Roadmap für den zeitlich gestaffelten Betrieb der Neutronenquellen in Deutschland - SNI-Portal
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Roadmap für den zeitlich gestaffelten Betrieb der Neutronenquellen in Deutschland 6. Komitee für die Forschung mit Neutronen September 2003 Mitglieder: Prof. Dr. Thomas Brückel FZ Jülich (Vorsitz) Dr. Hans Anton Graf HMI Berlin Prof. Dr. Gernot Heger RWTH Aachen Prof. Dr. Michael Loewenhaupt TU Dresden Prof. Dr. Martin Müller Universität zu Kiel Prof. Dr. Winfried Petry TU München Prof. Dr. Werner Press ILL Grenoble Prof. Dr. Walter Reimers TU Berlin Prof. Dr. Michael Ruck TU Dresden Prof. Dr. Helmut Schober ILL Grenoble (Stellvertreter) Prof. Dr. Andreas Schreyer GKSS Geesthacht Frau Dr. Regine Willumeit GKSS Geesthacht Prof. Dr. Oliver Zimmer TU München Strategiekommission: Prof. Dr. Gernot Heger RWTH Aachen (Vorsitz) Prof. Dr. Helmut Schober ILL Grenoble Prof. Dr. Michael Loewenhaupt TU Dresden 1
Inhaltsverzeichnis Präambel 3 Zusammenfassung und Schlußfolgerungen 4 1. Zielsetzung und Randbedingungen 10 2. Deutsche Nutzergemeinde und Wissenschaftsfelder 12 3. Europäisches und weltweites Umfeld 14 3.1 Übersicht über die Quellen 14 3.2 Arbeitsteilung zwischen den Quellen 17 3.3 Zusammenfassung der Ergebnisse der Neutronenarbeitsgruppe von ESFRI 19 3.4 Die ESFRI Schlußfolgerungen – und wie nun weiter? 21 4. Analyse der Situation der nationalen deutschen Neutronenquellen 23 4.1 FZ-Jülich (FRJ-2) 24 4.2 GKSS (FRG-1) 30 4.3 HMI (BER-II) 35 4.4 FRM-II 40 4.5 Außenstelle der Helmholtzgemeinschaft am FRM-II 42 Referenzen 43 Anhang I: Stellungnahme der HGF-Zentren zu den nachfolgenden Kriterien 44 AI.1. FZJ 45 AI.2. GKSS 46 AI.3. HMI 47 Anhang II: Ausstattung der Geräte und Leistungsfähigkeit an den HGF-Reaktoren 48 AII.1. FZJ 48 AII.2. GKSS 49 AII.3. HMI 50 2
Präambel: Es ist Ziel dieser Roadmap, für die Forschung mit Neutronen in Deutsch- land einen realistischen Weg in die Zukunft aufzuzeigen. Dabei wird der Komplexität einer lebendigen und sich ständig erneuernden Wissen- schaftsdisziplin Rechnung getragen. Neben absoluten Leistungsindikatoren für Neutronenquellen und Instrumentierung wird dem Erhalt und der Ent- wicklung des organischen Gebildes der Nutzergemeinde besondere Auf- merksamkeit geschenkt. Als übergeordnetes Ziel gilt die langfristige Si- cherung der europäischen Spitzenstellung auf dem Gebiet der Forschung mit Neutronen. Die Roadmap stellt die Prioritäten dar, die zum Erreichen dieses Ziels notwendig sind. Sie führen zu konkreten Empfehlungen über Ausbau und Weiterbetrieb der Quellen. Die Kosten für die vorgeschla- genen Betriebsszenarien gehen nicht in die Betrachtungen ein. Es wird Aufgabe der Entscheidungsträger in der Politik und bei den Zentren sein, ausgehend von den hier benutzten Kriterien und aufbauend auf den hier etablierten Prioritäten, den Einsatz der Ressourcen zum Erhalt der For- schung mit Neutronen zu optimieren. 3
Zusammenfassung und Schlußfolgerungen: 1. Langfristig ist der Bau einer Multi-MW-Spallationsquelle in Euro- pa unerläßlich, wenn Europa nicht in wesentlichen Gebieten, in de- nen Neutronen eine wichtige Rolle spielen, den Anschluß an die Weltspitze verlieren will. Da die amerikanische (SNS) und japani- sche (JSNS) Quelle sich bereits im fortgeschrittenen Baustadium befinden und weitere Ausbaupläne für diese Quellen existieren, kann das ESFRI-Szenario 3 (1 MW-Kurzpulsquelle, Details siehe Punkt 3.3) angesichts des zeitlichen Nachhinkens Europas keine realistische Alternative mehr darstellen. Vielmehr muß möglichst zeitnah auf europäischer Ebene ein Entscheidungsprozeß zugunsten einer Multi-MW-Spallationsquelle nach ESFRI-Szenario 1 (ESS) oder 2 (Langpulstargetstation LPTS zuerst) in Gang gesetzt wer- den. Die Entscheidung für den Bau sollte im Zeitraum 2004 bis 2007 vorbereitet werden und spätestens im Jahr 2008 fallen, damit noch ein Überlapp mit dem Betrieb des ILL gewährleistet ist, bevor nach heutigem Kenntnisstand größere technische Umbaumaß- nahmen am HFR-Reaktor des ILL nötig werden könnten. Langfris- tig ist eine solche Multi-MW-Spallationsquelle in Nachfolge des ILL als die europäische Spitzenquelle anzusehen. 2. Es ist sicherzustellen, daß bis zur Entscheidung für den Bau einer Multi-MW-Spallationsquelle Kontinuität gewahrt wird, was die Weiterentwicklung strategisch wichtiger Komponenten (Be- schleuniger, Target, Moderator und Instrumentierung), sowie die Fähigkeit zur Projektabwicklung anbetrifft. Insbesondere muß die ESS als Organisation in geeigneter Form weiterbestehen. 3. Eine 5 MW-Langpulsquelle nach ESFRI-Szenario 2 hat besondere Qualitäten, die sie komplementär zu den amerikanischen und japa- nischen Projekten macht. Eine solche Quelle würde die europäi- sche Führung auf wichtigen Gebieten der Wissenschaft sichern. In Anbetracht des Finanzvolumens erscheint ein Aufbau einer Multi- MW-Spallationsquelle in Stufen angebracht, wobei als erste Aus- baustufe eine 5 MW 162/3 Hz Langpulsquelle realisiert werden sollte. Aus Sicht der deutschen Nutzer sollte sich die Bundesrepu- blik nicht die Vorteile entgehen lassen, die aus einem Standort in Deutschland erwachsen: den Gewinn durch die Ausbildung und Beschäftigung von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern, den Zuwachs an Attraktivität für die besten internationalen For- scher, sowie den Technologietransfer in die Standortregion. 4. MW-Spallationsquellen sind die Neutronenquellen der nächsten Generation. Sie eröffnen grundlegend neue Meßmöglichkeiten und erschließen damit wissenschaftliches Neuland für die Forschung mit Neutronen. Die Beteiligung am Aufbau der Instrumentierung der amerikanischen Spallationsquelle SNS könnte den deutschen Nutzern einen limitierten Zugang zu dieser neuartigen Quelle ver- schaffen. Während diese Option quantitativ keine Alternative zum Aufbau einer eigenen europäischen Multi-MW-Spallationsquelle 4
darstellt, würde eine derartige Beteiligung verhindern, daß Deutschland den Anschluß an die modernen Entwicklungen der Forschung mit Neutronen verliert. Allerdings können viele der In- strumentierungskonzepte auch erfolgreich an existierenden Mit- telflußreaktoren erprobt werden. 5. Die Meßmöglichkeiten an der projektierten zweiten Targetstation der Neutronenquelle ISIS (ISIS-II) liegen im Prozentbereich der Möglichkeiten einer MW-Spallationsquelle wie der SNS und sind in der Regel höchstens vergleichbar mit Instrumenten an der kalten Quelle eines Mittelflußreaktors. Für die deutschen Nutzer besteht daher wenig Interesse, sich an der Instrumentierung von ISIS-II zu beteiligen. Empfehlung zu Spallationsquellen: Höchste Priorität hat langfristig die Realisierung einer europäischen Mul- ti-MW-Spallationsquelle. In einer ersten Ausbaustufe sollte das Langpulstarget (LPTS) im Jahre 2016 in Betrieb gehen. Hierzu muß eine Entscheidung für den Bau in den Jahren 2004 - 2008 vorbereitet und her- beigeführt werden. Deutschland sollte einen signifikanten Beitrag zu einer Multi-MW- Spallationsquelle leisten, wo immer sie in Europa gebaut wird. Ein Stand- ort in Deutschland sollte angestrebt werden. Kurzfristig wird die Beteiligung am Aufbau der Instrumentierung an der SNS empfohlen. ISIS-II stellt für deutsche Nutzer keine attraktive Alterna- tive zur SNS dar. 6. Das ILL spielt als derzeit weltweit beste Einrichtung zur Forschung mit Neutronen für die deutschen Nutzer eine herausragende Rolle. Um einen Überlapp mit der zukünftigen europäischen Multi-MW- Spallationsquelle zu erhalten, muß das ILL auch über die Dauer der Laufzeit des gegenwärtigen Staatsvertrags über 2013 hinaus weiterbetrieben werden, mindestens bis in die zweite Hälfte des nächsten Jahrzehnts hinein. Die Instrumentierung am ILL muß da- her konsequent und zeitnah unter Ausnutzung aller Möglichkeiten weiterentwickelt werden, um die europäische Spitzenstellung mög- lichst lange zu erhalten. Das KFN ist der Meinung, daß das ILL als einzige wahrhaft europäische Quelle in Zukunft eine wichtige Rol- le bei der Projektierung der europäischen Multi-MW- Spallationsquelle spielen sollte. Empfehlung zum ILL: Ein Weiterbetrieb des ILL auch über 2013 hinaus ist unbedingt erforder- lich, um einen Überlapp mit der zukünftigen europäischen Multi-MW- Spallationsquelle zu erreichen. Die Instrumentierung sollte konsequent und kontinuierlich auf dem neuesten Stand von Technik und Wissenschaft gehalten werden. 7. Der Münchener Reaktor FRM-II wird in der nahen Zukunft eine führende Rolle unter den nationalen deutschen Neutronenquellen spielen. Voraussetzung hierfür ist der volle Aufbau der Instrumen- 5
tierung, der wie beim ILL prioritär erfolgen muß. Gleichzeitig muß die wissenschaftliche Profilierung der Instrumentverantwortlichen und der Aufbau eines Nutzerbetriebs konsequent verfolgt werden. Diese Prozesse werden mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Die für den Nutzerbetrieb nötigen Strukturen sind untypisch für ein uni- versitäres Umfeld. Um die Kompetenz der Helmholtz-Zentren nutzbar zu machen, wird empfohlen, eine Außenstelle der Helm- holtzgemeinschaft (HGF), gemeinsam getragen von FZJ, GKSS und HMI, am FRM-II einzurichten. Diese Außenstelle bringt Vor- teile für die Nutzer, den FRM-II und die Helmholtz-Zentren. Damit wären beste Voraussetzungen geschaffen, den FRM-II zu einem in- tegrierenden und die Bundesländer übergreifenden Exzellenz- zentrum der deutschen Forschung mit Neutronen zu machen. Empfehlung zum FRM-II: Langfristig muß der FRM-II die nationale Nutzerquelle werden. Hierzu muß der Aufbau der Instrumentierung und des Nutzerbetriebs, sowie die wissenschaftliche Profilierung der Instrumentverantwortlichen prioritär erfolgen. Wesentliche Synergieeffekte können durch Gründung einer Au- ßenstelle der Helmholtz-Zentren am FRM-II erzielt werden. 8. Das Netzwerk der europäischen Mittelfluß-Neutronenquellen er- füllt wichtige Aufgaben für • Bereitstellung von Meßzeiten für Experimente, die nicht unbe- dingt auf den höchsten Neutronenfluß angewiesen sind; • Bereitstellung spezialisierter Meßmöglichkeiten, die an den Spitzenquellen nicht angeboten werden; • Betreuung der Nutzer und Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses; • Möglichkeiten zur Methodenentwicklung inklusive Erhalt und Ausbau des ESS Know-hows; • Aufbau internationaler Kollaborationen; • Erschließung neuer Forschungsgebiete inklusive Knüpfung von Industriekontakten. 9. Alle Quellen der Helmholtz-Zentren tragen zu dieser europäischen Infrastruktur wesentlich bei. Aus der Sicht der deutschen Nutzer ist ein befristeter Weiterbetrieb der HGF-Forschungsreaktoren, insbe- sondere zur Sicherung der Meßmöglichkeiten sowie zum Erhalt und Ausbau der methodischen Kompetenz, zwingend erforderlich. Mittel- und langfristig müssen sich die Betriebszeiten dabei an dem Fortschritt der Inbetriebnahme des FRM-II, der Weiterentwicklung des ILL sowie der Planung und Realisierung der zukünftigen euro- päischen Multi-MW-Spallationsquelle orientieren. Damit ergibt sich eine zeitliche Staffelung: 1. Stufe - voll ausgebauter Meßbetrieb des FRM-II 2. Stufe - fortgeschrittene Bauphase der europäischen Multi-MW-Spallationsquelle 6
3. Stufe - Nutzerbetrieb an der europäischen Multi-MW- Spallationsquelle. Hier verbleibt der FRM-II als die nationale Quelle. Die Optimierung und Bündelung von Ressourcen sollte sich nach den fol- genden Kriterien richten: Kriterien zur Bewertung der Bedeutung der HGF Quellen für die deutschen Nutzer: a) Leistung beim Nutzerbetrieb und der Ausbildung des wissen- schaftlichen Nachwuchses b) Einzigartige Experimentiermöglichkeiten im Vergleich zu ILL und FRM-II inklusive wissenschaftlicher Kompetenz c) Abdeckung von Meßzeitbedarf, der am ILL und FRM-II nicht bedient werden kann d) Methodenentwicklung und Instrumentierung an kontinuierli- chen Quellen e) Leistung bei der Erschließung neuer Forschungsgebiete inklu- sive der Knüpfung von Industriekontakten f) Engagement im Rahmen der HGF Außenstelle am FRM-II g) Beitrag zur Projektierung und Realisierung sowie zur Metho- denentwicklung und Instrumentierung für die zukünftige euro- päische Multi-MW Spallationsquelle. Die betroffenen HGF-Zentren wurden gebeten, jeweils in knapper Form (limitiert auf 1 Seite DIN A4) zu diesem Fragenkatalog Stellung zu neh- men. Diese Angaben sind im Anhang I der Roadmap wiedergegeben. Zusammenfassend lassen sich zu den Zentren folgende Aussagen formu- lieren: − Das FZ-Jülich ist ein international anerkanntes Kompetenzzentrum für die Forschung mit Neutronen. Das vorhandene Know-how auf den Gebieten der Instrumenten-, Methoden- und Quellenentwick- lung sollte unbedingt in Hinblick auf eine spätere europäische Spal- lationsneutronenquelle erhalten und weiterentwickelt werden. Dazu ist es erforderlich, daß die Neutronenstreuung in ihrer Substanz am FZJ erhalten wird, was auch einen befristeten Weiterbetrieb des FRJ-2 erforderlich macht. Hier wird ein breitbandiger Nutzerbe- trieb (EU-Förderung) mit hervorragende Eigenforschung in den Bereichen Weiche Materie und Magnetismus kombiniert. Der Er- folg basiert wesentlich auf optimierter und in Teilen einmaliger In- strumentierung. Die Anstrengungen auf dem Gebiet der Ausbil- dung (Praktika und IFF-Ferienschulen) verdienen auf Grund ihrer nationalen und internationalen Ausstrahlung besonders erwähnt zu werden. Aus Nutzersicht ist ein verstärktes Engagement des FZJ am FRM- II sehr wichtig, um die volle Leistungsfähigkeit dieser intensivsten nationalen Neutronenquelle sicher zu stellen. Kurzfristig sollten FZJ und HMI zusammen ihre methodische Kompetenz in den Aufbau der Instrumentierung an der SNS ein- 7
bringen. Dadurch wird die in Zukunft stärkste Neutronenquelle den deutschen Nutzern zugänglich gemacht und Erfahrung in der Ent- wicklung und dem Betrieb von Instrumenten an einer MW- Spallationsquelle gesammelt. Es wird empfohlen, daß das FZ-Jülich aufgrund seiner methodi- schen Kompetenz eine zentrale Rolle bei der Auslegung, Konstruk- tion und Bau einer zukünftigen europäischen Multi-MW- Spallationsquelle und ihrer Instrumentierung spielen und langfristig seine Kräfte auf diese neue Quelle konzentrieren soll. − Die GKSS unternimmt große Anstrengungen, um die Streumetho- den mit Neutronen- und Synchrotronstrahlung auszubauen. Das ei- genständige Profil in der Eigenforschung und im Nutzerbetrieb am FRG-1 ist dabei auf den Schwerpunkt Werkstofftechnik und Mate- rialwissenschaften ausgerichtet. Die wissenschaftliche Kompetenz auf diesem Gebiet wird durch die starke Industriekooperation, den hohen Anteil von industrieller Nutzung, sowie einem intensiven Nutzerprogramm (EU-Förderung ab 2004) unterstrichen. Die GKSS betreibt erfolgreich Methoden- und Instrumententwicklung - vor allem auf dem Gebiet der elastischen Neutronenstreuung mit materialwissenschaftlichem Anwendungsprofil. Die Einbringung dieser Kompetenz am FRM-II hat bereits begonnen und muß inten- siviert weiterbetrieben werden. Die GKSS sollte eine führende Rol- le bei der vorgeschlagenen Außenstelle der HGF-Zentren am FRM- II übernehmen. Beim gegenwärtigen Stand der Instrumentierung am FRM-II und am ILL kann nicht davon ausgegangen werden, daß das Aufgaben- feld des FRG-1/GKSS kurzfristig von anderen Quellen in Qualität und Quantität abgedeckt werden kann. Deshalb ist ein befristeter Weiterbetrieb des FRG-1 für den spezifischen Meßzeitbedarf im Bereich der Werkstofftechnik und Materialwissenschaften – beson- ders auch aus der Industrie – erforderlich. Langfristig sollte GKSS die Meßmöglichkeiten am FRM-II, der leistungsstärksten nationalen Neutronenquelle, für die Eigenfor- schung mit Neutronen nutzen und sich in seinem Kompetenzbe- reich an der Instrumentierung der europäischen Multi-MW- Spallationsquelle beteiligen. - BENSC am HMI hat sich in den letzten Jahren als Nutzerzentrum europäischer Dimension etabliert. Nahezu das komplette Spektrum der Neutronenstreuung wird dabei abgedeckt. Die Auswahlprozes- se für Experimente sowie die Betreuung der Nutzer (EU- Förderung) entsprechen dem vom ILL gesetzten internationalem Standard. Speziell entwickelte Probenumgebungen, in Kombinati- on mit innovativer Instrumentierung, erlauben am BER-II weltweit einzigartige Experimente. Der wissenschaftliche Schwerpunkt in der Eigenforschung liegt auf den Gebieten Magnetismus und Mate- rialwissenschaften. Die Entwicklung der Instrumentierung für eine zukünftige Multi-MW Spallationsquelle wird schon seit Jahren als zentrale Aufgabe am HMI wahrgenommen. Kurzfristig sollten FZJ und HMI zusammen ihre methodische Kompetenz in den Aufbau 8
der Instrumentierung an der SNS einbringen. Das bereits bestehende Engagement des HMI am FRM-II sollte auch hier weiter ausgebaut werden. Da mit der Osterweiterung der europäischen Gemeinschaft dem HMI eine zusätzliche Integrati- onsaufgabe erwachsen wird, ist BER-II/BENSC als Pfeiler der deutschen Neutronenstreuung neben dem FRM-II unbedingt solan- ge zu erhalten, bis durch eine neue leistungsstarke europäische Multi-MW-Spallationsquelle ein qualitativ und quantitativ verbes- sertes Angebot an Experimentiermöglichkeiten für die Forschung mit Neutronen geschaffen ist. Empfehlung zu den HGF Reaktoren: In der Übergangsphase – geprägt durch die Inbetriebnahme des FRM-II und die Vorbereitung und Realisierung einer europäischen Multi-MW- Spallationsquelle – ist ein zeitlich gestaffelter Weiterbetrieb der HGF- Mittelflußreaktoren unabdingbar. Es wird Aufgabe der Entscheidungsträ- ger in der Politik und bei den HGF-Zentren sein, ausgehend von den dar- gestellten Kriterien und aufbauend auf den hier etablierten Prioritäten, den Einsatz der Ressourcen zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Forschung mit Neutronen zu optimieren. Da Entscheidungen zum Betrieb der HGF-Reaktoren auch signifikante Auswirkungen im europäischen Umfeld haben, ist eine gesamteuropäische Strategie wünschenswert. Hierzu erbittet das KFN die Unterstützung des BMBF. Folgende Schwerpunkte sind für die langfristige Entwicklung erkennbar: • führendes Engagement des FZJ bei den Spallationsquellen • führende Rolle der GKSS bei der HGF-Außenstelle am FRM-II • HMI als zweites nationales Nutzerzentrum neben FRM-II 9
1. Zielsetzung und Randbedingungen Das Strategiepapier „Forschung mit Neutronen in Deutschland – eine Wissenschaftliche Strategie für die nächsten 15 Jahre –“, das das 4. Komitee für die For- Begründung: schung mit Neutronen (KFN) 1999 vorgelegt hat /1/, stellt in dem Anhang Strategiepapier „Wissenschaftliche Begründung“ auf 28 Seiten die Bedeutung der For- 1999; schung mit Neutronen in einer absehbaren Zukunft detailliert dar. Dabei ESS Projekt; wird das breite, sich stetig weiterentwickelnde Spektrum der Fragestel- Fortschreibung lungen von der Grundlagenforschung bis zur industriellen Anwendung Strategiepapier aufgezeigt. Durch den „Science Case“ für die Europäische Spallations- 2004. neutronenquelle ESS wurde diese nationale Sicht auf internationaler Ebe- ne im Mai 2002 aktualisiert („The ESS Project Report, Volume 2“ /5/). Für die für 2004 geplante Neuauflage des Neutronen-Strategiepapiers soll hierzu eine Überarbeitung aus deutscher Sicht stattfinden. Ein wichtiges Anliegen dieses Strategiepapiers war es, konkrete und reali- Strategiepapier stische Überlegungen anzustellen, um die Möglichkeiten der Forschung 1999: mit Neutronen in Deutschland längerfristig zu sichern. Dabei ist festzu- Konsistente halten, daß Europa seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts auf diesem „Roadmap“ in die Forschungsgebiet - besonders in Zusammenhang mit dem europäischen Neutronenzukunft. Hochflußreaktor des Instituts Laue-Langevin (ILL) in Grenoble - eine führende Rolle spielt. Die etwa 900 deutschen Wissenschaftler1, die Neut- ronen für ihre Untersuchungen in der Physik, der Chemie, den Mate- rialwissenschaften und der Werkstofftechnik, den Geowissenschaften und der Biologie sowie der Medizin nutzen, haben daran einen bedeutenden Europäische Füh- Anteil. Wir unterstreichen hier, daß die wissenschaftliche Bedeutung die- rung in anerkann- ses Forschungsgebietes weltweit anerkannt wird und folgerichtig z. Zt. in tem Forschungs- den USA und in Japan neuartige Spallationsneutronenquellen gebaut wer- gebiet. den, die dem heutigen Stand der Forschung und Technik entsprechen. In Übereinstimmung mit den Vorstellungen des KFN sieht das Ministe- rium für Bildung und Forschung BMBF die Notwendigkeit einer kurzfri- stigen Aktualisierung des Strategiepapiers von 1999 in Form einer Road- map. Eine entsprechende Anfrage erging im März 2003 vom BMBF an das KFN. Das enge Zeitfenster begründet sich durch die Überführung von institutioneller in programmorientierte Förderung (PoF) der Helmholtz- gemeinschaft HGF. Empfehlungen können so noch Einfluß in die for- schungspolitischen Vorgaben der PoF finden. Ziel der vorliegenden Roadmap ist es, ausgehend von den aktualisierten Ausgangsparametern in 2003, aus Nutzersicht die Prioritäten für einen Ziel: Sicherung zeitlich gestaffelten Weiterbetrieb der bestehenden Neutronenquellen in der deutschen For- Deutschland vorzulegen. Dabei bleibt unser zentrales Anliegen, eine deut- schung mit Neu- sche Beteiligung an der Forschung mit Neutronen und Arbeitsmöglich- tronen auf höch- keiten für deutsche Forschergruppen sicherzustellen, um Forschung auf stem Niveau. höchstem Niveau zu betreiben, das vorhandene Know-how zu erhalten und weiterzuentwickeln, sowie die Ausbildung und Nachwuchsförderung zu gewährleisten. 1 Schätzwert laut ENSA Umfrage von 1998; wir beabsichtigen eine Aktualisierung auf Basis einer Nutzerumfrage für die Fortschreibung des Strategiepapiers 2004. 10
Die Aktualisierung im Jahr 2003 betrifft insbesondere folgende Punkte: (1) 1999 ist das KFN davon ausgegangen, daß die neue Forschungsneu- Veränderte Rah- tronenquelle FRM-II bereits 2001 die dritte Teilerrichtungsgenehmi- menbedingungen: gung erhalten und ab 2002 im Routinebetrieb den deutschen Nutzern Inbetriebnahme als nationale Neutronenquelle hochqualitative Experimentiermöglich- FRM-II und Pro- keiten bieten wird. Nach der Inbetriebnahme und einer Optimierungs- jekt ESS verzögert. phase sollten ab 2005 die ersten 10 Instrumente am FRM-II ihre volle Leistungsfähigkeit erreichen. Diese Vorgaben haben sich inzwischen massiv verändert. Nach der Erteilung der dritten Teilerrichtungsge- nehmigung im Mai 2003 ist davon auszugehen, daß der FRM-II Mitte 2004 den Routinebetrieb aufnehmen kann. Dementsprechend verzö- gert sich auch die Verfügbarkeit der Instrumentierung für die For- schung. Eine optimale wissenschaftliche Nutzung ist bis etwa 2007 zu erwarten. (2) Als positive Entwicklung neben der Inbetriebnahme des FRM-II ist herauszustellen, daß inzwischen der Staatsvertrag für das ILL um 10 Jahre bis Ende 2013 verlängert worden ist. (3) Das Projekt einer europäischen Multi-MW-Spallationsneutronenquelle Multi-MW- wurde und wird vom KFN als zentrale europäische Forschungsneutro- Spallationsquelle nenquelle der nächsten Generation angesehen, die den Hochflußreak- bleibt erklärte Per- tor des ILL ersetzen soll. Leider ist die erhoffte Förderentscheidung spektive höchster der europäischen Regierungen für eine derartige Spallationsneutro- Priorität für die nenquelle z. Zt. nicht absehbar und kurzfristig nicht zu erwarten, wäh- deutschen Neutro- rend Konsens darüber besteht, daß langfristig eine solche Quelle un- nennutzer. abdingbar ist. Diese Situation führt zwangsläufig - gegenüber der Ein- schätzung von 1999 - zu einer massiven Verzögerung der Verfügbar- keit dieser neuen europäischen Höchstleistungsquelle. Aus unserer Aufnahme Nut- Sicht ist ein Nutzerbetrieb spätestens ab 2016 unbedingt erforderlich zerbetrieb späte- und ein Standort in Deutschland wünschenswert. stens 2016. 11
2. Deutsche Nutzergemeinde und Wissenschaftsfelder Die zeitliche Entwicklung des Angebots an Meßmöglichkeiten (Quellen und Instrumente) im Bereich der Forschung mit Neutronen kann nicht losgelöst von der erwarteten zeitlichen Entwicklung der Nachfrage nach Meßmöglichkeiten geplant werden. Dabei bedingen sich Angebot und Nachfrage teilweise gegenseitig. Die sich kontinuierlich erneuernde Nut- zergemeinde spielt die zentrale Rolle. Über die Nutzer steht die For- schung mit Neutronen im Kontakt zu modernsten Entwicklungen in Wis- senschaft und Technik. So führen die von den Nutzern an die Quellen herangetragenen Fragestellungen zur zeitgerechten Anpassung des in- strumentellen Angebots. In der vorliegenden Roadmap wird auf den wich- tigen Aspekt der Nutzerbetreuung mehrfach hingewiesen. Die einzelnen Quellen spielen dabei unterschiedliche und zumeist komplementäre Rol- len. Ausbildung und Nachwuchsförderung sind in diesem Zusammenhang zwei besonders wichtige Aspekte. Es wird Aufgabe des für 2004 neu zu erstellenden Strategiepapiers sein, Erhebungen zur umfassende Erhebungen zur Struktur der deutschen Nutzergemeinde an- Struktur der deut- zustellen. Neueste statistische Zahlen von HMI und ILL (s. u.) deuten je- schen Nutzerge- doch an, daß die Entwicklung der Nutzergemeinde langsam und stetig von meinde geplant statten geht. Es ist daher legitim, sich bei dieser Roadmap in wesentlichen für das Strategie- Punkten auf die Aussagen des Strategiepapiers von 1999 zu stützen. papier 2004. Die Forschung mit Neutronen ist eine typisch multidisziplinäre Untersu- Forschung mit chungsmethode. Am HMI verteilen sich die externen Meßzeitanträge im Neutronen ist in- Jahre 2002 wie folgt auf die einzelnen Fachgebiete (siehe auch Abb. 10): härent multi-dis- ziplinär. Physik Materialwissenschaften Chemie Biologie 40 % 30 % 9% 21 % Die Zahlen des ILL für das Jahr 2002 geben ein ähnliches Bild, wenn man die Unterschiede in der Klassifizierung beachtet: Physik Materi- Chemie Weiche Bio- Ingenieur- Sonstiges alien Materie logie wiss. 49 % 15 % 14 % 12 % 6% 1% 3% Diese Verteilungen sind durchaus kompatibel mit den ENSA-Erhebungen von 1998 /2/. Biologische Fragestellungen gewinnen zunehmend an Ge- wicht (siehe insbesondere die Zahlen des HMI). Auf Grundlage der Statistiken der einzelnen Zentren darf angenommen Stabilisierung der werden, daß sich die Gesamtzahl der deutschen Neutronennutzer auf ho- Zahl deutscher hem Niveau stabilisiert. Im Jahre 1998 wurden etwa 900 deutsche Nutzer Nutzer auf hohem erfaßt /1,2/. Was die Verteilung auf akademische Einrichtungen anbetrifft, Niveau. so gibt das HMI folgende Zahlen für die Hauptantragsteller der Meßvor- schläge im Rahmen des normalen Proposalverfahrens an: 12
Universitäten MPI HGF Andere† 71 % 12 % 11 % 6% † andere öffentliche Forschungseinrichtungen (z. B. BAM) Dies zeigt klar, daß die gesamte deutsche Forschungslandschaft in die Forschung mit Neutronen eingebunden ist. Die freie Wirtschaft taucht in dieser Statistik nicht auf, da Industrieprojekte am HMI meist über Lang- zeitproposals bearbeitet werden bzw. die Grundlagenforschung oft in Ko- operation mit Einrichtungen der öffentlichen Hand erfolgt. Im Gegensatz zu den USA forschen Industrieunternehmen in Deutschland traditionsge- mäß nur selten direkt an Großgeräten, weshalb es besonderer Anstrengun- gen bedürfen wird, den Industrieanteil auf ein allgemein sichtbares Ni- veau anzuheben. Belastbares statistisches Material zur Altersstruktur der Nutzergemeinde liegt nicht flächendeckend vor. Wir können die Zahlen der von der Euro- päischen Union geförderten BENSC Nutzer am HMI zitieren, auch wenn sich diese Angaben auf die Gesamtzahlen, also nicht nur auf deutsche Nutzer, beziehen: Altersverteilung 20-29 Jahre 30-39 Jahre 40-49 Jahre 50-59 Jahre 60-69 Jahre 26 % 44 % 8% 11 % 11 % Status Erfahrener Nutzer Postdoc Postgraduate 56 % 21 % 23 % Trotz dieser gesunden Altersstruktur muß der Förderung des Nachwuch- ses im Bereich der Forschung mit Neutronen besonderes Gewicht beige- messen werden. Junge Wissenschaftler müssen unterstützt werden beim Schritt vom Universitätslabor zum Großgerät. In näherer Zukunft wird eine große Anzahl von Leistungsträgern in den Ruhestand versetzt wer- den. Die dadurch entstehenden Lücken in der Ausbildung und Betreuung sind schnell durch Neubesetzungen zu schließen. Trotz der neuerdings wieder steigenden Anfängerzahlen bei Studenten der Naturwissenschaften ist die Nachwuchssituation immer noch kritisch. Für alle Nutzer spielt die Drittmittelförderung eine ganz entscheidende Die Verbundför- Rolle. Im Bereich der Forschung mit Neutronen erfüllt die BMBF- derung muß als Verbundförderung eine ganz wichtige Funktion, indem sie es Universi- extrem erfolgrei- tätsgruppen ermöglicht, bei Aufbau und Betrieb von Instrumenten bzw. an ches Förderin- der Methodenentwicklung an Großgeräten mitzuarbeiten. Die Instrumen- strument erhalten tierung an den Großgeräten profitiert enorm von dem großen Ideenpoten- und ausgebaut tial der Universitätsgruppen. Diesen wiederum wird ein direkter Zugriff werden. zu Experimentiermöglichkeiten erschlossen, die sonst oft unzugänglich wären. Diese Symbiose hat sich bestens bewährt und hat dazu geführt, daß Deutschland eine Spitzenstellung einnimmt bei der Nutzung von Großgeräten für die Untersuchung kondensierter Materie. Es bleibt zu wünschen, daß das äußerst erfolgreiche Instrument der BMBF-Verbund- förderung erhalten bleibt und weiter ausgebaut wird. 13
3. Europäisches und weltweites Umfeld 3.1 Übersicht über die Quellen Den ca. 4.500 europäischen Neutronennutzern stehen mit dem Institut ILL: leistungs- Laue-Langevin in Grenoble und der ISIS Facility am Rutherford Appleton stärkste Neutro- Laboratory in Abingdon die weltweit stärkste kontinuierliche Quelle und nenquelle welt- die derzeit beste Spallationsneutronenquelle zur Verfügung. Dabei ist weit. jedoch nur das ILL eine echt europäische Quelle. Daneben existiert ein ganzes Netzwerk von Mittelflußquellen, siehe Tabelle 1, die in Zukunft von dem FRM-II angeführt werden, der mit seinem Fluß zwischen den Mittelflußquellen und der Hochflußquelle des ILL liegen wird. Zum Vergleich sind in Tabelle 2 die wichtigsten Quellen im nordameri- kanischen und im asiatischen Raum aufgeführt. Um zu einer vergleichen- den Aussage über die Angebotssituation bei der Neutroneninfrastruktur Europa hat die zwischen den drei Erdteilen zu kommen, muß man die stark unterschied- größte Neutro- liche Anzahl von Wissenschaftlern, die Neutronen für ihre Forschung nennutzerge- einsetzen, in Betracht ziehen. Geht man aus von ca. 4.500 Neutronennut- meinde. zern in Europa, ca. 1.000 in USA und ca. 1.000 im asiatisch-australischen Raum /2/, /3/, so wird deutlich, daß den europäischen Nutzern relativ we- niger Quellen zur Verfügung stehen als den Nutzern im nordamerikani- schen oder im asiatisch-australischen Raum. Sollten in Europa nach RISØ noch weitere wichtige Quellen geschlossen werden2, ohne daß ein der SNS oder JSNS (Japan) entsprechendes Zukunftsprojekt realisiert wird, so wird sich der Druck auf die existierenden Anlagen noch wesentlich erhö- hen. 2 Gegenwärtig ist z. B. die Zukunft des ORPHEE-Reaktors in Saclay unsicher. 14
Quelle Labor Ort Land Fluß Leistung Anzahl Referenz Art (1) [1014n/ [MW] Instr. (3) cm2⋅s] (2) (2) HFR ILL Institut Grenoble F 15 58 37/5/ http://www.ill kR Laue-Langevin .fr/ FRM-II TU München Garching D 8 20 14/5/ http://www.fr kR TUM (Erst- m2.tu- ausbau) muenchen.de/ ORPHÉE Laboratoire Saclay F 3 14 25/ / http://www- kR Léon Brillouin llb.cea.fr/ LLB FRJ-2 FZ Jülich Jülich D 2.9 23 16/2/ http://www.n kR FZJ eutronscatte- ring.de/ R2 NFL/ Studsvik Nyköping S 2.4 50 5/1/ http://www.st kR Neutron Rese- udsvik.uu.se/ arch Lab. FRG-1 GKSS Geest- D 1.4 5 10/ /3 http://genf.gk kR hacht ss.de BER-II BENSC / HMI Berlin D 1.2 10 20/2/4 http://www.h kR mi.de/bensc/ BRR BNC / KFKI Budapest HU 1.6 10 6/ /3 http://www.b kR nc.hu/ SINQ Paul-Scherrer Villigen CH 1 0.75 13/1/2 http://sinq.we kS Institut PSI b.psi.ch/ HOR TU Delft Delft NL 0.2 2 4/ / http://www.iri kR TUD .tudelft.nl/ ISIS Rutherford Abingdon GB 100 0.16 18/1/ http://www.is PS Appleton Labo- is.rl.ac.uk/ ratory IBR-2 Joint Inst. for Dubna RUS 50 1500 (2) 12/2/2 http://nfdfn.ji PR Nuclear Re- (0.08) nr.ru/ search JINR (1) R = Reaktor; k = kontinuierlich; P = Puls; S = Spallation (2) Bei gepulsten Quellen: Werte im Puls; Mittelwerte gegebenenfalls in Klammern. (3) Streuexperimente & Radiographie / Andere Strahlexperimente / Bestrahlungseinrichtungen Tabelle 1: Übersicht über die für die Erforschung kondensierter Materie wichtigsten Neutro- nenquellen in Europa. Daneben existieren noch weitere Reaktorquellen, die jedoch hauptsächlich zur Isotopenproduktion oder für andere Anwendungen genutzt werden und für die eigentliche For- schung mit Neutronen - zumindest für deutsche Nutzer - nicht von Bedeutung sind. 15
Quelle Labor Ort Land Fluß Leistung Anzahl Referenz Art (1) [1014n/c [MW] Instr. m2⋅s] (2) (2) (3) NRU Chalk River Chalk Kanada 3 125 7 http://neutron.n kR Laboratories River rc-cnrc.gc.ca/ CNF Chalk River Chalk Kanada http://www.cnf PRO Laboratories River -ccn.gc.ca/ kR IPNS Argonne Natio- Argonne USA 5 0.007 13 http://www.pns PS nal Laboratory .anl.gov/ LANSCE Los Alamos Los Ala- USA 60 0.16 13 http://www.lan PS National Labo- mos sce.lanl.gov/in ratory dex_ext.htm NCNR National Insti- Gaithers- USA 2 20 22 http://rrdjazz.ni kR tute of Stan- burg st.gov/ dards and Tech- nology NIST HFIR ORNL Oak Oak Rid- USA 12 85 15 http://www.orn kR Ridge National ge l.gov/hfir/hfirh Laboratory ome.html SNS ORNL Oak Oak Rid- USA 1.4 12 http://www.sns PRO Ridge National ge 4+ (Erst- .gov/ PS Laboratory ausstat- tung) JRR-3M Japan Atomic Tokai- Japan 3 20 22 http://kikaku.to kR Energy Re- mura kai.jaeri.go.jp/ search Institute ken-kyou/kan JAERI ren-sisetu/ neutron/eng KENS High Energy Tsukuba Japan 3 0.003 14 http://neutron- PS Accelerator Or- www.kek.jp/ ganisation KEK KUR Kyoto Univer- Osaka Japan 0.32 5 8 http://www.rri. kR sity kyoto-u.ac.jp/ HIFAR ANSTO Au- Lucas Austra- 1.4 10 7 http://www.ans kR stralien Heights lien to.gov.au/ansto /bragg/index.ht ml Replacent ANSTO Lucas Austra- 4 20 8 http://www.ans reactor Australien Heights lien (Erst- to.gov.au/ansto project ausstat- /bragg/index.ht PRO tung) ml kR (1) R = Reaktor; k = kontinuierlich; P = Puls; S = Spallation PRO = Projekt (2) Bei gepulsten Quellen: Werte im Puls; Mittelwerte gegebenenfalls in Klammern. (3) nur Streuexperimente und Radiographie Tabelle 2: Übersicht über die wichtigsten außereuropäischen Quellen. 16
3.2 Arbeitsteilung zwischen den Quellen: Zwischen den Hochflußquellen und den Mittelflußquellen hat sich in Eu- ropa eine sehr gute und bewährte Arbeitsteilung etabliert: da die For- schung mit Neutronen im allgemeinen flußlimitiert ist, lassen sich die anspruchsvollsten Experimente meist am besten an den Hochflußquellen ILL und ISIS durchführen, wobei es am Typ des Experimentes liegt, ob Bewährte Arbeits- eine gepulste Quelle oder eine kontinuierliche Quelle Vorteile bietet und teilung zwischen deshalb vorgezogen wird. Allerdings muß betont werden, daß es auch an Mittelfluß & den Mittelflußquellen Instrumente gibt, die im weltweiten Vergleich für Hochflußquellen. ganz bestimmte Anwendungen führend oder auch einmalig sind, etwa die neue fokussierende Kleinwinkelanlage KWS-3 in Jülich oder das kombi- nierte Flugzeit- und Spinechoinstrument SPAN am HMI. Die Instrumente an den beiden Hochflußquellen sind besonders stark nachgefragt, was zu sehr kurzen und damit fehlerintoleranten Meßzeiten führt. Daher sind an diesen Quellen sowohl die Möglichkeit der Ausbildung des Nachwuchses Mittelflußquellen: als auch die Möglichkeit zur Methodenentwicklung sehr stark einge- - Nachwuchsaus- schränkt. Diese Aufgaben erfüllen in hervorragender Weise die Mit- bildung telflußquellen - zusätzlich zur Bereitstellung von Neutronenstrahlung für - Methodenent- ein breites Spektrum von Experimenten. Daneben sind sie sehr wichtig für wicklung orientierende Messungen zur Optimierung der Meßstrategie und Messun- - spezialisierte gen mit aufwendigen Probenumgebungen, sowie in-situ Probenpräparati- Messungen oder on etc.. In Europa wird ca. 60 % der Forschung mit Neutronen an Mit- Instrumente. telflußquellen durchgeführt /2/ und viele herausragende wissenschaftliche Ergebnisse erzielt. So lassen sich wissenschaftliche Arbeiten, wie Diplom- oder Doktorar- beiten, nur durchführen, wenn eine gewisse kontinuierliche Versorgung an Meßzeit gewährleistet wird. Die Spitzenquellen könnten aufgrund der hohen Anfrage diese Aufgabe nur sehr beschränkt erfüllen. Die Meßzeiten an den Mittelflußquellen sind im Allgemeinen etwas länger und erlauben ein Nachmessen, ein sehr wichtiger Aspekt für die Nachwuchsausbildung. Sehr viele methodische Entwicklungen sind an den Mittelflußquellen ge- laufen, bevor sie auf die Hochflußquellen übertragen wurden. Beispiele hierfür sind die Entwicklung der Kleinwinkelstreuung und der hochauflö- senden Rückstreuspektroskopie in Jülich, der magnetischen Streuung bei extrem hohen Feldern am HMI oder von Geschwindigkeitsselektoren für die Kleinwinkelstreuung bei GKSS, die in der Folge dann vom ILL in Grenoble übernommen wurden. Während die Mittelflußquellen ursprüng- lich eher einen regionalen Einzugsbereich hatten, hat sich dieses Bild in- zwischen drastisch gewandelt, insbesondere nachdem sehr wichtige ältere Quellen, wie der Reaktor in RISØ, abgeschaltet wurden. Die Bedeutung der Forschung mit Neutronen wird inzwischen auch in den europäischen Ländern ohne bedeutende eigene Quelle erkannt, wie Portugal, Spanien, EU Access Pro- Italien, Polen, etc.. Im Rahmen des EU-Programms Access to Large Faci- gramm: lities bewerben sich Nutzer aus diesen Ländern zunehmend um Meßzeit Europäisierung an den Mittelflußquellen. Hinzu kommt bei den meisten Mittelflußquellen der Neutronen- ein ausgeprägtes wissenschaftliches Profil und entsprechende Spezialisie- forschung. rung in der Instrumentierung. Die Neutronenforscher, die von jeher ge- wohnt sind, Meßreisen für ihre Experimente durchzuführen, suchen sich das für ihre Anwendung jeweils beste Instrument bzw. den kompetente- 17
sten wissenschaftlichen Ansprechpartner heraus. Diese Tendenz hat zu einer ausgesprochenen Europäisierung der Neutronennutzung geführt. Dies sei an zwei Beispielen verdeutlicht: Abbildung 1 zeigt die Verteilung der Neutronennutzer auf verschiedene Nationalitäten am Paul-Scherrer- Institut in der Schweiz, Abbildung 9 eine entsprechende Darstellung für das Hahn-Meitner-Institut in Berlin. Eine ähnliche Situation existiert an den anderen Quellen, und man kann festhalten, daß die Infrastruktur auf dem Gebiet der Forschung mit Neutronen wahrhaft international genutzt wird. Zum einen bedeutet dies natürlich, daß Länder wie Deutschland, die Internationale eine sehr starke Großgeräteinfrastruktur auf dem Gebiet kondensierter Kollaborationen Materie besitzen (sowohl Neutronen- als auch Synchrotronstrahlungs- befruchten die quellen), einen Großteil der Last tragen. Andererseits führt diese Interna- Erforschung kon- tionalisierung jedoch auch zu einem Zufluß von neuen Ideen zu den deut- densierter Materie schen Quellen und zum Aufbau von internationalen Kollaborationen, die in Deutschland. von den jeweiligen Großgeräten ausgehen. Dieser Aspekt ist extrem wich- tig für die Lebendigkeit der Erforschung kondensierter Materie in Deutschland. Abb. 1: Verteilung der Neutronennutzer auf die verschiedenen Nationalitä- ten an der SINQ, PSI. Gemäß obiger Aufstellung ist die Lage der Versorgung mit Neutronen für die Forscher in Deutschland derzeit ausreichend und wird sich mit der Inbetriebnahme des FRM-II noch einmal deutlich verbessern. Dabei nut- zen die deutschen Forschergruppen hauptsächlich die drei Mittelflußre- aktoren BER-2, FRG-1, FRJ-2 sowie den Hochflußreaktor am ILL. In FRM-II muß sich Zukunft muß sich der FRM-II zur wichtigsten nationalen Quelle entwik- zur wichtigsten keln. Allerdings ist zu erwarten, daß dieser Prozeß einige Jahre dauern nationalen Quel- wird, da er sowohl die Entwicklung der Instrumentierung als auch die le entwickeln. Profilbildung der Wissenschaftler vor Ort umfaßt. Daneben nutzen deut- sche Forscher auch in geringerem Maße die Meßmöglichkeiten an ISIS, 18
LLB und PSI sowie an den amerikanischen Quellen. Die Nutzung des Reaktors in Dubna ist auf wenige deutsche Gruppen beschränkt. Die an- deren Reaktoren spielen für deutsche Nutzer nur eine untergeordnete Rol- le. Macht man sich Gedanken über eine Entwicklung der Forschung mit Neutronen über einen Zeitraum von ca. 10 - 15 Jahren, so kann man die Analyse der Neutronenarbeitsgruppe des „European Strategy Forum for Research Infrastructure“ (ESFRI) vom Herbst 2002 heranziehen /4/. 3.3 Zusammenfassung der Ergebnisse der Neutronenarbeitsgruppe von ESFRI: Der Bericht der ESFRI-Arbeitsgruppe /4/ hat sich nicht mit der gesamten Bedarf an einer Infrastruktur von Neutronenquellen in Europa beschäftigt, sondern kon- Neutronenquelle zentriert sich auf eine zukünftige europäische Spitzenquelle. Dies ent- der nächsten Ge- spricht der Erkenntnis, daß ein Netzwerk von Mittelflußquellen gemäß neration. den obigen Argumenten zwar unverzichtbar ist, daß in Europa aber darauf aufbauend insbesondere Bedarf an einer Neutronenquelle der nächsten OECD: Je eine Generation besteht. Nach übereinstimmender Ansicht aller Experten kann MW-Spallations- es sich dabei nur um eine MW-Spallationsquelle handeln. Dies entspricht quelle in den drei ganz der Empfehlung des OECD-Ministerrats von 1999, nach der in den hochentwickelten drei Erdteilen Nordamerika, Europa und Japan (für den asiatisch-australi- Erdteilen. schen Raum) jeweils eine solche Quelle realisiert werden sollte. Die ESFRI-Arbeitsgruppe hat dabei drei verschiedene Szenarien analysiert, Grundannahme: wobei jeweils vorausgesetzt wird, daß sowohl der Ausbau der Instrumen- Voller Ausbau tierung am ILL im Rahmen des Millenniumprogramms als auch der Auf- ILL Instrumen- bau der zweiten Targetstation bei ISIS (ISIS-II) in vollem Umfang reali- tierung und ISIS- siert werden. Die drei betrachteten Szenarien sind wie folgt: II. 1. Bau der vollen ESS wie vorgeschlagen, d. h. mit einem 5 MW / 50 Hz Kurzpulstarget und einem 5 MW / 162/3 Hz Langpulstarget (ESS). 2. Realisierung der ESS in zwei Phasen, wobei als erste Ausbaustufe die 5 MW / 162/3 Hz Langpulstargetstation realisiert wird (LPTS). 3. Bau einer 1 MW-Kurzpulsquelle, entweder durch Leistungserhöhung bei ISIS (50 Hz) oder durch den Bau einer AUSTRON-artigen Quelle (10 Hz) (1 MW). Die verschiedenen Szenarien wurden analysiert durch Vergleich der Quellstärke zwischen den bestehenden europäischen Quellen ISIS und ILL (ISIS/ILL), den erweiterten Möglichkeiten durch die zweite Tar- getstation (ISIS-II), und den drei obigen Szenarien, wobei als Vergleich die erwartete Quellstärke der amerikanischen Spallationsquelle SNS in der ersten Ausbaustufe von 1.4 MW herangezogen wurde (siehe Abb. 2). Der Vergleich wurde für die verschiedenen Instrumenttypen separat durchgeführt, wobei die Instrumente eingeteilt wurden in zwei Klassen: sogenannte prioritäre Instrumente und andere. Die prioritären Instrumente sind dabei für möglichst viele verschiedene Wissenschaftsbereiche von größter Bedeutung. 19
6 Mittlere Quellstärken Relativ zur SNS 5 P rio ritär 4 ande re Mitte l 3 2 1 0 IS IS -II IS IS /ILL 1MW S NS LP T S ESS Abb.2: Vergleich der Quellstärken für existierende Quellen und die Spallationsquellen nach den ESFRI-Szenarien. Die Quellstärke ist je- weils gemittelt über alle Instrumente. Aus der Abbildung 2 lassen sich bezüglich eines Vergleichs der existie- renden europäischen Quellen ILL und ISIS sowie dem Ausbau einer zwei- ten Targetstation ISIS-II mit der amerikanischen Quelle SNS folgende Schlußfolgerungen ziehen: 1. Die Quellstärke der SNS ist bereits in der ersten Ausbaustufe für alle SNS als Quelle Instrumenttypen durchgängig höher als die der existierenden Quellen der nächsten Ge- ILL und ISIS. Dieser Abstand wird sich deutlich vergrößern, wenn der neration ist ILL projektierte Ausbau der SNS auf 4 MW realisiert wird. Die Quellstär- und ISIS an ke bestimmt nicht nur die Quantität, sondern bewirkt auch eine quali- Quellstärke deut- tative Verbesserung: eine signifikante Erhöhung der Quellstärke er- lich überlegen. laubt es, völlig neue Arten von Experimenten durchzuführen. In die- sem Sinne wird die SNS nach Betriebsbeginn im Jahr 2007 sicher wissenschaftliches Neuland betreten, ähnlich wie dies ILL und ESRF nach ihrer Inbetriebnahme geleistet haben. Im quantitativen 2. ILL schneidet gegenüber SNS wesentlich besser ab, wenn der quanti- wissenschaftli- tative wissenschaftliche Ertrag verglichen wird. Hierbei gehen die An- chen Ertrag wird zahl der Instrumente und der Betriebstage mit in die Rechnung ein. die SNS erst 2012 Gemäß der Projektion aus heutiger Sicht übernimmt die SNS erst nach dem ILL die 2012 die Weltführung vom ILL, wenn man den quantitativen wissen- Führung streitig schaftlichen Ertrag als Maßzahl zugrunde legt. machen. 3. Die zweite Targetstation ISIS-II fällt sowohl bei den qualitativen als auch bei den quantitativen Kriterien deutlich hinter die Spitzenquellen Für deutsche zurück. Während sie eine gewisse Funktion für die englischen Nutzer Nutzer kann kein im Bereich kalter Neutronen erfüllen kann, ist die erwartete Leistungs- Interesse am fähigkeit der Instrumente an der zweiten Targetstation ISIS-II höch- Aufbau der In- stens vergleichbar mit Instrumenten an einer kalten Quelle eines Mit- strumentierung telflußreaktors. Für die deutschen Neutronennutzer, die an den natio- von ISIS-II be- nalen Quellen eine gute Versorgung mit kalten Neutronen haben, kann stehen. daher kein Interesse bestehen, sich beim Aufbau der Instrumentierung von ISIS-II zu beteiligen. 20
Nach einem Vergleich der instrumentellen Leistungsfähigkeit an den ver- schiedenen Quellen wurden in der ESFRI-Arbeitsgruppe nun die Auswir- kungen auf die verschiedenen Wissenschaftsgebiete untersucht. Details hierzu können im Bericht /4/ nachgelesen werden. Die ESFRI-Arbeits- gruppe kommt zu den folgenden Schlußfolgerungen: ♦ Szenario 1 - ESS-Vollausbau: Europa wird eine weltweit führende ESS Vollausbau: Position in allen Wissenschaftsfeldern einnehmen, bei denen Neutro- führende Positi- nen als Sonde wichtig sind. on Europas. ♦ Szenario 2 - ESS, jedoch nur Langpulstarget: Die Langpulsquelle ist eine Neutronenquelle mit speziellen Qualitäten, komplementär zu den Langpulsquelle: amerikanischen und japanischen Projekten SNS und JSNS. Sie würde europäische Füh- die europäische Führung auf einigen Gebieten der Wissenschaft si- rung in wichtigen chern, insbesondere in den wichtigen Feldern "Weiche Materie" und Gebieten. "Biologie". Im gesamten Bereich der Forschung mit Neutronen wäre Europa zumindest konkurrenzfähig. ♦ Szenario 3 - 1 MW-Kurzpulsquelle: Europa wäre nur konkurrenzfähig 1 MW Kurzpuls: relativ zur ersten Ausbaustufe der amerikanischen und japanischen Europa nur kon- Quellen. kurrenzfähig zur ersten Ausbau- stufe SNS oder JSNS. 3.4 Die ESFRI Schlußfolgerungen - und wie nun weiter? Trotz dieser Analyse kommt ESFRI zu dem Schluß, daß kurzfristig keine Bereitschaft für eine Investition in eine neue europäische Quelle vorhan- den ist. ESFRI betont aber auch, daß langfristig der Bau einer MW- Langfristig ist für Spallationsquelle für Europa angestrebt werden muß und daß hierfür mit- Europa eine telfristig eine Entscheidung notwendig ist. Betrachtet man die Entwick- Multi-MW-Spal- lung des wissenschaftlichen Ertrags und bedenkt weiterhin, daß bereits lationsquelle un- Erweiterungspläne für die SNS existieren, so können wir folgern, daß es abdingbar. sich bei dieser zukünftigen europäischen Quelle nur um eine Multi-MW- Spallationsquelle handeln kann. Macht man sich Gedanken über die zeitliche Entwicklung der Situation der Neutronenforschung über 10 - 15 Jahre, so ist die Zukunft der welt- weit besten Neutronenquelle am Institut Laue-Langevin in Grenoble von besonderer Bedeutung. Die Zukunft dieser Quelle ist durch einen Staats- vertrag bis Ende 2013 gesichert. Da auch bei zügigster Projektierung der europäischen Multi-MW-Quelle ein voller Nutzerbetrieb vor 2018 nicht realistisch erscheint, ist der Weiterbetrieb des ILL-Reaktors, HFR, über ILL: Weiterbe- 2013 hinaus unabdingbar. Aus heutiger Sicht ist dies technisch un- trieb über 2013 problematisch, auch wenn ab etwa 2018 eine größere technische Überho- hinaus, bei Aus- lung, die den Austausch des Reaktortankbehälters mit beinhalten könnte, bau der Instru- nicht auszuschließen ist. Letzteres läßt sich daraus folgern, daß ein ent- mentierung. sprechender Tankwechsel (in den Jahren 1991 - 1995) ca. 20 Jahre nach der ersten Inbetriebnahme (1972) durchgeführt wurde. Durch die Überlegung bezüglich unserer besten europäischen Quelle ist auch der Zeitrahmen für die neue europäische Multi-MW- Spallationsquelle als Nachfolger des ILL klar vorgegeben. Die Entschei- dung über eine solche Quelle muß spätestens im Jahr 2008 erfolgen. Eine 21
Entscheidung im Jahr 2008 bedeutet gemäß dem ESS-Projektplan /5/ eine Entscheidung für Inbetriebnahme der neuen Quelle etwa im Jahr 2016. Damit wäre noch ein europäische Mul- ausreichender Überlapp des Betriebs der neuen Quelle der dritten Ge- ti-MW-Spallati- neration mit dem Reaktor des ILL möglich, bevor nach heutiger Ein- onsquelle spätes- schätzung eine größere Renovierung am HFR ansteht. Um in einem welt- tens 2008; weiten Kontext Schaden für die europäische Nutzergemeinde abzuwen- Inbetriebnahme den, muß der Entscheidungsprozeß daher spätestens 2004 eingeleitet wer- spätestens in den. 2016. Aus nationaler Sicht ist ein Standort in Deutschland wünschenswert. Ein internationales wissenschaftliches Großgerät im Bereich der Erforschung kondensierter Materie wirkt als Motor für die regionale Entwicklung, wie Standort in der Aufschwung in Grenoble zeigt. Seit der Ansiedlung von ILL und Deutschland wird ESRF hat sich die Region um Grenoble zu einem Wissenschafts- und angestrebt. Hochtechnologiestandort erster Klasse entwickelt. 22
4. Analyse der Situation der nationalen deutschen Neutronenquellen Wie oben ausgeführt, ist das ILL als führende europäische Quelle für die ILL mittelfristig deutschen Nutzer mittelfristig unverzichtbar und kann langfristig nur unverzichtbar, durch eine Multi-MW-Spallationsquelle ersetzt werden. Im Folgenden langfristig nur betrachten wir daher die Situation der nationalen deutschen Quellen. An durch Multi- dieser Stelle muß betont werden, daß diese Quellen eine äußerst wichtige MW-Spallations- Funktion im Netzwerk der europäischen Neutronenquellen spielen (siehe quelle ersetzbar. 3.2) und daß daher eine Analyse und Entscheidung auf gesamteuropäi- scher Ebene angestrebt werden sollte. Eine europäische Roadmap muß von der ENSA ("European Neutron Scattering Association") im engen Dialog mit politischen Entscheidungsträgern erarbeitet werden. Für eine gesamteuropäische Strategie ist ein Dialog zwischen den Forschungsmini- sterien der europäischen Länder unabdingbar. Die hier vorgelegte Analyse basiert auf Informationen, die als Antwort auf einen spezifischen Fragekatalog von den Helmholtzzentren geliefert wurden. Folgende Kriterien wurden für die Analyse zugrunde gelegt: • die aktuelle Nutzung der Experimentiereinrichtungen; • die Entwicklung von Methoden und Instrumenten; KFN-Fragen- • die Unterstützung / Beratung von Nutzergruppen und für den wis- katalog an Quel- senschaftlichen Nachwuchs; lenbetreiber. • besondere Forschungsschwerpunkte; • Verbesserung der Betriebsbedingungen und Sicherheitskonzepte. Die Angaben werden im Folgenden für jedes Zentrum stichwortartig zu- sammengefaßt. Details zur Ausstattung der Geräte und zu deren Lei- stungsfähigkeit finden sich im Anhang II. 23
4.1 FZ-Jülich (FRJ-2): Reaktor: Inbetriebnahme 1962 mit 10 MW; 1970 Installation einer kalten Quelle mit Neutronenleitern, 1972 Leistungserhöhung auf 23 MW, 1987 - 1989 Bau des Neutronenleiterlabors ELLA, unbefristete Betriebsgenehmigung, 1991 - 1995 technische Ertüchtigung und Nachrüstung bezüglich Erdbe- bensicherheit und Brandschutz Nach der Wiederinbetriebnahme 1995 wurde beschlossen den Reaktor nur bis zum Auslaufen der Entsorgungsverträge für HEU am 12.05.2006 zu betreiben; inzwischen ist die Umrüstung auf LEU beantragt. Es bestehen keine absehbaren vertraglichen oder technischen Hindernisse, die einem Weiterbetrieb des FRJ-2 mit LEU für einen Zeithorizont von weiteren 10 Jahren entgegen stehen. Leistung: FRJ-2: Fluß 23 MW, Neutronenfluß 2,9 · 1014 Neutronen/cm2/sec (ungestörter thermi- 2,9 · 10 n/cm2·s 14 scher Fluß), ab 2002 ca. 200 Betriebstage/Jahr. Eine Flußerhöhung durch 200 Betriebstage/ Austausch der kalten Quelle ist geplant. Jahr. Wissenschaftliche Ausrichtung: Die Eigenforschung im Bereich der Materialwissenschaften mit besonde- FZJ: Schwer- ren Schwerpunkten auf den Gebieten Weiche Materie und Magnetismus ist punkte Weiche eng in die Forschungsaktivitäten des FZ Jülich eingebunden und mit dem Materie und Ma- wissenschaftlichen Programm des großen Festkörperdepartments IFF ver- gnetismus zahnt. Sie stellt einen wichtigen Bestandteil der HGF-Forschungsbereiche eingebunden im “Struktur der Materie“ und “Schlüsseltechnologien“ dar. Neben der Be- IFF-Department; deutung der Forschung mit Neutronen für die HGF-Programme wurde die Methodenent- Methodenentwicklung vorangetrieben und die externe Nutzung des FRJ-2 wicklung. verstärkt ausgebaut. Die enge Verzahnung von wissenschaftlichem Pro- gramm innerhalb des Festkörperdepartments IFF, Methodenentwicklung und Nutzerbetrieb ist ein Alleinstellungsmerkmal für den Betrieb des FRJ-2. Im Rahmen des EU FP6-Programms wurde jetzt das Network of Excel- lence „SoftComp“ bewilligt, wobei der FRJ-2 das zentrale Großgerät dar- stellt. Unter Federführung des FZ-Jülich wurde ein Netzwerk führender Forschungsinstitutionen mit acht Industrieunternehmen (BASF, Schlum- berger, Dow, Unilever, Atofina, Rhodia, Dalli, CWS) etabliert. Kooperationen mit Forschergruppen aus Hochschulen, Forschungsein- richtungen (MPI, Fraunhofer, etc.), Industrie: Von den 16 angegebenen Neutronenstreuinstrumenten (daneben gibt es noch Bestrahlungseinrichtungen für Isotopenproduktion - das FZ-Jülich ist in Europa ein wichtiger Erzeuger von 99Mo als Vorstufe des Radio- pharmaceuticums 99Tc - und Neutronenaktivierungsanalyse), die alle auch von externen Gruppen genutzt werden können, werden 5 von externen Gruppen betrieben: • Pulverdiffraktometer SV-7a Uni Bonn, Verbundfor- schung • Texturdiffraktometer SV-7b Uni Bonn 24
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