Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen

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Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen
REPORT
                A 4791
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96. JAHRGANG

                            WIRTSCHAFTSREPORT SIEGEN · OLPE · WITTGENSTEIN

                                                                             Mitarbeiter mit
                                                                             Behinderung integrieren
                                                                              2

                                                                             IHK-Jahresempfang
                                                                             in der Siegerlandhalle
                                                                              20

                                                                             Herausforderungen
                                                                             der digitalen Welt
                                                                              56
                            INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER SIEGEN
Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen
BGH Edelstahlwerke GmbH, Siegen
Wir leben
die Region.
                       Weil wir Energien verbinden,
                       um Neues entstehen zu lassen.
                       Das ist unsere Kultur.
                       Seit 175 Jahren.
                       Wir leben die Region – seit 1842.
                       In Siegen, Freudenberg, Kreuztal,
                       Netphen und Wilnsdorf begleitet
                       die Sparkasse Siegen die Menschen
                       in der Region und ihre Ideen, die
                       heimische Wirtschaft und den
                       technologischen Fortschritt.

 sparkasse-siegen.de
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Liebe Leser,                                                                                   www.ihk-siegen.de

Mitarbeiter mit Behinderung zu beschäfti-       Empfehlung von Dr. Ursula von der Leyen,       tete der Spezialist für Forschungs- und Ent-
gen, ist auf vielen Ebenen eine Herausfor-      Bundesverteidigungsministerin und dies-        wicklungsaufgaben der Automobilindustrie
derung für den Arbeitgeber: Nicht selten        jährige Festrednerin beim Jahresempfang        in Attendorn mit einem Technikum und gro-
muss er zusätzliche Maßnahmen ergreifen,        der IHK Siegen. Vor rund 1600 geladenen        ßen Erwartungen seitens der Region die
um sie an der richtigen Stelle seines Betrie-   Gästen begeisterte sie neben IHK-Präsident     Projekttätigkeit. Jetzt, dreieinhalb Jahre spä-
bes einsetzen zu können, wie Sie in unserer     Felix G. Hensel in der Siegerlandhalle. Ein-   ter, ist es Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.
Titelgeschichte ab Seite 2 lesen können.        zelheiten auf Seite 20. Unser Gastroporträt    Sie fällt auf Seite 48 positiv aus. Maximi-
Das mag vermutlich viele Unternehmen von        beschäftigt sich ab Seite 32 mit dem „Haus     lian Munk, der Verantwortliche für das acs-
einer Zusammenarbeit abhalten. Doch was         Wigger“ in Drolshagen-Hützemert. Das Res-      Marketing: „Es ist eine Erfolgsgeschichte.
steht den Anstrengungen gegenüber? Und          taurant steht schon seit fast 100 Jahren für   Wir haben die Marke acs national und auch
welche Unterstützung erhalten Betriebe, die     ehrliche, gutbürgerliche Küche. Und weil die   international bekannt gemacht.“
Menschen mit Behinderung einstellen wol-        Speisen so gut ankommen, liefert Inhaber       Zum Schluss beleuchtet unsere Rubrik „Ebiz“
len? Für den WIRTSCHAFTSREPORT haben            Christian Scholemann auch außer Haus. Er       ab Seite 56 die „digitale Welt“, die Heraus-
drei Firmen einen Blick hinter die Kulissen     hat sich auf das Catering spezialisiert. Und   forderungen, aber auch Chancen mit sich
gewährt, die weit über das Erfüllen irgend-     für die Wanderer und Radfahrer auf dem         bringt. Wie wirkt sich die Digitalisierung
einer Beschäftigtenquote hinausgehen. Und       Bergischen Panorama-Radweg gibt es im          auf die Arbeitswelt aus? Unternehmen und
sie alle berichten darüber, dass viele Vorbe-   Sommer am Wochenende Kaffee und Ku-            Arbeitnehmer müssen sich auf Veränderun-
halte, die gegenüber Menschen mit Behinde-      chen nebenan im umgebauten denkmalge-          gen einstellen, meint
rung bestehen, ausgeräumt werden können.        schützten alten Bahnhof von Drolshagen-
Einer Welt in Unordnung muss man den            Hützemert.
Wertekanon entgegensetzen, der uns schon        Das Automotive Center Südwestfalen, kurz       Ihre Redaktion
lange durch Krisen trägt. So lautete die        acs, ist gut in Fahrt. Mitte Juni 2013 star-                       REPORT

In dieser Ausgabe                                                                                         März 2017
 Titelgeschichte             ab Seite 2          Berichte                 ab Seite 20          Auszeichnungen, Jubiläen
                                                                                               und Geburtstage                           61
Mitarbeiter mit Behinderung integrieren         IHK-Jahresempfang
                                                in der Siegerlandhalle                 20      Bücher                                    61
 Aktuell                     ab Seite 9
                                                Wirtschaftliche Selbstverwaltung
Konjunkturklima verbessert                      der Kammern                            30       Börsen                      ab Seite 62
sich leicht                             10      Das „Haus Wigger“ tischt auf           32      Unternehmensnachfolgebörse                62
IHK-Medienseminar zog                           ACS gut in Fahrt                       48
viele Besucher                          13                                                     Recyclingbörse                            63
                                                Perspektiven für Angehörige                    Handels- und
Ehrenpräsidenten:                               und Mitarbeiter                        52
Sprecher der regionalen Wirtschaft      16                                                     Genossenschaftsregister                   64
                                                Digitale Welt: Herausforderungen
18 Brücken gleichzeitig in Planung      17      und Chancen                            56       Kultur                                  78
Unternehmen über Trumps
Politik besorgt                         19       Wirtschaft in der Region             36
                                                                                               Kommentiert – Notiert                     80
 Bekanntmachung                         19       Nachrichten für die Praxis 58                 Impressum                                 80

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Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen
In den  MITARBEITER MIT BEHINDERUNG

     Arbeitsalltag
integriert
Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen
Mitarbeiter mit Behinderung zu beschäftigen, ist auf vielen Ebenen eine Herausfor-
derung für den Arbeitgeber: Nicht selten muss er zusätzliche Maßnahmen ergreifen,
um sie an der richtigen Stelle seines Betriebes einsetzen zu können. Das mag vermutlich
viele Unternehmen von einer Zusammenarbeit abhalten. Doch was steht den Anstren-
gungen gegenüber? Und welche Unterstützung erhalten Unternehmen, die Menschen
mit Behinderung einstellen wollen? Für den WIRTSCHAFTSREPORT haben drei Firmen
einen Blick hinter die Kulissen gewährt, die weit über das Erfüllen irgendeiner Beschäf-
tigtenquote hinausgehen. Und sie alle berichten darüber, dass viele Vorbehalte, die
gegenüber Menschen mit Behinderung bestehen, ausgeräumt werden können.
Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen
R   ené Reuter hatte schon in seiner Aus-
                                    bildung Kontakt zu Mitarbeitern mit
                                Behinderung. Den heutigen Inhaber von
                                                                                fachen Arbeiten angefangen. Er lernte
                                                                                schneller als gedacht alleine eine Hecke zu
                                                                                schneiden oder Unkraut zu jäten. „Das ist
                                Blattwerk in Kreuztal ärgerte damals, dass      eine große Entwicklung“, so René Reuter.
                                sein Kollege immer nur zum Fegen abge-          Zweimal in der Woche erhält der 19-Jähri-
                                stellt wurde. „Hätte man gewollt, hätte er      ge zusätzlichen Unterricht im bbz, ansons-
                                sicherlich auch das Kassensystem verstehen      ten arbeitet er wie seine Kollegen. Seine
                                können. Aber dafür hätte man sich die Zeit      Lehrerin bestätigte René Reuter die gute
                                nehmen müssen.“ Und genau die nimmt             Entwicklung. Für den 27-Jährigen ist das
                                sich René Reuter in seinem eigenen Betrieb      nicht überraschend. „Man muss Menschen
                                für einen Mitarbeiter, der eine Lern-           mit einer Lernschwäche einfach auch mal
                                schwäche hat. „Er hat zunächst ein zwei-        was zutrauen. Wenn man ihnen immer nur
                                wöchiges Schülerprak-                                               Arbeiten gibt, bei denen
                                tikum absolviert und                                                sie keine Fehler machen
                                kam danach in den Fe-          Mit einfachen                        können, lernen sie nie
                                rien nochmal zu uns.“
                                Als er dann nach einem
                                                            Arbeiten angefangen                     etwas. Wenn man sie
                                                                                                    aber so wie die anderen
                                Jahrespraktikum frag-                                               Mitarbeiter behandelt,
                                te, musste René Reuter eine Entscheidung        stärkt das ungemein ihr Selbstbewusst-
                                treffen. Denn eines war dem 27-Jährigen         sein.“ Natürlich müsse man mehr Nachsicht
                                klar: Einfach würde es nicht werden. Be-        zeigen und dürfe nicht zu viel erwarten.
                                sonders das Langzeitgedächtnis bereitet         „Was das betrifft, habe ich vielleicht sogar
                                seinem Mitarbeiter Probleme. Dennoch            mehr von ihm gelernt als er von mir“, so
                                entschied sich René Reuter dafür, dem 19-       René Reuter. „Ich habe gelernt, besser auf
                                Jährigen eine Chance zu geben. „Ich habe        Leute einzugehen und nicht alles als selbst-
                                einfach noch nie einen so herzlichen, ehr-      verständlich anzusehen.“
    René Reuter (li.),
                                lichen und fleißigen Menschen kennenge-
    der Inhaber von Blattwerk   lernt. Er fragt nie danach, wann Feierabend     Besonders sein Vorarbeiter weiß die Situa-
    in Kreuztal, hat schon      ist und obwohl er deutliche Schwierigkei-       tion einzuschätzen und kommt mit seinem
    in seiner Ausbildung        ten hat, versucht er alles. Er sagt zu nichts   Kollegen gut zurecht. Auch die anderen
                                ,nein‘ und hat diesen besonderen Ehrgeiz.       Mitarbeiter haben ihn nach anfänglicher
    den Umgang mit              Er geht völlig auf in seiner Arbeit und ist     Skepsis voll integriert und akzeptiert. „Das
    behinderten Mitarbeitern    sehr dankbar für diese Chance.“                 musste sich einfach einpendeln. Mittler-
    kennengelernt.                                                              weile sind wir alle auf einer sehr persönli-
                                Seit Anfang 2015 ist der 19-Jährige nun         chen Ebene und helfen ihm auch privat
                                als Hilfskraft im Gartenbau angestellt. In      weiter.“ So organisierten die Kollegen Mö-
                                dem Gartenbauunternehmen hat er mit ein-        bel oder erklärten, wie man mit der EC-
                                                                                Karte bezahlt. Der Wunsch von René Reuter
                                                                                         ist es, einen Integrationshelfer zu
                                                                                            bekommen, der seinem Mitar-
                                                                                               beiter dann Maschinen oder
                                                                                                  Arbeitsabläufe in Ruhe er-
                                                                                                    klären kann. Denn auch
                                                                                                       wenn er und seine
                                                                                                          Mitarbeiter es gern
                                                                                                            anders hätten,

4                                                                                                              REPORT   3/17
Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen
Auch bei der Kessler Plastics GmbH in Kreuztal-Kredenbach
      sind Mitarbeiter mit Behinderung fest in den Arbeitsalltag integriert,
                                                                                                     Kurz und knapp
      wie Geschäftsführer Michael Kessler berichtet.
                                                                                                    Tipps und Tricks
ist nicht an jedem Tag die Zeit dafür da. „Es    berichtet. Er hat viele gute Erfahrungen mit        Wer noch keine Mitarbeiter mit Behin-
gibt nichts Schlimmeres als wenn wir ver-        diesem Modell gemacht. „Bei wiederkehren-           derung eingestellt hat, wird vielleicht
suchen, ihm in der Hektik Dinge zu erklären.     den Tätigkeiten mit einfachem Charakter             zunächst einmal etwas vorsichtig an die-
Denn er will es wirklich verstehen.“ Mit         sind Mitarbeiter mit bestimmten Handicaps           ses Vorhaben herangehen. René Reuter,
Unterstützung, da ist sich der 27-Jährige        über die Zeit viel konzentrierter. Für viele an-    Michael Kessler und Simone Maubach
sicher, könnte sein Mitarbeiter in fünf oder     dere Menschen sind diese Arbeiten einfach           haben einige Tipps und Hinweise. René
sechs Jahren so weit sein, dass man ihm          nicht zufriedenstellend, weil sie sich schnell      Reuter: „Einen loyaleren Mitarbeiter kann
sein Handicap nicht mehr anmerkt. Denn           langweilen. Es kommt zu Unzufriedenheit             man nicht kriegen. Die gehen wirklich
der Plan ist, ihn langfristig zu beschäftigen.   und Fehlern.“ Die Mitarbeiter der AWO wür-          durchs Feuer für Sie. Auch wenn es am
Schon bald muss René                                                   den zwar im Verhältnis        Anfang vielleicht schwierig ist, würde ich
Reuter diesbezüglich                                                   weniger produzieren,          jedem empfehlen, einen Mitarbeiter mit
die nächste Entschei-               Kooperation                        die geleistete Qualität       Behinderung einzustellen, wenn es die
                                                                                                     Firma zulässt. Es hilft einem auch selbst,
dung treffen. Denn
noch wird die Anstel-
                                    mit der AWO                        sei aber durchweg kon-
                                                                       stant hoch. „Wir sind in      über bestimmte Sachen anders zu den-
lung des 19-Jährigen                                                   diesem Bereich seit Jah-      ken.“ Michael Kessler: „Die Mitarbeiter
vom Arbeitsamt gefördert. Damit es sich für      ren reklamationsfrei, weil die Gruppe beson-        haben ein ganz anderes Verantwortungs-
den kleinen Betrieb auch wirtschaftlich          ders gründlich und gewissenhaft arbeitet.           bewusstsein. Sie können nicht gut damit
rechnet, muss er danach ganz auf eigenen         Für uns ist die Integration von Menschen mit        umgehen, wenn doch mal eine Reklama-
Beinen stehen. René Reuter ist aber sehr         Behinderung in den Arbeitsalltag ein großer         tion kommt. Dadurch haben sie eine ganz
optimistisch: „Er gehört einfach dazu.           Gewinn.“ Wenn es im Einzelfall passt, wer-          andere Motivation, sich bei der Arbeit an-
Wenn alles gut läuft, werden wir hoffent-        den Mitarbeiter mit Behinderung auch gerne          zustrengen. Sie haben eine unglaubliche
lich zusammen in Rente gehen.“                   in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeits-      Zufriedenheit und sind für das Betriebs-
                                                 verhältnis übernommen. „Wir haben einen             klima eine absolute Bereicherung, weil sie
Auch bei der Kessler Plastics GmbH in Kreuz-     Mitarbeiter aus der AWO-Gruppe übernom-             so positiv gestimmt sind. Das hilft der
tal-Kredenbach sind Mitarbeiter mit Behin-       men, der sehr stark spastisch gelähmt ist. Da       ganzen Belegschaft.“ Simone Maubach:
derung fest in den Arbeitsalltag integriert.     er nicht richtig gehen kann, haben wir ihm          „Viele wissen vielleicht gar nicht, wie sie
Seit vielen Jahren hat das Unternehmen eine      ein Förderfahrzeug zur Verfügung gestellt,          mit behinderten Menschen umgehen sol-
erfolgreiche Kooperation mit dem AWO-            das er einhändig bedienen kann. So ist er im        len und haben große Berührungsängste.
Kreisverband in Siegen. Insgesamt zehn Mit-      logistischen Bereich voll einsetzbar.“              Die muss man einfach ablegen und
arbeiter mit Handicap erledigen hier zurzeit                                                         freundlich und offen auf sie zugehen. Der
leichte Montagearbeiten. Gecoacht werden         Die Mitarbeiter des AWO-Kreisverbandes              Rest passiert dann von ganz alleine. Es
sie dabei von einer Fachkraft zur Arbeits-       arbeiten im einschichtigen Montagebe-               gibt viele Möglichkeiten, sich Unterstüt-
und Berufsförderung, die Menschen mit Be-        reich, da die Betreuung anders nicht ge-            zung zu holen. Auch wenn die Prozesse
hinderung in ihren Außenarbeitsplätzen be-       währleistet werden könnte. Aber auch im             teilweise nicht ganz so einfach sind und
treut, wie Geschäftsführer Michael Kessler       Mehrschichtbetrieb beschäftigt das Unter-           man die entsprechenden Stellen manch-
                                                                                                     mal erst überzeugen muss, lohnt sich die
                    REPORT   3/17                                                                    Anstrengung.“                             5
Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen
Die Viega Gruppe arbeitet seit Jahrzehnten mit den Werthmann-Werkstätten zusammen.
   Die Mitarbeiter in den Werkstätten stecken Teile zusammen und tüten sie ein.
   Das sollen keine Automaten übernehmen, sagt Simone Maubach, Vertrauensfrau der Schwerbehinderten bei Viega.

                                            nehmen Menschen mit Handicap. Über den         auch finanzielle Vorteile geben würde – die
Werkstätten für Behinderte                  Landschaftsverband werden seit Jahren          Beschäftigten der AWO werden beispiels-
                                            gehörlose Mitarbeiter gefördert. Diese ak-     weise nicht von der Firma selbst, sondern
  Zahlen und Fakten                         tuell drei Mitarbeiter werden ebenfalls vor    von der AWO bezahlt –, wäre das bei
                                            allem für wiederkehrende Tätigkeit einge-      Kessler Plastics betriebene Modell schwie-
In NRW gibt es etwa 100 Werkstätten für     setzt. Angelernt werden sie mit Hilfe eines    rig umzusetzen, räumt Michael Kessler ein.
Behinderte, in diesen sind fast 78.000      Gebärdendolmetschers,                                               „In unserem sehr preis-
Personen mit Behinderungen beschäftigt.     der die Schulungen                                                  getriebenen Marktum-
Im IHK-Bezirk sind laut LWL-Behinder-       übersetzt. „Schriftliche       Zusammenarbeit                       feld müssen wir natür-
tenhilfe Westfalen (Münster) zwei Werk-
stätten mit mehr als 1600 Beschäftigten
                                            und bebilderte Unter-          seit vielen Jahren                   lich konkurrenzfähig
                                            weisungen gehen auch                                                bleiben. Aus reiner so-
aktiv, davon arbeiten 82 Menschen mit       immer“, erläutert Mi-                                               zialer Verantwortung
Behinderungen auf einem betriebsinte-       chael Kessler. „Außerdem können die meis-      geht es nicht. Wir sind froh und stolz, dass
grierten Arbeitsplatz. Die Arbeit der       ten wirklich gut von den Lippen ablesen.“      wir einen Beitrag leisten können, aber das
Werkstätten, die für viele erwachsene       Zu den Beschäftigten der AWO und den           muss schon beides passen.“
Menschen mit Behinderung Alltag ist,        weiteren gehörlosen Mitarbeitern kommt
wird teilweise auch kritisch gesehen. Die   noch ein Angestellter, der aufgrund seiner     Die Viega Gruppe arbeitet seit Jahrzehnten
UN beanstandete 2015, dass die Werk-        Lernschwäche keine Ausbildung schaffen         mit den Werthmann-Werkstätten zusam-
stätten die Absonderung von Menschen        würde. „Bei uns arbeitet er in der Material-   men. Die Mitarbeiter in den Werkstätten
mit Behinderungen im Arbeitsmarkt ze-       versorgung und reinigt Maschinen.“ Auch        stecken Teile zusammen und tüten sie ein.
mentierten und damit einer wirklichen       hierbei handelt es sich also um wiederkeh-     Das könnte auch automatisiert werden,
Inklusion eher im Wege stünden. Ande-       rende Tätigkeiten. Das sei bei Menschen        wie Simone Maubach, Vertrauensfrau der
rerseits ermöglichen die Werkstätten vie-   mit einer Lernbehinderung wichtig, wie         Schwerbehinderten bei Viega, umschreibt.
len Menschen mit Behinderung über-          Michael Kessler betont.                        „Viega macht das aus sozialer Verantwor-
haupt erst, den Wert der eigenen Arbeit                                                    tung heraus. Wir wollen damit Menschen
zu erfahren. Deshalb schätzen diese die     Es gab auch Herausforderungen: „Natürlich      die Möglichkeit geben zu arbeiten. Eine
Zusammenarbeit mit Unternehmen. Da-         waren die Berührungsängste am Anfang           Möglichkeit, die sie sonst nicht hätten.“
durch sind sie näher an der Wirtschaft      groß, aber mittlerweile merkt man davon        Neben der Kooperation mit den Werth-
und können zumindest für einige ihrer       nichts mehr. Und unseren anderen Mitar-        mann-Werkstätten beschäftigt Viega auch
Mitarbeiter über Außenarbeitsplätze oder    beitern bringt es persönlich sehr viel, mit    an jedem Standort wie zum Beispiel in
direkte Vermittlung Kontakte zur „nor-      Menschen mit unterschiedlichen Handi-          Elspe, Attendorn oder im Industriegebiet
malen“ Arbeitswelt schaffen.                caps zusammenzukommen.“ Wenn es nicht          Ennest Mitarbeiter mit Behinderung in

                                                                                                                          REPORT   3/17
Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen
Integration im Blick
Vorteile für die Betriebe
 Was für Vor- und Nachteile hat die Ein-      rung genutzt wird, und en-
 stellung von behinderten Mitarbeitern?       det im Idealfall mit einem
 Oder was bedeutet eine Einstellung für       sozialversicherungspflichtigen
 die Mitarbeiter selbst? Gilda Hey (Stabs-    Arbeitsverhältnis für den Men-
 stelle Marketing und Öffentlichkeitsar-      schen mit Behinderung. Funktio-
 beit des AWO-Kreisverbandes), Mattias        niert die Zusammenarbeit zwischen
 Sanna (Verwaltungsleiter und EDV-Ko-         beiden Parteien gut, folgt im zweiten
 ordinator der AWO Siegener Werkstät-         Schritt die weitere Integration des behin-
 ten) sowie Hartmut Krause (bei der AWO       derten Mitarbeiters in Form eines länger-
 als Integrationsassistent verantwortlich)    fristigen Außenarbeitsplatzes. Für den Un-       Was bedeutet eine Einstellung für die
 standen dem WIRTSCHAFTSREPORT Re-            ternehmer besteht keinerlei Druck, den                behinderten Mitarbeiter selbst?
 de und Antwort.                              Mitarbeiter nach einer bestimmten Zeit fest             Gilda Hey und Mattias Sanna
                                              einstellen zu müssen. Der AWO-Kreis-
 Was sind die Vorteile beziehungsweise                                                          standen dem WIRTSCHAFTSREPORT
                                              verband konnte in den vergangenen drei
 Nachteile für Unternehmen, Men-              Jahren insgesamt elf Menschen mit Behin-                          Rede und Antwort.
 schen mit Behinderung anzustellen?           derung in ein festes Arbeitsverhältnis ver-
 Gilda Hey: „Generell möchte ich sagen,       mitteln.“
 dass die berufliche Integration von Men-
 schen mit Behinderung ein wichtiges          Was bedeutet eine solche Anstellung für
 gesellschaftspolitisches Ziel ist. Für den   die Menschen selbst?                           lich geregelt. Im Vorfeld werden zwi-
 AWO-Kreisverband Siegen-Wittgenstein         Mattias Sanna: „Die Teilnahme am Er-           schen der AWO und dem Unternehmen,
 ist es selbstverständlich, daran mitzuar-    werbsleben hat in unserer Gesellschaft ei-     das die Arbeitsplätze zur Verfügung
 beiten und dies als eigenständige Auf-       ne sehr hohe Bedeutung. Sowohl Einzelne        stellt, die Rahmenbedingungen wie Tätig-
 gabe zu betrachten. Nachteile gibt es        als auch die Gemeinschaft bewerten sich        keiten, Arbeitszeiten, Ansprechpartner,
 für Unternehmen, die Menschen mit Be-        und andere in großem Maße über die Er-         Arbeitssicherheit, Beförderung, Versi-
 hinderung einstellen, im Grunde nicht.       werbstätigkeit und die Leistung. Eine Ar-      cherung, Entlohnung usw. schriftlich
 Im Gegenteil. Die Erfahrung zeigt, dass      beit zu haben bedeutet Selbstständigkeit       vereinbart. Die dort Beschäftigten blei-
 beide Seiten davon profitieren. Dem          und Unabhängigkeit und damit auch eine         ben Mitarbeiter der Werkstatt für Men-
 Menschen mit Behinderung wird eine           Steigerung des sozialen Status, des Selbst-    schen mit Behinderung, sie sind jedoch
 Zukunftsperspektive geboten, und die         wertgefühls und der gesellschaftlichen         in die Arbeits- und Produktionsabläufe
 Betriebe stellen sehr häufig fest, dass      Anerkennung. Das ist ein wichtiger Be-         der Unternehmen eingebunden. Das er-
 behinderte Mitarbeiter nicht nur das Ar-     standteil zur Teilhabe am Leben in der Ge-     möglicht den Mitarbeitern mit Behin-
 beitsklima bereichern, sondern auch be-      sellschaft. Natürlich sichert die Berufs-      derung die Nähe zum allgemeinen Ar-
 sonders motiviert und engagiert sind.        tätigkeit neben diesem ideellen Wert der       beitsmarkt, bei gleichzeitiger Begleitung
 Auch der Vorbehalt gegenüber der Leis-       Arbeitsintegration auch nachhaltig die         von speziellen Fachkräften der AWO.
 tungsfähigkeit eines behinderten Mit-        materielle Existenz. Die Beschäftigten wol-    Neben der Begleitung erfolgt auch die
 arbeiters oder häufige Arbeitsausfälle       len Normalität erleben – unter anderem im      Entlohnung und Versicherung der Be-
 wegen Krankheit können ausgeräumt            Arbeitsleben.“                                 schäftigten weiter über die Werkstatt.“
 werden. Die Praxis zeigt, dass behinderte
 Mitarbeiter nicht häufiger krank sind        Was sind die Besonderheiten, die Men-          Wie unterstützt die AWO diese Un-
 als ihre nicht behinderten Kollegen,         schen mit Behinderung mitbringen, die          ternehmen über die Betreuung vor Ort
 wenn der Arbeitsplatz behindertenge-         sie vielleicht von Menschen ohne Behin-        hinaus?
 recht ausgestattet ist. Eine Anpassung       derung unterscheiden?                          Hartmut Krause: „Regelmäßige Besuche
 des Arbeitsplatzes an die Behinderung        Gilda Hey: „Hohe Motivation, hohe Identi-      vor Ort. Beratung des Betriebes über Ar-
 ist meist mit entsprechenden techni-         fikation mit dem Betrieb, spezielle Talente    beitsplatzgestaltung oder Umgang mit
 schen Hilfen leicht möglich. Die Leis-       für das Ausfüllen besonderer Anforderun-       den Mitarbeitern mit Handicap, evtl.
 tungsfähigkeit ist dann in der Regel voll    gen. Nach einiger Zeit verändert sich in der   Mediation zwischen Mitarbeitern des
 hergestellt. Oft genügt auch schon eine      Regel durch die Beschäftigung eines behin-     Betriebs und den behinderten Mitarbei-
 leichte Modernisierung des Arbeitsplat-      derten Mitarbeiters aus der Werkstatt das      tern. Kontaktanbahnung zum Integrati-
 zes. Für die Unternehmen kann daraus         Betriebsklima. Die Stimmung hellt sich auf     onsfachdienst.“
 eine höhere Produktivität sowie eine         und wird herzlicher. Kognitiv eingeschränk-
 Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit          te Menschen sind immer offen und direkt.“      Mit wie vielen Unternehmen arbeitet
 resultieren.“                                                                               die AWO im Kreis Siegen-Wittgen-
                                              In einigen Firmen arbeiten Menschen mit        stein und Kreis Olpe zusammen? Wie
 Hartmut Krause: „Am Anfang einer             Behinderung in Gruppen, betreut von ei-        viele Menschen arbeiten in diesen
 möglichen Beschäftigung eines Mitar-         nem Mitarbeiter der AWO. Was müssen            Firmen?
 beiters mit Behinderung steht bei der        interessierte Firmen mitbringen, die eine      Hartmut Krause: „Die AWO arbeitet mit
 AWO immer ein dreiteiliger Prozess in        solche Zusammenarbeit wünschen?                circa 10 bis 15 Betrieben aus der Region
 Form einer Erprobungsphase. Diese be-        Mattias Sanna: „Die Kooperation zwischen       erfolgreich zusammen. Insgesamt sind es
 ginnt zunächst mit einem bis zu zwölf-       dem Unternehmen und der Werkstatt für          50 bis 70 Mitarbeiter, abhängig je nach
 wöchigen Praktikum, das als Orientie-        Menschen mit Behinderung wird vertrag-         Praktikum und Außenarbeitsplätzen.“

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Mitarbeiter mit Behinderung integrieren IHK-Jahresempfang in der Siegerlandhalle - IHK-Siegen
sozialversicherungspflichtigen Anstellun-          schaftsverband Münster beantragt. Diese
                                               gen. In Attendorn arbeitet seit Jahren ein         steht einem Unternehmen zu, wenn die Leis-
                                               blinder Mitarbeiter in der Zentrale und ver-       tung des Mitarbeiters seit mehr als sechs
                                               mittelt eingehende Anrufe weiter. „Der hat         Monaten 30 Prozent unter dem normalen
                                               alle Telefonnummern im Kopf.“ Dieser Ar-           Wert liegt und sich auch zukünftig nicht
                                               beitsplatz ist ebenso auf die Bedürfnisse des      steigern wird. Auch der Betreuungsaufwand
                                               Mitarbeiters ausgerichtet wie der eines an-        wird erfasst und entsprechend angerechnet.
                                               deren Beschäftigten, der eine geistige Be-         „Wir machen viel für unsere Mitarbeiter mit
                                               einträchtigung hat. Seine Stelle im Produk-        Behinderung und nehmen dafür Unterstüt-
                                               tionsbereich ist unter anderem mit einer           zung in Anspruch.“ Neben den Mitarbeitern,
                                               Hebelhilfe sowie einem entsprechenden Ar-          die von Geburt an mit ihrer Behinderung
                                               beitsstuhl ausgestattet. Auch unterliegt er        leben und arbeiten, fühlt sich die Geschäfts-
                                               keiner Vorgabe an Stückzahlen, er hat andere       führung von Viega auch sehr für jene ver-
                                               Qualitäten. „Wir haben bei seiner Arbeit           antwortlich, die erst im Laufe der Jahre
                                               noch keine Reklamationen gehabt. Er ist sehr       durch eine Erkrankung oder einen Unfall
                                               gewissenhaft und will seine Arbeit immer           eine Behinderung bekommen haben. „Das
                                               richtig machen.“ Natürlich benötige der            kann einfach jedem passieren. Jeder kann
                                               Mitarbeiter viel Betreuung im Arbeitsalltag.       einen Unfall oder Schlaganfall haben oder
                                               Wichtig sei, darüber zu sprechen und zu            Rheuma bekommen“, betont Simone Mau-
                                               schauen, welcher Mitarbeiter für die Betreu-       bach. Auch für diese Mitarbeiter werden bei
                                               ung am besten geeignet sei und sich diese          Viega schnell Lösungen gesucht. „Rücken-
                                               auch zutraue. „Es gibt Leute, die ganz wun-        leiden, Krebserkrankung oder Diabetes sind
                                               derbar damit umgehen können. Der Kollege           letztlich alles auch Behinderungen, die die
                                               ist ein sehr herzlicher Mensch. Wen er mag,        Menschen und ihre Leistungsfähigkeit ver-
                                               den drückt er zur Begrüßung erstmal ganz           ändern. Eine Erkrankung bedeutet aber bei
                                               fest. Das ist vielleicht am Anfang fremd,          Viega nicht die Kündigung.“ Wenn möglich,
                                               aber man kann eine Menge daraus lernen.“           werde der Mitarbeiter weiterbeschäftigt.
                                               Die anderen Mitarbeiter bei Viega seien ihre       Entweder am umgebauten Arbeitsplatz oder
                                               Kollegen mit Behinderung gewohnt. „Viele           in einem neuen Aufgabenbereich, den er mit
                                               Mitarbeiter sind seit Jahrzehnten in der Fir-      seiner Einschränkung besser erfüllen kann.
                                               ma. Für die ist das ganz normal. Und neue          „Der zusätzliche Aufwand ist kein Grund
                                               Mitarbeiter werden aufgeklärt und wach-            dafür, die Zusammenarbeit zu beenden.“
                                               sen dann rein“, so Simone Maubach.                 Und wenn keine 100 Prozent mehr erbracht
                                                                                                  werden können, gibt es auch für diese Mit-
                                               Wenn die bei Viega tätigen Mitarbeiter mit         arbeiter die Möglichkeit, Unterstützung zu
    Mitarbeiter mit Behinderung zu             Behinderung nicht die volle Leistung wie ih-       erhalten. „Gerade für erkrankte Mitarbeiter
    beschäftigen, ist auf vielen Ebenen eine   re Kollegen erbringen können, aber dennoch         ist es sehr wichtig, dass sie sich nicht unter
                                               als Vollzeitkräfte angestellt sind, wird für sie   Druck gesetzt fühlen, aber dennoch merken:
    Herausforderung für den Arbeitgeber.
                                               die sogenannte Minderleistung beim Land-           Ich werde weiterhin gebraucht.“             kf

    Kommentar

Klima ist auch ein Nutzenfaktor
    Im Spätsommer fanden in Rio die Para-      auch Unternehmen berichten, die Men-
    lympics statt. Erneut war die Atmosphäre   schen mit Handicaps beschäftigen: Ist erst
    dieser Wettbewerbe bemerkenswert. Die      einmal die anfängliche Beklemmung gewi-
    Freude über die gezeigten Leistungen       chen, entstehen häufig andere Formen des
    stand den teilnehmenden Menschen           innerbetrieblichen Miteinanders. Menschen
    buchstäblich „ins Gesicht geschrieben“.    mit Handicaps ändern zunächst unmerklich,
    Auch dann, wenn sie nicht mit Edelmetall   dann jedoch für viele greifbar das Klima
    belohnt wurden. Sicher können Fernseh-     der sie beschäftigenden Unternehmen. Man
    bilder Stimmungen nicht immer vollstän-    kommuniziert anders, wird zuvorkommen-
    dig wiedergeben. Dennoch vermittelten      der, hilfsbereiter, vielleicht auch nachdenk-
    sie den Eindruck, dass bei diesen Wett-    licher. Für die Teamfähigkeit in den Unter-
    kämpfen der Siegeswille und die Freude     nehmen ist dies sicherlich ein nicht zu
    über die Leistung der Konkurrenten Hand    unterschätzender Aspekt.
    in Hand gingen.
                                               Firmen, die Menschen mit Handicaps Chan-           das Betriebsklima und das Firmenimage
    Man kann es auch anders ausdrücken:        cen bieten, setzen dabei nicht allein auf          auswirkt. Beides ist vor allem für diejeni-
    Man ging anders miteinander um als         kurzfristig messbare Produktivität. Sie ver-       gen Unternehmen wichtig, die sich auf
    bei „herkömmlichen“ sportlichen Wett-      trauen darauf, dass sich der Einsatz dieser        Dauer für die Fachkräfte von morgen
    kämpfen. Genau das ist es, was vielfach    Menschen mittel- und langfristig positiv auf       interessant machen wollen. Klaus Gräbener

8                                                                                                                                 REPORT   3/17
Aktuell

Ernst-Schneider-Preis
Fast 1300 Beiträge wurden eingereicht
Zum Ernst-Schneider-Preis der In-                                                              werden elf Vorjurys zwischen Lü-
dustrie- und Handelskammern (IHKs)                                                             beck und Saarbrücken einberufen.
sind fast 1300 Beiträge eingereicht                                                            Über die Preise entscheiden vier
worden. Die Arbeiten kamen von öf-                                                             Schlussjurys, in diesem Jahr mit den
fentlich-rechtlichen und privaten                                                              Chefredakteuren von dpa, Neue
Sendern sowie Onlineportalen; auch                                                             Osnabrücker Zeitung, RTL, rbb, Zeit
ZEIT, F.A.Z., taz, Spiegel, Stern, Süd-                                                        Online, funk und Upday sowie dem
deutsche Zeitung, Wirtschaftsma-                                                               Programmdirektor des Deutsch-
gazine und viele Regionalzeitun-                                                               landfunks und der Hörfunkdirekto-
gen – von der Aachener Zeitung, der                                                            rin des WDR. Die Preisverleihung
Rheinischen Post, dem Münchener                                                                findet am 10. Oktober in Berlin
Merkur bis zum Dingolfinger Anzei-                                                             statt. Mit dem seit 1971 ausge-
ger – beteiligten sich am größten                                                              schriebenen Ernst-Schneider-Preis
deutschen Wettbewerb für Wirt-                                                                 möchten die IHKs Autorinnen und
schaftspublizistik. Die Beiträge the-                                                          Autoren ermutigen, Wirtschaftsthe-
matisieren, was das Land bewegt:                                                               men so aufzubereiten und darzu-
Robotertechnik, Dieselaffäre, Elek- 1971 wurde der Ernst-Schneider-Preis erstmals ausgeschrie- stellen, dass jeder mehr von wirt-
tromobilität, chinesische Firmen- ben.                                                         schaftlichen Zusammenhängen ver-
käufe, Cyberangriffe, Biolebensmit-                                                            steht. Der Journalistenpreis der
tel, Braunkohle und die Integration von Beiträge. 783 Artikel stammen von Zeitun- deutschen Wirtschaft ist nach dem Unter-
Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Zahlreiche gen und Zeitschriften; Printmedien schlu- nehmer und Kunstmäzen Ernst Schneider
Firmenporträts von Mittelständlern sind im gen 17 Nachwuchsjournalisten für den För- benannt, der von 1963 bis 1969 Präsident
Wettbewerb, dazu spannende Gründerge- derpreis vor. Um den Onlinepreis bewerben des Deutschen Industrie- und Handelskam-
schichten. Fernsehredaktionen wählten 201 sich 142 Artikel, Videos und Websites. In mertages war. Der Preis ist mit 52.500 Euro
Sendungen aus, der Hörfunk schickte 148 der 46. Auflage des Ernst-Schneider-Preises dotiert.
Aktuell

Konjunktur
Umfrage: Konjunkturklima verbessert sich leicht
                                                                                                nehmen der Metallerzeugung und -bearbei-
                                                                                                tung verzeichneten in 2016 ein Umsatzmi-
                                                                                                nus von 15,4 Prozent. IHK-Hauptgeschäfts-
                                                                                                führer Klaus Gräbener: „Immerhin kommen
                                                                                                nun von dort und auch aus anderen stahl-
                                                                                                nahen Branchen vereinzelt positivere Sig-
                                                                                                nale. Den Gießereien im Siegener Kernraum
                                                                                                geht es indessen nach wie vor miserabel.
                                                                                                Besserung ist hier allenfalls mittelfristig zu
                                                                                                erwarten. Wer mit diesen Unternehmen
                                                                                                spricht, der merkt schnell: Betriebliche Zu-
                                                                                                versicht fühlt sich anders an.“ Dennoch
                                                                                                werden die Lage und die Erwartungen in-
                                                                                                nerhalb der Industrie Siegen-Wittgensteins
                                                                                                über alle Unternehmen hinweg deutlich
                                                                                                besser eingeschätzt als noch vor einem hal-
                                                                                                ben Jahr. Gleichwohl wird vereinzelt jedoch
                                                                                                das Instrument der Kurzarbeit angewandt.
                                                                                                Sehr unterschiedlich fallen vor allem die
                                                                                                Einschätzungen der Unternehmen des hei-
                                                                                                mischen Maschinen- und Anlagenbaus aus.
                                                                                                Einige sprechen von steigenden Auftrags-
                                                                                                eingängen, andere von „ausgeprägten Seit-
                                                                                                wärtsbewegungen“ ohne wirkliche Perspek-
                                                                                                tive. Die Industrieunternehmen aus dem
                                                                                                Kreis Olpe, darunter viele Autozulieferer,
„Das Konjunkturklima verbessert sich leicht. Insgesamt geht die regionale Wirtschaft gut        gehen künftig von einer etwas gedämpfte-
aufgestellt ins neue Jahr. Dennoch ist der Blick nach vorne bei aller Zuversicht alles andere   ren Entwicklung aus. Das aber weiterhin
als beruhigend“, fasst IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der jüngsten Konjunk-       auf hohem Niveau. Klaus Gräbener: „In Sie-
turumfrage zusammen.                                                                            gen wird es ein wenig besser, in Olpe etwas
                                                                                                schlechter. Wie lange unseren Industrieun-
                                                                                                ternehmen jedoch der derzeit immer noch
„Das Konjunkturklima verbessert sich leicht.    über die überwiegend positiven Signale“, so     vergleichsweise niedrige Ölpreis und der zu
Insgesamt geht die regionale Wirtschaft         Felix G. Hensel weiter: „Ein Wermutstrop-       schwach bewertete Euro auf den interna-
gut aufgestellt ins neue Jahr. Dennoch ist      fen sind jedoch die wieder verhaltener          tionalen Märkten zugute kommen, kann
der Blick nach vorne bei aller Zuversicht       gewordenen Investitionsentscheidungen.          angesichts der weltweit wahrnehmbaren
alles andere als beruhigend. Das politische     Viele Unternehmen investieren zögerlich,        Abschottungstendenzen kein Mensch vor-
Umfeld auf den internationalen Märkten ist      wenn überhaupt. Die Devise lautet: ‚Erst        hersagen. Bei einer Exportquote von 44
unberechenbarer denn je. Hiervon sind wir       mal abwarten‘. Trotz guter Stimmung ist         Prozent profitieren unsere Unternehmen in
als industriestarke Industrieregion in be-      dies auch Ausdruck von vorhandenen Un-          besonderer Weise von offenen Märkten.
sonderer Weise betroffen“, fasst IHK-Präsi-     sicherheiten.“ Im Baugewerbe und bei den        Daher reagieren sie auf protektionistische
dent Felix G. Hensel die Ergebnisse der         Dienstleistern zeigt das Konjunkturbarome-      Maßnahmen besonders allergisch.“
jüngsten Konjunkturumfrage zusammen,            ter deutlicher nach oben als in der Industrie
an der sich mehr als 500 Unternehmen aus        insgesamt. In beiden Bereichen hat sich das     Nicht nur die sich abzeichnende US-Wirt-
Industrie, Handel und Dienstleistungen in       Klima noch einmal verbessert. Allein im         schafts- und Außenpolitik des neuen US-
den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe        regionalen Groß- und Einzelhandel ist die       Präsidenten Donald Trump sowie die bevor-
beteiligten. Die Betriebe beurteilen danach     Stimmung gegenüber dem Herbst des ver-          stehenden harten Brexit-Verhandlungen
ihre wirtschaftliche Lage annähernd so po-      gangenen Jahres etwas verhaltener gewor-        verunsichern nach Auffassung der IHK
sitiv wie im Herbst 2016: Fast 40 Prozent       den. Positiv für den privaten Konsum sind       zahlreiche Unternehmen. Hinzu kämen die
schätzen sie zu Jahresbeginn als „gut“ ein,     weiterhin die gute Arbeitsmarktsituation        Unwägbarkeiten im Inland. Felix G. Hensel:
nur 12 Prozent als „schlecht“. Knapp ein        und die zuletzt gestiegenen Löhne. Aktuell      „Wir stehen sowohl vor einer Landtags- als
Viertel erwartet in den kommenden Mona-         fällt die Stimmung in der Industrie etwas       auch vor einer Bundestagswahl. 2017 dürf-
ten auch bessere Geschäfte, nur 10 Prozent      besser aus als im vergangenen Jahr. Es wer-     te daher bezogen auf dringend nötige Re-
schlechtere. Der Konjunkturklimaindex als       den anhaltend hohe Produktionsauslastun-        formanstrengungen sowie bessere Rahmen-
Zusammenfassung von Lagebeurteilungen           gen gemeldet. Im letzten Quartal 2016 zo-       bedingungen für Investitionen ein verlore-
und Erwartungen stieg dadurch gegenüber         gen die Industrieumsätze noch einmal an.        nes Jahr werden.“ Dies sei umso bitterer, als
September 2016 von 118 auf nun 120              Allerdings hält sich das vorläufige Jahres-     rund 40 Prozent der Unternehmen in den
Punkte an. „Damit verbessert sich das Kon-      plus mit 1,0 Prozent in Grenzen. Zudem          gestiegenen Arbeitskosten ein Risiko für die
junkturklima seit zwei Jahren stetig, jedoch    überdeckt es die massiven Schwierigkeiten       weitere Entwicklung sehen würden. Der
in sehr kleinen Schritten. Wir freuen uns       einzelner Wirtschaftszweige: Die Unter-         IHK-Präsident wies in diesem Zusammen-

10                                                                                                                              REPORT   3/17
Aktuell

hang darauf hin, dass laut dem Institut der      schlechte. 43 Prozent der Firmen sind bis     was ruhiger eingestuft. Die Rahmenbedin-
Deutschen Wirtschaft die Lohnstückkosten         zur Spitze ausgelastet, acht von zehn zu      gungen für den Konsum sind insgesamt
in Deutschland von 2007 bis 2015 um 1,5          über 70 Prozent. Die Auftragseingänge aus     weiter gut, auch wenn die Verbraucherprei-
Prozent pro Jahr gestiegen seien, im Aus-        dem Ausland werden besser beurteilt als       se angestiegen sind. Ein Viertel der Einzel-
land dagegen nur um 0,8 Prozent. Zugleich        2016. Der Saldo aus positiven und nega-       händler erwartet so künftig bessere Ge-
drohe im Inland weiterer bürokratischer Ge-      tiven Meldungen bleibt aber negativ. Die      schäfte. Jeder Sechste fürchtet hingegen
genwind – etwa durch das Lohngleichheits-        Inlandsimpulse werden stagnierend einge-      Einbußen, fünf Prozentpunkte mehr als im
gesetz, neue Bestrebungen im Teilzeit und        stuft. Die Investitionsneigungen der Indus-   Herbst 2016.
Befristungsgesetz oder neue Regelungen zu        trie im In- und Ausland gehen zurück. Trotz   Deutlich mehr als jeder dritte Großhändler
Zeitarbeit und Werkverträgen. Bis jetzt gab      Gegenwind hoffen die Betriebe vermehrt        stuft die Lage „gut“ ein, nur 8 Prozent
es einige positive Sonderfaktoren für die        auf positive Exportimpulse. Im Ergebnis       „schlecht“. Im produktionsnahen Bereich ist
Konjunktur, die im neuen Jahr wegfallen          geht rund ein Viertel von künftigen Steige-   die Stimmung gestiegen. Die konsumnahen
könnten. Haupttreiber in 2016 war der In-        rungen aus, nur 12 Prozent sind skeptisch.    Großhändler sind hingegen nicht mehr so
landskonsum, der sowohl durch staatliche         Saisonbedingt stuft das Baugewerbe die        zufrieden wie zuvor. Sie nehmen ihre Er-
als auch durch private Ausgaben angekur-         Lage ruhiger ein. Dennoch beschreibt fast     wartungen für die nahe Zukunft deutlich
belt wurde. Fast jedes zweite regionale Un-      die Hälfte der Betriebe ihre Lage als gut.    zurück. Im Ergebnis blickt der gesamte
ternehmen sieht aber die Inlandsnachfrage        18 Prozent stufen sie „schlecht“ ein. Das     Großhandel nicht mehr so zuversichtlich
als Risikofaktor für die weitere konjunktu-      vergangene Jahr schloss die regionale Bau-    nach vorne. Weiterhin geht ein Fünftel aber
relle Entwicklung. Der private Konsum war        industrie mit einem Umsatzplus von rund       von Zuwächsen aus und nur 7 Prozent von
2016 lange durch eine geringe Inflation          6 Prozent ab. Die große Mehrheit der Bau-     Rückgängen.
begünstigt. Gegen Ende des Jahres stieg          betriebe geht von künftig stabilen oder so-
diese – auch durch wieder höhere Öl- und                                                       Mehr als die Hälfte der Dienstleister meldet
                                                 gar besseren Geschäften aus. Nur 7 Prozent    eine gute Lage, kaum jemand eine schlechte.
Spritpreise – deutlich an. Trotzdem fährt die    sind pessimistisch.
EZB mit ihrer expansiven Geldpolitik weiter                                                    Die Stimmung ist in allen Unterbranchen in
fort. Das senkt nicht gerade die Inflationser-   Knapp ein Drittel der Einzelhändler gibt      etwa gleich gut und die Erwartungen für die
wartungen. Zu den Ergebnissen im Einzelnen:      eine gute Lage an, jeder Fünfte ist nicht     kommenden Monate haben jeweils noch
                                                 zufrieden. Das Weihnachtsgeschäft ist or-     einmal zugelegt. Fast ein Viertel aller Dienst-
Mehr als jeder dritte Industriebetrieb gibt      dentlich gelaufen. Zu Jahresbeginn wird die   leister geht so von künftig besseren Geschäf-
eine gute Lage an, nur 14 Prozent eine           Kauflaune – auch witterungsbedingt – et-      ten aus, nur 7 Prozent von schlechteren.

                                                                                                       sparkasse.de

Überblick                                                                   Weil die Sparkasse individuelle Lösungen
                                                                            für einen effizienten Zahlungsverkehr im
                                                                            In- und Ausland bietet.

ist einfach.
Aktuell

Innovationsbudget
                                                                                               Kommentar
Waldorfkindertagesstätte Sonnenblume
                                                                                               Maximaler
                                                                                               Schlagabtausch
                                                                                               Information und Kom-
                                                                                               munikation treiben in
                                                                                               diesen Zeiten zuneh-
                                                                                               mend seltsame Blüten.
                                                                                               An die Stelle differen-
                                                                                               zierter Betrachtung
                                                                                               tritt das Beharren auf
                                                                                               die eigene, längst ein-
                                                                                               betonierte Meinung.
                                                                                               Wer eine andere ver-
                                                                                               tritt, wird kurzerhand zum Gegner
                                                                                               erklärt. Kritik oder entgegengesetzte
                                                                                               Auffassungen führen nicht dazu, den
                                                                                               eigenen Standpunkt zu hinterfragen
                                                                                               und weiterzuentwickeln, sondern wer-
                                                                                               den reflexartig mit persönlicher Belei-
Die Kinder der Kindetagesstätte Sonnenblume sind von den neu angeschafften Werkzeugen          digung quittiert. Hierfür reichen mitun-
begeistert und bauen bereits viele eigene Sachen aus Holz.                                     ter auch 140 Zeichen bei Twitter. Fakten
                                                                                               werden bei vielen Auseinandersetzun-
Förderung für die Waldorfkindertagesstätte     schafft wurden. Außerdem investierte die        gen ebenso wenig benötigt wie Argu-
Sonnenblume e.V. in Bad Berleburg-Wem-         Ktia in verschiedene Lupen, Insektenfänger,     mente.
lighausen: Um bei den Kindern spielerisch      Pinzetten, Sammelboxen, ein Mikroskop           Ergebnis einer solchen Diskussionskul-
das Interesse für den Werkstoff Holz und       sowie in Pflanzen- und Insektenbestim-          tur des fortwährenden, maximalen
den Sinnesraum Natur zu wecken und die         mungsbücher für das Projekt „Naturwissen-       Schlagabtauschs ist nicht nur eine ge-
bisherigen Projekte „Technik“ und „Natur-      schaften“. Die Schulung der Sinne ist bereits   sellschaftliche Spaltung in „schwarz“
wissenschaften“ weiter zu vertiefen, wird      eine der Säulen des pädagogischen Konzep-       und „weiß“, sondern Stillstand. Wenn
die Kindertagesstätte mit Geldern des In-      tes der Waldorfkindertagesstätte. Aus Tra-      Lügen schließlich zu „alternativen Fak-
novationsbudgets der IHK Siegen unter-         dition wird der Naturstoff Holz in allen        ten“ werden, reicht es aus, irgendet-
stützt. Kerstin Beuter, Vorstandsmitglied      Bereichen mit einbezogen und erforscht.         was nur besonders laut von sich zu ge-
der Kita, sieht darin einen wichtigen Aspekt   Zudem geht der Kindergarten jeden Mitt-         ben, um den eigenen Standpunkt nicht
für die Fachkräftesicherung: „Es macht         woch auf Naturentdeckungstour und er-           verändern oder gar aufgeben zu müs-
Sinn, bereits frühzeitig das Interesse bei     kundet auf kleinen Wanderungen Wiesen           sen.
den Kindern für Technik und Natur zu           und Wälder in den sich verändernden Jah-
wecken, da sie die Themen so spielerisch       reszeiten. Vorstandsmitglied Kerstin Beuter     Für die Entwicklung in den Städten und
kennenlernen und einen frühen Zugang zu        freut sich über die Fördergelder und berich-    Gemeinden kann diese Form der Aus-
ihnen bekommen.“ Mit den Geldern für das       tet von einem guten Start des Projektes:        einandersetzung verheerende Wirkung
Projekt „Technik“ richtete die Waldorfkin-     „Die Kinder sind Feuer und Flamme für die       haben. Wo sich ein Klima der Rechtha-
dertagesstätte einen Werkraum neu ein,         angeschafften Werkzeuge, sind kreativ am        berei breit macht, wo ein konstruktiver
wofür Werkzeugschränke sowie eine Bohr-        Werkeln und bauen bereits viele eigene          Dialog über Sachfragen von Interes-
maschine und diverse Werkzeuge ange-           Sachen aus Holz.“                               sensvertretern kategorisch abgelehnt
                                                                                               und das Ringen um wahre Kompromisse
                                                                                               rigoros ausgeschlossen werden, wird
                                                                                               jegliche Zukunftsgestaltung bereits im
                                                                                               Keim erstickt. So können beispielsweise
                                                                                               wichtige Infrastrukturvorhaben regel-
                                                                                               recht blockiert werden. Für Verwaltun-
                                                                                               gen, Politik, Bürgerinitiativen und ver-
                                                                                               bitterte Leserbriefschreiber gilt gleicher-
                                                                                               maßen: Wer aufeinander zugeht, schafft
                                                                                               Perspektiven. Voraussetzung hierfür ist
                                                                                               die Bereitschaft, dem anderen aufrich-
                                                                                               tig zuzuhören. Das kostet durchaus
                                                                                               Mühe. Wer sich dem jedoch dauerhaft
                                                                                               verweigert, kommuniziert nicht etwa
                                                                                               zeitgemäß, sondern dokumentiert vor
                                                                                               allem eines: mangelnde Glaubwürdig-
                                                                                               keit.                     Hans-Peter Langer

12                                                                                                                            REPORT   3/17
Aktuell

 IHK-Medienseminar
 Interessante Themen aus Unternehmen kommen im Radio gut an
 Wie komme ich ins Radio? Dieser Frage ging
 Frank Wörner im Rahmen eines kostenlosen
 Radiofrühstücks in der IHK Siegen nach. Der
 Radio-Journalist und –Moderator arbeitet
 seit über 20 Jahren für verschiedene Re-
 daktionen in Hörfunk, Online oder Print. Er
 weiß, wovon er spricht. „Viele Redaktionen
 freuen sich über interessante Themen, ge-
 rade wenn sie aus der Region kommen“,
 meint der Radio-Fachmann aus der tägli-
 chen Praxis. „Interessante Dinge gibt es in
 den meisten Unternehmen – selbst dann,
 wenn sie für den Inhaber oder die Beschäf-
 tigten alltäglich sind.“ Wie man Radio-The-
 men erkennt und den richtigen Ansprech-
 partner findet – darum ging es bei dem
 Medienfrühstück. „Das können verschiede-
 ne Dinge sein, zum Beispiel ein besonders
 innovatives Produkt oder etwas, das gerade       Wie komme ich ins Radio? Eine Frage, der Frank Wörner beim Radio-Frühstück der IHK
 sehr gefragt ist und einen besonderen Nut-       Siegen nachging.
 zen hat“, so Frank Wörner. „Auch die Be-
 schäftigten eines Unternehmens können            Und dann: Welcher Sender ist „der Richti-    sollte sich grundsätzlich immer so natürlich
 berichtenswert sein. Manchmal reicht so-         ge“ für mich? Wie trete ich mit den Redak-   wie möglich verhalten. Gestelzte Sprache
 gar schon die Tatsache aus, dass das Unter-      teuren in Kontakt? Oder: Wie verhalte ich    sollte vermieden werden, auch Fremdwör-
 nehmen aus dem Verbreitungsgebiet des            mich im Interview? Wörner hatte auf alle     ter und branchentypische Abkürzungen“, so
 Radiosenders etwas Besonderes macht.“            Fragen die passende Antwort parat. „Man      der Fachmann.

                                                                                                            Die KMU-Kreditlinie
                                                                                                           des 21. Jahrhunderts

LIQUIDITÄT FÜR KLEINUNTERNEHMEN UND SELBSTSTÄNDIGE IN 24 STUNDEN

                                                                       Kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) und Selbst-
                                                                       ständigen wird der Zugang zu Finanzierungen oft
                                                                       erschwert. Diesem Problem wirkt iwoca erfolgreich
                                                                       entgegen: Über eine eigens entwickelte Technologie-
                                                                       plattform erhalten Kleinunternehmen und Selbststän-
                                                                       dige innerhalb von 24 Stunden Kredite, um Liquiditäts-
                                                                       engpässe überbrücken oder Wachstum sichern zu können.

                                                                       Auf der Basis von tausenden von Datenpunkten kann
                                                                       iwoca faire und effiziente Kreditentscheidungen schon
                                                                       innerhalb eines Werktages treffen. Der Kunde steht
                                                                       dabei immer im Mittelpunkt: Eine einfach zu bedienende
                                                                       Kreditplattform in Kombination mit engagierten
                                                                       und kompetenten Kundenbetreuern ermöglichen es
                                                                       Kreditanträge schnell und mühelos abzuwickeln. Die
Christoph Rieche (CEO) und James Dear (CTO, l.)                        durchschnittliche Kundenbewertung von 9,6 / 10 Punkten
gründeten iwoca im Jahr 2012                                           auf Trustpilot spricht für sich.

# ihk@iwoca.de                                              " www.iwoca.de                                     ! 069 / 43090 4143
Aktuell

IKT & Multimedia                                 Adressbuchschwindel
Software im Fokus                                Vorsicht vor unseriösen Geschäftspraktiken
Mit einem Vortrag von Tobias Hammeke,            Vermehrt sind die Unternehmen der heimi-      gen Vertrag über einen für ihn faktisch
Geschäftsführer OBS Solutions GmbH aus           schen Region derzeit Ziel unseriöser Ge-      wertlosen Registereintrag schließt. Dies
Olpe, zum Thema „Open Source Unterneh-           schäftspraktiken. Die Industrie- und Han-     wird ihm erst wenig später klar, wenn er
menssoftware im Mittelstand“, eröffnete          delskammer Siegen warnt aktuell vor der       eine Rechnung über mehrere hundert Euro
das IHK-Forum IKT & Multimedia eine neue         sogenannten „Fax-Masche“, einer beson-        in den Händen hält. „So einfach es klingen
Vortragreihe der IHK Siegen im gleichna-         ders durchdachten Spielart des Register-      mag: Jeder sollte stets genau lesen und
migen Themenfeld. So bietet das neue IHK-        schwindels. Dabei meldet sich ein seriös      prüfen, was er unterschreibt. Misstrauen ist
Forum IKT & Multimedia jetzt regelmäßig          klingender Anrufer und teilt dem Unter-       angebracht, wenn im Rahmen von Telefo-
einen Austausch und entsprechendes Netz-         nehmer mit, dass dessen angeblich schon       naten auf Unterzeichnung und Rücksen-
werken zu Themen und Trends im Bereich           bestehender Registereintrag in einem Bran-    dung von Formularen gedrängt wird. Auch
der Informations- und Telekommunikati-           chenverzeichnis (zum Beispiel „Online-Por-    Mitarbeiter in größeren Unternehmen müs-
onstechnologie sowie der Neuen Medien.           tal“) dringend aktualisiert werden müsse.     sen für diese Art von Gefahren sensibilisiert
Mit einem Überblick über den Megatrend           Unmittelbar nach dem Telefonat erreicht       werden“, rät Jens Brill, Jurist der IHK Sie-
Open Source speziell als Unternehmens-           den Unternehmer dann ein Fax, das er          gen, der Betroffenen zugleich Hoffnung
software zeigte Hammeke auf, was Open            schnellstmöglich unterzeichnet zurücksen-     macht: „Wer ein solches Formular bereits
Source ist und wie die Unternehmen von           den soll. In der Hektik des Arbeitsalltages   unterschrieben zurückgesandt hat, hat
diesem Trend profitieren können, aber auch,      will der Unternehmer die Sache vom Tisch      häufig die Möglichkeit, seine Willenser-
was sie bei dieser Art von Software beach-       haben, unterschreibt das bereits mit seinen   klärung zum Vertragsschluss umgehend
ten sollten. Die nächste Veranstaltung im        Firmendaten vorausgefüllte Fax und ver-       wegen arglistiger Täuschung anzufechten
IHK-Forum IKT & Multimedia findet am             sendet es an die aufgedruckte Nummer.         und vorsorglich hilfsweise zum nächstmög-
9. März um 17 Uhr im Bernhard-Weiss-Saal         Durch die telefonisch geschürte Eile und      lichen Zeitpunkt die Kündigung auszuspre-
der IHK Siegen statt. Dann geht es um die        eine geschickte grafische Gestaltung des      chen.“ Weitere Informationen zum Thema
zeitgemäße elektronische Rechnungsverar-         Faxschreibens bleibt dem Unternehmer ver-     „Registerschwindel“ stellt die IHK Siegen
beitung. Näheres unter www.ihk-siegen.de.        borgen, dass er ungewollt einen mehrjähri-    auf ihrer Internet-Seite bereit.

UKUS
Auftaktveranstaltung 2017 ein Erfolg
                                                                                               mierung. Mittel- bis langfristig werde sich
                                                                                               die vollautomatische Kommissionierung des-
                                                                                               halb auch durchsetzen. Im zweiten Vortrag
                                                                                               thematisierte Andreas Martini, Mitarbeiter
                                                                                               am Institut für Produktionstechnik, die Pro-
                                                                                               duktionsversorgung mit Hilfe von Routen-
                                                                                               zugsystemen. Insbesondere betrachtete er
                                                                                               den Beladeprozesses als wesentlichen Ein-
                                                                                               flussfaktor auf die Routenzugzykluszeit.
                                                                                               Martini erläuterte technische sowie organi-
                                                                                               satorische Gestaltungsmöglichkeiten hin-
                                                                                               sichtlich der Beladung von Routenzugsyste-
                                                                                               men und zeigte deren Vor- und Nachteile
                                                                                               sowie Eignungen und Anwendungsvoraus-
                                                                                               setzungen auf. Abgerundet wurde die Vor-
                                                                                               tragsreihe von Toni H. Almert, Geschäftsfüh-
                                                                                               rer des Unternehmens Lean Objects GmbH.
Die Produktionsversorgung mit Hilfe von sogenannten Routenzugsystemen war ein Punkt,           Er stellte Möglichkeiten zum Shopfloor-op-
der bei der Ukus-Veranstaltung im Fokus stand.                                                 timierten Einsatz von Routenzugsystemen
                                                                                               vor. Ausgehend von einer statischen Rou-
Für einen voll besetzten Bernhard-Weiss-         stellung verschiedener möglicher System-      tenzugführung erläuterte Almert, mit Hilfe
Saal in der IHK Siegen sorgten nun drei          komponenten einzelne stationäre sowie         welcher Technologien (beispielsweise RFID)
Vorträge über „Konzepte zur effizienten Ge-      mobile Kommissioniersysteme, die sich vor-    und Systeme dynamisierte Streckenführun-
staltung der Produktionsversorgung“ anläss-      nehmlich durch ihre Anwendungsbereiche        gen realisiert werden können. Diese wieder-
lich der ersten UKUS-Veranstaltung 2017.         und Systemleistungen voneinander unter-       um können einen wesentlichen Beitrag zur
Dass der Bereich der Kommissionierung einer      scheiden. Die zunehmende Verbreitung von      Verkürzung von Loopzeiten leisten und so-
hohen Entwicklungsgeschwindigkeit unter-         Robotern im Bereich der Kommissionierung      mit die Versorgungsleistung eines Routen-
liegt, zeigte Prof. Ulrich Stache vom Institut   stelle eine der wesentlichen Entwicklungen    zugsystems um bis zu 34 Prozent steigern.
für Produktionstechnik an der Universität        in den letzten Jahren dar, begründet durch    Hierzu präsentierte Almert ein unterneh-
Siegen. Er sprach wesentliche Entwicklungs-      einen zunehmenden Preisverfall sowie eine     mensintern entwickeltes Tool zur Routen-
schritte an und erläuterte neben einer Vor-      kontinuierliche Vereinfachung der Program-    optimierung, den „LeanDesigner“.

14                                                                                                                            REPORT   3/17
Aktuell

IHK-Mobilitätsberatung
Förderung von Auslandsaufenthalten
Schon seit 2009 setzt sich die IHK Siegen
für die Förderung von Auslandsaufenthal-
ten während und nach der betrieblichen
Erstausbildung ein. In der Kammer ist eine
der bundesweit 40 Mobilitätsberatungs-
stellen aktiv. Allein im vergangenen Jahr
wurden hier über 400 interessierte Auszu-         Mobilitätsberaterin
bildende, Ausbilder und junge Fachkräfte          Dagmar Gierse freut
informiert und beraten, wie sie solche Aus-       sich, dass das Bera-
landspraktika am sinnvollsten organisieren.     tungsangebot der IHK
Die Beratung erfolgte dabei häufig mehr-           sehr gut angenom-
fach. Über 700 Beratungskontakte kamen                       men wird.
dadurch zustande. „Dies zeigt, dass unser
Beratungsangebot mittlerweile sehr gut
angenommen wird. Wir leisten damit einen
Beitrag, die betriebliche Erstausbildung
zahlreicher Unternehmen zu internationa-
lisieren. Auslandspraktika sind auf diese
Weise in etlichen unserer Unternehmen fest
etablierter Bestandteil der Ausbildung
geworden“, freut sich Dagmar Gierse, die
in der IHK alle Aktivitäten rund um die
Mobilitätsberatung verantwortet.
Inhaltlich reicht die Spanne von der Erstbe-
ratung („Wie komme ich während Ausbil-
dung ins Ausland?“) bis hin zur spezifischen         tbfi sboqo^rbk wûeiqK
Beratung zu konkreten Zielen und Vorstel-
lungen einzelner Azubis und Betriebe. Da-
mit verbunden ist unter anderem auch die
Hilfestellung bei der Erstellung von Bewer-          HIER FINDEN SIE UNS:
bungsunterlagen für ein Stipendium, bei              Siegen-Weidenau
der Beantragung von Visa oder der Suche
nach geeigneten Förderprogrammen. Mitt-              Siegen-Fludersbach
lerweile schloss die IHK auch das erste
kammereigene Austauschprojekt „WINGs“                Siegen-Seelbach
(Work Experience in Great Britain) erfolg-           Kreuztal-Ferndorf
reich ab. Insgesamt 49 Auszubildende wur-
den dadurch in die Lage versetzt, im Pro-            Audi Zentrum Siegen
jektzeitraum 2014–2016 ein Praktikum in
Portsmouth zu absolvieren. „Für die meisten
wäre ein Auslandsaufenthalt während der
Ausbildung ohne das Erasmus+-Stipendi-
um in Höhe von rund 1470 Euro pro Person
kaum zu verwirklichen gewesen“, berichtet
Dagmar Gierse weiter. Eine Fördersumme
von etwa 72.000 Euro sei über die IHK den
Auszubildenden zugutegekommen. Beson-
ders erfreulich sei, dass dem Projekt von der
prüfenden Stelle im Bundesinstitut für Be-
rufsbildung eine „ausgezeichnete Qualität“
bescheinigt worden sei „und die erzielten
Lernergebnisse auch aufgrund der sehr gu-
ten Vorbereitung und Zusammenarbeit mit
dem Partner als hochwertig betrachtet
werden“ könnten. Für 2017/18 wurden
mittlerweile weitere Fördergelder in Höhe
von 92.940 Euro bewilligt, sodass weitere
60 Azubis die Chance auf ein 4-wöchiges
Praktikum in Portsmouth haben.

                   REPORT   3/17                                                   15
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