Willkommen in Meikirch - Wandel in Raum und Zeit
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Willkommen in Meikirch Meikirch – vielseitig und lebenswert Liebe Leserinnen und Leser Seit fast 60 Jahren wohne und arbeite ich in der Gemeinde Meikirch. Ich bin hier aufgewachsen, habe meine Schulzeit hier verbracht und arbeite nun auf dem familieneigenen Betrieb. Daher kenne ich diese Gemeinde in- und auswendig. Das habe ich zumindest gedacht. Beim Lesen dieser vielfältigen und unterschiedlichen Texte habe ich gemerkt, dass ich tatsächlich noch Sachen über Meikirch lernen kann. Deshalb ist diese Broschüre nicht nur für Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger geeignet, sondern auch für die Bevölkerung von Meikirch, welche schon mehrere Jahre in unserer Gemeinde lebt, sehr spannend und lehrreich. So habe ich erfahren, dass zur Römerzeit ein Ziegelfabrikant in Meikirch wohnte und arbeitete und dessen Ziegel bis nach Rom geliefert wurden. Es gibt noch viele weitere spannende Geschich- ten. Ich bin sicher, diese Broschüre liest sich nicht an einem Tag. Sie lädt ein, Meikirch Stück für Stück kennen zu lernen. Wir sind stolz auf unsere Gemeinschaft und hoffen, dass Sie sich bei uns, am Südhang des Frienisbergs und vor den Toren der Stadt Bern, wohlfühlen und verwirklichen können. Im Namen des Gemeinderats danke ich allen, die in irgendeiner Weise mitgeholfen haben, diese Gemeindebroschüre zu erstellen. Insbesondere geht der Dank an die Mitglieder der Arbeitsgruppe, welche in unzähligen Stunden die Texte zusammengestellt und die Gemeindebroschüre mitgestaltet haben. Jetzt wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Lesen der neuen Gemeindebroschüre und heisse Sie im Namen des ganzen Gemeinderates herzlich in unserer Gemeinde willkommen. Hanspeter Salvisberg, Gemeindepräsident 1
Herausgeber: Gemeinde Meikirch Redaktion: Hans-Rudolf Egli Arbeitsgruppe: Kurt Wenger, Präsident Mia Braune Hans-Rudolf Egli Mariann Oppliger Willy Oppliger Urs Thüer Layout: morntag GmbH Druck: Schmid-Fehr AG, Goldach © Gemeinde Meikirch, 2021 Das Redaktionsteam bittet die Leserinnen und Leser zu be- achten, dass diese Broschüre bezüglich Inhalt (Gewerbe, Abbildungen Umschlag: Dienstleistungen, Vereine, Künstler, Personen usw.) nur einen Titelseite Meikirch (Foto: Urs Thüer) Teil der Gesamtheit abbildet und sich dieser im Laufe der Zeit Titelseite innen Landeskarte der Schweiz 1:25’000, 2020 (© swisstopo) verändern kann. Insbesondere sei erwähnt, dass von Bürge- rinnen und Bürgern erhaltene Texte auf die Gesamtbroschüre Rückseite innen Siegfriedkarte 1:25’000, 1939/1946 (© swisstopo) adaptiert werden mussten. Es gibt keinen Anspruch auf Voll- Rückseite Ortschwaben (Foto: Urs Thüer) ständigkeit. 2
Vorwort Kurt Wenger, Mitglied der Arbeitsgruppe und Gemeindepräsident 2009 – 2020 Mit dieser Broschüre will der Gemeinderat Sie, liebe Neu- Nähe der Hauptstadt Bern mit einer grossen Branchenvielfalt Zu guter Letzt ist mir wichtig festzustellen: Es waren immer zugezogene begrüssen, und Ihnen auf eine noch unbekannte an Gewerbetreibenden. Unser erwerbstätiger Bevölkerungs- und zu jeder Zeit die Bürgerinnen und Bürger, die unsere Ge- Art aufzeigen, in welch einzigartiger Gegend Sie sich nieder- teil verdient sein Einkommen grösstenteils ausserhalb der Ge- meinde prägten und lebenswert machten. Dass nicht nur Ge- gelassen haben; gleichzeitig aber auch den schon länger oder meinde. Meikirch selber bietet ungefähr 500 Arbeitsplätze meindebehörden beziehungsweise Alteingesessene diese Ent- immer hier Wohnenden die Vorzüge von Meikirch in Er- an, sowohl an hier ansässige wie auswärtige Personen. In wicklung beeinflussen, sondern immer auch Neuzugezogene innerung rufen. einer 2011 vom Gemeinderat in Auftrag gegebenen Studie zur zum Mitgestalten beitragen konnten, zeugt von einem welt- 1986 war ich einer dieser Neuzuzüger, der mit seiner Familie strategischen Ausrichtung wurde Meikirch als «Nachhaltige offenen Geist und einer guten Kultur bei uns «z Mechiuche», nach Meikirch kam und es nie und nimmer bereut hat. Ganz Landgemeinde mit Modellcharakter» positioniert. Die in die- wie Einheimische unsere Gemeinde liebevoll nennen. im Gegenteil, ich begann mich in der Gemeinde zunehmend ser Studie häufigsten Nennungen, weshalb Meikirch als neuer Ich bin überzeugt, dass dies auch in Zukunft so sein wird und in verschiedenen Funktionen zu engagieren. Ende 2020, nach Wohnort gewählt wird, lassen sich wie folgt auf den Punkt Meikirch seinen guten Traditionen folgen wird. 12 Jahren, trat ich als Gemeindepräsident zurück und erachte bringen: Vorteilhafte Lage (Nähe zur Stadt, ländliche Ruhe, Symbolisch deutet ja nur schon unser Gemeindewappen da- es jetzt als grosses Privileg, an der Entstehung dieser Neuauf- prächtige Alpensicht). Aufgeführt wurden ebenfalls Ord- rauf hin, dass unsere Gemeinde immer unter einem guten lage der Gemeindebroschüre mitzuwirken und das Vorwort nung und Sauberkeit sowie die ÖV-Anbindung (stündlich/ Stern stehen wird. an Sie richten zu dürfen. halbstündlich in 25 Minuten am Hauptbahnhof Bern). Spe- Nun wünsche ich Ihnen allen viel Freude und Spass beim Nach der alten Weisheit «Herkunft bringt Zukunft» soll die ziell geschätzt werden die beiden Einkaufsläden zur Grund- Durchblättern und Lesen dieser Broschüre. vorliegende Broschüre Sie gerafft und informativ von der versorgung in Meikirch und Wahlendorf. Nicht zuletzt wur- frühen Vergangenheit bis in die heutige Zeit führen. Dass den auch die eigene Oberstufenschule und die Schulhäuser Wissenswertes zu unserer so lebenswerten Landgemeinde am in jedem der drei Dörfer Meikirch, Wahlendorf und Ort- Südhang des Frienisbergs auf diese Weise «unter die Leute» schwaben als grosser Vorteil erwähnt. Heute verfolgt der Ge- gebracht werden kann, ist einer Gruppe aus Gemeinde- meinderat das Ziel, die Gemeinde Meikirch nachhaltig, viel- bürgerinnen und -bürgern zu verdanken, die – im Auftrag seitig und lebenswert weiter zu entwickeln. des Gemeinderates – eine Neuauflage erarbeitet haben. Die Neuzugezogenen aus allen Schichten sind sehr willkom- Naherholungssuchende und Sporthungrige finden inner- men. Alle tragen das Ihrige zur Entwicklung der Gemeinde halb unserer Gemeinde wie im angrenzenden Frienisberg- bei – sei es ihre Steuerkraft, ihre Kinder, die junge Dyna- Gebiet einzigartige Naturbegebenheiten mit vielfältigen Be- mik, neue Ideen und sprudelndes Leben innerhalb unse- tätigungsmöglichkeiten. Mein Tipp: Besuchen Sie die Website rer verschiedenen Dorfgemeinschaften. Dieses sukzessive www.frienisberg-tourismus.ch, die Sie dazu umfassend in- und harmonische Ineinanderfliessen ländlicher und urbaner formiert. Lebensstile dient nicht zuletzt den vielen Orts- und Jugend- Aus unserer von je her landwirtschaftlich geprägten, lange nur vereinen, der protestantischen und der katholischen Kirche, dünn besiedelten Gemeinde, entwickelte sich im Laufe der die alle dadurch überaus willkommene Neumitglieder be- letzten 80 Jahre eine 2500 Seelen zählende Gemeinde in der grüssen können. 3
Lage und Grösse Hans-Rudolf Egli Wer auf der Hauptstrasse von Aarberg über den Frienisberg etwa 20 Einzelhöfe, ehemalige Bauernhöfe oder neuere Aus- die von Bern über den Frienisberg nach Aarberg und von dort nach Bern fährt, bewundert bei guter Fernsicht, was bei uns siedlerbetriebe. Im Süden und Westen grenzen wir an die Ge- weiter nach Biel beziehungsweise nach Neuenburg führte. Das recht häufig ist, vom Waldausgang oberhalb des Dorfes Mei- meinde Wohlen, im Osten an Kirchlindach und nördlich von Dorf Meikirch liegt rund 10 km von Bern und 9 km von Aar- kirch das Alpenpanorama vom Titlis in der Innerschweiz uns liegen Schüpfen und Seedorf. berg entfernt. Nach der Entsumpfung des Lyssbachtales zwi- bis zu den Freiburger Voralpen, im Zentrum das Dreigestirn Der Frienisberg ist ein von Südwesten nach Nordosten strei- schen Münchenbuchsee und Lyss im 19. Jahrhundert wurden Eiger-Mönch-Jungfrau der Berner Hochalpen. Jenseits des chender, rund 10 km langer Hügelzug. Der Untergrund be- die Hauptstrasse und die Eisenbahnlinie von Bern nach Biel Bremgartenwaldes ist die Spitze des Berner Münsters zu ent- steht aus mehreren hundert Metern mächtigen Sandstein- über Schüpfen gebaut und unsere Gemeinde blieb abseits der decken, über der Dachlandschaft von Meikirch sieht man die und Mergelschichten, die vor rund 30 Millionen Jahren Industrialisierung im 20. Jahrhundert. Seit 1980 ist Meikirch zu unserer Gemeinde gehörenden Weiler Aetzikofen und während der Alpenfaltung bis in unsere Gegend verfrachtet statistisch eine Agglomerationsgemeinde von Bern, weil viele Weissenstein, im Osten die Dächer von Grächwil. wurden. Die Molasseschichten sind reich an Quellen, die für Zuzügerinnen und Zuzüger zur Arbeit in der Bundeshaupt- Die Gemeinde erstreckt sich über sieben Kilometer Luftlinie die Standorte der Siedlungen wichtig waren. Über der Molasse stadt oder einen Vorort pendeln. Bis 2009 gehörte Meikirch vom nordwestlichsten Punkt in Wahlendorf bis zum süd- liegen die Ablagerungen des Rhonegletschers aus der letzten zum Amt Aarberg und war somit politisch-administrativ eine östlichsten am Löörwald in Ortschwaben. Die Gemeinde ist Eiszeit. Die Mulde von Wahlendorf wird durch den Chielibach Seeländer Gemeinde. Seither gehören wir zum Verwaltungs- 10 km2 gross. Der höchste Punkt ist 810 m ü.M im Hubel- und das Moos südlich von Meikirch durch den Chräbsbach kreis Bern-Mittelland. wald westlich von Wahlendorf, der tiefste ist an der südlichen entwässert. Die Lagen am Sonnenhang des Frienisbergs sind Gemeindegrenze auf 577 m ü.M. Die drei Dörfer liegen auf wichtig für die Wohnqualität. Die mittlere Jahrestemperatur unterschiedlichen Höhenstufen: Wahlendorf im Zentrum beträgt ungefähr 7° Celsius, jährlich fallen 100 bis 120 cm Meikirch in einer Vollmondnacht einer grossen Rodungsinsel auf dem Frienisbergplateau auf Niederschlag. Im Winterhalbjahr sind wir dank der Höhen- Foto: Laszlo Fisli 750 m ü.M., Meikirch auf rund 650 m und Ortschwaben auf und Südhanglage oft ausserhalb der Nebelzone. 600 m. Verstreut über das ganze Gemeindegebiet stehen noch Die Gemeinde erstreckt sich entlang der alten Landstrasse, Alpenpanorama von Meikirch aus Foto: Uli Sacchet 4
Landschaft und Natur Hans-Rudolf Egli und Peter Sahli Die Landschaft ist unser Lebensraum, soweit wir ihn mit all Das leicht hügelige Relief hat die Anlage und die Erweiterung lichen Aktivitäten in der Naturlandschaft bedrohen das unseren Sinnen wahrnehmen. Hauptsächlich mit unseren der drei Dörfer erleichtert. Das Kulturland von Meikirch und natürliche Gleichgewicht. Die Artenvielfalt und die Anzahl Augen, aber auch mit unseren Füssen, wenn wir über einen Wahlendorf wurde bis ins 19. Jahrhundert im Dreizelgen-Sys- der Lebewesen einer Art sind aufgrund der Abnahme natür- Feldweg marschieren, im Winter auf einer vereisten Strasse tem bewirtschaftet. Die Äcker wurden im Wechsel im ersten licher Flächen rückläufig. So hat die Anzahl der Insekten oder im Herbst im Wald durch das Laub. Verkehrslärm und Jahr mit Wintergetreide, im zweiten Jahr mit Sommergetreide in den letzten 30 Jahren um 70 % abgenommen. Viele In- Vogelgesang sind typische Merkmale, ebenso der Duft frischer bestellt und im dritten Jahr lagen sie zur Erholung brach. Da sekten, insbesondere auch die Schmetterlinge, benötigen Waldluft und die unterschiedlichen Gerüche der Landwirt- nicht alle Parzellen mit Wegen erschlossen waren, mussten für ihren Fortbestand spezifische Futterpflanzen auf natur- schaft. Interessant ist der Wandel der Landschaft im Tages- die Bauern die Aussaat und die Ernten absprechen. Inner- belassenen Flächen. Interessierte Beobachter stellen auch fest, und Jahresrhythmus und die Veränderungen im Laufe der halb der drei Zelgen gab es schon da- dass die Zahl und die Vielfalt der Jahre. In unserer ländlichen Umgebung nehmen wir das Wet- mals keine Hecken, die Fluren waren Vögel in den letzten Jahren sichtbar ter und die wechselnde Vegetation auf den Feldern und in immer offen, auch als sie noch nicht «Laptop zuklappen, Joggingschuhe schnüren, ab- abgenommen haben, weil ihnen In- den Wäldern besonders deutlich wahr. so intensiv bewirtschaftet wurden schalten und geniessen: Direkt vor der Tür liegt sekten, Nistgelegenheiten und Ver- Die abwechslungsreiche Bodenoberfläche mit trockenen Hü- wie heute. Besonders eindrücklich ein fantastisches Naherholungsgebiet. Auf einer stecke fehlen. So hören wir die ehe- geln und vernässten Senken, der Wechsel von Trockenstand- ist die Rodungsinsel von Wahlen- abendlichen Runde durch grüne Wälder, weite Wie- mals heimische Feldlerche nur noch orten, mageren und fruchtbaren Böden sowie Bachläufe sind dorf, die in ihrer Ausdehnung seit sen und schmucke Dörfer und Weiler ist der Arbeits- selten, Mehlschwalbe, Schleiereule typisch für die Glaziallandschaft in unserer Gegend. Die meis- Jahrhunderten fast unverändert ist. alltag schnell vergessen. Wer Glück hat, begegnet und Gartenrotschwanz sind im Be- ten grossen Steine auf den Wiesen und Äckern, sogenannte Abwechslungsreich sind die unregel- unterwegs einem Wildtier oder trifft auf einen der stand rückläufig, Kiebitz, Wiedehopf Findlinge, die der Rhonegletscher bis hierhin transportiert mässigen Waldparzellen und die viel- vielen vierbeinigen Dorfbewohner.» und Wachtel sind verschwunden. hatte, wurden gesprengt und als Baumaterial verwendet. In fältigen Mischwälder. In den Fluren Gleiches gilt für Amphibien, Rep- Baugruben kommen ab und zu noch solche zum Vorschein stehen nur wenige Bäume. Neben – Stefanie I. aus Meikirch tilien und Säuger. Gewinner sind und in den Wäldern finden wir heute noch zahlreiche Ex- den Bauernhöfen und in und um Tiere und Pflanzen, die sich auf- emplare, deren Herkunft im Alpenraum von Geologen be- die Dörfer gibt es immer noch Hof- grund ihrer Lebensweise schneller stimmt werden können. stätten mit Obstbäumen, in denen teilweise das Vieh weidet. an die neue Situation anpassen können, wie zum Beispiel Die Strassen und Wege sind fast überall dem Relief angepasst Füchse, Feldmäuse, Rotmilane, Turmfalken, Sperlinge, Tau- und verlaufen leicht geschwungen. Selbst die Hauptstrasse ben, Krähen, Spinnen, Wanzen und andere Schadinsekten über den Frienisberg nach Bern entspricht dem historischen sowie invasive Pflanzen und Tiere. Verlauf und prägt das Landschaftsbild ebenso wie die Neben- Um die Biodiversität – die Vielfalt des Lebens – verbessern strassen auf den Schüpberg, nach Kirchlindach, nach Uettli- oder mindestens erhalten zu können, sind verschiedene mit- gen und nach Säriswil. Nur einzelne Flurwege, die nach der einander vernetzte naturnahe Flächen notwendig. In die- Güterzusammenlegung anfangs der 1950er-Jahre neu an- ses Netz von vielfältigen Lebensräumen, Arten, Genen und gelegt wurden, und neue Waldwege verlaufen ganz gerade. gegenseitigen Abhängigkeiten ist auch der Mensch ein- Wohnbauten, Strassen und eine intensive Nahrungsmittel- gebunden. produktion sowie das sich wandelnde Klima haben die ur- Zur Erhaltung, Gestaltung und Erschaffung von naturnahen sprüngliche Naturlandschaft stark verändert. Die mensch- Landschaftselementen ist ein aktiver Natur- und Landschafts- schutz notwendig. Das haben auch die Landwirtschaft mit ihren ökologischen Ausgleichsflächen und Vernetzungs- Westliche Flur von Wahlendorf elementen sowie die Gemeinde mit einem Natur- und Land- Foto: Hans-Rudolf Egli schaftsschutz fördernden Landschaftsrichtplan erkannt. Nachfolgende positive Beispiele illustrieren dies exemplarisch. 6
Naturschutzgebiet Widi in Grächwil Blick ins Bösmattmoos von Meikirch aus Foto: Peter Sahli Foto: Hans-Rudolf Egli Widi – ein Naturjuwel aus der Eiszeit Leehubel – von der Abfallgrube zum Orchideenweg – im Flug aus dem Süden an den Das Widi und sein Umland sind ein wichtiger Erholungs- Biodiversitäts-Hotspot Frienisberg raum, ein ökologisch wichtiger Trittstein und wertvoller In der ehemaligen Kiesgrube wurde bis in die frühen 1980er- Am Frienisberg sind an den Weg- und Strassenrändern auf- Lebensraum für Tiere und Pflanzen und ein bedeutender Jahre der noch recht gering anfallende «Ghüder» der Ge- fallend häufig wilde Orchideen zu beobachten. Diese sind ver- Amphibienlaichplatz. meinde deponiert. Nach deren Schliessung wurde die ehe- mutlich mit dem Wind aus dem Süden eingeflogen. malige Grube mit dem Nagelfluhkopf im nördlichen Teil in ein kommunales Naturschutzgebiet mit einem Feuchtteil, Trockenmauern und einer Magerwiese umgestaltet. Sie ist heute ein Rückzugsgebiet für einheimische Flora und Fauna, Orchidee Weisses Breitkölbchen ein biologischer Hotspot. Foto: Peter Sahli Widi im Winter, um 1945 Fotoarchiv Hans-Rudolf Egli Chräbsbach – vom Moor zum Kulturland Das ehemalige Moor (Heidmoos, Bösmattmoos) wurde drai- niert, um Kulturland zu gewinnen. Immer wieder kann die bedrohte Kreuzkröte auf der Suche nach Laichplätzen be- obachtet werden. In der entlang des Ufers gepflanzten Hecke Schachbrettfalter im Naturschutzgebiet Leehubel lebt der Neuntöter, eine mittlerweile seltene Vogelart im Foto: Marianne Schenk Mittelland. 7
Geschichte messende Grabhügel erst für diese Nachbestattung auf knapp 5 Meter erhöht wurde. Gewiss ist jedoch, dass er bereits Jahre lag an der Verbindungsstrasse vom Vicus Brenodurum auf der Engehalbinsel ins Seeland. Dafür sprechen auch noch früher angelegt worden ist. Als Urne für die zentrale Brand- heute begehbare Hohlwege zwischen Meikirch und Frienis- bestattung diente ein tönernes, ritzverziertes Kegelhalsgefäss, berg. Der Gutshof wurde bereits im 3. Jahrhundert n. Chr. auf- Urgeschichte, römische Epoche und Mittelalter wie sie im 7. Jahrhundert v. Chr., d.h. in der Hallstattzeit, an- gegeben und zerfiel. Peter J. Suter gefertigt wurden. Im frühen Mittelalter, wohl im 6./7. Jahr- Noch vor dem Bau der ersten Kirche wurden in den Ruinen Die ältesten Spuren menschlicher Anwesenheit im Bereich hundert n. Chr., wurde der Grabhügel erneut als Bestattungs- der Villa, etwa um 700 n. Chr., erste Gräber angelegt. Wei- der heutigen Gemeinde Meikirch datieren in die Bronzezeit, platz genutzt – vermutlich von zugezogenen Alemannen. Ein tere Skelettbestattungen erfolgten später im Kircheninneren. genauer ins mittlere 2. Jahrtausend v. Chr.. Neben den im zweiter, etwas kleinerer Grabhügel zeichnet sich östlich davon Der Bau der ersten, noch kleinen Saalkirche mit Apsis, ist letzten Jahrhundert gefundenen Einzelfunden aus Bronze im Waldboden ab. Im Frienisberger Wald, nordöstlich von nicht schriftlich festgehalten, dürfte aber ins 8. Jahrhundert (Beilklinge, Lanzenspitze, 50 cm lange Gewandnadel) aus der Wahlendorf, wurde in den 1930er Jahren ein weiterer Grab- n. Chr. datieren. In romanischer Zeit wurde der Kirchensaal Umgebung von Wahlendorf ist insbesondere die bereits 1851 hügel aus der älteren Eisenzeit geplündert. verlängert und im späten Mittelalter erhielt die Kirche einen gefundene Ansammlung von zerbrochenen Bronzefunden Anlässlich der Sanierung der Kirche (1977/78) und rund 20 Turm. Der heutige, barocke Predigtsaal entstand 1726 – 1729. «bei Meikirch» zu erwähnen. Es dürfte sich um ein Altmetall- Jahre später, beim Umbau des angrenzenden Müngerhauses Erst seit dem Hochmittelalter liegen schriftliche Quellen depot eines Bronzegiessers handeln. Die 1999 nördlich der zum Kirchgemeindezentrum (2000/01), wurden Teile der vor. So erwähnen die Fontes rerum Bernensium, dass Papst Kirche, beim Bau des neuen Magazingebäudes von Meikirch, Grundmauern einer römischen Villa freigelegt. Sie Lucius III im Jahr 1185 «der Abtei St. Johanns zu Erlach» aufgedeckten Spuren einer mittelbronzezeitlichen wurde um 100 n. Chr. als Hallenhaus erbaut. Im all’ ihre Rechte und ihren Besitz … an Gütern in «Nortsua- Grube sprechen aber unzweideutig für eine ehe- Laufe der Zeit wurden zwei lange Flügel angebaut, ben» (=Ortschwaben), Lindenacho … Uetligen bestätigte und malige Wohn- oder Arbeitsstätte vor Ort. wobei das Ausmass des westlichen Anbaus im Jahr 1263 wird eine Familie «de Moechilchun» als Be- Sie wird aufgrund der Keramikscherben unklar bleibt. Im Bereich der südlichen sitzerin von Häusern und Gütern in Bern und Umgebung und des C14-Datums der Holzkohle – wie Kirchenmauer wurde im Ostflügel der Villa aufgeführt. Später notiert eine Quelle, dass der Leutpriester die auch oben genannten Bronzen – ins 14. ein abgesenkter Gang (Kryptoportikus) frei- von «Moekilch» zwanzig Schilling für Kreuzzüge ins Heilige Jahrhundert v. Chr. datiert. gelegt. An seinen Wänden waren unterschied- Land gespendet habe. Das bedeutendste archäologische Fund- lich gut erhaltene gallo-römische Wand- Der Name «Mönchilcha» (Mönchskirche) bedeutet, dass die objekt aus unserer Gemeinde ist malereien erhalten, die abgelöst Bauern der Gegend als Hörige dem 1131 gegründeten Klos- noch immer die 1851 entdeckte, und restauriert wurden. Aus- ter Frienisberg abgabepflichtig waren. Nach der Reforma- bronzene Hydria aus dem gros- schnitte des Bildzyklus sowie ei- tion (1528) wurde das Kloster aufgelöst und ab 1533 nutzte sen Grabhügel südlich von nige Fundgegenstände sind im Bern die ehemaligen Klostergebäude als Amtssitz einer ber- Grächwil. Das ergänzte, rund neuen Kirchgemeindezentrum nischen Landvogtei, zu der bis 1789 auch Meikirch gehörte. 50 cm hohe Wassergefäss aus ausgestellt. Sowohl bei den zwi- dünnem Bronzeblech ist mit schen Meikirch und Säriswil ge- zwei seitlichen Griffen versehen, legenen Spuren einer römischen die mit liegenden Löwen verziert Ziegelei als auch bei der Villa selbst sind. Der gegossene Prunkhenkel stellt fanden sich zahlreiche gestempelte Zie- Artemis, Herrin der Tiere, dar. Sie wird gel. Falls Brennofen und Gutshof effek- von sitzenden Löwen, Hasen, Schlangen tiv zusammengehören, ist es wahrschein- und Falken umringt. Das Gefäss ist vermut- lich, dass uns der Stempel «L.C.PRISC» lich um 570 v. Chr. in einer Werkstatt in Ta- den Namen eines einstigen Gutshofbesitzers rent, einer spartanischen Kolonie in Apulien, nennt: Lucius C(ornelius?) PRISCUS. Die Villa gefertigt worden. Die Hydria gehört vermutlich zu einer Wagenbestattung, von der Teile der eisernen Radreifen erhalten sind. Die Grablegung dürfte in Bronzene Hydria von Grächwil, um 570 v. Chr. in Tarent der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. erfolgt (Süditalien) hergestellt Villa romana, Priscus-Stempel auf Leistenziegel sein. Unklar bleibt, ob der im Durchmesser etwa 30 Meter Foto: Historisches Museum Bern © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Badri Redha 8
Villa romana, Phase IV Hallenhaus mit Seitenflügeln © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Max Stöckli Kryptoportikus mit Wandbildern im Ostflügel der römischen Villa romana © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Max Stöckli Modell der Kirche III: romanische Saalkirche mit spätmittelalterlichem Turm © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Max Stöckli Weiterführende Literatur zur Ur- und Frühgeschichte Geneviève Lüscher, Die Hydria von Grächwil. Ein griechisches Prunkgefäss aus Tarent. Glanzlichter aus dem Bernischen Historischen Museum 8, Bern 2002 Peter J. Suter et al., Meikirch – Villa romana, Gräber und Kirche. Archäologischer Dienst des Kantons Bern. Bern 2004 Neuzeit Hans-Rudolf Egli Der ehemalige «Bären» in Ortschwaben wurde im Jahr 1584 ab. Seit 1948 fahren Postautokurse nach Bern und auch des- erstmals erwähnt. Er gehörte, zusammen mit der benach- halb gelangte die Gemeinde nach 1960 ins Einzugsgebiet der barten Mühle, ursprünglich dem Kloster Frienisberg. Der Stadt Bern. Mit dem Bau von Einfamilien- und Mehrfamilien- Plan aus dem Jahr 1789 zeigt die Häuser im Dorfkern von häusern in Ortschwaben, Weissenstein, Grächwil, Meikirch «Meykirch». Beide Orte lagen an der alten Landstrasse von und Wahlendorf nahm die Einwohnerzahl auf über 2000 Bern nach Aarberg, die im 18. und 19. Jahrhundert mit Post- Personen zu. kutschen befahren wurde. Nach dem Bau der Lyssbachtal- strasse und der Tiefenaubrücke zwischen 1840 und 1846 Plan von Meikirch aus dem Jahr 1789, Ausschnitt verlor Meikirch seine günstige Verkehrslage und die Be- Original im Staatsarchiv Bern völkerungszahl sank von 1059 um 1850 auf 885 im Jahr 1941 9
Siedlungen und Häuser Meikirch und Weissenstein Hans-Rudolf Egli und Martin Wyss Foto: Urs Friedrich Siedlungen Unsere Gemeinde entspricht mit Dörfern, Weilern und Einzelhöfen dem typischen Siedlungsbild im schweizeri- schen Mittelland. Die traditionellen Bauernhäuser weisen die Merkmale der Region auf. Seit den 1950er-Jahren wur- den die Dörfer mit dem Bau von Einfamilienhäusern erweitert und im Innern wurden sie stark umgebaut, vor allem durch die Schliessung von Bauernbetrieben oder deren Aussiedlung in die Umgebung. Traditionelle Gewerbebetriebe wurden auf- gegeben und neue Geschäfte und Betriebe wurden gegründet. Der Wandel des Ortsbildes hat allerdings auch schon in den früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten stattgefunden, in- dem die Bauernhöfe immer wieder neuen Anforderungen angepasst wurden. Strohdächer wurden durch Ziegeldächer Einzelhöfe, die im Laufe der Zeit geteilt wurden. Grächwil wurden vier Bauernbetriebe ganz oder teilweise aus dem Dorf ersetzt, die Ställe wurden umgebaut, die Wohnteile wurden wurde ab 1960 mit Einfamilienhäusern in «Neu-Grächwil» er- Meikirch ausgesiedelt. mit einem Quergiebel ergänzt, vergrössert und erhielten eine weitert. Aetzikofen ist ein Ortsbild von regionaler Bedeutung In Grächwil wurde 1790 von Franz Salomon Wyss ein pat- neue Schaufassade. (ISOS). Weissenstein ist zweigeteilt. Der alte Weiler liegt in rizischer Landsitz gebaut und 1826 gründete Philipp Ema- Der Umfang des ursprünglichen Bauerndorfes Meikirch, seit der Gemeinde Wohlen, in unserer Gemeinde lagen nur ein nuel von Fellenberg von Hofwil aus einer landwirtschaftliche dem Mittelalter um die Kirche herum gewachsen, ist mit Bauernhof sowie eine Ölmühle und Sägerei. Ab 1950 wurden Schule für arme Kinder, die sogenannte Meikirch-Kolonie. den grossen Bauten und roten Dächern noch deutlich ab- einzelne Wohngebäude, später ein Einfamilienhausquartier Diese lag westlich des Dorfes Meikirch, oberhalb der heuti- lesbar. Kirche, Pfarrhaus, Käserei, Gasthof und ehemalige erbaut. gen Strasse nach Wahlendorf. Dieses pädagogische Experi- Schmiede prägen immer noch das Ortsbild. Die Schulanlage Bereits im 19. Jahrhundert wurden rund 20 Einzelhöfe in den ment musste aber 1835 wieder abgebrochen werden, später Gassacker wurde 1974 fertig gestellt, nachdem durch den Fluren der Gemeinde gebaut, nachdem die Dreifelderwirt- auch noch das Gebäude. Der Ortsname Kolonei steht aber Bau der Einfamilienhausquartiere die Schülerzahl stark zu- schaft mit Flurzwang aufgehoben und alle landwirtschaft- noch heute in der Karte. genommen hatte. lichen Besitzparzellen auf Wegen erreichbar waren. Seit 1970 Wahlendorf, sehr schön im Zentrum der grossen Rodungsinsel gelegen, besteht aus dem alten Innerdorf mit grossen Bauern- häusern und dem Ausserdorf an der Strasse nach Meikirch. Neu-Grächwil mit Schüpberg Luftbild von Ortschwaben, um 1960 Meikirch und Wahlendorf liegen im Zentrum der offenen Foto: Gemeinde Meikirch Fotoarchiv Hans-Rudolf Egli Ackerfluren der ehemaligen Dreizelgenwirtschaft. Ortschwaben war 1950 nur ein Weiler zwischen dem Gasthof Hirschen und dem alten Schulhaus (siehe Karte auf der in- neren Rückseite). Entlang der Hauptstrasse nach Bern stan- den fünf einzelne Bauernhöfe und bei der Abzweigung nach Kirchlindach der Gasthof Bären und eine ehemalige Getreide- mühle. Nach 1960 wurde der Schützenrain mit Ein- und Mehrfamilienhäusern und der Panoramaweg mit Einfamilien- häusern überbaut. Die Weiler Grächwil und Aetzikofen waren ursprünglich 10
Häuser Obschon die neueren Bauten längst in der Überzahl sind, prägen noch immer die alten Bauernhäuser die behäbigen Dorfbilder, die Ruhe, Beständigkeit, Sicherheit ausstrahlen – Werte, welche gerade die Zuzügerinnen und Zuzüger suchen. Jedes Haus erzählt die Geschichte seiner Erbauer und Be- wohnerinnen: Ihre Tätigkeit, soziale Stellung, die geschicht- liche Entwicklung der Dorfteile, Hand- und Nutzungs- änderungen in ihrer zeitlichen Abfolge. Die ältesten Häuser sind ganz aus Holz gebaut, mit vier schildigem Walmdach, tief gezogenem Dachrand und Fens- tern nur im Erdgeschoss. Wohnen, Tierhaltung, Futterlager, Remise und Vorratslager waren alle unter einem Dach. Patrizisches «Schlössli» in Grächwil, erbaut 1790 Foto: Urs Thüer Altes Schulhaus in Meikirch, erbaut 1840 Foto: Hans-Rudolf Egli Häufig wurde die Landwirtschaft nur im Nebenerwerb be- Mit der Trennung von Wohn- und Arbeitsort entsteht das trieben, die sogenannten Taglöhnerhäuser sind entsprechend reine Wohnhaus. Der Drang nach Individualität, der Kosten- bescheidener. druck und die aktuellen Bauvorschriften bringen die neueren Spezielle Verwendungszwecke verlangen nach besonderen Wohnquartiere hervor. Baulandknappheit und steigende Bau- Bauformen: Kirche, Schulhaus, Käserei, Gasthaus, Gewerbe. kosten bringen eine eigentlich städtische Bauform aufs Land: Erstellt wurden sie in der jeweiligen Bautradition. Neben Das Mehrfamilienhaus. dem Zeitgeist bilden sie auch die veränderten Ansprüche ab. Mehrfamilienhäuser in der Rossweid in Meikirch und Ehemaliges Taglöhnerhaus in Wahlendorf Ründi-Bauernhaus mit Speicher in Meikirch traditionelles Bauernhaus Foto: Hans-Rudolf Egli Foto: Hans-Rudolf Egli Foto: Willy Oppliger Eine Ausnahme sind obrigkeitliche Bauten wie Kirche, Pfarr- haus, das patrizische «Schlössli» Grächwil. Im 19. Jahrhundert setzt sich die Riegbauweise durch (tra- gende Holzkonstruktion, die ausgemauert wird). Der Dach- rand wird angehoben, so dass auch das Obergeschoss be- fenstert werden kann. Ab zirka 1920 wird das Erdgeschoss massiv gemauert. Für unsere Region ist die «Ründi», eigent- lich eine Verschalung der Dachkonstruktion auf der Stirn- seite, ein stilbildendes Merkmal. Zum Bauernhaus gehört in der Regel ein Speicher zur Vorratshaltung sowie das «Stöckli», das als Alterswohnung für die Bauersleute nach der Über- gabe des Hofes an die jüngere Generation dient. Die meis- ten das Dorfbild prägenden Bauten stammen aus dieser Zeit. 11
Einwohnergemeinde Kurt Wenger Mit «Gemeinde» wird meistens die Einwohnergemeinde ge- Die Organe unserer Gemeinde Behörden und Verwaltung meint, die gleichzeitig die politische Gemeinde ist. Daneben Die «Legislative» und oberstes Organ sind die Bürgerinnen Der Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung richten sich gibt es aber auch noch Kirchgemeinden, Burgergemeinden, und Bürger. Sie wählen den 7-köpfigen Gemeinderat, die «Ex- nach dem Organisationsreglement (OgR), welches situativ an Schulgemeinden und andere. Die Einwohnergemeinden wur- ekutive» und zudem die Mitglieder der meisten Kommissio- die neuen Vorschriften und Gegebenheiten angepasst und der den erst als Folge der Französischen Revolution um 1800 nen, so im Besonderen die Rechnungsprüfungskommission. Gemeindeversammlung zur Genehmigung vorgelegt wird. gegründet, in der heutigen Form mit der neuen bernischen Der Gemeinderat nimmt die Anstellung des Gemeindever- Dieses Dokument wird vorgängig vom Kanton geprüft und Kantonsverfassung von 1831. Sie umfassen ein bestimmtes walters vor und der Gemeindeverwalter die der weiteren Ge- bewilligt. Der Gemeinderat organisiert seine Aufgaben und Territorium und die Menschen, die im Gemeindegebiet woh- meindeangestellten. Verpflichtungen in der Organisationsverordnung (OgV). nen und hier eine Gemeinschaft bilden. Es gibt aber auch Die Gemeindeversammlung erlaubt die direkteste Form Meikirch arbeitet mit dem Gemeindeverwalter-Modell. Der Leute, die temporär in einem andern Gemeindegebiet woh- der Demokratie. Im Gemeinderat nimmt der Gemeinde- Gemeindeverwalter ist der Geschäftsführer der Gemeinde- nen, aber immer noch hier angemeldet sind und umgekehrt, präsident die Rolle des Primus inter pares ein. Er führt das verwaltung, dem die Fachbereichsleiterinnen bzw. -leiter zum Beispiel Wochenaufenthalter oder Bewohner einer Al- Ressort Präsidiales, leitet die Gemeindeversammlung, den Ge- (Einwohnerkontrolle/Steuerregister; Finanzen; Bau sowie ters- und Pflegegemeinschaft. meinderat und steht dem Gemeindeverwalter vor. Es amtie- die Bereichsleiter der Hauswarte und des Werkhofs) unter- ren momentan fünf ständige Kommissionen mit Entscheid- stehen. Der Gemeindeverwalter ist gleichzeitig Sekretär des Gemeindetyp befugnissen. Ihre Mitglieder werden durch die Parteien zur Gemeinderates und bildet zusammen mit dem Gemeinde- Meikirch ist eine periurbane Einwohnergemeinde mit gerin- Wahl vorgeschlagen, auch Parteilose können sich zur Wahl präsidenten das Ratsbüro. ger Dichte. In gewissen Kantonen wird diese Einheit auch stellen. Kommissionsbezogene Fachkenntnisse, Ortsvertraut- Ortsgemeinde oder Munizipalgemeinde genannt. Dies ist heit sowie parteiliche Ausgeglichenheit erhöhen die Wahl- die unterste föderalistische Ebene, unter Bund und Kan- chancen. Weiter gibt es drei ständige Kommissionen ohne ton. Die Gemeinde gehört zum Verwaltungskreis Bern- Entscheidbefugnisse. Die Zusammensetzung dieser Kommis- Mittelland, wo Zivilstands-, Handelsregister- und Konkurs- sionen ist nicht parteibezogen. amt angesiedelt sind, wie auch das Regierungsstatthalteramt. Wahlendorf, auch zur Gemeinde gehörend, hat eine eigene Burgergemeinde (Burgerliche Nutzungskorporation Wah- lendorf ) zur Verwaltung eigener Güter, wie Wald, Wies- und Ackerland. Gemeindehaus in Meikirch Foto: Hans-Rudolf Egli 12
Die Aufgaben einer politischen Gemeinde Legislaturziele Finanzen in Meikirch Die politischen Gemeinden verfügen über die sogenannte Die Legislaturziele werden regelmässig nach der Neuwahl des Nach investitionsbedingter Überverschuldung (Oberstufen- allgemeine Kompetenz in kommunalen Angelegenheiten Gemeinderates für vier Jahre festgelegt. Als Beispiel im Jahr zentrum, Mehrzweckhalle, Kreuzungssanierungen, Auf- (Gemeindeautonomie). Dies bedeutet, dass alle nicht aus- 2021 entsprechend dem Nachhaltigkeitsmodell von Öko- bahrungshalle und anderes) in den 1960er- bis 1980er Jahren drücklich durch Verfassung und Gesetz dem Kanton, dem nomie, Ökologie, Soziales (siehe Website der Gemeinde). befindet sich Meikirch im Vergleich zu ähnlichen Gemeinden Bund oder einer Spezialgemeinde vorbehaltenen Geschäfte heute in einer relativ guten Situation: Seit 2008 ist die Ge- in die Kompetenz der politischen Gemeinde fallen. In Mei- meinde schuldenfrei. kirch sind das unter anderem eine gut funktionierende Ver- waltung, das Bereitstellen und der Unterhalt der Gemeinde- Bevölkerungsentwicklung infrastruktur (Gebäude, Strassen und Erschliessungsanlagen), In den letzten 20 Jahren gab es nur eine geringe Fluktua- das Sicherstellen von Wahlen, Abstimmungen und Gemeinde- tion in den Bevölkerungszahlen. Die Bewohnerzahl schwankt versammlungen, das Gewähren von Sicherheit in einer Not- um 2500. Während es in den 50 Jahren davor einen leichten, lage, das Sicherstellen der Informationen und Kommunika- kontinuierlichen Anstieg gab. tion mit den Bürgerinnen und Bürgern, die Zusammenarbeit mit Bund, Kanton, den umliegenden Gemeinden und den Vereinen sowie das Schaffen von Rahmenbedingungen, damit Meikirch vielseitig und lebenswert ist und bleibt. Politische Prägung In der Gemeinde Meikirch herrscht seit Jahren eine Parteien- vielfalt – derzeit verkörpert der Gemeinderat vier Parteien (SP, SVP, FDP, aktives Gewerbe). Während der letzten drei Legislaturperioden war auch die EVP im Rat vertreten. Seit Jahren verteilen sich die Gemeinderatssitze auf eine leicht bürgerliche Mehrheit. In der Mehrzweckhalle Ortschwaben finden auch die Fahnen beim Schulhaus Ortschwaben Gemeindeversammlungen statt Foto: Susanne Moser Foto: Hans-Rudolf Egli Ausflug des Gemeinderates 2012 nach Solothurn Foto: Gemeindeverwaltung 13
Die Burgerliche Nutzungskorporation Wahlendorf Ruth Künti, Präsidentin Nutzungskorporation Geschichtliches Organisation und Aufgaben Der Staat Bern trat mit dem Kantonnementsvertrag vom Die Burgerliche Nutzungskorporation Wahlendorf (BNKW) 24. Oktober 1846 Wald und Land des ehemaligen Klosters besteht aus den Stimmberechtigten, dem Burgerrat, ent- Frienisberg an die Holzmarche Seedorf ab. Die 550 Jucharten scheidbefugtem Personal und den Kommissionen sowie dem Wald und 250 Jucharten Weidland waren zur Abfindung alter Rechnungsprüfungsorgan. Die BNKW führt das Register der Nutzungsrechte von rechtsamelosen (armen) Bürgern der drei Stimm- und Nutzungsberechtigten und verwaltet das Ver- Ortschaften Saurenhorn, Seedorf und Wahlendorf bestimmt. mögen der Korporation. Sie beachtet dabei das Interesse der In zwei Teilungsverträgen von 1854 und 1857 teilten die drei Einwohnergemeinde. Dorfgemeinschaften das Land unter sich auf. Mit dem Regle- ment vom 12. August 1861 bildete die «Holzmarche Wahlen- dorf», aus der die Burgerliche Nutzungskorporation Wahlen- Umgebung des burgerlichen Waldhauses dorf entstand, ihre erste Organisation. Foto: Hans-Rudolf Egli 14
Besitz von Wald, Land und Waldhaus Vergleich zwischen Einwohnergemeinde und Die BNKW ist im Besitz von 16 Hektaren Wald, verteilt im Burgergemeinde Seienberg und der Bösmatt in Wahlendorf (Gemeinde Mei- Burgergemeinden sind keine bernische, sondern eine schwei- kirch) und im Duftrain (Gemeinde Seedorf). Dazu kommen zerische Besonderheit. In anderen Kantonen heissen sie etwa 10,5 Hektaren Wies- und Ackerland in Wahlendorf. Die auch Bürger- oder Ortsgemeinden. Das Vermögen der Burger- BNKW verpachtet das Burgerland an ansässige Landwirte, gemeinden besteht hauptsächlich aus Wald, viele besitzen welche die Anforderungen gemäss Pachtreglement erfüllen. aber auch Land und Immobilien. Die grösste und bekann- Im Jahre 1978 wurde das Waldhaus im Blockhausstil auch mit teste der Schweiz ist die Burgergemeinde Bern. Als burger- grossem Einsatz der Burgerinnen und Burger erbaut. Zehn liche Korporationen gelten Gesellschaften, Zünfte, Burger- Jahre später kam der Holzschopf dazu. Das Waldhaus kann bäuerten und (Dorfburger-) Korporationen. jeweils von April bis Ende Dezember gemietet werden. Es bie- Die BNKW verfügt weder über öffentlich-rechtliches Terri- tet Platz für 30 Personen und ist mit einer Solaranlage für die torium noch über Steuerhoheit. Und doch war sie bis 1991 in Beleuchtung ausgestattet. Mittels Innencheminée kann das der bernischen Kantonsverfassung als öffentlich-rechtliche Waldhaus an kalten Tagen beheizt werden. Für Informatio- Körperschaft anerkannt und dem Gemeindegesetz unterstellt. nen zur BNKW und Waldhaus-Reservationen: www.burger- Frienisbergwald Sie ist eine so genannte Personengemeinde, die sich über ihre wahlendorf.ch. Foto: Andreas Stiner angehörigen Burgerinnen und Burger definiert, im Gegensatz zu den als Territorialgemeinden ausgestalteten Einwohner- gemeinden. Sie finanziert sich über das, was ihr Vermögen ab- wirft. Davon können auch ihre Angehörigen in Form eines sogenannten Burgernutzens profitieren. Wie wird man Burgerin oder Burger? Burgerliche Korporationen unterscheiden sich von den Burgergemeinden darin, dass sie keine Einburgerungen mit bürgerrechtlicher Wirkung vornehmen können. Konkret: Wenn die Burgergemeinde Bern eine Schweizerin oder einen Schweizer einburgert, erhält diese Person gleichzeitig mit dem Burgerrecht auch das Bürgerrecht von Bern, also den Heimat- ort «Bern BE». Wenn die BNKW jemandem das Burgerrecht erteilt, hat dies keine Änderung der Heimatorte zur Folge. Die BNKW kann Personen auf Gesuch hin in das Burgerrecht aufnehmen, wenn sie unter anderem das Schweizer Bürger- recht besitzen, mit Wahlendorf eng verbunden sind und im Dorf Wohnsitz begründen. Das Organisationsreglement regelt das Nähere und es ist eine Aufnahmesumme zu entrichten. Aktuell gibt es 24 stimmberechtigte Burgerinnen und Burger. 15
Bevölkerung Die starke Bevölkerungszunahme vor vierzig Jahren und die Haushaltsgrösse 2012 und 2019 Entwicklung der Bevölkerungsstruktur Stagnation seit der Jahrtausendwende zeigt sich ganz deutlich 500 Hans-Rudolf Egli in der Entwicklung der Altersstruktur. Heute ist ein Viertel 450 der Einwohnerinnen und Einwohner im Pensionsalter, 1980 400 350 Unsere Gemeinde zählt heute rund 2500 Einwohnerinnen waren es weniger als 10 %. Die Zahl der Kinder und Jugend- 300 und Einwohner. In den letzten 20 Jahren ist diese Zahl prak- lichen nahm von 41 % im Jahr 1970 auf heute noch 18 % ab. 250 tisch gleichgeblieben, obschon in dieser Zeit rund 100 Woh- Diese Entwicklung ist typisch für eine Gemeinde mit einem 200 nungen neu gebaut wurden. Im Dorf Meikirch wohnt die hohen Einfamilienhausanteil, weil die Menschen möglichst 150 100 Hälfte, in Ortschwaben mit 715 Personen knapp ein Drittel lange im eigenen Haus wohnen bleiben, was auch dank dem 50 und in Wahlendorf ein Fünftel. Ausbau der Spitex gefördert wird. 0 Seit 1950 hat sich die Einwohnerzahl fast verdreifacht. Allein Die Grösse der Haushalte ist eine unmittelbare Folge der 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen und mehr zwischen 1960 und 1980 stieg sie von gut 1000 auf über 1900. Altersstruktur. In 41 % aller Haushalte leben noch zwei Per- Es war die Zeit der neuen Einfamilienhausquartiere in Mei- sonen, knapp ein Drittel sind Einpersonenhaushalte. Die in 2012 2019 kirch, Grächwil, Ortschwaben und Wahlendorf. In dieser Pe- den 1970er- und 1980er-Jahren häufigen Familienhaushalte riode wurden in allen drei Dörfern neue Schulhäuser gebaut, mit drei oder vier Personen machen nur noch einen Viertel Grösse der Haushalte der Gemeinde Meikirch 2012 und 1986 dann auch noch die Mehrzweckhalle in Ortschwaben, aller Haushalte aus. Ein weiterer Grund der kleineren Haus- 2019 was eine hohe Verschuldung der Gemeinde zur Folge hatte halte sind die hohen Haus- und Wohnungspreise, die sich Fa- Quelle: Bundesamt für Statistik und damals in vielen Agglomerationsgemeinden geschah. milien vielfach nicht leisten können. Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Meikirch Entwicklung der Altersgruppen der Gemeinde Meikirch 1950 bis 2020 1950 bis 2019 Quelle: Bundesamt für Statistik Quelle: Bundesamt für Statistik Bevölkerungsentwicklung 1950 – 2020 Altersgruppen 1950 – 2019 3000 1000 900 2482 2512 2500 2345 800 2179 2054 700 2000 1911 600 500 1500 1405 400 1031 300 1000 949 200 500 100 0 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2019 0 1950 1960 1970 1980 1988 1990 2000 2010 2020 0–19 Jahre 20–39 Jahre 40–64 Jahre 65+ 16
Begegnungsräume Lela Gautschi Siegrist und Willy Oppliger Menschen halten sich gerne dort auf, wo Austausch und Ge- selligkeit möglich sind. Auch in Zeiten von Social Media brauchen wir analoge Begegnungsräume und Treffpunkte, um soziale Kontakte zu pflegen. In Meikirch begegnet man sich an den unterschiedlichsten Orten: Die Milchbauern treffen sich seit je vor der Käserei. Die eine oder andere Aktion der Ortsparteien und die «Fête de la musique» zur Sommersonnenwende beleben den sonst noch etwas wenig einladenden Dorfplatz. In Wahlendorf trifft man sich gerne Begegnungsplatz beim alten Schulhaus Meikirch Trachtengruppe Meikirch am Fête de la Musique auf dem vor dem Dorflade. Kinder und Jugendliche ziehen eher die Foto: Hans-Rudolf Egli Dorfplatz Meikirch Sport- und Spielplätze bei den Schulhäusern vor. Längst ver- Foto: Lisa Röthlisberger schwunden ist leider die ehemalige «Badi» bei der Querung der Uettligenstrasse über den Krebsbach. Sie war vor rund 100 Jahren entstanden, zuerst als Verbreiterung des Baches, von mehreren Läden, Gaststätten und Kleingewerben und Mit dem Angebot der regionalen Jugendarbeit «jawohl» sollen später dann mit einem abgetrennten Becken. dem starken Trend, für Arbeit, Einkauf und Vergnügen in die sich auch Jugendliche und junge Erwachsene in der Gemeinde Die rasante Bevölkerungsentwicklung der 1960er- und Stadt zu pendeln, drohte Meikirch zu einer Schlafgemeinde zugehörig fühlen. Das Team der Jugendarbeit begleitet die 1970er-Jahre verlangte nebst Anpassungen der Infrastruktur zu werden. Dank dem gemeinsamen Bemühen von Vereinen, jungen Menschen und nimmt sich ihren Lebensthemen an. auch eine Neuausrichtung der sozialen Einrichtungen und politischen Parteien, Behörden und vielen privaten Initiati- Meikirch verfügt als einzige Gemeinde in der ganzen Region Dienstleistungen unserer Gemeinde. Mit dem Verschwinden ven sind neue Angebote entstanden, die dem Trend entgegen- über einen autonomen Jugendraum Ü16. Er wird von den wirken. So werden die lokalen Vereine als Kultur- und Jugend- Jungen sehr geschätzt und bietet eine Alternative zu den städ- förderer jährlich mit einem Beitrag aus dem Gemeindebudget tischen Angeboten. Auch die kirchliche Jugendarbeit, Pfadi, unterstützt. Auch die Kulturkommission und der «Spycher- Jungschar und noch viele andere Vereine bringen mit ihren Ehemaliges Schwimmbad im Moos von Meikirch, um 1976 verein» schaffen mit ihren Angeboten Begegnungsmöglich- Aktivitäten die Menschen in Meikirch zusammen. Und wer Foto: Kari Ulrich keiten und fördern Traditionen ebenso wie innovative Ideen die Ohren gut spitzt, kann auch die Wahlendorfmusik, den der Bevölkerung. All das stärkt die Identifikation mit Dörfern gemischten Chor oder die Trachtengruppe beim «Ständchen und Gemeinde und führt nicht selten dazu, dass Junge, die für die Jubilarinnen und Jubilare» hören oder etwas Punk- in Meikirch aufgewachsen sind, nach den «Wanderjahren» rock oder Funk der Jugendlichen. mit ihren Familien nach Meikirch zurückkehren. So hat in Auch für die ältere Generation haben sich Angebote und Be- den letzten Jahren in den Einfamilienhaus-Quartieren ein gegnungsmöglichkeiten den veränderten Bedürfnissen an- Generationenwechsel stattgefunden. Die neu erstellten Mehr- gepasst. Das Netzwerk «mitenand-fürenand» beispielsweise familienhäuser, zuletzt in Meikirch und Weissenstein, haben koordiniert die kommunale Nachbarschaftshilfe und die diesen Wechsel zweifellos begünstigt. Kirchgemeinde sorgt mit ihrem vielfältigen Angebot für Be- Viele Kinder und Jugendliche «tummeln» sich auf den Schul- gegnung und Unterhaltung für ältere Menschen. Um die ver- wegen und vor dem Volg, und es sind neue Angebote für Fa- schiedenen Altersgruppen einander näher zu bringen, wurde milien entstanden: Der Elternverein Jojo ermöglicht mit der beim Alten Schulhaus Meikirch ein «Begegnungsplatz» ein- «Chrabugruppe» einen Treffpunkt für Väter und Mütter mit gerichtet, der mit Spielwiese, Geräten, Sitzgelegenheiten und ihren Kleinkindern und lädt Familien zu unterschiedlichsten Grillplatz zum Verweilen einlädt. Freizeitaktivitäten ein. Die Spiel- und Waldspielgruppe Mär- Viele Menschen engagieren sich in unserer Gemeinde für meli sowie die Kita «nanuq» in Grächwil leisten einen wich- eine lebhafte Gemeinschaft und Begegnungsmöglichkeiten tigen Beitrag für die Jüngsten unserer Gemeinde und er- und -räume. Es liegt an uns allen, diese zu nutzen und zu be- möglichen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. leben und die Vielfalt unseres Zusammenlebens zu erhalten! 17
Landwirtschaft Andreas Michel, Landwirt In der Gemeinde Meikirch spielt die Landwirtschaft immer Aktuell beläuft sich die landwirtschaftlich genutzte Fläche Beschäftigte in der Landwirtschaft noch eine wichtige Rolle. Die Strukturen haben sich aber im auf 598 Hektaren, 1975 waren es noch 647 Hektaren. Deut- 180 171 170 Laufe der Zeit stark verändert. In der Gemeinde wird etwa lich vermindert hat sich aber die Anzahl Betriebe, welche 160 die gleiche Milchmenge gemolken wie vor 30 Jahren, ob- diese Nutzflächen bearbeitet. Zurzeit beschäftigen 27 kon- 140 131 schon die Anzahl der Produzenten von 44 auf 29 Betriebe ventionelle und zwei biologische Betriebe 77 Beschäftigte. 120 zurückgegangen ist. Auch der Preis für die Milch sank in die- 1975 waren es 50 Betriebe mit 171 Beschäftigten. Da viele 102 100 ser Zeitspanne um zirka 40 % pro Liter. 1975 wurde die Käserei Betriebe mit weniger Arbeitskräften geführt werden, werden 82 80 74 in Wahlendorf geschlossen, die Milch wird seither nach Mei- immer häufiger Lohnarbeiten ausgeführt. Dies hat für die kirch gebracht. Heute werden mit umliegenden Käsereien aus einzelnen Betriebe zur Folge, dass sie auch weniger in Ma- 60 anderen Gemeinden Produktionsgemeinschaften gebildet. In schinen investieren müssen, welche ohnehin nicht häufig zum 40 diesen Käsereien wird hauptsächlich Emmentaler produziert. Einsatz kommen wie zum Beispiel zum Säen, Pressen, Dre- 20 Da die meisten Milchwirtschaftsbetriebe der Gemeinde mit schen oder Ernten. Auch die technische Aufrüstung macht vor 0 ihrer Milch die gemeindeeigene Käserei beliefern, füttert die den landwirtschaftlichen Betrieben nicht halt. Immer öfter 1975 1980 1990 2000 2010 2020 Mehrheit ihren Kühen nur Gras und Heu. Wenige Milchvieh- kommen Computer zum Einsatz, zum Beispiel Melkroboter betriebe verkaufen ihre Milch an andere Verwerter. Diese Be- oder Fütterungsroboter. Traktoren sind mit GPS und stufen- Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft in der Gemeinde triebe verfüttern ihren Kühen oft Silofutter. loser Schaltung ausgestattet. Meikirch von 1975 bis 2020 Quelle: Bundesamt für Statistik Getreideernte mit Traktor und Lieuse (Mähbinder) 1937 Fotoarchiv Hans-Rudolf Egli Viele Ackerbaubetriebe spezialisieren sich auf einzelne Kultu- ren statt auf Mischkulturen. Die Landwirte setzen vermehrt Zahl der Landwirtschaftsbetriebe in der Gemeinde Meikirch auf Ökologie und Biodiversität, indem sie weniger Spritz- von 1975 bis 2020 mittel einsetzen und weniger intensiv bewirtschaften. Da Quelle: Bundesamt für Statistik aus der Produktion nicht mehr Erlöse erzielt werden können, die das Überleben sichern, werden die sogenannten Ökobei- Landwirtschaftsbetriebe 1975 – träge und Direktzahlungen für die Landschaftspflege immer wichtiger. Zur Verhinderung von Bodenabbau und der För- 2020 derung von Bodenstrukturen sowie Verminderung der Ero- 60 50 sion wird vermehrt ein pflugloser Einsatz gefordert. Aktuell 49 50 44 geht die Tendenz aber aufgrund von Herbizidverboten wie- 40 der zurück zu vermehrtem Einsatz von Pflügen zur mecha- 34 29 29 nischen Unkrautbekämpfung. Es wird wieder mehr auf den 30 Einfluss von Nützlingen, Insekten und Blumen gesetzt. Sie 20 sollen auf natürlicher Basis die Schädlinge bekämpfen. Aus diesem Grund sieht man in der Gemeinde wieder mehr He- 10 cken, ökologische Ausgleichsflächen, Blumenwiesen, Obst- 0 gärten mit Nisthilfen für Vögel, Ast- und Steinhaufen für die 1975 1980 1990 2000 2010 2020 Förderung von Insekten und Reptilien und anderen Tieren. 18
1949 wurde in der Flur von Meikirch eine Güterzusammen- Durch den Klimawandel wird auch in der Forstwirtschaft legung vorgenommen. Gerade aber in den Gebieten, wo sol- darauf geachtet, dass mehrheitlich Bäume gepflanzt werden, che Zusammenlegungen noch nicht gemacht wurden, wird welche das zukünftige Klima besser ertragen. So wird wegen dies wohl auch in Zukunft – aus Kostengründen – kaum reali- der Eindämmung von Krankheiten und Schädlingen weni- siert werden können. Viel Land ist im Besitz von Privaten und ger Nadelholz wie Tanne und Fichte, dafür mehr Laubgehölz Erbengemeinschaften, welche nicht interessiert sind, Geld in wie Esche, Eiche, Ahorn, Buche angepflanzt. eine Erschliessung zu investieren, wenn nicht mehr Pachtzins Trotz des Strukturwandels sowie deutlichen Betriebsver- verlangt werden kann. Oft wird nun unter den Landwirten grösserungen und Spezialisierungen gibt es immer mehr Be- Land abgetauscht, um so die Parzellen vergrössern zu können. triebe, wo mindestens ein Teil der Betriebsinhaber im Neben- Die Waldbewirtschaftung wird häufig durch Lohnunter- erwerb noch auswärts arbeitet. Wirtschaftlich gesehen ist nehmen erledigt, da die Bauernbetriebe zu wenig Arbeits- es notwendig, dass auf einem Betrieb verschiedene Stand- kräfte haben, um dies selbst ausführen zu können. Durch die beine aufgebaut werden. Gefördert wird jetzt die Direktver- tiefen Holzpreise muss der Holzschlag schnell und speditiv marktung und der Verkauf ab Hof, ein deutlicher Aufschwung vonstatten gehen. Es werden besondere Maschinen eingesetzt, ist hier sichtbar. um Arbeitskräfte und Zeit zu sparen. Der Wald wird parzellen- übergreifend bewirtschaftet, damit die Arbeiten mit Maschi- Ausgesiedelter Landwirtschaftsbetrieb: Hof Salvisberg nen rasch vorwärtskommen und auch für die Pflanzung und Foto: Willy Oppliger Jungwuchspflege mehr Licht und Platz entsteht. Das Weg- netz im Wald wird moderat erweitert, damit geschlagenes Holz schneller und einfacher abtransportiert werden kann. Viehschau auf dem Dorfplatz Foto: Urs Friedrich Getreideernte Foto: Christoph Etter Das Interesse und die Wertschätzung an der Landwirtschaft war bis vor ein paar Jahren noch deutlicher spürbarer, indem zum Beispiel Jungen und Mädchen regelmässig auf den Be- trieben mitgeholfen haben. Die Besetzung der Lehrstellen ist eher rückläufig. Die Landwirtin und der Landwirt müssen aufklären und informieren, damit die Bevölkerung die Land- wirtschaft wieder besser versteht und schätzt. Das Verständ- nis, dass die Landwirtschaft zur Nahrungsmittelsicherheit bei- trägt, ist stark geschwunden. Es ist nötig, dass die Türen der Landwirtschaftsbetriebe für die Interessierten offenstehen. 19
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