Wir machen die Verbraucher stark! - Verbraucher-Journal 2010/11 X inFormationen zur Verbraucherpolitik - Ministerium für Ländlichen ...
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Fairness Transparenz Vertrauen Wir machen die Verbraucher stark! X Verbraucher-Journal 2010/11 Informationen zur Verbraucherpolitik
Impressum Editorial Impressum Verbraucher-Journal 2010/11 des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) mit Beiträgen ■ des Staatsministeriums (StM), ■ des Innenministeriums (IM), ■ des Justizministeriums (JM), ■ des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren (SM), ■ des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft (MFW). ■ des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport (KM) und ■ des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (UM) Herausgeber Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) Abteilung Verbraucherschutz und Ernährung Kernerplatz 10, 70182 Stuttgart Telefon 0711/126-0 poststelle@mlr.bwl.de www.mlr.baden-wuerttemberg.de Koordination und Redaktion Monika Radke (MLR) Redaktion und Gestaltung Mechthild Fendrich, Peter Fendrich (verantwortl.), Stefan Kriz u. Peter Streiff EcoText International – Fendrich, Kriz, Streiff & Partner (PartG) Hermannstraße 5, 70178 Stuttgart www.ecotext.eu Titelbilder Imagery Majestic, D. Heinemann, Wavebreak Mediamicro, Y. Arcurs, Contrastwerkstatt (alle Fotolia) Druck Steinkopf Druck Hermannstr. 5a, 70178 Stuttgart www.steinkopf.de Gedruckt auf PEFC-zertifiziertem Papier Bezugsquelle Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg Erscheinungsweise Das Verbraucher-Journal erscheint alle zwei Jahre. Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung Baden-Württemberg her- ausgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwer- bern oder Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-, Bundestags‑, Kommunal- und Europawahlen. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zu Gunsten einzelner politischer Gruppen verstanden wird. © 2011 Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg Drucknummer: MLR 8-2011-37 2 Verbraucher-journal 2010/11
Inhalt Editorial 4 Weniger Verbrauch – mehr Erneuerbare 40 Verbraucherminister Alexander Bonde Qualität bei Planung und Ausführung entscheidet über Energieeffizienz Wir machen die Verbraucher stark 5 Kompetenz vor Ort 42 Verbraucherpolitik setzt auf Schutz, Bildung und Beteiligung Regionale Energieagenturen in Baden-Württemberg Gesundheit Überblick im Förderdschungel 43 Umweltministerium hilft bei der energetischen Modernisierung Aufmachung bemängelt 8 Lebensmittelüberwachung auch bei Kosmetika aktiv Nachhaltigkeit konkret machen 44 Sind Tattoos auch Kosmetika? Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg Recht auf Auskunft 11 Sicherheit steht an erster Stelle 47 Erste Erfahrungen mit dem Verbraucherinformationsgesetz Marktüberwachung schützt vor unsicheren Produkten Aktuelle Warnhinweise 12 Unvorstellbar klein 49 Lebensmittel- und Produktwarnungen für die Öffentlichkeit Nanotechnologie – ein zunehmend wichtiges Verbraucherthema Global kontrollieren – lokal handeln 13 Standortfaktor schnelles Internet 51 Europäische Schnellwarnsysteme zur Lebensmittelüberwachung Breitbandinitiative für den Ländlichen Raum Dioxin: Vom Tierfutter in unser Essen? 15 Lernen im Weinberg 52 Vorsicht ist geboten – trotz deutlich gesunkener Belastungen Schülerfirmen fördern ökonomische Bildung Original oder Fälschung? 16 Recht Lebensmittelimitate: Gratwanderung zwischen Innovation und Betrug Sicher auf dem Finanzparkett 54 Lebensmittel mit Stammbaum 18 Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen Geschützte geographische Angaben und Ursprungsbezeichnungen Erben und vererben in Europa 56 Nichts zu lachen für den Smiley 21 Änderungen der bislang unbefriedigenden Rechtslage sind zu erwarten Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen sollen für jeden erkennbar sein Sehen und gesehen werden 57 Patientensouveränität 22 Datenschutz bei Straßenpanoramaansichten wie Google Street View Verbesserung von Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen Unscheinbare Giganten 58 Wegweiser in Sachen Gesundheit 23 Auskunfteien handeln mit Millionen personenbezogener Daten Patientenberatung – unabhängig und umfassend Die Alternative zum Rechtsweg 60 Eltern den Rücken stärken 24 Schlichtungstellen können Verbrauchern den Gang vor Gericht ersparen STÄRKE – Landesprogramm zur Förderung von Elternkompetenzen Aus Pflicht wird Kür 61 Durch den Dschungel der Altersvorsorge 26 Kennzeichnung von Grundstücksgrenzen seit kurzem freiwillig PROSA – Landesinitiative zur Lebensstandardsicherung im Alter Medien Ernährung Training für junge Verbraucher 62 BeKi als Bildungspartner 27 Medienpakete „Money & Kids“ und „Konsumieren mit Köpfchen“ Unterstützung für Ernährungspädagogik und Qualitätssicherung Kinder auf Esspedition 63 BeKi-Zertifikat für Kindergärten 28 Arbeitsmaterial zur Ernährungserziehung in Kindergarten und Schule Neues Angebot der Landesinitiative Bewusste Kinderernährung (BeKi) Stärkung der Medienkompetenz 64 Auf den Geschmack gekommen 29 Sicher unterwegs im „Kindermedienland Baden-Württemberg“ Schulmensen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit Logbuch fürs Internet 66 Fruchtig fit – wir machen mit! 31 Online-Handbuch für Verbraucherrechte und Gefahrenabwehr im Netz Das EU-Schulfruchtprogramm in Baden-Württemberg Internet-Portale des MLR 67 Komm in Form 32 Verbraucherportal und Ernährungsportal Baden-Württemberg Initiative zur Verbesserung der Ernährung von Heranwachsenden Digitale Fachinformationen 68 Fun statt Vollrausch 34 Der Infodienst Landwirtschaft – Ernährung – Ländlicher Raum Jugendliche zeigen Alternativen zum übermäßigen Alkoholkonsum Institutionen Was steckt in den „coolen Drinks“? 35 Ideenfabrik für die Verbraucherpolitik 70 Schüler nehmen Trendgetränke auseinander In der Verbraucherkommission bringen sich unabhängige Experten ein Appetit auf Bewegung 36 Ernährungszentren als Ideenschmiede 72 Angebote des „Forums ernähren, bewegen, bilden“ Ernährungswissen + Essen mit allen Sinnen = Freude am Genießen Ist private Vorratshaltung von gestern? 37 Schutz und Aufklärung vor Ort 74 Von der Notwendigkeit einer allzeit gefüllten Speisekammer Verbrauchernahe Initiativen der Landratsämter Wirtschaft Die Interessenvertretung 76 Wettbewerb bei Strom und Gas 38 Anbieterunabhängige Beratung als Kernaufgabe der Verbraucherzentrale Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich Verbraucherschutz in Europa 78 Regelungen für den Ausbau 39 Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz hilft über Grenzen hinweg Integration der Erneuerbaren Energien in die Stromversorgungsnetze Ansprechpartner im Überblick 80 Verbraucher-journal 2010/11 3
Editorial Editorial Liebe Verbraucherinnen und Verbraucher, dieses Verbraucher-Journal befasst sich mit Das Wissen und die Erfahrungen der Bürge- einer großen Palette aktueller Themen. Mehr rinnen und Bürger sowie der Vertreterinnen als fünfzig Experten aus acht Ministerien in- und Vertreter von Interessengruppen wollen formieren Sie über die Lebensmittelüberwa- wir konsequent nutzen. Eine stärkere Teilha- chung, die Produktsicherheit und die Kenn- be und Zusammenarbeit bewirken nicht nur zeichnung von Lebensmitteln und anderen ein größeres Vertrauen in politische Entschei- Waren, über die Aktivitäten rund um gesund- dungen, sondern stärken auch die Verbrau- heitsfördernde Ernährung und nachhaltigen cherorganisationen als Interessenvertretung Konsum, über Energieeffizienz und Verbrau- der Konsumenten. Ihre Arbeit ist für uns ganz cherrechte. Erstmals wird den Medien ein besonders wichtig. Wir werden auch intensiv eigenes Kapitel gewidmet. Wir machen da- mit der Verbraucherkommission Baden-Würt- mit deutlich, wie wichtig Medienkompetenz temberg zusammenarbeiten. heute bei Kindern, Jugendlichen und Erwach- senen ist, um die Möglichkeiten der Medien Eine landesweite Plattform für den Dialog zu nutzen, aber auch Kritikfähigkeit im Um- ist der Verbrauchertag, den wir in zweijähri- gang damit zu entwickeln. Außerdem stellen gem Rhythmus weiterführen werden. Aber wir Ihnen das umfangreiche Internetangebot es gibt auch andere Beispiele, wie Verbrau- Alexander Bonde Minister für Ländlichen Raum zum Verbraucherschutz vor – zu Ergebnissen cher einbezogen werden: In einem Experten- und Verbraucherschutz der Lebensmittelüberwachung über Informa- workshop zur Nanotechnologie wurde über tionen rund um Essen und Trinken bis zu Fra- Chancen und Risiken dieser neuen Techno- gen des Verbraucherschutzes und Ihrer Rech- logie diskutiert. Dabei wurden auch Maßnah- te im Internet. men beschlossen, um Verbraucher und Multi- plikatoren frühzeitig zu beteiligen und zu in- Wir wollen den Verbraucherschutz in Baden- formieren. Dies wird bei einer Veranstaltung Württemberg ausbauen und neue Akzente im Winter 2011 erfolgen. In einem Energiedia- setzen. Dazu gilt es insbesonders die Verbrau- log werden wir die Themen Bezahlbare Ener- cherinnen und Verbraucher noch stärker als gie und Intelligente Energieverbrauchsmesser bisher auf diesem Weg mitzunehmen und in mit Vertretern der Verbraucherverbände, der die Gestaltung unserer Verbraucherpolitik mit Wirtschaft, Politik und Wissenschaft erörtern. einzubeziehen. Damit wollen wir dem An- Im Ernährungsbereich unterstützen wir eine spruch der mündigen und kompetenten Ver- Vielzahl von Vernetzungsmodellen mit direk- braucher gerecht werden. ter Verbraucherbeteiligung. „Die Stärkung der Mitwirkung und Teilha- Ich lade Sie dazu ein, diesen Weg mit mir zu be der Menschen soll ein Wesensmerkmal der gehen und den neuen Politikstil gemeinsam neuen politischen Kultur in Baden-Württem- und durch konstruktive Auseinandersetzun- berg werden.“ Dieses grundlegende Ziel haben gen zu gestalten. wir bereits im Koalitionsvertrag formuliert. Wir werden auch in der Verbraucherpolitik Ihr Verbraucherminister neue Wege der Beteiligung und des Dialogs gehen. Darüber hinaus wollen wir die Ver- braucherbildung – insbesondere bei Kindern und Jugendlichen – stärken. Denn sie ist der Alexander Bonde Schlüssel für eine soziale und ökonomische Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und die Grundlage dafür, sich selbstbestimmt und ver- antwortungsvoll im Konsumalltag zu bewegen. 4 Verbraucher-journal 2010/11
Einführung Wir machen die Verbraucher stark Verbraucherpolitik für Jung und Alt setzt auf Schutz, Bildung und Beteiligung Der gut informierte Verbraucher ist das Leitbild moderner Verbraucherpolitik. Mit seinen Kaufentscheidungen bestimmt er das Angebot auf den Märkten mit und gibt Impulse für Neuerungen. Aber er braucht auch den Schutz durch Politik und Verwaltung. Sie garantieren zum Beispiel die Lebensmittelsicherheit und schaffen gesetzliche Rahmenbedingungen, um Fairness und Transparenz zwischen den Marktpartnern zu fördern. I m täglichen Leben sind in im- mer schnellerem Wechsel Ent- scheidungen notwendig. Das gilt zialer Netzwerke oder gegenüber Geoinformationsdiensten, die mit ihren Bildern in die Privatsphäre produkts die wichtigste Säule der nationalen Wirtschaftsleistung. Web-Links Lebensmittelsicherheit für Einkäufe genauso wie für der Verbraucher eindringen. Die www.mlr.badenwuerttemberg.de Dienstleistungen, für die Auswahl Landesregierung setzt sich für ein hat Vorrang www.verbraucherschutzminis terkonferenz.de von Telefontarifen und Finanz- hohes Verbraucherschutzniveau ein Insbesondere bei der Lebensmit- www.verbraucherkommission.de produkten oder die Nutzung von und fordert zum Beispiel ein gesetz- telsicherheit ist Verbraucherschutz www.verbraucherportalbw.de Energiequellen. Verbraucher sol- liches Verbot von Telefon-Abzocke im engsten Sinne unverzichtbar. www.ernaehrungsportalbw.de www.uabw.de len darüber hinaus auch auf nach- und Abonnement-Fallen im Inter- Die staatliche Lebensmittelüberwa- www.servicebw.de haltigen Konsum achten. Eine fast net. Auch auf europäischer Ebe- chung des Landes setzt mit wirksa- www.bwvoice.de unüberschaubare Informationsfül- ne dringt sie darauf, dass das hohe men Betriebskontrollen und Pro- le macht all diese Entscheidungen Niveau unseres Verbraucherschut- benuntersuchungen auf hohem wis- nicht einfacher. zes erhalten bleibt, auch wenn die senschaftlichem Niveau die strengen Verbraucherpolitik ist deshalb dy- Europäische Union viele rechtliche Sicherheitsstandards des Lebensmit- namisch: Sie muss gesetzliche Be- Bestimmungen vereinheitlichen telrechts durch. Aufgrund des wach- stimmungen ständig an neue He- will. Diese Bemühungen um Fair- senden Warenangebots und neuer rausforderungen anpassen, um die ness und Transparenz wirken sich verbraucherfreundlicher Kennzeich- wirtschaftlichen und rechtlichen In- auch positiv auf die Wirtschaft aus. nungen nehmen die Aufgaben kon- teressen der Verbraucher zu sichern. Denn gut informierte Verbraucher tinuierlich zu. Transparenz und Of- Hierzu gehören der Schutz beim Ab- schätzen Qualität und geben durch fenheit gerade im Lebensmittelbe- schluss von Finanzdienstleistungen ihre Nachfrage den Anbietern auch reich sind zentrale Anliegen des Mi- und beim Wechsel des Energiean- Impulse für Innovationen. Die pri- nisteriums für Ländlichen Raum und Minister Alexander Bonde mit jungen Konsumenten und zu bieters genauso wie die Sicherung vaten Konsumausgaben sind mit Verbraucherschutz (MLR). Die amt- Besuch im CVUA Stuttgart des Datenschutzes beim Nutzen so- fast 60 Prozent des Bruttoinlands- liche Lebensmittelkontrolle soll des- Bilder: MLR Verbraucher-journal 2010/11 5
Einführung Editorial KapitelRubrik Regionale Konferenzen halb personell gestärkt werden. Die wachsenen und Fachkräften in Bil- Landesregierung wird sich außer- dungseinrichtungen. Spezielle Ange- dem bei der Novellierung des Ver- bote für Familien mit Migrationshin- braucherinformationsgesetzes sowie tergrund und sozial Benachteiligte bei der praktischen Umsetzung des werden entwickelt. Neben Ernäh- sogenannten Hygienebarometers rungserziehung und -empfehlungen einbringen, ein System, das die Er- will das MLR bei allen Aktivitäten gebnisse der amtlichen Kontrollen künftig noch mehr darauf hinwirken, noch transparenter machen wird. dass der Wert der Lebensmittel mehr Schon heute können sich die Ver- geschätzt und die regional erzeugten braucherinnen und Verbraucher im Lebensmittel der Jahreszeit bewusst Informationsdienst der Chemischen bevorzugt werden. Veterinär- und Untersuchungsämter, Bildungsangebote für alle im Jahresbericht der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung und Konsumkompetenz ist für alle Bevöl- Bild: MLR im Ökomonitoring-Bericht ausführ- kerungsgruppen wichtig, besonders lich informieren. jedoch für diejenigen, die besonde- ren Schutz und/oder Unterstützung Information und Bildung Surftipps für Senioren zur benötigen. Junge Verbraucher sind Sicherheit im Internet Informationen und Bildung sind Vor oft noch unerfahren beim Einkauf aussetzungen, um im Alltag selbst- und bei der Nutzung von Dienstleis- Das Internet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten ist bestimmte und verantwortungsvol- tungen, auch wenn sie bereits über aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Ob zur Informationssuche, für Einkäufe oder Bankgeschäf le Entscheidungen fällen zu kön- erhebliche Geldmittel verfügen. Sie te sind immer mehr ältere Verbraucher „im Internet nen. Die Angebote müssen auf die nutzen die neuen Medien intensiv unterwegs“ und pflegen auch persönliche Kontakte Zielgruppe abgestimmt und leicht und sind besonders gefährdet gegen- mit Familienmitgliedern und Freunden. erreichbar sein, am besten im direk- über unlauteren Geschäftsmethoden Die neue Freiheit birgt jedoch auch Gefahren: Schwach ten Lebensumfeld oder im Internet. und Missbrauch ihrer persönlichen stellen in der Datensicherheit und als Gratis-Angebote Das gilt im wirtschaftlichen wie im Daten. Der beste Schutz davor ist getarnte kostenpflichtige Abonnements sind nur einige Stolperfallen des Internets. gesundheitlichen Bereich, hier ins- mehr Wissen rund um Geld und Fi- Beim Surfen tauchen viele Fragen auf: Wie kann man besondere bei der Ernährung als nanzen. Kinder und Jugendliche al- sich sicher im Netz bewegen? Wie findet man die Teil eines gesundheitsfördernden ler sozialen Schichten und Einkom- richtige Information? Antworten darauf geben die Lebensstils. mensgruppen sind am besten über regionalen Konferenzen „Verbraucher 60plus – Sicher Die umfangreichen Landesinitiati- die Schule zu erreichen, zum Beispiel im Internet“, die das baden-württembergische Ver ven auf dem Gebiet der Ernährung mit unseren Medienpaketen „Money braucherministerium in Kooperation mit den örtlichen Seniorenvertretungen und der Verbraucherinitiative (s. S. 27ff.) arbeiten in Baden-Würt- & Kids“ für die Grundschule und durchführt. temberg schon seit langem erfolg- „Konsumieren mit Köpfchen“ für die Die Veranstaltungen informieren über die Grundlagen reich. Sie waren Wegbereiter für Ak- weiterführenden Schulen. Lehrkräfte der Internetnutzung, das Einkaufen und die Daten tivitäten wie sie jetzt auch europa- können damit aktuelle Verbraucher- sicherheit im Netz. Denn der Verbraucher muss seine weit mit dem EU-Weißbuch „Ernäh- themen im Unterricht aufgreifen, die Rechte und Pflichten kennen, um die Möglichkeiten rung, Übergewicht, Adipositas: Eine Schüler aller Schulformen interessie- und Angebote des Internets sicher nutzen zu können. Im Mittelpunkt der Veranstaltungen stehen deshalb der Strategie für Europa“ und bundes- ren. Dazu gehört auch das Thema verantwortliche Umgang mit den verschiedenen Nut weit mit dem Aktionsplan IN FORM Nachhaltiger Konsum, denn gerade zungsmöglichkeiten des Internets und die Diskussion der Bundesministerien für Gesund- bei Jugendlichen soll das Bewusst- mit fachkundigen Referenten. heit sowie für Ernährung, Land- sein für soziale und Umweltaspekte Zum Nachlesen hat das Ministerium eine kostenlose wirtschaft und Verbraucherschutz früh geschaffen werden. Broschüre herausgegeben. Sie kann angefordert beschrieben sind. Gemeinsam mit Die Vermittlung von Informationen werden beim Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Kernerplatz den Landratsämtern und den Ernäh- über soziale Netzwerke könnte ein 10, 70178 Stuttgart, Tel.: 0711/ 126-2173. Außerdem rungszentren bietet das MLR Infor- weiterer erfolgversprechender Weg steht sie zum Herunterladen zur Verfügung unter www. mations- und Bildungsangebote für sein, junge Konsumenten – die Digi- verbraucherportal-bw.de. Dort gibt es auch weitere alle Altersgruppen, angefangen von tal Natives – zu erreichen. Diese Mög- Informationen, Orte und Termine der Veranstaltungen. Kindern ab 6 Monaten über Schul- lichkeit testen wir mit der Facebook- Barbara Thoma, MLR kinder und Jugendliche bis zu Er- Fanseite „shoppen, surfen, simsen“. 6 Verbraucher-journal 2010/11
Einführung Die meisten Senioren kennen sich Verbraucherzentrale Baden-Würt- Verbrauchermonitor im Gegensatz zu den jungen Ver- temberg (VZ BW) und das Zentrum brauchern aufgrund ihrer Lebens- für Europäischen Verbraucherschutz erfahrung im Geschäftsleben aus. (ZEV). Die Verbraucherkommission Doch das Schlagwort „lebenslan- unterstützt die Landesregierung als ges Lernen“ gilt auch für sie ange- unabhängiges Expertengremium sichts der neuen Medien und einer und gibt Denkanstöße und Emp- Vielfalt an Waren, Dienstleistungen fehlungen über das Regierungspro- und schnell wechselnden Informa- gramm hinaus. tionen. Das MLR hat mit regiona- Die VZ BW hat durch ihre Bera- Bild: GFK len Verbraucherkonferenzen einen tungen zu Altersvorsorge, Versi- erfolgreichen Weg gefunden, Senio- cherungen, Gesundheit, Finanzpro- ren zu informieren. Die erste Staf- dukten oder Baufinanzierung ihr Gemeinsame Studie zur fel über Gesundheitsdienstleistun- Ohr am Puls der Verbraucher und Internet- und Handynutzung gen und Patientenrechte war eben- gibt dem MLR wichtige Hinweise Die erstmals gemeinsam von Baden-Württemberg so gut besucht wie die zweite Reihe für Verbesserungen. Das ZEV ist und Bayern in Auftrag gegebene Studie zum Ver zu Rechten beim Einkauf im Inter- mit seiner grenzüberschreitenden braucherschutz, der Süddeutsche Verbrauchermonitor net (s. Kasten). Diese verbraucher- Tätigkeit für die Landesregierung 2010, zeigt die Ergebnisse einer direkten Verbraucher nahen Angebote werden wir fort- und europäische Institutionen ein befragung nach deren Bedürfnissen, Vorlieben, Be entwickeln, um auch weitere Ziel- wichtiger Gesprächspartner. Die- fürchtungen und Problemen und nach ihrem Verhalten gruppen zu erreichen. sem Netzwerk von Beratungsorga- als Verbraucher. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat im Herbst 2010 rund 1.400 Verbraucher in den nisationen werden wir neben der Netzwerk von Unterstützern beiden Bundesländern zu Themenfeldern des digitalen direkten Einbeziehung von Ver- Verbraucherschutzes befragt. Unterstützung in der Verbraucher- brauchern in Zukunft noch stär- Gratisangebote im Netz und Klingeltöne mit Tücken politik erhält das Ministerium durch kere Bedeutung zumessen. die Verbraucherkommission, die Wolfgang Reimer, MLR Immer wieder locken zahlreiche Firmen im Internet mit vermeintlichen Gratisangeboten, die sich später als teure Kostenfallen entpuppen. Rund einem Drittel der befragten Internetnutzer ist bereits mindestens einmal ein vordergründig als kostenlos beworbenes Internetangebot im Anschluss berechnet worden. Schätzungen zufolge werden in der Internetbranche mit vermeintlichen Gratisangeboten jährlich dreistellige Millionenbeträge zu Lasten gutgläubiger Verbraucher verdient. Auch das Mobiltelefon wird von zahlreichen und über wiegend jugendlichen Nutzern mit wirtschaftlichen Unwägbarkeiten in Verbindung gebracht. Knapp 60 Prozent der 14- bis 29-jährigen Nutzer von Mobiltele fonen sehen finanzielle Risiken. Durch das kosten pflichtige Herunterladen von Klingeltönen, Musik- und Videodateien übersteigt die Handyrechnung in vielen Fällen die finanziellen Möglichkeiten. Junge Men schen verlieren im Monatsverlauf häufig den Überblick über die eingegangenen finanziellen Verpflichtungen. Internethandel immer wieder problembehaftet Die Umfrage zeigt, dass etwa 80 Prozent der Befragten schon einmal im Internet eingekauft haben. Immerhin ein Viertel hatte schon einmal Probleme mit dem Inter nethändler. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg wird weitere Verbraucherumfragen durchführen, um verbraucher Bild: MLR politische Maßnahmen auf empirische Daten stützen zu können. Sigrid Waibel, MLR Ministerialdirektor Wolfgang Reimer beim Kampagnenstart der Landesinitiative Blick www.verbraucherportal-bw.de Rubrik Verbraucherforschung/Umfragen punkt Ernährung zum Thema „Obst – der bunte Genuss“. Verbraucher-journal 2010/11 7
Gesundheit Lebensmittelüberwachung Aufmachung bemängelt Lebensmittelüberwachung auch bei Kosmetika aktiv Die amtliche Lebensmittelüberwachung kontrolliert auch, ob die Vorschriften für kosmetische Mittel eingehalten werden. Sachverständige mussten rund ein Viertel der in Baden-Württemberg gezogenen Proben von Kosmetika beanstanden – meistens wegen fehlerhafter Kennzeichnung. D ie amtliche Lebensmittelüber- wachung kontrolliert nicht nur Lebensmittel und Bedarfsgegen- Karlsruhe. Überwacht werden alle Hersteller und Händler von kosme- tischen Mitteln. dekorative Kosmetika (z. B. Lip- penstift, Nagellack), Düfte (z. B. Parfum, Deo), Web-Links stände, sondern auch Kosmetika. Zahn- und Mundpflegemittel Sie prüft, ob die gesetzlichen Vor- Was sind kosmetische Mittel? (z. B. Zahnpasta, Mundwasser). www.uabw.de www.service-bw.de schriften für die Mittel zur Haut- Unter Kosmetika werden alle Pro- www.mlr.baden-wuerttemberg.de und Haarpflege eingehalten werden dukte zusammengefasst, die äußer- Sind kosmetische Mittel und überwacht die Herstellung und lich oder in der Mundhöhle ange- sicher? den Handel mit Kosmetika in Ba- wendet werden und der Reinigung Zum Schutz der Verbraucher wer- den-Württemberg. Dies dient dem oder dem Schutz, der Parfümierung den Kosmetika vom Hersteller re- gelmäßig auf Verträglichkeit und Wirkung überprüft, und zwar auf allen Herstellungsstufen: von den verwendeten Rohstoffen bis zum fertigen Produkt. Jeder Herstel- ler muss für jedes Produkt in ei- ner Sicherheitsbewertung nachwei- sen, dass sein Produkt bei bestim- mungsgemäßer und vorhersehbarer Anwendung für den Verbraucher sicher ist. Die amtliche Kosmetik- überwachung kontrolliert, ob die zum Schutz der Verbraucher erlas- senen Rechtsvorschriften auch tat- sächlich eingehalten werden, und überprüft, ob die Eigenkontrollsys teme funktionieren („Kontrolle der Kontrolle“). Für kosmetische Mittel gibt es be- reits umfangreiche Regelungen, die auf europäischem Gemeinschafts- Untersuchung von Tätowier Schutz des Verbrauchers vor Ge- oder der Veränderung des Ausse- recht beruhen. Mit der europä- mitteln im CVUA Karlsruhe Bild: CVUA Karlsruhe sundheitsschäden und vor Täu- hens beziehungsweise des Körper- ischen Verordnung Nr. 1223/2009 schung oder Irreführung, sowie dem geruchs dienen. Folgende Gruppen über kosmetische Mittel, deren Schutz der redlichen Unternehmer werden unterschieden: Vorschriften überwiegend ab 2013 vor unseriöser Konkurrenz. Hautreinigungsmittel (z. B. Seife, anzuwenden sind, wird die Pro- Neben den zuständigen Lebensmit- Duschgel), duktsicherheit bei diesen Erzeug- telüberwachungsbehörden in den Hautpflegemittel (z. B. Haut- nissen weiter erhöht. Land- und Stadtkreisen gibt es in creme), Für Verbraucher gibt es darin einige Baden-Württemberg zwei Schwer- Hautschutzmittel (z. B. Sonnen- rechtliche Regelungen, die wichtige punktlaboratorien bei den Chemi- creme), Informationen für den Alltag liefern: schen und Veterinäruntersuchungs- Haarpflegemittel (z. B. Shampoo, Viele Kosmetika enthalten In- ämtern (CVUAs) Freiburg und Haarspray), haltsstoffe, die beim Menschen 8 Verbraucher-journal 2010/11
Lebensmittelüberwachung Gesundheit allergische Reaktionen auslösen kosmetischen, sondern vielmehr Erfreulicherweise müssen auch bei können. Damit Allergiker schon Arzneimittel. kosmetischen Mitteln nur ganz ver- vor Gebrauch des Produkts er- einzelt Proben als gesundheitsschäd- kennen, ob ein für sie problema- Beanstandungen lich beanstandet werden. Häufig tischer Stoff enthalten ist, müssen Bei kosmetischen Mitteln werden handelt es sich hier um Beschwer- alle Bestandteile auf der Verpa- jährlich knapp 2000 Proben in den deproben, die von Verbrauchern ckung angegeben werden. CVUAs Freiburg und Karlsruhe wegen gesundheitlicher Probleme Für den Menschen gefährliche untersucht. Rund ein Viertel die- bei der zuständigen Behörde abge- oder gesundheitsschädliche Stof- ser gezielt ausgewählten Proben geben werden. fe wie beispielsweise Quecksil- entsprechen nicht den Rechtsvor- Was können Verbraucher tun, wenn ber oder Blei dürfen in kosmeti- schriften und werden von den Prü- sie während oder nach dem Einkauf schen Produkten nicht enthalten fern beanstandet (vgl. Tabelle). Der eines Kosmetikums feststellen, dass sein. Dasselbe gilt auch für Pflan- weitaus überwiegende Teil der Be- die Ware Anlass zur Beschwerde gibt? zen, die Gifte enthalten oder ver- anstandungen betrifft bei kosme- Im Online-Portal www.service-bw.de mehrt zu Allergien führen kön- tischen Mitteln die Aufmachung. wird unter „Verfahrensbeschreibung“, nen. In den letzten Jahren betrug der Stichwort Lebensmittelüberwachung, Zusätzlich müssen Angaben zu Anteil dieser Mängel zwischen 80 erläutert, wie man vorgeht und wo- Herkunft (Hersteller, Impor- und 90 Prozent der beanstande- hin man sich wenden kann. teur), Verwendungszweck, Halt- ten Proben. Birgit Bienzle, MLR barkeits- und Lagerbedingungen gemacht werden. Organisation der Organisation derLebensmittelüberwachung Lebensmittelüberwachung Bei sachgemäßer und vorherseh- barer Anwendung dürfen Kos- Oberste Lebensmittelüberwachungsbehörde metika keine gesundheitsschädli- Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) Bericht chen Wirkungen haben. Manche Arten von Kosmetika können je- doch bei unbeabsichtigter An- 4 Höhere Lebensmittelüberwachungsbehörden Weisung wendung (z. B. wenn Haarfärbe- Regierungspräsidien Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg, Tübingen mittel in die Augen oder in den Mund gelangt) zu gesundheitli- chen Problemen führen. Bei sol- 4 Untersuchungsämter (CVUA) chen Produkten müssen auf der Stuttgart – Karlsruhe – Freiburg – Sigmaringen (Kosmetika: Schwerpunkt Karlsruhe und Freiburg) Verpackung zusätzlich Anwen- dungs- und Warnhinweise ange- Gutachten Proben Graphik: B. Bienzle bracht werden (z. B. „außerhalb der Reichweite von Kindern auf- 44 Untere Lebensmittelüberwachungsbehörden bewahren“, „bei Augenkontakt 35 Landkreise und 9 Stadtkreise sofort mit Wasser ausspülen“, Graphik: Birgit Bienzle, MLR „nur zur äußeren Anwendung Gründe zur Beanstandung von Kosmetika geeignet“). Kosmetika 2010 2009 2008 2007 2006 Um Verbraucher nicht zu täu- Gesamtzahl der Proben 1588 1918 1874 1798 2041 schen, ist es verboten, irrefüh- Zahl der beanstandeten Proben 514 470 436 498 422 rende Aussagen in der Werbung Beanstandungsquote 32 % 25 % 23 % 28 % 21 % oder auf Kosmetikprodukten Beanstandungsgründe: zu machen, beispielsweise mit ■ gesundheitsschädliche Eigenschaften * 24 3 3 0 1 Wirkungen zu werben, die nicht ■ sonst. Zusammensetzung, Beschaffenheit * 66 73 44 60 90 nachgewiesen sind. Anteil der Beanstandungen aufgrund Zu 16 % 13 % 9% 9% 18 % Ferner dürfen kosmetische Mittel sammensetzung bzw. Beschaffenheit (in %) ■ Kennzeichnung, Aufmachung * 476 496 490 574 412 keine Angaben zu krankheitslin- dernden Wirkungen haben. Pro- Anteil der Beanstandungen aufgrund 84 % 87 % 91 % 91 % 82 % Kennzeichnung/Aufmachung (in %) dukte zur Linderung und Verhü- *) Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstan tung von Krankheiten sind keine dungsgründe höher sein als die der beanstandeten Proben. Verbraucher-journal 2010/11 9
Gesundheit Lebensmittelüberwachung Sind Tattoos auch Kosmetika? Untersuchungen zeigen: Verbraucherschutz unzureichend Zum Schutz der Gesundheit von Verbrauchern führte die amtliche Lebensmittelüber wachung eine Untersuchung von Tätowierfarben durch. Die erschreckende Bilanz: Nur fünf Prozent der Proben waren ohne Mangel. D ie Chemischen und Vete- rinäruntersuchungsämter (CVUAs) Freiburg und Karlsruhe ha- dekorative Kosmetika der Verschö- nerung der Haut, aber sie werden nicht – wie es die Definition für kos- Regelungen bezieht. Zum Beispiel dürfen Stoffe, die nach der Kos- metikverordnung für kosmetische Web-Links ben 2010 ein Untersuchungsprojekt metische Mittel vorsieht – äußerlich Mittel verboten sind, nicht einge- www.uabw.de „Tätowierfarben rot, orange, gelb“ auf die Haut aufgebracht, sondern setzt werden. Zudem gibt es eine > Tätowiermittel durchgeführt und 38 Proben von Tä- in tiefe Hautschichten gestochen. Liste verbotener Farbstoffe. So ist towierfarben analysiert. Die Bilanz der Einsatz von Azofarbstoffen, die war erschreckend – auch angesichts Vorschriften unzureichend krebserzeugende Amine abspalten, des starken Modetrends „Tattoo“: Ein Allerdings gelten in Deutschland untersagt. Drittel der untersuchten Farben ent- die für kosmetische Mittel betref- Die Rechtsvorschriften auf dem hielt nicht erlaubte Substanzen, die fenden Vorschriften des Lebens- Gebiet der Tätowiermittel sind für Hälfte hiervon gesundheitsschäd- mittel- und Futtermittelgesetzbuchs einen wirksamen Verbraucherschutz liche Stoffe (aromatische Amine, (LFGB) auch für Mittel zum Täto- weder national noch auf europäi- Nitrosamine, Phenol). Technische wieren und Permanent-Make-up. scher Ebene ausreichend. Baden- Farben, die beispielsweise in Auto- Das heißt, sie dürfen die Gesund- Württemberg hat aufgrund der ak- lacken verwendet werden, waren in heit der Verbraucher nicht gefähr- tuellen Untersuchungsergebnisse zwei Drittel der Tätowierfarben ent- den und sie dürfen die Verbraucher eine Initiative beim Bundesrat zur halten. Die Kennzeichnung war bei nicht täuschen. Die Kosmetikver- Verbesserung dieser unbefriedigen- zwei Drittel der Proben unvollstän- ordnung, die die Details im Hin- den Situation gestartet. Die Über- dig. Nur zwei der 38 untersuchten blick auf stoffliche Zusammenset- wachungsbehörden und Untersu- Proben (entspricht fünf Prozent) wa- zung und Kennzeichnung regelt, chungsämter werden die Problema- ren korrekt gekennzeichnet und oh- ist aber für diese Produkte nicht tik auch in den kommenden Jahren ne nachgewiesene gesundheitlich anwendbar. Für diese Produkte gilt weiterverfolgen. „Arbeitsplatz“ in einem Tattoo-Studio. bedenkliche Bestandteile! seit dem 1. Mai 2009 die Tätowier- Die CVUAs haben eine Leitlinie für Tattoos werden mit Tätowierfarben sind nach rechtli- mittelverordnung, die sich an der Betreiber von Tattoo- und PMU- Nadeln unter die Haut gestochen (rechts) cher Definition keine kosmetischen Kosmetikverordnung orientiert Studios auf ihrer Website veröffent- Bilder: CVUA Karlsruhe Mittel. Sie dienen zwar ebenso wie bzw. sich auf einige der dortigen licht. Birgit Bienzle, MLR 10 Verbraucher-journal 2010/11
Lebensmittelüberwachung Gesundheit Recht auf Auskunft Erste Erfahrungen mit dem Verbraucherinformationsgesetz Meldungen über Gammelfleisch oder krebserregende Stoffe in Bedarfsgegenständen sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Verbraucher, die wissen möchten, welche Produkte betroffen sind oder wer die Anbieter der Waren sind, haben mit dem Verbraucher informationsgesetz (VIG) ein Recht auf Auskunft. Z um 1. Mai 2008 trat das umstrit- tene Verbraucherinformations- gesetz (VIG) in Kraft. Damit hat nun nach dem Lebensmittel- und Futter- mittelgesetz (LFGB) kostenfrei. Bei allen anderen Auskünften sind kos- die lange Bearbeitungszeit vonsei- ten der Behörden kritisierten. Web-Links erstmals jedermann einen Rechtsan- tendeckende Gebühren und Aus- Neuer Gesetzesentwurf www.vigwirkt.de spruch auf Informationen zu Lebens- lagen fällig, die sich auf 30 bis 250 Im Mai 2010 erfolgte die Evaluierung mitteln und Futtermitteln sowie zu Euro belaufen – in Einzelfällen aber des Gesetzes. Die Folgerungen dar- Gegenständen des täglichen Bedarfs auch mehr. Die Erhebung von Ge- aus und der Anfang Januar 2011 von – beispielsweise Spielwaren, Klei- bühren war bisher die Ausnahme. Bundesministerin Ilse Aigner vor- dung oder Reinigungsmittel. Mit In der täglichen Verwaltungs- und gestellte Aktionsplan „Verbraucher- dem VIG soll eine höhere Transpa- Vollzugspraxis zeigte sich die prak- schutz in der Futtermittelkette“ so- renz und Lebensmittelsicherheit er- tische Umsetzung der sechs Paragra- wie die gemeinsame Erklärung der reicht werden. Die Behörden haben phen des VIG teilweise als schwie- Sonderkonferenz der Verbraucher- jedoch keine „Informationsbeschaf- rig. So können von der Antragstel- schutzminister- und Agrarminister- fungspflicht“, das VIG ist bildlich ge- lung bis zur Informationsheraus- konferenz vom 18. Januar 2011 wur- sprochen eher der „Schlüssel“ zu den gabe mehrere Monate vergehen, den in einen neuen Gesetzesentwurf bei Behörden bereits vorliegenden mitunter wurden im Rahmen eines eingearbeitet. Ziel ist, damit die akti- Informationen. Verfahrens bis zu einhundert Drit- ve Information der Öffentlichkeit zu te beteiligt. Das VIG in seiner jetzi- verbessern, die Bürgerfreundlichkeit Schriftlicher Antrag gen Fassung wird von privaten Ver- bei der Bearbeitung individueller In den vier baden-württembergi- brauchern kaum genutzt. Die meis- Anfragen zu erhöhen und die Ver- schen Chemischen- und Veteri- ten Anträge mit umfangreichen und waltungsverfahren zu straffen. Au- näruntersuchungsämtern (CVUA) dezidierten Fragestellungen reichten ßerdem ist vorgesehen, den Anwen- Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und bisher Verbraucherschutzorganisa- dungsbereich künftig auf alle Ver- Sigmaringen gingen seit Inkrafttre- tionen oder Journalisten ein, die braucherprodukte – wie beispiels- ten des Gesetzes insgesamt 78 An- danach oft die Gebührenfrage oder weise Elektrogeräte – zu erweitern. fragen nach dem VIG ein. Daniela Bolay, CVUA Stuttgart Will ein Verbraucher Informatio- nen erhalten, hat er bislang einen schriftlichen Antrag zu stellen, der in der Regel innerhalb eines Monats bearbeitet sein muss. Bei Anhörung eines Dritten, wenn beispielswei- se personenbezogene Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheim- nisse eines Lebensmittelunterneh- mers berührt sind, verlängert sich die Frist auf zwei Monate. In Aus- nahmefällen schränkt das VIG die Herausgabe von Informationen an Verbraucher ein. Website des Bundes ministeriums für Ernährung, Nach dem derzeitigen VIG sind le- Landwirtschaft und Ver diglich Auskünfte über Verstöße braucherschutz Verbraucher-journal 2010/11 11
Gesundheit Lebensmittelmittelüberwachung Aktuelle Warnhinweise Lebensmittel- und Produktwarnungen für die Öffentlichkeit Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz veröffentlicht auf seiner Web- seite regelmäßig aktuelle Informationen oder öffentliche Warnungen zu beanstandeten und risikobehafteten Lebensmitteln und Produkten, die sich in Baden-Württemberg auf dem Markt befinden und bereits an Verbraucher abgegeben wurden. Web-Links T rotz aller Kontrollen bleibt ein Restrisiko, dass Lebensmittel, Futtermittel, Bedarfsgegenstände Es besteht der hinreichende Ver- dacht, dass ein Gesundheitsrisi- ko bestehen kann oder gegen le- In diesen Fällen ist eine Information der Öffentlichkeit nur zulässig, nach- dem die Belange der Betroffenen www.service-bw.de oder kosmetische Mittel in den Han- bensmittelrechtliche Vorschriften mit den Interessen der Verbraucher www.mlr.baden-wuerttemberg.de del gelangen, die die Gesundheit verstoßen wurde, die dem Schutz an der Veröffentlichung abgewogen > Aktuelles/Warnhinweise www.mlr.baden-wuerttemberg.de oder die Sicherheit der Verbraucher der Verbraucher vor Täuschung wurden. Außerdem darf die Behörde > Alle Warnhinweise (PDF) gefährden. Wenn ein solches Pro- dienen und der Verstoß nicht un- die Öffentlichkeit nur informieren, www.lebensmittelwarnung.de (noch im Aufbau) dukt auf dem Markt ist und bereits erheblich ist. wenn andere ebenso wirksame Maß- an die Verbraucher abgegeben wur- Es liegen im Einzelfall hinreichen- nahmen nicht oder nicht rechtzeitig de, bleibt neben der Rückrufaktion de Anhaltspunkte dafür vor, dass getroffen werden können oder die des Herstellers nur noch die unver- von einem Erzeugnis eine Gefähr- Verbraucher nicht erreichen. zügliche öffentliche Warnung. Die dung für Sicherheit und Gesund- auf der Webseite veröffentlichten In- heit ausgeht oder ausgegangen ist. Zeitlich befristet formationen stammen daher sowohl Ein nicht gesundheitsschädliches, Sobald das Produkt nicht mehr in von den Unternehmen als auch von aber zum Verzehr ungeeignetes, den Verkehr gelangt und nach der der amtlichen Lebens- und Futter- insbesondere ekelerregendes Le- Lebenserfahrung davon auszuge- mittelüberwachung und haben über- bensmittel ist in größeren Men- hen ist, dass es zwischenzeitlich ver- regionale Bedeutung. gen oder über einen längeren braucht ist, dürfen keine Warnungen Zeitraum in geringeren Mengen mehr veröffentlicht werden. Daher Gründe für die Veröffentlichung in den Verkehr gelangt. löschen die Sachbearbeiter des Mi- Eine Information der Öffentlich- Es ist anzunehmen, dass redliche nisteriums die entsprechenden Ein- keit durch die Behörden darf ge- Hersteller oder Vertreiber gleich- träge auf der Internetseite nach Ab- mäß dem Lebensmittel- und Fut- artiger Erzeugnisse ohne Informa- lauf des Mindesthaltbarkeitsdatums termittelgesetzbuch (LFGB, § 40) tion über das beanstandete Er- und unter Berücksichtigung eines Si- insbesondere nur in folgenden Fäl- zeugnis erhebliche Nachteile er- cherheitszeitraums aus der Tabelle. len erfolgen: leiden können. Birgit Bienzle, MLR Internet Neue Plattform geplant Die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) hat umfangreiche Maßnahmen erarbeitet, um die Verbraucher zukünftig noch besser vor beanstan deten und risikobehafteten Lebensmitteln zu infor mieren und zu warnen. Der im Rahmen des Dioxin- Skandals erarbeitete Aktionsplan „Verbraucherschutz in der Futtermittel-Kette“ greift den LAV-Beschluss vom Juni 2010 auf, für alle Länder ein gemeinsames Internetportal www.Lebensmittelwarnung.de ein zurichten. Das neue Portal soll noch im Laufe des Jahres 2011 bereitgestellt werden und die bisherigen Warnungen vor unsicheren Lebensmitteln zusätzlich Bild: MLR bundesweit bündeln. 12 Verbraucher-journal 2010/11
Lebensmittelmittelüberwachung Gesundheit Global kontrollieren – lokal handeln Europäische Schnellwarnsysteme zur Lebensmittelüberwachung Angesichts der zunehmenden Warenströme in der eng vernetzten Welt ist es für die amt- liche Lebensmittelüberwachung kaum noch möglich, ohne globale Sicht lokal erfolgreich zu arbeiten. Zwei europäische Schnellwarnsysteme haben sich als Hilfsmittel bewährt. W enn Futtermittel, Lebens- mittel oder Lebensmittelbe- darfsgegenstände verunreinigt sind Besteht der Verdacht, dass Lebens- oder Futtermittel, von denen ge- sundheitliche Risiken ausgehen nicht auf den Markt gelangt oder nicht mehr in Verkehr ist. Grenzzurückweisungen, wenn Web-Links oder andere gesundheitliche Risi- können, auch nach Baden-Würt- bei einer Grenzkontrolle ein Ri- Für Lebens- und Futtermittel: ken für den Verbraucher von ihnen temberg geliefert wurden, infor- siko festgestellt wurde und die www.bvl.bund.de > Europäische Schnellwarnsysteme > RASFF ausgehen können, müssen die be- miert das BVL unverzüglich die zu- betroffene Lieferung in das Her- www.ec.europa.eu/food troffenen Behörden Informationen ständige baden-württembergische kunftsland zurückgesendet oder (RASFF/ publications) unverzüglich öffentlich machen, um Kontaktstelle. Und weil Schnell- an Ort und Stelle vernichtet wird. Für Verbraucherprodukte: www.baua.de > Geräte- und den Schutz der Verbraucher sicher- warnungen tagesaktuell bearbeitet Die nach Eingang einer Original- Produktsicherheit zustellen. Für viele Behörden ist es werden, können betroffene Erzeug- meldung ergriffenen Maßnahmen www.ec.europa.eu/consumers (RAPEX > Latest Product War daher wichtig, schnell die notwendi- nisse wenn nötig umgehend sicher- oder weitere Informationen wer- nings gen Informationen zu erhalten, um gestellt werden. Auch Rückrufaktio- den als Folgemeldungen ins Sys- darüber entscheiden zu können, ob nen seitens der Wirtschaft werden tem eingegeben. und gegebenenfalls welche Maßnah- durch die örtlich zuständigen Be- Die Zahl aller Meldungen stieg von men vor Ort zur Gewährleistung der hörden überwacht. 1998 mit 304 Meldungen bis 2010 Lebensmittelsicherheit und Gesund- Je nach Gefahr und Dringlichkeit auf über 7000 Meldungen kräftig heit des Verbrauchers zu treffen sind. sind unterschiedliche Arten von an. Baden-Württemberg meldete Meldungen im Gebrauch: 2010 in 131 Fällen Gefährdungen der RASFF für Warnmeldungen, wenn die Le- Lebensmittelsicherheit an das EU- Lebens- und Futtermittel bens- bzw. Futtermittel, von Schnellwarnsystem RASFF, davon Innerhalb der Europäischen Union denen eine Gefahr ausgeht, auf 57 Originalmeldungen und 74 Fol- sorgt das Schnellwarnsystem RASFF dem Markt sind. gemeldungen. Damit stellte Baden- Organigramm für RASFF-Mel dungen zu Lebensmitteln und (Rapid Alert System Food and Feed) Informationsmeldungen, wenn Württemberg mit 14 Prozent bun- Futtermitteln in Europa für Lebensmittel und Futtermittel das gefährliche Produkt noch desweit die zweitmeisten RASFF- Bild: RASFF-Jahresbericht 2009 für die schnelle Weitergabe von In- formationen: Wenn beispielswei- se im Rahmen der amtlichen Kon- trolle im Land ein Risiko für die menschliche Gesundheit ermittelt wird, erstellt die örtliche Kontroll- behörde eine RASFF-Meldung über den Sachverhalt und die ergriffe- nen Maßnahmen und übermittelt diese an die baden-württembergi- sche Kontaktstelle im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbrau- cherschutz. Die Meldung wird von der Kontaktstelle des Landes an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) weitergeleitet und von da an die EU übermittelt. (Beispiel Dioxin, vgl. Kasten S. 14) Verbraucher-journal 2010/11 13
Gesundheit Lebensmittelüberwachung Beispiele RASFF und RAPEX in der Praxis RASFF – „Dioxin-Skandal“ in Deutschland Die EU-Kommission hat Deutschland ausdrücklich für seine Informationspolitik beim Dioxin-Skandal gelobt. Bild: F. Wöhrlin Die deutschen Behörden informierten die zuständige EU-Behörde bereits am 27. Dezember 2010. Einen Tag später ging die Warnung von den verunreinigten Futter mitteln an alle EU-Mitgliedstaaten. Die EU-Dienststel Untersuchungen in Eiern ergaben: keine erhöhte Belastung durch Dioxine len und die deutschen Behörden waren in ständigem Kontakt. Deutschland hat täglich den Sachstand an Meldungen. Dies zeigt, dass die tem, die Bundesanstalt für Arbeits- das RASFF übermittelt. Das Schnellwarnsystem für Lebensmittelüberwachung in Ba- schutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Lebens- und Futtermittel (RASFF) wie auch die Rück den-Württemberg dieses Informa- weiter. Die BAuA veröffentlicht verfolgbarkeitsmechanismen auf EU-Ebene haben ihre tionsinstrument konsequent nutzt. diese Meldungen wöchentlich auf Wirksamkeit bewiesen. ihrer Internet-Seite und tauscht die RAPEX – schädliches Haarglättungsmittel RAPEX für Daten mit der EU-Kommission aus. Verbraucherprodukte Die örtlichen Behörden für Lebens- Die Überwachungsbehörden des Landes sind durch RAPEX-Meldungen aus Irland auf Haarglättungsmittel Als zweites EU-Schnellwarnsystem mittelüberwachung in Baden-Würt- aufmerksam geworden, die 2010 als Neuheit über das existiert das RAPEX (System for the temberg entnehmen Proben und Internet vertrieben wurden, aber auch in manchen RAPid EXchange of information) untersuchen Kosmetika, Gegenstän- Friseursalons Anwendung fanden. Eigene Recherchen ergaben, dass die Produkte aus Brasilien und den USA für alle gefährlichen Verbraucher- de des täglichen Bedarfs sowie Kin- stammen und mit Begriffen wie „aus Brasilien“ oder produkte, ausgenommen Nahrungs- derspielzeug auf chemische Gefah- „mit Kreatin“ in Verbindung mit einem „Haarglättungs und Arzneimittel sowie medizini- ren (vgl. Kasten). Seit Einführung effekt“ beworben wurden. sche Geräte. Unter Verbraucherpro- dieses Informationssystems 2004 Nachdem auch in einzelnen dukten sind Fahrzeuge, Geräte wie stieg die Zahl der jährlich als gefähr- Verdachtsproben Formalde Bohrmaschinen, aber auch Kosmeti- lich eingestuften Produkte ständig hydgehalte von rund zwei Promille bestimmt werden ka sowie Gegenstände des täglichen an. Der Trend der vergangenen Jahre konnten, warnte das Minis Bedarfs wie Textilien, Haarbürsten setzt sich fort: Mit aktuell 1959 Pro- terium für Ländlichen Raum und Kinderspielzeug zu verstehen. duktwarnungen auf der RAPEX-Wo- und Verbraucherschutz im RAPEX ermöglicht einen schnellen chenliste der Europäischen Kom- Oktober 2010 die Öffentlich Informationsaustausch zwischen Mit- mission für das Jahr 2010 zeigt sich keit vor derartigen Produk gliedstaaten und Kommission über im Vergleich zum Vorjahr ein deut- ten. Sie können die Gesund heit schädigen und wurden jene Maßnahmen, die zur Vermei- licher Anstieg von knapp 17 Prozent. deshalb vom Markt genom dung oder Einschränkung der Ver- marktung oder Verwendung von ge- Fazit men. Selbstverständlich erhielten die Behörden der fährlichen Produkten getroffen wur- Die Zunahme der Meldungen lässt anderen Mitgliedstaaten die den. Dabei erfasst RAPEX sowohl vermuten, dass deutlich mehr ge- baden-württembergischen Maßnahmen der einzelstaatlichen fährliche Lebensmittel und Ver- Ergebnisse als RAPEX-Mel dungen und sie wurden Behörden als auch freiwillige Maß- brauchsgüter auf die europäischen auf der RAPEX-Seite der nahmen der Hersteller und Händler. Märkte gelangt sind. Es kann aber Europäischen Kommission RAPEX-Meldungen betreffen nur auch ein Hinweis dafür sein, dass die veröffentlicht. in einigen Fällen die Lebensmittel- beiden Schnellwarnsysteme immer Eine Überprüfung des Markt Dieses Haarglättungsmittel überwachung, etwa bei der mikro- besser funktionieren: Strengere Kon- angebots im Januar 2011 erwies sich als gesund biologischen Kontamination von trollen, zielgerichtete Marktstudien zeigte ein erfreuliches Er heitsschädlich und wurde gebnis: Die Untersuchungs vom Markt genommen. kosmetischen Produkten oder bei zu bestimmten Produkten, ein ge- Bild: CVUA Karlsruhe ämter fanden in den hiesigen überhöhten Bleigehalten in Spiel- stiegenes Problembewusstsein und Friseursalons keine gefährlichen Produkte mit erhöhten zeug. Das BVL nimmt solche Mel- erhöhte Anforderungen durch die Formaldehydgehalten mehr. Das Beispiel zeigt: Die In dungen der obersten Lebensmittel- Rechtslage sorgen dafür, dass immer formationssysteme zwischen den Behörden in Europa überwachungsbehörden entgegen mehr unsichere Produkte als solche funktionieren und die Überwachung zeigt Wirkung! und leitet diese an die deutsche erkannt und beanstandet werden. Birgit Bienzle, MLR Kontaktstelle für das RAPEX-Sys- Birgit Bienzle, MLR 14 Verbraucher-journal 2010/11
Lebensmittelüberwachung Gesundheit Dioxin: Vom Tierfutter in unser Essen? Vorsicht ist geboten – trotz deutlich gesunkener Belastungen Jeder einzelne Dioxinskandal überlagert eine erfreuliche langfristige Entwicklung: Die Belastung des Menschen mit Dioxinen und Polychlorierten Biphenylen (PCB) ist in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Doch was sind Dioxine, wo kommen sie her und wie wirken sie sich im menschlichen Körper aus? U m 80 Prozent ist die Dioxinbe- lastung der Frauenmilch – sie gilt als Indikator für die Belastung tel, die in größeren Mengen verzehrt werden, auch bei geringer Dioxinbe- lastung eine Bedeutung. Aus dem gen nach sich ziehen. In Baden- Württemberg werden umfangreiche Untersuchungen von Lebensmitteln Web-Links des Menschen – seit 1985 zurück- Verzehrverhalten und der Belastung und Futtermitteln durchgeführt und www.ua-bw.de gegangen. Das hat das Bundesin- verschiedener Lebensmittelgruppen über www.ua-bw.de veröffentlicht. www.bfr.bund.de stitut für Risikobewertung jüngst ergibt sich, dass Milchprodukte am Um die Belastung des Menschen zu festgestellt. Grund ist die Verringe- meisten zur Belastung beitragen, ge- minimieren, muss der Eintrag der rung der Umweltbelastung mit den folgt von Fleisch und Fischen. Ge- Schadstoffe in die Nahrungskette schädlichen Stoffen seit den 1990er- sundheitsfolgen können Störungen möglichst gering gehalten werden. Jahren. Dioxine fallen ungewollt der Reproduktionsfunktion, des Im- Da etwa 90 Prozent der Dioxine und bei chemischen Prozessen oder bei mun- und Nervensystems sowie des PCB über Lebensmittel tierischer der Verbrennung chlorhaltiger Ver- Hormonhaushalts sein. Einige Di- Herkunft aufgenommen werden, bindungen an. Sie sind ebenso wie oxinverbindungen gelten als Tumor- sind Futtermittel ein wichtiger An- PCB sehr schwer abbaubar und gut promotoren. Das sind Substanzen, satzpunkt. Ins Futter können erhöh- fettlöslich. Dadurch reichern sie sich die – ohne selbst krebsauslösend zu te Dioxinmengen über Altfette und in der Nahrungskette über die Fet- sein – die Krebshäufigkeit erhöhen, technische Fette, Bindemittel wie te in tierischen Lebensmitteln bis wenn ein Organismus krebserregen- Kaolinit-Ton oder Trocknungspro- zum menschlichen Organismus an. den Substanzen ausgesetzt ist. zesse gelangen. Untersuchungen auf Als besonders dioxin- und PCB-be- Dioxine in Futtermitteln werden im lastet gelten Schafleber, Lebertran, Kontrolle der Nahrungskette Land seit rund zehn Jahren durchge- Dorschleber, Wild oder Wildgeflü- EU-weit gelten einheitliche Dioxin- führt. Die etwa 120 Proben pro Jahr gel. Da diese Produkte nur in gerin- Höchstgehalte für Lebensmittel und ergeben nur sehr selten Höchstwert gen Mengen verzehrt werden, ist ihr Futtermittel. Unterhalb der Höchst- überschreitungen – von 2007 bis Umweltgifte können über Futtermittel in die Nah Beitrag zur Gesamtbelastung eher ge- werte gibt es „Auslösewerte“, de- 2010 wurden gar keine festgestellt. rungskette gelangen. ring. Umgekehrt haben Lebensmit- ren Überschreitung Nachforschun- Bernhard Eckstein, MLR Bild: DBtale/Fotolia Spektrum Entwarnung bei Dioxin in Futterfetten In Schleswig-Holstein wurden im Dezember 2010 Dioxin-Verunreinigun gen von pflanzlichem Futterfett festgestellt. Technische Fette mit hohem Dioxingehalt waren in pflanzliche Futterfette eingemischt worden. Die damit hergestellten Futtermittel gelangten in Geflügel-, Schweinemast-, Legehennen- und Milcherzeugerbetriebe. Die Überwachungsbehörden der Bundesländer untersuchten aus betroffenen Betrieben Produktproben auf Dioxin. Ergebnis: Die Dioxinwerte von Fleisch von Schweinen und Legehennen sowie von Eiern lagen nur bei wenigen Proben über den EU-Höchstgehalten. Bei Milch und Fleisch von Mastgeflügel gab es kei ne Überschreitungen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung erwartet weder eine unmittelbare noch eine langfristige gesundheitliche Beein trächtigung für die Verbraucher – selbst wenn Eier oder Fleisch mit den höchsten gemessenen Dioxinwerten über längere Zeit verzehrt würden. Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung Verbraucher-journal 2010/11 15
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