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www.ssoar.info Oper und Afrika - (post-)koloniale Verstrickungen und interkulturelle Wechselwirkungen am Beispiel von Meyerbeers L'Africaine in Halle / Lübeck Ueckmann, Natascha; Vatter, Christoph Veröffentlichungsversion / Published Version Zeitschriftenartikel / journal article Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Ueckmann, N., & Vatter, C. (2019). Oper und Afrika - (post-)koloniale Verstrickungen und interkulturelle Wechselwirkungen am Beispiel von Meyerbeers L'Africaine in Halle / Lübeck. interculture journal: Online-Zeitschrift für interkulturelle Studien, 18(32), 103-118. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-66873-1 Nutzungsbedingungen: Terms of use: Dieser Text wird unter einer CC BY-NC-ND Lizenz This document is made available under a CC BY-NC-ND Licence (Namensnennung-Nicht-kommerziell-Keine Bearbeitung) zur (Attribution-Non Comercial-NoDerivatives). For more Information Verfügung gestellt. Nähere Auskünfte zu den CC-Lizenzen finden see: Sie hier: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/deed.de
Oper und Afrika – (post-)koloniale Verstrickungen und interkulturelle Wechselwirkungen am Beispiel von Meyerbeers L’Africaine in Halle / Lübeck Opera and Africa – (Post-)Colonial Entanglements and Intercul- tural Interactions at the Example of Meyerbeer’s L’Africaine in Halle and Lübeck Natascha Ueckmann Abstract (Deutsch) 2018/19 wurde an der Oper Halle Giacomo Meyerbeers Grand opéra L’Africaine radi- PD Dr., Wissenschaftliche kal neu inszeniert. In europäisch-afrikanischer Zusammenarbeit gilt es den kolonialen Mitarbeiterin am Institut für Ro- Blick des Werks zu dekonstruieren und als Ausgangspunkt für eine Neubewertung der manistik im Bereich Kulturwis- europäisch-afrikanischen Beziehungen und eine Re-Afrikanisierung des Stücks in vier senschaft an der Martin-Luther- Etappen zu nutzen. Ausgehend von einer Betrachtung der (post-)kolonialen Bezüge und Universität Halle-Wittenberg seit Verstrickungen (in) der Oper seit dem späten 18. Jahrhundert analysiert der Beitrag die 2018. Im Jahr 2000 Promotion Hallenser Inszenierung, auch in Bezug auf andere aktuelle Bearbeitungen von Meyer- an der Universität Osnabrück, beers Werk, und diskutiert sie im Kontext der aktuellen Afrika-Renaissance und neu zu 2011 Habilitation an der Univer- denkender Kulturbeziehungen zwischen Afrika und Europa. sität Bremen. Ihre Forschungs- schwerpunkte sind: Karibik- und Schlagwörter: Oper, postkolonial, Afrika, kulturelle Zusammenarbeit, interkulturelle Diasporaforschung, Postkolonia- Interaktion, kulturelles Gedächtnis le Literatur- und Kulturtheorien; Gender Studies, Rezeption der Abstract (English) Aufklärung im transatlantischen L‘Africaine, Grand opéra by Giacomo Meyerbeer’s (1865), was radically restaged at the Raum, Transkulturelles Gegen- opera of Halle (Germany) in 2018/19. Through a close European-African cooperation, wartstheater. the project aimed at deconstructing the colonial gaze to work on new perspectives on Christoph Vatter the relationalities between Europe and Africa. This process was organized around an attempt to “re-africanize” Meyerbeer’s L’Africaine in four steps. In this contribution, we Dr., vertritt seit 2017 die Profes- illustrate the (post-)colonial entanglements of and in operas since the late 18th century sur für Romanische Kultur- und as well as the ongoing interest in Africa and current theoretical propositions of re-think- Landeswissenschaften an der ing the cultural relations between Europe and Africa to analyze the production at the Martin-Luther-Universität Halle- opera of Halle in the light of other recent representations of Meyerbeer’s Grand opéra in Wittenberg. Außerdem lehrt und Germany. forscht er im Bereich interkul- turelle Kommunikation an der Keywords: Opera, postcolonial, Africa, cultural cooperation, intercultural interaction, Universität des Saarlandes. Zu cultural memory seinen Forschungsschwerpunk- ten gehören interkulturelle Kommunikation und interkul- turelles Lernen, frankophone Medien- und Kulturwissenschaft, Frankophonie (insb. Québec und frankophones Afrika), kulturelle Diversität und Erinnerungskul- turen. 103
1. Einleitung mit den Regie- und Dramaturgie-Ver- antwortlichen Lionel Poutiaire Somé, Die interkulturellen Beziehungen Michael von zur Mühlen und Philipp zwischen Ländern des subsaharischen Amelungsen ausführlich in einem In- Afrikas und dem globalen Norden, ins- terview gesprochen, das im Anschluss besondere auch Europa, befinden sich an diesen Beitrag abgedruckt. Zunächst in einem intensiven Aushandlungspro- soll jedoch ein Blick auf den aktuellen zess. Neben politisch-ökonomischen Kontext der europäisch-afrikanischen und humanitären Feldern, bei denen Kulturbeziehungen sowie die Rolle der vor allem die Frage der Migration den Oper geworfen werden. Dabei sollen öffentlichen Diskurs beherrscht, rückt exemplarisch Formen der interkulturel- auch die Kultur als wesentlicher Bereich len Aneignung und der postkolonialen der afrikanisch-europäischen interkultu- Auseinandersetzung mit der Gattung rellen Zusammenarbeit zunehmend ins Oper aufgezeigt werden, die die be- Zentrum der Debatte, in der die fran- trachtete Inszenierung aufgreift und kophonen Kulturen aus Subsahara-Afri- weiterführt. Schließlich wird das Pro- ka sehr präsent sind. Hierfür erscheinen jekt der Oper Halle im Zusammenhang vor allem zwei aktuelle Entwicklungen mit anderen zeitgenössischen Inszenie- als relevante Faktoren: Zum einen rungen der L’Africaine näher betrachtet. rücken die ästhetisch-künstlerischen Produktionen aus frankophonen afrika- 2. Oper und/in Afrika nischen Ländern verstärkt ins Interesse der transnationalen Medien- und Pop- Africa rising (Ernst / Ntivyihabwa kultur, was auf der kulturtheoretischen 2019) – die so betitelte Fernsehdoku- Ebene durch viel beachtete Wortergrei- mentation des Kultursenders arte steht fungen frankophoner Intellektueller symptomatisch für ein gesteigertes In- begleitet wurde; zum anderen wurde die teresse an Afrika, vor allem in der trans- Debatte maßgeblich durch das Thema nationalen Popkultur. Die Stimmen des Umgangs mit Artefakten aus den Schwarzer Künstler*innen verschiede- ehemaligen Kolonien in europäischen ner Disziplinen finden zunehmend Ge- Museen befeuert. hör und bringen ihre Perspektiven aktiv ein, so dass sie weit über eine eventuelle In diesen Zusammenhang schreibt sich exotistische Faszination hinaus Teil die Neuinszenierung von Giacomo kultureller Diskurse werden. Auch die Meyerbeers Grand Opéra L’Africaine regelmäßige Afropop-Kolumne in der an der Oper Halle ein, die sich in post- Süddeutschen Zeitung kann als Beispiel kolonialer Perspektive mit dem Werk für diese Konjunktur im deutschen auseinandersetzt und es mit einem Sprachraum angeführt werden. Be- europäisch-afrikanischen Team in vier merkenswert ist, dass in den letzten Etappen hinterfragt, kommentiert und Jahren vor allem auch Künstler*innen schließlich dekonstruiert und sozusa- aus dem subsaharischen frankophonen gen ‚re-afrikanisiert‘. Das Projekt zielt Afrika international Beachtung finden. so auf eine kritische Aufarbeitung der Diese verbinden häufig europäische Kolonialgeschichte und der Rolle der (z.T. auch nordamerikanische) und afri- kulturellen Medien und Institutionen kanische Einflüsse und sind auch auf ab; gleichzeitig erprobt die Inszenierung beiden Kontinenten präsent, wie z.B. neue Formen europäisch-afrikanischer die Musiker Maître Gims oder Disiz. Kooperation im Kultursektor und wirft Dies unterstreicht auch das Konzept des sowohl Fragen der Form und Ästhetik „Afropéanisme“ (Miano 2008, Gunst / als auch der interkulturellen Interak- Kanobana 2017), das die engen afrika- tion und Zusammenarbeit zwischen nisch-europäischen Verflechtungen in Künstler*innen aus beiden Kontinenten den Vordergrund rückt und beispiels- auf. Über die Hallenser Inszenierungen weise für in Frankreich aufgewachsene von Meyerbeers L’Africaine haben wir afrodeszentende Autor*innen Anwen- dung findet. 104 interculture j our na l 18/32 (2 0 1 9 )
Diese neue Dynamik im künstlerischen / Savoy 2018), stellt sich die Frage des Bereich wird in der post- und dekolo- Umgangs mit dem kolonialen Erbe in nialen Kulturtheorie in der jüngeren Europas Museen in besonders virulenter Vergangenheit durch viel beachtete Pu- Art und Weise. Denn Sarr und Savoy blikationen frankophoner afrikanischer kommen zu dem Schluss, dass nur eine Intellektueller wie Felwine Sarr, Achille bedingungslose Rückgabe die Basis für Mbembe oder Souleymane Bachir eine Neubestimmung der europäisch- Diagne begleitet, die für eine neue Sicht afrikanischen Beziehungen sein kann. auf (und aus) Afrika und eine Neube- Dazu zählt auch die Frage des Umgangs stimmung der europäisch-afrikanischen mit den fraglichen kulturellen Objek- Beziehungen plädieren.1 In Erweiterung ten, in die die europäisch-afrikanischen der historischen Dimension afrikani- Verflechtungen inhärent eingeschrieben schen intellektuellen Engagements im sind. kolonialen Raum (Lüsebrink 2002) erreichen diese Positionen auch inter- 2.1. Die Oper als Agentin nationale Beachtung – sicherlich auch kultureller Kolonialisierung aufgrund von Übersetzungen in andere Sprachen2 – und werden als Modelle Während diese Herausforderungen für für ein transkulturelles Miteinander die europäischen Museen – in Deutsch- diskutiert. Bei aller Unterschiedlichkeit land v.a. im Zusammenhang mit dem der verschiedenen Ansätze erscheint Berliner Humboldt-Forum – die ak- eine grundsätzliche Anerkennung der tuelle Debatte dominieren, scheinen wechselseitigen Verstrickungen in den andere Kulturbereiche wie Literatur, Nord-Süd-Beziehungen, die nicht nur Film oder Theater weniger im Vor- als einseitige Abhängigkeiten gedacht dergrund zu stehen. Der Bereich der werden können, die Voraussetzung zu klassischen Musik und der Oper spielt sein für eine Neubestimmung und rela- dabei kaum eine Rolle. Dabei handelt tional-reziproke Weiterentwicklung der es sich zwar um Gattungen, die im europäisch-afrikanischen Beziehungen. subsaharischen Afrika kaum Fuß fassen konnten, die aber dennoch maßgeblich Neben transnationalen Tendenzen in am europäischen Projekt der kulturellen der Populärkultur, die sich bspw. mit Kolonisierung beteiligt waren, sowohl einem wachsenden Bewusstsein für die als „Exportartikel“ und Vehikel für die Teilhabe und Partizipation Schwarzer internationale Verbreitung des kulturel- Akteur*innen in der Filmbranche ma- len Überlegenheitsanspruchs Europas nifestieren – Black Panther (2018) sowie als auch als Projektionsfläche für exo- die Oscar-Prämiierung von Moonlight tistische Fantasien und Imaginationen (2016) zählen zu den prominente- kolonialer Beziehungen. Opernhäuser sten Beispielen –, ist die europäische wie das Teatro Amazonas in Manaus Debatte im kulturellen Feld vor allem (Brasilien, 1896) und in Kairo (1869) von der Frage des Umgangs mit afri- fungierten so beispielsweise als Agenten kanischen Artefakten (und z.T. auch der Kolonialisierung und Distinktion in menschlicher Überreste) in europä- der Kolonialgesellschaft – ein Prozess, ischen Museen und Sammlungen sowie der in Werner Herzogs Film Fitzcar- ihrer Restitution geprägt. Ausgehend raldo (1982), in dem der von Klaus von dem Bericht, den der senegalesische Kinski verkörperte Protagonist Sweeney Wirtschafts- und Kulturwissenschaftler Fitzgerald/Fitzcarraldo wie besessen für Felwine Sarr und die in Deutschland die Verwirklichung seines Traums eines und Frankreich lehrende Kunsthistori- Opernhauses im peruanischen Urwald kerin Bénédicte Savoy im Auftrag des kämpft, filmisch bearbeitet wurde. französischen Präsidenten Emmanuel Macron verfasst haben und der mittler- Seit dem 18. Jahrhundert setzte die weile in französischer, englischer und Oper auch immer wieder koloniale deutscher Sprache verfügbar ist (Sarr und exotistische Vorstellungswelten 105
in Szene (Bara 2010)3: So beruhte der Eine Ausnahme stellt v.a. Südafrika da, Erfolg von Élisca ou l’amour maternel dessen Kulturinstitutionen sich nach (Favières / Grétry 1799) maßgeblich Ende des Apartheid-Systems öffneten, auf einer opulenten exotischen Kulis- so dass nun mehr und mehr Schwarze se; weitere Beispiele sind die Opern- Opernsänger*innen, wie z.B. Pretty adaption von Paul et Virginie (Favières Yende oder Pumeza Matshikiza, die / Kreutzer 1791) nach dem Roman von internationalen Bühnen erobern (Fleury Bernardin de Saint-Pierre, Les Créoles 2018; Hillériteau 2016). Aus dem fran- (Lacour / Berton 1826) oder auch kophonen Afrika finden sich dagegen Le Code noir (1842), die der Libret- nur wenige Beispiele wie der kongolesi- tist Eugène Scribe auf Grundlage der sche Countertenor Serge Kakudji.5 Anti-Sklaverei-Novelle Les épaves4 von Fanny Reybaud (1838) konzipierte. Dass das Genre der Oper historisch Dem Zeitgeist verpflichtet, greift die tendenziell eher als „weiß“ markiert komische Oper des 19. Jahrhunderts ist, mag auch dazu beigetragen haben, immer wieder auf die Attraktivität dass sich trotz einer fehlenden kultu- exotistischer Szenarien zurück, die rellen Tradition zahlreiche Spuren der sich aus kolonialen Erfahrungen und postkolonialen Auseinandersetzung mit Imaginationen speisen und diese in dem europäischen Musiktheater finden kreativ-freier Art und Weise weiterent- lassen. Ein herausragendes Beispiel ist wickeln. So inszeniert beispielsweise die réécriture von Brechts Dreigroschen- die Oper Lakmé (Délibes / Gondinet / oper bzw. John Gays The Beggar’s Opera Gille 1883), die auf Pierre Lotis Tahiti- durch den nigerianischen Literaturno- Roman Rarahu ou le Mariage de Loti belpreisträger Wole Soyinka. In seiner (1880) beruht, ein romantisch-exoti- Opera Wonyosi (1977) setzt er sich mit stisches Indienbild. Während Verdis dem Thema Macht und den afrikani- Aida (1871) sicherlich das bekannteste schen Präsidenten-Potentaten auseinan- Beispiel dieses Genres darstellt, han- der und zeichnet ein satirisches Bild des delt es sich bei Giacomo Meyerbeers zentralafrikanischen Diktators Bokassa. Grand Opéra in fünf Akten L’Africaine, Der südafrikanische Komponist Mzi- die – wie zuvor schon die dreiakti- likazi Khumalo präsentierte 2001 mit ge Opéra Comique Le Code noir – Princess Magogo die erste Oper auf Zulu auf einem Libretto von Eugène Scribe – ein Stück über das Leben der gleich- basiert und die 1865 in der Pariser namigen Komponistin und Interpretin Oper Premiere hatte, wohl um das für traditioneller Zulu-Musik. Das Projekt die europäisch-afrikanischen Beziehun- der Überführung westafrikanischer gen prägnanteste und spektakulärste Traditionen ins Musiktheater6 steht im Werk. Zentrum von Bintou Wéré – un opéra du Sahel, die 2007 zuerst in Bamako, dann 2.2. Oper in Subsahara- im Théâtre du Châtelet in Paris unter Afrika I – postkoloniale der künstlerischen und musikalischen Aneignungen Leitung des senegalesischen Sängers Wasis Diop uraufgeführt wurde. Bintou Während die Oper in Europa sich Wéré entstand in Folge des Vorschlags also in thematischer und ästhetischer Prinz Claus der Niederlande, der 1996 Hinsicht immer wieder auf die Kolo- ein internationales Opernprojekt auf nialbeziehungen und damit auch auf Basis der reichen künstlerischen Tradi- Afrika bezog und als Institution an der tion der Länder der Sahelzone anregte. kulturellen Kolonialisierung teilhatte, Die Oper mit der von Zé Manel Fortes spielt sie als Genre in Subsahara-Afrika (Guinea-Bissau) komponierten Musik bis heute praktisch keine Rolle, v.a. auf- und einem Libretto von Koulsy Lamko grund vielfach fehlender institutioneller (Tschad) entstand als internationales Voraussetzungen (Ausbildungsstätten, Kollektivprojekt, das in interdiszipli- Ensembles, Aufführungsorte etc.). nären Workshops von Künstler*innen 106 interculture j our na l 18/32 (2 0 1 9 )
aus sechs Ländern entwickelt wurde. hel-Landes verknüpft. Das Operndorf Thematisch verbindet das Werk die Afrika versteht sich als „Plattform für kulturellen Traditionen der Region mit interkulturelle Austauschprogramme zeitgenössischen Themen. So ist die Ti- und relevante postkoloniale Diskurse, telheldin eine Kindersoldatin, die sich die ein neues und differenziertes Bild aus ihrem Dorf auf den Weg macht, um von Afrika sichtbar macht“ (Operndorf die spanische Enklave Melilla zu errei- Afrika). Schlingensief (2009) postuliert chen und ihr Kind auf europäischem einen „erweiterten Opernbegriff“, der Boden zu gebären – um es schließlich sich vom westlichen Opernverständ- doch nicht über den Grenzzaun, son- nis löst und eher ein interkulturelles dern zurück in die Obhut Afrikas zu Theater aus der produktiven Interak- geben. Ein weiteres Opernprojekt mit tion europäischer und afrikanischer westafrikanischem Hintergrund ist Ki- Akteur*innen bezeichnet: rina, das 2018 in Marseille uraufgeführt Jedenfalls toben wir alle gemeinsam rum und dann sowohl auf verschiedenen eu- und stemmen alles auf die Bühne. Das ropäischen Bühnen als auch in Ouaga- wäre dann eine Art Transformationskas- dougou zu sehen war. Diese zeitgenös- ten. Und ich erhoffe mir, dass diese Über- sische Oper der malischen Musikerin blendungen von Bildern und Texten ver- Rokia Traoré wurde in Burkina Faso, Mali und Belgien entwickelt und ist schiedener Kulturen neue Währungen im von der Geschichte des mittelalterlichen System erzeugen. Dann präsentieren wir Malireichs inspiriert. das Ergebnis hier in Deutschland, topfen die Sache gleichsam um. Dadurch, dass 2.3. Oper in Subsahara- sich jemand anmaßt, etwas aus Afrika Afrika II – Abgrenzungen hier zu präsentieren, entstehen vielleicht und postkoloniale Neu- diese Überblendungswährungen. Da bestimmungen muss ich noch mehr drüber nachdenken. (Schlingensief 2009: 40) Neben diesen Formen der interkulturel- len Aneignung des Genres Oper durch Schlingensiefs Operndorf soll so einen afrikanische Kunstschaffende sind kri- Raum eröffnen für „interkulturelle Aus- tische Auseinandersetzungen mit und handlungsprozesse“ (Lehmann 2015) Abgrenzungen von der kolonialen Di- und die Entwicklung neuer Bilder von mension der Oper zu verzeichnen, von und über Afrika bzw. aus Afrika, die denen das von Christoph Schlingensief althergebrachte Repräsentationsstra- in Burkina Faso initiierte „Operndorf“ tegien und ihnen zu Grunde liegende das bekannteste Beispiel darstellt. Das Machtstrukturen durchbrechen. Eine sich seit der Grundsteinlegung 2010 wichtige Rolle dabei spielen für Schlin- stets in Weiterentwicklung befindliche gensief spirituelle Übergangsrituale (van Projekt, das seit dem Tod des Künstlers der Horst 2013: 130f.), wie sie auch in 2010 von einer gemeinnützigen GmbH der Hallenser L’Africaine eingesetzt wer- unter Leitung von Schlingensiefs Wit- den.7 Zu den weiteren künstlerischen we Aino Laberenz weitergeführt wird, Strategien gehört die Umkehrung des grenzt sich von der Transplantation eu- europäisch-afrikanischen Verhältnisses, ropäischer Opernhäuser in (ehemalige) um gleichsam durch eine Exotisierung Kolonien ab und verfolgt vielmehr das Europas postkoloniale Kontinuitäten Ziel, traditionell hochkulturelle Vorstel- offenzulegen (Bleuler 2018).8 lungen gegen den Strich zu bürsten und das Projekt Oper im gesellschaftlichen Das Projekt um Meyerbeers L’Africaine, Alltag neu zu verankern, wie auch der das im Zentrum dieses Beitrags steht, zunächst paradox anmutende Name knüpft an diese postkolonialen Aneig- „Operndorf“ suggeriert, der ein Medi- nungs- und Abgrenzungsprozesse um um der (städtischen) Hochkultur mit das Genre Oper und seine koloniale dem Dorfleben eines afrikanischen Sa- Tradition an. 107
3. L’Africaine (1865) von madagassische Sklav*innen. Sie dienen Giacomo Meyerbeer ihm als Beweis, dass er in Ostafrika bzw. Indien war. Dennoch wird Vasco Seit 2011 erlebt Giacomo Meyerbeers da Gama eine weitere Entdeckungsreise Grand Opéra L’Africaine (1865) in vom Klerus verweigert, woraufhin er Deutschland eine bemerkenswerte Re- so ausfallend wird, dass er als Ketzer naissance. Den 1791 als Jakob Meyer hingerichtet werden soll. Er wird zu- Beer in Berlin geborenen jüdischen sammen mit den beiden vermeintli- Komponisten, der vor allem in Frank- chen Sklav*innen in die Kerker der reich große Erfolge feierte, suchte Inquisition geworfen. Inès kann eine man bis dahin meist vergebens in den Begnadigung erwirken, indem sie sich Spielplänen deutscher Opernhäuser. auf eine von ihrem Vater eingefädelte Im Schatten von Richard Wagner und Heirat mit Vasco da Gamas Kontrahen- durch die Nationalsozialist*innen ten Don Pedro einlässt. Vasco startet nachhaltig verunglimpft und verdrängt, im Anschluss, zusammen mit Sélika gelangt nun insbesondere seine letzte und Nélusko, eine erneute Expedition Oper L’Africaine wieder auf die deut- nach Afrika. Während eines Sturmes schen Bühnen (Jungheinrich 2018). Für läuft das Schiff – durch das Eingreifen Giacomo Meyerbeer, der ebenso wie von Nélusko – auf Klippen. Es kommt sein Librettist Eugène Scribe die Urauf- durch die dortige lokale Bevölkerung zu führung von L’Africaine in Paris nicht einer Befreiungsaktion von Sélika und mehr erleben konnte, wäre diese späte Nélusko; die portugiesischen Seeleute Rehabilitierung eine Genugtuung. Um kommen in Gefangenschaft. Indem Sé- das hier im Mittelpunkt stehende ex- lika vorgibt Vasco sei ihr Gatte, kann sie perimentelle Opernprojekt in Halle zu ihn und Inès retten. Denn Sélika, be- würdigen, ist ein erster Blick auf andere reits entpuppt als afrikanische Königin aktuelle Inszenierungen von L’Africaine (von Madagascar?), liebt heimlich ihren in Deutschland aufschlussreich. ‚Besitzer‘ Vasco. Aus diesem Grund rettet sie ihn vor dem Tod, aber Vasco Die Handlung von L‘Africaine soll hier- liebt Inès, seine portugiesische Verlobte. für kurz skizziert werden. Hintergrund Sélika gibt die beiden Liebenden bzw. der Opernhandlung ist eine Fünfecks- Conquistador*innen frei, damit sie geschichte zwischen drei Männern und nach Portugal zurückkehren können. zwei Frauen in wechselnden Liebesver- In der Schlussszene, welche in Sélikas strickungen: dem Seefahrer Vasco da Königreich spielt, nimmt sich die afri- Gama, seinem Widersacher Don Pedro, kanische Titelfigur aus Liebeskummer der portugiesischen adligen Admirals- das Leben. „In der imaginierten Fremde tochter und Vascos Verlobter Inès, der aus Indien bzw. Afrika kommenden Kö- findet man doch nur wieder das bürger- nigin Sélika und ihrem Diener Nélusko. liche Beziehungsdreieck, mehr ist nicht Die Oper spielt in Lissabon, auf dem vorstellbar“, so resümiert Chefdrama- Meer und im Königreich der Titelfigur turg Michael von zur Mühlen. Wieder- in den Jahren 1497-1498. L’Africaine holt sind es bezeichnenderweise die bei- bezieht sich auf die historischen Reisen den Frauenfiguren, die Vasco da Gama des portugiesischen Seefahrers Vasco da das Leben retten. Durch das ‚Happy Gama (ca. 1469-1524), der als erster End‘ für die weißen Protogonist*innen Europäer auf dem Seeweg um das Kap ist auch die Gefahr der ‚Rassenmi- der Guten Hoffnung in Indien ankam. schung‘ gebannt. Die Oper illustriert Dies markiert auch den Beginn des so ungewollt bzw. unbewusst die transatlantischen Sklavenhandels und Konsequenzen eines internalisierten der Kolonisierung. In der Oper bringt Rassismus und die Unmöglichkeit einer Vasco da Gama von seiner Expedition interracial relationship in einer kolonial die beiden Afrikaner*innen Sélika und und patriarchal organisierten Gesell- Nélusko mit nach Europa, scheinbar schaft, denn Rassismus – wie Françoise 108 interculture j our na l 18/32 (2 0 1 9 )
Massardier-Kenney zur Verbindung von aktuellen Flüchtlingsdebatte und mit Gender und ‚Race‘ analysiert – ist auf- religiösem Fanatismus, bewahrt aber auf grund der Reproduktion ökonomischer der Inszenierungsebene ein exotistisches Interessen durch Heirat aufs engste mit Setting. In Frankfurt am Main wurde patriarchalen Werten verknüpft (vgl. 2018 die Oper unter dem Doppeltitel Massardier-Kennedy 1994: 191). L’Africaine/Vasco da Gama unter der Leitung von Tobias Kratzer aufgeführt. 3.1. Zeitgenössische Insze- Es ist nach Les Huguenots in Nürnberg nierungen von L’Africaine / und Le Prophète in Karlsruhe seine Vasca da Gama in Deutsch- dritte große Meyerbeer-Inszenierung. land (Würzburg 2011, Kratzer entfernt sich konsequent von Chemnitz 2013, Berlin 2015, der historischen Darstellung: Während Frankfurt/M. 2018) die Original-Oper rund 350 Jahre vor ihrer Entstehungszeit spielt, findet die Im Rahmen der Wiederentdeckung Handlung in der Frankfurter Insze- des bis dahin gerade in Deutschland nierung – praktisch auf der Zeitachse wenig bekannten Bühnenwerks fei- gespiegelt – 350 Jahre danach in der erte L’Africaine zunächst 2011 in der Zukunft, also im 22. Jahrhundert statt. Regie von Gregor Horres Premiere in Die portugiesischen Seefahrer steuern Würzburg. Dieter Stoll hält dazu fest, hier Raumschiffe und erobern fremde dass das Mainfranken Theater sich Sonnensysteme und die afrikanische „fast vierstündig im Grenzbereich der Titelheldin ist ein blaugefärbter Alien eigene[n] Ressourcen [bewegt]. Großes – angelehnt an den Film Avatar; Star Orchester, großer Chor, große Stimmen Trek, Star Wars, 2001: A Space Odyssey für übergroße Gefühle“ (Stoll 2011). und Gravity lassen ebenfalls grüßen. 2013 eröffnete dann Chemnitz das „Große Oper und großes Kino in ideal- ‚Wagnerjahr‘ (Richard Wagners 200. typischer Liaison.“ (Jungheinrich 2018) Geburtstag) mit der Oper von Meyer- Das Meer wird als endloses All interpre- beer (Regie: Jakob Peters-Messer) unter tiert. Begründet wird dieser Futurismus dem ursprünglich vom Komponisten auch im Zusammenhang mit Jules vorgesehenen Titel Vasco da Gama und Vernes Roman De la terre à la lune, der verweist damit maßgeblich auf die im selben Jahr wie die Uraufführung historisch belegte Figur des europä- 1865 erschienen war und der schon ischen Seefahrers – und eben nicht auf damals die europäische Kolonialisie- eine fiktive Figur wie die imaginierte rung als nahezu komplett abgeschlossen ‚Afrikanerin‘ Sélika. Es ist die mutige diagnostizierte. Der einstige Bootsfahrer Erstaufführung der kritischen Neuaus- Vasco da Gama steuert nun rücksichtlos gabe von Jürgen Schläder, der eine Art sein Raumschiff durch ferne Galaxien, Version letzter Hand rekonstruierte.9 In die ihm letztlich fremd bleiben. Re- den Kritiken zur fünfstündigen Insze- gisseur Kratzer lässt Geschichts- und nierung werden lobend die gelungenen, Zukunfts-pessimismus zusammenfal- ausgedehnten Ballett- und Gesangsein- len; das Gegeneinander der Kulturen lagen hervorgehoben. Die Grand Opéra scheint sich fortzusetzen. als Blockbuster avant la lettre werde auf diese Weise eindrucksvoll umgesetzt. 3.2. L’Africaine postkolo- 2015 inszenierte die Deutsche Oper nial an der Oper Halle und Berlin ebenfalls in der revidierten Fas- Lübeck (2018-2020) sung von Jürgen Schläder unter dem Titel Vasco da Gama die Oper als Auf- Ein europäisch-afrikanisches Produk- takt eines Meyerbeer-Zyklus (Amling tionsteam10 hat in mehreren Etappen 2015, Pullinger 2015). Die Regisseu- Meyerbeers Oper L’Africaine radikal rin Vera Nemirova unterstreicht die überarbeitet: von September 2018 bis politischen und religiösen Konflikte Juni 2019 erlebte die Oper Halle vier des Werkes und verbindet sie mit der verschiedene Aufführungen. Zur Spiel- 109
Abb. 1: Kolonialgeschichtlicher Dialog: Verweis auf Sarah Bartmann (L’AFRICAINE IV: NISALB LIÈFO - Verwandlung), Bühnen Halle / L'Africaine / Foto: Falk Wenzel Abb. 2: Europäische Opernbilder unter (afrikanischer) Beobachtung (L’AFRICAINE I: FOTOUONA DJAMI YÉLÉ - Auseinandersetzung mit den Ahnen), Bühnen Halle / L'Africaine / Foto: Falk Wenzel 110 interculture j our na l 14/25 (2 0 1 5 )
Abb.3: Performer*innen auf der Opernbühne (L’AFRICAINE I: FOTOUONA DJAMI YÉLÉ - Auseinandersetzung mit den Ahnen), Bühnen Halle / L'Africaine / Foto: Falk Wenzel Abb. 4: L’Africaine ‚afrikanisieren‘?: Lionel Poutiaire Somé in L’AFRICAINE IV: NISALB LIÈFO (Verwandlung), Bühnen Halle / L'Africaine / Foto: Falk Wenzel 111
zeit 2019/2020 wanderte das Projekt Mitteln entgegenzuwirken. Entgegen nach Lübeck, wo zeitgleich eine neue der dominierenden Geschichtsschrei- Filmoper mit dem Titel L’Européenne bung, das Deutsche Reich sei nur ein entsteht.11 Diese Umkehrung der Per- ‚später‘ oder ‚marginaler‘ kolonialer spektive kommt schließlich 2020/21 Akteur gewesen, gibt es eine lange, erneut nach Halle. Entwickelt wurde aber weniger bekannte Geschichte das Opernprojekt im Rahmen von I like der Teilhabe deutschen Kapitals und Africa and Africa likes me – I like Europe deutschen Wissens an Kolonialismus and Europe likes me.12 Das in vielfacher und Versklavung.14 Zum anderen ist Hinsicht ausgezeichnete und grenz- das Opernprojekt eine Auseinander- überschreitende vom Fonds Doppelpass setzung mit Reinigungsritualen eines der Kulturstiftung des Bundes geför- anderen Kulturkreises, denn die vier derte Projekt entspricht genau dem Aufführungen basieren auf vier Etap- experimentellen, multiperformativen pen eines Transformationsrituals aus Zugang des nur noch bis 2021 verant- Westafrika, konkret des Volkes der Da- wortlichen Opernintendanten Florian gara: L‘AFRICAINE I: FOTOUONA Lutz – die Bühnen Halle haben Anfang DJAMI YÉLÉ (Auseinandersetzung mit 2019 beschlossen, seinen Vertrag nicht den Ahnen), L‘AFRICAINE II: BOO zu verlängern (Petraschewsky 2019).13 A SAN PKAMINÉ (Versöhnung), Lutz hinterfragt in origineller Weise L‘AFRICAINE III: PIIR A SIÈN (Rei- die Grenzen der Kunstgattung Oper, nigung), L‘AFRICAINE IV: NISALB ihrer Repräsentationsformen und ihre LIÈFO (Verwandlung). Diese spiri- heutige Relevanz. Die Inszenierung von tuellen und transzendentalen Bezüge L’Africaine an der Oper Halle verbin- westafrikanischer Kultur ernst zu neh- det auf interkontinentale Weise nicht men, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, nur Theaterformen wie Oper, Perfor- zumal für Europäer*innen, die Religion mance und Reenactment, sondern auch häufig durch Rationalität ersetzt und Protagonist*innen, kulturelle Räume sich aus christlichen Bezügen weitge- und historische Ereignisse. Statt einer hend gelöst haben. Ziel des Prozesses ist einzigen Meistererzählung kommen es, an der Entkolonialisierung Europas plurale Geschichten, künstlerische Stile mitzuwirken und dieses künstlerische und divergente Erinnerungskulturen und lyrische Werk als ‘Dokument’ der zum Vorschein. Durch die kreative europäischen Kolonialgeschichte zu Mobilisierung einer Vielzahl von Re- analysieren. präsentationsformen verlebendigt dieses Theaterprojekt eine beeindruckende Jenseits der bestimmenden konven- Multiperspektivität. Es verbindet politi- tionellen Dreiecksgeschichte um sche Botschaften mit ästhetischen Inter- Vasco, Inès und Sélika erweitert das ventionen. Guido Müller schreibt dazu: Produktionsteam sein postkoloni- „Der Besucher stelle sich einfach vor, er ales Inszenierungsprojekt um zwei sei noch nie mit Wagner in Berührung historische Schlüsselfiguren des 19. gekommen und treffe auf eine um mehr Jahrhunderts: dem in Paris gefeierten als die Hälfte zerstückelte Götterdäm- deutsch-jüdischen Komponisten Giaco- merung, die von Isländern in Hinblick mo Meyerbeer setzen sie Saartjie/Sarah auf Wagners nordische Mythen seziert Baartman an die Seite – eine Frau aus würde.“ (Müller 2018) Südafrika aus dem Volk der Khoikhoi, ausgestellt in Europa aufgrund ihrer Das Hallenser Opernprojekt ist zum anatomischen Besonderheiten; sie war einen eine fordernde Auseinanderset- auch bekannt unter dem pejorativen zung mit der in Deutschland noch Beinamen Hottentotten-Venus. Diese immer verdrängten und unterdrückten beiden Figuren – Repräsentant*innen eigenen Kolonialgeschichte. Erklärtes für Oper und ‘Menschenzoo’ – nehmen Ziel der Macher*innen ist es, der ko- als Ahn*innen aktiv teil, um Zeugnis lonialen Amnesie mit künstlerischen über Operngeschichte und Kolonialge- 112 interculture j our na l 18/32 (2 0 1 9 )
schichte und deren Interdependenzen (post-)kolonialen Auseinandersetzung und Verflechtungen abzulegen. der europäischen Oper mit Afrika in produktiver und innovativer Art und Die Oper, mittels Guckkastenbühne Weise fort. Sie regt dazu an, die europä- oder Illusionstheater inszeniert, wird isch-afrikanische kulturelle Zusammen- selbst zum Objekt eines Perspektiv- arbeit für die Erprobung neuer ästheti- wechsels (Häußner 2019). So zielt die scher und formaler Wege zu nutzen und erste Aufführungsetappe auf eine weit- gemeinsam eine Neubestimmung der gehend ‚werktreue’ Inszenierung der wechselseitigen Beziehungen aus der Grand Opéra von Meyerbeer, eine In- Geschichte und ihrer Aufarbeitung – szenierung, die über große Bildschirme auch die Rolle der Kunst im kolonialen von einer Gruppe von Afrikaner*innen Projekt – zu entwickeln. Dieser Prozess angeschaut wird. Afrika blickt gewisser- beschränkt sich nicht nur auf die Kom- maßen auf eine exotische Vorstellung munikation zwischen Kunstschaffenden von Afrika. Die übliche Blickhierarchie und Publikum bzw. Gesellschaft, son- wird so auf den Kopf gestellt. dern bezieht auch die interkulturelle Am Ende von L’AFRICAINE I ver- Dimension der Zusammenarbeit zwi- lässt die Gruppe der afrikanischen schen Künstler*innen aus Afrika und Performer*innen die Position des Be- Europa mit ein. obachtens, um von der Bühne Besitz zu 4. Literatur ergreifen und um die gesamte Inszenie- rung in Frage zu stellen. Sie installieren Amling, U. (2015): Irrweg nach Indien: ein „Akephalisch reguliertes anarchisti- Vasco da Gama an der Deutschen Oper sches Komitee zur Entkolonisierung des Berlin. Der Tagesspiegel, 06.10.2015. Geistes“, dieses Komitee ist inspiriert URL: https://www.tagesspiegel. von den „Wahrheits- und Versöhnungs- de/kultur/vasco-da-gama-an-der- kommissionen“, mit denen Südafrika deutschen-oper-berlin-irrweg-nach- unter Nelson Mandela versucht hat die indien/12409654.html [Zugriff am Verbrechen der Apartheid aufzuarbei- 19.07.2019]. ten. In den ersten Teilen von L’Africaine sind es die Weißen, die singen und die Bara, O. (2010): Figures d’esclaves à Schwarzen, die als Störende interve- l’opéra. Du ”Code noir” à ”L’Africaine” nieren, dabei ausschließlich mit der d’Eugène Scribe (1842- 1865), les gesprochenen Sprache ausgestattet. Die contradictions de l’imaginaire libéral. Oper befindet sich so in Konfrontation In: Moussa, S. (Hrsg.): Littérature et mit dem Sprechtheater. In der vierten esclavage, XVIIIe-XIXe siècles. Paris: Des- Inszenierungsetappe im Juni/Juli 2019 jonquères, S. 110-123. erscheinen die Performer*innen auf der Bühne und hinterfragen den gesamten Bleuler, M. (2018): Raum der un- Prozess, nämlich die Oper ‚afrikanisie- überwindbaren Differenz? Christoph ren‘ zu wollen. Das Ganze müsse be- Schlingensiefs Arbeit in Afrika und das endet werden; Afrika lasse sich so nicht Operndorf-Residency 2016. In: Bleuler, erfahren, dafür müsse man dorthin. M. / Moser, A. (Hrsg.): ent/grenzen. Und wenn Vasco da Gama – immer Künstlerische und kulturwissenschaftliche einen Globus in der Hand haltend – Perspektiven auf Grenzräume, Migration seine große Arie „Pays merveilleux“ und und Ungleichheit. Bielefeld: transcript, die Königin Sélika „O temple magni- S. 171–193. fique!“ singen, sei der kolonialistische Unsinn für ein paar Momente egal, Brahm, F. / Rosenhaft, E. (Hrsg.) wahrscheinlich weil die Musik so schön (2016): Slavery Hinterland: Transatlan- sei (o.A. 2019). tic Slavery and Continental Europe, Die Hallenser Inszenierung von 1680-1850, Woodbridge-Rochester, L’Africaine schreibt die Tradition der NY: Boydell Press. 113
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Daniel Angermayr; Performer: Lionel www.schifffahrtsmuseum-flensburg. Poutiaire Somé, Rosina Kaleab, Telma de/files/PDF/Downloads/Flensbur- Bouabeng, Serge Fouha. ger_Schifffahrtsmuseum_DMB_ Muku_218_05%20Grigull.pdf (Zugriff 11 Drehbuchautor ist der Regis- am 20.08.2019). Verwiesen sei auch seur und Performer Lionel Poutaire auf die wichtige Ausstellung Deutscher Somé, der in Halle zum Produkti- Kolonialismus. Fragmente seiner Ge- onsteam gehört. Die Uraufführung von schichte und Gegenwart 2016 am Deut- L’Européenne ist für Mai 2020 geplant. schen Historischen Museum in Berlin: 12 Der Titel bezeichnet eine Reihe https://www.dhm.de/ausstellungen/ von hybriden Veranstaltungen aus archiv/2016/deutscher-kolonialismus. Oper, Film, Installation, Symposium, html (Zugriff am 20.08.2019) oder Reenactment und Performance, vgl. auf die didaktisierten Bildungsmate- https://www.kulturstiftung-des-bundes. rialien zur Ausstellung Verflechtungen. de/de/projekte/buehne_und_bewe- Koloniales und rassistisches Denken und gung/detail/i_like_africa_and_af- Handeln im Nationalsozialismus (2018) rica_likes_me_i_like_europe_and_eu- in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme: rope_likes_me.html (Zugriff am http://www.verflechtungen-kolonialis- 20.07.2019). mus-nationalsozialismus.de/start.html (Zugriff am 20.08.2019). Die Univer- 13 Zum „Störfeuer“, „Getriebescha- sität Bremen realisierte u.a. das Schul- den“ durch die Theater, Oper und projekt Das Gewebe der Sklaverei. Auf Orchester Halle GmbH (TOOH) und den Spuren transatlantischer Versklavung den damit zusammenhängenden „de- in Bremen (vgl. Gleich / Spatzek 2015) saströsen Rahmenbedingungen, unter sowie das Forschungsprojekt zu German denen Florian Lutz und sein Team Slavery unter der Leitung der Histo- ihre Spitzenleistung in der Oper Halle rikerin Rebekka von Mallinckrodt: erbracht haben“ (vgl. Brandenburg https://www.frueheneuzeit.uni-bremen. 2019). de/index.php/de/forschung/german- slavery (Zugriff am 20.08.2019). Zu 14 Z.B. die Augsburger Fugger und Deutschland als Hinterland der Sklave- Welser im 16. Jahrhunderts in den rei vgl. insb.: Brahm / Rosenhaft 2016; Amerikas oder später die kurbranden- Raphael-Hernández 2015; Raphael- burgische Kolonie Groß-Friedrichsburg Hernández / Wiegmink 2017; Conrad in Westafrika. Im künstlerischen, mu- 2012; Degn 2003 [1984]; Roth 2017; sealen und wissenschaftlichen Bereich Simmer 2000; Weber 2009; Zimmerer kommt aber zunehmend Bewegung in 2013. die Debatte: So blickt das historische Freilichtspiel Das Brandmal (2018) auf den Emder Sklavenhandel im 17. Jahr- hundert. Die Hansestadt Hamburg hat 2014 die Forschungsstelle Hamburgs (post-)koloniales Erbe / Hamburg und die frühe Globalisierung eingerichtet: https://www.geschichte.uni-hamburg. de/arbeitsbereiche/globalgeschichte/ forschung/forschungsstelle-hamburgs- postkoloniales-erbe.html (Zugriff am 20.08.2019). Das Flensburger Schiff- fahrtsmuseum organisierte 2017/18 unter der Leitung der jamaikanischen Gastkuratorin Imani Tafari-Ama die Ausstellung Rum, Schweiß & Tränen. Flensburgs koloniales Erbe: https:// 117
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