Sport, Bewegung und Krebs - Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben - auch mit oder nach Krebs!

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Sport, Bewegung und Krebs - Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben - auch mit oder nach Krebs!
Sport, Bewegung und Krebs

Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben
– auch mit oder nach Krebs!
Sport, Bewegung und Krebs - Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben - auch mit oder nach Krebs!
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Nationales Centrum für Tumorerkrankungen
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69120 Heidelberg
Tel.: 06221 564693
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Krebsverband Baden-Württemberg e.V.
Adalbert-Stifter-Str. 105
70437 Stuttgart
Tel.: 0711 848 10770
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Impressum

Herausgeber                                       Redaktion
Krebsverband Baden-Württemberg e.V.               Dr. Joachim Wiskemann, NCT Heidelberg
Adalbert-Stifter-Str. 105                         Heike Lauer, Krebsverband Baden-Württemberg
70437 Stuttgart                                   Birgit Wohland-Braun,
Tel.: 0711 848 10770                              Krebsverband Baden-Württemberg
info@krebsverband-bw.de
www.krebsverband-bw.de                            Verantwortlich
                                                  Dr. Joachim Wiskemann, NCT Heidelberg
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen
(NCT) Heidelberg                                  Gestaltung
Im Neuenheimer Feld 460                           Heike Lauer, Krebsverband Baden-Württemberg
69120 Heidelberg
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3. Auflage, März 2016
Sport, Bewegung und Krebs - Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben - auch mit oder nach Krebs!
Sport, Bewegung und Krebs
Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben
– auch mit oder nach Krebs!

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Sport, Bewegung und Krebs - Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben - auch mit oder nach Krebs!
Inhalt

    Vorwort ......................................................................................................................................7
    Grußwort ...................................................................................................................................9

    Wissensch af t
    Mit Sport und Bewegung das Krebsrisiko verringern ..............................................................10

    Mit Sport und Bewegung den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen ....................................12

    Anwe ndu n g
    Warum sollte man als onkologischer Patient trainieren ..........................................................14
    und was ist zu beachten?

    Spezielle Trainingsformen und therapiebedingte Situationen

    •     Operation und Narben .....................................................................................................17

    •     Körperliches Training bei Krebs – ....................................................................................20
          speziell bei postoperativer Inkontinenz

    •     Sport trotz Stoma - geht das überhaupt? .........................................................................23

    •     Polyneuropathie ...............................................................................................................26

    •     Knochenmetastasen ........................................................................................................29

    •     Lymphödeme ...................................................................................................................33

    •     Fatigue .............................................................................................................................36

    •     Medikamente und Nebenwirkungen ................................................................................38

    Ausdauer

    •     Prinzipien des Ausdauertrainings ....................................................................................41

    •     Praxisbeispiel: Onko-Walking ..........................................................................................42

4
Sport, Bewegung und Krebs - Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben - auch mit oder nach Krebs!
Krafttraining

•     Prinzipien des Krafttrainings ............................................................................................46

•     Praxisbeispiel: Krafttraining für zu Hause ........................................................................47

Weitere Bewegungsformen

•     Yoga und Qi Gong ............................................................................................................51

•     Tanztherapie - Bewegung im Dialog mit der Seele ..........................................................53

Entspannungsverfahren ..........................................................................................................55

Wie überwinde ich den inneren Schweinehund – anfangen und dranbleiben .........................57

Berührung und Bewegung in der letzten Lebensphase ..........................................................61

An we n kan n i ch mi c h we n d e n ?
Ansprechpartner und Kontaktadressen

•     Netzwerk OnkoAktiv .........................................................................................................65

•     OnkoAktiv .........................................................................................................................66

•     Rehasportgruppen (M56/G850) .......................................................................................67

•     Spezielle Angebote von Kliniken und Vereinen ................................................................69

•     Landessportbünde ...........................................................................................................71

Autorenv e r z e i c h n i s ...........................................................................................................72

                                                                                                                                              5
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Vorwort

Sehr geehrte Patientinnen und                gesprochen, die durch regelmäßiges
Patienten, sehr geehrte Leserinnen und       Bewegen und Trainieren verhindert
Leser,                                       oder positiv beeinflusst werden können.
                                             Darüber hinaus versucht die Broschüre
dem Thema Bewegung, Sport und kör-           mit dem Kapitel „Wie überwinde ich den
perliche Aktivität wird im Rahmen einer      inneren Schweinehund“ Hilfestellungen
onkologischen Erkrankung und deren           zur Aufnahme und Aufrechterhaltung
Behandlung ein immer größer werden-          regelmäßiger körperlicher Aktivität zu
der Stellenwert zugesprochen.                geben. Natürlich wird auch der aktuelle
                                             Kenntnisstand zum Thema wiedergege-
Aus diesem Grund hat sich der Krebs-         ben und es werden konkrete Übungen
verband Baden-Württemberg in Zusam-          und Trainingsmöglichkeiten beschrieben.
menarbeit mit dem Nationalen Centrum
für Tumorerkrankungen entschlossen           Die jeweiligen Kapitel sind von Exper-
eine Informationsbroschüre zum Thema         tinnen und Experten aus dem Raum
zu veröffentlichen. Sie unterscheidet        Baden-Württemberg verfasst, sodass
sich dabei wesentlich von vorhandenen        die entsprechende Ansprechpartnerin
Informationsmaterialien, da sie sich nicht   oder der Ansprechpartner nicht zu weit
an der vorhandenen Krebsdiagnose ori-        entfernt sein dürfte.
entiert, sondern die Nebenwirkungen der
Behandlung in den Mittelpunkt stellt. So     Wir hoffen, dass wir Sie mit dieser Bro-
glauben wir, dass eine deutlich größere      schüre unterstützen können.
Zahl an Patienten und Interessierten an-
gesprochen werden kann und auch eine         Ihr
vielseitige Anwendbarkeit gegeben ist.
                                             Dr. Joachim Wiskemann
In dieser Broschüre werden nicht nur         Heidelberg, im Sommer 2015
Nebenwirkungen und Probleme an-

                                                                                        7
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Bäder- und Reha-

     T                                     R
    Eine Aktion des Krebsverbandes Baden-Württemberg
                  Sport nach Krebs

                                                       „Zeigen, was möglich ist“

                                                       Ein Projekt des Krebsverbandes Baden-
                                                       Württemberg e.V.

                                                       Das heißt werben für die Rehabilitation
                                                       als wichtiges Angebot zur Wiedereinglie-
                                                       derung von behinderten und chronisch
                                                       kranken Menschen in Beruf und Gesell-
                                                       schaft.

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Sport, Bewegung und Krebs - Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben - auch mit oder nach Krebs!
moderatem Sport bei Tumorpatienten
Grußwort                                    belegen. Dem NCT Heidelberg gilt es
                                            dabei in besonderem Maße zu danken,
Der Krebsverband Baden-Württemberg          dass hier das Thema Sport mit, während
ist nahe dran an den rund 250 Selbst-       und nach Krebs nachhaltig zum Thema
hilfegruppen nach Krebs im Land. Nach       gemacht wurde. Hierfür setzt sich das
unserer Wahrnehmung diskutieren             NCT mit Prof. Jäger und dem Team der
Betroffene und deren Angehörigen dort       Abteilung Medizinische Onkologie ein.
derzeit besonders die folgenden The-        Ihre Überzeugung: nicht nur eine hervor-
men: Was wird aus dem Krebsregister?        ragende Behandlung von krebskranken
Wann kann es aussagekräftige Daten          Menschen gelingt am besten in interdis-
liefern?                                    ziplinären Zentren, sondern bereits dort
Gesprochen wird auch über die psy-          sollte schon die Zeit sein, um Betroffe-
chosoziale Krebsberatung in Baden-          ne zu „aktivieren“, sie zu körperlichen
Württemberg. Überleben die vier,            Aktivitäten anzuregen. Vielfach werden
modellhaft durch die Deutsche Krebs-        dadurch nicht nur die Nebenwirkungen
hilfe geförderten Krebsberatungsstellen     einer Chemo- oder Strahlentherapie
bis Ende 2016? Mehr noch, gelingt es,       verringert. Eine moderate sportliche
die Krankenkassen, Kommunen und die         Betätigung richtet den Blick auch nach
Politik zu überzeugen, dass es bedarfs-     vorne, steigert die körperliche Leistungs-
gerecht ist, wenn mittelfristig im Umfeld   fähigkeit und macht Mut für das Leben
der 18 Tumorzentren und Onkologischen       nach Krebs.
Schwerpunkte weitere Krebsbera-             Wir hoffen, dass der Verein OnkoAktiv
tungsstellen eingerichtet werden? Die       e.V. am NCT Heidelberg nicht nur die
Selbsthilfe hat es sehr begrüßt, dass das   Plattform für wissenschaftliche Studien
Sozialministerium Baden-Württemberg         im Zusammenhang mit körperlichen Akti-
kurzfristig eine beachtliche Aufbaufinan-   vitäten bietet. Der Krebsverband Baden-
zierung beschlossen hat.                    Württemberg hofft und unterstützt im
Kritisch kommentiert wird aber die nicht    Rahmen seiner Möglichkeiten den syste-
nachvollziehbare Ablehnungen von            matischen Aufbau eines Netzwerkes von
onkologischen Rehabilitationsmassnah-       qualitätsgesicherten Gesundheits- und
men. Gerade dort wird nicht selten die      Trainingseinrichtungen für onkologische
Basis gelegt, um nach einer Krebsbe-        Patientinnen und Patienten. Unsere ge-
handlung wieder in Familie, Gesellschaft    meinsame Broschüre bietet hierfür eine
und Beruf zurecht zu kommen.                hervorragende sowohl praktische als
Sport nach Krebs hatte hierbei schon im-    auch öffentlichkeitswirksame Grundlage.
mer einen sehr hohen Stellenwert. Erst
Recht nachdem mittlerweile mehrere          Hubert Seiter,
Studien die positiven Auswirkungen von      Krebsverband Baden-Württemberg e.V.

                                                                                         9
Sport, Bewegung und Krebs - Ein Ratgeber für mehr Sport im Leben - auch mit oder nach Krebs!
Mit Sport und Bewegung das Krebsrisiko verringern
                                                            (Autoren: Steindorf/Wiskemann)

     Über 200 große Beobachtungsstudien zeigten insgesamt, dass Menschen, die viel
     Sport treiben und/oder sich regelmäßig bewegen, seltener an Krebs erkranken, als
     Personen, die einen körperlich inaktiven Lebensstil führen.

     Andere wichtige Faktoren, die ebenfalls    Es ist also nie zu spät, aktiv zu werden.
     auf das Krebsrisiko wirken (z.B. Er-
     nährung oder Rauchen), wurden dabei        Als hinreichend nachgewiesen gilt vor
     immer parallel betrachtet, um verzerr-     allem der Zusammenhang von körper-
     te Ergebnisse zu vermeiden. Da die         licher Aktivität mit Darmkrebs, dem am
     verschiedenen Krebsarten sehr unter-       häufigsten diagnostizierten Tumor in
     schiedlich entstehen, ist ein krebsspe-    Deutschland. Eine Überblicksarbeit über
     zifischer Blick auf den Zusammenhang       52 Studien ergab eine durchschnittliche
     zwischen Bewegung und der Entstehung       relative Risikoreduktion von 24 Prozent.
     von Krebs unabdingbar. Das Ausmaß          Das Darmkrebsrisiko sinkt mit steigen-
     der relativen Risikosenkungen variiert     der Aktivität, sei es durch gesteigerte
     bei den verschiedenen Krebsarten           Intensität, Häufigkeit oder Dauer. Kon-
     zwischen 0 und 30 Prozent. Insgesamt       sequenterweise zeigten sich die größten
     geht man davon aus, dass etwa 15           Risikoverminderungen bei intensiveren
     Prozent aller Krebsfälle in Europa durch   Aktivitäten, die zudem regelmäßig über
     hinreichende körperliche Aktivität ver-    das gesamte Leben ausgeübt wurden.
     mieden werden könnten. Damit weisen
     Sport und Bewegung als veränderbare        Als wahrscheinlich wird zudem der
     Lebensstilfaktoren ein substanzielles      Zusammenhang von Sport und Bewe-
     Potenzial für die bevölkerungsbezogene     gung mit dem Risiko, an Gebärmutter-
     Krebsprävention auf.                       oder postmenopausalem Brustkrebs zu
                                                erkranken, gesehen. Die Größenord-
     Gegenwärtige Empfehlungen legen            nungen der relativen Risikosenkungen
     nahe, täglich mindestens 30 bis 60 Mi-     werden auf 20-30 Prozent geschätzt,
     nuten moderat körperlich aktiv zu sein.    ähnlich wie die für Bauchspeicheldrü-
     Moderat entspricht dabei zum Beispiel      senkrebs. Etwas geringer liegen vermut-
     sehr zügigem Gehen, allerdings kann        lich die Effekte auf früher auftretenden
     prinzipiell auch jede andere Sport-/       (prämenopausalen) Brustkrebs, Pro-
     Bewegungsart gewählt werden. Zudem         stata- und Lungenkrebs. Dort wurden
     zeigte sich, dass selbst Menschen, die     jeweils relative Risikosenkungen von 10-
     erst in späteren Lebensjahren aktiv        20 Prozent beobachtet. Für zahlreiche
     wurden, ein verringertes Krebsrisiko im    andere Krebsarten liegen derzeit nicht
     Vergleich zu inaktivgebliebenen Gleich-    genügend Daten vor, um eine Bewer-
     altrigen haben.                            tung des Zusammenhangs von Bewe-

10
gung mit dem Krebsrisiko vorzunehmen.
Dies liegt vor allem daran, dass diese
Tumorarten sehr selten vorkommen.

Über welche Mechanismen körperliche
Aktivität schützend in die Krebsentste-
hung eingreift, ist noch unzureichend
belegt. Vermutlich spielen zahlreiche
physische und psychische Reaktionen
und somit biologische Wirkmechanismen
eine Rolle. Diskutiert wird der Einfluss
auf Sexualhormone, auf das Insulin- und
Blutzuckerspiegel, Entzündungspro-
zesse, Immunfunktionen, DNA Repara-
turmechanismen und Vitamin D. Der Ein-
fluss von Sport und körperlicher Aktivität
auf die Körperzusammensetzung, etwa
durch Vermeidung von Übergewicht,
Reduzierung von Fett und Aufbau von
Muskelmasse, spielt dabei vermutlich
eine zentrale Rolle.

                                             Zusammenfassung:
                                             • Sport und Bewegung können
                                                das Risiko für einige Krebsarten
                                                senken. Dazu gehören die häufig
                                                auftretenden Krebsarten Darm-,
                                                Brust-, Prostata- und Lungen-
                                                krebs.
                                             • In Europa sind ca. 15 Prozent al-
                                                ler Krebserkrankungen auf einen
                                                Mangel an hinreichender Bewe-
                                                gung zurückzuführen.
                                             • Die biologischen Wirkmechanis-
                                                men von Sport und Bewegung
                                                sind vielfältig und noch nicht
                                                hinreichend verstanden.

                                                                                   11
Mit Sport und Bewegung den Krankheitsverlauf positiv
     beeinflussen
                                                             (Autoren: Steindorf/Wiskemann)

     In den letzten 10 Jahren wurde immer besser verstanden, dass individuell ange-
     passtem Sport und Bewegung nach einer Krebsdiagnose eine wichtige Rolle als
     Begleittherapie zukommen sollte.

     So gilt es als nachgewiesen, dass kör-       schon das Treppensteigen, das Tragen
     perliche Bewegung in fast allen Stadien      schwerer Dinge oder auch längere Wege
     einer Krebserkrankung - nach vorheriger      zu Fuß schwerfallen. Mit körperlicher
     Abstimmung mit dem behandelnden              Bewegung/Training kann hier sowohl
     Arzt und unter Betreuung ausgebildeter       während als auch nach der Krebsbe-
     Sport-/Physiotherapeuten - möglich,          handlung entgegengewirkt werden. So
     sicher und sogar empfehlenswert ist.         kann die Ausdauer und Muskelkraft er-
                                                  halten oder auch verbessert werden und
     Wissenschaftliche Studien mit hohem          Dinge des täglichen Lebens gelingen
     Evidenzniveau (kontrollierte und ran-        mit deutlich weniger Anstrengung bzw.
     domisierte Studien) deuten darauf hin,       sind überhaupt zu bewältigen. Studien
     dass krankheits- und therapiebedingte        berichten zudem, dass das Sturzrisiko
     Symptome wie Fatigue (siehe S. 36),          sinkt.
     Schlafstörungen oder depressive Stim-
     mungslagen durch regelmäßige körper-         Weitere Untersuchungen sehen zudem
     liche Bewegung positiv beeinflussbar         vorteilhafte Effekte durch Sport- und
     sind. Diese Symptome schränken, teil-        Bewegungstherapie mit Blick auf die
     weise jahrelang, die Lebensqualität der      Knochendichte (Osteoporoserisiko),
     Patienten auch nach Abschluss der The-       leicht bis mittel schwer ausgeprägte
     rapie nennenswert ein. Darüber hinaus        Lymphödeme (S. 33) oder die Anzahl
     sind weitere nebenwirkungsspezifische        der benötigten Bluttransfusionen.
     Effekte durch Sport- und Bewegungs-
     therapie bekannt, bspw. bei Polyneuro-       Immer wieder stellt sich auch die Frage,
     pathie (S. 26) oder Inkontinenz (S. 20),     ob und inwieweit regelmäßiger Sport
     die im weiteren Verlauf dieser Broschüre     und/oder Bewegung Einfluss auf die Pro-
     thematisiert werden.                         gnose der Erkrankung haben. Bislang
                                                  liegen für die sogenannte krankheitsspe-
     Wichtig sind zudem die positiven Einflüs-    zifische Sterblichkeit und die Gesamt-
     se auf die körperliche Leistungsfähigkeit,   sterblichkeit noch keine kontrollierten-
     welche sich häufig krankheits- oder          Studien vor. Allerdings haben große
     therapiebedingt im Laufe der Behand-         Beobachtungsstudien Risikoreduktionen
     lung verschlechtert. Dies ist besonders      durch regelmäßige körperliche Aktivität
     relevant für den Alltag, da dann häufig      für Brust-, Darm- und Prostatakrebs

12
gezeigt. Eine Übersichtsarbeit zu Daten       tät betrieben, mit denen verglichen, die
von über 12.100 nicht metastasierten          weniger als eine Stunde betrieben. Die
Brustkrebspatientinnen berichtete, dass       stärksten Effekte zeigten sich für Pati-
körperliche Aktivität nach Diagnosestel-      enten, die sowohl vor als auch nach der
lung die Gesamtmortalität um 41 Pro-          Diagnose körperlich aktiv waren.
zent und die krebsspezifische Sterblich-
keit um 34 Prozent reduziert. Für diese       Vergleichbare Ergebnisse für andere
Risikoreduktionen ist mindestens ein          Krebserkrankungen liegen derzeit nicht
Aktivitätsniveau zu erreichen, das dem        vor, sind aber Gegenstand derzeitiger
Energieverbrauch von 3 Stunden zügi-          Forschungsbemühungen. Bei der Be-
gem Walking pro Woche entspricht.             wertung der bisher vorliegenden Evidenz
                                              für alle Krebsarten ist zu berücksich-
Beim Darmkrebs belegen die bislang            tigen, dass Beobachtungsstudien nur
vorliegenden Studien, relative Risikore-      bedingt Aussagen zur Kausalität liefern
duktionen von bis zu 61 Prozent für die       können. So ist die Rolle, die körperliche
krebsspezifische Sterblichkeit und von        Aktivität im beobachteten Zusammen-
57 Prozent für die Gesamtsterblichkeit,       hang zwischen Prognose und körper-
wenn die körperlich aktivsten Patienten       licher Aktivität spielt, bislang unzurei-
der beobachteten Gruppe mit den inak-         chend geklärt. Ist sie Ursache (= erhöhte
tivsten verglichen wurden. Die minimal        körperliche Aktivität verbesserte die
erforderliche körperliche Aktivität lag       Prognose) oder Resultat (= Patienten mit
allerdings doppelt so hoch wie bei den        einer schlechteren Prognose bewegen
Studien zu Brustkrebs. Die Risikore-          sich weniger)? Derzeit werden kontrol-
duktionen wurden primär für Tumoren           lierte, randomisierte Studien durchge-
der Stadien II und III gefunden. Eine         führt, die Antworten zu diesen Fragen
aktuelle Publikation auf dem Gebiet legt      geben können.
aber auch das Potential von körperlicher
Aktivität im Hinblick auf das rezidivier-
te Kolonkarzinom nahe. Ein Vergleich
zwischen der körperlich inaktivsten und          Zusammenfassung:
aktivsten Gruppe offenbarte eine rela-           • Regelmäßige körperliche Aktivi-
tive Risikoreduktion von 29 Prozent zu              tät ist in der Lage, zahlreichen
Gunsten der aktiven Gruppe.                         Nebenwirkungen der Erkran-
                                                    kung und der Therapie entge-
Auch für Prostatakarzinom-Patienten                 genzuwirken.
liegen erste Studien vor, die eine relative      • Untersuchungen sehen auch
Risikoreduktion der Gesamtmortalität                einen Zusammenhang zwi-
um 49 Prozent sowie eine 61 Prozent                 schen körperlicher Aktivität und
niedrigere krebsspezifische Sterblich-              Prognose. Zukünftige Studien
keit beobachten konnten. Dabei wurden               werden hierzu genauere Daten
Patienten, die mehr als 3 Stunden pro               liefern.
Woche anstrengende körperliche Aktivi-

                                                                                          13
Warum sollte man als onkologischer Patient trainieren und was
     ist zu beachten?
                                                                         (Autor: Wiskemann)

     Aus Patientensicht mag es manchmal irrwitzig klingen, wenn die Aufforderung an
     einen herangetragen wird: „Wir empfehlen Ihnen, sich mehr bzw. ausreichend zu be-
     wegen“. Dazu kommt, dass jeder Mensch weiß, Bewegung ist sinnvoll und gut, aber
     sich regelmäßig zu bewegen erfordert Disziplin und Durchhaltevermögen.

     Warum also gerade vor, während oder          reicht werden und einen wichtigen Effekt
     nach einer Krebsbehandlung trainieren?       auf der Seite des Patienten hervorrufen,
                                                  nämlich den des „Selbst wirksam füh-
     Einige wichtige Antworten zu dieser Fra-     len“. Meist geht dieses Empfinden damit
     ge sollte Ihnen schon das Kapitel zuvor      einher, dass wieder mehr Kontrolle über
     gegeben haben und weitere Informatio-        die derzeitige Situation empfunden und
     nen bekommen Sie auf den nachfolgen-         so die Gesamtsituation positiver wahr-
     den Seiten. Auf den zentralen Aspekt         genommen wird. Grundsätzlich kann
     der aktiven Mitgestaltung der onkolo-        dieses Gefühl nicht bewusst erzeugt
     gischen Therapie durch den Patienten         werden, sondern stellt sich mehr unbe-
     selbst, die ein Training ermöglicht, wird    wusst nach einer kürzeren oder länge-
     in den folgenden Kapiteln nicht direkt       ren Zeit ein. Es wird aus Patientensicht
     eingegangen, aber er schwingt immer          aber immer wieder als unschätzbar
     mit.                                         wichtig beschrieben.

     Bei aller aktiven Einbeziehung des           Was ist zu beachten?
     onkologischen Patienten durch Ärzte
     und Pflegekräfte, gestaltet sich die         Alle bislang durchgeführten Untersu-
     Antitumorbehandlung aus Sicht des            chungen zum Thema Bewegung, Sport
     Patienten grundsätzlich eher passiv.         und körperliche Aktivität bei Krebspati-
     So muss darauf gewartet und gehofft          enten haben zeigen können, dass Trai-
     werden, dass eine Chemotherapie oder         ning vor, während und nach einer on-
     Immuntherapie anspricht beziehungs-          kologischen Behandlung sicher ist. Das
     weise, dass eine Bestrahlung oder            heißt jedoch nicht, dass körperliches
     ergänzende medikamentöse Maßnahme            Training immer völlig ungefährlich zu
     die gewünschten Erfolge erzielt. Die         praktizieren ist. Gewisse Dinge müssen
     aktive Mitgestaltung ist schlichtweg nicht   beachtet werden, um das Verletzungs-
     möglich.                                     risiko so gering wie möglich zu halten.
                                                  Daher finden Sie in den folgenden
     Durch regelmäßiges Trainieren und            Kapiteln Hinweise zu speziellen onkolo-
     ausreichend körperlicher Aktivität kann      gischen Situationen, die einen Einfluss
     diese aktive Partizipation allerdings er-    auf die Durchführung von körperlichem

14
Training haben können. Behandelt wird      Grundsätzlich gilt zudem, dass sich
bspw. das Thema „Operationen und           Ihr körperlicher Zustand im Laufe der
Narben“(S. 17), das Vorhandensein          onkologischen Behandlung stark ver-
eines Stomas (S. 23) oder auch wie ein     ändern kann, sodass ggf. eine erneute
Training bei Knochenmetastasierung         sportspezifische Untersuchung sinnvoll
(S. 29) aussehen kann.                     ist. Zögern Sie nicht, auch dies mit Ihrem
                                           behandelnden Arzt zu besprechen und
Die wichtigsten Empfehlungen lauten        ggf. erneut einen entsprechenden Fach-
jedoch immer:                              arzt aufzusuchen.

1. Sprechen Sie mit Ihrem behandeln-
   den Arzt über das Thema Bewe-
   gung, Sport und körperliche Aktivität
   bei Krebs und lassen Sie sich von
   ihm beraten.
2. Suchen Sie einen Facharzt auf, der
   eine Sporttauglichkeitsprüfung mit
   Ihnen durchführen kann, um mög-
   lichst jedes Risiko von Anfang an im
   Keim zu ersticken. Als Anlaufpunkt
   empfehlen wir hier Internisten / Kar-
   diologen mit der Zusatzbezeichnung
   Sportmedizin.

                                                                                        15
16
Spezielle Trainingsformen und therapiebedingte Situationen
Operation und Narben
                                                                     (Autor: Dauelsberg)

Operation

Nach Krebsoperationen sind Sport und Bewegung eine wichtige Maßnahme zur
Gesundung. Es sollte damit so früh wie möglich nach der Operation begonnen
werden. Wichtig ist eine individuelle fachliche Anleitung über angemessene Bewe-
gungsformen, Intensität, Häufigkeit und Dauer vor der Wiederaufnahme von Sport
und Bewegung.

Nach Operationen wird bereits im Akut-      äußeren Narbenverhältnisse beurteilen
krankenhaus die Sofort- und Frühmobi-       und dann unter Berücksichtigung aller
lisation durch Physiotherapeuten/-innen     bedeutsamen Faktoren Empfehlungen
und Pflegepersonal angestrebt. In den       zu Belastbarkeit, Bewegung und Sport
meisten Fällen sind alltägliche Belastun-   abgeben.
gen schnell wieder möglich.
                                            Oftmals sind Patienten überrascht, wie-
Die körperlichen Einschränkungen nach       viel Sport und Bewegung schon wieder
Krebsoperationen sind sehr unterschied-     möglich ist, manchmal müssen aber
lich und hängen von vielen Faktoren ab,     auch klare Einschränkungen ausge-
unter anderem:                              sprochen werden (z. B. beim Heben und
                                            Tragen nach Bauchoperationen, Vermei-
•   Von der Operation betroffenes           dung eines Narbenbruches).
    Organ/Körperregion
•   Art der Operation                       Die Empfehlung zur jeweiligen Belast-
•   Alter und Allgemeinzustand der          barkeit ist stets eine individuelle ärztliche
    Patientin/des Patienten                 Entscheidung. Bei kleineren Narben
•   Innere und äußere Wundheilung           zeigt die Erfahrung, dass nach ca. 6-8
•   Nebenerkrankungen, Medikamente          Wochen (ohne Wundheilungsstörung)
•   Körpergewicht                           wieder Zugbelastungen durch Bewe-
•   Rauchen                                 gungsübungen möglich sind. Bei grö-
                                            ßeren Narben (großen Bauchschnitten;
Die behandelnde Ärztin, der behandeln-      Fachbegriff: Laparotomie) sind längere
de Arzt braucht genaue Informationen        Heilungszeiten notwendig.
und Kenntnisse über die durchgeführte
Operation, wird durch körperliche Unter-
suchung den Allgemeinzustand und die

                                                                                            17
Narben

     Die Haut des Menschen ist ein Organ mit vielen Fähigkeiten und Funktionen, unter
     anderem ist sie der Schutzschild des Körpers. Bei einer Operation wird dieser
     Schutzschild beschädigt.

     Durch chirurgische Eingriffe werden         Monaten ist der Heilungsprozess be-
     die verschiedenen Schichten der Haut        sonders intensiv. Die Narbe kann dann
     verletzt, am Ende der Operation werden      zeitweilig wieder stärker gerötet sein.
     sie mit Fäden, Klammern und manchmal        Nach rund einem Jahr ist die Heilung
     auch mit Gewebekleber oder sogenann-        abgeschlossen. Die sichtbare Narbe, die
     ten Steri-Strips wieder verschlossen.       zurück bleibt, ist je nach Heilungstyp hell
     Abhängig vom Ort der Wunde, werden          oder dunkel, wulstig oder flach. Wenn im
     die Fäden oder Klammern nach fünf bis       Narbengewebe keine Spannungen mehr
     14 Tagen entfernt.                          vorhanden sind, passt sich die Farbe der
                                                 Umgebungsfarbe an.
     Die Narbenheilung dauert je nach
     Körperregion, Veranlagung, Allge-           Schutz frischer Narben
     meinzustand, Nebenerkrankungen und
     Medikamenten unterschiedlich lang. Bei      •   Schützen Sie Ihre frischen Narben
     Rauchern ist die Heilungsdauer länger           vor erneuter Verletzung, eine be-
     und Wundheilungsstörungen sind häu-             reits vorgeschädigte Haut kann nicht
     figer als bei Nichtrauchern. Durch einen        mehr so gut regenerieren.
     Rauch-Stopp 6 Wochen vor der Ope-           •   Frische Narben sollten etwa ein
     ration kann bei geplanten Eingriffen die        halbes bis ein Jahr keiner intensiven
     Wundheilungsstörungs-Rate reduziert             Sonnen- und UV-Bestrahlung (ein-
     werden.                                         schl. Solarium) ausgesetzt werden.
                                                     Schützen Sie die Narbe vor Son-
     Der Körper reagiert auf eine Verletzung         neneinwirkung mit einem besonders
     mit einer Reihe genau aufeinander               lichtstarken Präparat. Auch die Ein-
     abgestimmter Schritte um die Wunde zu           wirkung von Hitze oder Kälte kann
     schließen. Während bei Wunden innerer           die Narbenheilung beeinträchtigen.
     Organe zum Teil eine komplette Heilung      •   Vermeiden Sie im ersten Jahr das
     möglich ist, kann der Körper bei Haut-          Tragen von engen oder scheuern-
     wunden nur reparieren. Der entstandene          den Kleidungsstücke über Narben.
     „Spalt“ wird zuerst mit einem Blutgerinn-       Decken Sie notfalls die Narbe mit
     sel verschlossen und dann von innen             einem Pflaster ab (z. B. scheuernder
     mit einem Bindegewebe aufgefüllt – eine         Gürtel). Das empfindliche Narben-
     Narbe entsteht. Das Narbengewebe                gewebe kann auf solche Reizungen
     enthält weniger elastische Fasern (Col-         mit Rötungen und Verhärtungen
     lagen) und ist geringer durchblutet als         reagieren.
     die gesunde Haut. Nach zwei bis drei

18
Narbenpflege                               blasser wird. Darüber hinaus gibt es ver-
                                           schiedene Verfahren der ästhetischen
Zur Unterstützung der körpereigenen        Dermatologie (z. B. Operation, Kältethe-
Wundheilung können Narbengele und          rapie, Laser).
Narbensalben eingesetzt werden, wenn
die Wunde verschlossen ist und Fäden
und Klammern entfernt wurden.
Für ein Gel mit der Wirkstoffkombination      Zusammenfassung:
Zwiebelextrakt (Allium cepae), Allantoin      • Nach Krebsoperationen sind
und Heparin ist eine Wirkung gegen die           Sport und Bewegung eine
Bildung von überschießendem Narben-              wichtige Maßnahme zur Gesun-
gewebe, die Minderung von Schmerzen,             dung. Es sollte damit so früh
Juckreiz und Spannungsgefühl wissen-             wie möglich nach der Operation
schaftlich belegt. Im Bereich der Natur-         begonnen werden, die Empfeh-
heilkunde wird häufig Johanniskrautöl            lung zur jeweiligen Belastbarkeit
zur Narbenpflege eingesetzt. Beide               muss durch den behandelnden
Mittel werden zweimal täglich über einen         Arzt individuell erfolgen.
Zeitraum von 3-6 Monaten sanft in das         • Frische Narben sollten vor
Narbengewebe einmassiert.                        Belastung, z. B. Sonne, Hitze,
                                                 Kälte, Druck oder scheuern,
Narbenmobilisierung                              geschützt werden.
                                              • Narbenpflege durch Salben oder
Gesunde Gewebsstrukturen sind ver-               Öle und physiotherapeutische
schiebbar. Durch Narben kann es zu               Narbenmobilisation können den
Verklebungen der verschiedenen Haut              Wundheilungsprozess unter-
und Gewebsschichten und damit zu ei-             stützen.
ner Blockade kommen. Durch physiothe-
rapeutische Narbenbehandlung können
Narben mobilisiert werden. Dabei wird
die Durchblutung des Narbengewebes
verbessert, die Verklebung des Narben-
gewebes mit den darunter liegenden
Gewebsschichten gelöst, ein Schrump-
fen des Narbengewebes wird vermindert
und die Narbe bleibt elastischer.

Überschießende Narbenbildung

Bei Wulstbildungen im Narbenbereich
(hypertrophe Narben und Narbenkeloid)
kann eine Therapie mit Silikongelfolien
dazu führen, dass die Narbe flacher und

                                                                                       19
Spezielle Trainingsformen und therapiebedingte Situationen
     Körperliches Training bei Krebs – speziell bei
     postoperativer Inkontinenz
                                                                (Autoren: Trunzer/Eckhardt)

     Nach Eingriffen im kleinen Becken, z.B. bei Prostatakrebs, Blasenkrebs oder auch
     Enddarmkrebs, kann es zu einer direkten Schädigung der Schließmechanismen an
     der Blase, am Darmausgang oder am Beckenboden kommen. Dazu kommen in
     Einzelfällen auch Störungen der Nervenversorgung, die für die Kontinenz wichtig ist.

     Die folgenden Tipps gelten vor allem für   Terrain“). Wichtig sind dann die spezifi-
     die Harninkontinenz; für Stuhlinkonti-     schen Übungen mit vier Zielrichtungen:
     nenz gibt es aber ganz ähnliche Heran-
     gehensweisen. Zu berücksichtigen ist,      1. Kraftentwicklung: Kurze, maximale
     dass gerade in der frischen postopera-        Anspannung am Beckenboden,
     tiven Phase zusätzliche Einschränkun-         ein bis drei Sekunden Dauer, dann
     gen, z. B. durch Narben an der Bauch-         nachhaltige Erholungspause.
     decke, vorliegen.                          2. Ausdauertraining am Beckenboden:
                                                   8 bis 10 Sekunden Anspannung bei
     Die Ziele von körperlichen Übungen            70 Prozent der Kraft, danach wieder-
     in dieser Situation sind zum einen die        um Entspannungsphase.
     direkte Beeinflussung der Verschlussme-    3. Neben diesen Kräftigungskom-
     chanismen, speziell der Muskelplatte am       ponenten ist die Fähigkeit zur
     Beckenboden, zum anderen aber auch            Entspannung des Beckenbodens
     die Förderung von Ausdauerleistung,           enorm wichtig, da nur in der Ent-
     Kräftigung, Mobilisierung und Überwin-        spannungsphase Nährstoffversor-
     dung der Erschöpfung nach Operation.          gung und Substanzzuwachs optimal
     Deshalb wird ein spezielles Beckenbo-         stattfinden.
     dentraining gerne mit einem begleiten-     4. Fachgerechte Mobilisation: Durch
     den Training unter Berücksichtigung der       manuelle Techniken können Blocka-
     Narbensituation kombiniert.                   den, Verklebungen von Muskel- und
                                                   Bandstrukturen sowie knöchernen
     Beckenboden- und Kontinenztraining im
     eigentlichen Sinne:

     In einem Stufenprogramm werden zu-
     nächst theoretische Grundlagen vermit-
     telt, danach Übungen zur Verbesserung
     des Körpergefühls (für Männer ist der
     Beckenboden oft ein „unbekanntes

20
Strukturen am Becken und an der           Zusammenfassung:
    Wirbelsäule gelöst werden.                Die Bewegungstherapie bei Harn-
                                              und Stuhlinkontinenz hat zwei Kom-
Sporttherapeutische Maßnahmen nach            ponenten:
frischer Operation und Eingriffen am
kleinen Becken:                               •   Gezielte Maßnahmen für die
                                                  Kontinenzverbesserung.
Grundsätzlich besteht in den meisten          •   Sporttherapeutische Maßnah-
Fällen kein Grund zu ausgeprägter                 men zur allgemeinen Leistungs-
Vorsicht. Betroffene Personen müssen              verbesserung.
aber ein Gespür für ihre Belastbarkeits-
grenzen entwickeln. Nach Eingriffen im        Es liegen sehr gute Erfahrungen vor,
kleinen Becken soll der Beckenboden           dass nach Operation inkontinente
vor direkten mechanischen Belastungen         Patienten keine weiteren Eingriffe
geschützt werden, z. B. sollte Radfahren      brauchen, um die Kontinenz wieder-
mit handelsüblichen Sätteln wegen der         herzustellen. Ein systematisches
mechanischen Belastungen durch Druck          Beckenbodentraining ist meist aus-
mind. 3, besser aber 6 Monate vermie-         reichend.
den werden. Gute Alternative: Verwen-
dung eines Liegeergometers mit Ver-
teilung der Druckbelastung auf Rücken
und Gesäßbacken unter Schonung des
Beckenbodens.                              Gruppentraining:

                                           Übungen in der Gruppe machen mehr
                                           Spaß und führen zu verbesserter
                                           Motivation. Unter Berücksichtigung der
                                           Narben können vor allem stabilisierende
                                           Übungen für den gesamten Rumpfbe-
                                           reich und die Gliedmaßen angewandt
                                           werden. Es ist aber durchaus auch
                                           möglich, kleinere, spielerische Elemente
                                           einzubauen. Auch gehören Koordina-
                                           tions- und Gleichgewichtsübungen zum
                                           Basisprogramm.

                                                                                      21
22
Spezielle Trainingsformen und therapiebedingte Situationen
Sport trotz Stoma – geht das überhaupt?
                                                                   (Autorin: Schober)

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, sich körperlich aktiv zu betätigen, wenn man
ein Stoma hat. Allerdings ist eine verlässliche Stomaversorgung zu gewährleisten,
mit der man sich auch bei Bewegung sicher fühlt.

Grundsätzlich spricht nichts dagegen,      gewonnenen körperlichen Fitness kann
sich körperlich aktiv zu betätigen, wenn   früher oder später der Wunsch nach
man ein Stoma hat. Allerdings ist eine     mehr sportlicher Betätigung aufkommen.
verlässliche Stomaversorgung zu ge-        Dabei kommt es auf den einzelnen Men-
währleisten, mit der man sich auch bei     schen mit seinen ganz individuellen Be-
Bewegung sicher fühlt. Ohne die Ge-        dürfnissen und Möglichkeiten an: zu be-
wissheit, dass die Versorgung dauerhaft    rücksichtigen sind das Alter, angestrebte
dicht hält, wird es kaum Spaß machen,      sportliche Aktivitäten, Operations- und
Sport zu betreiben. Die erprobte und be-   Therapiefolgen, weitere Erkrankungen
währte individuelle „Alltagsversorgung“    oder körperliche Einschränkungen, die
(selbsthaftende Beutel oder Kappen) ist    seelisch-psychische Verfassung (bin ich
normalerweise auch für den sportlichen     eher ängstlich, vorsichtig oder draufgän-
Einsatz tauglich. Dank der zur Verfügung   gerisch, kämpferisch?) usw. Nur Mut -
stehenden Vielfalt an Stomaprodukten       jede langsame Bewegung ist besser als
und weiteren Hilfsmitteln (Bandagen,       gar keine!
Neoprengürtel, spezielle Bademode
o.ä.) können viele Stomaträger die er-     „Mein ganzes Leben lang habe ich
forderliche Sicherheit erlangen. Prob-     schon gerne Sport gemacht. Nun nach
lemlösungen finden sich fast immer und     dem Stoma, kann ich alles, was ich
können bei der Stomaberatung themati-      vorher gern gemacht habe, wieder tun.
siert werden!                              In der Reha konnte ich unter Anleitung
                                           alles ausprobieren, ob die Versorgung in
Körperliche Voraussetzungen                der Sauna hält oder beim Schwimmen.
                                           Zu meiner großen Freude klappt alles
Wer aufgrund einer Krebserkrankung         wunderbar. Ich habe sogar eine neue
mit einem vorübergehend oder dau-          Sportart entdeckt, den Bauchtanz. Der
erhaft angelegten Stoma lebt, konnte       Tanz hat mir nach der Operation das
meist schon in der Rehaklinik mit ersten   Gefühl gegeben, immer noch ganz Frau
Bewegungsübungen oder Trainingsmög-        zu sein.“ (Frau M., Colostoma, 56 J.)
lichkeiten beginnen. Abhängig von Ge-
sundheitszustand, Nebenwirkungen der       Grenzen muss jeder selbst erkennen.
Therapien sowie einer gewissen wieder-     Ob und in welchem Ausmaß nach einer

                                                                                        23
Stomaoperation die Bauchdecke zu            üben oder Fallschirmspringen. Grenzen
     schonen ist, wird selbst in Fachkrei-       setzt ein Stoma sicher beim Gerätetur-
     sen sehr unterschiedlich beurteilt: Die     nen (Reck, Barren), auch Boxen oder
     Empfehlungen gehen von „Lasten nur          andere „Angriffssportarten“ sind weniger
     bis 5 kg tragen“ über „Grundsätzlich        geeignet. Wie generell im Leben spielen
     eine Bauchbandage anlegen“ bis hin          auch hierbei die persönliche Risikobe-
     zu Tipps, wie die individuelle Fitness      reitschaft oder der Wunsch, sich selbst
     durch allmählich sich steigerndes Aus-      etwas zu beweisen, eine Rolle.
     dauertraining oder spezielle Gymnastik
     verbessert werden kann. Unbestritten        „Ich habe nach der Stomaanlage mei-
     ist, dass in den ersten Wochen oder Mo-     nen Beruf und meinen Sport (Fußball,
     naten schweres Heben, Pressen (auch         Tennis, Laufen) genauso weitergeführt
     Husten und Niesen üben Druck von            wie zuvor; einen Stomaschutz verwende
     innen auf die Bauchdecke aus!) vermie-      ich nie. Und zum Marathon (14 mal) bin
     den bzw. vorbeugend in solchen Situati-     ich wohl nur wegen des Stomas gekom-
     onen eine Bandage getragen werden           men, weil ich mir selbst beweisen wollte,
     sollte. Bisher ist nicht bekannt, warum     dass ich nicht ´behindert` bin.“ (Herr S.,
     manche Stomaträger sehr leicht einen        Ileostoma, 71 J.)
     Bruch (Hernie) bekommen und andere
     - auch nach Jahren körperlicher Aktivi-     Hinein ins nasse Vergnügen!
     tät - nicht. Sicher stellen ein schwaches
     Bindegewebe und starkes Übergewicht         Beim Schwimmen und Wassersport
     ein gewisses Risiko dar.                    - egal ob im Hallen-, Thermal-, oder
                                                 Freibad, im Badesee oder Meer - ist ein
     „Weil ich meine Grenzen ausloten muss-      Stoma kein Hindernis, vorausgesetzt die
     te - was kann ich noch? - habe ich bald     Versorgung hält und haftet dicht. In der
     nach der Stomaanlage eine Bergtour          Regel ist selbst die „alltägliche“ Stoma-
     unternommen. Nun weiß ich, dass ich         versorgung wasserbeständig. Wer unsi-
     (fast) alles kann: klettern, schwimmen,     cher ist, kann dies in der Badewanne
     Yoga, ein großes Grundstück pflegen,        testen, um keine böse Überraschung im
     reparieren, tapezieren ... Bei meinen       Schwimmbad zu erleben. Manchmal hilft
     Aktivitäten trage ich eine Bandage. Ich     ein zusätzlich angebrachtes wasserfes-
     denke, es hängt vieles von der inneren      tes Pflaster. Und eins ist sicher: ein dicht
     Einstellung ab.“ (Frau Sch., Colostoma,     aufgebrachter Stomabeutel ist sauberer
     66 J.)                                      als ein flüchtig gereinigter Po - womit
                                                 die immer noch kursierende Meinung,
     Was geht gar nicht?                         Stomaträger seien ein Hygienerisiko
                                                 für Schwimmbäder, der Vergangenheit
     „Geht nicht - gibt`s nicht!“ - das zeigen   angehören sollte.
     etliche Erfahrungen von Stomaträgern,
     die Fußball spielen, klettern, segeln,      „Seit ich mein Colostoma habe, sind
     sogar Extremsport oder Kampfsport aus-      meine Aktivitäten im Sport sogar viel-

24
seitiger geworden. Sicher habe ich             enge Fahrradhose genügt mir dabei als
nicht direkt nach der Operation damit          Schutz für die Bauchdecke. Ich will mit
angefangen, aber so peu á peu wurde            diesem Bericht Mut machen zur sportli-
ich immer aktiver. Ich gehe schwimmen,         chen Betätigung, sie stärkt das seelische
wandern (höchstens noch 9 km), spazie-         Gleichgewicht und das allgemeine Wohl-
ren, walken und kegeln. Einfach alles,         befinden.“ (Herr W., Colostoma, 69 J.)
was Spaß macht. So kommt man auch
mit anderen Menschen in Kontakt. Nach          Erfahrungen teilen, Mut machen!
den Aktivitäten fühle ich mich körperlich
und seelisch wunderbar.“ (Frau E., Colo-       Erkenntnisse, die langjährige Stoma-
stoma, 66 J.)                                  träger in ihrer Freizeit, beim Sport oder
                                               bei körperlicher Arbeit im Hinblick auf ihr
Zusätzliche Hilfsmittel können Sicherheit      Stoma und die Versorgung gewonnen
bieten.                                        haben sind wertvolle Erfahrungen, die
                                               Betroffene miteinander teilen - in Selbst-
Spezielle Produkte für Stomaträger sind        hilfegruppen, Internetforen oder ent-
besonders für Neubetroffene hilfreich,         sprechenden Broschüren. Aus diesem
die sich langsam wieder sportlich betä-        Erfahrungsschatz stammen die zitierten
tigen wollen, aber sich körperliche Ak-        Texte und die meisten Informationen auf
tivitäten ohne extra Unterstützung oder        diesen Seiten. Damit wollen Stomaträger
Schutz fürs Stoma nicht zutrauen. Der          andere ermutigen und unterstützen, die
Markt bietet eine Fülle verschiedener          sich vielleicht noch nicht so richtig an
Schutzgürtel (auch wasserfest), speziel-       körperliche Aktivitäten wagen.
le Bademoden und Leibbinden. Oft ge-
nügen sogar bewährte Kleidungsstücke           Nähere Informationen, Auskunft und Rat
wie Radler- oder Miederhosen als Halt          bei: Deutsche ILCO - Landesverband
und leichten Schutz fürs Stoma. Fürs           Baden-Württemberg e.V.
Schwimmen finden Damen auch Bade-
anzüge von der Stange (gemustert, im
Vorderteil gerafft o.ä.), die Herren greifen       Zusammenfassung:
auf höher geschnittene Boxershorts oder            Sport und Stoma schließen sich
Badebodys (für Mutige!) zurück.                    nicht aus:

„Nach anfänglichen Ängsten habe ich                •   Sichere und dichte Versorgung
gemerkt, dass es das Beste ist, wenn                   ist Voraussetzung.
ich mich reichlich in der Natur bewege.            •   Fast alle Sportarten sind mög-
Ich betreibe zwar keinen Leistungssport,               lich.
wandere aber sehr viel (ein- bis zweimal           •   Bewegung stärkt die Psyche –
wöchentlich), Höhepunkte sind auch                     ob alleine oder in der Gruppe.
Hochgebirgstouren (bis zu 1000 Meter               •   Positive Beispiele anderer Sto-
Höhenunterschied) und Fahrradtouren,                   maträger machen Mut.
z.B. von der Isarquelle bis Passau. Eine           •   Erfahrungsaustausch unter Be-
                                                       troffenen unterstützt mit wertvol-
                                                       len Tipps.
                                                                                             25
Spezielle Trainingsformen und therapiebedingte Situationen
     Polyneuropathie
                                                                (Autorinnen: Kneis/Streckmann)

     Die periphere Polyneuropathie (PNP) ist eine häufige und zugleich sehr relevante
     Nebenwirkung einer Chemotherapie. Etwa 50 Prozent aller Krebspatienten nach
     einer neurotoxischen Chemotherapie, insbesondere bei Brustkrebs, Darmkrebs,
     Leukämie- und Lymphomerkrankungen, sind davon betroffen.

     Dafür verantwortlich sind Substanzen           konzept zur Behandlung einer PNP.
     der Chemotherapie, wie z.B. Platin-            Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass
     Derivate, Vinca-Alkaloide oder Taxane,         eine gezielte Bewegungstherapie,
     die das periphere Nervensystem schädi-         welche das neuromuskuläre System
     gen und damit sensible und/oder mo-            stimuliert, zu Verbesserungen der PNP-
     torische Störungen verursachen. Initial        Symptome führen kann. Die meisten
     kommt es typischerweise zu sensiblen           Erkenntnisse diesbezüglich stammen
     Reizerscheinungen (meist zuerst an den         aus der Diabetesforschung, nur wenige
     Füßen, sekundär an den Händen) mit             aus der Onkologie. In einer Patientenbe-
     einem strumpf- bzw. handschuhförmigen          fragung bezüglich der Effektivität diver-
     Verlauf, welche häufig als ein Kribbeln        ser Maßnahmen und Behandlungen der
     oder „Ameisenlaufen“ beschrieben               PNP in der onkologischen Rehabilitation
     werden. Weitere typische Symptome              empfanden Patienten die Ergotherapie
     sind z.B. Taubheitsgefühle, ein gestörtes      (z.B. durch Granulat gehen) sowie die
     Temperatur- und Schmerzempfinden,              Stimulations- und Koordinationsübungen
     abgeschwächte oder erloschene Mus-             im Rahmen der Physiotherapie am effek-
     keleigenreflexe (meist der Achillesseh-        tivsten. Des Weiteren konnten in einer
     nenreflex), eine verminderte Kraftfähig-       Freiburger Studie, positive Effekte einer
     keit, Gleichgewichtsprobleme sowie eine        Bewegungsintervention, bestehend aus
     erhöhte Sturzgefahr. Teilweise gehen die       Sensomotorik-, Ausdauer- und Krafttrai-
     Beeinträchtigungen nach Therapieab-            ning, auf sensorische und motorische
     schluss wieder zurück, manche jedoch           Symptome der Polyneuropathie nachge-
     auch nicht oder nur sehr langsam. Eine         wiesen werden. Auf Erfahrungsberichten
     PNP wirkt sich damit nicht nur auf die         basierend erscheint auch das Trainings-
     Alltagsaktivität, Mobilität und folglich die   konzept „VAT“ des Universitätsklinikums
     Lebensqualität aus, sondern kann auch          Ulm viel versprechend, welches passive
     zu Dosisreduktionen, Verzögerungen             Mobilisation mit Vibrations- und Funkti-
     oder sogar einem Abbruch der Therapie          onstraining verbindet.
     führen. Bisher gibt es keine nachweislich      Aus der derzeitigen Datenlage lassen
     wirksame medikamentöse Therapie oder           sich folgende Trainingsempfehlungen
     ein einheitliches und effektives Therapie-     ableiten:

26
Sensomotoriktraining:                        position ein: bei aufrechter Körperhal-
                                             tung die Füße gleichmäßig belasten, die
Das sensomotorische System umfasst           Kniegelenke leicht beugen, die Arme
sowohl die sensorische Reizaufnahme,         locker an der Seite hängen lassen oder
die zentralnervöse Verarbeitung als auch     zum Ausbalancieren nutzen und den
eine adäquate Muskelantwort. Studien         Blick geradeaus richten, ggf. dabei einen
zeigen, dass Sensomotoriktraining zu         ausgewählten Punkt vor sich fixieren.
neuromuskulären Anpassungen führt,           Das Ziel ist es, so ruhig wie möglich zu
die sich in einer verbesserten Koordinati-   stehen ohne sich dabei festzuhalten.
onsfähigkeit und Gleichgewichtskontrolle     Wählen Sie den Schwierigkeitsgrad
zeigen und damit das Sturz- und Verlet-      einer Übung so, dass Sie es gerade
zungsrisiko minimieren.                      schaffen über 20 Sekunden zu stehen
                                             ohne sich festzuhalten bzw. im Einbein-
Praktische Hinweise:                         stand den „freien“ Fuß abzusetzen. Den
                                             Schwierigkeitsgrad der Übungen sollten
Zur Durchführung eines sensomotori-          Sie nach folgenden Prinzipien steigern:
                     schen Trainings         vom Einfachen zum Komplexen, vom
                     positionieren Sie       Stabilen zum Instabilen, von Einfach-
                     sich so, dass Sie       zu Mehrfachaufgaben. D.h. beginnen
                     sich jederzeit          Sie im Beidbeinstand auf stabilem
                     festhalten können       Untergrund, reduzieren dann die Unter-
                     und auch Ihre           stützungsfläche, indem Sie die Breite
                     Trainingsgeräte         (z.B. Tandemstand, siehe Abbildung 1)
                     nicht wegrut-           und danach die Fläche (Einbeinstand)
                     schen können.           verringern. Es wird grundsätzlich dazu
                     Die Übungen an          geraten die Übungen zu Beginn mit ei-
                     sich sollten ohne       nem Therapeuten durchzuführen. Später
                     Schuhe durchge-         können Sie dann eigenständig fortge-
                     führt werden.           führt werden.
                     Nehmen Sie              Eine weitere Steigerung erreichen Sie,
                     folgende Grund-         wenn Sie den Blick nicht mehr gerade-

Abbildung 1: Fußposition zur Reduktion der Untersstützungsfläche

 Beidbeinstand    Beidbeinstand      Semitandem-       Tandem-       Einbeinstand
                  geschlossen        Stand             Stand

                                                                                         27
aus richten, sondern den Kopf drehen, in             Führen Sie je nach Leistungstand 3-8
     den Nacken legen oder sogar die Augen                Übungen durch, wiederholen Sie diese
     schließen. Außerdem können Sie die                   jeweils 3 Mal für ca. 20 Sekunden und
     Unterstützungsfläche instabiler gestalten            achten Sie dazwischen auf ausreichend
     (z.B. auf einem Therapiekreisel oder ei-             Pausen, um eine vorzeitige Ermüdung
     nem Balancepad) und zusätzlich weitere               des neuromuskulären Systems zu ver-
     motorische (z.B. einen Ball um die Hüfte             meiden.
     kreisen, Achterkreise mit dem "freien"
     Bein) oder kognitive Aufgaben (z.B.                  Erstrebenswert ist es die Übungen
     Rückwärtszählen) hinzunehmen.                        mindestens 2 x / Woche durchzuführen.
                                                          Zur Regeneration wird lediglich ein Tag
     Kombinieren Sie die verschiedenen                    Pause empfohlen.
     Standpositionen aus Abbildung 1 mit
     den Aufgaben aus Tabelle 1.

     Tabelle 1: Steigerung des Schwierigkeitsgrad

                            Augen geöffnet    Kopf drehen / in   Augen geschlossen
                                              den Nacken legen
      Fester Untergrund /                                                            keine Zusatzauf-
      Boden                                                                          gabe
      Therapiekreisel                                                                motorische oder
                                                                                     kognitive Aufgabe
      Balancepad                                                                     motorische und
                                                                                     kognitive Aufgabe

     Tabelle 2: Derzeitige Empfehlung für ein Sensomotoriktraining

     Inhalt                                  Dauer
     Trainingsdauer                          > 4 Wochen
     Häufigkeit                              2 - 6 x / Woche      Zusammenfassung:
     Dauer einer Trainingseinheit            6 - 30 Minuten       • Die Polyneuropathie ist eine
                                                                     der relevantesten Nebenwir-
     Dauer einer Übung                       20 Sekunden
                                                                     kungen der Chemotherapie.
     Pause zwischen den Übungen              40 Sekunden
                                                                  • Bisher gibt es kein effektives
     Anzahl der Wiederholungen je Übung      3                       und einheitliches Behand-
     Anzahl der Serien                       3-8                     lungskonzept.
     Pause zwischen den Serien               1 - 3 Minuten        • Sogenanntes Sensomoto-
                                                                     riktraining kann helfen die
                                                                     Symptome zu lindern.

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Spezielle Trainingsformen und therapiebedingte Situationen
Knochenmetastasen
                                                                         (Autor: Rief)

Knochenmetastasen, auch Skelettmetastasen oder ossäre Metastasen genannt,
sind durch die Absiedlung (Metastasierung) von Krebszellen eines Primärtumors ge-
bildete bösartige sekundäre Knochentumore. Es sind die mit Abstand am häufigsten
auftretenden Knochentumore im Erwachsenenalter.

Die Wirbelsäule ist die Hauptlokalisa-     Bei der Therapieplanung wird interdiszi-
tion von Knochenmetastasen. Diese          plinär durch Onkologen, Radioonkolo-
Metastasen entstehen durch Ablösung        gen, Schmerztherapeuten und Chirur-
von Tumorzellen aus dem Primärtumor        gen ein multimodales Konzept erstellt.
und werden vorwiegend auf dem Weg          Neben der systemischen Therapie mit
über die Blutgefäße in den Knochen         Bisphosphonaten oder monoklona-
verschleppt. Im Knochen verursachen        len Antikörpern und der chirurgischen
die Tumorzellen lokale Veränderungen       Versorgung ist die Radiotherapie (Be-
der Knochenstruktur, die Knochenum-        strahlung) das häufigste durchgeführte
bauprozesse sind meist in Richtung         Therapieverfahren. Bei der Mehrzahl
erhöhtem Knochenabbau verschoben. In       der Patienten ist das vorrangige Ziel die
vielen Fällen führt dies daher zu erheb-   Schmerzreduktion, Stabilisierung des
lichen Schmerzen und Instabilitäten im     Wirbelkörpers, die Verbesserung der
betroffenen Knochen, so dass es auch       Funktionalität und Mobilität sowie die
ohne Unfall zu Knochenbrüchen kom-         Vorbeugung von Komplikationen wie bei-
men kann. Demzufolge kann ein Kno-         spielsweise Rückenmarksverletzungen
chenbruch speziell in der Wirbelsäule      oder Knochenbrüche.
das Rückenmark verletzen und neurolo-
gische Ausfallserscheinungen hervorru-     Sporttherapie bei Knochenmetastasen
fen. Die häufigsten klinischen Symptome
von Knochenmetastasen sind Schmer-         Die Wirbelsäule als zentrales Achsenor-
zen in Ruhe aber auch unter Belastung,     gan steht im Zentrum aller Bewegungs-
Einschränkungen bei Alltagsaktivitäten,    möglichkeiten eines Individuums und
verminderte Leistungsfähigkeit sowie       stellt bei Störungen einen bewegungs-
einhergehend psychische Belastung. Im-     limitierenden Faktor dar. Alltägliche
mobilität, Schonhaltung und Schmerzen      Bewegungen werden oft nur erschwert
führen zu erheblichen Einschränkungen      bewältigt. Die sogenannte autochthone
der Lebensqualität.                        Muskulatur als bekleidender Muskel-
                                           mantel der Wirbelsäule stellt eine bedeu-
Die Behandlung von Knochen-                tende Position bei Knochenläsionen der
Metastasen                                 Wirbelkörper dar. Bei Patienten mit Wir-

                                                                                         29
belkörpermetastasen gibt es zahlreiche      nicht für ein Trainingsprogramm eignen.
     Hinweise auf den positiven Effekt von       Aktuelle Daten zeigen, dass 65 Prozent
     gezielten körperlichen Trainingsmaßnah-     der behandelten Patienten eine „stabi-
     men hinsichtlich Schmerz und Beweg-         le“ Metastase aufweisen und demnach
     lichkeit. Eine aktuelle klinische Studie    ohne Korsett mobilisiert werden könn-
     aus Heidelberg konnte nun zeigen, dass      ten. Durch den hohen Anteil an stabilen
     ein Krafttraining der Rückenmuskulatur      Läsionen in etwa zwei Drittel der Fälle
     bei Patienten mit Knochenmetastasen         und einer eher geringen Anzahl an
     der Wirbelsäule nicht nur möglich ist,      pathologischen Frakturen eröffnen sich
     sondern auch wichtige Faktoren wie          neue Therapiemöglichkeiten in Form von
     Mobilität, Schmerz und Lebensqualität       körperlichen Trainingsprogrammen bei
     verbessert.                                 der Behandlung von Knochenmetasta-
     Entscheidend für die Teilnahme an           sen der Wirbelsäule.
     einem differenzierten Krafttraining         Zusammenfassend kann man festhal-
     ist jedoch die Klassifikation der Wir-      ten, dass Patienten mit Knochenmeta-
     belsäulenmetastasen entsprechend            stasen der Wirbelsäule begleitend zu
     einem validierten Score in „instabil“       den bisherigen Therapieverfahren, wie
     oder „stabil“, da nur stabile Läsionen      Bestrahlung und systemische Therapie,
     in dieser Studie überprüft wurden und       von einem angeleiteten Krafttraining der
     instabile Wirbelkörper sich nach wie vor    Rückenmuskulatur profitieren.

     Anleitung eines Kraftrainings der Rückenmuskulatur

     Wichtig: Die dargestellten Übungen sollten zunächst mit einem Physiotherapeuten
     durchgeführt werden. Da für die Übungen keine Hilfsmittel verwendet werden, kann
     das Training zu Hause fortgesetzt werden.

     Übung im „Vierfüßlerstand“

     Führen Sie den rechten Arm aus der
     Ausgangssituation nach vorne oben und
     halten ihn in dieser Position für mehrere
     Sekunden. Der Arm soll dabei höchstens
     bis in die Horizontale geführt werden.
     Danach führen Sie die Bewegung mit
     den anderen Gliedmaßen durch.
     Umfang:
     2 Serien pro Arm/Bein mit je 10 Wieder-
     holungen, Serienpause: 60 Sekunden

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