Zitate zum "Wandel in der - Auffassung in Fragen des geistigen Eigentums (Urheberrechtsfrage)"
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Zitate zum „Wandel in der Auffassung in Fragen des geistigen Eigentums (Urheberrechtsfrage)“ tolle lege Augustinus von Hippo Gotthold Ephraim Lessing : Vorstellung der Urheber- Geistiges Eigentum und rechtspositionen der Piraten- Nachdruck partei und Aufklärung von Mythen Erstes Bruchstück 15 04. 2012 Über Eigentum an Geisteswerken Da immer wieder Missverständnisse zu un- Man mache gleich Anfangs einen Unter- seren Positionen in der Urheberrechtsdebatte schied zwischen Eigentum und Benutzung auftreten, möchten wir an dieser Stelle im Detail darauf eingehen. des Eigentums. • Allgemein Ich kann hundert Dinge mein Eigentum nennen, in so fern ich von ihnen dartun Die technische Entwicklung der letzten Jahr- kann, daß sie ohne mich entweder gar zehnte bringt Veränderungen mit sich, die eine nicht, oder doch nicht in solcher Gestalt Anpassung bestehender Gesetze und Vorstel- vorhanden sein würden: aber folgt dar- lungen erfordern. Insbesondere im Urheber- aus, daß ich sie deswegen ausschlie- recht ist die Notwendigkeit solcher Verände- ßungsweise zu nutzen befugt bin? rungen deutlich. Die Forderung nach einer Liberalisierung und Modernisierung der • bestehenden Urheberrechtsgesetze gehört zu Um befugt zu sein, etwas ausschlie- den Gründungsthemen der Piratenbewegung ßungsweise zu benutzen, muß es erst und stellt nach wie vor einen der Kernpunkte möglich sein, daß ich es so benutzen des Programms und der Identität der Pira- kann. ten dar. • Sobald ich dieses Können nicht in meiner Die Piratenpartei achtet die individuelle Gewalt habe, ist es ohnmächtiger Eigen- Freiheit als hohes Gut und möchte den Kon- nutz, wenn ich andre von der Mitbenut- sumenten beziehungsweise die Allgemeinheit unmittelbar in die Verantwortung nehmen,
zung durch ein bloßes: aber es wäre auch in Zeiten der möglichen kostenlosen doch besser, wenn ich allein bei der Vervielfältigung, Leistungen angemessen zu Schüssel bliebe! abzuschrecken denke – – honorieren. Wir stehen gegen Bestrebungen, – alle Nutzer von Tauschbörsen zu kriminali- sieren und die individuelle Freiheit im Inter- – – Daß dem Verleger auf das Buch, net durch weitreichende Verbote und Überwa- welches er mit Genehmhaltung des Ver- chung zu beschneiden. Unser Ziel ist es, einen fassers drucken läßt, ein Eigentum zu- fairen Ausgleich zwischen Urhebern und stehe, halte ich für unerwiesen. Nutzern zu erreichen und somit die Schaf- • fung von Kunst, Kultur und Wissenschaft Wenigstens kann das Eigentum des Ver- auch in Zukunft zu fördern. legers nicht größter, und von keiner an- dern Natur sein, als das Eigentum des Urheber- und Verwertungsrechte Verfassers war. In Deutschland, anders als beispielsweise in • den USA, wird zwischen dem Urheberper- Das Eigentum des Verfassers aber, wenn sönlichkeitsrecht und den Verwertungsrechten die Nutzung mit inbegriffen wird, ist so unterschieden. Erstere umfassen die persönli- gut, als keines. chen Rechte des Urhebers an seinem Werk, • sie sind unveräußerlich. Die Verwertungs- Denn man kann nichts sein Eigentum rechte sind hingegen handelbar. Der Urheber nennen, in dessen Besitz man sich nicht kann sie an einen Rechteverwerter (Verlag, zu setzen und zu erhalten im Stande ist. Plattenlabel) in Teilen oder als Ganzes (in • einem sogenannten Buyout-Vertrag) veräu- Nun ist aus der Erfahrung klar, daß kein ßern. Dazu gehören Vervielfältigungsrechte, Nutzungsrechte, Zweitverwertungsrechte und Verfasser, wenn er einmal mit seinem Ähnliches. Werke zum Vorschein gekommen, wenn er einmal eine oder mehrere Kopieen Die im Urheberrechtsgesetz festgeschriebenen davon machen lassen, im Stande ist, zu Regelungen schränken die Rechte der Allge- verhindern, daß nicht auch wider seinen meinheit an der Verwendung von Wissen und Willen Kopieen davon genommen wer- Informationen ein. Eine solche Einschrän- den – Folglich – – – kung ist in gewissem Umfang gerechtfertigt, falls sie den Interessen der Urheber von Werken dient. Keinesfalls aber darf sie ein- seitig zugunsten wirtschaftlicher Interessen Zweites Bruchstück Dritter stattfinden. Die derzeitigen Regelun- gen führen trotz eines stetig wachsenden Kul- Nachdruck turgütermarktes bisher noch selten dazu, dass die Urheber angemessen an den daraus ent- Daß der Nachdruck unbilldig sei, daß stehenden Einnahmen beteiligt werden. Daher der Nachdruck sich schämen sollte, zu setzen wir uns für eine Stärkung der Urhe- ernten, wo er nicht gesäet hat, und der ber gegenüber Rechteverwertern in Form faulen Hummel gleich über den Honig eines Urhebervertragsrechtes ein. der fleißigen Bienen herzufallen: wer leugnet das? Aber was hilft das, dem 2
Nachdruck zu steuern? Privatkopie und nichtkommerzielle Freilich, wenn Deutschland unter Ei- Vervielfältigung nem Herrn stünde, welcher der natürli- chen Billigkeit durch positive Gesetze zu Für die Freigabe von nichtkommerziellen Vervielfältigungen sprechen aus unserer Hülfe kommen könnte und wollte! Sicht zwei gewichtige Argumente: Aber bei dieser Verbindung unter Deutschlands Provinzen, da die mensch- 1. Der freie Zugang zu Wissen und Kultur lichsten das Principium haben, des baren ist entscheidend für die Entwicklung der Ge- Geldes so wenig als möglich aus ihren sellschaft. Ihn aus rein wirtschaftlichen Grenzen zu lassen: wer wird ihren Fi- Überlegungen einzuschränken, ist gesell- nanzräten begreiflich machen, daß man schaftlich nicht tragbar. Mit der Entwicklung allein den Buchhandel unter dieses Prin- immer neuer Technologien (vom Buchdruck cipium nicht ziehen müßte? zu Ton- und Videoaufnahme bis schließlich hin zur Digitalisierung und des Internets) Sie sagen: Wenn ein populärer Gellert wird die Verbreitung von Informationen so allgemein gelesen wird: was für ein fortwährend erleichtert. Das ist eine begrü- Recht gibt das seinem sächsischen Verle- ßenswerte Entwicklung, die gefördert und ger, die Brandenburgischen und Öster- nicht durch Gesetze verhindert werden darf. reichischen Staaten in Kontribution zu setzen? 2. Immer wieder aufkommende Vorschläge zu Als der Sächsische Verleger seinem Maßnahmen wie Vorratsdatenspeicherung, Verfasser einen traurigen Dukaten für Netzsperren oder Sperrung von Internetan- den Bogen bezahlte: konnte er sich da schlüssen ganzer Haushalte in Verbindung wohl vorstellen, damit eine so wichtige mit Urheberrechtsverletzungen zeigen, dass die restriktive Durchsetzung von Urheber- Kux erkauft zu haben? Warum sollen rechten im nichtkommerziellen Bereich eine seinen unerwarteten Wucher nicht Meh- Überwachungsinfrastruktur im Internet, eine rere teilen? – – – Einschränkung der Kommunikationsfreiheit und Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger erfordern würde, die weder akzeptabel noch verhältnismäßig sind. Immanuel Kant Zahlreiche Studien belegen berechtigte Zwei- Von der Unrechtmäßigkeit fel an der von Wirtschaftsverbänden verbrei- teten Vorstellung, den Kreativen würden des Büchernachdruks. durch Filesharing erhebliche Verluste entste- hen. Einige Studien zeigen sogar das Gegen- Diejenigen, welche den Verlag eines teil. Insbesondere werden immer wieder die Buchs als den Gebrauch des Eigenthums positiven Effekte der freien Verfügbarkeit von Inhalten ausgeblendet und bestehende Ver- an einem Exemplare (es mag nun als triebs- und Geschäftsmodelle als einziger Manuscript vom Verfasser, oder als Ab- Maßstab genommen. Die großen Unterneh- druk desselben von einem schon vor- men der Branche widmen sich eher dem handenen Verleger auf den Besitzer ge- Kampf gegen eine freiere Verbreitung von kommen sein) ansehen und alsdann Kulturgütern, statt die Weiterentwicklung doch durch den Vorbehalt gewisser zeitgemäßer Modelle voranzutreiben. 3
Rechte, es sei des Verfassers, oder des von ihm eingesetzten Verlegers, den Ge- Insgesamt sehen wir keinerlei Beleg dafür, brauch noch dahin einschränken wollen, dass durch die Entkriminalisierung daß es unerlaubt sei, es nachzudrukken, von Filesharing ein Einbruch in den kreati- ven Branchen stattfindet. Die Verbreitung – können damit niemals zum Zwecke von Tauschbörsen ist bereits jetzt so hoch, kommen. Denn das Eigenthum des Ver- dass ein solcher Einbruch schon hätte stattfin- fassers an seinen Gedanken (wenn man den müssen, was jedoch ausgeblieben ist – im gleich einräumt, daß ein solches nach Gegenteil wächst der Kulturgütermarkt be- äußern Rechten statt finde) bleibt ihm ständig, lediglich der Absatz unzeitgemäßer ungeachtet des Nachdruks; und da nicht Medien, wie Musik-Kassetten und -CDs, einmal füglich eine ausdrükliche Einwil- wurde schwieriger. ligung der Käufer eines Buchs zu einer solchen Einschränkung ihres Eigen- Das Recht auf Privatkopie, das zwar formell im UrhG §53 gegeben ist und die Grundlage thums statt finden kann 1), wie viel we- für die Erhebung von Abgaben auf Leermedi- niger wird eine bloß präsumirte zur Ver- en und Kopiergeräte darstellt, wird durch bindlichkeit derselben zureichen? Kopierschutzmaßnahmen systematisch ausge- höhlt. Diese Maßnahmen greifen in die Rech- Ich glaube aber Ursache zu haben, te der Nutzer ein und führen zu einer einge- den Verlag nicht als das Verkehr mit ei- schränkten Benutzbarkeit alter Exemplare ner Waare in seinem eigenen Namen, von Kulturgütern. Sie sind deshalb abzu- sondern als die Führung eines Geschäf- lehnen. Als erster Schritt muss die Umge- tes im Namen eines andern, nämlich des hung dieser Maßnahmen seitens der Nutzer Verfassers, anzusehen und auf diese und die Bereitstellung von Software zu die- sem Zweck wieder legalisiert werden. Weise die Unrechtmäßigkeit des Nach- drukkens leicht und deutlich darstellen Stärkung der Gemeinfreiheit zu können. Mein Argument ist in einem Vernunftschlusse enthalten, der das Gemeinfreie Werke bilden unseren gemein- Recht des Verlegers beweiset; dem ein samen Kulturschatz und sind zu schützen, wie zweiter folgt, welcher den Anspruch des in dem 2010 von der Piratenpartei Deutsch- Nachdrukkers widerlegen soll. land unterzeichneten Public Domain Mani- festo dargelegt. Bildung und Forschung ha- I. ben einen besonderen Wert für die Gesell- schaft, der über die kommerziellen Interessen Deduction des Rechts des Verlegers der Urheber zu stellen ist, weshalb wir für gegen den Nachdrukker eine Befreiung der Bildungseinrichtungen von Urheberrechtsabgaben durch Schranken Wer ein Geschäft eines andern in des- für die Nutzung zu Bildungs- und Wissen- sen Namen und dennoch wider den Wil- 1 ) Würde es wohl ein Verleger wagen, jeden, bei dem Ankaufe seines Verlagswerks, an die Bedingung zu binden, wegen Veruntreuung eines fremden ihm anvertrauten Guts angeklagt zu werden, wenn mit seinem Vorsatz, oder auch durch seine Unvorsichtigkeit, das Exemplar das er verkauft, zum Nachdrukke gebraucht würde? Schwerlich würde jemand dazu einwilligen; weil er sich dadurch al- lerlei Beschwerlichkeit der Nachforschung und Verantwortung aussetzen würde. Der Verlag würde jenem also auf dem Halse bleiben. 4
len desselben treibt, ist gehalten, diesem schaftszwecken eintreten. oder seinem Bevollmächtigten allen Nutzen, der ihm daraus erwachsen Freier Zugang zu staatlich möchte, abzutreten und allen Schaden zu finanzierten Werken vergüten, der jenem oder diesem daraus Besonders im wissenschaftlichen Bereich entspringt. werden Werke meist in staatlich finanzierten Einrichtungen erstellt, aber in kommerziell Nun ist der Nachdrukker ein solcher, vertriebenen Zeitschriften veröffentlicht, die der ein Geschäft eines andern (des Au- nicht einmal Bildungseinrichtungen kosten- tors) u.s.w. Also ist er gehalten, diesem frei zur Verfügung gestellt werden. Wird ein oder seinem Bevollmächtigten (dem Ver- Werk durch den Staat – und somit die Ge- leger) u.s.w. sellschaft – finanziert, so muss diese den durch Steuern bereits bezahlten freien Zu- gang dazu erhalten. Das trifft auch auf amtli- Beweis des Obersatzes che Werke zu, bei denen das Urheberrecht als Vorwand verwendet werden kann, um Trans- Da der sich eindringende Geschäft- parenz zu verhindern sowie auf durch öffentli- träger unerlaubter Weise im Namen ei- che Gelder geförderte Kunst. Was die Öffent- nes andern handelt, so hat er keinen An- lichkeit bezahlt, muss der Öffentlichkeit gehö- spruch auf den Vortheil, der aus diesem ren. Geschäfte entspringt; sondern der, in dessen Namen er das Geschäft führt, Im Einzelnen fordern wir: oder ein anderer Bevollmächtigter, wel- chem jener es anvertrauet hat, besitzt das dass keine Überwachungs- oder Zensurtech- nologien wie Vorratsdatenspeicherung, Recht, diesen Vortheil als die Frucht sei- Kommunikationsüberwachung oder Internet- nes Eigenthums sich zuzueignen. Weil sperren zur Rechtedurchsetzung eingesetzt ferner dieser Geschäftträger dem Rechte werden, des Besitzers durch unbefugte Einmi- schung in fremde Geschäfte Abbruch die Verkürzung von gesetzlichen Schutzfri- thut, so muß er nothwendig allen Scha- sten, die in ihrer bisherigen Länge vor allem den vergüten. Dieses liegt ohne Zweifel den Verwertern zugute kommen, in den Elementarbegriffen des Natur- rechts. dass keine Beschränkungen durch Kopier- schutzmaßnahmen oder gar Sperrungen von Internetanschlüssen erfolgen, Beweis des Untersatzes mehr Mitspracherechte für Urheber gegen- Der erste Punkt des Untersatzes ist: über den Rechteverwertern wie ein Zweit- daß der Verleger durch den Verlag das verwertungsrecht oder eine zeitliche Begren- Geschäft eines andern treibe. – Hier zung von »Buy-Out«-Verträgen, kömmt alles auf den Begrif eines Buchs oder einer Schrift überhaupt, als einer eine neue Schrankenregelung des Urheber- Arbeit des Verfassers, und auf den Begrif rechts, die das freie, nichtkommerzielle Kopie- ren von kreativen Werken im Internet legali- des Verlegers überhaupt (er sei bevoll- siert, 5
mächtiget oder nicht) an. Ob nämlich ein Buch eine Waare sei, die der Autor, es sei eine zeitgemäße digitale Archivierung für mittelbar oder vermittelst eines andern, Bibliotheken, mit dem Publicum verkehren, also mit die Befreiung der Bildungseinrichtungen von oder ohne Vorbehalt gewisser Rechte Urheberrechtsabgaben, veräußern kann; oder ob es vielmehr ein bloßer Gebrauch seiner Kräfte (opera) den freien Zugang zu mit öffentlichen Geldern sei, den er andern zwar verwilligen (con- finanzierten Inhalten wie bspw. wissenschaft- cedere), niemals aber veräußern (alien- liche Arbeiten oder Medien der öffentlich- are) kann? Ferner: ob der Verleger sein rechtlichen Rundfunkanstalten, Geschäft in seinem Namen, oder ein fremdes Geschäft im Namen eines an- die Legalisierung privater offener (WLAN) dern treibe. Netzwerke durch die Abschaffung der Stö- rerhaftung. In einem Buche als Schrift redet der Autor zu seinem Leser; und der, welcher sie gedrukt hat, redet durch seine Exem- plare nicht für sich selbst, sondern ganz und gar im Namen des Verfassers. Er stellt ihn als redend öffentlich auf und vermittelt nur die Ueberbringung dieser Rede ans Publicum. Das Exemplar dieser 23. 04. 2012 : Rede, es sei in der Handschrift oder im Zum Welttag des Buches und des Urheber- Druk, mag gehören, wem es wolle; so ist rechtes betont die Piratenpartei die Wichtig- doch, dieses für sich zu brauchen, oder keit des Schutzes der Urheber und ihrer damit Verkehr zu treiben, ein Geschäft, Rechte gegenüber den Verlagen. Die Pira- tenpartei unterstützt den digitalen Umbruch das jeder Eigenthümer desselben in sei- und begrüßt eine autonome Vermarktung nem eigenen Namen und nach Belieben von Werken im Selbstverlag und eine direk- treiben kann. Allein jemand öffentlich tere Beziehung zwischen Autor und Leser. reden zu lassen, seine Rede als solche ins Mit den neuen Technologien sind Urheber in der Lage, die bisherige Abhängigkeit von Publicum zu bringen, das heißt, in jenes den Verlagsgesellschaften zu umgehen. Namen reden und gleichsam zum Publi- Deswegen setzt sich die Piratenpartei für ein cum sagen: „Durch mich läßt ein Schrift- zeitgemäßes und den neuen technischen Möglichkeiten angepasstes Urheberrecht steller euch dieses oder jenes buchstäb- ein. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei lich hinterbringen, lehren etc. Ich ver- auf der zeitlichen Begrenzung so genannter antworte nichts, selbst nicht die Freiheit, Buyout-Verträge. Mit solchen Verträgen tre- die jener sich nimmt, öffentlich durch ten Künstler sämtliche Rechte an die jeweili- gen Verwerter ab. Diese Praxis muss in den mich zu reden; ich bin nur der Vermittler Augen der PIRATEN ein Ende finden, zumal der Gelangung an euch;“ das ist ohne sie bereits Einschränkungen durch das Zweifel ein Geschäft, welches man nur Landgericht Mannheim erfahren hat. im Namen eines andern, niemals in sei- Weiterhin sollen Urhebern Zweitverwer- nem eigenen (als Verleger) verrichten tungsrechte eingeräumt werden, Rechte bei 6
kann. Dieser schafft zwar in seinem ei- Nichtausübung schneller zurückfallen und den Verwertern unbekannte Nutzungsarten genen Namen das stumme Werkzeug nicht pauschal eingeräumt werden können. der Ueberbringung einer Rede des Au- Zudem soll ausgeschlossen werden, dass tors ans Publicum 2) an; aber daß er ge- sich Verleger zusätzlich Anteile an den Ver- dachte Rede durch den Druk ins Publi- gütungen der Urheber sichern können. cum bringt, mithin daß er sich als denje- Der Absatz im Buchmarkt 2011 laut Pricewa- nigen zeigt, durch den der Autor zu die- terhouseCoopers (PwC) und die gute Pro- sem redet, das kann er nur im Namen gnose bis 2015 sowie die Einschätzung des des andern thun. Börsenvereins zeigen, wie gut es der Buch- branche insgesamt geht. Autoren wie bei- spielsweise Petra van Cronenburg bewei- Der zweite Punkt des Untersatzes ist: sen, welche Möglichkeiten eine freie Verbrei- daß der Nachdrukker nicht allein ohne tung bieten kann. alle Erlaubniß des Eigenthümers das Ge- Eine Verdreifachung des eBook-Marktes, schäft (des Autors), sondern es sogar hier auch wieder getrieben von Firmen wie wider seinen Willen übernehme. Denn Amazon, ist ein eindeutiges Signal, dass die da er nur darum Nachdrukker ist, weil Verbraucher auch in Zeiten des digitalen Wandels bereit sind, für einfach zu tau- er einem andern, der zum Verlage vom schende Dateien Geld auszugeben. Mit Be- Autor selbst bevollmächtigt ist, in sein sorgnis ist jedoch festzustellen, dass nicht Geschäft greift: so fragt sich, ob der Au- aus den Fehlern der Musikindustrie gelernt und auf DRM-Systeme, die ausschließlich tor noch einem andern dieselbe Befugniß legale Nutzer treffen, verzichtet wurde. ertheilen und dazu einwilligen könne. Es ist aber klar: daß, weil alsdann jeder von »So, wie der Buchdruck dafür gesorgt hat, beiden, der erste Verleger und der sich dass Informationen einer breiten Bevölke- rung zugänglich wurden, sorgt das Internet nachher des Verlags anmaßende (der dafür, dass jeder Mensch an jedem Ort der Nachdrukker), des Autors Geschäft mit Welt zu jedem Zeitpunkt Informationen zur einem und demselben ganzen Publicum Verfügung stellen oder abrufen kann. Damit findet wie zu Zeiten des Buchdrucks eine führen würde, die Bearbeitung des einen Wende in der Entwicklung der Menschheit die des andern unnütz und für jeden statt. Der Buchdruck hat die Fundamente für derselben verderblich machen müsse; unsere Wissens- und Kulturgesellschaft ge- mithin ein Vertrag des Autors mit einem legt, die bis heute einen eher elitären Cha- rakter hatte. Jetzt werden wir Zeuge, wie die Verleger mit dem Vorbehalt, noch außer Gesellschaft noch einmal revolutioniert wird, diesem einem andern den Verlag seines und jeder kann daran teilhaben«, so Gefion Werks erlauben zu dürfen, unmöglich Thürmer, Buchhändlerin und Beisitzerin im sei; folglich der Autor die Erlaubniß da- Bundesvorstand der Piratenpartei. zu keinem andern (als Nachdrukker) zu Es ist das erklärte Ziel der PIRATEN, diese ertheilen befugt gewesen, diese also vom zweite Revolution aktiv zu unterstützen und letztern auch nicht einmal hat präsumirt Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Zu 2) Ein Buch ist das Werkzeug der Überbringung einer Rede ans Publicum, nicht bloß der Gedanken, wie e t w a Gemälde, symbolische Vorstellung irgend einer Idee oder Begebenheit. Daran liegt hier das Wesentlichste, daß es keine Sache ist, die dadurch überbracht wird, sondern eine opera, nämlich Rede, und zwar buchstäblich. Dadurch, daß es ein stummes Werkzeug genannt wird, unterscheide ich es von dem, was die Rede durch einen Laut überbringt, wie z. B. ein Sprachrohr, ja selbst der Mund anderer ist. 7
diesen Hindernissen gehören u. a. die Ver- werden dürfen; folglich der Nachdruck wertungsgesellschaften mit ihren überkom- ein gänzlich wider den erlaubten Willen menen Ansprüchen an den Werken der des Eigenthümers und dennoch ein in-Künstler. »Niemand wäre seinerzeit auf die dessen Namen unternommenes Geschäft absurde Idee gekommen, den Buchdruck sei. abzuschaffen, weil die Kopiermönche da- durch arbeitslos würden und die Quasimo- nopolstellung der Klöster in der Buchherstel- * * * lung aufgebrochen würde«, verdeutlicht Thürmer. »Aber genau das wird heute – nur Aus diesem Grunde folgt auch, daß mit anderen Akteuren – gefordert.« nicht der Autor, sondern sein bevoll- mächtigter Verleger lädirt werde. Denn weil jener sein Recht wegen Verwaltung seines Geschäftes mit dem Publicum PiratenStimmen : dem Verleger gänzlich und ohne Vorbe- halt, darüber noch anderweitig zu dis- Aber es ist doch kein Autor gezwungen, sein poniren, überlassen hat: so ist dieser al- Werk einem Verlag zu übertragen. Es kann doch jeder sein Buch selbst drucken, selbst lein Eigenthümer dieser Geschäftsfüh- vervielfältigen und selbst vermarkten, beson- rung, und der Nachdrukker thut dem ders da in Euren Augen die Arbeit der Verla- Verleger Abbruch an seinem Rechte, ge ja gar so easy und nebensächlich ist… ;-) nicht dem Verfasser. * * * Mir drängen sich da ein paar Fragen auf: Weil aber dieses Recht der Führung 1. Glauben die Piraten wirklich, dass eines Geschäftes, welches mit pünktli- Künstler gute Vermarkter sind? Spätestens seit der Antike haben sich spezialisierte Be- cher Genauigkeit eben so gut auch von rufe herausgebildet, warum soll einem andern geführt werden kann, – 2. Glauben die Piraten, dass unser heutige wenn nichts besonders darüber verabre- kulturelles Angebot ohne professionelle Ver- det worden für sich nicht als unveräu- markter existieren könnte? Ein Buch oder ein ßerlich (ius personalissimum) anzusehen Album kann man eventuell noch selbst finan- ist: so hat der Verleger Befugniß, sein zieren, aber wer könnte beispielsweise Film Verlagsrecht auch einem andern zu vorfinanzieren? Und jetzt kommt mir nicht mit überlassen, weil er Eigenthümer der Crowdfunding, bei ‘Iron Sky’ sieht man ja, Vollmacht ist; und da hiezu der Verfas- dass sich damit erstens nicht wirklich große ser einwilligen muß, so ist der, welcher Mittel aufbringen kann und zweitens, dass es keine Sicherheit gibt, so dass die Produktion aus der zweiten Hand das Geschäft immer wieder verschoben werden musste. übernimmt, nicht Nachdrukker, sondern 3. Warum bemüht Ihr immer wieder das rechtmäßig bevollmächtigter Verleger, d. Feindbild von den bösen Verwertungsgesell- i. ein solcher, dem der vom Autor einge- schaften, die sich das ganze Geld einverleiben? setzte Verleger seine Vollmacht abgetre- Von wem sprecht ihr überhaupt? Selbst bei ten hat. den großen gehen die Umsätze gehen seit Jahren bergab, also wer soll das sein? 4. Warum sprecht ihr immer von Buyout- 8
II. Verträgen, wo die doch sehr selten vorkom- Widerlegung des vorgeschützten men und man auch schon heute gute Rechts- Rechts des Nachdrukkers gegen den mittel gegen sie hat? Verleger. Ritterschlag von Angela Merkel: Die Piraten- partei werde zur Demokratie beitragen und Es bleibt noch die Frage zu beantwor- Menschen für Politik interessieren, so die ten übrig: ob nicht dadurch, daß der Ver- Kanzlerin. In einer neuen Umfrage erreicht die Partei zehn Prozent. leger das Werk seines Autors im Publi- cum veräußert, mithin aus dem Eigen- thum des Exemplars die Bewilligung des Verlegers (mithin auch des Autors, der ihm dazu Vollmacht gab) zu jedem be- liebigen Gebrauche desselben, folglich auch zum Nachdrukke von selbst fließe, so unangenehm solcher jenem auch sein möge. Denn es hat jenen vielleicht der Vortheil angelokt, das Geschäft des Ver- legers auf diese Gefahr zu übernehmen, ohne den Käufer durch einen ausdrükli- chen Vertrag davon auszuschließen, weil Weitere Piratenstimmen: dieses sein Geschäft rückgängig gemacht haben möchte? – Daß nun das Eigen- thum des Exemplars dieses Recht nicht 10 Mythen zur Piratenpartei und der verschaffe, beweise ich durch folgenden Urheberrechtsdebatte Vernunftschluß: 1) Die Piraten wollen das Urheberrecht ab- E in p e r s ö n l ic h e s b e j a h e n d e s schaffen R e c h t a u f e in e n an d e r n k a n n a u s d e m E ig e n t h u m e in e r S a c h e a l - Nein. l e in n ie m a l s g e f o l g e r t w er d e n . Richtig ist: N u n is t d a s R e c h t z u m V e r l a - g e e in p e r s ö n l ic h e s b e j a h e n de s Die Piraten wollen das Urheberrecht refor- mieren, dass es einen Ausgleich zwischen den Recht. finanziellen Interessen der Urheber und den Interessen der Allgemeinheit an den kulturel- F o lg l ic h k a n n e s a u s d e m E i- len Werken widerspiegelt. Die zentrale For- g e n t h u m e in e r S ac h e ( d e s E x e m - derung dabei ist die Freigabe der nichtkom- p l a r s ) a l l e in n ie m a l s g e f o l g er t merziellen Vervielfältigung, da ein Verbot werden. selbiger nur durch die Bespitzelung von pri- vatem Datenverkehr oder Angriffe auf die freie Struktur des Netzes durchsetzbar ist. Beweis des Obersatzes. 2) Die Piraten wollen nicht, dass Urheber 9
Geld verdienen Mit dem Eigenthum einer Sache ist zwar das verneinende Recht verbun- Nein. den, jedermann zu widerstehen, der Richtig ist: mich im beliebigen Gebrauch derselben hindern wollte; aber ein bejahendes Die Piraten haben überhaupt kein Problem Recht auf eine Person, von ihr zu for- damit, dass irgendwer Geld verdient. Kom- dern, daß sie etwas leisten oder mir wor- merzielles Schaffen ist nicht verwerflich. in zu Diensten sein solle, kann aus dem Niemand verkauft seine Seele, weil er ein bloßen Eigenthum keiner Sache fließen. Album in die CD-Regale oder einen Film in Zwar ließe sich dieses letztere durch eine die Kinos bringt. Jeder darf selbst entschei- besondere Verabredung dem Vertrage, den, ob und wie er seine Arbeit vermarktet, er wodurch ich ein Eigenthum von jemand kann dabei aber nicht verlangen, dass das Gesetz nur nach seinem Geschäftsmodell aus- erwerbe, beifügen; z. B. daß, wenn ich gerichtet wird. eine Waare kaufe, der Verkäufer sie auch postfrei an einen gewissen Ort hin- 3) Die Piraten wollen nur alles umsonst schikken solle. Aber alsdann folgt das Recht auf die Person, etwas für mich zu Nein. thun, nicht aus dem bloßen Eigenthum meiner erkauften Sache, sondern aus Richtig ist: einem besondern Vertrage. Niemand verlangt, dass alle Urheber kosten- los Werke schaffen. Die Nutzer sind in der Beweis des Untersatzes. deutlichen Mehrheit bereit, Geld für Kultur- güter auszugeben. Aus diesem Grund funk- Worüber jemand in seinem eigenen tionieren die meisten derzeitigen Geschäfts- Namen nach Belieben disponiren kann, modelle immer noch sehr gut. Weiterhin gibt daran hat er ein Recht in der Sache. Was es viele neue Geschäftsmodelle, wie Crow- er aber nur im Namen eines andern ver- dfunding, Social Payment, Werbefinanzie- richten darf, dies Geschäft treibt er so, rung und den Verkauf nicht digital kopierba- daß der Andere dadurch, als ob es von rer Dinge, wie Sammlerstücke, handsignier- ihm selbst geführt wäre, verbindlich ge- te Exemplare, Merchandiseartikel, Auftritte usw. Alle Geschäftsmodelle, welche die nicht- macht wird. (Quod quis facit per alium, kommerzielle Vervielfältigung unbeschränkt ipse fecisse putandus est.) Also ist mein lassen möchten, werden von den Piraten als Recht zur Führung eines Geschäftes im unterstützenswert betrachtet. Namen eines andern ein persönliches bejahendes Recht, nämlich den Autor 4) Die Piraten sind für Plagiate des Geschäftes zu nöthigen, daß er etwas prästire, nämlich für alles stehe, was er Nein. durch mich thun läßt, oder wozu er sich durch mich verbindlich macht. Der Ver- Richtig ist: lag ist nun eine Rede ans Publicum Die Piraten erkennen die Urheberpersönlich- (durch den Druk) im Namen des Verfas- keitsrechte vollumfänglich an. Diese umfas- 10
sers, folglich ein Geschäft im Namen ei- sen die korrekte Angabe des Urhebers, das nes andern. Also ist das Recht dazu ein Recht auf Erstveröffentlichung und den Recht des Verlegers an eine Person: nicht Schutz vor Entstellung. Die korrekte Angabe bloß sich im beliebigen Gebrauche seines des Urhebers ist die Grundlage für Respekt und finanzielle Wertschätzung. Sich mit Eigenthums gegen ihn zu vertheidigen; fremden Federn zu schmücken ist glatter Be- sondern ihn zu nöthigen, daß er ein ge- trug, den wir scharf verurteilen. wisses Geschäft, welches der Verleger auf seinem Namen führt, für sein eigenes 5) Die Piraten haben sich noch nie mit Urhe- erkenne und verantworte, – mithin ein bern auseinandergesetzt persönliches bejahendes Recht. Nein. Das Exemplar, wornach der Verleger drukken läßt, ist ein Werk des Autors Richtig ist: (opus) und gehört dem Verleger, nach- Viele der Piraten sind selbst Urheber und dem er es im Manuscript oder gedrukt kennen die Probleme, die real auftreten, sehr erhandelt hat, gänzlich zu, um alles da- gut. Viele Urheber haben ein offenes Ohr bei mit zu thun, was er will, und was in sei- den Piraten und können über offene Kommu- nem eigenen Namen gethan werden nikationsstrukturen mitteilen, wie wir ihre kann; denn das ist ein Erforderniß des Interessen berücksichtigen können. vollständigen Rechtes an einer Sache, d. i. des Eigenthums. Der Gebrauch aber, 6) Die Piraten sind dafür, dass jeder sein Werk kostenlos ins Internet stellen muss den er davon nicht anders als nur im Namen eines andern (nämlich des Ver- Nein. fassers) machen kann, ist ein Geschäft (opera), das dieser Andere durch den Richtig ist: Eigenthümer des Exemplars treibt, wozu außer dem Eigenthum noch ein besonde- Jeder Urheber soll selbst entscheiden, ob er rer Vertrag erfordert wird. sein Werk ins Internet stellt oder es nur einem begrenzten Empfängerkreis zugänglich Nun ist der Buchverlag ein Geschäft, macht. Veröffentlicht er es allerdings, dann das nur im Namen eines andern (näm- soll jeder das Recht haben, es für nichtkom- merzielle Zwecke zu nutzen und weiterzuver- lich des Verfassers) geführt werden darf breiten. Sobald aber damit kommerzielle In- (welchen Verfasser der Verleger als teressen verfolgt werden, sollen die Urheber durch sich zum Publicum redend auf- entsprechend beteiligt werden oder dies unter- führt); also kann das Recht dazu nicht zu sagen können. den Rechten gehören, die dem Eigen- thum eines Exemplars anhängen, son- 7) Die Piraten wollen dem stetig schrump- dern kann nur durch einen besondern fenden Kulturgütermarkt den Todesstoß ver- Vertrag mit dem Verfasser rechtmäßig setzen werden. Wer ohne einen solchen Vertrag Nein. mit dem Verfasser (oder, wenn dieser schon einem andern als eigentlichen Ver- Richtig ist: 11
leger dieses Recht eingewilligt hat, ohne Vertrag mit diesem) verlegt, ist der Der Kulturgütermarkt wächst und das Nachdrukker, welcher also den eigentli- obwohl seit der Erfindung des Tonfilms, jede chen Verleger lädirt, und ihm allen technische Neuerung vom Tonband über die Musikkassette bis zum CD-Brenner und Nachtheil ersetzen muß. zuletzt dem Internet als dessen Untergang verrufen wurde. Noch nie war es möglich, mit Allgemeine Anmerkung beliebten Kulturgütern so enorme Einnahmen zu erzielen. Dieser Einnahmenzuwachs war Daß der Verleger sein Geschäft des erst möglich, als sich Tauschbörsen und Verlegers nicht bloß in seinem eigenen Streaming-Portale immer schneller verbrei- Namen, sondern im Namen eines andern tet haben. Fragen Sie sich selbst: Wann gab 3) (nämlich des Verfassers) führe und es in letzter Zeit ein Jahr ohne neue Bestsel- ohne dessen Einwilligung gar nicht füh- ler, erfolgreiche Bands, aufwendig produzier- te Videospiele oder Blockbuster im Kino? ren könne: bestätigt sich aus gewissen Verbindlichkeiten, die demselben nach 8) Die Piraten können nicht zwischen wis- allgemeinem Geständnisse anhängen. senschaftlichen Informationen und Kultur Wäre der Verfasser, nachdem er seine unterscheiden Handschrift dem Verleger zum Drukke übergeben und dieser sich dazu verbind- Nein. lich gemacht hat, gestorben: so steht es dem letztern nicht frei, sie als sein Eigen- Richtig ist: thum zu unterdrükken; sondern das Pu- Diese Unterscheidung ist machbar, jedoch blicum hat in Ermangelung der Erben nicht unbedingt zielführend. Informationen, ein Recht, ihn zum Verlage zu nöthigen, welche den Einzelnen und die Gesellschaft oder die Handschrift an einen andern, weiter bringen, sind sowohl in wissenschaftli- der sich zum Verlage anbietet, abzutre- chen Veröffentlichungen zu finden wie auch in ten. Denn einmal war es ein Geschäft, Fantasyromanen, Film-Blockbustern und das der Autor durch ihn mit dem Publi- Videospielen, welche natürlich auch wissen- cum treiben wollte, und wozu er sich als schaftliche Erkenntnisse aufgreifen und den Geschäftträger erbot. Das Publicum hatte Konsumenten so auf einfachere Art und Wei- auch nicht nöthig, dieses Versprechen se verständlich machen. Das Urheberrecht schützt Werke der Wissenschaft und der des Verfassers zu wissen, noch es zu Kunst gleichermaßen. akceptiren; es erlangt dieses Recht an den Verleger (etwas zu prästiren) durchs 9) Die Piraten wollen nur noch Mainstream- Gesetz allein. Denn jener besitzt die Kultur und verachten Nischenkultur Handschrift nur unter der Bedingung, sie zu einem Geschäfte des Autors mit Nein. 3) Wenn der Verleger auch zugleich Verfasser ist, so sind beide Geschäfte doch verschieden; und er verlegt in der Qualität eines Handelsmannes, was er in der Qualität eines Gelehrten geschrieben hat. Allein wir können diesen Fall bei Seite setzen und unsere Erörterung nur auf den, da der Verleger nicht zugleich Verfasser ist, einschränken: es wird nachher leicht sein, die Folgerung auch auf den ersten Fall auszudehnen. 12
dem Publicum zu gebrauchen; diese Richtig ist: Verbindlichkeit gegen das Publicum aber bleibt, wenn gleich die gegen den Ver- Nischenkultur ist – wie auch der Name sagt fasser durch dessen Tod aufgehört hat. – nur in einer Marktnische zu finden. Unbe- kannte Künstler haben es schwer, auf dem Hier wird nicht ein Recht des Publicums Markt Fuß zu fassen. Das ist auch bereits an der Handschrift, sondern an einem heute so und wird nicht erst mit den ange- Geschäfte mit dem Autor zum Grunde strebten Urheberrechts-Reformzielen der Pi- gelegt. Wenn der Verleger das Werk des ratenpartei so werden. Aber das Internet gibt Autors nach dem Tode desselben ver- »kleinen« Künstlern und Nischenkünstlern stümmelt oder verfälscht herausgäbe, eine völlig neue Möglichkeit, sich zu vermark- oder es an einer für die Nachfrage nöthi- ten und (zahlende) Fans zu gewinnen. gen Zahl Exemplare mangeln ließe; so Die Piraten sehen explizit im Filesharing würde das Publicum Befugniß haben, eine Möglichkeit, Kultur abseits des Mainstreams zu fördern. Dazu darf Filesha- ihn zu mehrerer Richtigkeit oder Ver- ring aber nicht verteufelt werden. größerung des Verlags zu nöthigen, wid- rigenfalls aber diesen anderweitig zu 10) Wenn nichtkommerzielles Kopieren und besorgen. Welches alles nicht statt finden Verbreiten erlaubt ist, kann man keine Ein- könnte, wenn das Recht des Verlegers nahmen mehr mit geistigen Werken erzielen. nicht von einem Geschäfte, das er zwi- schen dem Autor und dem Publicum im Nein. Namen des ersten führt, abgeleitet wür- de. Richtig ist: In einer Welt, in der eine einzige digitale Dieser Verbindlichkeit des Verlegers, Kopie im Internet dafür ausreicht, die kom- die man vermuthlich zugestehen wird, plette Menschheit unerschöpflich mit einem muß aber auch ein darauf gegründetes geistigen Werk zu versorgen, ist es sinnvoll, Recht entsprechen, nämlich das Recht zu zusätzlich Geschäftsmodelle zu nutzen, die mit allem dem, ohne welches jene Verbind- jener freizügigen Kulturgüterverbreitung lichkeit nicht erfüllt werden könnte. Die- arbeiten oder von ihr profitieren. Man kann ses ist: daß er das Verlagsrecht aus- die Erstveröffentlichung an sich verkaufen, schließlich ausübe, weil anderer Concur- man kann sich die Produktion eines geistigen Werkes von den Nutzern vorfinanzieren las- renz zu seinem Geschäfte die Führung sen, man kann direkte freiwillige Zahlungs- desselben für ihn praktisch unmöglich möglichkeiten zwischen Urhebern und Nut- machen würde. zern anbieten, man kann die Verbreitung gei- stiger Werke mit Werbefinanzierungsansät- Kunstwerke als Sachen können dage- zen kombinieren, etc. Die Chancen, welche gen nach einem Exemplar derselben, sich dadurch ergeben, sind gewaltig: Jeder welches man rechtmäßig erworben hat, kann jederzeit von überall auf alles zugreifen nachgeahmt, abgeformt und die Copien und auch direkt in die Werke hineinverlinken, derselben öffentlich verkehrt werden, um einzelne Informationen darin gezielt zu ohne daß es der Einwilligung des Urhe- verbreiten. Erst so kann der Fortschritt durch die neuen technischen Möglichkeiten bers ihres Originals, oder derer, welcher wirklich ausgiebig genutzt werden. 13
er sich als Werkmeister seiner Ideen be- Weitere Informationen zu unseren Positio- dient hat, bedürfe. Eine Zeichnung, die nen im Detail finden sich außerdem im Pres- jemand entworfen, oder durch einen an- sereader inklusive wissenschaftlicher Quellen dern hat in Kupfer stechen, oder in Stein, und einer Erklärung von Geschäftsmodellen [1] sowie in der im Wahlprogramm zur Bun- Metall, oder Gips ausführen lassen, kann destagswahl 2013 verlinkten Detailausarbei- von dem, der diese Produkte kauft, ab- tung zur Urheberrechtsreform [2], welche sich gedrukt oder abgegossen und so öffent- mit jedem einzelnen Paragraphen befasst. lich verkehrt werden; so wie alles, was jemand mit seiner Sache in seinem eige- nen Namen verrichten kann, der Einwil- Dienstanbieter dieser Seite ist die Piraten- ligung eines andern nicht bedarf. Lip- partei Deutschland vertreten durch den Vor- perts Daktyliothek kann von jedem Be- sitzenden Sebastian Nerz. sitzer derselben, der es versteht, nachge- Redaktionell verantwortlich gemäß §5 ahmt und zum Verkauf ausgestellt wer- TMG: den, ohne daß der Erfinder derselben Sebastian Nerz über Eingriffe in seine Geschäfte klagen Piratenpartei Deutschland Pflugstraße 9a könne. Denn sie ist ein Werk (opus, nicht 10115 Berlin opera, alterius), welches ein jeder, der es Email: sebastian.nerz@piratenpartei.de besitzt, ohne einmal den Namen des Ur- hebers zu nennen, veräußern, mithin Ladungsfähige Anschrift gemäß TMG: Piratenpartei Deutschland auch nachmachen und auf seinen eige- Pflugstraße 9a nen Namen als das seinige zum öffentli- 10115 Berlin chen Verkehr brauchen kann. Die Schrift aber eines andern ist die Rede einer Per- Geschäftsstelle Piratenpartei Deutschland son (opera); und der, welcher sie verlegt, Pflugstraße 9a kann nur im Namen dieses andern zum 10115 Berlin Publicum reden und von sich nichts wei- Fon: +49 30 27572040 ter sagen, als daß der Verfasser durch Fax: +49 30 609897-517 E-Mail: bgs_anfragen@piratenpartei.de ihn (Impensis Bibliopolae) folgende Rede ans Publicum halte. Denn es ist ein Wi- Haftungshinweis: Im Rahmen unseres derspruch: eine Rede in seinem Namen Dienstes werden auch Links zu Internetin- zu halten, die doch nach seiner eigenen halten anderer Anbieter bereitgestellt. Auf den Inhalt dieser Seiten haben wir keinen Anzeige und gemäß der Nachfrage des Einfluss; für den Inhalt ist ausschließlich der Publicums die Rede eines andern sein Betreiber der anderen Website verantwort- soll. Der Grund also, warum alle Kunst- lich. Trotz der Überprüfung der Inhalte im gesetzlich gebotenen Rahmen müssen wir werke anderer zum öffentlichen Vertrieb daher jede Verantwortung für den Inhalt die- nachgemacht, Bücher aber, die schon ser Links bzw. der verlinkten Seite ablehnen. ihre eingesetzte Verleger haben, nicht nachgedruckt werden dürfen, liegt darin: daß die ersten Werke (opera), die zwei- ten Handlungen (operae) sind, davon jene als für sich selbst existirende Dinge, 14
diese aber nur in einer Person ihr Dasein haben können. Folglich kommen letztern der Person des Verfassers ausschließlich zu; 4) und derselbe hat daran ein unver- äußerliches Recht (ius personalissimum) durch jeden andern immer selbst zu re- den, d. i. daß niemand dieselbe Rede Reiche Buchhändler sind wahre Phäno- zum Publicum anders, als in seines (des mene, unsere Tuch- und Seidenkrämer Urhebers) Namen halten darf. Wenn leben im Überfluß. man indessen das Buch eines andern so Georg Christoph Lichtenberg verändert (abkürzt oder vermehrt oder umarbeitet), daß man sogar Unrecht thun würde, wenn man es nunmehr auf den Namen des Autors des Originals ausgeben würde: so ist die Umarbeitung in dem eigenen Namen des Herausge- bers kein Nachdruk und also nicht uner- Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe laubt. Denn hier treibt ein anderer Autor hineinsieht, kann kein Apostel heraus durch seinen Verleger ein anderes Ge- gucken. schäft als der erstere und greift diesem Georg Christoph Lichtenberg also in sein Geschäfte mit dem Publicum nicht ein; er stellt nicht jenen Autor als durch ihn redend vor, sondern einen andern. Auch kann die Uebersetzung in eine andere Sprache nicht für Nachdruk genommen werden; denn sie ist nicht dieselbe Rede des Verfassers, obgleich die Gedanken genau dieselben sein mö- gen. Wenn die hier zum Grunde gelegte Idee eines Bücherverlages überhaupt wohlgefaßt und (wie ich mir schmeichle, daß es möglich sei) mit der erforderli- chen Eleganz der römischen Rechtsge- 4) Der Autor und der Eigenthümer des Exemplars können beide mit gleichem Rechte von demselben sagen: es ist mein Buch! aber in verschiedenem Sinne. Der erstere nimmt das Buch als Schrift oder Rede; der zweite bloß als das stumme Instrument der Überbringung der Rede an ihn oder das Publi- cum, d. i. als Exemplar. Dieses Recht des Verfassers ist aber kein Recht in der Sache, nämlich dem Exemplar (denn der Eigenthümer kann es vor des Verfassers Augen verbrennen), sondern ein ange- bornes Recht in seiner eignen Person, nämlich zu verhindern, daß ein anderer ihn nicht ohne seine Einwilligung zum Publicum reden lasse, welche Einwilligung gar nicht präsumirt werden kann, weil er sie schon einem andern ausschließlich ertheilt hat. 15
lehrsamkeit bearbeitet würde: so könnte die Klage gegen den Nachdrukker wohl vor die Gerichte gebracht werden, ohne daß es nöthig wäre, zuerst um ein neues Gesetz deshalb anzuhalten. [ aus : Berlinische Monatsschrift 5 (1785), Seiten 403 bis 417 ] Hinweis : Zur Sache gehört auch der folgende Text des Freiherrn Knigge, der den „Piraten“ evtl. ein besseres „Benehmen“ gegenüber fremdem geisten Eigentum beibringen könnte. Auszug aus : Adolph Freiherr Knigge : Über den Umgang mit Menschen Die Herrn Buchhändler verdienten wohl ein eignes Kapitel. In demselben könn- te man sehr viel Wahres zum Lobe derer unter ihnen sagen, die diesen Handel nicht als einen jüdischen Erwerb treiben, so daß sie etwa wenig darum be- kümmert wären, was für Bücher bei ihnen verlegt und gekauft, insofern nur Gelder daraus gelöst werden; denen es nicht gleichgültig ist, ob man sie zu Hebammen von kleinen Krüppeln und Mißgeburten braucht, ob sie zu Werk- zeugen der Ausbreitung eines elenden, frivolen, falschen Geschmacks und schlechter Grundsätze dienen; sondern denen, wie unserm Nicolai, Wahrheit, Kultur und Aufklärung am Herzen liegt; die das mißkannte, im Dunkeln le- bende Talent ermuntern, aus dem Staube hervorziehen, in Tätigkeit setzen und großmütig unterstützen; die den täglichen Umgang und den Verkehr mit Gelehrten und Büchern dazu anwenden, sich selber Kenntnisse zu sammeln, ihren Geist zu bilden und beßre Menschen zu werden. Und dann würde des Kontrastes wegen das Gegenbild keine üble Wirkungen machen. – Das Bild eines Mannes, der, nachdem ein halbes Jahrhundert hindurch die vortrefflich- sten Werke durch seine schmutzigen, geldgierigen Finger gegangen, noch immer ebenso unwissend und dumm geblieben – außer was die kleinen Wu- cherkünste betrifft – als ein zehnjähriger Knabe; der Manuskripte und neue Bücher nach der Dicke, nach dem Titel und nach dem Verhältnisse schätzt und 16
kauft, nach welchem er vermuten kann, daß ein von falschem Geschmacke irregeleitetes Publikum darnach greifen wird; der, um diesen falschen Ge- schmack zu unterhalten, durch unbärtige Knaben jämmerliche Broschüren, Romänchen und Märchen schreiben und unter seiner Firma in die Welt gehn läßt; der die erbärmlichste Schmiererei, deren Nichtswürdigkeit er selbst fühlt, durch einen vielversprechenden Modetitel oder durch saubre Bildlein aufge- setzt nach Frankfurt und Leipzig schleppt und für diese Lumpereien ein schändendes Lob von feilen Rezensenten erkauft; der den Mann von Talenten wie einen Taglöhner behandelt und bezahlt, von der eingeschränkten häusli- chen Lage eines armen Schriftstellers Vorteil zieht, um ein Werk, das Anstren- gung aller Kräfte, Nachtwachen und Aufwand von wahrer Geistesgröße er- fordert hat, und womit er Tausende gewinnen kann, wie Makulatur zu erhan- deln; der, so oft ihm ein Werk angeboten wird, verächtlich die Nase rümpft und den Kopf schüttelt, um desto wohlfeiler daranzukommen; der, wie unter andern unsre Karlsruher und Frankenthaler Freunde, durch Nachdruck ein Dieb an fremdem Eigentume wird. Endlich könnte ich Vorschriften geben, wie die Schriftsteller mit Buchhändlern von dieser Art umgehn sollen, um nicht ihre Sklaven zu werden; wie man sich bei ihnen Gewicht geben kann, und in welche Form man seine Geistesprodukte gießen muß, damit sie von den So- siern unsrer Zeit in Verlag genommen werden. – Das aber sind zum Teil Zunftgeheimnisse, die unter uns großen Gelehrten nur mündlich fortgepflanzt werden und die man also nicht jedem, der bloß Leser ist, auf die Nase heften darf. Bei der ersten flüchtigen Übersicht sollte man glauben, alle Buchhändler, die nur irgend einigen Verlag hätten, müßten reich werden. Wenn man in Deutschland vierundzwanzig Millionen Einwohner annimmt und dann rech- net, daß jedes Buch tausendmal abgedruckt würde, so beträgt das auf 24 000 Menschen nur ein Exemplar – und welches Buch könnte so schlecht sein, daß nicht unter 24 000 Leuten einer Lust bekäme, es zu kaufen? Allein man wird bald andrer Meinung, wenn man die Schuldbücher der Herrn Buchhändler durchsieht; wenn man erfährt, daß sie von ihren Amtsbrüdern nicht mit Gel- de, sondern mit Makulatur und Ladenhütern, von andern Käufern aber oft mit Vertröstungen bezahlt werden, daß man von der Summe jener 24 000 beinahe den ganzen Bauernstand abrechnen muß, und daß die häufigen Leihbibliothe- ken und Nachdruckfabriken ihnen beträchtlichen Schaden zufügen. Doch noch eine Bemerkung. Wer sich bei Buchhändlern, besonders in minder großen Städten beliebt machen will, der leihe und verleihe nicht viel Bücher und errichte keine Lesegesellschaften. Man kann es sonst wahrlich den armen Handelsmännern nicht übelnehmen, daß sie sich durch Nachdruck, kleine 17
Künste und sparsames Honorarium an ihren Kollegen, am Publico und an den Autoren zu erholen suchen, wenn unter zwanzig Personen kaum einer ein Buch kauft, die übrigen aber umsonst mitlesen. [Dritter Theil. Sechstes Kapitel. Abschnitt 5] 18
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