Willkommen in Meikirch - Wandel in Raum und Zeit

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Willkommen in Meikirch - Wandel in Raum und Zeit
Willkommen in Meikirch
         Wandel in Raum und Zeit
Willkommen in Meikirch - Wandel in Raum und Zeit
2020

       1 km
Willkommen in Meikirch - Wandel in Raum und Zeit
Willkommen in Meikirch

Meikirch – vielseitig und lebenswert
Liebe Leserinnen und Leser

Seit fast 60 Jahren wohne und arbeite ich in der Gemeinde Meikirch. Ich bin hier aufgewachsen, habe meine Schulzeit hier verbracht und arbeite nun auf dem familieneigenen Betrieb. Daher
kenne ich diese Gemeinde in- und auswendig. Das habe ich zumindest gedacht. Beim Lesen dieser vielfältigen und unterschiedlichen Texte habe ich gemerkt, dass ich tatsächlich noch Sachen
über Meikirch lernen kann. Deshalb ist diese Broschüre nicht nur für Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger geeignet, sondern auch für die Bevölkerung von Meikirch, welche schon mehrere Jahre
in unserer Gemeinde lebt, sehr spannend und lehrreich.

So habe ich erfahren, dass zur Römerzeit ein Ziegelfabrikant in Meikirch wohnte und arbeitete und dessen Ziegel bis nach Rom geliefert wurden. Es gibt noch viele weitere spannende Geschich-
ten. Ich bin sicher, diese Broschüre liest sich nicht an einem Tag. Sie lädt ein, Meikirch Stück für Stück kennen zu lernen. Wir sind stolz auf unsere Gemeinschaft und hoffen, dass Sie sich bei
uns, am Südhang des Frienisbergs und vor den Toren der Stadt Bern, wohlfühlen und verwirklichen können.

Im Namen des Gemeinderats danke ich allen, die in irgendeiner Weise mitgeholfen haben, diese Gemeindebroschüre zu erstellen. Insbesondere geht der Dank an die Mitglieder der Arbeitsgruppe,
welche in unzähligen Stunden die Texte zusammengestellt und die Gemeindebroschüre mitgestaltet haben.

Jetzt wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Lesen der neuen Gemeindebroschüre und heisse Sie im Namen des ganzen Gemeinderates herzlich in unserer Gemeinde willkommen.

Hanspeter Salvisberg, Gemeindepräsident

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Willkommen in Meikirch - Wandel in Raum und Zeit
Herausgeber:   Gemeinde Meikirch
    Redaktion:     Hans-Rudolf Egli
    Arbeitsgruppe: Kurt Wenger, Präsident
    		Mia Braune
    		Hans-Rudolf Egli
    		Mariann Oppliger
    		Willy Oppliger
    		Urs Thüer
    Layout: 		     morntag GmbH
    Druck:         Schmid-Fehr AG, Goldach

    © Gemeinde Meikirch, 2021

                                                                                       Das Redaktionsteam bittet die Leserinnen und Leser zu be-
                                                                                       achten, dass diese Broschüre bezüglich Inhalt (Gewerbe,
    Abbildungen Umschlag:                                                              Dienstleistungen, Vereine, Künstler, Personen usw.) nur einen
    Titelseite			               Meikirch (Foto: Urs Thüer)                             Teil der Gesamtheit abbildet und sich dieser im Laufe der Zeit
    Titelseite innen		          Landeskarte der Schweiz 1:25’000, 2020 (© swisstopo)   verändern kann. Insbesondere sei erwähnt, dass von Bürge-
                                                                                        rinnen und Bürgern erhaltene Texte auf die Gesamtbroschüre
    Rückseite innen		           Siegfriedkarte 1:25’000, 1939/1946 (© swisstopo)       ­adaptiert werden mussten. Es gibt keinen Anspruch auf Voll-
    Rückseite		                 Ortschwaben (Foto: Urs Thüer)                           ständigkeit.

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Vorwort
Kurt Wenger, Mitglied der Arbeitsgruppe und Gemeindepräsident 2009 – 2020

Mit dieser Broschüre will der Gemeinderat Sie, liebe Neu-         Nähe der Hauptstadt Bern mit einer grossen Branchenvielfalt     Zu guter Letzt ist mir wichtig festzustellen: Es waren immer
zugezogene begrüssen, und Ihnen auf eine noch unbekannte          an Gewerbetreibenden. Unser erwerbstätiger Bevölkerungs-        und zu jeder Zeit die Bürgerinnen und Bürger, die unsere Ge-
Art aufzeigen, in welch einzigartiger Gegend Sie sich nieder-     teil verdient sein Einkommen grösstenteils ausserhalb der Ge-   meinde prägten und lebenswert machten. Dass nicht nur Ge-
gelassen haben; gleichzeitig aber auch den schon länger oder      meinde. Meikirch selber bietet ungefähr 500 Arbeitsplätze       meindebehörden beziehungsweise Alteingesessene diese Ent-
immer hier Wohnenden die Vorzüge von Meikirch in Er-              an, sowohl an hier ansässige wie auswärtige Personen. In        wicklung beeinflussen, sondern immer auch Neuzugezogene
innerung rufen.                                                   einer 2011 vom Gemeinderat in Auftrag gegebenen Studie zur      zum Mitgestalten beitragen konnten, zeugt von einem welt-
1986 war ich einer dieser Neuzuzüger, der mit seiner Familie      strategischen Ausrichtung wurde Meikirch als «Nachhaltige       offenen Geist und einer guten Kultur bei uns «z Mechiuche»,
nach Meikirch kam und es nie und nimmer bereut hat. Ganz          Landgemeinde mit Modellcharakter» positioniert. Die in die-     wie Einheimische unsere Gemeinde liebevoll nennen.
im Gegenteil, ich begann mich in der Gemeinde zunehmend           ser Studie häufigsten Nennungen, weshalb Meikirch als neuer     Ich bin überzeugt, dass dies auch in Zukunft so sein wird und
in verschiedenen Funktionen zu engagieren. Ende 2020, nach        Wohnort gewählt wird, lassen sich wie folgt auf den Punkt       Meikirch seinen guten Traditionen folgen wird.
12 Jahren, trat ich als Gemeindepräsident zurück und erachte      bringen: Vorteilhafte Lage (Nähe zur Stadt, ländliche Ruhe,     Symbolisch deutet ja nur schon unser Gemeindewappen da-
es jetzt als grosses Privileg, an der Entstehung dieser Neuauf-   prächtige Alpensicht). Aufgeführt wurden ebenfalls Ord-         rauf hin, dass unsere Gemeinde immer unter einem guten
lage der Gemeindebroschüre mitzuwirken und das Vorwort            nung und Sauberkeit sowie die ÖV-Anbindung (stündlich/          Stern stehen wird.
an Sie richten zu dürfen.                                         halbstündlich in 25 Minuten am Hauptbahnhof Bern). Spe-         Nun wünsche ich Ihnen allen viel Freude und Spass beim
Nach der alten Weisheit «Herkunft bringt Zukunft» soll die        ziell geschätzt werden die beiden Einkaufsläden zur Grund-      Durchblättern und Lesen dieser Broschüre.
vorliegende Broschüre Sie gerafft und informativ von der          versorgung in Meikirch und Wahlendorf. Nicht zuletzt wur-
frühen Vergangenheit bis in die heutige Zeit führen. Dass         den auch die eigene Oberstufenschule und die Schulhäuser
Wissenswertes zu unserer so lebenswerten Landgemeinde am          in jedem der drei Dörfer Meikirch, Wahlendorf und Ort-
Südhang des Frienisbergs auf diese Weise «unter die Leute»        schwaben als grosser Vorteil erwähnt. Heute verfolgt der Ge-
gebracht werden kann, ist einer Gruppe aus Gemeinde-              meinderat das Ziel, die Gemeinde Meikirch nachhaltig, viel-
bürgerinnen und -bürgern zu verdanken, die – im Auftrag           seitig und lebenswert weiter zu entwickeln.
des Gemeinderates – eine Neuauflage erarbeitet haben.             Die Neuzugezogenen aus allen Schichten sind sehr willkom-
Naherholungssuchende und Sporthungrige finden inner-              men. Alle tragen das Ihrige zur Entwicklung der Gemeinde
halb unserer Gemeinde wie im angrenzenden Frienisberg-            bei – sei es ihre Steuerkraft, ihre Kinder, die junge Dyna-
Gebiet einzigartige Naturbegebenheiten mit vielfältigen Be-       mik, neue Ideen und sprudelndes Leben innerhalb unse-
tätigungsmöglichkeiten. Mein Tipp: Besuchen Sie die Website       rer verschiedenen Dorfgemeinschaften. Dieses sukzessive
www.frienisberg-tourismus.ch, die Sie dazu umfassend in-          und harmonische Ineinanderfliessen ländlicher und urbaner
formiert.                                                         Lebensstile dient nicht zuletzt den vielen Orts- und Jugend-
Aus unserer von je her landwirtschaftlich geprägten, lange nur    vereinen, der protestantischen und der katholischen Kirche,
dünn besiedelten Gemeinde, entwickelte sich im Laufe der          die alle dadurch überaus willkommene Neumitglieder be-
letzten 80 Jahre eine 2500 Seelen zählende Gemeinde in der        grüssen können.

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Lage und Grösse
    Hans-Rudolf Egli

    Wer auf der Hauptstrasse von Aarberg über den Frienisberg        etwa 20 Einzelhöfe, ehemalige Bauernhöfe oder neuere Aus-      die von Bern über den Frienisberg nach Aarberg und von dort
    nach Bern fährt, bewundert bei guter Fernsicht, was bei uns      siedlerbetriebe. Im Süden und Westen grenzen wir an die Ge-    weiter nach Biel beziehungsweise nach Neuenburg führte. Das
    recht häufig ist, vom Waldausgang oberhalb des Dorfes Mei-       meinde Wohlen, im Osten an Kirchlindach und nördlich von       Dorf Meikirch liegt rund 10 km von Bern und 9 km von Aar-
    kirch das Alpenpanorama vom Titlis in der Innerschweiz           uns liegen Schüpfen und Seedorf.                               berg entfernt. Nach der Entsumpfung des Lyssbachtales zwi-
    bis zu den Freiburger Voralpen, im Zentrum das Dreigestirn       Der Frienisberg ist ein von Südwesten nach Nordosten strei-    schen Münchenbuchsee und Lyss im 19. Jahrhundert wurden
    Eiger-Mönch-Jungfrau der Berner Hochalpen. Jenseits des          chender, rund 10 km langer Hügelzug. Der Untergrund be-        die Hauptstrasse und die Eisenbahnlinie von Bern nach Biel
    Bremgartenwaldes ist die Spitze des Berner Münsters zu ent-      steht aus mehreren hundert Metern mächtigen Sandstein-         über Schüpfen gebaut und unsere Gemeinde blieb abseits der
    decken, über der Dachlandschaft von Meikirch sieht man die       und Mergelschichten, die vor rund 30 Millionen Jahren          Industrialisierung im 20. Jahrhundert. Seit 1980 ist Meikirch
    zu unserer Gemeinde gehörenden Weiler Aetzikofen und             während der Alpenfaltung bis in unsere Gegend verfrachtet      statistisch eine Agglomerationsgemeinde von Bern, weil viele
    Weissenstein, im Osten die Dächer von Grächwil.                  wurden. Die Molasseschichten sind reich an Quellen, die für    Zuzügerinnen und Zuzüger zur Arbeit in der Bundeshaupt-
    Die Gemeinde erstreckt sich über sieben Kilometer Luftlinie      die Standorte der Siedlungen wichtig waren. Über der Molasse   stadt oder einen Vorort pendeln. Bis 2009 gehörte Meikirch
    vom nordwestlichsten Punkt in Wahlendorf bis zum süd-            liegen die Ablagerungen des Rhonegletschers aus der letzten    zum Amt Aarberg und war somit politisch-administrativ eine
    östlichsten am Löörwald in Ortschwaben. Die Gemeinde ist         Eiszeit. Die Mulde von Wahlendorf wird durch den Chielibach    Seeländer Gemeinde. Seither gehören wir zum Verwaltungs-
    10 km2 gross. Der höchste Punkt ist 810 m ü.M im Hubel-          und das Moos südlich von Meikirch durch den Chräbsbach         kreis Bern-Mittelland.
    wald westlich von Wahlendorf, der tiefste ist an der südlichen   entwässert. Die Lagen am Sonnenhang des Frienisbergs sind
    Gemeindegrenze auf 577 m ü.M. Die drei Dörfer liegen auf         wichtig für die Wohnqualität. Die mittlere Jahrestemperatur
    unterschiedlichen Höhenstufen: Wahlendorf im Zentrum             beträgt ungefähr 7° Celsius, jährlich fallen 100 bis 120 cm         Meikirch in einer Vollmondnacht
    einer grossen Rodungsinsel auf dem Frienisbergplateau auf        Niederschlag. Im Winterhalbjahr sind wir dank der Höhen-            Foto: Laszlo Fisli
    750 m ü.M., Meikirch auf rund 650 m und Ortschwaben auf          und Südhanglage oft ausserhalb der Nebelzone.
    600 m. Verstreut über das ganze Gemeindegebiet stehen noch       Die Gemeinde erstreckt sich entlang der alten Landstrasse,

                                                                                                                                    Alpenpanorama von Meikirch aus
                                                                                                                                    Foto: Uli Sacchet

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Wahlendorf vom Guggisacker aus
Foto: Hans-Rudolf Egli

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Landschaft und Natur
    Hans-Rudolf Egli und Peter Sahli

    Die Landschaft ist unser Lebensraum, soweit wir ihn mit all      Das leicht hügelige Relief hat die Anlage und die Erweiterung          lichen Aktivitäten in der Naturlandschaft bedrohen das
    unseren Sinnen wahrnehmen. Hauptsächlich mit unseren             der drei Dörfer erleichtert. Das Kulturland von Meikirch und           natürliche Gleichgewicht. Die Artenvielfalt und die Anzahl
    Augen, aber auch mit unseren Füssen, wenn wir über einen         Wahlendorf wurde bis ins 19. Jahrhundert im Dreizelgen-Sys-            der Lebewesen einer Art sind aufgrund der Abnahme natür-
    Feldweg marschieren, im Winter auf einer vereisten Strasse       tem bewirtschaftet. Die Äcker wurden im Wechsel im ersten              licher Flächen rückläufig. So hat die Anzahl der Insekten
    oder im Herbst im Wald durch das Laub. Verkehrslärm und          Jahr mit Wintergetreide, im zweiten Jahr mit Sommergetreide            in den letzten 30 Jahren um 70 % abgenommen. Viele In-
    Vogelgesang sind typische Merkmale, ebenso der Duft frischer     bestellt und im dritten Jahr lagen sie zur Erholung brach. Da          sekten, insbesondere auch die Schmetterlinge, benötigen
    Waldluft und die unterschiedlichen Gerüche der Landwirt-         nicht alle Parzellen mit Wegen erschlossen waren, mussten              für ihren Fortbestand spezifische Futterpflanzen auf natur-
    schaft. Interessant ist der Wandel der Landschaft im Tages-      die Bauern die Aussaat und die Ernten absprechen. Inner-               belassenen Flächen. Interessierte Beobachter stellen auch fest,
    und Jahresrhythmus und die Veränderungen im Laufe der            halb der drei Zelgen gab es schon da-                                                           dass die Zahl und die Vielfalt der
    Jahre. In unserer ländlichen Umgebung nehmen wir das Wet-        mals keine Hecken, die Fluren waren                                                             Vögel in den letzten Jahren sichtbar
    ter und die wechselnde Vegetation auf den Feldern und in         immer offen, auch als sie noch nicht      «Laptop zuklappen, Joggingschuhe schnüren, ab-        abgenommen haben, weil ihnen In-
    den Wäldern besonders deutlich wahr.                             so intensiv bewirtschaftet wurden         schalten und geniessen: Direkt vor der Tür liegt      sekten, Nistgelegenheiten und Ver-
    Die abwechslungsreiche Bodenoberfläche mit trockenen Hü-         wie heute. Besonders eindrücklich         ein fantastisches Naherholungsgebiet. Auf einer       stecke fehlen. So hören wir die ehe-
    geln und vernässten Senken, der Wechsel von Trockenstand-        ist die Rodungsinsel von Wahlen- abendlichen Runde durch grüne Wälder, weite Wie-               mals heimische Feldlerche nur noch
    orten, mageren und fruchtbaren Böden sowie Bachläufe sind        dorf, die in ihrer Ausdehnung seit        sen und schmucke Dörfer und Weiler ist der Arbeits-   selten, Mehlschwalbe, Schleiereule
    typisch für die Glaziallandschaft in unserer Gegend. Die meis-   Jahrhunderten fast unverändert ist. alltag schnell vergessen. Wer Glück hat, begegnet           und Gartenrotschwanz sind im Be-
    ten grossen Steine auf den Wiesen und Äckern, sogenannte         Abwechslungsreich sind die unregel- unterwegs einem Wildtier oder trifft auf einen der          stand rückläufig, Kiebitz, Wiedehopf
    Findlinge, die der Rhonegletscher bis hierhin transportiert      mässigen Waldparzellen und die viel- vielen vierbeinigen Dorfbewohner.»                         und Wachtel sind verschwunden.
    hatte, wurden gesprengt und als Baumaterial verwendet. In        fältigen Mischwälder. In den Fluren                                                             Gleiches gilt für Amphibien, Rep-
    Baugruben kommen ab und zu noch solche zum Vorschein             stehen nur wenige Bäume. Neben            – Stefanie I. aus Meikirch                            tilien und Säuger. Gewinner sind
    und in den Wäldern finden wir heute noch zahlreiche Ex-          den Bauernhöfen und in und um                                                                   Tiere und Pflanzen, die sich auf-
    emplare, deren Herkunft im Alpenraum von Geologen be-            die Dörfer gibt es immer noch Hof-                                                              grund ihrer Lebensweise schneller
    stimmt werden können.                                            stätten mit Obstbäumen, in denen teilweise das Vieh weidet.            an die neue Situation anpassen können, wie zum Beispiel
                                                                     Die Strassen und Wege sind fast überall dem Relief angepasst           Füchse, Feldmäuse, Rotmilane, Turmfalken, Sperlinge, Tau-
                                                                     und verlaufen leicht geschwungen. Selbst die Hauptstrasse              ben, Krähen, Spinnen, Wanzen und andere Schadinsekten
                                                                     über den Frienisberg nach Bern entspricht dem historischen             sowie invasive Pflanzen und Tiere.
                                                                     Verlauf und prägt das Landschaftsbild ebenso wie die Neben-           Um die Biodiversität – die Vielfalt des Lebens – verbessern
                                                                     strassen auf den Schüpberg, nach Kirchlindach, nach Uettli-            oder mindestens erhalten zu können, sind verschiedene mit-
                                                                     gen und nach Säriswil. Nur einzelne Flurwege, die nach der             einander vernetzte naturnahe Flächen notwendig. In die-
                                                                     Güterzusammenlegung anfangs der 1950er-Jahre neu an-                   ses Netz von vielfältigen Lebensräumen, Arten, Genen und
                                                                     gelegt wurden, und neue Waldwege verlaufen ganz gerade.                gegenseitigen Abhängigkeiten ist auch der Mensch ein-
                                                                     Wohnbauten, Strassen und eine intensive Nahrungsmittel-                gebunden.
                                                                     produktion sowie das sich wandelnde Klima haben die ur-                Zur Erhaltung, Gestaltung und Erschaffung von naturnahen
                                                                     sprüngliche Naturlandschaft stark verändert. Die mensch-               Landschaftselementen ist ein aktiver Natur- und Landschafts-
                                                                                                                                            schutz notwendig. Das haben auch die Landwirtschaft mit
                                                                                                                                            ihren ökologischen Ausgleichsflächen und Vernetzungs-
                                                                     Westliche Flur von Wahlendorf                                          elementen sowie die Gemeinde mit einem Natur- und Land-
                                                                     Foto: Hans-Rudolf Egli                                                 schaftsschutz fördernden Landschaftsrichtplan erkannt.
                                                                                                                                            Nachfolgende positive Beispiele illustrieren dies exemplarisch.

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Willkommen in Meikirch - Wandel in Raum und Zeit
Naturschutzgebiet Widi in Grächwil                                                                                            Blick ins Bösmattmoos von Meikirch aus
      Foto: Peter Sahli                                                                                                             Foto: Hans-Rudolf Egli

Widi – ein Naturjuwel aus der Eiszeit                         Leehubel – von der Abfallgrube zum                            Orchideenweg – im Flug aus dem Süden an den
Das Widi und sein Umland sind ein wichtiger Erholungs-        ­Biodiversitäts-Hotspot                                       Frienisberg
raum, ein ökologisch wichtiger Trittstein und wertvoller      In der ehemaligen Kiesgrube wurde bis in die frühen 1980er-   Am Frienisberg sind an den Weg- und Strassenrändern auf-
Lebensraum für Tiere und Pflanzen und ein bedeutender         Jahre der noch recht gering anfallende «Ghüder» der Ge-       fallend häufig wilde Orchideen zu beobachten. Diese sind ver-
Amphibienlaichplatz.                                           meinde deponiert. Nach deren Schliessung wurde die ehe-      mutlich mit dem Wind aus dem Süden eingeflogen.
                                                               malige Grube mit dem Nagelfluhkopf im nördlichen Teil in
                                                               ein kommunales Naturschutzgebiet mit einem Feuchtteil,
                                                              Trockenmauern und einer Magerwiese umgestaltet. Sie ist
                                                              heute ein Rückzugsgebiet für einheimische Flora und Fauna,             Orchidee Weisses Breitkölbchen
                                                               ein biologischer Hotspot.                                             Foto: Peter Sahli

      Widi im Winter, um 1945
      Fotoarchiv Hans-Rudolf Egli

Chräbsbach – vom Moor zum Kulturland
Das ehemalige Moor (Heidmoos, Bösmattmoos) wurde drai-
niert, um Kulturland zu gewinnen. Immer wieder kann die
bedrohte Kreuzkröte auf der Suche nach Laichplätzen be-
obachtet werden. In der entlang des Ufers gepflanzten Hecke          Schachbrettfalter im Naturschutzgebiet Leehubel
lebt der Neuntöter, eine mittlerweile seltene Vogelart im            Foto: Marianne Schenk
Mittelland.

                                                                                                                                                                                            7
Willkommen in Meikirch - Wandel in Raum und Zeit
Geschichte                                                     messende Grabhügel erst für diese Nachbestattung auf knapp
                                                                   5 Meter erhöht wurde. Gewiss ist jedoch, dass er bereits Jahre
                                                                                                                                        lag an der Verbindungsstrasse vom Vicus Brenodurum auf
                                                                                                                                        der Engehalbinsel ins Seeland. Dafür sprechen auch noch
                                                                   früher angelegt worden ist. Als Urne für die zentrale Brand-         heute begehbare Hohlwege zwischen Meikirch und Frienis-
                                                                   bestattung diente ein tönernes, ritzverziertes Kegelhalsgefäss,      berg. Der Gutshof wurde bereits im 3. Jahrhundert n. Chr. auf-
    Urgeschichte, römische Epoche und Mittelalter                  wie sie im 7. Jahrhundert v. Chr., d.h. in der Hallstattzeit, an-    gegeben und zerfiel.
    Peter J. Suter                                                 gefertigt wurden. Im frühen Mittelalter, wohl im 6./7. Jahr-         Noch vor dem Bau der ersten Kirche wurden in den Ruinen
    Die ältesten Spuren menschlicher Anwesenheit im Bereich        hundert n. Chr., wurde der Grabhügel erneut als Bestattungs-         der Villa, etwa um 700 n. Chr., erste Gräber angelegt. Wei-
    der heutigen Gemeinde Meikirch datieren in die Bronzezeit,     platz genutzt – vermutlich von zugezogenen Alemannen. Ein            tere Skelettbestattungen erfolgten später im Kircheninneren.
    genauer ins mittlere 2. Jahrtausend v. Chr.. Neben den im      zweiter, etwas kleinerer Grabhügel zeichnet sich östlich davon       Der Bau der ersten, noch kleinen Saalkirche mit Apsis, ist
    letzten Jahrhundert gefundenen Einzelfunden aus Bronze         im Waldboden ab. Im Frienisberger Wald, nordöstlich von              nicht schriftlich festgehalten, dürfte aber ins 8. Jahrhundert
    (Beilklinge, Lanzenspitze, 50 cm lange Gewandnadel) aus der    Wahlendorf, wurde in den 1930er Jahren ein weiterer Grab-            n. Chr. datieren. In romanischer Zeit wurde der Kirchensaal
    Umgebung von Wahlendorf ist insbesondere die bereits 1851      hügel aus der älteren Eisenzeit geplündert.                          verlängert und im späten Mittelalter erhielt die Kirche einen
    gefundene Ansammlung von zerbrochenen Bronzefunden             Anlässlich der Sanierung der Kirche (1977/78) und rund 20            Turm. Der heutige, barocke Predigtsaal entstand 1726 – 1729.
    «bei Meikirch» zu erwähnen. Es dürfte sich um ein Altmetall-   Jahre später, beim Umbau des angrenzenden Müngerhauses               Erst seit dem Hochmittelalter liegen schriftliche Quellen
    depot eines Bronzegiessers handeln. Die 1999 nördlich der      zum Kirchgemeindezentrum (2000/01), wurden Teile der                 vor. So erwähnen die Fontes rerum Bernensium, dass Papst
    Kirche, beim Bau des neuen Magazingebäudes von Meikirch,               Grundmauern einer römischen Villa freigelegt. Sie            Lucius III im Jahr 1185 «der Abtei St. Johanns zu Erlach»
    aufgedeckten Spuren einer mittelbronzezeitlichen                          wurde um 100 n. Chr. als Hallenhaus erbaut. Im            all’ ihre Rechte und ihren Besitz … an Gütern in «Nortsua-
    Grube sprechen aber unzweideutig für eine ehe-                            Laufe der Zeit wurden zwei lange Flügel angebaut,         ben» (=Ortschwaben), Lindenacho … Uetligen bestätigte und
    malige Wohn- oder Arbeitsstätte vor Ort.                                        wobei das Ausmass des westlichen Anbaus             im Jahr 1263 wird eine Familie «de Moechilchun» als Be-
    Sie wird aufgrund der Keramikscherben                                            unklar bleibt. Im Bereich der südlichen            sitzerin von Häusern und Gütern in Bern und Umgebung
    und des C14-Datums der Holzkohle – wie                                           Kirchenmauer wurde im Ostflügel der Villa          aufgeführt. Später notiert eine Quelle, dass der Leutpriester
    die auch oben genannten Bronzen – ins 14.                                       ein abgesenkter Gang (Kryptoportikus) frei-         von «Moekilch» zwanzig Schilling für Kreuzzüge ins Heilige
    Jahrhundert v. Chr. datiert.                                                gelegt. An seinen Wänden waren unterschied-             Land gespendet habe.
    Das bedeutendste archäologische Fund-                                            lich gut erhaltene gallo-römische Wand-            Der Name «Mönchilcha» (Mönchskirche) bedeutet, dass die
    objekt aus unserer Gemeinde ist                                                            malereien erhalten, die abgelöst         Bauern der Gegend als Hörige dem 1131 gegründeten Klos-
    noch immer die 1851 entdeckte,                                                              und restauriert wurden. Aus-            ter Frienisberg abgabepflichtig waren. Nach der Reforma-
    bronzene Hydria aus dem gros-                                                                 schnitte des Bildzyklus sowie ei-     tion (1528) wurde das Kloster aufgelöst und ab 1533 nutzte
    sen Grabhügel südlich von                                                                       nige Fundgegenstände sind im        Bern die ehemaligen Klostergebäude als Amtssitz einer ber-
    Grächwil. Das ergänzte, rund                                                                    neuen Kirchgemeindezentrum          nischen Landvogtei, zu der bis 1789 auch Meikirch gehörte.
    50 cm hohe Wassergefäss aus                                                                     ausgestellt. Sowohl bei den zwi-
    dünnem Bronzeblech ist mit                                                                   schen Meikirch und ­Säriswil ge-
    zwei seitlichen Griffen versehen,                                                            legenen Spuren einer römischen
    die mit liegenden Löwen verziert                                                           Ziegelei als auch bei der Villa selbst
    sind. Der gegossene Prunkhenkel stellt                                                fanden sich zahlreiche gestempelte Zie-
    Artemis, Herrin der Tiere, dar. Sie wird                                             gel. Falls Brennofen und Gutshof effek-
    von sitzenden Löwen, Hasen, Schlangen                                              tiv zusammengehören, ist es wahrschein-
    und Falken umringt. Das Gefäss ist vermut-                                       lich, dass uns der Stempel «L.C.PRISC»
    lich um 570 v. Chr. in einer Werkstatt in Ta-                                  den Namen eines einstigen Gutshofbesitzers
    rent, einer spartanischen Kolonie in Apulien,                                nennt: Lucius C(ornelius?) PRISCUS. Die Villa
    gefertigt worden. Die Hydria gehört vermutlich zu
    einer Wagenbestattung, von der Teile der eisernen
    Radreifen erhalten sind. Die Grablegung dürfte in                      Bronzene Hydria von Grächwil, um 570 v. Chr. in Tarent
    der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. erfolgt                  (Süditalien) hergestellt                                         Villa romana, Priscus-Stempel auf Leistenziegel
    sein. Unklar bleibt, ob der im Durchmesser etwa 30 Meter               Foto: Historisches Museum Bern                                   © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Badri Redha

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Villa romana, Phase IV Hallenhaus mit Seitenflügeln
      © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Max Stöckli

                                                                                                                                 Kryptoportikus mit Wandbildern im Ostflügel der römischen
                                                                                                                                 Villa romana
                                                                                                                                 © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Max Stöckli

                                                                              Modell der Kirche III: romanische Saalkirche mit
                                                                                                    spätmittelalterlichem Turm
                                                                       © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Max Stöckli

Weiterführende Literatur zur Ur- und Frühgeschichte
 Geneviève Lüscher, Die Hydria von Grächwil. Ein griechisches Prunkgefäss aus Tarent. Glanzlichter aus dem Bernischen
­Historischen Museum 8, Bern 2002
 Peter J. Suter et al., Meikirch – Villa romana, Gräber und Kirche. Archäologischer Dienst des Kantons Bern. Bern 2004

Neuzeit
Hans-Rudolf Egli
Der ehemalige «Bären» in Ortschwaben wurde im Jahr 1584        ab. Seit 1948 fahren Postautokurse nach Bern und auch des-
erstmals erwähnt. Er gehörte, zusammen mit der benach-         halb gelangte die Gemeinde nach 1960 ins Einzugsgebiet der
barten Mühle, ursprünglich dem Kloster Frienisberg. Der        Stadt Bern. Mit dem Bau von Einfamilien- und Mehrfamilien-
Plan aus dem Jahr 1789 zeigt die Häuser im Dorfkern von        häusern in Ortschwaben, Weissenstein, ­Grächwil, Meikirch
«Meykirch». Beide Orte lagen an der alten Landstrasse von      und Wahlendorf nahm die Einwohnerzahl auf über 2000
Bern nach Aarberg, die im 18. und 19. Jahrhundert mit Post-    Personen zu.
kutschen befahren wurde. Nach dem Bau der Lyssbachtal-
strasse und der Tiefenaubrücke zwischen 1840 und 1846                         Plan von Meikirch aus dem Jahr 1789, Ausschnitt
verlor Meikirch seine günstige Verkehrslage und die Be-                                        Original im Staatsarchiv Bern
völkerungszahl sank von 1059 um 1850 auf 885 im Jahr 1941

                                                                                                                                                                                             9
Siedlungen und Häuser
                                                                                                                                           Meikirch und Weissenstein
     Hans-Rudolf Egli und Martin Wyss                                                                                                      Foto: Urs Friedrich

     Siedlungen
     Unsere Gemeinde entspricht mit Dörfern, Weilern und
     Einzelhöfen dem typischen Siedlungsbild im schweizeri-
     schen Mittelland. Die traditionellen Bauernhäuser weisen
     die Merkmale der Region auf. Seit den 1950er-Jahren wur-
     den die Dörfer mit dem Bau von Einfamilienhäusern erweitert
     und im Innern wurden sie stark umgebaut, vor allem durch
     die Schliessung von Bauernbetrieben oder deren Aussiedlung
     in die Umgebung. Traditionelle Gewerbebetriebe wurden auf-
     gegeben und neue Geschäfte und Betriebe wurden gegründet.
     Der Wandel des Ortsbildes hat allerdings auch schon in den
     früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten stattgefunden, in-
     dem die Bauernhöfe immer wieder neuen Anforderungen
     angepasst wurden. Strohdächer wurden durch Ziegeldächer        Einzelhöfe, die im Laufe der Zeit geteilt wurden. Grächwil       wurden vier Bauernbetriebe ganz oder teilweise aus dem Dorf
     ersetzt, die Ställe wurden umgebaut, die Wohnteile wurden      wurde ab 1960 mit Einfamilienhäusern in «Neu-Grächwil» er-       Meikirch ausgesiedelt.
     mit einem Quergiebel ergänzt, vergrössert und erhielten eine   weitert. Aetzikofen ist ein Ortsbild von regionaler Bedeutung    In Grächwil wurde 1790 von Franz Salomon Wyss ein pat-
     neue Schaufassade.                                             (ISOS). Weissenstein ist zweigeteilt. Der alte Weiler liegt in   rizischer Landsitz gebaut und 1826 gründete Philipp Ema-
     Der Umfang des ursprünglichen Bauerndorfes Meikirch, seit      der Gemeinde Wohlen, in unserer Gemeinde lagen nur ein           nuel von Fellenberg von Hofwil aus einer landwirtschaftliche
     dem Mittelalter um die Kirche herum gewachsen, ist mit         Bauernhof sowie eine Ölmühle und Sägerei. Ab 1950 wurden         Schule für arme Kinder, die sogenannte Meikirch-Kolonie.
     den grossen Bauten und roten Dächern noch deutlich ab-         einzelne Wohngebäude, später ein Einfamilienhausquartier         Diese lag westlich des Dorfes Meikirch, oberhalb der heuti-
     lesbar. Kirche, Pfarrhaus, Käserei, Gasthof und ehemalige      erbaut.                                                          gen Strasse nach Wahlendorf. Dieses pädagogische Experi-
     Schmiede prägen immer noch das Ortsbild. Die Schulanlage       Bereits im 19. Jahrhundert wurden rund 20 Einzelhöfe in den      ment musste aber 1835 wieder abgebrochen werden, später
     Gassacker wurde 1974 fertig gestellt, nachdem durch den        Fluren der Gemeinde gebaut, nachdem die Dreifelderwirt-          auch noch das Gebäude. Der Ortsname Kolonei steht aber
     Bau der Einfamilienhausquartiere die Schülerzahl stark zu-     schaft mit Flurzwang aufgehoben und alle landwirtschaft-         noch heute in der Karte.
     genommen hatte.                                                lichen Besitzparzellen auf Wegen erreichbar waren. Seit 1970
     Wahlendorf, sehr schön im Zentrum der grossen Rodungsinsel
     gelegen, besteht aus dem alten Innerdorf mit grossen Bauern-
     häusern und dem Ausserdorf an der Strasse nach Meikirch.              Neu-Grächwil mit Schüpberg                                      Luftbild von Ortschwaben, um 1960
     Meikirch und Wahlendorf liegen im Zentrum der offenen                 Foto: Gemeinde Meikirch                                         Fotoarchiv Hans-Rudolf Egli
     Ackerfluren der ehemaligen Dreizelgenwirtschaft.
     Ortschwaben war 1950 nur ein Weiler zwischen dem Gasthof
     Hirschen und dem alten Schulhaus (siehe Karte auf der in-
     neren Rückseite). Entlang der Hauptstrasse nach Bern stan-
     den fünf einzelne Bauernhöfe und bei der Abzweigung nach
     Kirchlindach der Gasthof Bären und eine ehemalige Getreide-
     mühle. Nach 1960 wurde der Schützenrain mit Ein- und
     Mehrfamilienhäusern und der Panoramaweg mit Einfamilien-
     häusern überbaut.
     Die Weiler Grächwil und Aetzikofen waren ursprünglich

10
Häuser
 Obschon die neueren Bauten längst in der Überzahl sind,
 prägen noch immer die alten Bauernhäuser die behäbigen
 Dorfbilder, die Ruhe, Beständigkeit, Sicherheit ausstrahlen
– Werte, welche gerade die Zuzügerinnen und Zuzüger suchen.
 Jedes Haus erzählt die Geschichte seiner Erbauer und Be-
 wohnerinnen: Ihre Tätigkeit, soziale Stellung, die geschicht-
 liche Entwicklung der Dorfteile, Hand- und Nutzungs-
 änderungen in ihrer zeitlichen Abfolge.
 Die ältesten Häuser sind ganz aus Holz gebaut, mit vier­
 schildigem Walmdach, tief gezogenem Dachrand und Fens-
 tern nur im Erdgeschoss. Wohnen, Tierhaltung, Futterlager,
 Remise und Vorratslager waren alle unter einem Dach.                                                                                      Patrizisches «Schlössli» in Grächwil, erbaut 1790
                                                                                                                                                                            Foto: Urs Thüer

                                                                                                                               Altes Schulhaus in Meikirch, erbaut 1840
                                                                                                                               Foto: Hans-Rudolf Egli

                                                                 Häufig wurde die Landwirtschaft nur im Nebenerwerb be-        Mit der Trennung von Wohn- und Arbeitsort entsteht das
                                                                 trieben, die sogenannten Taglöhnerhäuser sind entsprechend    reine Wohnhaus. Der Drang nach Individualität, der Kosten-
                                                                 bescheidener.                                                 druck und die aktuellen Bauvorschriften bringen die neueren
                                                                 Spezielle Verwendungszwecke verlangen nach besonderen         Wohnquartiere hervor. Baulandknappheit und steigende Bau-
                                                                 Bauformen: Kirche, Schulhaus, Käserei, Gasthaus, Gewerbe.     kosten bringen eine eigentlich städtische Bauform aufs Land:
                                                                 Erstellt wurden sie in der jeweiligen Bautradition. Neben     Das Mehrfamilienhaus.
                                                                 dem Zeitgeist bilden sie auch die veränderten Ansprüche ab.

                                                                                                                                     Mehrfamilienhäuser in der Rossweid in Meikirch und
       Ehemaliges Taglöhnerhaus in Wahlendorf                           Ründi-Bauernhaus mit Speicher in Meikirch                    traditionelles Bauernhaus
       Foto: Hans-Rudolf Egli                                           Foto: Hans-Rudolf Egli                                       Foto: Willy Oppliger

Eine Ausnahme sind obrigkeitliche Bauten wie Kirche, Pfarr-
haus, das patrizische «Schlössli» Grächwil.
Im 19. Jahrhundert setzt sich die Riegbauweise durch (tra-
gende Holzkonstruktion, die ausgemauert wird). Der Dach-
rand wird angehoben, so dass auch das Obergeschoss be-
fenstert werden kann. Ab zirka 1920 wird das Erdgeschoss
massiv gemauert. Für unsere Region ist die «Ründi», eigent-
lich eine Verschalung der Dachkonstruktion auf der Stirn-
seite, ein stilbildendes Merkmal. Zum Bauernhaus gehört in
der Regel ein Speicher zur Vorratshaltung sowie das «Stöckli»,
das als Alterswohnung für die Bauersleute nach der Über-
gabe des Hofes an die jüngere Generation dient. Die meis-
ten das Dorfbild prägenden Bauten stammen aus dieser Zeit.

                                                                                                                                                                                               11
Einwohnergemeinde
     Kurt Wenger

     Mit «Gemeinde» wird meistens die Einwohnergemeinde ge-         Die Organe unserer Gemeinde                                    Behörden und Verwaltung
     meint, die gleichzeitig die politische Gemeinde ist. Daneben   Die «Legislative» und oberstes Organ sind die Bürgerinnen      Der Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung richten sich
     gibt es aber auch noch Kirchgemeinden, Burgergemeinden,        und Bürger. Sie wählen den 7-köpfigen Gemeinderat, die «Ex-    nach dem Organisationsreglement (OgR), welches situativ an
     Schulgemeinden und andere. Die Einwohnergemeinden wur-         ekutive» und zudem die Mitglieder der meisten Kommissio-       die neuen Vorschriften und Gegebenheiten angepasst und der
     den erst als Folge der Französischen Revolution um 1800        nen, so im Besonderen die Rechnungsprüfungskommission.         Gemeindeversammlung zur Genehmigung vorgelegt wird.
     gegründet, in der heutigen Form mit der neuen bernischen       Der Gemeinderat nimmt die Anstellung des Gemeindever-          Dieses Dokument wird vorgängig vom Kanton geprüft und
     Kantonsverfassung von 1831. Sie umfassen ein bestimmtes        walters vor und der Gemeindeverwalter die der weiteren Ge-     bewilligt. Der Gemeinderat organisiert seine Aufgaben und
     Territorium und die Menschen, die im Gemeindegebiet woh-       meindeangestellten.                                            Verpflichtungen in der Organisationsverordnung (OgV).
     nen und hier eine Gemeinschaft bilden. Es gibt aber auch       Die Gemeindeversammlung erlaubt die direkteste Form            Meikirch arbeitet mit dem Gemeindeverwalter-Modell. Der
     Leute, die temporär in einem andern Gemeindegebiet woh-        der Demokratie. Im Gemeinderat nimmt der Gemeinde-             Gemeindeverwalter ist der Geschäftsführer der Gemeinde-
     nen, aber immer noch hier angemeldet sind und umgekehrt,       präsident die Rolle des Primus inter pares ein. Er führt das   verwaltung, dem die Fachbereichsleiterinnen bzw. -leiter
     zum Beispiel Wochenaufenthalter oder Bewohner einer Al-        Ressort Präsidiales, leitet die Gemeindeversammlung, den Ge-   (Einwohnerkontrolle/Steuerregister; Finanzen; Bau sowie
     ters- und Pflegegemeinschaft.                                  meinderat und steht dem Gemeindeverwalter vor. Es amtie-       die Bereichsleiter der Hauswarte und des Werkhofs) unter-
                                                                    ren momentan fünf ständige Kommissionen mit Entscheid-         stehen. Der Gemeindeverwalter ist gleichzeitig Sekretär des
     Gemeindetyp                                                    befugnissen. Ihre Mitglieder werden durch die Parteien zur     Gemeinderates und bildet zusammen mit dem Gemeinde-
     Meikirch ist eine periurbane Einwohnergemeinde mit gerin-      Wahl vorgeschlagen, auch Parteilose können sich zur Wahl       präsidenten das Ratsbüro.
     ger Dichte. In gewissen Kantonen wird diese Einheit auch       stellen. Kommissionsbezogene Fachkenntnisse, Ortsvertraut-
     Ortsgemeinde oder Munizipalgemeinde genannt. Dies ist          heit sowie parteiliche Ausgeglichenheit erhöhen die Wahl-
     die unterste föderalistische Ebene, unter Bund und Kan-        chancen. Weiter gibt es drei ständige Kommissionen ohne
     ton. Die Gemeinde gehört zum Verwaltungskreis Bern-            Entscheidbefugnisse. Die Zusammensetzung dieser Kommis-
     Mittelland, wo Zivilstands-, Handelsregister- und Konkurs-     sionen ist nicht parteibezogen.
     amt angesiedelt sind, wie auch das Regierungsstatthalteramt.
     Wahlendorf, auch zur Gemeinde gehörend, hat eine eigene
     Burgergemeinde (Burgerliche Nutzungskorporation Wah-
     lendorf ) zur Verwaltung eigener Güter, wie Wald, Wies- und
     Ackerland.

                                        Gemeindehaus in Meikirch
                                          Foto: Hans-Rudolf Egli

12
Die Aufgaben einer politischen Gemeinde                        Legislaturziele                                                 Finanzen in Meikirch
Die politischen Gemeinden verfügen über die sogenannte         Die Legislaturziele werden regelmässig nach der Neuwahl des     Nach investitionsbedingter Überverschuldung (Oberstufen-
allgemeine Kompetenz in kommunalen Angelegenheiten             Gemeinderates für vier Jahre festgelegt. Als Beispiel im Jahr   zentrum, Mehrzweckhalle, Kreuzungssanierungen, Auf-
(Gemeindeautonomie). Dies bedeutet, dass alle nicht aus-       2021 entsprechend dem Nachhaltigkeitsmodell von Öko-            bahrungshalle und anderes) in den 1960er- bis 1980er Jahren
drücklich durch Verfassung und Gesetz dem Kanton, dem          nomie, Ökologie, Soziales (siehe Website der Gemeinde).         befindet sich Meikirch im Vergleich zu ähnlichen Gemeinden
Bund oder einer Spezialgemeinde vorbehaltenen Geschäfte                                                                        heute in einer relativ guten Situation: Seit 2008 ist die Ge-
in die Kompetenz der politischen Gemeinde fallen. In Mei-                                                                      meinde schuldenfrei.
kirch sind das unter anderem eine gut funktionierende Ver-
waltung, das Bereitstellen und der Unterhalt der Gemeinde-                                                                     Bevölkerungsentwicklung
infrastruktur (Gebäude, Strassen und Erschliessungsanlagen),                                                                   In den letzten 20 Jahren gab es nur eine geringe Fluktua-
das Sicherstellen von Wahlen, Abstimmungen und Gemeinde-                                                                       tion in den Bevölkerungszahlen. Die Bewohnerzahl schwankt
versammlungen, das Gewähren von Sicherheit in einer Not-                                                                       um 2500. Während es in den 50 Jahren davor einen leichten,
lage, das Sicherstellen der Informationen und Kommunika-                                                                       kontinuierlichen Anstieg gab.
tion mit den Bürgerinnen und Bürgern, die Zusammenarbeit
mit Bund, Kanton, den umliegenden Gemeinden und den
Vereinen sowie das Schaffen von Rahmenbedingungen, damit
Meikirch vielseitig und lebenswert ist und bleibt.

Politische Prägung
In der Gemeinde Meikirch herrscht seit Jahren eine Parteien-
vielfalt – derzeit verkörpert der Gemeinderat vier Parteien
(SP, SVP, FDP, aktives Gewerbe). Während der letzten drei
Legislaturperioden war auch die EVP im Rat vertreten. Seit
Jahren verteilen sich die Gemeinderatssitze auf eine leicht
bürgerliche Mehrheit.                                                                                                                 In der Mehrzweckhalle Ortschwaben finden auch die
                                                                    Fahnen beim Schulhaus Ortschwaben                                                    Gemeindeversammlungen statt
                                                                    Foto: Susanne Moser                                                                          Foto: Hans-Rudolf Egli

     Ausflug des Gemeinderates 2012 nach Solothurn
     Foto: Gemeindeverwaltung

                                                                                                                                                                                               13
Die Burgerliche Nutzungskorporation Wahlendorf
     Ruth Künti, Präsidentin Nutzungskorporation

     Geschichtliches                                                Organisation und Aufgaben
     Der Staat Bern trat mit dem Kantonnementsvertrag vom           Die Burgerliche Nutzungskorporation Wahlendorf (BNKW)
     24. Oktober 1846 Wald und Land des ehemaligen Klosters         besteht aus den Stimmberechtigten, dem Burgerrat, ent-
     Frienisberg an die Holzmarche Seedorf ab. Die 550 Jucharten    scheidbefugtem Personal und den Kommissionen sowie dem
     Wald und 250 Jucharten Weidland waren zur Abfindung alter      Rechnungsprüfungsorgan. Die BNKW führt das Register der
     Nutzungsrechte von rechtsamelosen (armen) Bürgern der drei     Stimm- und Nutzungsberechtigten und verwaltet das Ver-
     Ortschaften Saurenhorn, Seedorf und Wahlendorf bestimmt.       mögen der Korporation. Sie beachtet dabei das Interesse der
     In zwei Teilungsverträgen von 1854 und 1857 teilten die drei   Einwohnergemeinde.
     Dorfgemeinschaften das Land unter sich auf. Mit dem Regle-
     ment vom 12. August 1861 bildete die «Holzmarche Wahlen-
     dorf», aus der die Burgerliche Nutzungskorporation Wahlen-                                                                   Umgebung des burgerlichen Waldhauses
     dorf entstand, ihre erste Organisation.                                                                                      Foto: Hans-Rudolf Egli

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Besitz von Wald, Land und Waldhaus                                                       Vergleich zwischen Einwohnergemeinde und
Die BNKW ist im Besitz von 16 Hektaren Wald, verteilt im                                 Burgergemeinde
Seienberg und der Bösmatt in Wahlendorf (Gemeinde Mei-                                   Burgergemeinden sind keine bernische, sondern eine schwei-
kirch) und im Duftrain (Gemeinde Seedorf). Dazu kommen                                   zerische Besonderheit. In anderen Kantonen heissen sie etwa
10,5 Hektaren Wies- und Ackerland in Wahlendorf. Die                                     auch Bürger- oder Ortsgemeinden. Das Vermögen der Burger-
BNKW verpachtet das Burgerland an ansässige Landwirte,                                   gemeinden besteht hauptsächlich aus Wald, viele besitzen
welche die Anforderungen gemäss Pachtreglement erfüllen.                                 aber auch Land und Immobilien. Die grösste und bekann-
Im Jahre 1978 wurde das Waldhaus im Blockhausstil auch mit                               teste der Schweiz ist die Burgergemeinde Bern. Als burger-
grossem Einsatz der Burgerinnen und Burger erbaut. Zehn                                  liche Korporationen gelten Gesellschaften, Zünfte, Burger-
Jahre später kam der Holzschopf dazu. Das Waldhaus kann                                  bäuerten und (Dorfburger-) Korporationen.
jeweils von April bis Ende Dezember gemietet werden. Es bie-                             Die BNKW verfügt weder über öffentlich-rechtliches Terri-
tet Platz für 30 Personen und ist mit einer Solaranlage für die                          torium noch über Steuerhoheit. Und doch war sie bis 1991 in
Beleuchtung ausgestattet. Mittels Innencheminée kann das                                 der bernischen Kantonsverfassung als öffentlich-rechtliche
Waldhaus an kalten Tagen beheizt werden. Für Informatio-                                 Körperschaft anerkannt und dem Gemeindegesetz unterstellt.
nen zur BNKW und Waldhaus-Reservationen: www.burger-                  Frienisbergwald    Sie ist eine so genannte Personengemeinde, die sich über ihre
wahlendorf.ch.                                                    Foto: Andreas Stiner   angehörigen Burgerinnen und Burger definiert, im Gegensatz
                                                                                         zu den als Territorialgemeinden ausgestalteten Einwohner-
                                                                                         gemeinden. Sie finanziert sich über das, was ihr Vermögen ab-
                                                                                         wirft. Davon können auch ihre Angehörigen in Form eines
                                                                                         sogenannten Burgernutzens profitieren.

                                                                                         Wie wird man Burgerin oder Burger?
                                                                                         Burgerliche Korporationen unterscheiden sich von den
                                                                                         Burgergemeinden darin, dass sie keine Einburgerungen mit
                                                                                         bürgerrechtlicher Wirkung vornehmen können. Konkret:
                                                                                         Wenn die Burgergemeinde Bern eine Schweizerin oder einen
                                                                                         Schweizer einburgert, erhält diese Person gleichzeitig mit dem
                                                                                         Burgerrecht auch das Bürgerrecht von Bern, also den Heimat-
                                                                                         ort «Bern BE». Wenn die BNKW jemandem das Burgerrecht
                                                                                         erteilt, hat dies keine Änderung der Heimatorte zur Folge.
                                                                                         Die BNKW kann Personen auf Gesuch hin in das Burgerrecht
                                                                                         aufnehmen, wenn sie unter anderem das Schweizer Bürger-
                                                                                         recht besitzen, mit Wahlendorf eng verbunden sind und im
                                                                                         Dorf Wohnsitz begründen. Das Organisationsreglement regelt
                                                                                         das Nähere und es ist eine Aufnahmesumme zu entrichten.
                                                                                         Aktuell gibt es 24 stimmberechtigte Burgerinnen und Burger.

                                                                                                                                                          15
Bevölkerung
                                                                         Die starke Bevölkerungszunahme vor vierzig Jahren und die                       Haushaltsgrösse 2012 und 2019
     Entwicklung der Bevölkerungsstruktur                                Stagnation seit der Jahrtausendwende zeigt sich ganz deutlich        500
     Hans-Rudolf Egli                                                    in der Entwicklung der Altersstruktur. Heute ist ein Viertel         450
                                                                         der Einwohnerinnen und Einwohner im Pensionsalter, 1980              400
                                                                                                                                              350
     Unsere Gemeinde zählt heute rund 2500 Einwohnerinnen                waren es weniger als 10 %. Die Zahl der Kinder und Jugend-           300
     und Einwohner. In den letzten 20 Jahren ist diese Zahl prak-        lichen nahm von 41 % im Jahr 1970 auf heute noch 18 % ab.            250
     tisch gleichgeblieben, obschon in dieser Zeit rund 100 Woh-         Diese Entwicklung ist typisch für eine Gemeinde mit einem            200
     nungen neu gebaut wurden. Im Dorf Meikirch wohnt die                hohen Einfamilienhausanteil, weil die Menschen möglichst             150
                                                                                                                                              100
     Hälfte, in Ortschwaben mit 715 Personen knapp ein Drittel           lange im eigenen Haus wohnen bleiben, was auch dank dem               50
     und in Wahlendorf ein Fünftel.                                      Ausbau der Spitex gefördert wird.                                      0
     Seit 1950 hat sich die Einwohnerzahl fast verdreifacht. Allein      Die Grösse der Haushalte ist eine unmittelbare Folge der                       1 Person     2 Personen    3 Personen    4 Personen   5 Personen
                                                                                                                                                                                                              und mehr
     zwischen 1960 und 1980 stieg sie von gut 1000 auf über 1900.        Altersstruktur. In 41 % aller Haushalte leben noch zwei Per-
     Es war die Zeit der neuen Einfamilienhausquartiere in Mei-          sonen, knapp ein Drittel sind Einpersonenhaushalte. Die in                                               2012    2019
     kirch, Grächwil, Ortschwaben und Wahlendorf. In dieser Pe-          den 1970er- und 1980er-Jahren häufigen Familienhaushalte
     riode wurden in allen drei Dörfern neue Schulhäuser gebaut,         mit drei oder vier Personen machen nur noch einen Viertel                      Grösse der Haushalte der Gemeinde Meikirch 2012 und
     1986 dann auch noch die Mehrzweckhalle in Ortschwaben,              aller Haushalte aus. Ein weiterer Grund der kleineren Haus-                    2019
     was eine hohe Verschuldung der Gemeinde zur Folge hatte             halte sind die hohen Haus- und Wohnungspreise, die sich Fa-                    Quelle: Bundesamt für Statistik
     und damals in vielen Agglomerationsgemeinden geschah.               milien vielfach nicht leisten können.

             Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Meikirch                     Entwicklung der Altersgruppen der Gemeinde Meikirch
             1950 bis 2020                                                                                           1950 bis 2019
             Quelle: Bundesamt für Statistik                                                         Quelle: Bundesamt für Statistik

                       Bevölkerungsentwicklung 1950 – 2020                                                                                Altersgruppen 1950 – 2019
     3000                                                                                                         1000
                                                                                                                   900
                                                                      2482             2512
      2500                                                                    2345                                 800
                                                             2179
                                                   2054                                                            700
     2000                                  1911
                                                                                                                   600
                                                                                                                   500
      1500                        1405
                                                                                                                   400
                         1031                                                                                      300
      1000       949
                                                                                                                   200

       500                                                                                                         100
                                                                                                                      0
                                                                                                                            1950       1960      1970         1980        1990           2000         2010      2019
         0
                1950     1960     1970    1980     1988      1990     2000    2010     2020                                              0–19 Jahre      20–39 Jahre       40–64 Jahre          65+

16
Begegnungsräume
Lela Gautschi Siegrist und Willy Oppliger
Menschen halten sich gerne dort auf, wo Austausch und Ge-
selligkeit möglich sind. Auch in Zeiten von Social Media
brauchen wir analoge Begegnungsräume und Treffpunkte,
um ­soziale Kontakte zu pflegen. In Meikirch begegnet man
sich an den unterschiedlichsten Orten: Die Milchbauern
treffen sich seit je vor der Käserei. Die eine oder andere
Aktion der Ortsparteien und die «Fête de la musique» zur
Sommersonnenwende beleben den sonst noch etwas wenig
einladenden Dorfplatz. In Wahlendorf trifft man sich gerne          Begegnungsplatz beim alten Schulhaus Meikirch                    Trachtengruppe Meikirch am Fête de la Musique auf dem
vor dem Dorflade. Kinder und Jugendliche ziehen eher die            Foto: Hans-Rudolf Egli                                           Dorfplatz Meikirch
Sport- und Spielplätze bei den Schulhäusern vor. Längst ver-                                                                         Foto: Lisa Röthlisberger
schwunden ist leider die ehemalige «Badi» bei der Querung
der Uettligenstrasse über den Krebsbach. Sie war vor rund
100 Jahren entstanden, zuerst als Verbreiterung des Baches,    von mehreren Läden, Gaststätten und Kleingewerben und             Mit dem Angebot der regionalen Jugendarbeit «jawohl» sollen
später dann mit einem abgetrennten Becken.                     dem starken Trend, für Arbeit, Einkauf und Vergnügen in die       sich auch Jugendliche und junge Erwachsene in der Gemeinde
Die rasante Bevölkerungsentwicklung der 1960er- und            Stadt zu pendeln, drohte Meikirch zu einer Schlafgemeinde         zugehörig fühlen. Das Team der Jugendarbeit begleitet die
1970er-Jahre verlangte nebst Anpassungen der Infrastruktur     zu werden. Dank dem gemeinsamen Bemühen von Vereinen,             jungen Menschen und nimmt sich ihren Lebensthemen an.
auch eine Neuausrichtung der sozialen Einrichtungen und        politischen Parteien, Behörden und vielen privaten Initiati-      Meikirch verfügt als einzige Gemeinde in der ganzen Region
Dienstleistungen unserer Gemeinde. Mit dem Verschwinden        ven sind neue Angebote entstanden, die dem Trend entgegen-        über einen autonomen Jugendraum Ü16. Er wird von den
                                                               wirken. So werden die lokalen Vereine als Kultur- und Jugend-    ­Jungen sehr geschätzt und bietet eine Alternative zu den städ-
                                                               förderer jährlich mit einem Beitrag aus dem Gemeindebudget        tischen Angeboten. Auch die kirchliche Jugendarbeit, Pfadi,
                                                               unterstützt. Auch die Kulturkommission und der «Spycher-          Jungschar und noch viele andere Vereine bringen mit ihren
       Ehemaliges Schwimmbad im Moos von Meikirch, um 1976     verein» schaffen mit ihren Angeboten Begegnungsmöglich-          Aktivitäten die Menschen in Meikirch zusammen. Und wer
       Foto: Kari Ulrich                                       keiten und fördern Traditionen ebenso wie innovative Ideen        die Ohren gut spitzt, kann auch die Wahlendorfmusik, den
                                                               der Bevölkerung. All das stärkt die Identifikation mit Dörfern    gemischten Chor oder die Trachtengruppe beim «Ständchen
                                                               und Gemeinde und führt nicht selten dazu, dass Junge, die         für die Jubilarinnen und Jubilare» hören oder etwas Punk-
                                                               in Meikirch aufgewachsen sind, nach den «Wanderjahren»            rock oder Funk der Jugendlichen.
                                                               mit ihren Familien nach Meikirch zurückkehren. So hat in         Auch für die ältere Generation haben sich Angebote und Be-
                                                               den letzten Jahren in den Einfamilienhaus-Quartieren ein          gegnungsmöglichkeiten den veränderten Bedürfnissen an-
                                                               Generationenwechsel stattgefunden. Die neu erstellten Mehr-       gepasst. Das Netzwerk «mitenand-fürenand» beispielsweise
                                                               familienhäuser, zuletzt in Meikirch und Weissenstein, haben       koordiniert die kommunale Nachbarschaftshilfe und die
                                                               diesen Wechsel zweifellos begünstigt.                             Kirchgemeinde sorgt mit ihrem vielfältigen Angebot für Be-
                                                               Viele Kinder und Jugendliche «tummeln» sich auf den Schul-        gegnung und Unterhaltung für ältere Menschen. Um die ver-
                                                               wegen und vor dem Volg, und es sind neue Angebote für Fa-         schiedenen Altersgruppen einander näher zu bringen, wurde
                                                               milien entstanden: Der Elternverein Jojo ermöglicht mit der       beim Alten Schulhaus Meikirch ein «Begegnungsplatz» ein-
                                                               «Chrabugruppe» einen Treffpunkt für Väter und Mütter mit          gerichtet, der mit Spielwiese, Geräten, Sitzgelegenheiten und
                                                               ihren Kleinkindern und lädt Familien zu unterschiedlichsten       Grillplatz zum Verweilen einlädt.
                                                               Freizeitaktivitäten ein. Die Spiel- und Waldspielgruppe Mär-     Viele Menschen engagieren sich in unserer Gemeinde für
                                                               meli sowie die Kita «nanuq» in Grächwil leisten einen wich-       eine lebhafte Gemeinschaft und Begegnungsmöglichkeiten
                                                               tigen Beitrag für die Jüngsten unserer Gemeinde und er-           und -räume. Es liegt an uns allen, diese zu nutzen und zu be-
                                                               möglichen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.       leben und die Vielfalt unseres Zusammenlebens zu erhalten!

                                                                                                                                                                                                  17
Landwirtschaft
     Andreas Michel, Landwirt

     In der Gemeinde Meikirch spielt die Landwirtschaft immer         Aktuell beläuft sich die landwirtschaftlich genutzte Fläche              Beschäftigte in der Landwirtschaft
     noch eine wichtige Rolle. Die Strukturen haben sich aber im      auf 598 Hektaren, 1975 waren es noch 647 Hektaren. Deut-          180     171       170
     Laufe der Zeit stark verändert. In der Gemeinde wird etwa        lich vermindert hat sich aber die Anzahl Betriebe, welche         160
     die gleiche Milchmenge gemolken wie vor 30 Jahren, ob-           diese Nutzflächen bearbeitet. Zurzeit beschäftigen 27 kon-
                                                                                                                                        140                         131
     schon die Anzahl der Produzenten von 44 auf 29 Betriebe          ventionelle und zwei biologische Betriebe 77 Beschäftigte.
                                                                                                                                        120
     zurückgegangen ist. Auch der Preis für die Milch sank in die-    1975 waren es 50 Betriebe mit 171 Beschäftigten. Da viele                                               102
                                                                                                                                        100
     ser Zeitspanne um zirka 40 % pro Liter. 1975 wurde die Käserei   Betriebe mit weniger Arbeitskräften geführt werden, werden                                                        82
                                                                                                                                         80                                                       74
     in Wahlendorf geschlossen, die Milch wird seither nach Mei-      immer häufiger Lohnarbeiten ausgeführt. Dies hat für die
     kirch gebracht. Heute werden mit umliegenden Käsereien aus       einzelnen Betriebe zur Folge, dass sie auch weniger in Ma-         60
     anderen Gemeinden Produktionsgemeinschaften gebildet. In         schinen investieren müssen, welche ohnehin nicht häufig zum        40
     diesen Käsereien wird hauptsächlich Emmentaler produziert.       Einsatz kommen wie zum Beispiel zum Säen, Pressen, Dre-            20
     Da die meisten Milchwirtschaftsbetriebe der Gemeinde mit         schen oder Ernten. Auch die technische Aufrüstung macht vor         0
     ihrer Milch die gemeindeeigene Käserei beliefern, füttert die    den landwirtschaftlichen Betrieben nicht halt. Immer öfter                1975     1980      1990      2000      2010      2020
     Mehrheit ihren Kühen nur Gras und Heu. Wenige Milchvieh-         kommen Computer zum Einsatz, zum Beispiel Melkroboter
     betriebe verkaufen ihre Milch an andere Verwerter. Diese Be-     oder Fütterungsroboter. Traktoren sind mit GPS und stufen-        Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft in der Gemeinde
     triebe verfüttern ihren Kühen oft Silofutter.                    loser Schaltung ausgestattet.                                                                      Meikirch von 1975 bis 2020
                                                                                                                                                                      Quelle: Bundesamt für Statistik

            Getreideernte mit Traktor und Lieuse (Mähbinder) 1937
            Fotoarchiv Hans-Rudolf Egli
                                                                                                                                        Viele Ackerbaubetriebe spezialisieren sich auf einzelne Kultu-
                                                                                                                                        ren statt auf Mischkulturen. Die Landwirte setzen vermehrt
                                                                            Zahl der Landwirtschaftsbetriebe in der Gemeinde Meikirch   auf Ökologie und Biodiversität, indem sie weniger Spritz-
                                                                            von 1975 bis 2020                                           mittel einsetzen und weniger intensiv bewirtschaften. Da
                                                                            Quelle: Bundesamt für Statistik                             aus der Produktion nicht mehr Erlöse erzielt werden können,
                                                                                                                                        die das Überleben sichern, werden die sogenannten Ökobei-
                                                                              Landwirtschaftsbetriebe 1975 –                            träge und Direktzahlungen für die Landschaftspflege immer
                                                                                                                                        wichtiger. Zur Verhinderung von Bodenabbau und der För-
                                                                                                 2020
                                                                                                                                        derung von Bodenstrukturen sowie Verminderung der Ero-
                                                                      60
                                                                              50
                                                                                                                                        sion wird vermehrt ein pflugloser Einsatz gefordert. Aktuell
                                                                                       49
                                                                      50                         44                                     geht die Tendenz aber aufgrund von Herbizidverboten wie-
                                                                      40                                                                der zurück zu vermehrtem Einsatz von Pflügen zur mecha-
                                                                                                           34
                                                                                                                     29       29        nischen Unkrautbekämpfung. Es wird wieder mehr auf den
                                                                      30                                                                Einfluss von Nützlingen, Insekten und Blumen gesetzt. Sie
                                                                      20                                                                sollen auf natürlicher Basis die Schädlinge bekämpfen. Aus
                                                                                                                                        diesem Grund sieht man in der Gemeinde wieder mehr He-
                                                                      10
                                                                                                                                        cken, ökologische Ausgleichsflächen, Blumenwiesen, Obst-
                                                                       0                                                                gärten mit Nisthilfen für Vögel, Ast- und Steinhaufen für die
                                                                             1975     1980      1990      2000     2010      2020
                                                                                                                                        Förderung von Insekten und Reptilien und anderen Tieren.

18
1949 wurde in der Flur von Meikirch eine Güterzusammen-         Durch den Klimawandel wird auch in der Forstwirtschaft
legung vorgenommen. Gerade aber in den Gebieten, wo sol-        darauf geachtet, dass mehrheitlich Bäume gepflanzt werden,
che Zusammenlegungen noch nicht gemacht wurden, wird            welche das zukünftige Klima besser ertragen. So wird wegen
dies wohl auch in Zukunft – aus Kostengründen – kaum reali-     der Eindämmung von Krankheiten und Schädlingen weni-
siert werden können. Viel Land ist im Besitz von Privaten und   ger Nadelholz wie Tanne und Fichte, dafür mehr Laubgehölz
Erbengemeinschaften, welche nicht interessiert sind, Geld in    wie Esche, Eiche, Ahorn, Buche angepflanzt.
eine Erschliessung zu investieren, wenn nicht mehr Pachtzins    Trotz des Strukturwandels sowie deutlichen Betriebsver-
verlangt werden kann. Oft wird nun unter den Landwirten         grösserungen und Spezialisierungen gibt es immer mehr Be-
Land abgetauscht, um so die Parzellen vergrössern zu können.    triebe, wo mindestens ein Teil der Betriebsinhaber im Neben-
Die Waldbewirtschaftung wird häufig durch Lohnunter-            erwerb noch auswärts arbeitet. Wirtschaftlich gesehen ist
nehmen erledigt, da die Bauernbetriebe zu wenig Arbeits-        es notwendig, dass auf einem Betrieb verschiedene Stand-
kräfte haben, um dies selbst ausführen zu können. Durch die     beine aufgebaut werden. Gefördert wird jetzt die Direktver-
tiefen Holzpreise muss der Holzschlag schnell und speditiv      marktung und der Verkauf ab Hof, ein deutlicher Aufschwung
vonstatten gehen. Es werden besondere Maschinen eingesetzt,     ist hier sichtbar.
um Arbeitskräfte und Zeit zu sparen. Der Wald wird parzellen-
übergreifend bewirtschaftet, damit die Arbeiten mit Maschi-                                                                          Ausgesiedelter Landwirtschaftsbetrieb: Hof Salvisberg
nen rasch vorwärtskommen und auch für die Pflanzung und                                                                              Foto: Willy Oppliger
Jungwuchspflege mehr Licht und Platz entsteht. Das Weg-
netz im Wald wird moderat erweitert, damit geschlagenes
Holz schneller und einfacher abtransportiert werden kann.

                                                                                                                               Viehschau auf dem Dorfplatz
                                                                                                                               Foto: Urs Friedrich

         Getreideernte
         Foto: Christoph Etter

                                                                                                                               Das Interesse und die Wertschätzung an der Landwirtschaft
                                                                                                                               war bis vor ein paar Jahren noch deutlicher spürbarer, indem
                                                                                                                               zum Beispiel Jungen und Mädchen regelmässig auf den Be-
                                                                                                                               trieben mitgeholfen haben. Die Besetzung der Lehrstellen
                                                                                                                               ist eher rückläufig. Die Landwirtin und der Landwirt müssen
                                                                                                                               aufklären und informieren, damit die Bevölkerung die Land-
                                                                                                                               wirtschaft wieder besser versteht und schätzt. Das Verständ-
                                                                                                                               nis, dass die Landwirtschaft zur Nahrungsmittelsicherheit bei-
                                                                                                                               trägt, ist stark geschwunden. Es ist nötig, dass die Türen der
                                                                                                                               Landwirtschaftsbetriebe für die Interessierten offenstehen.

                                                                                                                                                                                                19
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