Wohnen in Lichtenrade - Bahnhofstraße - In dieser Ausgabe: Wohnen in der John-Locke-Siedlung Digitaler Kiezspaziergang Ausflug zum Südgelände ...
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Bahnhofstraße ZEITUNG FÜR DAS AKTIVE ZENTRUM LICHTENRADE BAHNHOFSTRASSE AUSGABE 01 / 2021 In dieser Ausgabe: Wohnen in der Wohnen in Lichtenrade John-Locke-Siedlung Digitaler Kiezspaziergang Ausflug zum Südgelände Porträt ZZB
2 Editorial AUSGABE 01 / 2021 Liebe Lichtenraderinnen und Lichtenrader, my home is my castle: Die eigene Wohnung, eigentlich vor allem ein Platz zum Austoben von Einrichtungs- und Deko-Ideen, ist plötzlich der zentrale Lebensort geworden. Arbeiten, Lernen, Freizeit, soziales Leben – alles findet plötzlich nur noch hier statt. Diese Ausgabe der Stadtteilzeitung rückt deshalb das Wohnen in den Fokus. Alle träumen vom Häuschen im Grünen. Wirklich alle? Eher nein, wenn Sie unseren Artikel auf den Seiten 4 und 5 lesen. Zwei Damen aus der John-Locke-Siedlung erzählen darin über ihr Leben im Hoch- haus. Sie kommen zu dem Schluss, dass sie nirgendwo anders woh- nen möchten. Ihre Siedlung kommt nun in den Genuss zusätzlicher Fördermittel. Mehr dazu in dem Artikel auf dieser Seite. Auch von Ihnen wollten wir wissen, was Corona mit Ihrer Wohnung gemacht hat. Sehen Sie dazu unsere Straßenumfrage auf den Seiten 8 und 9. Endlich mal raus: Das ist wichtig, auch wenn die Reisen gera- de nicht so weit sein können. Die Naherholung wird umso wichtiger. BILDERrätsel Zum Beispiel am Südgelände, wohin Sie unser Bericht auf den Seiten Wo finden Sie dieses Detail in Lichtenrade? 10 und 11 entführt. Aufmerksame Leser senden die Antwort per Mail an uns. Un- Ein interessanter Kurztour in netter Begleitung, das war auch das ter den richtigen Einsendungen (bis 10.05.2021) verlosen Konzept der Kiezspaziergänge mit Bezirksbürgermeisterin Angelika wir 4x25 € Gutscheine vom Teefachgeschäft in der Bahnhof- Schöttler. Um das beliebte Format zu retten, gab es nun den ersten straße 10. digitalen Kiezspaziergang. Ziel: Unsere Alte Mälzerei. Mehr dazu auf Gewinner des 20 €-Gutscheins für den Kleinen Schokoladen Seiten 6 und 7. ist Edith Sahre. Die richtige Lösung war: Der Weihnachts- Außerdem in dieser Ausgabe: Ein Rückblick auf den Frauenmärz und mann steht vor BETTEN-KÖNIG in der Bahnhofstraße 47. ein Besuch beim Zahnmedizinischen Zentrum hier in der Bahnhof- Herzlichen Glückwunsch! straße. Neues Rätsel, neues Glück! Schicken Sie Ihre Lösung an: Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen redaktion@az-lichtenrade.de Die Redaktion übernimmt keine Verantwortung für die frist- und Aktuelle und weiterführende Informationen zum AZ-Gebiet sachgerechte Übergabe der Sachpreise. finden Sie unter: www.az-lichtenrade.de Mehr Piepen für die Platte Seit 2020 gibt es in Berlin ein neues Förder- lung und Wohnen entwickelte Konzept wur- programm für Großsiedlungen. In Lichtenra- de im April 2020 im Hauptausschuss mit ei- de profitiert die John-Locke-Siedlung davon. ner Laufzeit bis 2024 bestätigt. Wir sprachen mit Luzia Weber vom Bezirks Welche Mittel stehen zur Verfügung? amt Tempelhof-Schöneberg, die hier mit der Das Gesamtvolumen beträgt 6 Millionen Koordinierung des Programms beauftragt Euro, es handelt sich um Landesmittel. ist. Was genau ist eine Großsiedlung? Wie kam es zu dem neuen Programm für Eine genaue Definition gibt es nicht, aber wir Berliner Großsiedlungen? haben wahrscheinlich alle ein relativ ähnli- Das Berliner Abgeordnetenhaus hat Ende ches Bild vor Augen, wenn wir von einer 2019 beschlossen, in Berliner Großsiedlun- Groß(wohn)siedlung sprechen. In der Regel gen ein Programm zur Förderung zivilgesell- sind diese Siedlungen nach 1945 erbaut wor- schaftlichen Engagements aufzulegen. Das den, sie weisen mindestens 1.000 Wohnun- von der Senatsverwaltung für Stadtentwick- gen auf, sind dicht und relativ homogen be-
AUSGABE 01 / 2021 Aktuelles 3 baut, oft auch mit Hochhäusern, und sie Wie kann man sich informieren und beteili- schaftshaus mit der Koordinierung beauf- sind als sozialer Wohnungsbau in relativ gen? tragt. Auch der mitten in der Siedlung kurzer Zeit entstanden. Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. liegende John-Locke-Treff der Sophia GmbH Kinder und Jugendliche können beim Ju- ist von großer Bedeutung für die Umset- Wie kommt eine Großsiedlung in den Genuss gendbeteiligungsprojekt ihre Ideen einbrin- zung. der Förderung? gen. Dazu wird es noch gesondert Werbung Das Programm wird in insgesamt 24 Groß- siedlungen umgesetzt. Diese Gebiete wur- den anhand folgender Kriterien ausgewählt: Es gibt räumlich eindeutig abgrenzbare Wohngebiete mit meist über 2.000 Wohnein- heiten. Diese Siedlungen wurden nach 1960 errichtet und haben mehrheitlich wenigs- tens vier Geschosse und einen großen Anteil an zumindest Sechsgeschossern. Und: Der Mitteleinsatz erfolgt lediglich in Gebieten außerhalb der Förderkulisse des Städtebau förderprogramms Sozialer Zusammenhalt (aufgrund ähnlicher Zielsetzungen und Program matik) sowie außerhalb des Screenshot vom Online-Meeting der Gebietskoordination mit Rahel Lührs (l) und Antje Geßner S-Bahn-Ringes (aufgrund meist weniger gut ausgebauter Infrastruktur). geben. Einrichtungen, Initiativen, Vereine, Sind gemeinsame Projekte mit dem LZ-Pro- Welche Ziele werden mit dem Programm Gewerbetreibende etc. können bei der Ko- gramm geplant? verfolgt? operationsrunde mitmachen. Außerdem ha- Es wird einen Informationsaustausch zwi- Es sollen vor allem soziokulturelle Projekte ben Sie die Möglichkeit, über den Verfü- schen den beiden Fördergebieten und auch gefördert werden. Im Einzelnen geht es dar- gungsfonds – die „Nachbarschaftskasse“ dem Quartiersmanagementgebiet in der um, nachbarschaftliches Miteinander, eh- – einen Zuschuss für ihr ehrenamtliches Pro- Nahariyastraße geben, und selbstverständ- renamtliches Engagement, Vernetzung, In- jekt zu erhalten (max. 1.500 Euro) oder in lich kooperieren wir miteinander, wo es tegration und Inklusion zu fördern. Es sollen der Vergabejury über die Förderung mitzu- möglich und notwendig ist. Da sich die Ge- Angebote für Kinder und Jugendliche ge- entscheiden. biete räumlich kaum überschneiden und die schaffen werden und kleinere Maßnahmen Zielsetzungen unterschiedlich sind, werden Wird das Programm von den Stadtbezirken im Wohnumfeld gefördert werden, damit die derzeit noch keine gemeinsamen Projekte direkt umgesetzt? Attraktivität der Siedlungen gesteigert wird. geplant, aber das kann auch noch kommen. Das Programm wird vom Bezirk direkt unter Dafür wurden für die Jahre 2021 und 2022 der Federführung der OE SPK umgesetzt. pro Siedlung jeweils ca. 50.000 Euro insge- Man kann das Programm nicht mit dem Pro- samt beantragt. gramm „Lebendige Zentren“ oder „Quar- Welche Bereiche profitieren in Tempel- tiersmanagement“ vergleichen. Es ist deut- hof-Schöneberg von dem Programm? lich geringer ausgestattet. Ein Beauftragter In Tempelhof-Schöneberg sind zwei Groß- wäre aus den Mitteln nicht zu bezahlen und siedlungen in das Programm aufgenommen ist auch nicht notwendig. Hier wird ein ande- worden: der Tirschenreuther Ring und die rer Weg gegangen, zum einen, weil die Prob- John-Locke-Siedlung. lemlagen weniger gravierend sind und zum anderen, weil keine großen Baumaßnahmen Welche Maßnahmen sind in der John-Lo- geplant sind. cke-Siedlung geplant bzw. förderfähig? Informationen zu Nachbarschafts- In den kommenden Jahren sind in der Werden vorhandene Einrichtungen, wie z. B. kasse und Kooperationsrunde: John-Locke-Siedlung Projekte geplant und Stadtteilzentren, einbezogen? schon in der Umsetzung, die speziell auf die Beim Aufbau von Gremien, der Verwaltung Nachbarschafts- und Begegnungs- Beteiligung von Jugendlichen zielen. Außer- eines Verfügungsfonds und der Koordinati- zentrum im Gemeinschaftshaus dem wird es ein Lese- und Schreibcafé ge- on von Akteuren gibt es die Möglichkeit, Un- ben, in dem gemeinsam mit Ehrenamtlichen terstützung durch eine koordinierende Stelle E-Mail: koordination.jls@nusz.de das Informationsblatt „John-Locke-Letter“ zu erhalten. Dabei spielen bereits vorhande- Telefon: 030 701 764 13 entsteht. Des Weiteren ist der Aufbau einer ne Strukturen wie Nachbarschaftstreffs Sprechzeiten: Koordinierungsrunde geplant und das Aus- oder Stadtteilzentren eine wichtige Rolle. In Montag 15:00 bis 17:00 Uhr reichen einer Nachbarschaftskasse, mit der der John-Locke-Siedlung ist das Nachbar- Mittwoch 10:00 bis 12:00 Uhr kleinere Projekte unterstützt werden. schafts- und Familienzentrum im Gemein- Interview und Foto links: Johannes Hayner, Foto rechts: Screenshot vom Online-Meeting
4 Wohnen in der John-Locke-Siedlung AUSGABE 01 / 2021 Ganz nah am Himmel Wohnen in der John-Locke-Siedlung Lichtenrade – das ist für viele Berliner fast ein Synonym für ein Haus im Grünen. Der Anteil derer, die in einem Eigenheim leben, dürfte hier höher sein als in den meisten anderen Berliner Stadtgebieten. Aber es gibt auch anderes Wohnen in Lichtenrade. Die John-Locke-Siedlung, ab Anfang der 1960er Jahre errichtet, ist ein Ensemble aus vielge- schossigen Neubauten, die gemeinsam den Status einer Großsied- lung haben. Wie sehen die Menschen ihr Leben in der Siedlung? Wir trafen uns mit zwei Frauen, die hier wohnen seit es ihr Haus gibt - Erstbezug vor 53 Jahren. „Bling“ macht es, als der Aufzug in der zehnten Etage stoppt und die Tür sich öffnet. Schwanzwedelnd springt mir ein kleiner Hund entge- gen. Auffordernd lässt er ein Bällchen zu meinen Füßen fallen und bellt fröhlich. „Den müssen Sie jetzt schmeißen, das gehört zur Be- grüßung dazu“, meint das Frauchen. Also gut. Der Gang ist lang und ich pfeffere den Ball nach hinten. Das Hündchen sprintet wie der Blitz Marika Pohlen (l.) und Monika Kleber auf dem Balkon hin und kommt genauso schnell zurück, Ball im Maul, die Zehen kla- ckern auf dem Linoleum. „Das braucht er, sonst gibt’s keine Ruhe“, lächelt Frau Kleber durch ihre Maske. Ehe wir in ihre Wohnung gehen, holen wir schräg über den Gang Frau Pohlen ab, die am Gespräch teilnehmen wird. Wir setzen uns auf Abstand in der Kleberschen Woh- nung, Masken vorm Gesicht. Der Hund rollt sich zu unseren Füßen zusammen und schmatzt bisweilen zufrieden schlummernd. Die beiden Damen sind 1968 hier eingezogen, Marika Pohlen im Feb- ruar, im Juli kam Monika Kleber nach. Seitdem wohnen sie auf dem- selben Korridor. Können sie sich nach mehr als 50 Jahren noch an das gegenseitige Kennenlernen erinnern? Die beiden Damen schauen sich belustigt an, dann kommt es wie aus einem Munde: “Nee!” Am An- fang habe man mit sich selbst zu tun. Und ehe man Augen für die Nachbarn hat, vergeht einige Zeit. Außerdem gab es hier nicht nur Ein guter Ort für ein kleines Schwätzchen einen neuen Nachbarn, sondern hunderte.
AUSGABE 01 / 2021 Wohnen in der John-Locke-Siedlung 5 „Ich hoffe, Sie mögen ein bisschen Geschmack“, sagt Monika Kleber, als sie einen Kaffee einschenkt. Er ist stark und aromatisch. Jeden Tag ein oder zwei Tässchen gönnt sich die 79-jährige, kräftig muss er sein. Durch die Spaziergänge mit dem Hund, ein paar Treppen zu Fuß und ein bisschen Radfahren hält sie sich fit. Wohnungen wie die in der John-Locke-Siedlung brachten Entlastung für die oft noch unter den Kriegszerstörungen leidenden Bewohner der Innenstadt. Davon kann auch Monika Kleber ein Lied singen. Ursprünglich aus dem Prenzlauer Berg stammend, arbeitete sie als Grenzgängerin in Westberlin. Im Juli 1961 brachte sie ihren Sohn in einem Weddinger Krankenhaus zur Welt. Beim ersten Besuch des Vaters am Mutterbett eröffnete dieser ihr: „Wir gehen nicht zurück!“ Nur wenige Wochen später stand die Mauer. Provisorisch konnte die junge Familie bei der Schwester des Vaters unterkommen, die mit ihrer Familie in einer 1,5-Zimmer-Woh- nung in der Sonnenallee wohnte. Die junge Familie bekam das halbe Zimmer, anstatt eines Badezimmers gab es den Boiler in der Küche. 1968 war hier ringsum noch freies Feld Auch die Teilwohnung in der Neuköllner Wissmannstraße, die sie et- was später zugewiesen bekam, war mit 34 Quadratmetern, Außento- sie die letzten Erstbezügler – und auch nach 53 Jahren noch „per Sie“. ilette und Hinterhofblick wenig komfortabel – aber die Familie war „Muss wohl so sein“, lächelt Monika Kleber. Inzwischen leben beide glücklich. Damen alleine in ihren Wohnungen. Frau Kleber ist lange geschieden, Frau Pohlens Mann vor 10 Jahren gestorben. Der Ruhestand ermög- Beengtes Wohnen kennt auch Marika Pohlen. Sie folgte ihrem Mann, lichte das Entstehen einer Gemeinschaft vor allem mit Frauen ihrer den sie in ihrer Heimatstadt Wuppertal kennengelernt hatte, nach Generation. Man nutzt die freie Zeit gemeinsam für Ausflüge, Kino, Berlin. Ihr erstes Zuhause war ein möbliertes Zimmer bei einer älte- Konzert, Theater oder Schwimmen. Monika Kleber und Marika Pohlen ren Dame in Schöneberg. Eigene Küche oder separates Bad: Fehlan- sind sich sicher, dass sie als jüngere Frauen nicht so auf andere Men- zeige. Zuzügler aus Westdeutschland wurden in den 1960ern mit si- schen zugegangen seien wie heute. Doch die gemeinsamen Erlebnis- cheren Arbeitsplätzen und Wohnungsangeboten geködert. So bekam se wie beim Turnen im Locke-Treff machen das Leben bunter. Umso das Ehepaar Pohlen 1968 eine Wohnung in Lichtenrade und Ehefrau mehr fehlen sie ihnen jetzt in der Pandemie. Dass das ehemalige Marika einen Job in einer neu errichteten Fabrik in der Motzener Stra- Waschhaus dem John-Locke-Treff weichen musste, bedauern wohl ße. Frau Pohlen erinnert sich noch an die erste Begegnung mit dem ohnehin nur alte Frauen wie sie, gestehen sie lachend ein. „Wir haben neuen Zuhause: „Wir sahen das Haus schon von weitem. Mein erster noch die schönen Tischdecken, die gemangelt werden müssen“, er- Gedanke war: Hoffentlich ist es nicht dort.“ zählt Monika Kleber, „die Jungen brauchen das nicht mehr.“ Freilich, 1968 sah die Gegend noch anders aus. Die Häuserblocks wur- Die Nachbarschaft im Hochhaus scheint zu funktionieren. Die Damen den auf freiem Feld errichtet, dort, wo heute ein Sportplatz ist, war tauschen sich über die freundliche Familie, die aus Moldawien eine Baumschule. Kein Wunder, dass auch Frau Kleber zunächst ihre stammt, den muffligen Mann mit dem Fahrrad, der selten grüßt oder Zweifel hatte. „Hierher ziehen? Das ist doch das Ende der Welt“, dach- den alten Herrn, dem Frau Kleber immer die Zeitung mitbringt, aus. te sie. Damals versperrte die Mauer anscheinend für immer den Weg Unten am Briefkasten ist ein guter Platz für ein Schwätzchen, jeden- ins Umland. Andererseits: Eine Wohnung in der John-Locke-Siedlung falls trifft man sich dort. Und selbst dem Nachbarn aus der 11. Etage, bedeutete einen Wohnkomfort, von dem die neuen Mieterinnen und der nächtens volle Pulle „So ist das Leben“ hört und mitgrölt, wird ein Mieter bislang nur träumen konnten. Helle, luftige Räume, Balkone, eigentlich freundliches Wesen attestiert. Wenn es gar zu laut wird, ein Badezimmer mit warmem Wasser aus der Wand: Was sich heute geht Frau Kleber halt um 4.30 Uhr hoch und klopft. Die Polizei würde selbstverständlich anhört, war damals „Luxus pur“, wie Monika Kle- sie deswegen nicht bemühen. ber betont. Die Freude über die 64 Quadratmeter neues Glück ging über die kleine Familie hinaus: Sonntags kam die Schwester zu Be- Der Kaffee ist ausgetrunken, die Geschichten sind erzählt. „So, wol- such, und dann verschwand der Schwager für eine Weile in der Bade- lense nochmal auf den Balkon?“ fragt Frau Kleber. Klar, der Tag ist wanne. Was den beiden Damen am besten hier gefalle? Der weite sonnig und nicht zu kalt. Masken ab, frei atmen. Weiter hinten am Blick bis zum Horizont und die gute Luft hier draußen. „Ich möchte Horizont klettern die Hochhäuser der Gropiusstadt in den Himmel. nie und nimmer in der Innenstadt wohnen“, sagt Monika Kleber. „War alles noch nicht da, als wir hier eingezogen sind“, erzählen die beiden Damen. „Ringsum freies Feld, dort vorn die Mauer.“ Wie bli- Das Zusammenleben im Haus, so schildern es die beiden, war prag- cken sie heute auf ihr Zuhause, in dem beide weit mehr als die Hälfte matisch. Man grüßte sich, die Kinder spielten zusammen – eine enge ihres Lebens gewohnt haben? „Na, wir können nicht meckern“, spricht Gemeinschaft entstand nicht. „Wie auch – wir hatten ja alle mit Fami- Monika Kleber das höchste Lob aus, dessen ein Ur-Berliner fähig ist. lie, Beruf und dem Alltag zu tun“, erklärt Marika Pohlen. Von den „Al- „Wir wollen hier nicht mehr weg. Man kennt sich, man hilft sich und ten“ sind nicht mehr so viele da, berichten die Nachbarinnen. Viele man hat seine Ruhe. Perfekt.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. seien inzwischen gestorben, einige weggezogen. Auf ihrer Etage sind Text und Fotos: Johannes Hayner
6 Kiezspaziergang AUSGABE 01 / 2021 Im digitalen Gleitflug durch die Alte Mälzerei Das Video vom Kiezspaziergang ist hier abrufbar: https://www.youtube.com/ watch?v=74PfonwUvVw Oder Sie gehen direkt auf die YouTube Kiezspaziergang mit Angelika Schöttler im neuen Format -Seite des Bezirksamtes Tempelhof- Schöneberg. Die Kiezspaziergänge mit der Bezirksbürger- „Der Umbau war nicht ganz meisterin Angelika Schöttler sind seit Jahren preiswert, aber das Ergebnis ein beliebtes Format lokaler, bürgernaher ist wunderschön.“ Politik. Aber wegen der Corona-Pandemie Angelika Schöttler, können sie momentan nicht wie gewohnt Bezirksbürgermeisterin stattfinden. Die erste Veranstaltung 2021 wurde allerdings nicht abgesagt, sondern in Heutzutage seien Bibliotheken viel mehr als ein neues Format überführt: den digitalen nur Bücherausleihstuben, so der Bezirks- Kiezspaziergang! Wir waren am Bildschirm stadtrat. Ein besonderes Highlight der Biblio- dabei, als Frau Schöttler im Januar die Alte thek ist eine breite Treppe, die als Veran Mälzerei besuchte. Thema im Kindermuseum: Ernährung und Nachhaltigkeit staltungspodest und -bühne auf ganz unter schiedliche Art bespielt werden soll. nen umfassenden Bericht finden Sie in Aus- Sie wissen es längst: Die denkmalgeschützte Neben Lesungen sind Konzerte der Musik- gabe 05/2020). Auf einem Erlebnisparcours Alte Mälzerei wird sich nach vielen Jahrzehn- schule und Veranstaltungen der Volkshoch- können Kinder erkunden, woher Lebensmit- ten (Fast-)Leerstand in ein Kultur- und Bil schule geplant. Insgesamt wird in der Alten tel kommen, wie sie zubereitet werden und dungszentrum verwandeln. Der digitale Kiez Mälzerei eine interne Vernetzung der ver- welchen Einfluss sie auf den eigenen Körper spaziergang verschafft nun einen guten schiedenen Einrichtungen großgeschrieben. und die Umwelt haben. Das Programm des Überblick über das, was uns nach der Eröff- Ein integriertes Café in der Bibliothek sorgt interaktiven Museums richtet sich an Kita- nung, voraussichtlich im 2. Quartal 2021, zukünftig dafür, dass nicht nur der Wis- gruppen und Schulklassen ebenso wie an erwartet. Frau Schöttler führt uns durch die sensdurst gestillt wird. Familien. Auch Workshops sind geplant – Räumlichkeiten des einstigen Industriege- wenn sie denn wieder erlaubt sind. Frau bäudes und trifft dabei die Bezirksstadträte Scholz ist bereit und wartet gespannt dar- Jörn Oltmann und Matthias Steuckardt, den auf, dass sie endlich ihre Türen öffnen darf. Eigentümer der Alten Mälzerei, Thomas Bestgen, Alexander Munterjan, Dozent der „Wir hoffen, dass Corona verkocht Musikschule Leo Kestenberg und Christina und dann können wir auch Kinder Scholz, Leiterin des „Kindermuseum unterm Dach“. zu uns einladen.“ Christina Scholz, Es ist Samstag, der 16. Januar, ein grauer Leiterin des „Kindermuseum unterm Dach“ Tag. Mit dem Fahrstuhl rauscht die Bezirks- Anschließend begleiten wir Frau Schöttler bürgermeisterin in die sechste Etage des im- durch das Treppenhaus hinunter in den ers- Angelika Schöttler unterwegs mit Matthias Steuckardt, posanten Gebäudes. Hier befindet sich das Bezirksstadtrat für Bildung, Kultur und Soziales ten Stock: die Stadtteilbibliothek Lichtenra- „Kindermuseum unterm Dach“, hier beginnt de. Im Vergleich zum alten Standort in der der Rundgang. Museumsleiterin Christina Anschließend erzählt uns Herr Steuckardt, Briesingstraße wird sie nun über doppelt so Scholz begrüßt Frau Schöttler und uns, die was die Volkshochschule hier zu bieten hat. viel Fläche und auch über doppelt so viele Zuschauer, und gibt erste Einblicke in das in- Ein breit gefächertes Angebot mit rund 100 Medien verfügen, berichtet Matthias Steuck- teraktive Museum. Kinder werden in Zukunft verschiedenen Kursen ist geplant. Neben den ardt, Bezirksstadtrat für Bildung, Kultur und auf spielerische Weise an das Thema Ernäh- eher klassischen Kursen werden auch Foto- Soziales. Der Name Edith-Stein-Bibliothek rung und Nachhaltigkeit herangeführt. Frau grafie- und Kochkurse angeboten, zum Bei- wird auch in Zukunft weitergeführt, versi- Scholz leitet uns durch die aktuelle Ausstel- spiel Streetfood aus Tel Aviv. Vor Ort lässt chert Herr Steuckardt den Lichtenraderinnen lung „Iss dich schlau! Von Apfel bis Zimt“ (ei- sich sogar direkt der Kochlöffel schwingen, und Lichtenradern.
AUSGABE 01 / 2021 Kiezspaziergang 7 projekte im Rahmen des Förderprogramms. An der Seite des Investors Thomas Bestgen tat sich die Chance auf, den Standort ge- meinsam zu entwickeln. Es handele sich bei dem Bauvorhaben um ein Kooperationspro- jekt zwischen Land, Bezirk und Bürgerschaft. Letztere sei vielseitig engagiert und habe großes Interesse daran gehabt, dass sich rund um die Alte Mälzerei etwas tut, so Olt- mann. Finanziert wird die Herrichtung der durch den Bezirk genutzten Räume unter Angelika Schöttler beim Kiezsparziergang im Gespräch anderem aus Fördermitteln, rund 5 Mio. mit Jörn Oltmann, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bauen Euro wurden dafür insgesamt eingesetzt. Das Bauwerk aus dem Jahr 1898 steht unter denn die Volkshochschule verfügt über eine Denkmalschutz, entsprechend mussten eigene Lehrküche; berlinweit ist sie damit die beim Umbau zahlreiche Auflagen eingehal- einzige. ten werden. Der Charakter des einstigen In- Wieder eine Treppe nach oben, zur Musik- dustriegebäudes konnte dadurch bewahrt schule im zweiten Stock. Hier erwartet Frau werden. Gleichzeitig hat der Umbau dem Ge- Schöttler ein Klavierkonzert des Dozenten bäude auch eine hohe Funktionalität gege- Alexander Munterjan. Auch wer sich musika- ben. lisch weiterbilden möchte, ist in der Alten „Die Alte Mälzerei hat eine ben dem Kulturzentrum hat Bestgen das Mälzerei an der richtigen Adresse. Herr Mun- terjan ist sehr zufrieden mit dem neuen unglaubliche Identität für die Lich Landhaus Lichtenrade, einen Supermarkt und ein Wohnhaus mit sieben Etagen, die so- Standort. Besonders freut ihn, dass die musi- tenraderinnen und Lichtenrader.“ genannte Wohnscheibe, erworben. kalische Früherziehung für die Kleinen wie- Thomas Bestgen, der stattfinden kann. Aus Mangel an Räu- Eigentümer der Alten Mälzerei Zusätzlich zum Bau von Wohnungen sind men konnte diese in Lichtenrade lange Zeit Auf dem Weg zur letzten Station des Rund- auch Bereiche, die eine „nachbarschaftliche nicht angeboten werden. Doch die Musik- gangs kommen wir vorbei an Maschinen und Wirkung“ haben, vorgesehen, wie zum Bei- schule bietet nicht nur Kurse für die Kleinen Gerätschaften, die an die ursprüngliche Nut- spiel ein Marktplatz. Im Landhaus Lichtenra- an, sondern für alle Altersklassen. Eine At- zung des Gebäudes - die Herstellung von de, ehemals „Haus Buhr“, fanden einst zahl- traktion der Musikschule ist das Cimbalom, Malz – erinnern. Wir landen in einem moder- reiche Feste und Veranstaltungen statt. ein Vorgänger des heutigen Klaviers. Da es nen Raum, dessen hölzerne Balken von der Nach rund 30 Jahren wurde das Fachwerk- nicht mit den Tasten geschlagen wird, son- langen Geschichte des Gebäudes zeugen. haus nun saniert und soll als Gastronomie- dern mit Klöppeln, wurde es früher auch Frau Schöttler lässt den Eigentümer der Al- betrieb wieder aktiviert werden. Und: Es wird Hackbrett genannt. Munterjan berichtet eine kleine Brauerei entste- stolz, dass es das historische Musikinstru- hen! Das Lichtenrader Bier ment in dieser Art nur zweimal in Berlin gibt: soll im Landhaus Lichtenrade Eines davon lässt sich im Musikinstrumen- ausgeschenkt werden. Bis ten-Museum bestaunen. Das andere befin- sich das gesamte Quartier det sich nun, dank des Fördervereins, in der entwickelt hat, wird es sicher Musikschule, und kann hier sogar erlernt noch etwas dauern, aber wir werden. können uns schon darauf „Es war von vornherein klar: freuen, in Zukunft ein frisch Das ist ein Kooperationsprojekt!“ gezapftes Lichtenrader im Landhaus zu genießen. Jörn Oltmann, Bezirksstadtrat Die Schilderungen lassen das Thomas Bestgen erläutert die geplante Entwicklung des Geländes Jetzt führt der Rundgang durch moderne Bü- große Potenzial des Geländes roräume. Frau Schöttler spricht mit dem Be- erahnen und machen neugie- ten Mälzerei und Geschäftsführer der UTB zirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bau- rig darauf, wie dieser Ort durch die vielfälti- Projektmanagement GmbH, Thomas Best- en, Jörn Oltmann. Sie gehen der Frage nach, gen Nutzungsformen in Zukunft belebt wird. gen, zu Wort kommen. Ohne ihn wäre das wie der Umbau überhaupt möglich wurde. Nicht unwahrscheinlich also, dass einer der Projekt schließlich nicht möglich gewesen. Oltmann erzählt, dass die Alte Mälzerei im kommenden Kiezspaziergänge uns erneut in Herr Bestgen erläutert die geplante Entwick- Programm „Lebendige Zentren“ eine Schlüs- dieses Quartier führt. Dann hoffentlich nicht lung des Geländes um die Alte Mälzerei: Hier selposition einnimmt. Der Umbau des Indus- (ausschließlich) digital. soll ein ganzes Stadtquartier entstehen. Ne- triegebäudes ist eines der drei großen Bau- Text: Juliane Schnitzer, Fotos: Screenshots aus https://www.youtube.com/watch?v=74PfonwUvVw
8 Straßenumfrage AUSGABE 01 / 2021 eues Wohnen NFür sehr viel e M das en w sc ar he ei n weltweit beko nm al mmt die Woh . Inzwischen wird hi er ern nung au w ch is ge ge se ra n, de w ei as ne ganz neue arbeitet, gele sich in ihren Bedeutung. rnt, konferie Wohnu en ng rt Nur Wohnen, n Lichtenrad ie rt . W ir w ollten von de und examin rändert hat. mit Corona ve PHILIPP, 25: In unserer WG sind wir alle gerne zusammen in die Kneipen gegangen und haben uns dort mit Freunden getroffen. Seit dem Lockdown kom- men die Leute in unsere Küche und jeder bringt sein Bier mit. Wir kommen aber selbst nicht mehr hinterher mit der Pfandrückgabe und so stapeln sich hier die Flaschen. THEO, 9: Wir haben zuhause nur einen Lap- top. Oft muss ich mich mit meiner Schwester streiten, wer ihn zuerst haben darf. Das nervt! PETER, 41: JASMIN, 27: Als wir erfahren haben, dass wir Ich wollte schon lange nach Berlin, um nicht verreisen können, haben wir eine spezielle Ausbildung zu absolvieren. beschlossen, einen Pool im Garten Während der Pandemie war es schier un- anzulegen. Wir wollten das schon möglich, ein Zimmer zu finden. Ich bin lange machen, und letztes Jahr deshalb super happy, nach sieben Mona- war der beste Zeitpunkt. ten endlich ein neues Zuhause gefunden zu haben. DIRK, 61: OLIVER, 36: Wir sind zu viert in einer recht ge- Als die Schulen geschlossen wur- räumigen Wohnung. Dennoch MURAT, 31: den, waren unsere Kinder schnell kommt es manchmal zu Reiberei- gelangweilt von der Tristesse zu Die Fitnessstudios waren so en und man hat das Gefühl, die Hause. Um die Stimmung zu he- lange zu, dass ich mir selber Decke fällt einem auf den Kopf. Ich ben, habe ich kurzentschlossen erst Hanteln, später sogar zieh‘ mich dann in den Schreber- eine Schaukel in unseren Flur eine ganze Hantelbank ge- garten zurück. Dort gibt es immer montiert. Seitdem wird sie freu- kauft habe. Nachdem die Stu- etwas zu tun und danach kann ich dig genutzt – manchmal sogar dios nun wieder geschlossen in Ruhe entspannen. von uns Erwachsenen. haben, gibt es bei mir nun auch ein Trimm-Dich-Rad und eine Klimmzugstange. Lang- sam verwandelt sich meine Wohnung in ein Fitnessstudio.
AUSGABE 01 / 2021 Straßenumfrage 9 MARCEL, 27: Im ersten Lockdown war ich meistens mit meinem Mitbe- wohner allein zu Hause. Wir haben uns täglich dem Ko- chen gewidmet und hatten irgendwann auch Mut zur selbstgebackenen Pizza. Es ist so einfach und schmeckt großartig. Tiefkühlpizzen? Nicht mehr bei mir! ELISABETH, 52 UND MARIE, 51: Wir waren anfangs viel zu Hause. Aus Neugier bin ich mal im Treppenhaus ganz nach oben gelaufen und habe bemerkt, dass man auf unser Flachdach kommt. Jetzt genießen wir dort oben gerne einen Aperitif auf unseren Liegestühlen. MIKE, 34: Ich liebe das Reisen und die Pandemie geht mir ziemlich auf die Nerven. Das hat sogar soweit geführt, dass ich die Campingausrüstung auf meinem kleinen Balkon aufgebaut habe, um mal wieder unter „freiem“ Himmel zu schlafen. AISHE, 38: Meine Mutter ist schon etwas älter und kommt mit den Einkäufen schlecht die Treppen hoch. Frü- her habe ich ihr damit geholfen, aber als ich dann nach Friedrichshain gezogen bin, ging das nicht mehr. Durch das Homeoffice war es dann egal, wo ich arbeite, und so bin ich wieder zurückgezogen. VALERIE, 26: Als ich ins Homeoffice kam, war ich zunächst immer schlecht gelaunt. Mir ist auch aufgefallen, wie trist es in meiner Wohnung ist. Also habe ich mir in kurzer Zeit viele Pflanzen zugelegt und arbeite jetzt mit Freude in meinem grünen Paradies. CAROLA, 45: Seitdem die Kinder ausgezogen sind, ist es zu Hause SILKE, 69: sehr ruhig geworden. Wir haben die Zimmer eigent- Der erste Lockdown in meiner 1-Zimmer-Wohnung lich so gelassen, falls sie mal wieder bei uns über- war sehr einsam. Eine Freundin hat mir dann erzählt, nachten. Jetzt im Lockdown haben wir allerdings eins dass ihre Nachbarin Katzen abgibt. Da hab‘ ich mir der Zimmer zum Arbeitszimmer umgebaut, damit wir einen Ruck gegeben. Mit meiner Mona ist der Lock- ungestört voneinander arbeiten können. down viel besser zu ertragen. JUTTA, 36 UND DAVID, 34: Seitdem wir so viel online bestellen, kommen ständig große Pappberge zustande. Unsere Kinder sind immer ganz heiß drauf und bauen sich aus den Kartons ihre eigenen Butzen und Roboterkostüme. Illustrationen: Malou Laqua
10 Schöneberger Südgelände AUSGABE 01 / 2021 Rostige Schienen, neue Kunst und wilde Natur Spaziergang über das Schöneberger Südgelände Wie eine Schneise frisst sich die Trasse der erstreckt; andererseits finden sich punktuell überall verstreut Schienen, Schienen und Dresdner Bahn durchs südliche Berlin und an vereinzelten Stellen Objekte und Ausstel- nochmals Schienen. verbindet dabei Lichtenrade mit unserem lungstafeln mit thematischem Bezug zu Na- Die vielen Spuren der Bahntechnik zwischen heutigen Ausflugsziel, dem Südgelände. tur, Technik und Kultur. So kommt an die- Papestraße und Priesterweg lassen bei einer sem Ort eine interessante Mischung von Der täglich von 9:00 Uhr bis zum Einbruch Dimension von 14 Hektar Fläche erahnen, historischer Erinnerung, Kunstbetrachtung der Dunkelheit geöffnete Natur-Park Süd- dass an diesem Ort zwischen 1889 bis 1952 und Naturbeobachtung auf. gelände ist von Lichtenrade aus mit der die riesigen Anlagen des Rangierbahnhofs S-Bahn in 15 Minuten zu erreichen. Keine Der Haupteingang liegt direkt am S-Bahnhof der Gütergleise der Anhalter und Dresdner halbe Stunde braucht der Bus M76 ab Priesterweg, aber auch vom Bahnhof Süd- Grimmstraße oder Lichtenrader Damm/ kreuz lässt sich nach einer Strecke von eini- Barnetstraße. Mit dem Fahrrad lassen sich gen hundert Metern ein zweiter Eingang er- die 8,7 km ebenfalls in gut einer halben reichen. Übersichtliche Schautafeln an den Stunde bewältigen. Eingängen und Schilder auf der Strecke ge- ben Orientierung über Wege und Objekte. An Wer beschauliche und anregende Spazier- einem Kassenautomaten wird ein Eintritts- gänge liebt, sollte sich einmal auf dem Schö- geld von einem Euro (ab 14 Jahren) bezahlt. neberger Südgelände umsehen. Den typi- Beim Besuch Ende Oktober 2020 war wegen schen Freizeitpark mit Liegewiesen, Grill- und der Corona-Krise nicht viel los auf dem Ge- Spielplätzen findet man hier allerdings nicht, lände. Vom Eingang geht es direkt auf eine dafür führt ein verzweigtes Wegenetz durch markante gelbe Wand zu, hinter der sich der ein faszinierendes Landschaftbild mit rosti- 50 Meter hohe Wasserturm zeigt, der als gen Schienen, neuer Kunst und wilder Natur. Wahrzeichen des Südgeländes schon von Dabei weisen die Schilder „Naturschutzge- weitem sichtbar ist. Um den Turm herum Ein Zitat des Stadtplaners Karl Ganser steht für das Kunst-Natur-Programm des Südgeländes: Eine eigene Attraktion ist der Kunstgarten „Die Kunst ist der nächste Nachbar der Wildnis“ „Giordano Segreto“ der Bildhauergruppe ODIOUS (in Anspielung auf die „geheimen biet“ oder „Landschaftsschutzgebiet“ dar- finden sich noch technische Relikte früherer Gärten“ der Renaissance), der auf einem auf hin, dass die Pflanzen- und Tierwelt den Zeiten, wie die Lokhalle, die Dampflokomoti- ehemaligen Lagerplatz allerlei stählerne Vorrang vor der Nutzung durch den Men- ve Baujahr 1940, die Brückenmeisterei und Kunstwerke präsentiert: schen hat. Einerseits wirkt das Gelände weit- dann weiter weg auf dem Gelände die Be- Kuben, Skulpturen, Rasenbeete sind mit Stahlkanten eingefasst, Bänke haben Stein- räumig, wobei es sich lang und schmal zwi- schleunigungsröhre, die Drehscheibe, Was- kissen oder ein „Sandkasten“ ist mit großen schen den Gleisen der Fern- und S-Bahn serkräne, Lichtmasten und vor allem und rostigen Schrauben gefüllt.
AUSGABE 01 / 2021 Schöneberger Südgelände 11 Neue Nutzungen für frühere Industriebauten und Technik: Die große Lokhalle bietet Platz für Veranstaltungen, die alte Brückenmeisterei ist am Wochenende ein Café und die ausgemusterte Dampflokomotive begeistert Kinder und Erwachsene. Schnurgerade Spazierwege verlaufen parallel zu Schienen, die von Gras und Wurzeln überwuchert sind. Das Südgelände ist auch ein Lernort für biolo- Bahn sowie das Bahnbetriebswerk Tempel- hat am Wochenende geöffnet und auch der gische Themen aus der Tier- und Pflanzenwelt. hof als eine der größten Verschiebebahnhöfe Servicebereich einer Toilettenanlage ist dort An vielen Stellen gibt es Ausstellungstafeln, die Deutschlands aktiv waren. So wurden hier zu finden. anhand von Bildern und Texten Informationen 1931 täglich an die 69 Lokomotiven bewegt und Erläuterungen bieten, aber auch z. B. an Den Hauptteil des Parks durchzieht ein ver- Baumstämmen anschaulich machen, wie eine und 360 Reichsbahner beschäftigt. Dann zweigtes Schienennetz, das überall mehr Baumart bestimmt werden kann. Hingewiesen folgte die typische Nachkriegsgeschichte der oder weniger sichtbar an der Oberfläche wird auf seltene Tierarten, die sich auf dem geteilten Stadt. In West-Berlin war das Bahn- Gelände befinden. Dabei ist die Besonderheit liegt und nun immer stärker von der Natur gelände in Hand der Reichsbahn, die zur DDR bemerkenswert, dass sich sogar durch den verhüllt wird. Das ist ein besonderer Ein- gehörte und nach der Stilllegung der Bahn- Fernverkehr der früheren Güterbahnen durch druck, der viele schöne Bilder von Symbiosen anlagen passierte jahrzehntelang nichts. Reisen in entfernte Länder ein Import von Tie- der Technik mit der Natur ergibt. An einigen ren und Pflanzen ergeben hat. Aber die Natur lebte weiter und entfaltete Stellen gibt es noch kleine Brücken und Aus- sich mit seltenen und vom Aussterben be- sichtspunkte, alles Objekte im Design von dem Südgelände auf einer 1,5 km langen drohten Pflanzen und Tieren, wie Trockenra- rostfarbenem Stahl gestaltet in Erinnerung schnurgeraden Trasse frei ohne Autoverkehr sen, dschungelähnliche Waldabschnitte, an die ursprüngliche Funktion dieses Ortes zu bewegen. Dieser Weg ist Teil des Hans- Staudenfluren und Wildbienenarten. Eine großartiger Bahntechnik in Berlin. Baluschek-Parks, der großzügige Einbuch- Bürgerinitiative erreichte schließlich den tungen mit vier thematischen Plätzen hat, Status eines Landschafts- und Naturschutz- Übrigens gibt es für Radfahrer und In- die den Namen „Platz des Spiels, Picknicks, gebietes und endlich kam eine gute Entwick- line-Skater die Möglichkeit, sich dicht neben Sonnens und Sports“ lung in Gang. Unter den günstigen Rahmen- haben. Auf diesen Plät- bedingungen der Weltausstellung Expo zen ist Raum für Treffen 2.000 und Mitteln der Deutschen Bahn und und allerlei Aktivitäten. der Allianz Umweltstiftung wurde das Gelän- Wer mit der S-Bahn zwi- de mit seiner jetzigen Vielfalt als Naherho- schen Südkreuz und lungsgebiet und Veranstaltungsort ausge- Priesterweg fährt und baut. auf die dem Südgelände Der Bereich nahe dem Eingang Priesterweg gegenüberliegende Seite ist ein Zentrum vor allem für kulturelle Akti- sieht, kann diese Anla- vitäten. Der Raum wird von den Künsten der gen gut erkennen. Bildhauerei, Malerei, Fotografie, darstellen- den Kunst und Musik mit Ausstellungen, Ak- Wege mit Objekten, tionen, Theateraufführungen und Konzerten die immer neue Perspektiven bespielt. Hier ist auch der Ausgangspunkt für auf Stahl und Natur eröffnen. Führungen und Mitmachaktionen, das Café Text und Fotos: Ewald Schürmann
12 Lichtenrader Award AUSGABE 01 / 2021 „Der März gehört den Frauen!“ Die Veranstaltungsreihe „Frauenmärz“ thematisiert vor allem die Gleichstellung verständlich scheint, nicht zu jeder Zeit so war. Es ist noch gar nicht lange her, dass sich die weibliche Hälfte unserer Gesellschaft ele- mentare Grundrechte Stück für Stück er- kämpfen musste. Ohne Netzwerkerinnen, Visionärinnen und Macherinnen wäre das nicht möglich gewesen.“ Am 8. März ist Internationaler Frauentag. Das sollte, spätestens seitdem er in Berlin Auch Lichtenrade spielte in den Feiertag ist, niemandem entgangen sein. Im vergangenen Jahren mit der Bezirk Tempelhof-Schöneberg findet seit Eröffnungsshow im Gemeinschaftshaus mehr als 30 Jahren der sogenannte Frauen- eine zentrale Rolle. märz statt: ein ganzer Monat mit Veranstal- tungen, die sich den Frauen und ihren Ange- Ermöglicht wird der Frauenmärz durch den legenheiten widmen. Auch dieses Jahr gibt es Zusammenschluss von Verbänden und Frau- wieder ein abwechslungsreiches Angebot. enorganisationen, unterschiedlichen bezirk- Im Jahr 1986 ist die vierwöchige Veranstal- lichen Einrichtungen sowie Kulturschaffen- tungsreihe auf Initiative von Politikerinnen den im Bezirk. Die Koordination der und engagierten Frauen entstanden. Damals Veranstaltungsreihe liegt beim Fachbereich hatte sie vor allem das Ziel, „das Thema Kunst, Kultur, Museen und der Frauen- und ‚Frauenemanzipation‘ und die Frauen ins Gleichstellungsbeauftragten von Tempel- Rampenlicht zu stellen“, berichtet Ivanka hof-Schöneberg. Über den ganzen Bezirk Jagec, Mitarbeiterin des Bezirksamtes und sind die Veranstaltungsorte verteilt. Auch mitverantwortlich für den Frauenmärz. Ihrer Lichtenrade spielte in den vergangenen Jah- Meinung nach gilt dies noch heute, nur brin- ren mit der offiziellen Eröffnungsshow im ge die moderne, ambitionierte Frauen Gemeinschaftshaus immer eine zentrale generation ein anderes Selbstverständnis Rolle. Infolge der Pandemie fand der diesjäh- mit, formuliere entsprechende Forderungen rige Frauenmärz zum größten Teil online und trage so zur Sichtbarkeit von spannen- statt. „Das ist einerseits schade“, meint Frau Emma Rytoft hat eigens für den Frauenmärz die Litfaßsäule künstlerisch gestaltet den Frauen(-geschichten) bei. Dieser Jagec, „andererseits ist es beeindruckend, Gedanke verbirgt sich auch hinter dem dies- wie viele Fraueninitiativen und -projekte sich Die Veranstaltungsreihe startete am 1. März jährigen Motto „Netzwerkerinnen – Visionä- trotz erschwerter Bedingungen mit ihren mit einer Online-Filmnacht, organisiert von rinnen – Macherinnen“. Das Veranstaltungs- Themen und Ideen einbringen und am Pro- der gemeinnützigen Organisation LIFE e.V. programm präsentiert einerseits interes- gramm in diesem Jahr beteiligen“. Zudem Im Rahmen des Projektes „Not without us! sante Persönlichkeiten und Macherinnen in besteht die Hoffnung, dass einzelne Veran- Klimagerechtigkeit und Geschlechtergerech- Kultur, Politik und Wirtschaft. Andererseits staltungen im öffentlichen Raum stattfinden tigkeit in der internationalen Klimapolitik“ gibt es viel Raum für Fragen rund um die können, wie zum Beispiel die Stadtführung wurden kurze Dokumentarfilme von Klima- Themen Arbeitsmarkt, Work-Life-Balance zu Rosa Luxemburg in Friedenau.“ schutz-Aktivisten aus Indien, Indonesien, oder Gleichstellung. Info- und Beratungsver- Fidschi und Ecuador gedreht, die sich auf lo- anstaltungen, Diskussionen, Talks und „Es ist beeindruckend, wie viele kaler Ebene unterschiedlich mit dem Thema Workshops bis hin zu Stadtführungen, Fil- Fraueninitiativen und -projekte auseinandersetzen. Einer der Filme, der in men, Konzerten und Lesungen finden statt. sich trotz erschwerter Bedingungen der Filmnacht gezeigt wurde, spielt im indi- Der Bezirksstadtrat für Bildung, Kultur und mit ihren Themen und Ideen einbringen schen Bundesstaat Kerale und wurde von Soziales, Matthias Steuckardt ist begeistert und am Programm in diesem Jahr Shardha Shreejaya produziert. Die Filmema- vom diesjährigen Motto des Frauenmärz: cherin bringt eine sehr wichtige und starke „Die Veranstaltungsreihe macht immer wie- beteiligen.“ Botschaft vor: Ohne internationale Solidari- der deutlich, dass das, was heute so selbst-
AUSGABE 01 / 2021 Lichtenrader Award 13 tät gibt es keine Klimagerechtigkeit. Häufig Schultern von anderen, die übrigen strecken sind es vor allem Feministinnen, indigene helfende, unterstützende oder tröstende Aktivistinnen, Women of Color, trans-Men- Hände aus. Emma Rytoft war es wichtig, eine schen, die Klimagerechtigkeitsproteste in fröhliche, bunte Gruppe von Frauen zu zei- ihren Gemeinden anführen. Auch wenn die gen, die stark und entschlossen sind und ge- Filme aus völlig unterschiedlichen Kontexten meinsam in die Zukunft blicken. Die illust- kommen, zeigen sie ähnliche Geschichten rierte Litfaßsäule ist noch einige Monate zu von marginalisierten Menschen und Ge- sehen. meinschaften, die gegen die Klimakrise Im Online-Programm findet man außerdem kämpfen. eine Reihe von Videoporträts. Studentinnen und Absolventinnen der UdK bis hin zu re- Im Rahmen des Frauenmärz wird nommierten Filmemacherinnen wurden an- täglich eine prägnante Statistik in den gefragt und haben insgesamt sieben Frauen sozialen Medien veröffentlicht – rund um den Bezirk porträtiert. Es handelt und damit die Steigerung der Sichtbar- sich dabei um Momentaufnahmen von weni- keit von Frauen im Kunstbetrieb gen Minuten, die ganz unterschiedliche As- anschaulich gemacht. pekte beleuchten. Die Historikerin, Foto grafin und Filmemacherin Marion Schütt hat beispielsweise Defne Şahin porträtiert. Die Facebook-Seite von Fair share: Ein weiterer Programmpunkt des diesjähri- www.facebook.com/Fairshareforwomenartists deutsch-türkische Jazzmusikerin wurde gen Frauenmärz ist die Social Media-Aktion 1984 in Berlin geboren, spielt in einer Jazz- „fair share!“. Seit dem 1. März macht sie auf band, komponiert und unterrichtet in den die existierende Geschlechterungerechtig- erst seit einigen Jahren in Berlin. In ihrem lokalen Musikschulen in Berlin. Es ist ein keit im Kunstbetrieb aufmerksam. Das Akti- Porträt geht sie folgenden Fragen nach: Wie schöner Film, auch für Menschen, die der onsbündnis „fair share!“ wurde Anfang 2020 kann man sich in Deutschland als Künstlerin Jazzmusik sonst eher nicht so zugeneigt von mehreren Künstlerinnenverbänden aus zurechtfinden? Wie kann man ein Netzwerk sind. Berlin und anderen Städten ins Leben geru- aufbauen? fen, um sich für mehr Sichtbarkeit von Die Filmemacherin und Künstlerin Jieun Park Der Frauenmärz 2021 war eine tolle Veran- Künstlerinnen einzusetzen. Auch wenn die beschäftigt sich hingegen in ihren Arbeiten staltungsreihe, die – trotz digitalen Formats Forderung nicht neu ist, so ist sie auch noch mit Menschen, die aufgrund ihrer Migrati- – zahlreiche Gelegenheiten für Austausch, im 21. Jahrhundert erforderlich. Im Rahmen onsgeschichte, Genderzugehörigkeit oder Förderung und Unterstützung sowie viele des Frauenmärz wird täglich eine prägnante sexuellen Orientierung Ausgrenzung erfah- Kunst- und Kulturerlebnisse von, aber nicht Statistik in den sozialen Medien veröffent- ren haben. Sie porträtiert die Schmuckkünst nur für Frauen bietet. licht – und damit die Steigerung der Sicht- lerin Hyoun Jung Sung, die ihr Atelier Coco- barkeit von Frauen im Kunstbetrieb an- sung Studio in Tempelhof hat. Beide wohnen schaulich gemacht. © LIFE e.V. / GenderCC Wer sich für Street Art begeistert, sollte sich die Litfaßsäule vor dem Tempelhof Museum ansehen. Hier wurde die Kunst nach draußen gebracht. Emma Rytoft hat eigens für den Frauenmärz die Litfaßsäule künstlerisch ge- staltet. Die schwedische Zeichnerin und Street-Art-Künstlerin, die seit 2003 in Berlin wohnt, ist bekannt für ihre farbenfrohen Kunstwerke an Wänden, Treppenaufgängen, Häuserfassaden oder Litfaßsäulen. Emma Rytoft, die zum Künstlerinnenkreis „Litfass goes Urban Art“ gehört, erzählt, dass das Werk digital erstellt und anschließend auf Posterpapier gedruckt wurde. Am 5. März konnte man live dabei sein, wie die Zeich- nung an die Litfaßsäule montiert wurde. Die Illustration ist passend zu dem diesjährigen Motto des Frauenmärz und zeigt Frauen al- ler Altersgruppen, die solidarisch zusam- menstehen. Einige Frauen sitzen auf den Online-Filmnacht mit Dokumentarfilmen von Klimaschutz-Aktivisten aus Indien, Indonesien, Fidschi und Ecuador Text: Juliane Schnitzer, Foto Litfaßsäule: Ivanka Jagec
14 Reportage AUSGABE 01 / 2021 Mit Biss für Lichtenrade Zu Besuch beim Zahnmedizinischen Zentrum Berlin ZZB Hat Lichtenrade gute Zähne? Frau Rauschenbach muss lachen, als ich Frank-D. Groenke lebt uns diesen Geist vor: vorneweg gehen, Verant- ihr am Ende unseres Gesprächs diese Frage stelle. Ja, Lichtenrade wortung übernehmen – auch sozial – und stets das Beste anstreben.“ habe gute Zähne, im Großen und Ganzen, ob besser oder schlechter Neben diesen „Soft-Skills“ verfügt Dr. Groenke über eine starke Be- als andere Berliner Stadtteile lässt sich schwer sagen, versucht sie geisterung für technische Innovationen. So gehörte er, damals oft eine Antwort. Die meisten Lichtenrader scheinen an Vorbeugung inte- belächelt, zu den ersten Berliner Zahnärzten mit eigener Website. ressiert zu sein. Zumindest die, die bei den Kolleginnen und Kollegen www.Zahnarzt-Berlin.de – wer diese Adresse aufruft, landet schon von Frau Rauschenbach vorstellig werden – und das sind gar nicht seit 20 Jahren beim ZZB. mal so wenige. Den ZZB-Standort Lichtenrade gibt es noch um einiges länger. 1985 Ortstermin beim ZZB - Zahnmedizinisches Zentrum Berlin. Bahnhof- gründete Dr. Groenke, der aus Lichtenrade stammt, gemeinsam mit straße 9, mittendrin in Lichtenrade. Das moderne Ärztehaus emp- seiner Frau Sabine hier die Ursprungspraxis. Die Adresse in der Bahn- fängt mit einem wegweisenden Schild, das durch die Fachbereiche hofstraße hat sich seitdem nicht geändert, der Betrieb sehr wohl. führt. Implantologie liest man dort und Oralchirurgie, Mikroskopi- Die ersten Jahre dienten dem Aufbau einer stabilen Patientenstruk- sche Endodontie und Prophylaxe, aber auch Meisterlabor. „Wir bieten tur, aber spätestens mit der Erweiterung zur Gemeinschaftspraxis hier fast alles an, was Dentalmedizin kann,“ erläutert Diana Rau- Dr. Groenke und Partner 1993 erhält das Unternehmen mächtig Dri- schenbach, Leiterin der Bereiche Personal und Marketing. „Nur Kie- ve. „Letztlich ist das, was sich in dieser Zeit vollzogen hat, die Ent- ferorthopädie haben wir hier nicht. Aber da haben wir eine hervorra- wicklung von der Einzelbehandlerpraxis zum Multispezialistenzent- gende Partnerpraxis, zu der wir unsere Patienten guten Gewissens rum“, verkündet Diana Rauschenbach nicht ohne Stolz. Denn auch schicken können.“ Umgekehrt nehmen viele aus dem Berliner Süden sie ist auf diesem Weg schon ein gutes Stück dabei. Als Frau Rau- die Dienste der ZZB-Experten für ihre Patienten in Anspruch. schenbach 2001 zur ZZB stieß, hatte der Betrieb 40 Mitarbeiter auf 2 Etagen, im Untergeschoss residierte das Labor. Nicht schlecht für eine ZZB, das beinhaltet seit nunmehr 36 Jahren ein Qualitätsversprechen Zahnarztpraxis, aber im Fall ZZB nur eine Etappe. Heute gibt es 19 für herausragende zahnärztliche Behandlung – und mehr. Wer sich Behandlungszimmer verteilt auf alle Etagen des Ärztehauses, dort über die Wertschätzung neutraler Instanzen informieren möchte, fin- kümmern sich 32 Behandler um die Patienten, 18 davon Zahnärzte. det auf der ZZB-Website Auszeichnungen aus den letzten 20 Jahren Und mit dem „Team ums Team“ wie es im Fußball heißt, hat das ZZB für medizinische Belange, für Patientenzufriedenheit, für die Perfor- 140 Mitarbeiter. Derzeit wird die Abteilung für Mund-Kiefer-Gesichts mance als Arbeitgeber und Ausbilder, aber auch für die Gestaltung chirurgie um 4 OP-Zimmer erweitert. der Website und die stringente Umsetzung der Unternehmensstrate- gie. Hier scheint jemand nichts Halbes zu mögen – oder, Frau Rau- Nun gut, Zahlen. Dem Patienten ist es doch wahrscheinlich egal, ob schenbach?! „Ja, das kann man so sagen. Unser Gründer und Chef Dr. sein Zahnarzt Einzelkämpfer oder Teamplayer ist – solange die Be-
AUSGABE 01 / 2021 Reportage 15 Das Bild kennen viele Lichtenrader: Diana Rauschenbach, Leiterin Marketing und Personal Modernste Technik in der Zahnmedizin hat ihren Preis Zahnärztin Dr. Mehlhorn bei der Arbeit handlung stimmt. Nicht wahr, Frau Rauschenbach? Die lächelt wis- dass sehr viele ehemalige Auszubildende im Betrieb geblieben sind, send: „Kleine Praxen machen natürlich auch eine super Arbeit. Aber heute zum Teil in leitenden Funktionen oder dank eines anschließen- bei uns steht der Zahntechniker, der später den Zahnersatz anfertigt, den Studiums selbst Zahnärzte. Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber, direkt mit am Stuhl. Und wenn mal ein Behandler ausfällt, können wir das ist in Zeiten knapp werdender Fachkräfte ein Vorteil. Und doch, so unseren Patienten fast immer einen Ersatz anbieten, sodass der Ter- sagt Frau Rauschenbach, sucht das ZZB neue Mitarbeiter mit zahn- min nicht verschoben werden muss. Oder denken Sie an die Technik. medizinischem Ausbildungshintergrund, zum Beispiel für den Emp- In der Zahnmedizin ist vieles so teuer, dass sich Innovationen erst ab fang. Für Teilzeit- und Flexzeitmodelle zeigt sich der Arbeitgeber of- einer bestimmten Betriebsgröße rechnen.“ Denn viel Zahntechnik fen, viele praktizieren sie bereits. Besonders junge Mütter können so wird mittlerweile am Computer erledigt. Wer zum Beispiel Kronen ins Berufsleben zurückkehren. hat, erinnert sich mit Sicherheit noch an das unangenehme Gefühl Und die Patienten? Auch die werden immer mehr, wie wir erfahren. der Abdrucknahme. Bald Schnee von gestern, wie man bei Frau Rau- Viele kennen Dr. Groenke und seine Kollegen schon seit Jahrzehnten, schenbach erfährt. Denn der neueste Hit der Zahntechnik ist das in- mittlerweile kommen schon die Enkel der Patienten aus den ersten Jahren. Einzugsgebiet ist praktisch der ganze Süden Berlins mit Für die Qualität der Ausbildung sprechen die Schwerpunkt Lichtenrade. Zufriedene Patientenstimmen auf Video Auszeichnungen als „Beste Ausbilder Deutschlands“. und vieles mehr finden Interessierte auf der gut gepflegten Website des Unternehmens. traorale Scannen, bei dem der Kiefer digital vermessen wird. Mit die- Eine Frage, die man aktuell wohl jedem stellt: Wie geht es Ihnen mit sen Daten fertigen die ZZB-Zahntechniker dann den Zahnersatz an. Corona? Frau Rauschenbach erzählt, dass sich für die Behandler so Allerdings hat diese neue Technik auch ihren Preis. Da die Kranken- viel gar nicht verändert habe: „Als zahnmedizinisches Unternehmen versicherungen Leistungen nur pauschal erstatten, müssen solche müssen wir grundsätzlich andere hygienische Vorschriften befolgen Geräte möglichst oft eingesetzt werden, um sich zu rentieren. Dies als z. B. Internisten oder Orthopäden.“ Weil die Ansteckungsgefahr geht bei ZZB aufgrund des großen Patientenstammes. Das gilt natür- etwa durch Hepatitis oder TBC schon immer hoch war, sind die Be- lich auch für das 3-dimensionale Röntgengerät, das wir in einem Be- handler das Tragen einer Maske gewöhnt. Corona hat alles nur etwas handlungszimmer bewundern dürfen. verschärft. Am meisten bemerken die Patienten die Pandemie im Die Digitalisierung macht in der Welt der Zahnbehandlung nicht Halt, Wartezimmer, wo wie überall strenge Hygieneregeln gelten. Dass ei- auch in Betriebsorganisation und Patientenverwaltung spielt sie nige wenige Patienten darauf ungeduldig reagieren, nennt Diana schon lang eine große Rolle. Bereits seit 1996 gibt es bei ZZB digitale Rauschenbach ihr „Corona-Päckchen“. Patientenakten – einer Zeit, als hinter Deutschlands Patiententresen Zum Abschluss unseres Besuchs gibt es noch eine Kurzvisite im Zahn- überall noch fleißig in Karteikarten geblättert wurde. Und seit fast technischen Meisterlabor auf der anderen Seite der Bahnhofstraße. zwei Jahren machen die Patienten ihre Termine bei ZZB mit Dr. Flex, Wo andere in China produzieren lassen, gibt es beim ZZB „Made in einem Online-Buchungssystem. Lichtenrade“. Auch hier: Solides Handwerk, unterstützt durch moder- Aber nicht nur innovative Technik weist in die Zukunft, auch die An- ne Technik. Es scheint ein durchdachtes Konzept zu sein, auf dem gestelltenstruktur. Denn von den 140 Angestellten sind 21 Auszubil- dieses Lichtenrader Unternehmen aufbaut. Und dass es einen Beitrag dende in den Berufen Zahnmedizinische Fachangestellte (kurz ZFA) zur Lichtenrader Zahngesundheit leistet, davon konnten wir uns heu- und Zahntechniker. Für die Qualität der Ausbildung sprechen die Aus- te überzeugen. zeichnungen als „Beste Ausbilder Deutschlands“ – und die Tatsache, Text und Fotos: Johannes Hayner Foto Diana Rauschenbach: Foto Wichert
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