29. April 20 ­Menschen         vier Menschen erschossen, unter ihnen der        Jos, Ignatius Ayau Kaigama, kritisierte
ums Leben gekommen. 15 Menschen star-            Geistliche. Nach Angaben der Polizei han-        die Schutzmaßnahmen der Regierung des
ben, als Angreifer in der ­nordnigerianischen    delte es sich bei den Tätern in Maiduguri        Landes vor Anschlägen als unzureichend.
Stadt Kano das Feuer auf Besucher/innen          um Mitglieder der islamistischen Sekte           Der Staat müsse seine Strategie im Kampf
des Gottesdienstes in der Kirche der Bayero      Boko Haram.                                      gegen den Terror überdenken, sagte Kaiga-
Universität eröffneten. Zuvor hatten die         In Kenias Hauptstadt Nairobi starb ein           ma. Die Sicherheitsbehörden müssten stär-
Täter kleine Sprengsätze geworfen, um die        Mensch bei einem Anschlag auf eine Kirche.       ker präventiv handeln. Es gelte, mögliche
Christ/innen aus der Kirche zu treiben. Bis-     15 weitere Menschen wurden verletzt, als         Anschlagsziele rechtzeitig zu identifizieren,
lang ­bekannte sich niemand zur Tat. In der      ein Mann eine Granate auf die Christen in        um Angriffe von Terroristen von vornherein
Stadt Maiduguri im Nordosten des Landes          der „House of God Miracle Church“ warf.          zu vereiteln.

Mexiko: Klimawandel                 Neue Statuten für die                             WELTKIRCHE
lässt Armut wachsen                 Caritas Internationalis
Die katholische Kirche in Mexi-     „Caritas-Weltpräsident“ K ­ ardinal
ko rechnet bis 2020 mit einem       Oscar Andres Rodriguez Mara-                      „„ Pakistan. Mit einer Unterschriftenaktion wollen Ver-
spürbaren Anstieg der Armut.        diaga hat sich positiv zu der am                  treter unterschiedlichster Religions- und Volksgruppen
Eine von der Mexikanischen Bi-      2. Mai bekannt gewordenen Sta-                    gegen die jüngste religiöse Gewalt in Pakistan vorgehen. In
schofskonferenz in Auftrag ge-      tutenänderung des Dachverbands                    einem Appell fordern Christen, Hindus sowie sunnitische
gebene Sozialstudie nennt als       „Caritas Internationalis“ ge-                     und schiitische Muslime die Regierung auf, die Intoleranz
Faktoren fehlende Perspektiven      äußert. Die Änderungen sehen                      und die religiöse Gewalt im Land zu stoppen.
auf dem Arbeitsmarkt und un-        eine engere Anbindung an den
terschiedlich starke Wirtschafts-   Vatikan vor. Kritisch sieht hin-                  „„ Priesterweihen. Der Papst hat kürzlich im Petersdom
räume, vor allem aber Aus-          gegen der Präsident von Caritas                   sechs Italiener, einen Vietnamesen, einen Westafrikaner aus
wirkungen des Klimawandels. So      Frankreich die verstärkte Aufsicht                Cote d’Ivoire und einen Kolumbianer zu Priestern geweiht.
seien mehr Überschwemmun-           von „Caritas Internationalis“
gen, Ernteausfälle und Dürre-       durch den Vatikan. „Dadurch                                                n Kardinal Keith O‘Brien hat
perioden zu erwarten als in der     wird die Autonomie der Caritas                                             die britische Regierung unter David
Vergangenheit, so die Unter-        stark eingeschränkt“, so François                                          Cameron scharf angegriffen:
suchung. „Die sozial schwachen      Soulange. Auf die Arbeit der Cari-                                         „Schützen Sie nicht nur Ihre reichen
Bevölkerungsteile sind die ersten   tas in Österreich haben die neuen                                          Kollegen in der Finanzbranche,
Opfer des Klimawandels“, so Bi-     Statuten „keine Auswirkungen“,                                             sondern erinnern Sie sich an die
schof Gustavo Rodriguez Vega        betonte Caritas-Präsident Franz                                            moralische Verpflichtung, den Armen
von Nuevo Laredo.                   Küberl.                                                                    in unserem Land zu helfen.“ KNA
14 Tirol                                                                                                                 10. Mai 2012   Tiroler Sonntag

Bischof Manfred Scheuer hat am 1. Mai
das Asylwerberheim in Lienz besucht

Niemand
ist eine
Insel

Im Rahmen seiner bischöflichen Visitation
hat Bischof Manfred Scheuer die Bewohner
des Asylwerberheimes in der Angerburg in
Lienz besucht und mit ihnen eine Andacht
gefeiert.

MARIA RADZIWON                                  Bischof Manfred Scheuer im Kreis der Kinder im Asylwerberheim Angerburg.     RADZIWON

Die Lienzer Angerburg ist ein Asylwerber-       sondere Stimmung. Bischof Manfred Scheuer         gegnungen mit aller Welt. Und ein Buffet mit
heim, das rund 60 Menschen aus aller Welt       nahm in seinem Beitrag Bezug zum Apostel          Speisen aus den verschiedensten Ländern bot
eine Unterkunft gibt. Derzeit wohnen dort       Paulus: „Wir gehören zusammen, niemand            Einblick in die Vielfalt der kulinarischen Ge-
Menschen aus 19 Nationen, die aus ihrer Hei-    ist eine Insel. Zum Frieden gehört das Wir,       nüsse. „Es ist entscheidend, dass Menschen-
mat fliehen mussten, weil ihr Leben sonst in    ein alter jüdischer Psalm sagt schon `Friede      rechte gewahrt werden. Es gibt ein Recht auf
großer Gefahr gewesen wäre. Männer, Frauen      und Gerechtigkeit küssen sich. Wenn einer         Bildung, auf Arbeit und auch das Recht, sei-
und zahlreiche Kinder unterschiedlicher Her-    von uns leidet, ein Glied des Leibes, dann lei-   ne eigene Kultur und Religion in Freiheit zu
kunft leben hier miteinander. Im Rahmen         den alle mit.“                                    leben. Es braucht auch Zeugen des Friedens
der bischöflichen Visitation in Lienz besuch-                                                     und konkretes Miteinander“, sagte Bischof
te Bischof Manfred Scheuer am 1. Mai das        Zeugen des Friedens. Bei der anschließen-         Manfred Scheuer, der auch davon sprach,
Asylwerberheim in Lienz.                        den Begegnung im Speisesaal gab die Leiterin      dass die Sehnsucht nach Frieden verbin-
                                                des Heimes, Janette Schneider, einen kurzen       dend wirken könne, unabhängig von Religi-
Friedensgebet. Bei einer konfessions- und       Überblick über die Veranstaltungen des Hei-       on, Kultur oder Sprache. Beim gemütlichen
religionsübergreifenden Andacht stand das       mes, die einerseits der Bevölkerung Osttirols     Zusammensein ergaben sich viele Gespräche
Thema „Frieden“ im Mittelpunkt. Lieder,         Ängste nehmen, andererseits auch den Be-          mit den Menschen aus aller Welt, vor allem
Musik, Gedichte, Gebete und die persönliche     wohnern des Heimes Kontakte nach „außen“          die jüngsten Bewohner waren beeindruckt
Geschichte einiger Bewohner verliehen der       ermöglichen sollen. Gemeinsam mit den Li-         von Stab und Mitra des Bischofs und freuten
Feier in der Kapelle der Angerburg eine be-     enzer Franziskanern gab es musikalische Be-       sich über die mitgebrachten Geschenke.

                                                    Mein
                                                    Kraftplatz
                                                    Neualplseen                                   „„NS-Gedenken. Die Marktgemeinde Rum
                                                                                                  hat an der Friedhofskapelle eine Gedenktafel
                                                    Einer meiner Kraftplätze befindet             angebracht, die an die NS-Euthanasieopfer der
                                                    sich auf dem Zettersfeld in Lienz:            Gemeinde erinnert. Die Tafel wurde von P.
                                                    die Neualplseen.                              Herbert Gimpl im Rahmen einer kleinen Ge-
                                                    Dort spüre ich große Dankbarkeit              denkfeier gesegnet. Die Initiative für die Tafel
                                                    und werde still.                              kam von der Grünen Gemeinderatsfraktion.
                                                    Mein Herz und mein Geist werden               Die Gedenktafel erinnert an die sechs na-
                                                    weit und offen für viele Dinge,               mentlich bekannten Rumer Opfer des Eutha-
                                                    die das Leben bereit hält.                    nasie-Programms der Nazis, an den im KZ Da-
                                                                  WALTRAUD WERNER, LIENZ          chau ermordeten Gemeindesekretär und an
                                                                                                  weitere unbekannte Opfer.
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