Zeitschrift für Gesundheitspolitik: Aktuelle Herausforderungen der Landmedizin - Gesundheitszentrum St ...
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Magazin der Ärztekammer für OÖ OÖ ÄRZTE Nr. 280 | April 2014 Arbeitszeit in Spitälern – EU greift ein © Fotolia.de Zeitschrift für Gesundheitspolitik: Aktuelle Herausforderungen der Landmedizin Ausschreibungen von Vertragsarztstellen | Seite 28 Besetzungen von Vertragsarztstellen | Seite 30 www.aekooe.at | www.medak.at
Editorial Inhalt April, April Aktuelle Meldungen des Monats 04 Präsident 05 an der folgenden Entwicklung deut- Nichts Neues für die Ärztekammer, ■ Arbeitszeitgrenzen kommen in Bewegung lich: So ist es heute nicht mehr von der die sich seit Jahren für eine Verbesse- Hand zu weisen, dass die Umgestal- rung der Arbeitszeiten einsetzt. Man ist tung des Apothekerrechts, im Speziel- dennoch geneigt, diesen Vorstoß zu be- Coverstory len die Zurückdrängung der ärztlichen grüßen, schlussendlich bringt er zusätz- ■ Zeitschrift für Gesundheitspolitik: Hausapotheke, mittlerweile als einer liche Aufmerksamkeit und im besten Aktuelle Herausforderungen der Landmedizin 06 der Hauptgründe für den Ärzteman- Fall werden die Karten neu gemischt. Ab und an tendiert man dazu, manche gel in peripheren Gebieten anzuführen Auf Seite 12 kritisiert Dr. Harald Aktuelles Veränderungen als schlechten Witz ein- ist. Mit dieser und weiteren „Heraus- Mayer diesen Raubbau, der an Spitals- zustufen – wir Menschen sind schließ- forderungen für die Landmedizin“ be- ärzten betrieben wird, aufs Schärfste. ■ Arbeitszeit in Spitälern – EU greift ein 12 lich Gewohnheitstiere. Dass Neue- schäftigt sich die aktuelle Ausgabe der ■ Die ärztliche Meinung 14 rungen im Gesundheitssystem zwar Zeitschrift für Gesundheitspolitik – Im Namen des gesamten Redaktions- nicht grundsätzlich schlecht sind, es einen Themenüberblick finden Sie auf teams wünsche ich Ihnen einen freund- Ärzteportrait für erfolgreiche Projekte aber der Seite 6. lichen April. ■ Dr. Jürgen Barthofer: Ein Arzt zwischen Sieg und Niederlage 16 ärztlichen Meinung bedarf, zeigen die Beispiele Mammografie - Screening, Weit entfernt von einem Aprilscherz ist HPV- Impfung, sowie die elektronische die mögliche Klage der Europäischen Recht & Service | ExpertInnen-Tipps 20 Gesundheitsakte ELGA. „Wenn Ärzte Union. Warum Brüssel aufschreit? | Termine 23 nicht gehört werden, kommen neue Die Dienstdauer der österreichischen Programme nicht gut an“, ist MR Dr. Ärzte sei gesetzeswidrig, so die Schlag- Kultur & Veranstaltungen 26 Thomas Fiedler (Seite 14) überzeugt. zeilen der letzten Zeit. Nichts Neu- Was bei konsequenter Missachtung es für Ärzte, die in manchen Wochen Mag. Christina Holzner Ausschreibungen & Besetzungen 28 der ärztlichen Meinung passiert, wird unmenschlich lange Dienste leisten. redaktion@aekooe.at Kleinanzeigen 33 Fachkurzinformationen 34 Personalia | Anerkennung FÄ & AM 37 | ÖÄK-Diplom 37 | Diplomüberreichung 38 Kammer-intern 39 Impressum: Herausgeber, Verleger, Medieninhaber: Ärztekammer für OÖ, Körperschaft öffentlichen Rechts, 4010 Linz, Dinghoferstraße 4 Grundlegende Richtung: Das Magazin „OÖ Ärzte“ ist das offizielle Organ der Ärztekammer für OÖ. Die grundlegende Richtung besteht in der Information der oberösterreichischen Ärzte über die Wahrnehmung und Förderung ihrer gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Belange durch die Ärztekammer für OÖ sowie die Wahrung des ärztlichen Berufsansehens und der ärztlichen Berufspflichten. Für den Inhalt verantwortlich: KAD Dr. Felix Wallner Chefredaktion: Mag. Christina Holzner Redaktion: Monika Falkner-Woutschuk, Mag. Gabriele Dietrich, Franz Schöffmann Illustrationen: Monika Falkner-Woutschuk Redaktionsanschrift: Ärztekammer für OÖ, Dinghoferstraße 4, 4010 Linz, E-Mail: redaktion@aekooe.at, Tel.: 0732/77 83 71-0, Internet: www.aekooe.at Erscheinungsweise: monatlich oder 10 x jährlich Anzeigenverwaltung: Die Werbezone, Anita Grillberger, 4175 Herzogsdorf, Bäckerweg 3, Telefon: 0043 (0) 664 / 25 47 230, Mail: ag@grillberger.at 2 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 3
Aktuelle Meldungen des Monats Präsident Sozialratgeber 2014 – Reaktion von Dr. Silvester jetzt Hutgrabner auf Aussagen der erschienen Apothekerkammerpräsidentin Arbeitszeitgrenzen Der Sozialratgeber des Lan- des OÖ fungiert als Nach- schlagewerk für alle sozialen Leserbrief im Kurier: Diskussion um Hausapotheken „Kein Notnagel! Die Aussage der kommen in Bewegung Präsident Dr. Peter Niedermoser Leistungen, die in Oberös- Apothekerpräsidentin Mursch-Edl- terreich angeboten werden. mayr im KURIER, Hausapotheken Gerade erst erschienen, dienen nur der Notversorgung halte Ein Klageverfahren der EU gegen Österreich steht im Raum, da die Arbeitszeit- Aufbau haben und in den Sonder- kann er sowohl beim Bür- ich auch für mehr als entbehrlich. Die Versorgung der Patienten vor richtlinie nicht eingehalten wird. Ja, die Diskussion um die ärztlichen Arbeits- fächern Innere Medizin und Chirurgie gerservice des Landes OÖ werden wir uns an die deutsche Wei- allem im ländlichen Bereich würde zeiten hat an Dynamik gewonnen. bestellt, als auch unter terbildungsordnung anlehnen, um den fürchterlich aussehen, gäbe es keine Hausapotheken mehr oder würden jungen Kolleginnen und Kollegen, die http://www.land-oberoesterreich.gv.at/ Ich brauche gerade Ihnen nicht mehr nicht umgesetzt worden. Wenn man diese Fächer ergreifen, verbesserte Mi- Hausapotheken nur zur Notver- die Argumente darstellen, warum wir mit den Damen und Herren spricht, grationsbedingungen zu ermöglichen. heruntergeladen werden. ■ sorgung dienen. Eigenartig ist schon lange eine Reduktion des durch- die dieses Papier erarbeitet haben, Prinzipiell wäre vorgesehen, diese auch, dass die Apothekerkammer gehenden Dienstes auf 25h fordern. merkt man bald, dass es eigentlich Ausbildungskataloge mit 1.1.2015 in über Rückgänge bei den Umsät- Nach 25 Stunden Dienst nach Hause nur um Kompetenzerweiterungen auf Kraft treten zu lassen. Ich weiß, ein zen klagt, angeblich schreiben ja fast ein gehen zu dürfen ist ein Menschen- Kosten ureigenster ärztlicher Aufga- ambitionierter Zeitplan, da die fach- Initiativantrag von Drittel aller öffentlichen Apotheken in Österreich Verluste, und recht. Manche politisch Verantwortli- bengebiete geht. Es ist keine Aufgabe lich inhaltliche Diskussion zu den auf der anderen Seite wird genau von der Apothekerkammer ver- chen auch im Land OÖ sehen das aber des Pflegepersonals Anästhesien durch- Ausbildungskatalogen zwar in den sucht jede nur mögliche Hausapotheke wegzubringen und durch SPÖ und FPÖ immer noch ganz anders. Mit dieser zuführen, oder standardisierte medizi- meisten Fachgesellschaften bereits eine öffentliche Apotheke zu ersetzen, obwohl dann die Service- Sichtweise muss nun endlich Schluss nische Befunde (z. B: Röntgenbilder, abgeschlossen ist, aber die Diskussi- qualität und die Fahrstrecken für die Patienten nicht besser und sein. Interventionsbefunde, OP - Berichte) on zwischen den Fachgesellschaften kürzer werden, und man von vornherein schon sieht, dass so eine Die Landtagsabgeordneten Dr. Julia Röper-Kelmayr zu interpretieren und daraus Konse- bei analogen Inhalten nach Veröffent- Apotheke Verluste schreiben wird. Also bei dieser Vorgehensweise (SPÖ) und Prim. Dr. Brigitte Povysil (FPÖ) stell- Natürlich wird die Organisation des quenzen für die weitere Vorgangsweise lichung der Rasterzeugnisse auf der kann irgendetwas nicht stimmen. Zur Aussage der Apothekerpräsi- ten in der 41. Sitzung des oberösterreichischen Land- ärztlichen Dienstes schwieriger, es abzuleiten. Wir haben in den letzten Homepage der Ärztekammer begin- dentin, Vollsortiment und Fachberatung ist nicht durch eine Haus- tags einen Antrag auf Begrenzung der Dienstdauer werden auch für uns Ärztinnen und Jahrzehnten eine hochqualitative Me- nen wird. Erst nach dieser transpa- apotheke zu ersetzen, möchte ich nur sagen, dass die Fachberatung, auf maximal 25 Stunden. Ärztekammer-Referentin Ärzte die Planungen der Dienste etwas dizin entwickelt, an der wir selbst oft renten Diskussion, die zu fachlich welcher Patient welches Medikament bekommt, logischerweise bei Dr. Röper-Kelmayr wies vor allem auf die qualitäts- schwieriger, aber neue Arbeitszeitmo- etwas leiden, weil sich dadurch auch guten Ergebnissen führen muss, ist den Ärzten besser aufgehoben ist. Ich gebe aber der Apotheker- gefährdenden Begleiterscheinungen von überlangen delle sind gefragt, um uns zu motivie- eine ausufernde Qualitätsdokumenta- an eine Beschlussfassung der neuen präsidentin Recht, wenn Sie zur Zusammenarbeit im Sinne der Diensten hin: „Nach 25 Stunden nach Hause gehen zu ren weiterhin mit großen Engagement tion entwickelt hat. Diese Qualität des Rasterzeugnisse zu denken. ■ Patienten mahnt, und nicht zu einem Gegeneinander. Deshalb können, nach einem durchgehenden Dienst, das be- in den Spitälern zu arbeiten, denn eine medizinischen Handelns – nicht der sollten sich Apotheker und Ärztevertreter schnellstens zusammen- deutet einen Akt der Sicherheit für den Arzt und einen Umfrage zeigt klar auf, dass sich viele Dokumentation – gilt es zu erhalten setzen und einen neuen, der Zeit und der Versorgung entsprechen- Akt der Sicherheit für den Patienten.“ Kolleginnen und Kollegen unter diesen und nicht um Jahre zurückzuwerfen. ■ den, Apothekengesetzentwurf mit der Politik verhandeln.“ ■ Bedingungen nicht vorstellen können Beide Berufsgruppen haben unter- bis zum 65. Lebensjahr im Kranken- schiedliche Aufgabengebiete und das haus zu arbeiten. Wir werden jedenfalls ist gut so. Es gilt die Zusammenarbeit Erinnerung: ELGA-Spot auf y-doc die Regierung klar und deutlich auffor- der verschiedensten Berufsgruppen dern mit uns gemeinsam die Modelle im Gesundheitswesen noch besser zu für eine lebbare Arbeitszeitbelastung zu gestalten, daran sollten wir arbei- erarbeiten. Ideen haben wir ja schon ten und nicht daran, die Kompetenz Seit 1. Februar 2014 läuft viele an den Bund herangetragen. anderer Berufsgruppen abzugraben. Ihr Präsident Dr. Peter Niedermoser ein 45 Sekunden langer Spot Vizepräsident OMR Wir werden das als Ärzteschaft sicher Linz, im März 2014 über ELGA auf den Fernse- Dr. Klaus Haslwanter zu ELGA: Kompetenzvertiefung zu verhindern wissen. hern der OÖ Ordinationen und Kompetenzerweiterung und wird noch bis 31. März Wir Ärzte sind nicht gegen Systemerneuerungen, aber ELGA? Ein anderer Bereich der derzeit inten- Neue Rasterzeugnisse ausgestrahlt. Sicher nicht in dieser Form. Erstens erfasst das System nur ei- sive Diskussionen auslöst ist ein Papier Seit längerer Zeit diskutieren wir mit nen Bruchteil der Daten. Zweitens bietet es keine Suchfunktion des ÖBIGs zum Thema der Kompe- den wissenschaftlichen Gesellschaften Dieser wurde von der ELGA an. Drittens werden Krankenhausbefunde schon jetzt rasch und tenzvertiefung und Erweiterung durch der Sonderfächer und dem Ministe- GmbH in Auftrag gegeben. Die Ärztekam- digital an den Haus- oder Facharzt übermitteln. Und das alles das Pflegepersonal. Ich habe darüber rium die neuen Ausbildungskatalo- mer für OÖ hat sich bemüht, diese Schaltung zu verhindern. völlig abgesehen von der Datensicherheit. Wir erinnern uns: schon mal berichtet. Gegen Kompe- ge. In der Systematik des Aufbaues Jedoch entzieht sich diese Entscheidung unserer Einflussnah- Datenleck bei der Apothekerkammer und jetzt auch die Daten- tenzvertiefung ist per se nichts ein- dieser Fächer ist nun ein Konsens me. In der letzten Kuriensitzung wurde zudem entschlossen, panne beim BIFIE. Sensible Daten gehören geschützt und dieser zuwenden. Da ist ja noch Raum ge- gefunden worden. Wie bereits mehr- keinen Gegenspot produzieren zu lassen. Wir distanzieren Schutz ist bei der derzeitigen Form von ELGA nicht gegeben. ■ geben durch das Guk und vieles, was fach dargestellt, werden die neuen uns aber in allen Maßen von dieser Einschaltung. der Pflege hier erlaubt ist, ist noch gar Ausbildungskataloge einen modularen 4 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 5
Coverstory Zeitschrift für Gesundheitspolitik: Aktuelle Herausforderungen der Landmedizin In der ersten Ausgabe 2014 widmet sich die Zeitschrift für Gesundheitspolitik der In manchen Regionen in Österreich sind die Bevölkerungszahlen rück- Daher gibt es heute bereits zahlreiche Projekte zur Frage, was mit den peripheren Gebieten langfristig passiert, wenn es keine Ärzte läufig wie etwa in der westlichen Obersteiermark oder in Oberkärn- Förderung der Landmedizin: die EU unterstützt und keine Infrastruktur mehr geben wird. Im zentralen Blickpunkt dabei steht der ten). Dies wirkt sich vor allem auf die Infrastruktur aus, da es zu einer Projekte zur Telemedizin, bei der etwa Diagnosen immer massiver werdende Mangel an Landärzten und welchen Anforderungen es Erhöhung der Erhaltungskosten kommt und die Etablierung bzw. Auf- oder Rezepte mit Hilfe von Datenübertragungen bedarf, dieser tristen Zukunftsperspektive entgegen zu wirken. Zudem präsen- erstellt werden, die Ärztekammer fordert höhere Vergütungen und flexiblere Arbeitszeiten sowie tiert die Zeitschrift erstmals die Rubrik „Auf den StandPunkt gebracht“, in der Bevölkerungsrückgang verursacht Bevölkerungsrückgang: neue Kooperationsformen für Landärzte und in verschiedenste Experten aus der Standesvertretung der Ärzte in Österreich zum Der Teufelskreis des Einwohnerrückgangs nach Hahne (Grafik: Hahne 2010) Deutschland gibt es seit 2012 das Versorgungs- Schwerpunktthema Stellung beziehen. strukturgesetz, das den ländlichen Raum für Ärzte wieder interessanter machen soll. Attraktivitäts- Im ersten Beitrag geht Diplom Politologin Eva Kuhn vom Berlin-Institut für verlust Bevölkerung und Entwicklung der Frage nach, ob Gesundheitsversorgung mittler- weile zum Luxusgut geworden ist und beschäftigt sich mit dem Thema der ärztlichen Investitions- Verringerung Eine aussterbende Spezies? Dienstleistungen bei Bevölkerungsrückgang im ländlichen Raum. » bereitschaft nimmt ab öffentlicher Investitionen Im Jänner 2014 wurde durch das Linzer Institut für Gesundheitssystem-Forschung (LIG) eine Einwohner- Befragung zum Thema „Der niedergelassene rückgang Land(Arzt) – vom Aussterben bedroht?“ durch- Angebotsvielfalt Sinkende geführt und die Ansichten der Turnus-, Kassen- Privatwirtschaft kommunale und WahlärztInnen in Oberösterreich erhoben. sinkt Einnahmen Gesundheitsökonomin Mag. Katharina Riedler vom LIG fasst in ihrem Beitrag die wesentlichs- Kaufkraft- Unterauslastung ten Erkenntnisse zusammen und weist auf über- verlust Infrastruktur raschende Ergebnisse hin. Grundsätzlich bestehe laut Umfrage unter den Turnusärzten ein potenzielles Interesse, sich rechterhaltung von Schulen, Arztpraxen oder Krankenhäusern dadurch niederzulassen und als Hausarzt am Land zu nicht mehr rentabel werden. Die Folge? Die zurück zu legenden Wege praktizieren. Vor allem Turnusärzte in Ausbildung werden noch weiter, noch mehr junge Menschen ziehen aus den Regio- zum Allgemeinmediziner sind mit 16,4% im » nen fort und übrig bleibt die älte- re Bevölkerung. Kuhn bezeichnet dies als „Teufelskreis der Schrump- Bereitscheift der Turnusärzte und Turnusärztinnen sich (eventuell) mit Kassenvertrag fung“, der auch am Wegbrechen als Landarzt / Landärztin in einer kleinen Gemeinde niederzulassen der Landarztpraxen maßgeblich beteiligt ist – und umgekehrt. Ja, das ist mein erklärtes Ziel Eventuell Nein, auf keinen Fall Wollen keinen Kassenvertrag Wollen keine Niederlassung Für jene Ärzte, die am Land ar- 50 % beiten, bedeutet dies überfüllte Praxen, weil viele Ärzte in Pension 40 % gehen, ohne dass die Nachfolge gesichert ist. Und Nachfolger gibt 30 % es deswegen keine, weil Ärzte nicht bevorzugt in peripheren Gebieten 20 % praktizieren wollen und der Trend eher in Richtung Fachärzte geht. 10 % Hinzu kommen noch die schlech- ten Arbeitsbedingungen, die es zum 0% Beispiel Frauen fast unmöglich Turnusärzte Turnusärzte in Ausbildung Turnusärzte in Ausbildung © Fotolia.de machen, Familie und eine Land- zum Allgemeinmediziner zum Facharzt arztstelle zu vereinbaren. 6 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 7
Coverstory Vergleich zu Turnusärzten in Ausbildung zum Facharzt lung berücksichtigt werden, dass eine Hausapotheke mitt- Rot-Kreuz-Schwester, die z.B. bei Antragstellungen für Pflege- Auf den StandPunkt gebracht Spitzenreiter. Die fachliche Herausforderung, die dieser Be- lerweile einen wesentlicher Faktor für die Übernahme einer gelder behilflich ist oder auch notwendige Hausbesuche rasch Die neue Rubrik beinhaltet Positionen und ExpertInnen- ruf mit sich bringt, wird als sehr positiv angesehen. Landarztpraxis darstellt und somit auch die medizinische und unbürokratisch durchführt. wissen aus der Standesvertretung der Ärzte und Ärztinnen Versorgungssicherheit der Landbevölkerung mitbestimmt. in Österreich zum jeweiligen Schwerpunktthema. MR Dr. Dennoch zeigt sich auch ein großer Anteil an Unentschlos- Landesspezifische Regelungen Edgar Wutscher, zweiter Kurienobmann-Stellvertreter der © Fotolia.de senen, die gute Bedingungen brauchen, um sich letztendlich Gesundheitszentrum St. Agatha – ein Vorzeigeprojekt des Bereitschaftsdiensts niedergelassenen Ärzte in Tirol, kritisiert, dass die Politik für diese Berufswahl zu entscheiden. Ein positives Beispiel zur Sicherung der ländlichen Gesund- Mag. Martin Keplinger, nach wie vor das Problem der Nachbesetzung von Ver- heitsversorgung ist das Gesundheitszentrum St. Agatha, das Leiter der Abteilung tragsarztstellen am Land nicht erkennt. Dabei sei die Lage Große Einigkeit unter den Befragten herrscht darüber, dass 2013 seine Eröffnung feierte. Patientenorientierung, inter- Vertragsarztstellen & mehr als prekär, denn laut Dr. Wutscher ist die Thematik sich die Arbeitsbedingungen für niedergelassene Ärzte und disziplinäre Zusammenarbeit und Kooperationen mit nicht- IT, sowie Gesund- des Landärztemangels noch nicht auf ihrem Höhepunkt speziell für Landärzte in den letzten Jahren verschlechtert ärztlichen Dienstleistern sowie ständige Fortbildung sind heitsökonomin Mag. angelangt. Im Gegenteil. Er sieht langfristig eine haben. Einkommen, steigende Bürokratie und zu viele zentrale Merkmale, die den Erfolg für das Projekt garantieren. Katharina Riedler Verschärfung der Problematik, die vor allem durch die Nacht- und Wochenddienste werden als maßgebliche nega- Nicht zu vergessen die Hausapotheke, die in der Mitte des haben sich in ihrem belastenden Bereitschaftsdienste, schlechte Bezah- tive Faktoren gesehen. Aber auch die mangelhafte Ausbil- zweistöckigen Hauses einen prominenten Platz eingenom- gemeinsamen Bei- lung und die degressive Gestaltung von Kassenver- dung während des Turnus und die Regelungen für bzw. men hat und eine der wichtigsten Leistungskomponenten trag die Ausgestaltung, trägen noch forciert wird. Er appelliert an die Politik, wider den Erhalt von Hausapotheken erfahren große Kritik. für die Patienten darstellt, da die notwendigen Medikamente Problemstellungen und die Situation endlich zur Kenntnis zu nehmen und sofort zur Verfügung stehen und so im Extremfall sogar ein Empfehlungen der ärzt- Lösungsvorschläge der Ärztekammern zu akzeptieren Hausapotheken als wichtiger Wirtschaftsfaktor Krankenhausaufenthalt vermieden werden kann. lichen Bereitschaftsdienste und auch umzusetzen. Wie die Neuregelung der Arzneimittelversorgung in Öster- in Österreich näher angesehen reich aus rechtspolitischer Überlegung heraus betrachtet Über die Entstehung dieses Vorzeigeprojekts und die bisher und durchdiskutiert. Dr. Doris Müller, Turnusärztevertreterin in der Ärzte- werden muss, stellt Hon.-Prof. Dr. Felix Wallner, Kammer- gesammelten Erfahrungen haben die Allgemeinmediziner kammer für Oberösterreich, sieht die Ursachen dafür, dass amtsdirektor in der Ärztekammer für OÖ, klar. Haus- Dr. Johanna und Martin Schiffkorn in einem persönli- Grundsätzlich stellt der Bereitschaftsdienst für viele Ärzte junge Mediziner nicht gerne eine Praxis am Land führen apotheken spielen gerade in der heutigen Zeit für eine chen Gespräch mit Gesundheitsökonomin Mag. Katharina eine enorme Belastung dar und ist somit einer der wesent- wollen, maßgeblich in den schlechten Rahmenbedingun- Landpraxis eine wesentliche wirtschaftliche Rolle. Die Riedler geschildert. lichen Faktoren, warum sich viele Ärzte nicht für eine Praxis gen, die mit der Funktion eines Landarztes einhergehen. Regelungen über die Verteilung von Hausapotheken sind ein am Land entscheiden wollen. Denn befinden sich nur zwei Darüber hinaus kritisiert sie die derzeit kaum vorhandene gewichtiger Grund, warum viele Arztpraxen am Land keine oder drei Ärzte in einem Dienstrad, heißt das automatisch und qualitativ schlechte Ausbildung, die angehende Ärzte Nachfolger mehr finden. Durch das Apothekergesetz 2006 mehr Nacht- und Wochenenddienste und in Folge – in Kom- im Rahmen ihres Turnus absolvieren. Sie fordert eine Auf- mussten viele Landpraxen ihre Hausapotheken aufgeben bination mit den normalen Öffnungszeiten – Arbeitszeiten, wertung der Ausbildung, vor allem durch eine Lehrpraxis, bzw. jenen, die sich jetzt noch haben, wird ein langfristiger die sich mit einer modernen Work-Life-Balance nicht mehr in der die Jungärzte auf die Anforderungen als Landarzt Erhalt nicht garantiert. vereinbaren lassen. vorbereitet werden. » Dabei war es seit der ursprünglichen Fassung des Apotheker- Um diesem Trend entgegenzuwirken bedarf es neuer Model- rechts aus dem Jahr 1906 so, dass praktisch in Ballungszent- le, um einerseits den Bereitschaftsdienst für die Bevölkerung ren die Arzneimittelversorgung durch Apotheken geregelt sicherzustellen und andererseits für die teilnehmenden Ärzte wurde, während diese Aufgabe in dünner besiedelten Gebie- akzeptable Lösungen zu finden. Der Artikel stellt den Bereit- ten von Hausapotheken erfüllt wurde – ein duales System der schaftsdienst in Österreich vor und zeigt wie dieser in den Arzneimittelversorgung, das erst durch Neuregelungen der einzelnen Bundesländern derzeit organisiert und finanziert © Fotolia.de jüngsten Vergangenheit in Frage gestellt wurde. Zwar hat der wird. Wien wurde dabei nicht angeführt. Die gravierends- Gesetzgeber in der letzten Novelle zum Apothekergesetz 2006 ten Probleme in den meisten Bundesländern ergeben sich explizit genau dieses Mischsystem festgelegt, jedoch wurde durch einen Mangel an Ärzten in gewissen Sprengeln und die Abgrenzung an den Stellenplan geknüpft, der festlegt, dass Das Gesundheitszentrum bietet durch die Hausarztpraxis von der Schwierigkeit, Vertretungen für Bereitschaftsdienste in „Ein-Kassenarzt-Gemeinden“ eine Hausapotheke geführt Herrn Dr. Schiffkorn und den komplementärmedizinischen (etwa Wahlärzte) zu finden. In Kärnten und Niederösterreich werden soll und es für Apotheken keine Konzession gibt. Leistungen seiner Frau ein umfassendes allgemeinmedizini- sind daher bereits Diskussionsprozesse zur Umgestaltung Problematisch ist diese Regelung insofern, dass eine Ände- sches Angebot. Zudem sind eine Fachärztin für Neurologie, des Bereitschaftsdienstes im Gange und in der Steiermark rung des Stellenplans sich automatisch wieder auf diese ein Optiker und eine Diabetesschwester im Zentrum un- wurde es bereits ermöglicht, dass Wahlärzte im eigenen Grenzziehung auswirkt. So können sowohl Hausapotheken tergebracht. Mit April ist zusätzlich noch eine Orthopädin Namen am Wochentagsdienst in der Nacht partizipieren als auch Apotheken rasch ihre Berechtigung verlieren. Zudem einquartiert. Das Bemerkenswerte: außer dem Allgemein- (anstatt in Vertretung des Kassenarztes) und direkt mit den ist es auch in „Ein-Kassenarzt-Gemeinden“ nicht möglich medizinern Dr. Schiffkorn handelt es sich bei allen anderen Krankenversicherungsträgern abrechnen können – eine eine Hausapotheke zu führen, wenn innerhalb von 6 Straßen- Ärzten um Wahlärzte, deren kostenpflichtigen Leistungen die Maßnahme zur Erleichterung der Vertreterfindung und kilometern eine Apotheke besteht – ein Weg, der für ältere Bevölkerung aber gerne in Anspruch nimmt. Grund dafür ist damit zur Entlastung der Kassenärzte. In Salzburg Stadt soll Menschen sehr beschwerlich sein kann. die unmittelbare Nähe und schnelle Erreichbarkeit der Ärzte der Bereitschaftsdienst ebenfalls umgestaltet werden, um sowie der weitaus größere Zeitaufwand, der jedem Patienten das erklärte Ziel, eine Entlastung der Spitalsambulanzen, zu Ein Vorschlag wäre laut Dr. Wallner eine Abgrenzung zwi- individuell zur Verfügung steht. erreichen. Ausgedehnte Ordinationszeiten sind eine der schen Apotheken- und Hausapothekengemeinden anhand Ideen, die dazu beitragen sollen. der Bevölkerungsdichte festzuschreiben. Und zwar anhand Dass es den Mitarbeitern im Gesundheitszentrum immer einer Liste, auf der explizit angegeben ist, in welchen Regio- nur um die Patienten und deren Bedürfnisse geht, beweist Oberösterreich hat mit seinem im Jahr 2013 gestarteten nen Apotheken und in welchen Gebieten Hausapotheken unter anderem auch die Kooperation mit dem Revital Hotel Pilotmodell des Hausärztlichen Notdienstes im Bezirk Perg die Arzneiversorgung übernehmen und die alle 5 Jahre Kocher, das den Patienten einen raschen und unkomp- eine der Vorreiterrollen übernommen. Das Projekt war im aktualisiert werden könnte. Aufwendige Genehmigungs- lizierten Zugang zu physiotherapeutischen Behandlungen letzten Jahr so erfolgreich, dass es 2014 bereits auf die Bezir- verfahren würden sich dadurch erübrigen und es ergebe sich ermöglicht. Zudem stehen die Ärzte in enger Zusammen- ke Grieskirchen und Eferding ausgeweitet wurde und weitere eine erhöhte Rechtssicherheit. Jedenfalls muss bei der Rege- arbeit mit einer diplomierten Psychologin und einer » Bezirke eine Übernahme ebenfalls andenken. 8 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 9
Coverstory Coverstory © Fotolia.de Das Versorgungsstrukturgesetz Im letzten Beitrag beschäftigt sich Dr. med. Bernhard Gibis, Leitung Dezernat 4 im Geschäftsbereich Sicherstellung und Versorgungsstruktur in der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung Berlin mit der Thematik der Bedarfsplanung von Land- arztstellen in Deutschland. Das 2012 eingeführte Versorgungs- strukturgesetz soll dem beständigen Ärzteschwund am Land entgegenwirken. Als erste Maßnahme wurde bis 1. Jänner 2013 ein Planungssystem den aktuellen Anforderungen angepasst. In einem zweiten Schritt wurden auf Landesebene entsprechende Fördermaßnahmen für unterversorgte Gebiete weiterentwickelt. Besonderes Augenmerk im Rahmen der Bedarfsplanung wurde auf die demographischen Faktoren der jeweiligen Regionen gelegt. Besonderen Bedacht versuchte die Reform auf den Im StandPunkt von Dr. Reinhold Glehr, Präsident der Raumbezug zu nehmen, also einer Gleichverteilung der Ärzte Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin mit einem angemessenen Einzugsgebiet je Fachgruppe. So kann (ÖGAM), liegt der Fokus auf der Wirtschaftlichkeit. Viele das Einzugsgebiet eines Radiologen beispielsweise größer sein Landarztpraxen sind heute mit zahlreichen Einflussfaktoren als das eines Hausarztes. Die Verhältniszahlen (Arzt-Patienten) konfrontiert, die sich maßgeblich auf die Wirtschaftlichkeit wurden zuvor immer auf den Kreis oder die kreisfreie Stadt be- der Praxen auswirken, u.a. dem Einzugsgebiet, der Abwan- zogen, die eine gewisse Raumblindheit des Systems verursachte, derungsproblematik oder der geographischen Situation. Vor besonders weil die (Land-)Kreise immer größer wurden. Für allem jene Landarztpraxen, denen die Hausarztpraxis ent- die zukünftige Bedarfsplanung wurden vier Ebenen der Ver- zogen wurde, haben stark an wirtschaftlicher Atrraktivität sorgung definiert, für die jeweils andere Einzugsgebiete gelten: verloren. Darum müsse es zu einer Reihe von Maßnahmen erstens die hausärztliche Versorgungsebene, zweitens die allge- kommen, um das Überleben von Landarztpraxen auch mein fachärztliche Versorgungsebene, drittens die spezialisier- künftig zu sichern. Eine besondere Bedeutung müsse laut te fachärztliche Versorgungsebene und viertens die gesonderte Dr. Glehr vor allem einer monetären Sonderstellung durch fachärztliche Versorgungsebene. Speziell bei der hausärztlichen die Kassen zukommen. Als positives Beispiel sieht er das Versorgung ergibt sich daraus eine wesentlich feingliederige in Deutschland gängige Versorgungsstrukturgesetz. Eine räumliche Erfassung, sodass Versorgungslücken besser sichtbar weitere Möglichkeit wäre, Ärzte, die in unterversorgten gemacht werden können. Gebieten für einen bestimmten Zeitrahmen tätig sind, bei einer eventuellen späteren Bewerbung in städtischen Diese Lücken können jedoch nicht durch Planung alleine Räumen zu bevorzugen. gefüllt werden, sondern es bedarf Anreize, um Ärzte für die Versorgung am Land zu gewinnen. Entscheidend dabei ist aber nicht ausschließlich die Vergütung. Nach Dr. Gibis sind Fak- toren wie Schulen, adäquate Arbeitsplätze für den Ehepartner sowie ein gutes Kulturangebot ebenfalls wichtig. Darum müsse es zu Bemühungen auf allen politischen Ebenen kommen, um das medizinische Angebot am Land sicherstellen zu können. ■ Mag. Gabriele Dietrich Die Zeitschrift für Gesundheitspolitik (ZGP) erscheint 4 x jähr- lich und wird vom LIG – Linzer Institut für © Fotolia.de Gesundheitssystem- Forschung – heraus- gegeben. Die aktuelle MR Dr. Wolfgang Ziegler, Kurienobmann-Stellvertreter der Ausgabe steht zum niedergelassenen Ärzte in Oberösterreich, sieht das Problem Download bereit: des Ärztemangels vor allem im Bereich des zu verrichtenden Notdiensts angesiedelt. Derzeit verrichten in Oberösterreich www.aekooe.at etwa 600 ÄrztInnen Notdienste in rund 100 Dienstspren- geln. In ländlichen Gebieten ist die Häufigkeit des Nacht- Wollen Sie die ZGP dienstes noch um einiges höher. Gemeinsam mit den regu- kostenlos abonnieren? lären Ordinationszeiten, ist ein Anspruch auf Freizeit oder Bitte kontaktieren Sie Familienleben meist nicht mehr möglich. Lösungsansätze Mag. Katharina Riedler: sieht Dr. Ziegler in der Vergrößerung der Dienstsprengel riedler@aekooe.at, und der Erweiterung von Modellen wie dem Hausärztlichen Telefon 77 82 71-320. Notdienst im Bezirk Perg. 10 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 11
Aktuelles © Fotolia.de Wie bekannt wurde, droht die Europäische Kommis- Chronische Überlastung der Mediziner ist für alle gefährlich. sion Österreich mit einer Vertragsverletzungs-Klage, wenn die grundsätzlich europaweit gültigen Arbeits- zeit-Standards in den Spitäler nicht endlich eingeführt werden. „Der Raubbau an den Spitalsärztinnen und Spitalsärzten darf nicht weiter ein tragendes Element für das Funktionieren der österreichischen Krankenhäuser sein“, ist der Bundesobmann überzeugt. Den Nutzen einer geregelten Arbeitssituation sieht er sowohl für die Ärzteschaft als auch die Patienten, denn durchgehende Dienst bis zu 49 Stunden „sind für beide Gruppen gleichermaßen unerträglich. Sie führen zu chronischer Überlastung der Mediziner und gefährden die Patienten.“ Aktuell liegt es am zuständigen Sozial- Zu lange Arbeitszeit für Ärzte: EU droht mit Klage ministerium die Karten neu zu mi- OÖ Nachrichten, 21.03.2014 schen, denn es bedarf sozial ver- Arbeitszeit träglicher sowie organisatorisch möglicher Lösungen – und das denkbar rasch. ■ Mag. Christina Holzner © Fotolia.de in Spitälern – EU-Mahnung: Ärzte arbeiten zu viel Die Presse, 21.03.2014 Ärztedienste: EU treibt Spitäler an Der Standard, 21.03.2014 EU greift ein Die Schlagzeilen der letzten Wochen sprechen für sich: Das Thema Ärzte-Arbeitszeit hat die „Europa-Haupt- EU mahnt Österreich zu kürzerer Ärzte-Arbeitszeit stadt“ Brüssel erreicht. Laut Europäischer Union ist Der Standard, 21.03.2014 völlig klar, dass die EU-Arbeitszeitrichtlinie natürlich ebenso für Mediziner gilt. Aufgrund ihrer Nichteinhaltung droht die EU Öster- reich nun mit einer Klage. Für Bundesobmann der An- gestellten Ärzte, Dr. Harald Mayer, ist es bedauerlich, Ärztearbeitszeiten: Neuer Druck durch die EU dass es Schritte seitens der EU bedarf, damit Österreich ORF online, 20.03.2014 mit den überlangen Arbeitszeiten in den Spitälern end- lich aufräumt. „Seit Jahren spricht die Ärztekammer die unzumutbaren Arbeitszeiten in den Krankenhäusern immer wieder an, „Wir können die Ärzte nicht herzaubern“ leider wurden wir bis dato ignoriert, damit ist jetzt aber Gespag-Vorstand Karl Lehner in den OÖ Nachrichten, 22.03.2014 Schluss“, gibt sich Dr. Mayer zuversichtlich. » „Der Raubbau an den Spitalsärztinnen und Spitalsärzten darf nicht weiter ein tragendes Element für das Funktionieren der österreichi- „Zaubern ist nicht nötig“ schen Krankenhäuser sein.“ Ärztekammerpräsident Dr. Peter Niedermoser, 24.03.2014 Kurienobmann der angestellten Ärzte Dr. Harald Mayer 12 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 13
Aktuelles Die ärztliche Meinung dem Dornröschenschlaf zu wecken und einer Anpassung an die Schnelllebigkeit der heutigen Zeit. Doch es ist wie überall im Leben: Die Dosis macht das Gift. Und selbst wenn die Absicht bei allen drei Neuerungen eine gute gewesen war, so war sie gut gemeint, aber gut gemeint ist das Gegenteil von gut. „Wir Ärzte haben konstruktive Vorschläge um Ablehnung, Verunsicherung Neue Ansätze im Gesundheitssystem sind nicht per se „Wir Ärzte haben viele konstruktive Vorschläge, und Informationsdefizite der Patienten so gering wie möglich zu schlecht. Grundsätzlich steckt in ihnen sogar großes Poten- diese müssen nur endlich gehört werden.“ halten. Diese sollten gehört und unsere Expertise nicht einfach tial, wenn man es denn richtig ausschöpft. Hierfür würde Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte so umgangen werden“, betont Dr. Thomas Fiedler. So wäre die MR Dr. Thomas Fiedler Bundesregierung laut dem Kurienobmann der niedergelassenen © Fotolia.de sich die Zusammenarbeit mit Ärzten anbieten, schließlich sind sie Experten, wenn es um Gesundheitsthemen geht. Ärzte gut beraten, Änderungen in Zukunft nur in Absprache mit So ist es dem ersten Anschein nach logisch, Mediziner bei den Ärzten einzuführen. „Denn dann können sowohl der Arzt, als auch der Patient davon profitieren“, erklärt Dr. Fiedler. ■ Reformen und Veränderungen miteinzubeziehen. Schade vor. Schließlich geht es um das Wohl der Patientin, die Erziehungsberechtigten von Kindern bis zum 15. nur, dass immer öfter darauf vergessen wird. Zahl der Mammografien ist jedoch seit Beginn des Jahres Lebensjahr, denn seit Jänner 2014 wird die HPV- Mag. Christina Holzner / Franz Schöffmann erschreckend gesunken. Die Zuweisung zu einer Vorsorge, Impfung zur Gänze bzw. teilweise von der öffentlichen Mit Beginn dieses Jahres gingen gleich drei Neuerungen im wie bisher durch den behandelnden Gynäkologen, ist nicht Hand für Kinder der 4. Schulstufe und Jugendliche Gesundheitssystem an den Start: Das Mammografie-Scree- mehr vorgesehen außer „es besteht schon ein Verdacht auf bis zum 15. Lebensjahr finanziert. Unglücklicherweise ning, die HPV-Impfung und die elektronische Gesundheits- Brustkrebs.“ Es wird schwierig, wenn man Ärzten die Mög- sind die wenigsten Eltern über die neue Impfung in- akte ELGA. Gutgemeinte Vorschläge der Ärzte zur besseren lichkeit nimmt, auch präventiv zu handeln, Vorsorgemo- formiert oder aufgeklärt worden. Dr. Thomas Fiedler Akzeptanz bei den Patienten wurden nicht einmal gehört. delle sind und bleiben unerlässlich. Das wird auch den Pati- hat für die Ängste und Wünsche der Patienten größtes So ist das Mammografie-Screening nun eine Behandlung für enten immer wieder vermittelt. „Nun auf einmal das Thema Verständnis. „Natürlich wollen Eltern wissen um was Frauen zwischen 45 und 69 Jahren. Für Kurienobmann der Brustkrebs auf eine bestimmte Altersgruppe zu reduzieren ist es sich dabei handelt und was ihren Sprösslingen in- niedergelassenen Ärzte MR Dr. Thomas Fiedler eine Farce: schlichtweg falsch, Beratung und Vorsorge sind ein wichtiges jiziert wird.“ Viele wissen zum Beispiel nicht, warum „Gerade bei Brustkrebs ist die Früherkennung besonders Gut und müssen weiterhin im Mittelpunkt stehen.“ sie ihre Knaben gegen Gebärmutterhalskrebs impfen wichtig, Beratung und Vorsorge müssen auch weiterhin im lassen sollen. Gerade bei solchen Fragen ist der Medi- Zentrum stehen und von den Ärztinnen und Ärzten ver- Über Nebenwirkungen sprechen Patienten… ziner der richtige Ansprechpartner. „Schließlich ver- mittelt werden. Hier besteht eindeutig Handlungsbedarf logischerweise mit dem behandelnden Arzt. Das wissen die trauen uns die Patienten, aber leider ist mit uns Ärzten – schnellstmöglich!“ Die Einführung des österreichweiten meisten Eltern und nur wenige scheuen sich davor, dem Arzt auch hier im Vorfeld nicht gesprochen worden“, ver- Brustkrebs-Früherkennungsprogrammes im Jänner 2014 des Vertrauens alle Fragen zu stellen – Recht so. Zur Zeit stärkt er seinen Wunsch nach mehr Informationen bei ruft unter seinen Kollegen größtenteils Kopfschütteln her- besteht ein enorm erhöhter Informationsbedarf bei » Veränderungen im Gesundheitssystem – sowohl für Arzt, als auch Patient. Dorn im Auge © Fotolia.de Den größten Dorn im Auge stellt für den Kurienob- mann der niedergelassenen Ärzte jedoch weitestgehend die Einführung der elektronischen Gesundheitsakte ELGA dar. Ebenso mit Jänner 2014 gestartet, wird den Patienten eine sogenannte Opt-Out Möglich- keit angeboten, was nichts anderes bedeutet, als man scheint automatisch im System auf – es sei denn – man meldet sich mittels Widerspruchsformular ab. „Ganz zu schweigen von den Sicherheitslücken und dem Mehraufwand für den Arzt, der mit ELGA einhergeht“, kritisiert Dr. Thomas Fiedler. Generell ist das Thema elektronische Daten eines, welches mit Samthand- schuhen angefasst werden will, wie schon die Apo- thekerkammer Ende letzten Jahres am eigenen Leibe erfahren musste. „Hier hört sich der Spaß einfach auf“, unterstreicht er. Auch wenn die sogenannten Arbeits- erleichterungen in den Medien vielgerühmt werden, er halte nichts von diesem „Datenmonster“. „Bei der elek- tronischen Gesundheitsakte muss enorm viel verbessert werden, um überhaupt einen Mehrwert erkennen zu können“, beanstandet der Kurienobmann. Die Moral von der Geschichte Wie schon eingangs festgestellt: Neue Ansätze im © Fotolia.de Gesundheitssystem dürfen nicht als grundsätzlich schlecht angesehen werden. Es bedarf öfter mal Ver- änderungen und Reformen um manche Systeme aus Keinem Patienten sollten präventive Behandlungen verwehrt werden. 14 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 15
Ärzteportrait © tom.mesic.com in Russland äußerst positiv. „Unser © privat Team war mit allem sehr zufrieden. Die Sportstätten waren extrem gut ausge- baut, die Abläufe perfekt organisiert und die Menschen unheimlich freundlich. Auch wenn es ab und zu sprachliche Barrieren gab, so war jeder bemüht, uns den Aufenthalt so schön wie möglich zu machen.“ Auch die Stimmung bei den Wettkämpfen empfand der Teamarzt als beeindruckend. Aus medizinischer Sicht gab es für Dr. Barthofer während der Spiele nicht allzu viel zu tun. „Meist ging es um virale Infekte, um die wir uns kümmern mussten. Gott sei Dank gab es keine Verletzungen, das ist natürlich immer eine besondere Herausforde- rung.“ So blieb ihm Zeit, auch die an- deren Wettkämpfe ein wenig genießen Die Spannung vor den Olympischen Spielen war groß, die Stimmung ausgelassen. zu können. Ein Arzt zwischen UKH und Sein schönstes Erlebnis neben der fulmi- © privat nanten Eröffnung? „Der zweite Platz im Team mit Thomas Morgenstern hat sportlichen Spitzenevents mich extrem berührt. Ich war ja bei seinem Sturz dabei und habe ihn erst- versorgt bzw.war ich auch in seine weitere Betreuung bis hin zur heiklen Thematik der Startfreigabe involviert. Dass er bei Olympia antreten konn- Für Dr. Jürgen Barthofer müsste der Tag 48 Stunden haben. Denn sein Termin- te und dann auch noch eine Silberne kalender ist mehr als voll. Als Koryphäe im Bereich der Unfallchirurgie mit Medaille mit nach Hause nimmt, ist Schwerpunkt Knie hält er neben der Routinearbeit im UKH Linz, der Arbeit in einfach eine unglaubliche Leistung!“ Die seiner Ordination und den zusätzlichen Operationen in der Diakonie zahlreiche Tatsache, dass Dr. Barthofer auch maß- Vorträge und ist Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Sport- geblich mit an Morgensterns Genesung medizin und Prävention. Und trotzdem nimmt er sich für eines immer gerne Zeit: beteiligt war, lässt er aber gerne außen vor. er sorgt als ÖSV-Teamarzt für das medizinische Wohl der österreichischen Ski- Was der Unfallchirurg vom Doping- springer und nordischen Kombinierer. Vorfall hält? „Ich finde solche Dinge einfach unheimlich traurig und ver- Dr. Jürgen Barthofer mit dem Team der Skispringer in Sotchi. Immer mit dabei die sich bis dahin angesammelt haben. antwortungslos, denn solche Ereignisse Begonnen hat seine Arbeit als ÖSV-Arzt 7 Tage werde ich von der AUVA auch schaden dem österreichischen Sport, vor © tom.mesic.com im Jahre 2008. „Ein Freund von mir, noch freigestellt. ÖSV-Teamarzt zu sein allem dem Langlaufsport immens. Es © privat Dr. Stephan Hainzl, war schon länger ist für mich einfach ein Hobby, das mir gibt so viele engagierte junge Lang- dabei und nachdem wir gemeinsam die irrsinnig viel Spaß macht“, erklärt der läufer und Langläuferinnen, die am Sportmediziner-Ausbildung absolviert charmante Arzt. Anfang ihrer Karriere stehen und über Seine Leidenschaft für den Sport hat hatten, und er über meine Sportbegeis- denen jetzt so eine schwarze Wolke private Wurzeln. Schon früh begeister- terung Bescheid wusste, hat er mich ins Bewegende Momente in Sotchi hängt. Das ist einfach nicht fair!“ te sich der gebürtige Steirer für Tennis. ÖSV-Team geholt.“ Genug zu erzählen hat er auch. Bei sei- 2000 zog er nach Linz, um seinen nen Erzählungen über die Tage in Sotchi Ausgefüllte Arbeitstage Turnus zu absolvieren. Seit 2003 ist er Erlebt hat Dr. Barthofer in den letzten leuchten seine Augen. „Ich bin das erste Zurück im Alltag bleibt dem Mediziner im UKH Linz tätig. Seinen Beruf mit 6 Jahren schon einiges. Von Jugend- Mal mit dem gesamten Team bei der kaum Zeit, in Erinnerungen zu schwel- der Begeisterung für Sport zu vereinen, olympiaden über die nordischen Welt- Eröffnung ins Stadion eingezogen und gen. Zu Vieles steht am Programm: die war für ihn immer schon ein Traum. meisterschaften bis hin zu zwei Olym- das war absolut überwältigend. Wenn alltäglichen Arbeiten und Operationen „Ich wollte von Anfang an mit Sportlern pia-Veranstaltungen in Vancouver und 40.000 Gesichter auf dich gerichtet sind, im UKH, die Vorträge, die Weiter- arbeiten“ so der 39-jährige Unfallchi- Sotchi war alles schon dabei. Wie sich die Musik aus den Lautsprechern schallt entwicklung auf seinem Fachgebiet und rurg. „Trauma, Knie und Sport waren das bei seinem vollen Terminkalender und alle applaudieren sind das Momen- nebenbei auch noch seine eigene Ordi- drei Bereiche, die mich immer schon überhaupt ausgeht? „Ich begleite die te, die ich sicher nie vergessen werde.“ nation. interessiert haben und so ist die Arbeit Sportler immer nur in ihrer Saison und Im Gegensatz zu vielen Medienberich- beim ÖSV einfach ein perfekter Mix nehme mir dafür fast meinen komplet- ten sind Dr. Barthofers Ausführun- „Mir macht die Arbeit Gott sei Dank und eine tolle Abwechslung!“ ten Urlaub bzw. auch die Überstunden, gen über die Olympischen Spiele » Die Erfolge der Österreicher wurden ausgiebig gefeiert. sehr viel Spaß, denn sie eröffnet mir » 16 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 17
Ärzteportrait Jede OP erfordert besondere Konzentration. Liebe Radsportbegeisterte! Wie so oft im Leben übt man Sachen aus, die einem so richtig Freu- de machen – das gilt natürlich auch im Radsport. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Ihnen das Gefühl zu geben. Wie? Indem wir vor dem Kauf vermessen und die körperlichen Geometrien und die Geometrien der jeweiligen Räder gegenüberstellen. Wir sind der Meinung, dass die Freude am Radsport nur so zu erzielen ist. Nach dem Kauf stellen wir die Sitzposition © tom.mesic.com mit Videoanalyse ein, somit ist sichergestellt das Sie nicht durch falsche Bewegungen schmerzen bekommen. Benötigen Sie weiter Informationen, dann besuchen so viele Felder, in denen ich mich weiter- Eine Aussicht, die den Mediziner be- Sie uns unter www.popaflo.at oder noch besser, entwickeln kann“, erzählt Dr. Barthofer sonders freut. „Letztes Jahr haben wir Termin unter popaflorin@aon.at vereinbaren und über seinen Beruf, der auch ein großes bereits in Belgrad und Linz das vordere wieder richtig Radsport genießen. Maß an Time-Management braucht. Kreuzband live operiert, das war schon Wir freuen uns auf Sie! Für nächstes Jahr ist eine Live-Opera- extrem spannend. Eine OP am hinteren tion am hinteren Kreuzband geplant. Kreuzband ist nochmals mehr etwas Mit (Rad)sportlichen Grüßen Besonderes, denn sie ist um einiges Florin Popa komplizierter als am vorderen Kreuz- band.“ Und noch eine Innovation liegt dem Arzt besonders am Herzen. „Wir haben angefangen, unsere OPs durch Fotostrecken zu dokumentieren. So können wir vor jeder Operation unse- ren Patienten und Kollegen, die zu uns zur Hospitation kommen die Durch- führung Schritt für Schritt erklären und © privat auch fotografisch präsentieren.“ Und wenn der 13-Stundentag des Un- Der Unfallchirurg Dr. Jürgen Barthofer ist eine Koryphäe auf dem Gebiet des Knies. fallchirurgen erledigt und die Saison als ÖSV-Teamarzt vorbei ist, widmet sich Dr. Barthofer die restliche Zeit seiner Ob er sich vorstellen könnte, nur für Familie, im Besonderen seiner zweijähri- den ÖSV zu arbeiten, verneint Dr. Bart- gen Tochter. „Sie ist unser Sonnenschein! hofer. „Ich brauche die Abwechslung Aber sie hält mich auch ordentlich auf und die Arbeit beim ÖSV ist wirklich © tom.mesic.com Trab. Langweilig wird mir daheim auch toll, aber in chirurgischer Sicht keine nicht“, erzählt der Mediziner mit einem Herausforderung.“ ■ Augenzwinkern. Mag. Gabriele Dietrich 18 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 19
Recht & Service | E x pe r tI n n e n-T i p p s Unterbringung bedeutet 2016 werden die Ordinationen nach der Qualitätssicherungsverordnung evaluiert. Wir informieren daher unsere Mitglieder in einer Serie bereits jetzt über die Anforderungen. Alle Themen www.aerztliches-qualitaetszentrum.at | Praxisevaluierung | nicht automatisch „Einsperren“ finden Sie unter: Qualitätskriterien Ein wegen Fremdgefährdung untergebrachter des Bezirksgerichtes vor, der Be- Mag. iur. Barbara Patient durfte aus therapeutischen Gründen unbe- schluss selbst regle jedoch weder Hauer, PLL.M. Praxis- aufsichtigt am Spitalsgelände spazieren gehen. „die Art, den Umfang und die Dauer Abteilungsleiterin Wieviele Parkplätze Er verließ unerlaubt das Krankenhausareal und der konkreten Bewegungsbeschrän- Medizinrecht evaluierung beging Selbstmord. Laut OGH besteht der geltend kung.“ Zudem besteht im Unter- © Fotolia.de gemachte Amtshaftungsanspruch der Mutter des bringungsgesetz der „Grundsatz 11 braucht eine Ordination Patienten gegen den Spitalsträger wegen Trauer- schmerzensgeld nicht zu Recht. des geringstmöglichen Eingriffs.“ Gemeint ist damit, dass Beschränkungen, welcher Art auch immer, nur „subsidiär“, also als letzte Möglichkeit in Frage kommen. und benötigen Sie einen Sachverhalt Aufgrund des Bestehens einer Psychose mit Wahnideen, war beim Sohn behindertengerecht ausgeführten Parkplatz? der Klägerin bis zuletzt die Gefahr von selbst- oder fremdschädigenden Ein Patient wurde wegen der Diagnose „paranoider Handlungen gegeben. „Konkret fassbar war für die Organe des Spitals Schizophrenie“ im Psychiatrischen Zentrum einer jedoch nur die Fremdgefährdung“. Bei derartigen Diagnosen ist zwar Krankenanstalt, zuerst auf der Akutstation und an- an sich die Gefahr einer Eigengefährdung gegeben, sie bestand jedoch schließend auf der Subakutstation untergebracht, erst beim Verlassen des Krankenhausareals durch Reizüberflutung und Mag. Alois Alkin, Die Festlegung der Regelung für Kassenärzte: wobei es sich bei beiden um offene Abteilungen genau dieses Entfernen war dem Patienten nicht erlaubt. Geschäftsführer Anzahl an Parkplätzen Für den Fall einer neuen Kassenstelle oder einer Praxisverlegung gilt handelte. Aufgrund depressiver Verstimmungen, Ärztliches erfolgt als Einzelfall- die Ergänzung zum RS 1134/2009: „Ein behindertengerechter Parkplatz einhergehend mit sich äußernder Zurückgezogen- Da sich der psychisch kranke Sohn bis zum Todeszeitpunkt an die Qualitätszentrum entscheidung durch die ist dann vorzusehen, wenn zusätzlich mindestens zwei „normale“ Park- heit des Patienten, wurden diesem, nachdem er die getroffenen Vereinbarungen gehalten hat, durften die behandelnden jeweilige Baubehörde. plätze verbleiben können. Allerdings nur dann, wenn nicht in zumutba- notwendigen Medikamente bereits einige Zeit oral Ärzte davon ausgehen, dass beim Patienten die „Paktfähigkeit“ in dem Die oberösterreichische rer Entfernung ein Behindertenparkplatz kostenlos zur Verfügung steht.“ eingenommen hatte, aus therapeutischen Zwecken Sinne, dass er seine Spaziergänge ausschließlich am Spitalsgelände unter- Bautechnikverordnung unbeaufsichtigte Spaziergänge am Krankenhaus- nimmt und das Areal nicht verlässt, gegeben ist. Der geltend gemachte (OÖ BauTV) gibt als Richtgröße einen Stellplatz pro 30 m2 In vielen Gemeinden gibt es inzwischen einen Behindertenparkplatz areal erlaubt. Der Patient war aus ärztlicher Sicht Anspruch der Mutter war daher mangels Verschuldens des Krankenhaus- Nutzfläche an, wobei Nebenräume, Gänge und WC darin im Zentrum, z.B. beim Gemeindeamt. Falls eine Ordination den- zu Vereinbarungen fähig und meldete sich beim personals nicht gerechtfertigt. Es besteht daher „keine Verpflichtung zu nicht gerechnet werden. Generell sind die vorhandene Bebau- noch von dieser Regelung betroffen ist, werden die Mehrkosten der Pflegepersonal ab und wieder zurück. Ein paar Mal einer ein Entweichen mit Sicherheit ausschließenden Verwahrung.“ ung und auch die Nähe zu öffentlichen Verkehrsmitteln ein Parkplatzerrichtung pauschal mit 1.500,-- € (vorläufig nur im Jahr pro Tag wurde die Station auf Anwesenheit der Grund, dass die Baubehörde weniger oder keinen Stellplatz 2014) von der GKK gefördert. Patienten überprüft, weitergehende Überwachungs- Diesen Artikel sowie weitere medizinrechtlich vorschreibt. Die oberösterreichische Bautechnikverordnung maßnahmen wurden nicht veranlasst. Zu diesem www.infofueraerzte.at ■ relevante Informationen finden Sie auch unter verlangt für Ordinationen keinen behindertengerechten Park- Die Mindestbreite für einen solchen Parkplatz beträgt 350 cm, da Zeitpunkt bestand nach wie vor eine Fremdgefähr- platz, da dies erst ab 25 bzw. bei bestehenden Bauten ab 50 dieser zusätzlich zum Stellplatz auch 120 cm Einstiegsfläche braucht dung gegen die Mutter des Patienten, der Kläge- Stellplätzen vorgeschrieben ist. (s. Skizze). ■ rin, jedoch gab es keine konkreten Anzeichen für Selbstmord. Der Sohn entfernte sich unbefugt von der Anstalt und nahm sich das Leben. Amtshaftungsklage der Mutter des Patienten Die Mutter des Patienten forderte mittels Amts- haftungsklage gegen den Krankenanstaltenträger € 15.000,-- als Schmerzensgeld für die dadurch erlittene psychische Beeinträchtigung als Folge der Trauerreaktion. Begründet wurde dies vor allem da- mit, dass ihr Sohn in einer geschlossenen Anstalt behandelt werden hätte müssen und das Kranken- hauspersonal seine Aufsichtspflicht verletzt hätte. Unterbringung auch an offenen Abteilungen möglich Der OGH (1 Ob 109/13f ) führte diesbezüglich aus, dass „der Vollzug der Unterbringung nicht aus dem Grund rechtswidrig war, weil er in einer offe- nen Variante statt fand.“ Bei dem Patienten lagen © Fotolia.de © Fotolia.de zwar die Voraussetzungen für die Unterbringung gemäß Unterbringungsgesetz durch den Beschluss 20 OÖ ÄRZTE | April 2014 OÖ ÄRZTE | April 2014 21
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