Die Skiarena Andermatt-Sedrun

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Die Skiarena Andermatt-Sedrun
Die Skiarena
Andermatt-Sedrun

Luca Rugiero
19.04.2012
Die Skiarena Andermatt-Sedrun
S ei te |1

Inhalt
1. Einleitung ........................................................................................................................................2
2. Projektbeschrieb – Auszug aus dem UVB .........................................................................................3
   2.1 Kommentar zum Projektbeschrieb .............................................................................................4
3. Auszug aus dem Gutachten der Hochschule Luzern ..........................................................................6
   3.1 Kommentar zum Gutachten der Hochschule Luzern ...................................................................8
4. Gigantismus – Bericht über die Natur und Umwelt ........................................................................ 10
   4.1 Kommentar zum Bericht „Gigantismus – Natur und Umwelt“ .................................................. 12
5. Artikel swissinfo.ch – Sawiris Pläne stossen auf Kritik .................................................................... 14
   5.1 Kommentar zum swissinfo.ch Artikel ....................................................................................... 16
6. Artikel Der Bund – Kampf um die Skifahrer .................................................................................... 17
   6.1 Kommentar zum Bund Artikel .................................................................................................. 20
7. Zeitungsartikel Neue Zürcher Zeitung ............................................................................................ 22
   7.1 Kommentar zum Artikel der NZZ .............................................................................................. 25
8. Artikel Beobachter – Auf den Skipisten beginnt das Wettrüsten ..................................................... 27
   8.1 Kommentar zum Beobachter Artikel ........................................................................................ 31
9. Interview mit Pia Tresch, Geschäftsstellenleiterin Pro Natura Uri am 19.04.12 .............................. 34
   9.2 Kommentar zum Interview mit Pia Tresch ................................................................................ 39
10. Fazit ............................................................................................................................................ 40
11. Danksagungen ............................................................................................................................ 42
12. Quellenverzeichnis ...................................................................................................................... 43
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1. Einleitung
Im Rahmen des Ergänzungsfaches Biologie habe ich den Auftrag erhalten, eine Portfolio-
Arbeit über einen Sachverhalt, der sich mit dem Themenbereich der Biodiversität befasst, zu
schreiben. Für mich war sofort klar, dass ich ein Thema wählen werde, welches nur indirekt
einen Bezug mit der Biodiversität aufweist. Zuerst wollte ich über ein Schweizer Gesetz
schreiben, welches die Artenvielfalt sicherstellt. Es lag aufgrund der aktuellen Abstimmung
nahe, über den Zusammenhang zwischen der Zweitwohnungsinitiative und der
Artenerhaltung zu schreiben. Nichtsdestotrotz war ich nicht wirklich begeistert, über dieses
Thema zu berichten. Als ich die Situation mit meiner Lehrperson, Herrn Schaub besprach,
brachte er als Themenvorschlag das Andermatt Swiss Alps Projekt. Ich empfand dieses
Thema von Anfang an interessant, jedoch musste ich nach einer kurzen Recherche
feststellen, dass die Resorts in Zusammenarbeit mit Umweltschutzverbänden besonders
nachhaltig geplant wurden. Es besteht also kein direkter Konflikt mit der Biodiversität. Bei
der Recherche stiess ich auf harsche Kritik, die gegen den geplanten Ausbau der Skiarena
Andermatt-Sedrun ausgeübt wurde. Es sind zwar in erster Linie wirtschaftliche Vorwürfe,
aber auch der Urner Umweltrat hat sich gegen das Projekt verbündet. 1 Dieses Thema
begeisterte mich sofort, weil es aus wirtschaftlicher Perspektive besonders diskutiert wird.
Es weist auch einen klaren Bezug zur Biodiversität auf: Die Neuerschliessung durch neue
Pisten und Infrastruktur erfordert viele Natureingriffe, wie etwa Gebietssprengungen, was
die Lebewesen sowie deren Lebensräume gefährdet. Nicht zuletzt aufgrund der Aktualität
des Themas entschloss ich mich, eine Arbeit darüber zu verfassen. Folgende Leitfragen
begleiten meine Arbeit:

    -   Ist die Skiarena nachhaltig2 geplant?
    -   Entsprechen die Planungen den Vorhaben des Masterplans?
    -   Ist der risikoreiche Ausbau im Verhältnis zur Beeinträchtigung der Natur sinnvoll?
    -   Was sind die Chancen der neuen Skiarena?
    -   Ist die vorgeschlagene Redimensionierung der Umweltverbände nachhaltiger als der
        momentan geplante Ausbau?

Ich möchte den Lesenden noch darauf hinweisen, dass die Diskussionen über die Skiarena
Andermatt-Sedrun momentan voll in Gang sind und bei Abgabe dieser Arbeit noch keinen
verbindlichen Entschluss für die Zukunft getroffen wurde. Ich hoffe aber, dass die Investoren
zusammen mit dem Bund den besten Weg wählen werden.

Ich wünsche den Lesenden viel Vergnügen beim Lesen der Ihnen vorliegenden Arbeit!

Luca Rugiero
Allschwil, den 19.04.12

1
 http://www.gigantismus-andermatt.ch/
2
 Definition Nachhaltigkeit: „Das Konzept der Nachhaltigkeit beschreibt die Nutzung eines regenerierbaren
Systems in einer Weise, dass dieses System in seinen wesentlichen Eigenschaften erhalten bleibt und sein
Bestand auf natürliche Weise regeneriert werden kann.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Nachhaltigkeit
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2. Projektbeschrieb – Auszug aus dem UVB3
Masterplan        Skigebietserweiterung:      Der     Masterplan      für    den     Ausbau        der
Skiinfrastrukturanlagen beinhaltet die Planung für den Ersatz von bestehenden Anlagen im
Gebiet Gemsstock, Nätschen/Gütsch sowie am Oberalp. Dazu gehört auch ein Ausbau mit
zusätzlichen Anlagen, insbesondere der Zusammenschluss der Skigebiete Nätschen-
Oberalp/Sedrun und neue Zubringeranlagen von Göschenen ins Gebiet Gütsch sowie von
Andermatt ins Gebiet Gurschen. Grundlegende Zielvorstellung des Masterplans bildet eine
wirtschaftlich tragfähige und international marktfähige Skianlageninfrastruktur                    im
Gesamtraum.

Bahnen und Skilifte: Das Projekt enthält insgesamt 9 Sesselbahnen, 4 Gondelbahnen, 1
Kombibahn (Sessel- und Gondelbahn) 2 Skilifte und eine Standseilbahn. Die bestehenden
Militärseilbahnen Oberalp - Schneehüenerstock sowie Göschenen – Gütsch werden dabei
abgebrochen und durch zivile Bahnen ersetzt.

Pisten: Nach dem Ausbau weist das Skigebiet präparierte Pisten von insgesamt über
50 km Länge und 147 ha Fläche auf. Dazu kommen über 110 ha nicht präparierte Pisten
und knapp 11.5 km bzw. 19.5 ha Skiwege. Die Pisten werden dabei so angelegt, dass die
Eigenschaften des natürlichen Geländes soweit wie möglich ausgenützt und die Eingriffe in
den natürlichen Untergrund (z.B. Planierungen, Verschieben von Gesteinsblöcken) so
gering wie möglich gehalten werden können. Die Pistenbreite variiert je nach Terrain. In
Bereichen, wo Geländekorrekturen notwendig sind, wird die Pistenbreite auf 8 bis 10 m
beschränkt. Für die Schneeproduktion werden keine Beschneiungswasserzusätze
verwendet.

Beschneiung: Für die Beschneiung des Gebiets Nätschen-Gütsch werden maximal 300‘000
m3 Wasser benötigt. Das zur Beschneiung benötigte Wasser wird den Klauserli-Quellen
und dem Oberalpsee entnommen. Damit das Wasser nicht vollumfänglich in den
wasserarmen und somit kritischen Wintermonaten bezogen wird, soll das Kleingewässer
auf dem Ober Gütsch zu einem Reservoir mit einer Kapazität von 50‘000 m3 ausgebaut
werden. Im Gebiet Andermatt-Gurschen-Gemsstock wird bereits heute ein Teil der Pisten
technisch beschneit. Dafür wird dem Gurschenbach unterhalb des Moores in den Monaten
November bis Februar insgesamt 35‘000 m3 Wasser entnommen. Im Gebiet Andermatt-
Gurschen-Gemsstock sollen zukünftig mehr Pisten beschneit werden, wofür in den
Monaten November bis Februar eine zusätzliche Wassermenge von 51‘270 m3 benötigt
wird. Diese Wassermenge soll bei der neu zu erstellenden Entnahmestelle „Mühlematt“ am
Dorfrand von Andermatt aus der Unteralpreuss entnommen werden.

3
    http://www.gigantismus-andermatt.ch/data/downloads/gigantismus-downloads/2_41_UVB_110809.pdf
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2.1 Kommentar zum Projektbeschrieb
Damit die Lesenden Kenntnis vom Projekt der Skiarena Andermatt-Sedrun haben, wählte ich
einen Projektbeschrieb als Einstiegstext in meine Arbeit aus. Diesem ist zu entnehmen, dass
es im Grundsätzlichen darum geht, die Skigebiete Nätschen-Oberalp/Sedrun zu verbinden,
die bestehende Infrastruktur zu erneuern, sowie auszubauen. Hervorheben möchte ich
insbesondere die Zielvorstellung des Masterplans: Es soll eine

„wirtschaftlich tragfähige und international marktfähige Skianlageninfrastruktur im
Gesamtraum“

gebaut werden. Es wird weiter ausgeführt, dass die Pisten so angelegt werden, dass

„die Eigenschaften des natürlichen Geländes soweit wie möglich ausgenützt und die Eingriffe
in den natürlichen Untergrund (z.B. Planierungen, Verschieben von Gesteinsblöcken) so
gering wie möglich gehalten werden können.“

Diese zwei Auszüge werden später wieder verwendet, nämlich um zu überprüfen, ob die
Planungen den Vorgaben des Masterplans entsprechen.

Zum Schluss des Projektbeschriebs wird auf die Beschneiungsmassnahmen eingegangen. Es
fällt zunächst auf, dass dafür extreme Wassermengen fällig werden. Erstaunlich oder aus
meiner Sicht beunruhigend ist die Tatsache, dass ein Kleingewässer zu einem Wasser-
Reservoir umgebaut wird. Es handelt sich meiner Ansicht nach um einen starken Eingriff in
die Natur, was laut dem Masterplan eigentlich verhindert werden sollte. Das Reservoir
wurde aber mit der Begründung geplant, dass die benötigten Wassermengen in den
kritischen Wintermonaten nicht ausschliesslich aus den Klauserli-Quellen und dem
Oberalpsee entnommen werden und somit die Gefahr einer Unterschreitung der
Restwassermenge verkleinert wird. Stellt man sich nun die beiden Argumente gegenüber, so
ist es schwierig zu beurteilen, ob es sich eher um einen Eingriff in die Natur handelt oder
sogar um das Gegenteil – um das Sicherstellen der Restwassermengen.

Bereits jetzt fallen Gegensätze und – je nach Ansicht Widersprüche zum Masterplan. Das
ganze Projekt ist von diesen geprägt und bietet darum so viel Diskussionsstoff an. Auf der
nächsten Seite befinden sich zwei Abbildungen, die Ihnen dienen sich die Dimension der
Ausbauarbeiten besser einzuschätzen können.
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  Abbildung 2 - Zukünftige Skikarte?

Abbildung 1 - geplanter Ausbau
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3. Auszug aus dem Gutachten der Hochschule Luzern 4
Skiarena Andermatt im nationalen und internationalen Wettbewerb

Ob die Skiarena nachhaltig Erfolg haben wird, hängt in erster Linie von ihrer
Positionierung im internationalen Wettbewerb und im Wettbewerb der Skidestinationen
innerhalb der Schweiz ab (Preis-Leistungs-Verhältnis plus Vermarktungskraft). Ebenso ist
der Erfolg von der Entwicklung bei Konkurrenzdestinationen und Konkurrenzbahnen
abhängig (so insbesondere alle Skigebiete und Destinationen der Zentralschweiz).

Positionierung der Skiarena Andermatt im internationalen Tourismusmarkt

Die      Nachfrage      nach     Schneesportaktivitäten       entwickelt     sich   international   sehr
unterschiedlich. In Westeuropa und auch in der Schweiz wird die Nachfrage – trotz
Bevölkerungswachstum – stagnieren oder sogar zurückgehen. Wachstumspotenzial kann
allenfalls in Osteuropa oder in Asien erwartet werden (vgl. SAGOS, S. 26). Allerdings darf
dieses Potential aufgrund der Erfahrungen von auf solche Regionen spezialisierten
Destinationen (z. B. Jungfrau, Titlis) nicht überschätzt werden.

Mit Bezug auf die Skiarena Andermatt stellt sich die Frage, inwieweit es dem Andermatt
Swiss Alps Resort gelingen wird, aus dem Ausland (z. B. Norditalien, Nord- und Osteuropa,
Nordamerika oder auch Asien) gezielt Feriengäste anzuziehen, die für den Schneesport
nach Andermatt kommen.

Allgemein zeichnet sich in der Schweiz und auch international ein Trend in Richtung
grösserer Skigebiete ab. Ebenso bleiben die Alpen international eine bevorzugte
Feriendestination für Schneesportler.

Diese Entwicklungen sprechen dafür, dass sich Andermatt mit dem Resort und dem
wahrnehmbar ausgebauten Skigebiet zu einer Destination entwickeln kann, welche im
internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig wäre.

Allerdings wird Andermatt in der Schweiz mit renommierten und international sehr
bekannten        Destinationen      im    Wettbewerb       stehen,     die   sowohl     bezüglich   der
landschaftlichen Gegebenheiten (Gletscher, Viertausender) als auch des Angebotes (Pisten,
Hotellerie, Parahotellerie, Freizeitinfrastruktur) und Marketing-Werten (Markenbekanntheit,
Image, Zielgruppenpositionierung, Erfahrungswerte, Destinationskompetenzen) mehr zu
bieten haben und deshalb attraktiver sind.

4
    http://www.ur.ch/dateimanager/berichtandermattgutachtenlu.pdf (S. 8)
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Positionierung der Skiarena Andermatt in der Schweiz

Im Vergleich zum Gesamtmarkt hat Andermatt in den letzten zwei Jahrzehnten an
Attraktivität eingebüsst. Während der Gesamtmarkt in der Schweiz in den letzten zwanzig
Jahren rund 2.1 % pro Jahr gewachsen ist, haben die Frequenzen in der Skiarena
Andermatt in den letzten Jahren praktisch stagniert. Die Destination hat in den letzten
Jahren in der Schweiz an Profil und Reputation eingebüsst. In jüngster Zeit hat die grosse
Medienpräsenz des Projektes Andermatt Swiss Alps Resort jedoch die Bekanntheit der
Destination gesteigert und Potential für einen Wiederaufschwung geschaffen. Angesichts
der Entwicklungen der vergangenen Jahre sind die Erneuerung und der Ausbau der
Infrastrukturen unumgänglich. Die Erneuerung und der Ausbau der Anlagen sowie die
Erweiterung des Pistenangebots und der Ausbau der Beschneiung werden eine
substanzielle Qualitätsverbesserung bringen und dürften gegenüber heute auch zu
zusätzlichen Frequenzen führen.

Obwohl im Schweizer Tourismus eine Strukturbereinigung im Gang ist (vgl. SAGOS, S. 18),
wird die Zahl jener Destinationen, mit welchen die Skiarena Andermatt in der Schweiz im
Wettbewerb steht, nicht abnehmen. Vielmehr führt die Strukturbereinigung dazu, dass die
grossen Destinationen sich besser verkaufen und durch das integral ausgerichtete
Destinationsmarketing    stärker   werden.   Aufgrund    dieser   Entwicklungen     ist   die
Modernisierung und Erweiterung der Skiarena Andermatt in Kombination mit einem
ganzheitlichen Destinationsmanagement für die Region San Gottardo wohl die einzige
erfolgsversprechende Strategie.

Der Businessplan SAGOS geht davon aus, dass die Skiarena Andermatt nach der
Realisierung aller Ausbauprojekte rund 120 Pistenkilometer bieten kann. Mit dieser
Grössenordnung schliesst die Skiarena Andermatt zu grösseren Destinationen wie etwa
der Lenzerheide (ohne Verbindung mit Arosa) oder Saas Fee auf. Allerdings weist das
Expertenteam darauf hin, dass nicht nur die Gesamtlänge der Pisten die Attraktivität des
Skigebiets bestimmt, sondern beispielsweise auch die Breite, Art und Exposition der Pisten.

Hier dürfte die Skiarena Andermatt nach dem Ausbau der Anlagen wohl eher im Mittelfeld
der 30 Top Destinationen der Schweiz zu positionieren sein. Sie wird mit sehr attraktiven
und bestens auf dem Markt positionierten Destinationen konkurrieren müssen und es
besteht die Gefahr, dass die Attraktivität des Angebotes der Skiarena Andermatt
überschätzt wird. Die Skiarena Andermatt wird zwar die grösste Skidestination in der
Zentralschweiz sein. Sie wird jedoch keineswegs ein Mega-Skigebiet werden, sondern eine
attraktive Destination mit einer respektablen Grösse und mit vollkommen erneuerten
Infrastrukturen. Letzteres kann zusammen mit der Erneuerung der gesamten touristischen
Wertschöpfungskette zu einem zentralen Erfolgsfaktor der Skiarena Andermatt werden.
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3.1 Kommentar zum Gutachten der Hochschule Luzern
Das wirtschaftliche Gutachten, welches von der Hochschule Luzern im Auftrag der Regierung
des Kantons Uri erstellt wurde, zeigt eindeutig, dass die geplante Skiarena „Andermatt Swiss
Alps“, sich aus wirtschaftlicher Sicht durchaus als eine grosse Chance für die Region
herausstellt. Es geht jedoch genauso deutlich hervor, dass der Ausbau auch ein grosses
Risiko für die Investoren darstellt: „Hier dürfte die Skiarena Andermatt nach dem Ausbau der
Anlagen wohl eher im Mittelfeld der 30 Top Destinationen der Schweiz zu positionieren sein.
Sie wird mit sehr attraktiven und bestens auf dem Markt positionierten Destinationen
konkurrieren müssen und es besteht die Gefahr, dass die Attraktivität des Angebotes der
Skiarena Andermatt überschätzt wird.“

Diese Aussage zeigt die zukünftige Problematik des Skigebietes Andermatt/Sedrun auf. Es ist
zwar unbestritten, dass die Skiarena durch eine Verbindung der beiden Skigebiete
Andermatt-Sedrun eine deutlich bessere Position als bisher auf dem Markt einnehmen wird,
jedoch kann das Zentralschweizer Skigebiet aufgrund von Wettbewerbsnachteilen nicht als
unmittelbarer Konkurrent zu Mega-Skigebieten wie etwa Zermatt angesehen werden. Zu
den Wettbewerbsnachteilen zähle ich die Höhenlage, die Grösse wie auch nicht zuletzt der
Bekanntheitsgrad.

Die Experten weisen darauf, dass die einzige erfolgsversprechende Strategie sei, die Region
San Gottardo als eine Destination mit einem modernen Skigebiet und vielen weiteren
Angeboten zu vermarkten. Die Idee ist für mich insofern überzeugend, dass so die Region die
Möglichkeit nutzen kann, sich in der Schweiz sowie auch international einen Namen zu
machen. Es ist auch logisch, dass die ganze Region mehr zu bieten hat, als nur ein Skigebiet.
Das Gutachten empfiehlt darum, das Skigebiet in Kombination mit dem Andermatt Swiss
Alps Resort zu vermarkten. So entstehen längerfristig höhere Erfolgsaussichten. Der Bericht
schreibt dem Skigebiet sogar zu, dass Andermatt sich mit dieser Strategie und einer
modernen Infrastruktur zu einer Destination entwickeln kann, die international
konkurrenzfähig wäre.

Diese vielversprechend klingende Vision wird aber sogleich wieder von der nächsten Aussage
erloschen. Es wird daran erinnert, dass Andermatt in der Schweiz „mit renommierten und
international sehr bekannten Destinationen im Wettbewerb steht“, welche ein besseres
Angebot aufweisen. Zieht man an diesem Punkt die prognostizierten Preise der Tageskarten
bei, welche zukünftig zwischen 56 und 68 Fr. liegen werden 5, so wird ersichtlich, dass der
Preisvorteil etwa dem Angebotsnachteil entspricht.

Nicht vergessen gegangen sollen neben den Opportunitäten die Risiken, die das Projekt
„Andermatt Swiss Alps“ mit sich bringt. Ganz zu Beginn des Gutachtens wird darauf
hingewiesen, dass „der Erfolg von der Entwicklung bei Konkurrenzdestinationen und
Konkurrenzbahnen abhängig [ist]“. Laut dem Gutachten zeichnet sich „ein Trend in Richtung
grösserer Skigebiete ab“, was bedeutet, dass in Zukunft mehrere Skigebiete der Grösse der

5
    Vgl. http://www.ur.ch/dateimanager/berichtandermattgutachtenlu.pdf (S. 19)
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Skiarena Andermatts entstehen könnten und somit die Konkurrenz um die Skifahrer weiter
ansteigen könnte. Die Problematik ist nun, dass die Experten eine Stagnierung oder einen
Rückgang für die Nachfrage nach Schneesportaktivitäten prognostizieren, was die Frage,
woher die zusätzlichen Skifahrer „hergeholt“ werden sollen, etwas hilflos im Raum stehen
lässt. Es muss also vermerkt werden, dass das Andermatter Projekt nur Erfolg haben wird,
wenn dieses die zusätzlichen Skifahrer der umliegenden Skigebiete dazu überzeugen kann,
sich von diesen zu trennen und an Andermatt zu binden.

Ich ziehe die Schlussfolgerung, dass es sich beim geplanten Skigebiet um eine ziemlich
spekulative Investition handelt. Die Verbindung der beiden Skigebiete erscheint mir aus
ökonomischer Sicht als sehr sinnvoll, weil sich dadurch das Skigebiet stark vergrössern wird
und somit mehr Besucher anlocken wird. Die Renovierung der Skiinfrastruktur hingegen
erscheint mir als Investition in der Grauzone, denn diese ist nur sinnvoll, wenn die
Besucherzahlen dadurch stark zunehmen, was nicht gesichert ist. Aus diesem Grund fände
ich es sinnvoll, wenn vorerst die beiden Skigebiete verbunden würden und erst dann
entsprechend der Nachfragesteigerung die Infrastruktur, sowie neue Pisten gebaut werden.
Mit dieser Methode wäre die Investition nicht annähernd so riskant wie geplant und es
würde bei Verlusten die die Möglichkeit bestehen, den Ausbau des Skigebiets einzustellen.
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4. Gigantismus – Bericht über die Natur und Umwelt 6
Die       drohenden     Beeinträchtigungen      von    Landschaft    und     Umwelt   wurden     im
Umweltverträglichkeitsbericht (UVB) zu wenig untersucht. Insbesondere das Gebiet
zwischen Gütsch, Schneehüenerstock und Fellilücke kann nur mit massiven Eingriffen in die
unberührte alpine Landschaft pistentauglich gemacht werden. Mit dem Ausbau würde
auch das Gebiet rund um den idyllischen Lutersee verschandelt. Die geplanten
Beschneiungsanlagen verbrauchen enorm viel wertvolle Energie, die man sinnvoller
einsetzen könnte.

Der geplante Ausbau der Skiinfrastruktur Andermatt-Sedrun hätte grosse landschaftliche
Beeinträchtigungen zur Folge:

          Die naturnahen Landschaftskammern zwischen Gütsch, Schneehüenerstock und
           Fellilücke eignen sich schlecht für ein Skigebiet. Die Hänge sind entweder zu steil
           und damit lawinengefährdet, wie ein fachtechnisches Gutachten aufzeigt. Oder sie
           sind schlichtweg zu flach. Im alpinen, nahezu unberührten Blockschuttgelände sind
           sogenannte «Hangreinigungen» und «schwere» Erdarbeiten (Sprengungen) nötig,
           um das Gelände pistentauglich zu machen.
          Das Gebiet rund um den idyllischen Lutersee, eine Erholungsoase erster Güte, wird
           mit einem Bergrestaurant verunstaltet.
          Die unberührte Landschaft beim St. Annagletscher, bekannt als Skitouren- und
           Klettergebiet, wird von einer neuen Bahn durchschnitten. Deshalb wehrt sich auch
           der Schweizer Alpen-Club (SAC) gegen das Ausbauprojekt. Zudem ist die Region
           rund um den St. Annagletscher ein wichtiger Lebensraum für eine einzigartige
           Pflanzenwelt sowie für Raufusshühner.
          Mangelhafter Umweltverträglichkeitsbericht (UVB)

Die Folgen der touristischen Transportanlagen und beschneiten neuen Pisten wurden im
Umweltverträglichkeitsbericht (UVB) zu wenig gründlich untersucht. Der Bericht enthält
zahlreiche Fehler und basiert meist auf Erhebungen, welche nicht aktuell und zum Teil
vom Schreibtisch aus gemacht worden sind. So liegen zum Beispiel die Zahlen von
erwähnten Dokumenten zu den Pistenlängen und –flächen teilweise weit auseinander und
sind weder nachvollziehbar noch vertrauenswürdig.

6
    http://www.gigantismus-andermatt.ch/data/downloads/fakten/Natur-und-Umwelt.pdf
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Der UVB ignoriert fast gänzlich, dass sich im Gebiet Nätschen zwei Trockenwiesen von
nationaler Bedeutung befinden. Auf die Frage, ob und wie diese Standorte und andere
Biotope von Skipisten konkret verschont bleiben werden, geht der Berichtnicht ein. Im UVB
wird zudem nicht erwähnt, dass beim Calmut ein Flachmoor von nationaler Bedeutung
durch Pisten und eine Rodelbahn in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Die im UVB
vorgeschlagenen Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen wiegen die erheblichen Eingriffe in
Landschaft     und    Natur      keineswegs   auf.   Vor    allem    die    projektbezogenen
Ersatzmassnahmen       müssen      deutlich   verstärkt    werden,    um    die   zahlreichen
Beeinträchtigungen auszugleichen.

Hoher Wasser- und Stromverbrauch

Nicht nur das Ausbauprojekt ist gigantisch. Auch der Energieverbrauch für die fast
flächendeckende, künstliche Beschneiung der 100 Kilometer Pisten nimmt gewaltige
Ausmasse an:

      Laut UVB verbrauchen die Beschneiungsanlagen pro Saison 480 000 Kubikmeter
       Wasser, was dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von rund 2400 Vier-
       Personen-Haushalten entspricht. Das Wasser soll vor allem aus einem Reservoir
       (natürlicher Bergsee soll zu einem Speichersee umfunktioniert werden) kommen,
       das im Gebiet Ober Gütsch neu gebaut wird. Weiter soll Wasser sowohl aus dem
       Oberalpsee (Nätschen/Gütsch), wie auch aus der Unteralpreuss (Gemsstock) ins
       jeweilige Skigebiet gepumpt werden. Nicht seriös abgeklärt wurde, ob dabei die
       Restwassermengen eingehalten werden.
      Mit dem benötigten Strom für die Beschneiungsanlagen (laut UVB über 5 Mio.
       Kilowattstunden inkl. Bahnbetrieb), kann ein Viertel der Bewohner von Andermatt
       ein ganzes Jahr versorgt werden.

Angesichts der stetigen Klimaerwärmung und der aktuellen energiepolitischen Fragen
(Atomausstieg,       Förderung      erneuerbarer     Energien)       sind    flächendeckende
Beschneiungsanlagen nicht vertretbar.
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4.1 Kommentar zum Bericht „Gigantismus – Natur und Umwelt“
Der Umweltrat Uri fasst in diesem Dokument die wichtigsten Gründe im Bereich Natur
zusammen, die gegen den geplanten Ausbau der Infrastruktur und Pisten sprechen. Meiner
Ansicht nach sind die meisten hier aufgeführten Argumente nachvollziehbar und auch
überzeugend.

Die Tatsache, dass für neue Pisten absichtlich Blockschuttgelände gesprengt werden, kann
ich zwar nachvollziehen jedoch sollten andere Lösungen geprüft werden, etwa die
Umverlegung der geplanten Piste. Denn die Sprengung von Blockschuttgeländen ist ein
starker Eingriff in die Natur und entspricht einer Zerstörung eines Biotopes. Dies hat zur
Folge, dass die gesamte Population des Biotopes verdrängt und somit bedroht wird.

Weiter führt der Umweltrat Uri auf, dass das Gebiet des Lutersees von einem Bergrestaurant
verunstaltet wird. Auch das stellt einen unmittelbaren Eingriff in die Natur dar, jedoch wurde
im UVB festgehalten, dass das Bergrestaurant mindestens 200 m vom Lutersee entfernt sein
muss. Ich erachte diese vorgeschriebene Distanz als genügende Massnahme, denn egal wo
ein Restaurant aufgestellt wird, es kann stets behauptet werden, dass die Landschaft
verunstaltet wird.

Die Kritik, dass die fast unberührte Landschaft beim St. Annagletscher nicht von einer neuen
Bahn durchschnitten werden darf, ist aufgrund der Stützung durch das Argument, dass die
Region um den Gletscher ein wichtiger Lebensraum für eine einzigartige Pflanzenwelt sowie
für Rauhfusshühner sei, berechtigt. Bedenkt man aber, dass eine neue Gondelbahn den
Lebensraum dieser Tiere lediglich um einige Masten verkleinert und nicht zerstört, so
erachtet ich diesen Eingriff als tragbar. In Kombination mit dem Argument des NZZ-Artikels
hingegen, dass das Gebiet bereits mit den bestehenden Anlagen erreicht werden kann, ist es
für mich nachvollziehbar, dass dieser Lift nicht unbedingt nötig ist.

Ferner wird darauf eingegangen, dass die flächendeckende künstliche Beschneiung
übermässig viel Energie sowie Wasser beansprucht. Diese Argumente finde ich ganz
besonders überzeugend, denn eine vollumfängliche Beschneiung ist auf einer Höhe von ca.
2000 ist wohl kaum nötig. Dem Wirtschaftlichkeitsbericht der Hochschule Luzern ist auch zu
entnehmen, dass aus wirtschaftlichen Gründen eine flächendeckende künstliche
Beschneiung nicht realisierbar ist. Laut dem Gutachten werden nur Südhänge sowie zentrale
Pisten von Beschneiungsanlagen versorgt, was meines Erachtens aufgrund der
Klimaerwärmung nötig ist.

Meiner Meinung nach ist jedoch die Umfunktionierung des Bergsees zu einem Reservoir
nicht tragbar. Durch diesen Eingriff besteht einerseits die Gefahr, dass nicht genügend
Restwasser im See hinterlassen wird und anderseits wird die Population des Biotopes See
durch die Pumpanlage gefährdet.

Der Einwand, der UVB sei mangelhaft und erhalte zahlreiche Fehler ist zwar zutreffend (Vgl.
Interview Frage 10), jedoch aus meiner Sicht kein Grund gegen den Ausbau, sondern
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vielmehr eine Veranlassung den UVB zu optimieren und zu vervollständigen um die Situation
neu zu beurteilen können.

Ich halte fest, dass die Naturschutzverbände über viele berechtigte Argumente verfügen. Ich
erachte diese Gründe jedoch in den meisten Fällen nicht als Argument gegen den Ausbau
sondern als einen Anreiz für die Projektleiter, diese Fehler einzugestehen und zu verbessern.
So können diese schliesslich beweisen, dass die Anzahl Eingriffe in die Natur so tief wie
möglich gehalten wurde, wie dies als Ziel im Masterplan genannt wurde.
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5. Artikel swissinfo.ch – Sawiris Pläne stossen auf Kritik7
Der ägyptische Investor Samih Sawiris will Andermatt und Sedrun zu einer grossen
Skiarena ausbauen. Dazu holte er das schwedische Unternehmen Skistar ins Boot. "Zu
gross" und "schlecht für die Berglandschaft", sagen Kritiker.

Noch ist ausser einer Absichtserklärung nichts fix, aber die Schweden prüfen, ob und in
welcher Form sie beim Projekt des ägyptischen Milliardärs einsteigen wollen.

Sawiris baut mit seiner Swiss Alps AG in Andermatt einen grossangelegten Luxus-Resort
für vermögende Feriengäste. Mit 18 neuen Bahnen und Liften will der Investor das Gebiet
oberhalb Andermatts und Sedruns in eine grosse Skiarena verwandeln.

Die Investitionen belaufen sich laut Sawiris auf 150 bis 200 Mio. Franken, Skistar beziffert
die Kosten auf 140 Mio. Franken. Die Swiss Alps AG gehört zur Orascom Group, dem
Geschäftsimperium Sawiris.

"Vor Beginn der Entwicklungsarbeiten müssen Vereinbarungen mit den bestehenden
Aktionären, Gläubigern, den Kantonen Graubünden (Sedrun) und Uri (Andermatt) sowie
mit dem Bund über die jeweiligen Beiträge zu den geplanten Investitionen getroffen
werden", heisst es in einer Mitteilung der Andermatt Swiss Alps AG.

In Andermatt sind die Arbeiten am Luxus-Resort im Gang. Bis zum Winter 2013/14 sollen
sechs Hotels mit 844 Zimmern, 25 bis 30 Villen sowie 490 Wohnungen in 42
Apartmenthäusern stehen. Damit wird der Ort am Fusse des Gotthardpasses zur grössten
Feriendestination der Alpen für eine gehobene Klientel.

Dazu    kommt      eine    kommerziell      nutzbare     Fläche    von    35'000     Quadratmetern,
eingeschlossen ein Golfplatz. Sawiris gibt an, mit den Verkäufen im Plan zu liegen. In den
Medien waren aber auch Stimmen zu vernehmen, die das anzweifeln.

Das einzige, was der Luxus-Feriendestination noch fehlt, ist ein grossräumiges Skigebiet.

Veraltete Bahnen

"Heute ist die Infrastruktur in Andermatt nicht sehr komfortabel. Wenn wir für neue Gäste
attraktiv sein wollen, müssen wir modernisieren", sagt Gérard Jenni, Manager von
Andermatt Swiss Alps, gegenüber swissinfo.ch. Deshalb habe man die Schweden ins Boot
geholt, weil diese grosse Erfahrung in der Entwicklung von Skigebieten mitbrächten.
Skistar betreibt in Schweden und Norwegen fünf Skidestinationen.

7
 www.swissinfo.ch/ger/wirtschaft/Sawiris_Plaene_fuer_Skiarena_stossen_auf_Kritik.html?cid=30215168;
Susan Vogel-Misicka
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Es geht einerseits um die Modernisierung der bestehenden Anlagen, andererseits um die
Verbindung der beiden Skiorte Andermatt und Sedrun zu einer einzigen Arena. Neben
den geplanten 18 neuen Bahnen und Liften umfasst das Projekt auch Restaurants,
Schneekanonen sowie weitere Einrichtungen.

Fragen

Mit ihren grossen Plänen stossen Sawiris und Skistar auf Kritik. Zu grosse negative Einflüsse
auf die Urner und Bündner Bergwelt, monieren Umweltschutzkreise. Zu viele Hotelbetten,
die chronisch unterbelegt sein werden, wenden Tourismusfachleute ein.

"Ich bin dagegen, das Skigebiet auf Vorrat auszubauen", sagte Franz Steinegger, Präsident
der Andermatt Gotthard Sportbahnen gegenüber der SonntagsZeitung. Der ehemalige
freisinnige Parteipräsident plädiert für etappenweise Investitionen, die sich analog zur
Nachfrage richteten.

"Mit der Realisierung des Sawiris-Resorts kommen 2013/14 rund 1000 Betten dazu. Um
die Kapazitäten bei den Bahnen entsprechend zu erhöhen, braucht es vorerst 25 bis 30
Mio. Franken", sagte Steinegger.

Seilziehen um jeden Skifahrer

Ins gleiche Horn stösst Tourismusexperte Christen Baumann. "Wo saugt man die täglich
rund 10'000 Gäste ab, die man zusätzlich braucht?", fragt der Chef der Zermatter
Bergbahnen im Zürcher Tages-Anzeiger. Denn so viele Gäste müssten die Skiarena im
Winter täglich anlocken, damit die Investitionen gedeckt würden, rechnet Baumann.
Zudem müssten die Übernachtungsmöglichkeiten auch in den anderen Jahreszeiten
ausgelastet sein.

Sawiris versucht die Wogen zu glätten, indem er eine etappenweise Realisierung
zusichert. "Wenn wir alles ruckzuck machen, gibts keine Rendite", sagte er gegenüber der
Neuen Luzerner Zeitung.

Unberührte Alpenlandschaft

Skeptisch reagiert hat auch der Schweizerische Alpenclub. Dem SAC ist insbesondere die
Verbindung zwischen den beiden Skiorten ein Dorn im Auge. "Die Auswirkungen auf die
Landschaft wären zu gross", sagt Thomas Gurtner, Bereichsleiter Umwelt des SAC, zu
swissinfo.ch.

Das Gebiet mit Ausrichtung gegen Süden sei meist unberührt und deshalb für Skitouren
und Klettern sehr beliebt. Der SAC verlange deshalb sanftere Varianten, gestützt auf die
bestehende Bahnlinie.
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Konkret kritisiert Gurtner die geplante zusätzliche Bahnverbindung von Hospental auf den
Gemsstock, denn die bestehende Verbindung von Andermatt sei ausreichend. "Die
wertvolle Landschaft mit dem St. Anna-Gletscher muss bestehen bleiben."

Gurtner begrüsst hingegen den Plan einer Bahn von Göschenen auf den Gütsch. "Das ist
ein gutes Projekt, weil es eine Förderung des öffentlichen Verkehrs darstellt."

[…]

5.1 Kommentar zum swissinfo.ch Artikel
Im Artikel wird Gérard Jenni, CEO von Andermatt Swiss Alps zitiert: "Heute ist die
Infrastruktur in Andermatt nicht sehr komfortabel. Wenn wir für neue Gäste attraktiv sein
wollen, müssen wir modernisieren". Die Aussage zeigt, dass Andermatt Swiss Alps ganz stark
auf neue Besucher angewiesen ist, welche Jenni mit einer Modernisierung der Infrastruktur
anlocken möchte. Das Unternehmen Andermatt Swiss Alps scheint entweder überzeugt
davon zu sein, dass das Projekt Erfolg bringen wird oder es wird dieser Weg eingeschlagen,
weil die Betreiber keine anderen Auswege sehen. Es muss stets daran gedacht werden, dass
das wirtschaftliche Gutachten auch Verluste als Reaktion auf den Aufbau nicht ausschliesst.

Franz Steinegger, Präsident der Andermatt-Gotthard-Sportbahnen, möchte etappenweise,
entsprechend der Nachfrage in das Skigebiet investieren. Er möchte die Kapazität des
Skigebietes     in   einem     ersten    Schritt  entsprechend       der     Zunahme     der
Übernachtungsmöglichkeiten des Andermatt Swiss Alps Resorts erhöhen. Meiner Meinung
nach vertritt Steinegger eine sehr überlegte und wenig risikoreiche Strategie. Er möchte den
Ausbau entsprechend dem Erfolg der Resorts von Sawiris richten. Sollten diese viele neue
Gäste in die Region bringen, so erfährt das Skigebiet eine Nachfragezunahme. Ein späterer
Ausbau ist nicht ausgeschlossen. Durch diese Überlegung möchte Steinegger die negativen
Folgen eines Versagens der Andermatt Swiss Alps Resorts für das Skigebiet Andermatt-
Sedrun minimieren.

Das grösste Fragezeichen am ganzen Projekt, wo man die täglich rund 10'000 Gäste absaugt,
die zusätzlich erforderlich sind, um die Investitionen zu decken, bleiben weiterhin ungeklärt.

Auch auf den Aspekt des Naturschutzes geht der Artikel ein. Thomas Gurtner, Mitarbeiter
des schweizerischen Alpenclubs wird zitiert: "Die Auswirkung auf di Landwirtschaft wären zu
gross [...] Die wertvolle Landschaft mit dem St. Anna-Gletscher muss bestehen bleiben". (Für
mehr Informationen vgl. Kap. 4.1)
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6. Artikel Der Bund – Kampf um die Skifahrer8
Klimawandel, gesättigte Märkte, neues Freizeitverhalten: Die Schweizer Skigebiete stehen
in einem Verdrängungswettbewerb. Die einen suchen ihr Glück in der Grösse, andere
setzen auf Sommergäste.

In den Schweizer Alpen herrscht Aktivismus – trotz starkem Franken und sinkenden
Übernachtungszahlen. Im Frühling gab der ägyptische Investor Samih Sawiris seine
grossen Pläne für Andermatt- Sedrun bekannt: Zusammen mit der schwedischen
Skigebietsbetreiberin Skistar will er 130 Millionen Franken in 18 neue Skilifte und
Gondelbahnen investieren. Und im November sagten die Stimmbürger auf der
Lenzerheide Ja zu einer geplanten Verbindungsbahn mit dem Skigebiet Arosa. Die
Zusammenschlüsse werden als Schlüsselprojekte für die Weiterentwicklung der Regionen
gepriesen. Die Grösse sei ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit, heisst es
überall. «Wir können mit den Verbindungsbahnen einen Mehrwert schaffen, ohne dass
der Gast zwingend mehr dafür bezahlen muss», sagt Pascal Jenny, Tourismusdirektor von
Arosa. «Mit 220 Pistenkilometern werden wir auch für grössere internationale Tour-
Operatoren interessant.» Diese Entwicklung ist insofern erstaunlich, als zuvor fast 30 Jahre
lang wenig lief. Seit den Neuerschliessungen in den Walliser Destinationen Saas Fee und
Evolène Ende der 70er-Jahre wurden meist nur alte Skilifte durch leistungsfähigere
Sesselbahnen ersetzt (siehe Grafik), aber kaum unberührte Berge neu erschlossen. Die
Freude über die geplanten Zusammenschlüsse teilen aber nicht alle. Skeptisch sind
insbesondere die Naturschützer, auch wenn sie in Einzelfällen eine Konzentration von
«landschaftsschädigenden Aktivitäten auf wenige Gebiete » begrüssen. «Man will in
Andermatt und Sedrun alte Pläne des Gigantismus auferstehen lassen, mit einem enormen
Wasser- und Energieverschleiss für künstliche Beschneiung und Bahnen», sagt Raimund
Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz. Das sei keine Antwort auf den Klimawandel.
Der Verdrängungskampf im schneeabhängigen Tourismus sei bereits jetzt in vollem
Gange.

Hoffen auf Chinesen und Inder

Die Skination Schweiz gebe es längst nicht mehr, meint auch Anita Mazzetta,
Geschäftsführerin des WWF Graubünden: Welche Familie könne sich schon Tageskarten
von 70 oder 80 Franken leisten, lautete ihre Frage im «Bündner Tagblatt». Mit dem
Klimawandel würden günstigere Einsteigergebiete in den Voralpen verschwinden, glaubt
Mazzetta. Der Versuch, die Nachfrage mit Skifahrern aus China, Indien oder Brasilien zu
steigern, führe in die Sackgasse. Die Zeiten, als in den 80er-Jahren selbst Stadtkinder
dreimal im Verlauf ihrer Schulkarriere ins obligatorische Skilager fuhren und sich so für den

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    Der Bund (Jürg Ackermann; S. 31; 3.01.12)
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Schneesport begeistern liessen, sind vorbei. Obwohl die Bevölkerung in der Schweiz seit
der Jahrtausendwende von 7,2 auf fast 8 Millionen wuchs, stieg die Anzahl der Eintritte in
die Skigebiete in den letzten 10 Jahren kaum an. Auch der weltweite Marktanteil der
Schweizer Skigebiete von 8,5 Prozent blieb stabil. «Der Skifahrermarkt in der Schweiz und
in den Alpen gilt als gesättigt», sagt Dominik Siegrist, Leiter der Forschungsstelle für
Freizeit, Tourismus und Landschaft an der Hochschule für Technik Rapperswil. Diese
Entwicklung lässt bei den Tourismusverantwortlichen die Alarmglocken läuten. «Der Trend
zu weniger Skifahrern ist ernst zu nehmen», sagt Ueli Stückelberger, der Direktor von
Seilbahnen Schweiz. «Es muss gelingen, Kinder und Jugendliche wieder fürs Skifahren und
Snowboarden zu begeistern.» Der Verband versucht mit dem Projekt Schneesportlager,
einer Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sport, den Abwärtstrend zu stoppen; für
Lehrkräfte soll es logistisch einfacher und kostengünstiger werden, ein Schullager zu
organisieren. Zudem entdecken immer mehr Skigebiete die Anfänger als neue Zielgruppe:
So bietet Laax seit diesem Winter ein Komplettpaket für Einsteiger mit Tageskarte,
Mietmaterial sowie Ski- oder Snowboardunterricht.

Immer weniger Schneetage

Neben der abnehmenden Zahl von Schneesportlern treibt den Verantwortlichen vor allem
der Klimawandel den Schweiss auf die Stirn. Der Trend ist eindeutig: In Höhen bis 1800
Meter über Meer gibt es immer weniger Schneetage, wie eine Studie der Universität Bern
nachwies. Diese Abnahme wird umso deutlicher, je tiefer eine Station liegt. Für Orte auf
1300 m ü. M. hat sich die Anzahl Schneetage (mindestens 30 Zentimeter) verglichen mit
der Nachkriegszeit gar fast halbiert. Grund dafür ist der signifikante Anstieg der
Temperaturen von Dezember bis März. Die Auswirkungen sind bereits jetzt spürbar:
Zählte der Seilbahnverband 1990 noch über 1200 Anlagen, sind es heute weniger als 900.
Bei einer prognostizierten Erwärmung von zwei Grad dürfte sich die Zahl der
schneesicheren Skigebiete in der Zentral- und Ostschweiz, im Kanton Bern oder im Tessin
in den nächsten 20 Jahren halbieren. Kaum Sorgen müssen sich dagegen die beiden
hochalpinen Gebirgskantone Wallis und Graubünden machen, die schon heute auf einen
Marktanteil von über 60 Prozent kommen. Sie könnten gar zu den Gewinnern des
Klimawandels zählen. Dennoch wird sich der Trend zu mehr Kunstschnee auch hier kaum
aufhalten lassen. Bereits heute stehen bei 36 Prozent aller Pisten Schneekanonen bereit. In
Italien werden fast drei Viertel aller Pisten künstlich beschneit, selbst in Österreich sind es
über 60 Prozent. Die Investitionen für die Skigebiete sind massiv: Allein die Installation der
Beschneiungsanlagen kostet pro Pistenkilometer eine Million Franken. «Wenn heute ein
Skigebiet nicht garantieren kann, dass zumindest ein Teil der Pisten an Weihnachten offen
ist, bleiben die entsprechenden Buchungen aus», sagt Seilbahndirektor Stückelberger.
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Verbünde statt Gärtlidenken

Mittel zur Attraktivitätssteigerung gäbe es jedoch noch andere: Experten wie der Zürcher
Ökonom Roger Gfrörer raten den Bergbahnbetreibern, das noch immer ausgeprägte
Gärtlidenken zu überwinden. Während in den Dolomiten Gratis-Bussysteme die Skifahrer
von einem Skigebiet ins andere bringen und sich auch in Österreich immer mehr
Skigebiete zu Tarifverbünden zusammenschliessen, ist es in der Schweiz noch immer an
vielen Orten nicht möglich, eine Wochenkarte zu kaufen, die auch für ein benachbartes
Skigebiet gilt. Gesättigte Märkte, Klimawandel und verändertes Freizeitverhalten: «Es gibt
Experten, die glaubhaft belegen, dass es in den Alpen in 100 Jahren kaum mehr
Skitourismus geben wird», sagt Forscher Dominik Siegrist. Auch wenn mittelfristig vor
allem grosse und hochgelegene Gebiete überleben würden, dürfe man nicht dem Irrtum
verfallen, dass Grösse immer gleich Qualität sei. Dank attraktiven Zusatzangeboten wie
Gastronomie oder Thermen könnten auch kleinere Gebiete eine Nische finden. Klar ist
aber auch für Siegrist: Mit kostspieligen Schneekanonen lassen sich die drohenden
Veränderungen nur verzögern, aber nicht aufhalten. «Tourismusdestinationen sollten
versuchen, den Ganzjahrestourismus zu fördern und die Winterabhängigkeit zu
reduzieren.» Andere plädieren für einen ökologischen Nischentourismus mit mehr Natur
und Kultur. Das grosse Geschäft lässt sich damit aber kaum machen. Bergbahnen
generieren bis zu 90 Prozent des Umsatzes im Winter. «Dieses Verhältnis kann auch mit
den besten Sommerangeboten nicht umgekehrt werden», sagt Seilbahndirektor
Stückelberger. Dennoch begrüsst auch er die Anstrengungen der Kurorte für mehr
Wellness und Wandern.

Viel Steuergeld im Spiel

Viele Skigebiete kommen zudem ohne Anschubfinanzierungen und Unterstützung der
öffentlichen Hand nicht aus. Selbst Sawiris hofft in Andermatt auf über 40 Millionen
Franken Steuergelder für die Erweiterung der Anlagen. Die Bergbahnbetreiber
rechtfertigen   dies   mit    den   hohen   Investitions-   und   Fixkosten   und     dem
Multiplikatoreneffekt: Bergbahnen sind Motoren für die regionale Wirtschaft. Fehlen die
Lifte, gibt es kaum Skifahrer und damit auch kaum Hotelgäste. Experten wie Dominik
Siegrist beurteilen dies jedoch kritisch: «Wenn ein grosses Skigebiet wie Andermatt
international konkurrenzfähig bleiben will, muss es die Investitionen selber aufbringen:
Sonst wird es auch künftig immer wieder beim Staat anklopfen. » Die Gefahr eines
Überangebotsbestehe in hohem Masse.
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6.1 Kommentar zum Bund Artikel
Der Artikel aus dem Bund berichtet in erster Linie über den Trend der Skigebiet-Fusionen. Es
werden als Beispiele Andermatt-Sedrun und Lenzerheide-Arosa genannt. Es wird weiter
festgehalten, dass seit der Fusion der beiden Skigebiete Saas Fee und Evolène in den 70er-
Jahren hauptsächlich „alte Skilifte durch leistungsfähigere Sesselbahnen ersetzt wurden,
aber kaum unberührte Berge neu erschlossen [wurden, um Skigebiete zu fusionieren]“. Der
Trend der Fusionen wird im Artikel damit begründet, dass diese „als Schlüsselprojekte für die
Weiterentwicklung der Region gepriesen [werden].“ Als weiteres Argument wird aufgeführt,
dass die Grösse eines Skigebietes dessen Wettbewerbsfähigkeit verbessere. Diese
Argumentationen an sich sind unbestritten, es wird aber am Ende des Artikels darauf
hingewiesen, dass grosse und hochgelegene Gebiete grundsätzlich bessere
Überlebenschancen haben, dass aber Grösse nicht immer Qualität bedeute und sich so auch
kleinere Gebiete durch Zusatzangebote wie beispielsweise Thermen behaupten können.
Wendet man diese Kriterien auf das Beispiel Andermatt an, so wird ersichtlich, dass das
Skigebiet durch den Ausbau in allen genannten Faktoren attraktiver wird. Denn es wird
bekanntlich nicht nur in den Ausbau der Pisten investiert, sondern auch in neue Infrastruktur
sowie Zusatzangebote, wie etwa das Andermatt Swiss Alps Resort, eine Rodelbahn sowie
auch in neue Restaurants. Der Bericht gibt also so einer Renovation mehr Chancen als nur
einer Gebietserweiterung, welche lautstark von den Naturschutzverbänden gefordert wird.
Ein weiteres Argument stützt diese Behauptung: Die Geschäftsführerin des WWF
Graubünden, Anita Mazzetta gibt zu bedenken, dass sich viele Familien keine Tageskarten
mehr für 70 bzw. 80 Franken (was laut des Nachhaltigkeitsberichtes für Andermatt nicht
zutreffen wird, man geht von maximal 68 Fr. aus!) leisten können oder wollen. Würden also
die Skigebiete Andermatt-Sedrun ausschliesslich fusionieren und auf den Ausbau verzichten,
so würden die Preise für Tageskarten nur geringfügig ansteigen. Das Skigebiet würde damit
aufgrund der Grösse sowie des im Vergleich zu den Mega-Skigebieten moderaten Preisen
nach wie vor an Attraktivität zulegen und auch für finanziell schwächere Personen offen
stehen.

Besonders interessant an diesem Artikel finde ich die Antwort von Ueli Stückelberger
bezüglich des Abwärtstrends der Skifahrnachfrage. Auf die Aussage von Dominik Siegrist,
dass der Skifahrermarkt als gesättigt gilt, antwortet Herr Stückelberger: „Dieser Trend zu
weniger Skifahrer ist ernst zu nehmen“ und fügt an: „Es muss gelingen, Kinder und
Jugendliche wieder fürs Skifahren und Snowboarden zu begeistern.“ Diese Aussage ist aus
wirtschaftlicher Sicht sehr interessant: Er gibt zu bedenken, dass die Angebotssteigerung der
Skigebiete langfristig nicht zum Erfolg führen wird, sofern die Nachfrage nicht mitsteigt - was
momentan der Fall ist. Er möchte darum durch Projekte wie etwa Schneesportlager die
Nachfrage nach dem Skifahren wieder steigen lassen. Dieser Vorschlag würde folglich auch
der Kritik, dass die zusätzlichen Wintersportler der Skiarena Andermatt von anderen
Skigebieten abgesaugt werden, eine Lösung bieten.

Der Autor gibt auch einen Einblick in die Zukunft der Schweizer Skigebiete: Prognosen
besagen, dass sich die Anzahl schneesicheren Skigebiete in der Zentral- und Ostschweiz in
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den nächsten 20 Jahren halbieren wird. Diese Tatsache betrachte ich als Chance für die
Skiarena Andermatt, denn aufgrund dessen hohen Lage sowie die Einplanung von
Beschneiungsanlagen wird das Skigebiet gegenüber seinen Konkurrenten in der
Zentralschweiz zukünftig einen klaren Wettbewerbsvorteil aufweisen. Es besteht somit die
Möglichkeit, dass sich die Skiarena von Andermatt in Zukunft zum Marktführer der
Zentralschweizer Skigebiete etabliert. Falls die Prognose eintrifft, dass 50 % der Skigebiete in
der Zentralschweiz nicht mehr schneesicher bleiben und die Investitionen wie geplant
getätigt werden, so erscheint es mir diese Möglichkeit umso wahrscheinlicher.

Spannend ist auch, dass auch eine momentan etwas übertrieben wirkende Prognose
angesprochen wird: Experten haben angeblich glaubwürdig belegt, dass es in den Alpen in
100 Jahren kaum mehr Skitourismus geben wird. Da aber 100 Jahre doch eine sehr lange
Zeitspanne ist, betrachte ich dies momentan nicht als Argument gegen den Ausbau des
Andermatter Skigebietes.

Gerade der am Ende diskutierte Aspekt finde ich sehr brisant: Es wird festgehalten, dass
Sawiris auf Steuergelder in Höhe von 40 Millionen Franken hofft. Es ist zwar nachvollziehbar,
dass solche verlangt werden, denn Skigebiete sind gerade für finanziell schlecht dastehende
Kantone wie Uri wichtige Einnahmemöglichkeiten. Es muss jedoch im Falle Andermatt
bedenkt werden, dass es sich laut dem Gutachten der Hochschule Luzern um eine ziemlich
spekulative Investition handelt. Bei einem Versagen ist es wahrscheinlich, dass der Staat für
dieses finanziell aufkommen müsste und dass Investoren das Projekt verlassen. Die Skiarena
Andermatt-Sedrun ist also auch für den Staat eine Investition in der Grauzone. Es erscheint
mir hingegen sinnvoll, dass sich der Staat nur bei der Gebietsverbindung finanziell beteiligt,
um das Risiko einer weiteren Belastung zu minimieren.
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7. Zeitungsartikel Neue Zürcher Zeitung9
Alles neu am Gotthard Unterwegs am Oberalp, wo wegen der Ausbaupläne für die
Andermatter
Skigebiete Goldgräberstimmung aufkommt Die Reaktionen ob der Ausbaupläne für die
Andermatter Skigebiete sind kontrovers. Während Umweltverbände die Grösse des
Projekts kritisieren, hofft die Bevölkerung auf wirtschaftliche Prosperität. So auch der
Rettungschef Carlo Danioth.

Heuer war die Wintersaison im kleinen Familienskigebiet Nätschen-Gütsch oberhalb von
Andermatt kurz. Hoch über der Passstrasse und dem Bahntrassee zum Oberalppass liegt
das kleine Skigebiet – weil südexponiert – viele Stunden pro Tag besonnt. Nur wenig
Schnee hat die in anderen Jahren mit Niederschlägen verwöhnten Skiregionen am
Gotthard in der vergangenen Saison beglückt. So liegen an diesem sommerlich warmen
Frühlingstag am Gütsch, rund 2200 Meter über Meer, nur noch vereinzelte Schneehaufen
dort, wo sich die Sportler während des vergangenen Winters tummelten.

Parkieren in Göschenen

Carlo Danioth kurvt sein Allradfahrzeug durch eine letzte wässrige Schneewechte, die das
schmale Militärsträsschen zu versperren scheint. Dann lässt er den Wagen stehen. Danioth
ist Betriebsleiter der Andermatt Sportbahnen AG und als Pisten- und Rettungschef
verantwortlich für die Sicherheit der Wintersportler am Gemsstock und im Skigebiet
Nätschen-Gütsch. Er kennt die Gegend wie kein anderer. Ein kühler Wind bläst uns um die
Ohren. Drei Windturbinen des Elektrizitätswerks Ursern drehen sich langsam und
produzieren Ökostrom. Tief unten im Reusstal der viele Beton der Autobahn, kurz bevor
sie bei Göschenen im Gotthard-Tunnel verschwindet.

«Vom Talboden ist eine direkte Anlage hier herauf geplant», erklärt Danioth. Sie soll
Göschenen dereinst direkt mit dem Skigebiet verbinden. Tagestouristen müssten sich dank
der Gondelbahn nicht mehr durch die Schöllenen nach Andermatt quälen, sondern
könnten ihre Wagen in Göschenen stehenlassen. Doch diese Verbindung hat für Danioth
nicht erste Priorität, wie er sagt. Der grosse Nachteil liege darin, dass keine Talabfahrt nach
Göschenen möglich sei. «Heute wollen die Wintersportler doch auf ihren Ski ins Tal fahren
und nicht wieder die Gondel besteigen», sagt er.

Wildschutz am Gemsstock

Danioth wendet sich ab und blickt nachdenklich zur gegenüberliegenden Talseite, zum
Gemsstock. Das «Nischen-Skigebiet» schlechthin – bei Kennern und Freeridern überaus
beliebt. Es liegt dem Andermatter Rettungschef am Herzen: Der Gemsstock dürfe ob der

9
    NZZ(Daniel Fuchs; S.15; 27.05.11)
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geplanten Neu- und Ausbauten im Oberalp-Gebiet nicht zum Verlierer werden, mahnt er.
Denn er sei ein schweizweit einzigartiger Skiberg.

Eine Beschneiungsanlage für die Talabfahrt nach Andermatt steht für Danioth ganz oben
auf der Wunschliste. Eine Erschliessung des St.-Anna-Gletschers von Hospental aus, wie es
der Masterplan einer kanadischen Firma vorsieht, erachtet Danioth dagegen nicht als
notwendig. Den Gletscher könne man auch vom bestehenden Skigebiet aus erschliessen,
wenn man dies wolle. Umweltverbände könnten mit ihm in diesem Punkt einverstanden
sein, kritisieren sie doch die «Erschliessung neuer Geländekammern», insbesondere jene
des St.-Anna-Gletschers. Doch Danioth präzisiert: Der St.-Anna-Gletscher sei bereits heute
mit einer Piste versehen und die St.-Anna-Lücke auch aus dem bestehenden Skigebiet
erschliessbar. Die Umweltverbände kritisieren aber genau solche Pläne, ist doch die
Variante St.-Anna-Lücke mit einer Abfahrt durchs Felsental bei Freeridern überaus beliebt.
Die Erschliessung – das befürchtet etwa der SAC – würde Variantenfahrer in
Geländekammern treiben, wo sie das Wild in bisher unberührten Gebieten störten.

Korridor am Oberalp

Auch sonst hat Danioth das Heu in den wenigsten Fragen auf derselben Bühne wie der
SAC oder Mountain Wilderness. Trotzdem befürwortet er deren Mitsprache. Ihm ist aber
wichtig, dass blockierte Projekte ein Wirtschaften der Bergbevölkerung nicht verhinderten.
«Schliesslich leben wir direkt von der Schönheit der Berglandschaft. Verbandsfunktionäre
sehen die Berge dagegen allzu oft als Naherholungsgebiet für die Städter», kritisiert
Danioth.

Auf dem Gütsch drehen sich die Windräder weiter. In dieser Kulisse, mit Sicht über das
Urserntal hin zum Furkapass, Galenstock und Dammastock, soll dereinst auch ein neues
Restaurant stehen. Ab hier sind zahlreiche neue Anlagen in östlicher Richtung geplant,
allesamt nördlich von der Eisenbahnlinie und der Strasse über den Oberalppass. Viele
neue Pisten sollen Nätschen-Gütsch mit dem Sedruner Skigebiet auf der Bündner Seite
des Oberalp verbinden. Aber sind die beiden Gebiete nicht bereits heute durch die
Matterhorn-Gotthard-Bahn verbunden, gar im selben Tarifverbund integriert? Danioth
bejaht und erklärt: «Die Skifahrer wollen auf ihren Ski in das jeweilig andere Gebiet
gelangen.» Die Bahnfahrt sei zwar malerisch, jedoch für Wintersportler unattraktiv. Es sei
wenig sinnvoll – wie von Umweltverbänden gefordert –, einzig einen Korridor mit kurzen
«Zubringeranlagen» zu schaffen, der beide Skigebiete verbinde. Das Ziel sei vielmehr, mit
längeren «Frequentier-Anlagen» Raum für Pisten zu schaffen, die für Wintersportler
attraktiv sind.

Der erfahrene Pisten- und Bergretter Danioth schlägt trotz seiner grundsätzlich positiven
Einstellung gegenüber dem Projekt durchaus skeptische Töne an. So macht er auf die
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